1884 / 6 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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Amerika. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Times“ aus Philadelphia meldet: Gestern wurde im Reprä- sentantenhause eine Bill eingebraht, wonach der Prä- sident, wenn eine fremde Regierung den Jm port amerika- nischen Pökelfleishes verbictet, befugt sein soll, die Einfuhr von Weinen, Liqueuren und anderen Erzeugnissen dieses Landes in die Unionsstaaten zu verbieten und das Verbot aufrechtzuhalten, bis die erwähnte Beschränkung aufgehoben ist.

Afrika. Egypten. Kairo, 6. Januar. (W. T. B.) Wie das „Reutershe Bureau“ meidet, wurde der eng- lische Generalkonsul Baring heute Vormittag von dem Khedive in Audienz empfangen und theilte demselben die Antwort der englischen Regierung auf die Note der egyptishen Regierung vom 2. d. mit. Die eng- lishe Regierung besteht darauf, daß die Truppen von Khartum bis zum zweiten Nil-Katarakt zurückgezogen werden.

7. Januar. (W. T. B.) Das Ministerium hat sein Entlassungsgesuch überreiht. Der Khedive hat dasselbe angenommen, die Minister aber ersucht, die Geschäfte bis zur Ernennung ihrer Nachfolger fortzuführen. Ueber die Bildung eines neuen Kabinets wird vom Khedive mit Riaz Pascha sowie mit Nubar Pasha und Ayub Pascha unter- handelt.

Zeitungsstimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ brachte in der Neujahrs- nummer einen Artikel über die deutshen Handwerkerverbände, dessen Einleitung lautet :

Von den erfreuliden Erscheinungen in der inneren Politik, die das verflossene Jahr aufzuweisen hat, ist nit an leßter Stelle das neue Leben zu erwähnen, welcbes aus den Ruinen des Handwerks auf- zublühen beginnt. Es scheint wirklich, als habe si die Regierung in ihren Hoffnungen nit getäuscht, als sie die Cinführung der obligatorischen Janung zur Zeit wegen jeglichen Mangels einer Organisation und der überaus großen Schwierigkeit der Grenzregulirung zwischen Fabrik- und Handwerksbetricb für unmöglich haltend, Verbesserungen der Gewerbeordnung herbeiführte, die. vom Handwerkerstande selbst aus- giebig benußt, erst einmal wieder klare Verhältnisse und freie Orga- nisationen {afen sollten. an die sih weitere gesetzgeberishe Maß- nahmen anschließen könnten. S

._._. Es hat fich in der That gezeigt, daß die Gewerbefrciheit noch nicht ganz die Handwerker zu unfreien Lobhnarbeitern herab- gedrückt hat, und daß es nur ciner mäßigen Bethätigung der Für- sorge der Regierung bedurfte, um eine kräftige und gesunde Bewe- gung untex den Handwerkern entstehen zu lassen. So haben wir einen deutschen Stcellmacherbund, cinen Bund der deutschen Drechsler, die Verbände der Schmiede, Schornsteinfeger, Tischler, Schneider und seit September dieses Jahres cuch einen deutschen Schuhmacher- Innungsbund. Mancher dieser Verbände zählt seine Mitglieder na Tausenden, der zuleßt gegründet: deutshe Schuhmachcr-Inrungebund zählt in den 4 Monaten seines Bestehens allein {hon über \echs8- taufend Mitglieder und täglih werden neue Anschlüsse gemeldet. Es regt si mächtig im lieben deutschen Vaterlande unter unseren hraven Handwerkern, boffen wir, daß der Kampf dieser viel geprüsten Männer gegen die Gefahren des Manchesterthums nicht nur ein nachhaltiger, fondern auc cin siegreicher sein möge.

Dem „Deutschen Wollengewerbe“ wird aus Aachen berichtet :

Der aligemeine Geschäftsgang in der Tucbbranche war für das Jahr 1883 wohl ein zufriedenstellender zu nennen und \cheint auch für die demnächstige Saison nicht ungünstiger zu werden... . , Au ist das Exportgeschäft sowohl in glatten Streichgarnen, sowie beson- ders in Kammgarnen (stückfarbig und wollfarbig) wieder sehr lebhaft, und wird der Markt in diesen Sachen drüben bauptsäcblich von Eng- land und Deutschland beherrscht, Frankreich ist dasclbst momentan sehr desavouirt. Vorläufig kann man wohl noch mit Bestimmtheit die Kammgarn-Musterung als die maßgebende hinstellen.

Der in Altwasser, also in einer Gegend mit besonders regsamer Jndustrie, welher au der Bergbau nicht fehlt, er- scheinende „Schlesische Gebirgs-Kurier“ sagt in einem für seinen Bezirk geschriebenen Rückblick auf das Jahr 1883 u. A.:

„Im Erwerbsleben is mit Ausnahme der Pausen, welche in Folge des Hochwassers auf einzelnen Gruben eintraten, eine Stockung niht vorgekommen, da sonst regelmäßig gefördert wurde und in den hiesigen Fabriken das ganze Jahr über regelmäßig gearbeitet und zu Zeiten die Arbeiterzahl fogar erhöht wurde.“ i :

Aus Dresden wird der „Schlesishen Zeitung“ berichtet : i

Im Oktober 1883 wurden im Königreich Sachsen von 188 Spar- fassen in 84 907 Posten 7 260 155 # 60 - ein- und in 45 429 Posten 6418 964 A 20 S zurüdckgezahlt. Demnach überstiegen in dem ge- nannten Monate die Einzahlungen die Rücfzahlungen um 841 191 A 40 -. Während der Monate Januar bis Oktober wurden überhaup: 76786 194 M. 53 S ein- und 71384667 M 50 S zurüdgezahlt ; im Verglei mit dem Vorjahre (1882) betrugen die Einzahlungen 609 934 M 26 und die Rückzahlungen aber 3 844 259 4, 63 weniger, so daß troß der Verminderung der Einzahlungen die Ersparnisse, welhe im Oktober 1883 in Sparkassen angelegt wurden, immerhin als nicht gering anzusehen sein dürften.

Aus Bielefeld (Mitte Oktober) wird dem „Deutschen Handelsarchiv“ geschrieben:

Im verflossenen Quartale sind im Allgemeinen keine Erschei- nungen zu Lage getreten, welche auf eine wesentlih veränderte Lage der gescäftlihen Thätigkeit von Jadustrie und Handel im diesseitigen Bezirke gegen das vorangegangene {ließen lassen. Eine Ausnahme macht nur das Fett- und Fleischwaarengeshäft, welches un- günstig beurtheilt wird, weil die Händler, die vor dem Inkrafttreten des Einfuhrverbots für Produkte der amerikanishen Schweinezucht auf Spekulation angesammelten großen Vorräthe zu den jeßigen niedrigen Preisen nicht verkaufen wollen, beziehungsweise es ohne Ver- Tuft nicht Tönnen. :

Die mechanischen Flachsspinnereien und Leinenwebereien sind mit Aufträgen hinreihend versehea und in vollem Betriebe; die Möbel-Plüschweberei kany der Nachfrage niht in der wünscens- werthen {nellen Weise genügen, die Ergebnisse der Tafelglashütten bleiben stetig befriedigend. Die Maschinen- und Nähmaschinenfabri- ken waren vollauf beschäftigt, haben aber mit einec \{arfen Kon- kurrenz zu kämpfen, welche einen angemessenen Gewinn noch nicht er- übrigen läßt. /

. . In der mechanishen Weberei bewegte fich das Geschäft analog den früheren Quartalen. Die Produktion nahm wieder etwas zu, der Absay war zufriedenstellend. Die durchschnittlich bcfriedigen- den Ernteerträgnisse berechtigten zu der Annahme eines normalen D R so daß für den Rest des Jahres die Arbeitsgelegen-

eit und lohnender Verdienst nicht fehlen wird. : 2

Die Nachfrage in Stückleinen war eine recht rege; die Bleichen konnten die Fabrikanten nit so prompt bedienen, als es verlangt wurde. Zudem macht sich der Mangel an guten Webecn von Quartal zu Quartal fühlbarer. . ch

In glatten Seidenstoffen war das Geschäft in Deutschland wäh- cend der Monate Juli und August bezüglich des Absatzes befriedigender als seither; die Konfektionsbranhe verbrauchte viel zu Putzzwecken und Unterfutter. .

Die Lage der Möbel-Plüschindustrie war auch in diesem Quartale eine gleichmäßig gute.

An die Leistungsfähigkeit derselben wurden wieder solhe An- sprüche gestellt, daß die Arbeitskräfte dazu nicht autreichten und die Termine zur Ablieferung hinausgeshoben werden mußten

, In der Nähmaschinenbranhe war der Geschäftsgang im Allge- meinen befriedigend, doch müssen in Anbetrat der sich immer noch steigernden Produktion der Nähmaschinenfabriken und der amerikani- sen Konkurrenz Preizermäßigungen bewilligt werden, welche bisher vergeblich cinen Ausgleih in der Erwerbung billigerer Arbeitskräfte und weiterer Absatzgebiete gesucht haben.

Für die Maschinenfabriken und Eisengießereien hat unausgeseßt eine gute Nachfrage bestanden, welcbe besonders in der Kesselshmiede si rewt lebhaft gestaltete. Die Fabrikatpreise halten sich indeß bei der gesteigerten Produktionsfähigkeit auf einer sehr bescheidenen Höhe und gingen fogar in dem zuleßt erwähnten Zweige zurü.

_ Die Tafelglasbütte erfreute sich eines ruhigen, ungestörten Be- triebes. Die Gescväftslage wird als eine befriedigende bezeichnet.

Die Reisftärkefabrik (von E. Hoffmann u. Comp.) zeigte wäh- rend des verflossenen Quartals feine von den früheren Verhältnissen besonders abweicherde Erscheinurg. Dieselbe war in vollem Gange und verbrauchte ein den beiden ersten Quartalen entsprechendes Quantum von Reis. .

Statistische Nachrichten.

Die deut\che Auswanderung über deutshe Häfen und Ant- werpen betrug, rach Mittheilung des Kaiserlichen Statistischen Amts, im leßten Monat November 8683, in den 11 Monaten Januar bis November 162 077 Perfonen; im gleichen Zeitraum des Vorjahres (1882) wurden 10088 bezw. 189 531 deutsche Auswanderer über die bezeichneten Häfen befördert.

Das neueste Heft der Statistik des Deutschen Reiches veröffent- lit Nachweisungen über Produktion und Besteuerung des inländishen Rübenzuckers, sowie Einfuhr und Aus- fuhr von Zucker im deutschen Zollgebiet für das Campagnejahr 1882/83, Diesen Nachweisungen sind einige Er- läuterungen vorausgeshickt und einige Tabellen angefügt, welce die entsprechenden Hauptresultate mit den der Vorcampagnen bis 1871/72 rückwärts vergleihen. Es is daraus zu entnehmen, daß 1882/83 innerhalb des Zollgebiets 358 Nübenzuckerfabriken im Betriebe waren, 15 mehc als in der Vorcampagne, und daß von denselben 343 den Rübenfaft mittelst des Diffusionsverfahrens ausgezogen haben. Jm Ganzen wurden verarbeitet rund 87,5 Millionen Doppel-Centner frische Nüben gegen 62,7 Millionen in der Vorcampagne, und hieraus wurden gewonnen 8 351 646 Doppel-Centner Rohzucker aller Produkte gegen 5997222 Dopr'el-Center in der Vorcampagne. Dazu ift zu bemerken, daß unter diesen Mengen au alle diejenigen Zutermengen enthalten sind, welhe im Laufe der Campagre in den ketrefenden Fabriken aus der Entzuctterung der Melasse gewonnen wurden und zwar nicht nur der eigenen und der aus der Nübenverarbeitung der betreffenden Campagne resultirenden Melasse, sondern auch derjenigen, welche von anderen Fabriken aufgckauft wurde und aus f:üh-ren Campagnen stammte. Die Zahl derjenigen Fabriken, welche neben der Rübenver- arbeitung Melasse entzuckerten, betrug 192 (187 in der Vorcampagne), und von diesen haben 124 mittels des Osmoseverfahrens, 50 mittels Elution, 8 mittels des Substitutionsverfahrens, 6 des Fällungs- verfahrens und 4 des Strontianitverfahrens den Zucker aus der Melafse dargestellt. Dancben waren, soweit bekanrt, noch 4 Zuder- raffinerien mit Melasfseentzuckerung beschäftigt, die von diesen hierbei gewonnenen Zuckermengen sind jedoch, da die Produktions- Statistik sih lediglich auf die Rüben verarbeitenden Zuker?abriken bezieht, in den oben angegebenen Mengen nibt enthalten. Der Ver- brauch des Zollgebiets ist unter Zurebnung der Einfuhr und Ab- seßuag der Ausfuhr für das Campagnetahr 1882/83 auf 3 692 144 Doppel-Centner oder 8,1 ke Rohzucker auf den Kopf der Be- völkerung berechnet, für 1881/82 auf 2910 450 Doppel-Centner oder 6,4 kg auf den Kopf, und für den Durchschnitt dec 12 Campagnen 1871/72 bis 1882/83 auf 2 862863 Doppel-Centner oder 6,7 kg Robzucker auf den Kopf. Da übrigens Zucker ein lagerfähiger Ar- tikel ist, so können leiht unverbrauchte Vorräthe von einem Fahr in das andere übergehen; der berechncte Verbrauch wird daher nicht für jedes einzelne Jahr mit dem wirklichen Konsum üder-

einstimmen. Gewerbe und Handel,

Auf den 23 Berliner Wocenmärkten befinden sih nxch einer amtlihen Aufstellung 10233 Markistände und zwar 4018 ron ODbst- und Grünkramhändlern, 2099 von Schlächtern, Fleis{hiwaar?n- und Wildhändlern, 1314 von eigene Produkte feilhaltenden Bauern und Gâärtnern, 803 von Butier-, Käse-, Herings- 2c. Händlern, 301 von Fischern und Fisbhändlern, 469 von Vorkost-, Eiex- und Brod- bändlern und 393 von Händlern mit Blumen und lebenden Vözeln. Aufgeführt werden endlich noch 536 Händler mit Hol;waaren, Pan- tinen, Bast, Nohr und dergl. Der am stärksten besuhte Mcrkt ist der Dönbofsplaß, den 1301 Marktverkäufcr besuhen. Es folgen dann der Gensd'armenmarkt mit 1217, der Alexanderp!az mit 849, dec Andreasplaßz mit 594, der Maadeburgerplaß .mit 588, der Abendmarkt auf dem Pappelplatz mit 582, der Tagesmark: ebendort mit 567, der Markt am Halleshen Thor mit 545, der Oranienplaßz mit 471 bew. 517 und der Markt am Teutoburgerplaß mit 444 Verkäufern. Die übrigen Märkte werden von weniger als 400 Händlern besucht.

Die Deutsche Bekleidurgs-Akademie in Dresden wurde im verfloffenen Jahre 1883 vor 355 Schülern und S&ülerinnen besucht. An den verschiedenen Lehrkurjen nahmen Theil: 239 Schüler an dem Kursus der Zuschneidekunst für Herrenbekleidung, 92 Schüler und Schülcrinnen an dem Kursus der Zuschneidekunst für Damen- kleider und Kindergarderobe, 24 Schüler und Schülerinnen an dem Kursus der Zuschneidekunst für Leibwäsche, 98 Schüler und Schüle- rinnea an dem Kursus für kaufmännische Arithmetik und Buchführung. Nach Ländern geordnet vertheilt si die Schülerzahl wie folgt: Bra- silien 2, Belgien 2, Dänemark 4, Rußland 5, Schweden 2, Schiveiz 5, Niederlande 5, Anhalt 3, Baden 9, Bayern 26, Bremen 2, Bravn- {weig 5, Clsaß 2, Hamburg 2, Hessen 11, Lippe 3, Lübeck 2 Medcklenburg 2, Oldenburg 1, Oesterreih-Ungarn 36, Preußen 170, Sachsen, 36, sächsisbe Fürstenthümer 12, Württemberg 8.

E, 7, Januar. (W. L. B.) Die Verschiffun gen vonRoheïisen betrugen in der vorigen Wehe 5200 gegen 7500 Tons in derselben Woche des vorigen Fabres.

_ Bradford, 7, Januar. (W. T. B.) Wolle stetig, ruhig. Garne fest bei mäßigem G-\häft, Stoffe ruhig. Verkehrs-Anstalten.

Hamburg, 7. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rhäâtia“ der Hambucg-Amerikanishen Paletfahrts- Aktiengesellschaft hai, von New-York kommend, hzute früh 8 Ubr die Scilly-Inseln passirt,

Liverpool, 7. Januar. (W. T. B.) Der hier eingetroffene Dampfer „Bothnia® berihtet: er habe am 29. v. M. einen vier- mastigen Dampfer unter Segel getroffen, welcher der am 15. y. M. von New-York abgegangene Dampfer „,Celtic“ sein dürfte. Wegen widriger Winde würde die Fahrt cine langsame sein.

Sanitäts8wesen und Quarantänewesen. . Die Regierung von Argentinien hat für alle aus Brasilien jowie Montevideo und anderen Häfen Uruguays eintreffende Schiffe bis auf Weiteres eine 3 tägige Quarantäne festgesetzt.

Gin Dekret der Regierung zu Montevideo, welches \sämmt- lihen aus Stadt und Provinz Buenos Aires kommenden Fahrzeugen eine Quarantäne von 10 Tagen auferlegte, ist nah kurzem Bestande wieder aufgehoben worden. Die portugiesishe Regierung hat die Häfen von Peru vom 25. November 1883 ab als von gelbem Fieber frei erklärt.

Berlín, 8. Januar 1884.

Die periodisdben Ausstellungen des rheinischen Kunftvereins für das Jahr 1884 werden stattfinden: zu Mannheim vom 1. bis 22. ‘April eins{ließlich, Heidelberg vom 27. April bis 18. Mai eirs{ließlich, Hanau vom 25. Mai bis 12. Juni einsch{ließ- li, Darmstadt mit Offenbach a. Main vom 18. Juni bis 20. Iuli eins{ließlich, Baden-Baden vom 27. Juli bis 10. August einscließ- li, Karlsrube vom 16. bis 31. August cins{ließlich, Freiburg im Breisgau vom 6. bis 28. September einshließlich und Mainz vom 5. bis 31. Oktober einscließlich.

Die Kunstvereine zu Baden-Baden, Heidelberg, Karlsruhe und Mannheim unterhalten außerdem permanente Ausftellungen. Näheres wird dur die einzelnen Kunstvercine oder den Präsidenten des rheinishen Kunstvereins, Geheimen Ober-Baurath Dr. Müller zu Darmstadt bereitwilligst mitgetheilt werden.

_Am 6. d, M. vecscied hierselbst der ehemalige Königliche Ballet- meifter Paul Taglioni.

St. Petersburg, 7. Januar. (W. T. B.) Nat einer Mel- dung aus Omsfk trafen die Lieutenants Garber und Schüß mit den Leichen des Kapitäns Delong und seiner neun Ge- fährten gestern dort ein. Eine Deputation der geographischen Sektion überreichte den Begleitern eine Beileidsadresse.

Libau, 7. Januar. (W. T. B.) Der deutsche Dampfer „Emma“, mit Eisen von Rotterdam kommend, ist heute Nacht hier gestrandet. Die Mannschaft wurde gerettet, das Schiff ist leck.

New-York, 7. Januar. (W. T. B.) In Belleville, im Staate Illinois, ist heute das Nonnenklofster „Zur unbefleckten Empfängniß* abgebrannt. Die Insassen wurden von Panik ergriffen; mehrere Zöglinge und Lehrerinnen, welhe fh dur einen Sprung aus dem Fenster zu retten versuhten, getödtet oder tödtlich verleßt, andere sind verbrannt. Soweit bis jet bekannt, sind 22 Zöglinge und 5 Nonnen umgekommen.

Im Königlichen Opernhause finden, wie das „Berl. Fremdenbl.“ meldet, bereits die Orcbesterproben zur „,Walküre“ von Richard Wagner statt. Frl. Lilli Lehmann wird in dieser Woche ihre künstlerische Thätigkeit wieder aufnehmen; sie beabsichtigt zu- näâchft cinige ernste Rollen zu singen und später in dèr eEntführung aus dem Serail“ und in „Cosi fan tutte“ von Mozart aufzutreten. Die Reihenfolge der im Königlichen Schauspielhause tzur Aufführung gelangenden Novitäten und Neueinstudierungen ift fol- gende: „Das Recht des Stärkeren“, von Paul Heyse (am Freitag), „Was ihr wollt“ von Shakespeare, „Der Mohr des Czaren“ von Richard Vcß. Die erste Aufführung des neuen Ballets „Nurjane“ von Guillemin findet spätestens zu Anfang Februar statt.

Fr. Hedwig Niemann trat nah langer Krankheit gestern zum erfien Male wieder an ihrer neuen Heimstätte, im Deutschen Theater auf. Zur Anltrittsrolle hatte die Künstlerin „Das Lorie“ in dem bekannten und beliebten Schauspiel „Dorf und Stadt“ ge- wählt. „Dorf und Stadt“ ift eins der wirkungsvollsten, allerdings an Rührung überreichen Theaterstücke, welhes die Verfasserin Fr. Charlotte Birch- Pfeiffer nad ciner Auerbach\chen Erzählung mit großer technisher Geschicklichkeit und Feinfühligkeit dramatisirt hat. Als unvergleihlihe Darstellerin des naiven und treuberzigen Lorle UL 192, Niemann dem Becliner Publikum längst bekannt und als solche oft kritisch gewürdigt worden. Gestern Abenv hatte fih denn au eine sehr ¿ahlreihe Zuhörershaft zusammengefunden, um die Gestalt des herzberückenden Dorfkindes mit seinen Freuden und Leiden von Neuem vor thren Augen erstehen zu schen. Das fröhliche, warmfühlende Schwarzwäldlermädchen gewann mit seiner vollen be- strickenden Heiterkeit und Naivetät, mit seinen bald \celmischen, bald treuherzigen Blicken und dem \{Üüchternen, verlegenen Zupfen an Schürze undBrusttuch alle Herzen für si ; abermals sah man ausdem unerfahrenen Dorfkinde allmählih die \{chwergeprüfte Frauenseele hervorquellen, welche in ershütternden Tönen ihr zertrümmertes Glück beklagt. Fr. Niemann hatte aus dieser zweiten Hälfte der Rolle eine köstliche &igur herausgearkbeitet, welhe in ihrer grenzenlosen Liebe und Wahr- haftigkeit an das Heldenhafte streift. Jhr Spiel der Empfin- dungen, welche auf ihren Zügen auftauhen und verschwin- den, war fo unvergleihlich wie nur je zuvor. Die Künst- lerin wurde bei ihrem Erscheinen vom Publikum mit Wärme begrüßt und reicher Beifall begleitete ihre weiteren Leistungen. Der „Maler Reinhardt" fand in Hrn. Sommerstorf cinen trefflichen Dazsteller, welcher die schwierige Rolle mit Gefühl und maßvollem Anstande zur Anschauung brachte. Die behäbige Gemäclichkeit und das warmherzige Gefühl, welches Hr. Förster meisterhaft zum Ausdru zu bringen vermag, traten in seinem „Lindenwirth* in Wort und Geberde arakeristish und ansprehend zu Tage. Hr. Wessels (Stephan Reichenmeier) forcirte Ton und Gesten etwas zu sehr, und brate seine Partie dadurch zum Theil um ihre Wirkung. Eine anmuthige und gefühlvolle Darstellerin der „Jda“ war Frl. Jürgens; die Leistung der jungen Künstlerin wäre noch bedeutender gewesen, wenn fie die innere leidenschaftlihe Erregung weniger andauernd und heftig in Aeußerlichkeiten auszuprägen versubti hätte. Im Ganzen war die Darstellung eine recht gelungene und erweckte DaBlitale Theilnahme und den reihen wohlverdienten Beifall des

ublikums.

Am Sonntag, den 13. Januar, Abends 7 Uhr, veranstaltet der hiesige „Opernverein“ in der Aula des Friedrihs-Werderschen Gymnasiums, Dorotheenstraße 14, zum Besten des „Allge- meinen Blindenvereins" eine Aufführung der beliebten Oper „Zam pa“ von Herold. Billets zu 1 #4 sind zu haben in der Hof- Musikalienhandlung der Herren Bote & Bock sowie bei dem Vor- fißenden des „Allgemeinen Blindenvereins*, Hrn. Domorganisten T. Franz, Universitätsstraße Nr. 2, Jn den Räumen des Gym- nasiums findet am Abend der Aufführung ein Billetverkauf nicht statt. Bei dem wohlthätigen Zweck, dem die Aufführung dient, ift für dieselbe eine rege Theilnahme zu erwarten.

Im Concerthause kommt morgen eine schr interessante Novität zur Aufführung, nämlich die dritte der englischen Suiten vom Altmeister Sebastian Bah. Der verstorbene Joachim Raff hat dieselbe höchst wirksam für großes Orchester bearbeitet. Die Haupt- nummer des reichhaltigen Programms bildet Raffs fünfte Symphonie, „Lenore“ genannt, ein Werk, welches seit dem ersten Erscheinen (im Concerthause) fich der Gunst des Publikums in hohem Maaße zu erfreuen hatte.

Circus Renz. Die am Sonnabend zum Benefiz der Familie Hager stattgehabte Gala-Vorftellung war sehr gut bcsuht und nahm einen überaus glänzenden Verlauf. Hr. J. W. Hager, welcher zum ersten Male in dieser Saison die Springfahrshule mit den bet- den englischen Volblutstuten „Fida" und „Helene“ mit gewohnter Eleganz ritt, sowie Fr. Amanda Hager-Renz, die in der rei- zend arrangirten spanischea Schulquadrille „bolero de Andalusia“ mitwirkte, und die jugendlihe Clotilde Hager, welhe den feurigen „Asgar“ in allen Gängen der hohen Schule ritt, wurden mit Ovatio- nen aller Art, unzähligen Hervorrufen und Lorbeerkränzen von riesigen Dimensionen ausgezeichnet. Ueberhaupt zeigte sih das Publikum au im weiteren Verlaufe des Abends sehr animirt und zollte dem ges sammten Künstlerensemble den regsten Beifall.

Redacteur: Riedel.

Verlag dec Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

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E R EDER R T E E Cc tiE a M B d

M G.

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den §. Januar

1884,

Grundzüge für den

Entwurf eines Gesetes N über die Unfallversicherung der Arbeiter nebs Begründung. *)

Der Inhalt zerfällt in 8 Hauptabschnitte und zwar:

T. Allgemeine Bestimmungen, betreffend Umfang der Versicherung, Gegenstand der Versiche- rung und Umfang der Entschädigung, Träger der Versicherung.

IT. Bildung der Berufsgenosseuschaften, betreffend Feststellung dec versicherungspflichtigen Betriebe, Bildung der freiwilligen Berufsgenossen- haften, Bildung der Berufsgenofsenschaften dur den Bundesrath, Regelung der Verwaltung der Berufs- genofsenschaften, Abänderung des Bestandes der Berufsgenofsenscaften, Theilung des Risikos, Ver- wendung der Beiträge zu fremdartigen Zwecken.

ITT. Mitgliedschaft des einzelnen Be- triebes; Betriebsveränderungen, betreffend Mitglieds{aft, Genofsenschaftskataster , Betriebs- veränderungen.

IV. Arbeiterausschüsse nund Schiedsgerichte betreffend Arbeiteraus\hüsse, Schiedsgerichte.

V. Feststellung und Auszahluug der Ent- schädigungen, betreffend Anzeige und Untersuchung der Unfälle, Entscheidung der Vorstände, Berufung gegen die Gntscheidung der Vorstände, Entscheidung des Sciedêsgerichts, Rekurs an das Reichs-Versicherungs- amt, Veränderung der Verhältnisse, FäUigkeits- termine, ins Ausland verzogene bezw. ausländische Entschädigungsberechtigte, Unpfändbarkeit der Ent- \chädigungsforderungen. Auszahlungen dur die Post, Liquidationen der Post, Umlagen, Abführung der Beträge an die Postkassen.

VI. Unfallverhütung, Ueberwachung der Betriebe durch die Genossenschaftei, betreff end S Epe Unge Cr NeE Ueberwachung der

etriebe.

VIIL. Das Reichs-Versicherungs3amt. VIIT, Schluß- und Strafbestimmungen,

I. Allgemeine Bestimmungen. Umfang der Versicherung.

1) Die Unfallversicherung erstreckt {fich auf alle in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Stein- brüchen, Gräbereien (Gruben), Fabriken und Hütten- werken beschäftigten Arbeiter und Betriebsbeamten, auf leßtere jedoch nur, sofecn {hr Arbeitsverdienst 2000 46. niht übersteigt.

Betriebsbeamte mit einem 2000 46. übersteigenden Arbeitsverdienst können auf Grund statutarischer Bestimmung (Ziffer 12) gegen Unfälle versichert werden. Für Arbeiter unv Betriebebeamte, welche nach Maßgabe dieses Geseßes versichert sind, und für ihre Hinterbliebenen tritt das Haftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871 außer Kraft.

Als Fabriken gelten insbesondere diejenigen Be- triebe, in welchen die Bearbeitung oder Verarbeitung von Gegenständen gewerb8mäßig ausgeführt wird, und in welchen zu diesem Zweck entweder mindestens drei zu versichernde Personen unter gleichzeitiger Verwendung von Dampfkesseln oder durch elementare Kraft bewegten Triebwerken oder ohne eine folcbe mindestens zehn zu versichernde Personen regelmäßig beschäftigt werden. :

Welche Betriebe außerdem als Fabriken im Sinne dieses Gesetzes anzusehen sind, entscheidet das Reicys- Versicherungs8amt (Ziffer 44).

Für Betriebe, welche mit einer Unfallgefahr nicht verbunden sind, kann dur Beschluß des Bundes- raths die Versicherungspfliht ausgeschlossen werden.

2) Avf Beamte, welche in Betriebsverwaltungen des Reichs, eines Bundesstaates oder cines Kom- munalverbandes mit festem Gehalt und Pensions- berechtigung angestellt sind, findet das Unfallversiche- rungsge}eß keine Anwendung.

Wird solchen Beamten und deren Hinterbliebenen bei Unfällen in Folge geseßlicher oder statutarischer Bestimmung eine Pension oder eine Entschädigung gewährt, welche hinter dem nach Maßgabe dieses Gesches sih ergebenden Entschädigungsbetrage nicht zurückbleibt, so steht denselben ein weitergehender Anspruch aus dem Unfall auf Grund des Haft- pflichtgeseßes vom 7. Juni 1871 nit zu.

Gegenstand der Versicherung und Umfang der

Entschädigung.

3) Gegenstand der Versicherung is der na Maße gabe der nacstehenden Bestimmungen zu bemessende Grsaß des Schadens, welcher durch eine Körper- verleßung oder durch Tödtung entsteht,

Der Schadensersatz besteht

a. im Falle der T Bn

1) in den Koften des Heilverfahrens vom Beginn der 14, Woche na Eintritt des Unfalls ab;

2) in einer bei völliger Erwerbsunfähigkeit 662 9/,, bei theilweiser Erwerbsunfähigkeit höchstens 50 9/6 des durch\ch{chnittlihen „Arbeitsverdienstes betragenden Jahresrente, wobei der 4 A täglih übersteigende Betrag nux mit einem Drittheil zur Anrechnung rommt;

b. im Falle der Tödtung:

1) in einem Pauschquantum

zum Ersaß der

*) Die wichtigsten neu in den Entwurf auf- enommenen Bestimmungen find nach den „Berl, ol. N.* hier durch den Druck (durch\{o}sen) her- vorgehoben.

Beerdigungskoften. Dasselbe besteht in dem Zwan- zigfahen des dur(schnittlihen täglihen Arbeits- verdienstes ;

2) in der Gewährung einer Jahresrente von 20 9% des dur{chschnittlihen Arbeitsverdienstes des Ver- storbenen an die Wittwe und von 10 9% an jedes hinterbliebene Kind bis zum zurückgelegten 15. Lebens- jahre, bezw. von 15 9%, wenn das Kind au mutter- los ift, wobei jedoch die Renten zusammen 50 9% des Arbeitsverdienstes niht übersteigen dürfen ;

3) in der Gewährung einer Jahresrente von 20 Prozent des Arbeitsverdienstes des Verstorbenen an bedürftige Ascendenten.? ¿

Im Falle ihrer Wiederverheirathung erhält die Wittwe den dreifachen Betrag ihrer Jahresrente als Abfindung. #=# -* #5 S

Als Arbeitsverdienst gilt der vom Verletten während des leßten Jahres bezogene Lohn mit der Maßgabe, daß bei Festseßung der Entschädigung der von der höheren Verwaltungsbehörde näch Anhörung der Gemeindebehörde für die Arbeiterklasse, welcher der Beschädigte angehört, ermittelte durchs\chnittlihe Tcgelohn zu Grunde zu legen ift, falls dieser den Betrag des von dem Beschädigten bezogenen durch- \hnittlihen Tagelohns übersteigt.

In gleicher Weise ist dieser von der höheren Ver- waltungs8belörde festgeseßte Tagelohn der Ent- \chädigung zu Grunde zu legen, wenn der Verleßzte in dem Betriebe niht ein volles Jahr, von dem Unfall zurückgerechnet, beschäftigt war. :

Bei Personen, welche wegen noch nicht beendigter Ausbildung keinen oder einen geringeren Lohn be- ziehen, gilt als Jahresverdienst das Dreihundertfache des von der höheren Verwaltungsbehörcke nach An- hôrung der Gemeindebehörde festzusetenden orts- üblichen Tagelohns gewöhnlicher Tagearbeiter.

Dem Verleßten steht ein Anspruch auf Ent- \chädigung nicht zu, wenn er den Unfall vorsäßlich herbeigeführt hat. Die Ansprüche der Hinter- bliebenen werden hierdurh nicht berührt. E

4) An Stelle der vorerwähnten Leistungen kann bis zum beendigten Heilverfahren freie Kur und Verpflegung in cinem Kcankenhause gewährt werden und zwar :

a, für Verunglückte, welche verheirathet sind oder bei einem Angehörigen ihrer Familie wohnen, wenn die Art der Verleßung Anforderungen an die Be- handlung oder Verpflegung stellt, welchen in der Familie nicht genügt werden kann,

b. für sonstige Verunglückte in allen Fällen.

, Für die Zeit der Vecpflegung des Verunglückten in dem Krankenhause haben dessen Ehefrau, Kinder und Ascendenten denselben Anspruch auf Entschädi- gung, welcher nach Ziffer 3 b 2 den Hinterbliebenen eines Verunglüten zusteht.

Träger der Versicherung.

5) Die Versicherung erfolgt auf Gegenseitigkeit dur die Unternehmer der unter 1 fallenden Be- triebe, welche zu diesem Zweck in Berufsgenossen- schaften vereinigt werden. Jede Berufsgeno\sen\chaft erstreckt sich in der Regel über das ganze Reichs - gebiet und umfaßt alle Betriebe derjenigen Industrie- zweige, für welche dieselbe errichtet ist,

Betriebsanlagen , welche wesentliche Bestandtheile verschiedenartiger Industriezweige umfassen, sind der- jenigen Berufsgenossenschaft zuzutheilen , welcher“ der Hauptbetrieb angehört. 3

Die Berufsgenossenshaften haben die juristisher Personen.

6) Die Mittel zur Deckung der von den Berufs- genossenshaften zu leistenden Entschädigungsbeträge und der Verwaltungskosten werden durch Beiträge aufgebracht, welche auf die Mitglieder nah Maßgabe der in ihren Betrieben von den Versicherten ver- dienten Löhne und Gehälter, sowie der \tatuten- mäßigen Gefahrentarise (Ziffer 134) jährli um- gelegt werden. R E

Wird eine Genossenschaft dauernd leistungs- unfähig, so gehen ihre Verpflichtungen auf das Reich über. Darüber, ob dieser Fall vorliegt, ent- scheidet der Bundesrath.

II, Bildung der Berufsgenossenschaften. Feststellung der versicherungspflichtigen Betriebe. 7) Zum Zweck der Ermittelung sämmtlicher ver-

siherungspflihtiger Betriebe sind die Unternehmer binnen einer im Gesetz zu bestimmenden Frist ver- pflichtet, dieselben unter Angabe des Gegenstandes und der Art des“ Betriebes, sowie der Zahl der dur{schnittlich darin beschäftigten Personen bei der unteren Verwaltungsbehörde anzumelden.

&ür die nit angemeldeten Betriebe hat die untere Verwaltungsbehörde die Angaben nah ihrer Kennt- niß der Verhältnisse zu beschaffen.

Ein nach den Gruppen, Klassen und Ordnungen der Reichs-Berufsstatistik geordnetes Verzeichniß sämmtlicher unter Ziffer 1 fallenden Betriebe ihres Bezirks ist von der unteren Verwaltungsbehörde der oberen Verwcltungsbehörde und von dieser nah stattgefundener Revision dem Reichs-Versicherungs- amt einzureichen.

Bildung der freiwilligen Berufsgenossen\schaften.

8) Die Bildung der Berufsgenossenschaften erfolgt auf dem Wege der Vereinbarung der Betriebsunter- nehmer unter Zustimmung des Bundesraths.

Die Zustimmung des Bundesraths kann versagt werden :

a. wenn die Anzahl der Betriebe, für welche die Berufsgenossenschaft gebildet werden soll, oder die Anzahl der in denselben beschäftigten Arbeiter zu gering ift, um die dauernde Leistungsfähigkeit der

Rechte

Berufsgenofsenschaft in Bezug auf die bei der Unfall- versicherung ihr obliegenden Pflichten zu gewähr- leisten ;

b, wenn Betriebe von der Aufnahme in die Be- rufsgenofsenshaft ausges{lossen werden sollen, welche wegen ihrer geringen Zahl oder wegen der geringen Zahl der in ihnen beschäftigten Arbeiter eine eigene leistungsfähige Berufsgenossenschaft zu bilden außer Stande sind und au einer anderen Berufsgenossen- haft zweckmäßig nicht zugetheilt werden können.

9) Die Beschlußfassung über die Bildung der Be- rufsgenossenshaften erfolgt dur die zu diesem Zweck zu einer Generalversammlung zu berufenden Be- trieb8genossen mit Stimmenmehrheit. In derselben hat jeder Unternehmer oder Vertreter eines Betriebes, in welchem niht mehr als 20 Personen beschäftigt werden, eine, darüber hinaus bis zu 200 für je 20 und von 200 an für je 100 mehr beschäftigte Per- sonen eine weitere Stimme. Abwesende können sich durch ftimmberechtigte Berufsgenossen vertreten lassen. Anträge auf Einberufung der Generalver- sammlung sind an dos Reichs-Versicherungsamt (Ziffer 44) zu richten, Denselben ist Seitens des Reichs-Versicherungsamts, sofern nicht der Fall unter Ziffer 8a vorliegt, stattzugeben, wenn die- selben innerhalb der durch das Gesetz festzuseßenden Frist und mindestens von dem zehrten Theil der Betriebsunternehmer derjenigen Industiezweige, für welche die Bildung der Berufsgenossenschaft bean- tragt wird, oder von folchen Betriebsunternehmern, die mindestens den fünften Theil der in diesen In- dustriezweigen vorhandenen Arbeiter beschäftigen, ge- stellt worden sind. 7

Findet das Reihs-Versicherungsamt bei der Prü- fung von Anträgen auf Einberufung der General- versammlung, daß der unter Ziffer 8 b vorgesehene Fall vorliegt, so hat dasselbe die Unternehmer der dabei in Betracht kommenden Betriebe zum Zweck der Beschlußfassung über die Abgrenzung der Berufs- genossenschaft zu der Generalversammlung mit ein- zuladen. |

10) Auf Grund der unter Ziffer 7 erwähnten Verzeich- nisse werden die Vetriebsunternehmer nah Maßgabe der Bestimmungen unter Ziffer 9 von dem Reichs- versiberungs8amt zur Generalversammlung unter Angabe der ihnen zustehenden Stimmenzahl einzeln eingeladen.

Die Generalversammlung findet in Gegenwart eines Vertreters des Reichs-Versicherungsamts statt. Derselbe eröffnet die Versammlung, welche unter leme Leitung aus ihrer Mitte einen Vorstand wählt.

Der Vorstand übernimmt die Leitung der Ver- handlungen, bei welchen der Vertreter des Reichs- Versicherungs8amts jederzeit zu hören ist.

Die Generalversammlung hat über den auf Bil- dung der Berufsgenossenshaft gerihteten Antrag, welcher zu ihrer Einberufung Anlaß gegeben hat, sowie über die aus ihrer Mitte dazu etwa gestellten Abänderungsanträge Beschluß zu fassen.

Ueber die Verhandlungen is ein Protokoll aufzu- nehmen. Dasselbe ist durch den Vorstand dem Reichs-Versicherungsamt einzureichen, welches das- selbe dem Bundesrath behufs der nah Ziffer 8 erforderlichen Beschlußfassunç vorlegt.

Bildung der Berufêgenossenschaften dur den

Bundesrath.

11) Für diejenigen Industriezweige, für welche innerhalb der im Geseh festzuseßenden Frist An- träge auf Einberufung der Generalversammlung zur freiwilligen Bildung einer Berufsgenossenschaft nicht gestellt worden sind, werden die Berufsgenossen- schaften dur den Bundesrath nah Anhörung von Vertretern der betheiligten Industriezweige gebildet: ¿ZGbenso sind dur den Bundesrath Berufsgenossen- schaften für diejenigen Industriezweige zu bilden, für welche auf Grund von Beschlüssen der Generalver- sammlung innerhalb der geseßlich vorgeschriebenen Frist vom Bundesrath genehmigte Genoffenschaften nicht zu Stande kommen.

Regelung der Verwaltung der Berufs- genossenschaften.

12) Die Berufsgenossenschaften regeln ihre innere Verwaltung, sowie ihre Geschäftsordnung dur ein von der Generalversammlung ihrer Mitglieder (Ge- nossenschaftsversammlung) zu beshließendes Statut.

Das Genossenschaftsstatut bedarf zu seiner Gültig“ keit der Genehmigung des Reichs-Versicherung8amts.

Bis zum Zustandekommen eines gültigen Ge“ nossenshaftsstatuts finden die Vorschriften un ter Ziffer 9 und 10, soweit sich dieselben auf das Stimmrecht der Genossenschaftsmitglieder, auf die Einladung derselben und auf die Betheiligung eines Vertreters des Reichs-Versicherungsamts an den Verhandlungen beziehen, auch auf die Genofsenschafts- versammlungen Anwendung.

13) Das Genofsenschaftsstatut muß außer dem Namen und dem Siße der Genossenschaft die Be- zeichnung der Industriezweige enthalten, für welche die Genossenschaft errichtet worden ift.

Dasselbe muß außerdem Bestimmung treffen :

a. über die Bildung des Genossenschaftsvorstandes3 und über den Umfang der Befugnisse desselben ;

b, über die Berufung der Genofjenschaftsversamm- ling, sowie über die Formen der Beschlußfassung derselben; i

c, über das Stimmrecht der Berufsgenossen in der Genossenschaftsversammlung ;

das Statut kann die für die erfte Generalver- lammteng vorgeschriebene Abstufung des Stimm- rechts (Ziffer 9) abändern, auch bestimmen, daß die

Genossenschaftsversammlung aus einer von den Be- rufsgenossen gewählten Vertretung, insbesondere au

aus Abgeordneten der etwa gebildeten Genofsen- \chaftssektionen bestehen soll;

d, über den Maßstab für die Vertheilung der Geno fsen\chaftslaften.

Jede Genossenschaft hat für die einzelnen Jn- dustriezweige und Betriebsarten je nah dem Grade der mit denselben verbundenen Unfallgefahr ent- sprechende Gefahrenklafsen zu bilden und na den- selben die Höhe der zu leistenden Beiträge abzu- stufen. Außer der nach Gefahrenklassen zu be- messenden Höhe der Unfallgefahr müssen für die Vertheilung der Genossenschaftslasten die Löhne und Gehälter der versiberten Personen maß- gebend sein. Die Eintheilung in Gefahrenklafsen und die Feststellung des Verhältnisses derselben zu einander (der Gefahrentarif) find nach Ablauf von längstens zwei Jahren und sodann mindestens von fünf zu fünf Jahren einer Revision zu unterziehen.

Die Ergebnisse derselben sind der Genossenschafts- versammlung zur Beschlußfassung vorzulegen. Die von derselben hierüber gefaßten Beschlüsse bedürfen der Genehmigung des Reichs-Versicherungsamts.

Löhne und Gehälter, welhe den Betrag von durhschnittlih 4 A für den Arbeitstag überfteigen, dürfen über diefen Betrag hinaus bei der Verthei- lung der Genofsenschaftslasten nur mit einem Dritt- theil (vergl. Ziffer 3 Litt. a Nr. 2) in Anrechnung gebracht werden ;

e. über das von den Organen der Genossenschaft bei der Einshäßzung der Betriebe in die Gefahren- klassen (Gefahrentarif) zu beobachtende Verfahren. Gegen die Einschätßung steht die Berufung an das Reichs-Versicherungsamt offen ;

f. wenn die Genofsenschaft in Sektionen getbeilt werden soll, über die Abgrenzung, Organisation und Zuständigkeit der Sektionen, sowie über die Zustän- digkeit der örtlihen Genofsenshaftsorgane (Ver- trauensmänner); :

g. über die von den Genossenschaftsmitgliedern alljährlich zu bewirkende Einsendung von Arbeiter- und Lohnnachweisungen für die Zwecke der Umlage- berechnungen, und über die Art der Hebung der Mitgliederbeiträge ;

h. über die Folgen von Betriebseinstellungen be- züglich der Zugehörigkeit zur Genossenschaft ; ;

i, über die Aufstellung der Jahresrechnung, sowie über deren Prüfung und Abnahme; 4

k, über die Ausübung der der Genossenschaft zu- stehenden Befugnisse zum Erlasse von Vorschriften behufs der Unfallverhütung und zur Ueberwachung der Betriebe. :

Beschlüsse der Genossenschaftsversammlung, welche die Abänderung oder Ergänzung des Statuts be- treffen, bedürfen der Genehmigung des Reichs- Versicherungsamts. :

Durch das Statut kann für den Fall der Bil- dung von Sektionen bestimmt werden, daß die zu leistenden Entschädigungen bis zu 500%/% derselben von der Sektion getragen werden müssen, in deren Bezirk die Unfälle eingetreten sind.

14) Kommt innerhalb einer festzuseßenden rift ein von dem Reichs-Versicherungsamt genehmigtes Statut nicht zu Stande, so wird dasselbe auf den Vorschlag des Reichs-Versicherungsamts vom Bundes- rath erlassen.

So lange die Wahl der geseßlihen Organe einer Genofsenshaft ordnungsmäßig nit vollzogen ift, oder so lange diese Organe die Erfüllung ihrer ge- seßlihen oder statutarishen Obliegenheiten vers weigern, hat das Reichs-Versicherungsamt die letztes ren auf Kosten der Genossenschaft wahrzunehmen.

15) Die Mitglieder der Vorstände der Berufs3- genossenschaften und der Sektionen, sowte die Ver- trauensmänner verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehrenamt. Baare Auslagen werden ihnen ersetzt.

Abänderung des Bestandes der Berufs- genossenschaften.

16) ; Nach erfolgtem Abschluß der Organisation der Berufsgenossenschaften sind Aenderungen in dem Bestande der leßteren unter nachstehenden Voraus- seßungen zulässig:

a. Die Vereinigung mehrerer Genossenschaften er- folgt auf übereinstimmenden Beschluß der betheilig- ten Genofsenschaftsversammlungen. Zum FInkraft- treten der Vereinigung is die Genehmigung des Reichs-Versicherungs8amts erforderli.

b. Die Ausscheidung einzelner Industriezweig2 aus einer Genossensaft und die Zutheilung derselben zu einer anderen Genossenschaft ist auf Beschluß der beiden betheiligten Genofsenschaftsversamm!ungen mit Genehmigung des Reichs-Versicherungsanits zus lässig, sofern durch diese Ausscheidung die Leistungs- fähigkeit der ersteren Genossenshaft in Bezug auf die ihr obliegenden Pflichten nicht gefährdet wird.

c, Wird in den Fällen zu a und b die Vereint- gung mehrerer Genofsenschaften oder die Ausscheh- dung einzelner Industriezweige aus einer Genofsen- schaft und die Zutheilung derselben zu einer anderen Genossenschaft auf Grund eines Genofsenschafts- beshlusses beantragt, dagegen von der anderen be- theiligten Genossenschaft abgelehnt, so entscheidet auf Anrufen der Bundesrath.

d, Wollen die Unternehmer einzelner JIndustrie- zweige aus der Genofsen\schast, welcher sie angehören, auss{ciden, um eine besondere Genossenschaft zu bilden, so haben Fie dies bei der Genossenschaft zu beantragen. Ueber den Antrag hat die Genofsen- \caftsversammlung zu beschließen. Der Beschluß der letzteren is dem Bundesrath vorzulegen, welcher nach Anhörung des Reichs-Versicherungsamts dar- über entscheidet, ob nah Maßgabe der Bestimmun- gen unter Ziffer 8 dem Antrage stattzugeben ift

oder nicht.