1926 / 290 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Dec 1926 18:00:01 GMT) scan diff

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Schwurzeugen für den Vorwurf gegen nationale und völkische Männer bedient. So haben Sie auch in einem Falle Dr Dieb herangezogen, einen Mann, der wegen \{chweren Landesverrats t erxkermauern schmachte. (Abgeordneter Peters-Hohdonn Soz.] ruft: Sie gehören hinter Kerkermauern! und erhalt dafür einen Ordnungsruf Abgeordneter Riedel [Dem.]: Wulle sagt troßdem die Unwahrheit!) Sie, Herr Riedel, wirken, nahdem Sie neulich eine moralishe Ohrfeige bekommen haben nur noh lächerlich.

Abg. Kuttner (Soz) polemisiert gegen den Abg. Wulle, dem bekannt sei, daß Dr. Dieu nicht „wegen schweren Hochverrats hinter Kerkermauern“, sondern wegen des Verdachts des Landes- verrates in Untersuchungshaft siße (hört, hört! links). Dabei Fei ihm bis heute nah nichts nachgewiesen worden. Obwohl die Sache jon monatelang \{chwebie, habe erst im September der Oberreichsanwalt ganz plöblih Flucbtverdacht für vorliegend er- achtet und Dr. Diey verhaftet. Das sei derselbe Ober- reihsanwalt, dem offenbar Herr Wulle sein Material verdanke. (Zurufe bei den Völkishen. Abgeordneter Meier-Berlin [Soz.] erhält einen Ordnungsruf wegen be- leidigender Zurufe gegen die Völkishen). Eine zuverlässi völkishe Gesinnung sei nah der Ansicht des Herrn von Lu gweisfellos notwendig für die Einstellung in die Reihswehr. Herr Pieck habe geglaubt, die Angelegenheit über die Waffenlieferung aus Rußland ins Lächerliche zu ziehen. Der Redner verliest einen Brief der Kommerz- und Fndustriebank in Moskau, der offiziellen russishen Staatsbank, aus dem hervorgeht, daß eine Gesellschaft zur Förderung der gewerblihen Unternehmungen in Moskau ersucht wird, der Dresdner und Darmstädter und Nationalbank in Berlin beauftragen zu wollen, alle Dollarbeträge, welche ‘an die genannten Banken auf laufende Rehnung der Gesellschaft ein- geangli werden, künftig über die Equitable Trust Company in tew York leiten zu wollen zwecks Zinsenersparnis. Daraus ache hervor, daß die Gesellschaft zur Förderung gewerblicher Ünternehmungen dauernd Zahlungen an die russische Staatsbank leiste, und daß diese Zahlungen sehr erheblih sein müßten, da der Zinsenverlust eine Rolle spiele. Die Gesellshaft zur För- derung gewerblicher Unternehmungen (Gefu) hat in der Tat ein Konto bei der Dresdner und bei der Darmstädter und National- bank. Verfügungsberechtigter ist Oberst Dr. Buchholz, Leiter der Pionierabteilung und des Munitionslagers der Reichswehr, zweitens Major Spangenberg, Ministerialamtmann der Waffen- und Munitionsabteilung der Reichswehr. (Lebhaftes Hört, hort! bei den Sozialisten Unruhe und Zwischenrufe bei den Kommunisten.)

Abg. Maretky (D. Nat.) erklärt, der Minister habe sich entshuldigen müssen. Von dem großen Belastungsmaterial, von dem immer S werde, könne also wirklich keine Rede sein. Nicht der Oberreichsanwalt, auch derx Staatsgerichtshof der Re- R habe das Material niht als stihhaltig ansehen können.

as Material richte sich niht gegen Verbände. Es beruhe nur auf gelegentlichen Aeußerungen, die sofort desavouiert worden seien. Dex Minister fordere Loyalität. Wie vereinigt er es mit Loyalität, wenn Verstöße der Linksverbände als harmlos bezeichnet werden. Der Staatsgerichtshof habe ja au sein Erstaunen ausgesprochen, daß gegen Geländeübungen, die bei den Linksradikalen vorkommen, nicht in gleiher Weise vorgegangen werde. Es sei nur zu wünschen, daß der Hieb des Staatsgerichtshofes siße und beim Minister des Fnnern die rehte Beachtung finde. Der Minister stüße sein Verbot auf das Geseß zur Ausführung des Friedens- vertrages, troßdem die Verbände, wie ihre Saßungen zeigen, lediglich eine geistige Vorbereitung pflegen. Man vergesse doch auch nicht, daß dieser Friedensvertrag in der shamlosesten Weise uns abgepreßt ist. Leider wurde der Minister unterstüßt von der gesamten Linken. Unerhört sei die Erklärung des Ministers, im gleichen Falle werde er die gleihen Maßnahmen ergreifen!

_ Abg. Dr. Sch werin g (Hentr.) exklärt, das Entscheidende sei, daß doch ein Hochverratsverfahren gegen Justizrat Claß heraus- gekommen sei, daß man also doch einen gefaßt habe. Unter dem alten System würde man ganz anders zugegriffen haben. Jn der Zeit des Kulturkampfes seten Hunderte von Haussuchungen hei Katholiken veranstaltet worden. (Sehr wahr! im Zentrum.) Sehr loyal. sei es gewesen, daß der Minister die Nennung des Namens des Staatssekretärs Meister vermieden habe, der sich der Veranwortung entzogen habe. Wenn man in die Mentalität der Weohrverbände eindringen wolle, müsse man die Denkschrift über Wiking und Olympia genau studieren. Wenn man in den Geist der Denkschrift eindringe, dann müsse sich die Staatsregierung sagen: Hier müsse etwas geschehen! Das Programm des Herrn Ehrhardt sei doch klar: Ex wolle das Parlament durch das Parlament besiegen, d. h. er wolle die Verfassung umstürzen! Herr Borck hätte angesichts der Beratungen in (Benf sich seine Angriffe sparen sollen: diese ganze Debatte sei gerade jeßt wenig angebracht. Ein „Krümpersystem“ habe man wohl in der Zeit der Postkutsche, niht aber in der Zeit des Radîio durchführen können. Was hätten dice Sabotageakte nicht für Unglück über das Rheinland gebraht. Herr Stresemann habe A den Nobel- preis erhalten für Bestrebungen, die Zentrum, Demokraten Und Sozialdemokraten längst provagiert hätten.

Abg. Beuermann (D. Vp.) warnt, hier vor dem Hause shwerwiegende Vorwürfe gegen die Reichsbehörden zu erheben, die sich nicht zu verantworten in der Lage seien. Leider sei eine Zurückweisung dieser Angriffe durch die Staatsreaierung, wie es thre Pflicht gewejen sei, niht geschehen. me Schwering habe kein Recht, dem Kapitän Ehrhardt die politische Vergangenheit vorzuwerfen; Dr. Schwering, der noch 1920 für die Monarchie esprochen habe, sei der leßte, der das tun dürfte. Herr Schwering ollte auch vorsihtiger in Angriffen gegen Staatssekretär Meister sein. Dieser habe niht die Verantwortung für die Gesamt- aktion zu übernehmey. Bisher habe in der Debatte der Fnnen- minister keine glückliche Hand gehabt. Ex habe mehrfah gewarnt, in schwebende Verfahren einzugreifen, dann habe er das dur die Denkschrift selbst getan. Er habe auch gewarnt, Geheimnisse des Staates preiszugeben und habe es dann selber durch dte Mitteilung des für ihn merkwürdig ausgefallenen Schriftwechsels mit dem Obervreichsanwalt und dem Reichsjustizministerium getan. Der Redner wünscht in Sachen der verbotenen Organisa- tionen, daß die preußische Regierung im Fnteresse der Staats- autorität sich nicht in Gegensaß zum Spruch des Obersten Gerichtshofes seßen möge. Wenn der Staatsgerichtshof auch in der B freisprehe, müsse im Juteresse der Würde des Staates die Regierung den Mut haben, die Folgen zu ziehen.

Abg. ©O b u ch (Komm.) betont, der Hochverrat der Rechten 1923, Ludendorffs, der Schwarzen Reichswehr usw. sei heute nicht mehr abzuleugnen. Troßdem habe der Oberreichsanwalt nichts dagegen unternommen. Er hätte auch gegen Claß nichts getan, wenn ihm nicht vom Landsberger Schwurgericht die Akten, aus denen der dringende Verdacht sich ergab, zugeschickt worden wären. So charakterisiere sich der Oberreichsanwalt mit seinen Beamten, die vielfach noch aus der wilhelminischen Zeit in Leipzig thronten, als zuverlässiges Bollwerk der Hochverräter von rehts (Zu- stimmung bei den Kommunisten). Man müsse die Frage auf- werfen, ieweit im Mai 1926 der Hochverrat der Rechten unter Einbeziehung der Person des Reichspräsidenten gediehen sei. Claß habe in Briefen an den Kaiser den Namen Hindenburgs mehrmals erwähnt und einmal davon gesprochen, daß Hindenburg der Wiederaufrichtung der Monarchie noh nicht das nötige Ver- ständnis entgegenbringe (lebhaftes Hört, hört! bei den Kom- munisten). Claß selbst soll an den Major von Hindenburg ge- Tr haben. Der Vorsißende des Rehhtsausschusses habe die

itteilung erhalten, daß der Brief, den Major von Hindenburg

¿“alten habe, tatsählih nicht von Claß, sondern von Major

1 Sodeustern geschrieben worden sei. Auf diese Weise sei die Be- einflufsung Hindenburgs versucht worden. Fm März 1926 habe

Maæßraun erklärt, Hindenburg habe nach Ansicht nationaler Kreise

sich nux erst auf dem glatten parlamentarishen Boden einge- wöhnen wollen und sich im übrigen bereit erklärt, die Hochverräter von - rechts zu unterstüßen. Dies sei wahr. (Leb- haftes hört, hört! bei den- Kommunisten.) Das Büro des Reichs-

präsidenten habe fich mit Wissen des Reichspräsidenten dazu her--

gegeben, die Post der Hochverräter geschüßt an englische Stellen zu befördern. (Hört! hört! bei den Kommunisten.) iese Post fei auch der Severing-Polizei bekannt geworden. Ministerpräsident Braun, der sih zu dieser Angelegenheit äußern müsse, set mit einem folchen Dokument bei Hindenburg van: erst dann habe der Reichspräsident sih entschlossen, das Vorgehen gegen die Hoch- verräter zu gestatten. So erkläre sih auch, daß Oberst Friedrichs 48 Stunden vor der Polizeiaktion die bedrohten Leute habe warnen können. Die Durchsuchungen, die dann kamen, seien nicht als ein abgekartetes Spiel, ein Lug und Trug vor dem deutshen Volke gewesen. Aehnlich sei es beim Falle Seeckt ge- wesen. Der Hohenzollernprinz sei zwar mit Wissen Seedckts etn- gestellt worden, aber nur nach vorheriger Verabredung. Die Hintergründe waren die, daß Briand den Haiveis liefern konnte, daß die Reihswehr um ein Vielfaches die vorgeschriebenen Waffenbestände überschritten habe. Briand verlangte von Strose- mann Beweise dafür, daß er nun endlih im Geiste von Thoiry arbeiten wolle. Deshalb fiel Seeckt. Gegenüber der Behauptung des Reichswehrministers, daß keine Verbindung der Reichswehr mit Verbänden bestehe, verliest der Redner einen vom 10. Fuli 1926 datierenden Brief der Abteilung A des Reichswehr- ministeriums (Heeresleitung), den Herr v. Oertben unterzeichnet hat. Der Brief ist „geheim“ und gerichtet an den Stahlhelm- führer Major Düsterberg-Magdeburg und fordert diesen auf, zahlreiche Führer von Rechtsverbänden zur Teilnahme an strategi- {hen Kursen in das Reichswehrministerium zu schicken. (Hört, hört! bei den Kommunisten. Zurufe rechts.) Fch weiß, daß der Adjutant des Kapitäns Ehrhardt auf der Me ißt und den Verhandlungen folgt. Er wird e enso wie wir wissen, daß Jhre (nah rets) Beschwerde 1 nur parlamentarisches Theater sind. (Beifall bei den Kommunisten.)

Abg. S chó n (Wirtschaftl. Vereinig.) glaubt, daß der Minister- präsident Braun, als er über die Hausfsuchungsaktion vor deni Landtag gesprochen habe, von einem unteren Beamten falsh in- formiert worden sei. Der Ministerpräsident müsse aber au den Mut haben, dies jeßt zuzugeben und sich zu entschuldigen. Von den Sozialdemokraten sei behauptet worden, der Angeber Dr. Dieß käme von rechts. Ein Mann, der bisher in einer Bewegung tätig gewesen sei und dann bei der entgegengeseßten Be- wegung denunziere, sei ein Lump. (Beifall rechts.) Jm Femeaus- chuß hätte sih herausgestellt, vaß der frühere Sozialdemokrat Erd- mann von Arbeitgeberverbänden Geld genommen habe. Diesen Mann hätten die Sozialdemokraten mit Recht abgeshüttelt. Man könne es niemandem von den Rechtsparteien verargen, wenn sie Hexrn Diey auch abschüttelten. Warum beständen denn diese natio- nalen Verbände? Ér erinnere an die Räuberbanden, die nach der Revolution durch die Lande gezogen sind. Deshalb eien die Bürgerwehren gegründet! Als sie ihre Schuldigkeit getan s da hieß es: Der Mohr kann gehen! Von der grundsäß- lichen staatsxechtlichen Einstellung werde man ntiemand abbuingen. Es gebe aber Parasiten; das seien Schädlinge am Volk! Das Vorgehen des Herrn Kuttner, als er darlegte, daß das Reichs- wehrministerium Einzahlungen an die Sowjetrepublik gemacht habe, sei der reine Landesverrat (Sehr richtig! rechts. Der Redner wird zur Ordnung gerufen). Alles müsse bekämpft werden, das geeignet sei, den Staat zu ruinieren. Die bisherige Regierungspolitik habe den größten Stand, den Mittelstand, aufs äußerste geschädigt. ¡

Abg. Dr. Körner (Völk.) erklärt, die monarchistischen Offiziere, die sich beim Kapp-Putsch der Regierung zur Versügung stellten, hätten den F Weren Undank der Regierung geerntet. Von Staatsfeindlichkeit könne bei den Völkischen nicht die Rede E Staatsfeindlich seien die, die Preußen zerschlagen wollten, iejenigen, die als Separatisten sih hervorgetan hätten, ferner die, die die Finanzhoheit Preußens und andere Hoheitsrechte preis- egeben haben. Seine Partei wolle ein starkes Preußen. Die Staatsform zu ändern, sei nach der Ee o durchaus möglich. Die Völkischen würden jedoch eine völkijche Republik einer jüd1- \chen Monarchie vorziehen. Die Staatsform stehe jeyt nicht zur A Bekämpft werden müsse nur, daß, wie bei Wicking und Olympia, die derzeitigen Machthaber AeR und Recht aus parteipolitischen Gründen brechen. Unter leb aften Protestkund- gebungen der Rechten schildert der Redner Fälle, in denen die Polizei bei Offizieren und bei Reichtagsabgeordneten das Post- geheimnis verleßt habe. :

Abg Milberg (D. Nat.) berichtet, daß auch seine Post fontrolliert worden sei. B. B. habe in einem Bericht an den Polizeipräsidenten von Berlin gestanden, ein Telegramm an Milberg habe nur eine Mitteilung der Fraktion enthalten. Der Redner verlangt Auskunft, mit welchem Recht die Polizei ihn beobahte. (Ein Regierungsvertreter erklärt, daß ihm der er- wähnte Fall nicht bekannt sei.) Bei der ganzen Haussuchunags- aktion sei nichts herausgekommen, weil gerade die besten Freunde des Staates, wenn auch vielleicht nicht der Staatsform, bei den Rechtsparteien wären. (Beifall rechts.) h

Abg. Pie ck V a weist die Behauptung des Abg. Körnevr als unrichtig zurück, daß deutsche Generale nicht auf deutsche Arbeiter Seioen hätten. Ex verweist auf die Erschiezung der Matrosen im arstall beim mitteldeutschen Aufstand und auf Vorgänge im Ruhrgebiet. Als er dabei herabsezende Bemer- fungen gegen General Ludendorff macht, machen .die Völkischen erregte Zwischenrufe. Der Redner verlangt noch Zurückverweisung der Anträge zur Haussuchungs-Angelegenheit an den Haupt- auss{chuß.

Darauf \{chließt die Aussprache.

Jn einer Reihe persönlicher Bemerkungen R u. a. Abg. Seilman n (Soz.) gegenüber dem Abg. Obuch (Komm.) aus, daß seiner Partei bis heute nihts über die Dinge bekannt ge- wesen sei, die Obuch bezüglich des Reichspräsidenten ausgeführt hat. Nah Jnsormationen der Sozialdemokraten seien die kom- mungen Ausführungen tatsählich auch falsch. i

Der kommunistishe Antrag auf Rückverweisung der Materie an den Gauviausut wird gegen Se rad Deutschnationale und Völkische abgelehnt. Gegen die gleichen Parteien und Deutsh-Volksparteiler findet der Ausshuß- antrag Annahme, der die deutshnationale Große Anfrage wegen der Haussuchungen für erledigt erklärt. Die vor- gesehene Beratung des Berichtes des Hauptausschusses Über die Typhusepidemie in Hannover und die Hilfsmaßnahmen für Hannover wird abgeseßt, weil dazu Wortmeldungen vorliegen.

Gegen 64 Uhr vertagt sih der Landtag auf Sonnabend 11 Uhr: Gewerbesteuer und Kleine Vorlagen,

Parlamentarische Nachrichten.

Der Haushaltsausschuß des Reichstags seßte am 9. d. M. die Beratung des zweiten Nachtragsetats Ins 1996 fort. Zunächst erstattete Abg. Dr. Schetter (Zentr.) en Bericht des Unterausshusses für Anleiheablösungs- fragen. Jm Eingang wurde zunächst festgestellt, daß die Be- ratung der für die Anleiheablösungsfrage vorliegenden Anträge e in einer späteren Sißung des Haushaltsausschusses stattfinden soll. Redner gab dann dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge eine Uebersicht über die noch \{chwebenden Ablösungsanträge der verschiedenen Kategorien. Bis zum 30. Ok- tober 1926 hätten 266 463 Personen zum ersten Male und rund 87 000 Personen zum pre Male Vorzugsrenten empfangen, das seien etwa 91 vH aller Berechtigten. Dex Unteraus\{huß haß über Milderungen noh bestehender Härten beraten, eine Beratung, die o zu bestimmten Anträgen verdichtet habe. Das Verfahren bei Erteilung von Vorzugsrenten sei insbesondere zu bürokratisch. Die Anerkennung der Bedürftickeit müsse milder gehandhabt werden. Der Hauptpunkt n die Frage gewesen, ob es möglich sei, durch Rückkauf oder Ablösung die Anleihe der mindestens 65 jährigen Leute auf das Reich zu übernehmen. Dem habe das

Reichsfinangministerium bei denen entsprochen, die niht mehr als

3000 Mark Fahreseinkommen und 10 000 Mark Vermögen hätten. Bisher sei aber nur in 1350 Fällen von dieser Verordnung Ges brauch gemacht worden. Der Ausschuß rege deshalb eine Ver- besserung der Verordnung in der Richtung an, daß diesen alten Personen ihr De zum Einlösungsbetrag des Auslösungsrehts abgekauft werde. edner schilderte weiter, was die Regierung sonst bereits getan habe, um den Wünschen der Anleihealtbesizer nog entgegenzukommen, u. a. auch auf dem Gebiete der Rentenfürsorge. Er empfehle die Annahme der vom Unteraus- shusse gestellten Anträge. Die Beratung dieser Anträge wurde zurückgestellt. Nunmehr erstattete Abg. Dr. Obersohren (D. Nat.) den Bericht über die Denkschriften, die vom Reichsfinanzministerium vorgelegt worden sind, wie über die Unterkunft der Reichsbehörden in Berlin, über die Tätigkeit des Reichsentshädigungsamtes für Kriegsschäden, die Erläuterung der durch den Nachtrag eintretenden Ausgabeerhöhungen bzw. neuen Ausgaben und die Nachträge selbst sowie die dazu vorlieg?2nden Anträge betreffs Unterbringung der zum 31. Dezember 1926 ge- kündigten Angestellten des Reich8entshädigungsam.s8 und der anderen Abbaubehörden und betreffs Erhöhung der Zuschläge zum Grundgehalt bei den unteren und mittleren Besoldungsgruppen. Die Angelegenheit des Kaiserhofs sei inzwischen durch eFristablauf vorläufig erledigt. Die Nachtragsetats würden hoifentlich A nur auf die allerwichtigsten und notwendigsten Dinge beschränk werden. Jn der Erörterung bemerkte Abg. Hergt (D. Nat.), aus der allgemeinen Finanzaussprahe müßten eine Reihe von Fragen jevt ausscheiden, z. B. der Finanzausgleih und der Dawes-Plan, über dessen Wirkung der neueste Bericht des Reparationsagenten erschienen sei. Dieser Bericht sprehe zum ersten Male von einer Revisionsbedürftigkeit des Dawes-Plans. Die außerordentlich wichtige Frage müsse einmal gesondert in besonderer Sißung behandelt werden. Die Weihnachts- gratifikationen der Beamten machten vielleiht noch einen dritten Natragsetat für 1926 notwendig. Bei Beurteilung der über und wider Erwarten günstigen Entwicklung unserer Finanzen dürfe die Wirkung des englischen S nis auf die Beschleuni- gung der Ankurbelung unserer Wirtschaft nicht vergessen werden. Das Zurückbleiben der Umsaßsteuer und der Beförderungssteuer beweise, li Ankurbelung der Wirtschaft doch noch nit alle Teile des Wirtschaftslebens ergriffen habe. Die gegenwärtigen Schwächen unserer Wirtschaft dürfe man nicht übersehen. 626 Millionen Reichsmark jeien in diesem Etat 1926 lediglich aus einmaligen Quellen geflossen, die vermutlich nicht wiederkehrten, Dem Finanzminister sei sicher die Balancierung des Etats nicht leicht A Das Anwachsen des Anleiheetats mache leich- h bedenklich. Der Redner beleuhtete die einzelnen Zwede dieser Anleihen auf ihre etwaige Produktivität. Beanstanden wolle indessen seine Partei diese Ausgaben A Die Denkschrift über die Grundsäße der Anleihe sei noch nicht vorgelegt. Der Optimismus des Finanzministers realisiere si hoffentlich für 1927. Der Reichsfinanzminister habe im Fahre 1926 mit feinem Etat gerade noch Glück gehabt, Reichsfinanzminister Dr. Reinhold erwiderte: Er stelle mit Freude fest, daß Die Deutschnationalen zugeben, daß sie sich bei ihrer Kritik der Finanzpolitik des Ministers getäuscht haben und daß der Ministev in ollen wesentlihen Punkten gegenüber den Prophezeiungen derx Deutschnationalen recht behalten habe, wobei er gern bereit sei, sih mit dem deutschnationalen Vorredner auf die Formel zu einigen, daß er Glück gehabt Habe. Er erinnere aber dew Vorredner daran, daß ja Friedrih der Große, der den Deut schs nationalen doch nahestehe, einmal gesagt habe, Generäle müssen „fortuna” haben, Bur Ausübung eines verantwortungsvollen, Amts sei eben unbedingt Verantwortungsfceudigkeit notwendig, Man müsse in einer richtigen Stunde den Mut haben, einer günstigen Entwicklung die Hand zu bieten, Der Minister wisse wohl, daß, wenn die Sache dann \hlecht ausschlage, dem verants ivortungsfreudig Handelnden vorgeworfen werde, er sei leicht« finnig gewesen, und wenn fie gut ausschlage, daß dann gesagt werde, der verantivortungsfreudig Handelnde habe nur Glüd gehabt. Jedenfalls sei es dem Minister willkommen, daß er sich nunmehr mit den Deutschnationalen auf die Formel geeinigt habe, er habe Glück gehabt. Ueber die Finanggebarung des leßien Etatëjahres äußerte sich der Minister dahin, daß es ihm gelungen sei, zum Zwedcke der Wiederankurbelung der deutschen Wirtschaft die öffentlichen Lasten herabzuseßen. Auch der Bericht des Genes ralagenten für Reparationen sage über diese Maßnahme aus, daß die Steuersenkung des Frühjahrs für die deutsche Wirtschaft sehr produktiv gewesen fei, Darüber hinaus habe aber der Minister dafür gesorgt, daß die Mittel, die sih regelmäßig im den öffentlichen Kassen anzusammeln pflegten, und sonst lediglich dazu dienten, um als Tagesgelder ausgeliehen Zu werden, was zur Folge hätte, daß diese Mittel in beträchtlicher Höhe zur Börse flössen daß dieseMittel nunmehr in produktive Arbeit verwandelt würden. Abeeshen von der Finanzierung vieler anderer Arbeitsgelegen- heiten sei dadurch auch in esentlichem Maße der Arbeitslosigleit gesteuert worden. Schließlich sei mit diesen Mitteln auf dem e über die Exportkreditversicherung die Ausfuhrmöglichkeit Deut] î lands uicht unbeträchtlih gehoben worden. ZUC Étatslage des Fahres 1927 und 1923 außerte sich der Minister dahin, daß die Lage außerordentlich angespannt sei. Auf die Dauer könne die deutsche Wirtschaft eine derartige Ueberbürdung mit Lasten nicht vertragen. Wir werden damit rechnen pet fuhr der Minister fort, daß in Deutsch- land für die nächsten zahre ein außerordentlich starker Steuer- druck bleiben wird. Die Möglichkeit, zeitweise Steuererleichte- rungen für die Wirtschaft zu chaffen, war ja nur gegeben durch die Unterscheidung zwischen Ordinarium und Extraordinarium. Die vom Abgeordneten Hergt geforderte Denkschrift über die Grundsäße der Anleihen des Reichs wird vermutlich noch vor Weihnachten dem Reichstag zugehen. Mit dem Abg. Dr. Ober- fohren stimmt der Minister darin überein, daß die Ausgaben in den Nachtragsetats zukünftig ganz geringen Umfang haben müssen. Was aber den gegenwärtigen Nachtragsetat betrifst, so muß man ih doch klarmachen, daß darin im L Und dae nichts an- fie t als eine Zusammenstellung der vom è ci8tag be- willigten Ausgaben. Der Anleihebedarf von 1000 Mi ionen Reichsmark für das Reicht steht, praktisch genaues, ja nur au dem Papier. Tatsächlih sind die Ausgaben bisher do

nicht duxch Anleihen gedeckt worden, sondern fassen- mäßig aus den ordentlihen Einnahmen und déên Bes ständen beglihen worden. Formell mußte allerdings aus etats- rechtlihen Gründen der Anleihebedarf in den Etat gestellt werden. Der Minister könne versichern, daß die Aufnahme einer solchen Anleihe weder in diesem Fahre noh überhaupt in diesem Etxts- jahre notwendig sein werde, sofern nicht außerordentliche unvor)er= gesehene Ereignisse eintreten. Rein etatsmäßig gesehen U er betonen, daß der Reichstag nicht, wie man sonst oft namentlich in der kleinen Presse lese, sich im Fahre 1926 stark verschuldet habe, sondern im Gegenteil, daß Reich habe sich dur Rückzahlung verschiedener Schulden im Fahre 1926 nicht un- wesentli entshuldet. Allerdings sei die Finanzlage im Fahre 1927 außerordentlich angespannt, weil die einmaligen Einnahmen für 1926 dann nihi mehr zur Verfügung ständen. Aber es set gelungen, au für 1927 das Ordinarium zu balancieren. Hier- auf vertagte sih der Ausshuß. Am Freitag werden die Beamten- fragen im Haushaltsausschuß behandelt werden.

(Fortseßung in der Ersten Beilage.)

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ata Ui As T RRIAE

JFunhalt des amtlichen Teiles:

Deutsches Reich. Exequaturerteilungen. ekanntmachung über die Zulassung von Börsentermingeschäften in Aktien von Bergwerks- und Fabrikunternehmungen. Bekanntmachung, betreffend Zulassung von Kreditinstituten.

Preußen.

Bekanntmachung, betreffend Auflösung der Kreisgruppe Grottkau des „Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten“ und des „Jung- Stahlhelm“

Bekanntmachung, betreffend die am 2. Januar 1927 fälligen

Zinsen der preußischen 5 vH Kali- und Roggenwertanleihen. | | Polizeiverwaltungen.

Amtliches.

Deutsches Reich.

Dem Königlich belgishen Konsul in Stuttgart Hans Holz und dem Bizekonmul von Uruguay in Pforzheim Otto Schofer ist namens des Reichs das Exequatur erteilt worden. Vetann4ütachung über die Zulassung von Börsentermingeschäften in

g J , s G j Aktien von Bergwerks- und Fabrikunternehmungen. |

Vom 11. Dezember 1926.

Auf Grund des § 63 Abs. 1 des Börsen 2 j _Au 3. Abs. 1 des : geseßes (RGBl. 1908 S. 215) hat der Reichsrat beschlossen: Börsentermin- geschäfte in Aktien der ; Tb. Gold\hmitt Aktiengesellshaft in Essen, . Nheinn1cben Elefktrizitäts-Aktiengesellihatt in Mannheim, Give ira Elektrizitäts- und Gas-Actien-Gesellschaft in VGreslau, . Ésjener Steinkohlenbergwerke Aktiengesellshaft in Essen (Ruhr), . Bereiniglten Glanzstoff - Fabriken fti 2 S ff - F , Alktiengesellshaft in find zulässig. Berlin, den 11. Dezember 1926.

Der Reichswirtschattsminister. J. A.: Dr. Reichardt.

Bekanntmachung, betreffend Zulassung von Kred itinstituten.

Der Pachtkredit-Aus)huß hat beschlossen, gemäß 8 17 des Gesepes, bet1effend die Ermöglichung der KrnutaltreditbeGoM für landwirtschaftlihe Pächter, vom 9. Juli 1926 (RGB!l. L S, 399, 412) folgende Kreditinstitute zuzulassen :

Deut)\he Bauernbank A. G, Berlin W. 10, Königin-® » S: 34) Königin-Augusta Deutiche Domänenbank, Berlin W. 8, Zimmerstr. 7/8, Heimbank A. G., Berlin N. 24, Monbitouplay 5, Verei & O An 1 15, A ann 204, rovinzial Genossen)\chaftébank für Brandenburg e. G. m. b. H, Z its E ein 106, E R e entralfasse Deutscher Bauernvereinßorganisationen e. G. m. b. H. P Len A E Kömigin-Augusta-Str, (0 M rovinzial Genossenicha\/!s - Bank für Schlesi ._ G. m. b. H. Breslau, (Grünstr. 46, E D Hessische An. und BVerkaufs-Genossenschatt, Cassel, Provinzialbdank tür den Landesteil Wübeck, Eutin, Badi|\che Bauernbank, Freiburg i. Br., Hannover|cbe Landeskreditanstalt, Hannover, Am Schiffgraben 2, e ae e. G. m. b. H, Hannover, Nathenau- P a oD/0. Badi'che Landwirt)\chaits-Bank, Karlsruhe (Baden), Lau Land)chaftliche Bank der Provinz S R C RSr0 E, f Landesbank der Provinz Ostpreußen, Königsberg t. Pr., f Gi1enzmarkbank A. G., Landsberg (Warthe), Pieklenburgi!he Genossenschaftsbank e. G. m. b. H., Nosto, De 790% Apel Landesgenossenschaftêkasse, Nostock, Friedrih-#Franz- Straße, Mecklenburgi)che Depositen- und Wechlelbank, S{hwerin i. Pommer|che Landesgenossen|chafts-Kasse e G. m. L A Steia Landwirt1chaftliche Genossen)chafts - Zentralfasse e. G. m. b. H. Stuttgart, Johanneestr. 86, : Württembergische Landwirtschafts-Bank G. m. b. H., Stuttgart, Genossen]cha!tébank tür Hessen-Nassau, Wiesbaden, Morizstr, 6 Nassauische Landesbank (Nassauische Sparkasse), Wiesbaden, /

Berlin, den 10. Dezember 1926. Dor Vorsißende des Pachtkredit-Ausfchusses. Graf von Baudissin,

Preufßen. Ministexiumdes Junen.

Auf Grund des § 1 des Geseßes vom 22. März 1921 RGBl. S. 235 wird die Kreisgruppe Grottfau, Regie- rungsbezirf Oppeln, des „Stahlhelm, Bund der Front- soldaten“ und des „èSung-Stahlhelm“ einschließlich sämt- licher Ortsgruppen dieser Vereine im Kreise Grottkau mit Zu- stimmung der Reichsregierung aufg elöft. -

__ Alle Militärwaffen der Vereinigung sowie alle Gegen- stände der Vereinigung oder ihrer Mitglieder, welhe den un- zulässigen Zwecken unmittelbar gedient haben, werden zugunsten des Reiches beschlagnahmt und eingezogen. :

Die Durchführung dieser Maßnahme obliegt den örtlichen

Berlin, den 9. Dezember 1926.

Der Fs Minister des Jnnern. Grzesinsfki.

Preußische Staatsschuldenverwaltung.

Für die am 2. Januar 1927 fälligen halbjährlichen

Zinsen der preußischen 5zinsigen Kali- und Roggen-

we rtanleihen von 1923 ift der amlliche Durchschnittspreis

für Kali und Roggen in der Zeit vom 1. Oltober bis

30. November d. J. maßgebend. Diejer Durchschnittspreis beträgt 6,67 Meichémark für 100 kg Kali und j 11,20 Reichsmark für den Zentner Noggen.

Demgemäß werden eingelöst die Zinsscheine über

ns its gelöst die Zinsscheine über den 290 kg Kali mit 16,675 Reichsmark E C LORD E e 12 0,83375 L E Sas O

125 Pfd. Noggen mit 14 Neichsmark 20 e J e O S P : O

7 25 " , u 0,28 "”

Die Einlösung der Zinsscheine erfolgt vom 83. Januar 1927 an unter Abzug von 10 vH Steuer (Abzug vom Kapitalertrage) kostenfrei durch die Preußische Staats\chulden- fasse, die preußischen Regierungshauptkassen, die staatlichen preußischen Kreiskassen, die Preußische Staatsbank (Seehand- lung), die Preußische Zentralgenossenschaftska\}se in Berlin, deren Zweigstelle in Frankfurt a. M. und die Reichsbankanstalten.

Der einem Einlieferer von Zinsscheinen auszuzahlende Gesamtbetrag wird nah Abzug der Steuer vom Kapitalertrage auf einen Reichspfennig nah unten abgerundet.

Berlin, den 10. Dezember 1926. Preußische Staats\chuldenverwaltung.

Nichtamtliches.

Deutscher Reichstag. 248. Sizung vom 11. Dezember 1926, mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger. *) Präsident L ö b e eröffnet die Sizung um 12 Uhr.

Eine Vorlage zur Verlängerung der Geltungsdauerx der Verordnung über Loh npianduta und n von den

E j eingebrachter Gesegentwur| über die Klelinvrentnerfürsorge werden den zuständi 4 shüssen überwiesen. O E

Eine ausgedehnte, estige Geschäfts8ordnungs- debatte entspinnt sih be! der Frage, U welchen Ausschuß T Anträge über die Umwertung von Hypotheken und die Ablösung öffentlicher Anleihen verwiesen werden. Die Völkischen und Kommunisteu verlangen, daß die Aufwertungsfrage erneut aufgerollt werden soll, und daß der Aufwertungsaus|chuß sich daher mit diesen Anträgen beschäftigen müsse. Dem wird von dem Abg. Dr. Scholz (D. Vp.) widersprochen, der die Anträge dem Rechtsausshuß überweisen wollte. Die Sozialdemokraten unter- stüßen die völkishe Forderung auf Behandlung im Aufwertungs- Aue uß, während von anderer Seite erwidert wird, daß dieser Ausshuß nach Erfüllung seiner Aufgaben nicht mehr bestehe. Auf Verlangen der Linken stellt Aba, Dr. Kahl (D. Vp.) unter großer Heiterkeit fest, daß der Rechtsausshuß „verstopit“ sei, daß aljo die Anträge in absehbarer Zeit nicht zur Erledigung kommen würden. Das Haus beschließt ‘aber mit“ den Stimmen

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Neden | der Herren Minister, die im Wortlaute tiedevgcgeben sind, :

M der Aen und der Deutschnationalen Verweisung

Es folgt dann die zweite Beratung des Avbeitss gerihtégeseßes. , Danach liegt die Gerichtsbarkeit in Arbeitssachen den Arbeitsgerichtsbehörden ob. Sie sind unter Zussch[uß der ordentlichen Gerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands für alle Rechtsstreitigkeiten in Arbeitssachen zuständig.

Abg. Dr. Radema c C; .;) berihtet über die Vers handlungen des Aus V ne U E Vorlage vorgenommen hat. /

: Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Meine Damen und Herren! Zum Fnhalt des Geseßes im einzelnen brauhe ih meinerseits nihts mehr zu sagen. Das ist in der ersten Lesung hinlänglich geschehen. Fch möchte mich lediglih zu einigen grunds- fäßlihen Fragen kurz äußecn, - die in den lezten Tagen in derx öffentlihen Debatte eine Rolle gespielt haben. Jch freue mich feststellen zu können, daß der Ausschuß den Grundzügen der Regierungsvorlage im allgemeinen zugestimmt hat. Jch begrüße es auch, daß die Vorlage in den Beratungen des Ausschusses in einer Reihe von Punkten wertvolle Verbesserungen erfahren hat. Daß die Vorlage nicht allen Wünschen entspricht, die dazu ge äußert worden sind, ist bei der tiefen Gegensäßlichkeit der Meis nungen und der Schwierigkeit, diese Gegensäße zu überbrüten wohl verständlih. Auch der Aus\{uß hat sich in seiner Mehrheit

dem Standpunkt dez Reichsregierung angeschlossen, daß unter diesen Umständen ein mittlerer Weg eingeschlagen werden müsse; ein Weg, der sowohl die Belange einer geordneten Rechtspflege als cudi die sozialen Belange berücksihtigt. Aus dex Notwendigkeit, beiden Erfordernissen gerechti zu werden, ergeben sich meines Erachtens öawangsläufig gewisse Besonderheiten der Lrbeitsrehtspflege gegen- über der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Hierbei mußte an die bes

währten Einrichtungen der bestehenden Gewerbe- und Kauf- mannégerihte angeknüpft werden. Diesen Notwendigkeiten meine

Damen und Herren, tragen meines Erachtens die Verfechter der völligen Eingliederung der Arbeitsgerichte in die ordentlihen Ge- richte und der unbeschränkten Zulassung der Rechtsanwälte vor den Arbeitsgerichten niht genügend Rechnung. (Sehr richtig! im Bentrun.) Es ist nicht zutreffend, was seitens des Deutschen Richterbundes und des Deutschen Anwalt8vereins in ihrex neuers- lichen Protesterklärung behauptet wird, daß nämlih „dos rechtss gelehrte Richterelement mehr oder minder aus dex Arbeits- gerihtsSbarkeit hinau8gedröngt werde“ und daß sogar „das Recht selbst in diesen Gerichten kaum mehr eine Stätte babe“. (Hört hört und unerhört! bei den Deutschen Demokraten und im Zen- trum.) Fh habe wörtlich zitiert: Jh kann nicht glauben, daß unsere Richter und Anwälte in ihrer Mehrheit sich mit dieser Stellungnahme identifizieren. (Sehr richtig! im Zentrum.) Solche Vorwürfe würden meines Erachtens lezten Endes auf die Juristen wieder zurückfallen. (Zustimmung in der Mitte.) Denn auch in erster Fnstanz ist nach dem Entwurf der Vorsißzende stets ein rehtsgelehrter Richter. Fh betone das Wort „stets“. Jch weiß nicht, ob ih genau gehört habe, aber ih meine, der Herr Bericht- erstatter hätte in diesem Zusammenhang von einem „in der Regel“ gesprochen. (Abgeordneter Dr. Rademacher: Befähigung zum Richter muß er immer haben; aber in der Regel ist es ein Richter!) Gut! Jh lege nur Wert darauf, daß hier kein Miß- verständnis entsteht.

Andererseits dürfen auh die Juristen niht verlangen, in der Arbeitsgerichtsbarkeit das allein maßgebende Element zu sein. (Sehr wahr! in der Mitte.) Bisher jedenfalls hat sich noch nie- mand dagegen gewandt, daß in der Arbeitsrehtfprehung auch das Laienelement mitwirkt. Gegenüber den jeyt bei den Gewerbe- gerihten bestehenden Zuständen bringt die Vorlage sogar eine stärkere Berüsichtigung des rechtsgelehrten Richters.

/ Meine Damen und Herren! Auch in der nicht minder shwie- rigen Frage der Zulassung der Rechtsanwälte vor den Arbeits- gerichten freue ih mi, feststellen zu können, daß der Sozial- politishe Ausschuß der Regierungsvorlage beigetreten ist. Auch er teilt danach die Auffassung, daß jede andere Lösung die An- sprüche des sozial schwächeren Teils auf gleihes Recht wohl ver- legen würde. (Sehr richtig! im Zentrum und bei den - Deutschen Demokraten.) Darin liegt keinerlei Diskreditierung der Anwältez es handelt sich hier lediglich um eine Zweckmäßigkeitefrage an- gesihts der besonderen Eigenart der Streitgegenstände und des Verfahrens vor den Arbeitsgerichten. Das schließt nicht aus, daß in den anders liegenden Fragen der zweiten und dritten Fnstanz der Anwaltstand zur vollen Geltung kommt und Wertvolles zur Weiterentwicklung des Rechts leisten kann und, wie ih hoffe, auch leisten wird. (Sehr gut! im Zentrum.)