1884 / 13 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 16. Januar.

Kaiser und König nahmen heute in Gegenwart

entgegen. Dölkau.

Den Kammerherrendienst bei Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin haben die Königlihen Kammer-

herren Graf Kleist und Graf Rittberg übernommen.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich gestern Morgen 91/5 Uhr zur Jagd nach dem Grunewald und kehrte gegen 4 Uhr von dort zurü.

Der Schlußbericht über die ge Epe Sißung des ndet fih in der Ersten

Hauses der Abgeordneten befi bzw. Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (.) Sißung des Hauses der

Abgeordneten, welcher der Justiz-Minister Dr. Friedberg, der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten von Goßler, und der Finanz-Minister von Scholz nebst mehreren Kom- missarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung: Die Fort- seßung der ersten Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Einkommensteuer, und des Geseßentwurfs , betreffend die Einführung einer Kapitalrentensteuer. Der Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch führte aus, daß die beiden Steuervorlagen durchaus der Resolution ent- sprächen, welche von dem Abgeordnetenhause im vorigen Jahre be- {lossen worden sei. Der Abg. Richter habe gestern betont, daß durch die Annahme dieser Geseße ein Eingriff in die konstitutionellen Rechte des Hauses vollzogen werde, insofern als das Budgetreht des Hauses in Frage gestellt werde. Das sei keineswegs der Fall, vielmehr ständen die Gesetze in vollem Einklang mit unseren konstitutionellen Einrich- tungen. Fhm sei es unerklärlih erschienen, daß der Abg. Richter, der die indirekten Steuern immer mit einex Art von JIdiosynkrasie verfolgt und gegen die direkten Steuern eine ge- wisse Jdolatrie an den Tag gelegt habe, sih gegen diese Vor- lagen überhaupt habe wenden können. Er habe zwar denselben den Vorwurf des Dilettantismus gemacht. Das sei leicht, leicht besonders für den Abg. Richter, der mit positiven Vor- schlägen immer gekargt habe, und, wo er mit solhen vor das Haus getreten, da hätten dieselben von einer naiven Unkennt- niß der einschlägigen Verhältnisse Zeugniß abgelegt. Auf die speziellen Bestimmungen der Geseße eingehend, hob Redner hervor, daß seine Partei fest halte an dem Gesichtspunkt, daß es dringend geboten sei, die Steuerlast gleih zu vertheilen. Aus diesem Gesichtspunkte könne er auch dem in den Gesetzen gemachten Vorschlag einer Doppelbesteuerung der Aktiengesell- schaften nicht zustimmen. Der Abg. Richter habe die Forderung als exorbitant bezeichnet, daß der Arbeitgeber bei Strafe gehalten sein solle, die Lohnbezüge seiner Arbeiter rihtig anzugeben, das sei einfa eine Uebertreibung. Lasse sih doch jeßt hon aus dem statijtishen Jahrbuch der Stadt Berlin z. B. ganz genau erkennen, wie viel die einzelnen Klassen der Arbeiter verdienten. Der Abg. Richter habe die jeßigen Organe der Steuerveranlagung einer Kritik unterzogen. Aber die Vor- schläge, die er bezüglich einer Umgestaltung der Steuerveranlagung gemacht, seien geradezu monströs. Entschieden müsse er gegen die Verdächtigungen protestiren, welche sich dec Abg. Richter in dieser Beziehung gegen die Steuerveranlagung der Landräthe erlaubt habe. Die Mehrerträge der Kapitalrentensteuer bat Redner, zur Erleichterung der Kommunallasten zu verwenden. Für eine Quotisirung der Einkommensteuer werde seine Partei nh nun und nimmer bereit finden lassen. Hätte man die Quotisirung der Einkommensteuer, die das Steuerverweige- rungsrecht involvire, bereits in den Jahren 1861 bis 1860 QeVaVI, fo jlebe e man - Kalter und Reih nicht erhalten haben würde. Es seien Bedenken in der Richlung geäußert, daß dur die Aufhebung der 3. und 4. Steuerklasse das Wahlrecht breiter Schichten der Bevölkerung in Frage gestellt werde, und der Abg. Richter speziell habe versuht, aus diesen Bedenken Kapital für seine Sache zu s{lagen. Aber warum habe denn der Abg. Richter auf die Beseitigung der 1. und 2. Steuerstufe hingedrängt, durch die ja auch der vierte Theil der Wähler in die Gefahr verseßt sei, ihr Wahlrecht zu verlieren ? Wie bei der Kapitalsteuer, so wünshe er, daß bei der Grund-, der Gebäude- und der Gewerbesteuer eine Degression der Steuersäße eingeführt werden möge. Die Bankiersteuer, welche die Vorlage vorschlage, billige er niht. Halte man es für eboten, den Geschäftsverkehr der Bankiers einer höheren Be- euerung zu unterziehen, so möge man dies im Rahmen eines neuen umgeänderten Gewerbesteuergeseßes thun.

Der Abg. Hobrecht betonte mit Genugthuung, daß die Regierung die ablehnende Haltung verlassen habe, die sie bisher zu einer Reform der direkten Steuern eingenommen Man habe gesagt, daß die beiden Steuergeseße lediglih eine Konsequenz der Resolution seien, welhe im vorigen Jahre beschlossen worden ; das sei durchaus nicht der Fall. Jn jener Reso- [lution sei nirgends von einer Beseitigung der 3. und 4. Steuer- stufe die Rede gewesen. Die Aufhebung dieser Klassen sei auch niht einmal prafktish, denn dieselbe werde Unzufriedenheit erweden in den nicht befreiten Klassen. Auch ein Engagement zu derbesonderen Form der Kapitalrentensteuer, welche jeßt in Vor- schlag gebraht werde, liege in der Resolution nicht. Eine Kapitalrentensteuer lasse sich nur rechtfertigen, wenn gleichzeitig zu einer Umänderung der Grund-, der Ge- bäude- und der Gewerbesteuer geschritten würde, denn sie werde sonst nur zu neuen Ungerechtigkeiten Veran- lassung geben. Die Einführung der Deklarations- pfliht billige er, aber die Deklaration müsse Zeugniß sein, und sie müsse für alle gleichmäßig eingeführt werden. Wichtig sei es auch, daß in dem Augenblick, wo eine Reform der Personal- steuern vorgenommen werde, das Verwendungsgeseß den ver- änderten Personalsteuern angepaßt würde, da sich das Er- gebniß der projektirten Kapitalrentensteuer niht übersehen

Se, Majestät Mee es kommandirenden Generals des Garde-Corps, des Gouverneurs und des Kommandanten militärische Meldungen und demnächst den Vortrag des Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski Später empfingen Se. Majestät den Vize-Ober- Stallmeister von Rauch und den Grafen von Hohenthal-

tage gewahHhrt bleibe. das Wort.

Entscheidungen des Reichsgerichts, beigefügt. Sachsen. Dresden, 15. Januar.

"

äußerte, und ertheilte der

verfügbaren Beständen des

außerordentlichen 1876/77 soviel,

als für den Verkehr nöthig,

sein werde.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 14, Januar. (Els.-L. Ztg.) Auf der Tagesordnung der heutigen 6. Plenar- sibung des Landesausschusses stand die erste Lesung der drei Geseßentwürfe, betreffend 1) die Approbationen für Aerzte und Apotheker, 2) das Aufsuchen von Waarenbestellungen und den Gewerbebetrieb im Umherziehen und 3) den Gewerbe- betrieb der Besorgung fremder Nehtsangelegenheiten. Die Vorlagen wurden sämmtlich an Kommissionen verwiesen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 15. Januar. (W. T. B.)

Der Kaiser hat die Reise nah München zum Besuch des Prinzen Leopold und der Prinzessin Gisela auf unbcstimmte Zeit verschoben. Das „Fremdenblatt“ erklärt auf Grund positiver Jn- formationen die Nachrihten auswärtiger Blätter von einem angeblihen Schreiben des Kaisers von Desterreich an den Papst, in welchem irgendwelhe Erklärungen bezüg- lih der Eventualität eines Besuches des Kaisers in Nom ab- gegeben sein sollten, für vollfomwmen unbegründet. Pest, 15. Janunn L, T. B.) Das Unterhaus er- ledigte heute die ersten Kapitel des Budgets in der Spezial- debatte ; mehrere alljährlich wiederkehrende Anträge auf Re- duktion der Civilliste und der Funktionszulage des Minister- Präsidenten sowie die Streihung des Dispositionsfonds wurden abgelehnt. Der Finanz-Minister versprah, noch in dieser Session den Entwurf eines Pensionsgeseßzes vorzulegen und erklärte, der Entwurf einer Dienstpragmatik der Beamten sei in Can ug, Agram, 15. Januar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sitzung des Landtages zog Loncsarics den Antrag auf Ausschließung der Anhänger Starcevics# zurück, nahdem in der gestrigen geheimen Sißung die erfor:erlihen Maß- regeln zur Verhinderung von Ruhestörungen festgestelli wor- den waren. Starcevic erklärte: der in der geheimen Sizung gefaßte Beschluß gehe ihn niht an. Der Landtag beschloß hierauf die Ausschließung Starcevics. Der Klub der Nationalpartei entsendete einen Aus\{chuß, behufs strenge- rer Aufrechterhaltung der Hausordnung.

Großbritannien und Jrland. London, 16. Januar. (W. T. B) Jn einem gestern Abend in Newcastle ab- gehaltenen Meeting wies der Präsident des Handels - Ministeriums, Chamberlain, auf die wiederholten Zu- sicherungen der Regierung hin, daß die englishen Truppen Egypten verlassen würden, sobald daselbst die Ordnung hergestellt sei. Die Cholera und die Niederlage His Paschas hätten die Ausführung dieser Zusagen. verzögert ; die englische Regierung könne Egypten nicht der Anarchie preis- geben ; andererseits werde und dürfe die Regierung keine der von ihr gemachten Zusicherungen zurückziehen. Die Aufgabe, die die englishe Negierung Übernommen, sei s{hwieriger als fie ursprünglih angenommen, und werde mehr Zeit erfordern, als fie vorausgeseßt habe; es sei aber nichts eingetreten, daß ihn glauben lassen könnte, daß die übernommene Aufgabe mit der Zeit und bei Geduld und Klugheit niht gleihwohl voll- ständig gelöst werden könne.

Die Verhandlung gegenWolff und Bondurand vor dem Gerichtshof von Old Bailey wurde gestern fortgeseßt und schließlich auf heute vertagt.

Frankreich. Paris, 15, Januar. (W. T. B.) Heute Vormittag fand ein Ministerrath statt, welher sih mit dem Budget sür 1885 beschästigte. Es wurde beschlossen, die Ausgaben aller Ministerien auf das Nothwendigste zu be- shränken.

Die Meldung aus Calais von der dort erfolgten An- kunft des chinesischen Botschafters Tseng bestätigt sich nicht ; derselbe hat England nicht verlassen.

Nach telegraphishen Meldungen des Admirals Courbet aus Hanoi, vom 8. unb 9. d. M, hat sich seit der Einnahme von Sontay die Zahl der Seeräuber in den Umgebungen von Hanoi und Haiphong vermindert. Die Schwarzflaggen haben am linken Ufer des Schwarzen Flusses mehrere Dörfer in Brand gesteckt; es haben zahlreiche Rekognoszirungen in dieser Gegend stattgefunden. Die Seeräuber bedrohen noch immer die Provinz Namdinh ; zahl- reiche Kolonnen sind nach allen Richtungen zu ihrer Verfolgung ausgesandt worden. Nach einem Telegramm Tricou's aus Hue, vom 5. d. M,, hat der junge König Tricou mit L E Feierlichkeit empfangen und ihn beauftragt, der französischen Regierung seine Ehrfurht und vollständige Ergebenheit auszudrücken. Der König hat versprochen, den Vertrag zu respektiren, gleichzeitig aber auch die Hoffnung ausgedrüdt, daß die französishe Regierung die Bedingungen desselben mildern werde, Der König, welcher im Alter von 15 Jahren steht, heißt Kienphuc. Die Regentschast ruht in den Händen des ehemaligen Finanz-Ministers, welcher au der Urheber der leßten Revolution war.

werden, daß die jährlihe Bewillung des Budgets dem Land- Bei Schluß des Blattes erhielt der Abg. Dr. Wagner

Der heutigen Nummer des „Reihs- und Staats- Anzeigers“ if eine „Besondere Beilage“ (Nr. 1), enthaltend

(Dr. Journ.) Die Erste Kammer bewilligte heute u. a. 2250 000 4 für die Fortseßung der Eisenbahnlinie Freiberg-Bienen - mühle bis zur Landesgrenze, wobei der Kreisvorsizende Seiler sein Bedenken gegen die mehrfahe Bahnverbindung Sachsens mit Böhmen im Er der heimishen Kohlen öniglihen Staatsregierung ein-

stimmig die nahgesuchte Ermächtigung dazu, daß von den noch Budgets

zur Ver- mehrung der Transportmittel verwendet werde, nahdem der Kammerherr von Schönberg-Mockriy die Regierung befragt hatte, in welher Weise sie auf die einzelnen Bahnen die für den Sekundärbahnbetrieb in Aussfiht genommenen Anschaf- fungen von Güterwagen zu vertheilen gedenke, worauf der Staats-Minister Freiherr von Könneriß erwiderte, daß die Regierung, um den Ansprüchen zu genügen, so weit für den Verkehr nöthig, auf Vermehrung der Transportmittel bedacht

morgen im Elysée stattfindenden Diner wird Fürst Hohenlohe demnach nit theilnehmen.

Der vor längerer Zeit wegen sozialistisher Umtriebe ver- hafstete Fürst Krapotkin, der bisher in Clairvaux gefangen gehalten wurde, ist hierher überführt worden.

Spanien. Madrid, 16. Januar. (W. T. B.) Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer wies Cafstela x auf den Einfluß hin, den die in Frankreich jeweilig herrschen- den monarchishen oder demokratishen Prinzipien auf Spanien ausübten, und sprach sih gegen die Reise des Königs nah Deutschland aus. Spanien bedürfe der Ruhe und müsse sich jeder Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder enthalten. Der frühere Minister des Auswärtigen, Veja de Armijo, erwiderte : es gebe kein Dokument, nah welchem Spanien eine Allianz mit einer fremdven Macht eingegangen sei. Die Reise des Königs habe keine Allianzzwecke gehabt; Deutschlands Ver- halten Spanien gegenüber sei hon seit Jahren ein äußerst sreundlihes gewesen. Was die Vorgänge betreffe, die sih bei der Ankunft des Königs in Paris am 29. September v. J. zugetragen hätten, so habe die Regierung nah den Erklärungen, die der Präsident Grévy dem König Alfons deshalb gemacht habe, weitere Erklärungen von der französishen Regierung niht verlangt. Der Minister des Jnnern, Moret y Prendergast, erklärte in Bezug auf die innere Lage: das Kabinet werde, wenn die Mazorität des Hauses die vorgeshlagene Trans- aktion acceptire, seine Entlassung geben, damit der König mit Unterstüßung der alten Majorität und der ministeriellen Linken ein neues Kabinet bilden könne.

___ Italien. Rom, 15. Januar. (W. T. B.) Heute begab sih die zweite, sehr zahlreihe Pilgerschaar mit vielen Musikcorps und Fahnen nah dem Grabe Victor Emanuels im Pantheon. Dex Zug bewegte sih dur die Straßen und vor dem Grabe vorüber, nah demselben Ceremoniell wie am 9. d. M. Die Straßen waren von diht- gedrängten Menschenmassen angefüllt.

Schweden und Norwegen. nuar. (W. T. B.) Jn der heutigen Verhandlung des Reichsgerihts in tem Staatsprozeß gegen die Minister beendigte der Vertheidiger sein Plaidoyer und beantragte, den Staats-Minister Selmer von der von Seiten des Odelstings erhobenen Anklage freizusprehen. Hierauf begann der Ankläger seine Replik,

Amerika, Washington, 15, Januar. (W. T. B) Das Repräsentantenhaus hat mehrere Resolutionen angenommen, in welchen der Präsident Arthur um Jnfor- mationen über die Frage der zu geringen Werthdeklarirung der von auswärts importirten Waaren ersuht wird, wodur Hinterziehungen in den Zolleinnahmen der Vereinigten Staaten herbeigeführt werden. Gleich- zeitig wird der Präsident aufgefordert, der Gesetzgebung die zur Verhütung solcher Hinterziehungen erforderlihen Vor- lagen zu machen. Dem Vernehmen nach wird die Fin anz- kommission dem Kongreß demnächst eine Bill unterbreiten, durch welche erheblihe, wenn auch nicht allgemeine Z oll- redukttionen vorgeschlagen werden.

Afrika. Egypten. (W.T. B.) Ein Reutersches Telegramm aus Suakim, vom 11. d. M., meldet : Baker Pascha sei von Massowah nah Suakim zurückgekehrt :- wie es heiße, handele es sih darum, die Operationsbasis von Suakim nach Massowah zu verlegen.

Christiania, 15. Ja-

Zeitungsf\timmen.

Jn dem „Berliner Finanz- und Handelsblatt“ lesen wir :

Der Kredit der deutschen Einzelstaaten. Vergleibt man die heutigen Course der Schuldverschreibungen der deutschen Einzelstaaten mit den Coursen derselben vor etwa zwanzig Jahren, so ergtebt si die erfreuliche Erscheinung, daß mit der inzwischen erfolgten Einigung des Deutschen Reiches nicht blos eine überaus beträchtliche Hebung ihres Kredites Hand in Hand ging, sondern auch zu gleicher Zeit eine fast vollkommene ECGbenbürtigkeit des Krcdites sämmtlicher deutscher Staaten zum Ausdruck gelangt ist.

_ Die beträchtlichen, ehemaligen Differenzen in der Courshöhe der Sculdverschreibungen der Kleinstaaten rührten vor Allem davon her, daß fich dazumal die Kapitalisten ängstlich Üüberlegten, ob dieses oder jenes Königreich oder Herzogthum bei seinen sih aufthürmenden Schulden denn aber auch in der Lage sein werde unter allen Um- ständen seine Verpflichtungen zu erfüllen. Man rechnete änglih nach, wie viel dieser oder jener Staat Geld in produktiven Werthen angelegt hatte, sodann, wie sih der Werth seiner Domänen zu seinen Ge- sammts\schulden verhalte, und bei Kontrahirung von vielleicht nur einigen wenigen Millionen neuer Schulden steckte man die Köpfe zu- sammen und fragte sih, ob denn eine solhe Wirthschaft fo fort- dauern könne. Kamen alsdann auch noch einige \charfe Ausfälle von cppositionellen Kammerrednern hinzu, in welchen gar oft ganz unverblümt der baldige finanzielle Bankerott des betreffenden Staates prognostizirt wurde, alsdann fiel der Cours der Schuldver- schreibungen des betr. Staates um Prozente und die Hofbanquiers des Staatsoberhauptes konnten nur gegen Gewährung von sehr bedeuten- den Provisionen und sonstigen Vortheilen dazu bewogen werden, sich um den Absatz weiterer Posten solcher Staats\c{huldverschreibungen zu bekümmern.

Dies Alles hat sich von Grund aus geändert, seitdem das Reich die Einzelstaaten auch finanziell unter seine Fittige nahm. Von dem Momente an, wo sich das Reich auschickte, an die Einzelstaaten mehr abzugeben, als es von ihnen empfängt, war nicht nur jede Sorge um die Fortdauer der Solvenz der Leßteren verflogen, sondern es waren auch alle Berechnungen gestört, kraft deren man beweisen hätte können, daß dieser oder jener Staat bald am Ende seiner Solvabilität angelangt sein werde. Als inzwischen au} noch die Banknoten- und bezw. Staatsnotenfrage geordnet, die Notenbanken unter die \{chärfste Kontrole des Reiches gestellt, und den Staaten das Recht der Notenausgabe benom- men worden war, wobei das Reich jenen Kleinstaaten bereit- willigst Hülfe leistete, welche niht im Stande gewesen wären, ihre Noten wieder einzulösen, da drang alsbald die Erkenntniß durch, daß die dceuts{en Staaten nunmehr . . , au finanziell solidarisirt seien, und von nun ab war es selbst den kleinsten und bis dahin finanziell noch fkeineswegs gekräftigten deutshen Staaten endlich möglich geworden, die Mittel zu ihrer Konsolidirung zu eben fo coulantén Bedingungen zu finden, wie die reichsten und höchstacccedi- tirten der deutschen Einzelstaaten.

Je höher der Kredit der deutschen Einzelstaaten stieg, desto höher hob sich aber auc der Kredit des deutschen Reiches selbst, und heute nimmt derselbe auf dem europäischen Kontinente den ersten Rang

ein, indem Deutschland in Beziehung auf die Courshöhe seiner

cdenkt man nun, daß die 4prozentigen Schuldverschreibungen der Dtibeu Einzelnstaaten fast auf gleiher Höhe mit der deutshen Reichsanleihe stehen, ferner, daß unter der Einwirkung dieses günstigen Verhältnisses au alle Rentenbriefe, Stadtanleihen, wie nicht minder auch die Pfandbriefe der Hypothekar-Kredit- anstalten profitirten, welche leßtere drei Kategorien ebenfalls mehrere Milliarden Mark umfassen, und bedenkt man roch hinzu, daß seit Bestand des Relches der Zinsfuß für solide Werthe allmählich auf 49/0 herabging, während derselbe früher etwa 5 °/0, theilweise noch höher war, so daß nun eine zwanzlg- und bezw. fünfundzwanzig- prozentige Zinserleihterung pla gegriffen hat, was gegenüber der Reihe von Milliarden, um die es sich hier handelt, eine immense Ersparniß bedeutet, die den \{uldnerishen Staaten, Kreisen, Städten, Kreditver- bänden und Privatsculdnern jährlich zu Gunsten kommt, fo ift man verpflichtet, auch nah dieser Richtung hin die Entstehung des Deutschen Reiches als einen besonderen Segen des Himmels zu preisen, sowie niht minder der Weisheit der Lenker des Reiches alle Anerkennung zu zollen, welhe mit s{harfem Auge und sicherer Hand einen folchen Stand der Dinge herbeigeführt haben, :

Die „Wiesbadener Zeitung“ s@reidt:

Im Jahre 1882 {loß die Handelsbilanz Deutschlands mit einem Uebershuß von 294 Millionen ab, d. h. wir verkauften dem Aus- lande für 294 Millionen Mark Waaren mehr als wir Waaren vom Auslande kauften. 1881 betrug ‘der Ueberschuß über 164, 1880 über 82 Millionen. In der Zeit des Freihandels {loß die Handelsbilanz Deutschlands nicht nur mit keinem Ueberschuß, sondern mit einer Unter- bilanz von jährlich durch\chnittlich einer Milliarde. Wie man angesichts solcher Thatsachen noch den Muth haben kann, die im Jahre 1879 einges{lagene neue Wirthschaftspolitik zu bekämpfen, is unbe- greiflih. Die „National - Zeitung“ hat diesen Muth. Sie jagt: „Wir weisen auf die Abnahme des Exports na Ruß- land und Oesterrei - Ungarn hin, deren Regierungen ihre, die Einfuhr deutsher Waaren ershwercnde Zollpolitik ganz nah dem Muster der deutschen Zollpolitik geregelt haben.* . ._. MRußland und Oesterreich Haben ihre Zollpolitik nach dem Muster der deutschen geregelt! Das klingt, als hätten Rußland und Oester- rei früher Freihandel gehabt und wären erst na Vortritt Deutsch- lands zur Schußzollpolitik übergegangen. Das Gegentheil ift richtig. Als \ih Deutschland in das freihändlerishe Fahrwasser geleiten ließ, hoffte man hier, die Anderen würden dem s{önen Beispiel folgen. Das thaten sie aber nicht, vielmehr erhöhten sie ihre Zölle und Deutsch- land trug den Schaden ; bis es endlich auf der ahschüssigen Bahn Halt machte. Gegenüber der Zeit des &Sreihandels hat fich übrigens der Export nach Rußland und Oesterreich nicht vermindert, sondern recht bedeutend ver- mehrt. Ebenso hinfällig ist die Behauptung, die Schußzollpolitik habe zur Scädigung der Eisenbahnen geführt. Auch hier trifft das gerade Gegentheil zu, wie ein Blick auf die Cisenbahnstatistik lehrt. Sollte wirklich eine Verminderung des Transitverkehrs eingetreten sein, wofür übrigens noch nicht der geringste Nachweis erbracht ift, so würde dieselbe durch die Zunahme des inländishen wie des Exportverkehrs überreicblih aufgewogen werden. Wenn das frei- händlerishe Blatt endlih zu dem Schlusse kommt: „Gegen die wechselvollen Gestaltungen, welche die Konjunktur des Weltmarktes ¿citigt, vermögen keine Zollmaßregeln anzukämpfen,“ so möge das gelten; aber gerade weil dem so ift, ist es nothwendig, ‘der deutschen Produktion wenigstens das Absaßzgebiet im Inlande möglichst zu er- halten, damit sie nicht dem Untergange preisgegeben ist, wenn in periodisher Wiederkehr Krisen über den Weltmarkt hereinbrecen.

Der „Rhein isch-Westfälishen Zeitung wird aus Bremen geschrieben: e

Der S keins, der für ganz Deutschland die Erinnerungen an die vor 50 Jahren erfolgte Errichtung des Zollvereins in so erheben- der Weise wachrufen konnte denn mit derselben war auch der erste Schritt zur nationalen Einigung gethan hat hier in Bremen noth- wwéndig einen niederschlagenden Cindruck hinterlassen müssen, da er uns die verfehlte Politik unseres kleinen Staates so recht eindringlich vor die Augen gebracht hat. Ein halbes Jahrhundert ist verflossen, seit Deutschland angefangen hat, cinig zu werden und genau 10 langer Zeit hat cs bedurft, bis man hier mit Mühe und Noth und zu allerlezt in gewissen Kreisen zu der Erkenntniß gekommen ist, daß auch Bremen, dieser einzige Bruchtheil des großen geeinigéen Dentschlands, nicht länger Widerstand leisten kann, wenn es nicht seine ganze Eriftenz aufs Spiel seßen will. Wenn sich darüber Buch führen ließe, wie große Schäden Bremen in diesen 50 Jahren an seinem wirthschaftlichen Leben genommen hat, würden wir ein trauriges Facit herausrehnen können, Aber au ohne genaue statistishe Nabweise, die so weit nicht zurückreihen, läßt sih die Thatsache erhärten, daß Bremen weit, weir hinter der Höhe zurückgeblieben is, die es einnehmen könnte, wenn es rechizeitig verstanden hätte, \ich der nationalwirthscaftlichen Bewegung anzuschließen. Unsere Blätter hätten den 50 jährigen Gedenktag des Zollvereins gern mit dem „Schwamm“ aus dem Gedächtniß der bremishen Bevölkerung hinweggewischt, wenn es angegangen wäre. Sie haben erft im allerleßten Augenblicke, als die offiziellen Berliner Telegramme anlangten, die sie nicht wohl in den Papierkorb werfen konnten, von denselben Notiz genommen, ohne ihrerseits eine Betrachtung daran zu knüpfen.

Central-Blatt der Abgaben-Geseßgebung und Vero waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 1. Inhalt : Anzeige der in der Geseßsammlung und im Reichs-Geseßblatte erschienenen Geseße und Verordnungen. Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen. I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände : Anstellung der Militärpersonen im Offiziersrange im Civildienst. 111. Indirekte Steuern : Zollsaß für Olivenöl in Fässern, Flaschen oder Krügen. Zollfreiheit der \. g. Korkfender-Apparate. Stempelpflichtigkeit. Entscheidung durch den Civilrichter. Aussezung der Verhandlung. Stempel zu Kauf- und Lieferungsverträgen im kaufmännischen Verkehr. V. Statistik. Ergänzung des Verzeichnisses der Massengüter im Sinne des Gesetzes über die Waarenstatistik. V1. Personal- nachrichten.

T ab adn-Bexorby unst-Qlei Nr. 1, Svar Grlafse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: Vom 30. November 1883, betr. Statistik der Güterbewegung. Vom 24. Dezember 1883, betr. Dienstwohnung suspendirter Beamten. Vom 24. Dezember 1883, betr. den zu Lieferungs- und Werkverdingungsverträgen 2c. bezw. zu den mit denselben verbundenen Nebenabreden (Kompromißver- trägen 2c.) zu verwendenden Stempel. Vom 28. Dezember 1883, betr. Reisekosten-Liquidationen maschinentehnis{er Beamten über Versuchsfahrten. Vom 28. Dezember 1883, betr. Erlaß polizei- licher Strafverfügungen wegen Uebertretungen. Vom 29, Dezember 1883, betr. Statistik der Güterbewegung. Vom 31. Dezember 1883, betr. Verrechnung der Seitens der Militärverwaltung für ver- schiedene Leistungen aus Anlaß militärisher Uebungen im Verladen von Truppen und Kriegsmaterial 2c. der Eisenbahnverwaltung zu er- stattenden Kosten. Entscheidungen der Königlichen Dber-Rehnungs- kammer. Nachrichten.

Landtags - Angelegenheiten.

m 9. Breslauer Wahlbezirk, Franken stein-Münsterberg', ist ti des Erbscholtiseibesizers Nitsche, welcher sein Mandat niedergelegt hat, von Hüne (Centrum) mit 210 gegen 55 Stim- men, welche von Chappuis (konservativ) erhalten hat, zum Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Die X1I1I. Kommission des Hauses der Ab geordneten

vertreter des Schriftführers; Dirichlet, Schmieder, von Hoenika, Brandenburg, Conrad, Hagen, Roeren, Francke, Dr. Detker, Dr. Grimm, von Krosigk, von Neumann, Bohß, von Risselmann.

Statistische Nachrichten.

Nach der Uebersiht über die Produktion von Stärke- zucker im deutschen Zollgebiet für das Campagnejahr 1882/83, welhe in dem soeben erschienenen Novemberheft zur Sta- tistik des Deutschen Reichs veröffentlicht ist, beträgt die Zahl der Stärkezuckerfabriken im Zollgebiet 43, von denen 5 während des ge- daten Zeitraums außer Betrieb standen, Zu Stärkezucker wurden verarbeitet 451 306 Doppelcentner nafse und 34868 D.-C. trockene Stärke und bieraus hergestellt 92903 D.-C. Stärkezucker in fester Form, 191 074 D.-C. Stärkesyrup und 12 790 D.-C. Couleur. Der durch\chnittlide Verkaufspreis für 100 kg festen Stärkezucker betrug 30,4 6, Stärkesyrup 29,1 A und Couleur 35,6

In dem soeben erschienenen Novemberheft zur Statiftik des Deutschen Reiches sind die amtlichen Aufnahmen über die Brannt- weinbrennerei und die Branntweinbesteuerung im deutschen Zollgebiet während des Ctatsjahres 1882/83 zusammengestellt und diesen Zusammenstellur gen einige Tabellen an- geschlossen, welche die betreffenden Ergebnisse in Bezug auf das Reichs\teuergebiet (vezüglih der andern deutshen Steuergebiete sind die Angaben nit konform und weniger ausführlih) für die leßten 11 Jahre zusammenstelUt. Danach sind in dem inner alb der Zolllinie liegenden Gebiete des Deutschen Reiches, mit Ausnahme des hbayerishen Steuergebiets , des Königreichs Württemberg und des Großherzogthums Baden, im Jahre 1882/83 zusammen 28 201 Branntweinbrennereien im Betriebe gewesen, von denen 19 972 allein auf Elsaß-Lothringen fallen. Von der Gesammt- zahl der Brennereien haben mehlige Stoffe (Getreide und Kartoffeln) verarbeitet 7117 (7256 im Vorjahr), Melasse 17 (24 im Vorjahr) und andere nicht mehlige Stoffe 21067 (22629 im Vorjahr). Unter den erstgenannten befanden sich landwirthschaftlihe Brennereien, d. h. solche, welhen nah §. 3 Absatz 2 des Reichs8geseßes vom 8. Juli 1868 Steuerermäßigung zu Theil geworden ist, die also in der Zeit vom 1. November bis 16. Mai nur selbstgewonnene Erzeugnisse ver- wendet und an einem Tage nicht über 1030,5 1 Bottihraum be- maischt haben, 1632 gegen 1832 im Vorjahr; ferner haben 1316 (1294 im Vorjahr) von den Brennercien, welche mehlige Stoffe ver- arbeiteten, Hefenfabrikation betrieben, also die Branntweingewinnung meist nur nebensächlih. behandelt. Der Bruttoertrag der Maischbottich- steuer betrug im Jahre 1872 44 967243 Æ, ift sodann im Jahre 1875 auf 55 697 282 M. gestrigen, aber in den folgenden Jahren wieder zurück- gegangen. Erst im Jahre 1880/81 ift der leßtgenannte Betrag wie- der überschritten worden ; im nächsten Jahre 1881/82 hat hierauf der Steuerertrag den höchsten Stand, den die 11jährige Reihe aufzu} weisen hat, mit 63 515 176 (A erreicht, um im Jahre 1882/83 wieder auf 58 433 851 f herabzusinken. Der Ertrag der Materialsteuer stieg von 630 168 A im Jahre 1874 (die Jahre 1872 und 1873 eignen sich nicht zum Vergleich, da in den betreffenden Zahlen die für Elsaß-Lothringen nicht enthalten sind (auf 1175808 im Jahre 1ck75, ist von da ab aber wieder erheblich zurückgegangen, und betrug 1882/83 nur 391 108 M Der Nettoertrag der Branntwein- abgaben, d. h. der Ertrag der inländischen Steuer einschließli des Eingangszolls, der Uebergangsabgabe und der Ausgleichungs8abgabe (im Verkehr mit Luxemburg), abzüglich der Steuerrückvergütung für ausgeführten und zu technischen Zwecken verwendeten Branntwein, betrug 1882/83 im Reichssteuergebiet 45 966 418 A oder 1,27 M auf den Kopf der Bevölkerung gegen 48 510 107 H oder 1,35 F auf den Kopf im Vorjahre und 52474865 A oder 1,56 H auf den Kopf im Jahre 1875, welch leßtes Jabr unter den aufgezählten 11 Jahren die höchste Nettocinnahme aufweist. Im bayeri- \chen Steuergebiet belief sih der Bruttoertrag des Branntwein» aufshlags für das Kalenderjahr 1882 auf 2 100 864 M; in Württemberg für das Etatsjahr 1882/83 der Steuer- ertrag aus dem zur Brannttveinbrennerei verwendeten Malz auf 25 868 4, der Ertrag der Uebergangsabgaben von Branntwein auf 938 144 A und der Cingangszoll von eingeführtem Branntwein auf 20 753 M, ferner der Betrag der Steuerrückvergütungen für denatu- rirten Branntwein auf 62293 6 und die Abgabe vom Branntwein- Kleinverkauf auf 309 142 4; in Baden für das Steuerjahr 1, De- zember 1881 bis 30. November 1882 der Ertrag der inländischen Braunntweinsteuer (Kesselsteuer) auf 160 814 4, die Uebergangsabgabe auf 580418 4. und der Betrag der Steurrrückvergütungen auf 63 043 M.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der juristishe Verlag von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig hat soeben in der beliebten handlichen Ausgabe der „Deutschen Reihsgeseßgebung, Text-Ausgabe mit An- merkungen veröffentlicht die: E E E nebft Gericbtsverfassun gsgeseßz für das Deutsche Reich. Tert- Ausgabe mit Anmerkungen und Sachregister von Dr. A. Dochow, weil. ordentlichem Professor in Halle. Dritte veränderte und ver- mehrte Auflage bearbeitet von A. Hell weg, Landrichter in Hannover. Taschen-Format, Kartonnirt 1 H 60 „S. Diese neue Auflage i} nach dcs Verfassers Tode unter eingehender Berül- sihtigung der Entscheidungen des Reichsgerichtes in Strafsachen und der Literatur fast vollständig umgearbeitet worden und hat in dieser neuen Gestalt an Werth gegen die früheren Auflagen erheblich ge- wonnen. Der Bearbeiter war besonders geeignet, die] thm über- tragene Aufgabe zu lösen, weil die genaueste Kenntniß unserer Straf- geseßgebung ihn zu solcher Arbeit vorzugswet]e befähigte. Denn außer an dem mit Dr. A. Arndt gemeinshaftlich herausgegebenen großen und hervorragenden Buch! „Die Deutsche Strafgeseßgebung“_ ist der- selbe auch an dem im Erscheinen begriffenen umfangreichen Sammel- werke: „Die Geseßgebung des Deutschen Reiches von der Gründung des Norddeutschen Bundes bis auf die Gegenwart (in der jeßt gel- tenden Fassung)“ als Bearbeitec der gesammten Strafgesetzgebung vetheiligt. : 5 ias Ds Reichsgeseß, betreffend die Krankenversiche- rung der Arbeiter, vom 15. Juni 1883. Mit einem Anhang, enthaltend die für Preußen erlassene Ausführungs8anweisung vom 26. November 1883. Textausgabe mit Anmerkungen von E. von Woedtke, Regierungs-Rath, 3. Z. im Königlich preußischen Ministe- rium für Handel und Gewerbe. Zweite Auflage. Taschen-Format. Cartonnirt 1 M 20 ch4. Daß bereits nah Verlauf weniger Monate von dieser Textausgabe eine neue Auflage nöthig wurde, spricht am besten für den Werth derselben. Das Büchlein ermöglicht es auch in der That, die Kenntniß des shwierigen und doch so ungemein wich- tigen Geseßes zu erleihtern und zur richtigen und re{tzeitigen Aus- führung dieses ersten Werkes auf dem Gebiete der sozialen Reformen beizutragen. Diese Textausgabe ist ganz besonders b¿stimmt und ge- eignet, die Bekanntschaft mit dem Gese auc in weitere, insbesondere in solche Kreise des deutschen Volkes hineinzutragen, welchen mit einem wohlfeilen Handbu vorzugsweise gedient ist. :

Von dem Werk: „Die Geseßgebung des Deutschen Reiches von der Gründung des Norddeutsden Bundes bis auf die Gegenwart, mit Erläuterungen und Registern herausgegeben von B. Gaupp, Geh. Regierungs-Rath, A. Hellweg, Landrichter, R. Ko, Kaiserlicher Geh. Ober-Finanz-Rath, W. Neubauer, Ober-Landes-

erihts-Rath, W. L. Solms, Ober-Corps8-Auditeur, R. Sydow, Ober-Postrath, W. Turnau, Kammergerichts-Rath, F. Vierhaus, Landrichter (Verlag von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig) erschien soeben die neunte Lieferung. Diese Lieferung enthält u. A. folgende größere Gesche: Artikel 41 bis Schluß der Reichs- verfassung mit der Anlage: Geschäftsordnung für den Deutschen Reichstag; Vertrag vom 13. März 1871, betreffend die Schiff-

Gesetz, betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersaß 2c.; das

Gese, betreffend die Inhaberpapiere mit Prämien nebft zwei An-

lagen und zwei ergänzenden Bekanntmachungen; den Friedens-

Präliminar- und den Friedens-Vertrag mit Frankreich; das Gesetz,

betreffend die Pensionirung und Dertorguag der Militärpersonen vom

27. Juni 1871 nebft dem ergänzenden eseß vom 4. April 1874,

sowie die Bekanntmachung, betreffend die Aus{ühtung der §S. 101—108

des Militär-Pensionsgesetzes vom 27. Juni 1871 und der S8. 15, 16

und 22 der Novelle vom 4. April 1874, welche lehtere aus dem

Centralblatt übernommen worden if. Je weiter das Werk fort-

schreitet, desto mehr empfiehlt sih daffelbe niht allein als Handbuch

des Iuristen und Beamten, sondern jedes deutschen Staatsbürgers.

Im Verlage von Franz Siemenroth in Berlin ift die ge-

diegene und gründlihe Schrift „Dänemarks Beziehungen zu Livland vom Verkauf Eftlands bis zur Auflösung des

Ordensfstaats (1346—1561)“ von Dr. W. M ollerup, mit Gc-

nehmigung des Verfassers aus dem Dänischen von Woldemar Ruberg überseßt, oor Kurzem erschieneä. Dieselbe zeigt zunächst eingehend, wie die dänishen Könige, obwohl Dänemark im Jahre 1346 das Herzogthum Estland an den deutschen Orden, welcher dasselbe

wiederum später an den Orden in Livland überließ, verkauft hatte,

defsenungeachtet seitdem im 15. und 16. Jahrhundert wiederholt thr angeblihes Hoheitsrecht über Estland geltend machten und ebenso

auch ein Patronatsrecht über Reval und ODesel beanspruchten ; berichtet sodann, als im 16. Jahrhundert Rufland Livland stark bedrängte, um sich einen Zugang zum Meere zu verschaffen, ausführlich über die

Verhandlungen ¿wischen Dänemark und Livland, das Dänemark um

Schutz gegen Rußland anrief; spricht hierauf, nachdem si in Livland selbst eine starke dänische Partei gebildet hatte, gleichfalls eingehend

von den Verhandlungen, die zwischen Dänemark und dem Bischof

Fohann von Ocsel statthatten, um das Stift Desel auf Herzog Magnus,

den Bruder des Königs von Dänemark Friedrich IT., zu Übertragen,

sowie, als dies durhgeseßt worden, von dem Benehmen des Herzogs

Magnus in Livland, ferner von dem zum Theil hierdurch herbeigeführten

Verfahren Dänemarks, das vom Ordensftaat Livland schließlich

die ganze Insel Desel, die Wieck und ein Drittheil des Stifts Kur-

land sih aneignete und seiner Herrschaft urterwarf; endlich von der

Theilnahrne Dänemarks an der Auflösung des livländischen Ordensstaates

im Jahre 1561, die durch das Schußbündnifß, das der leßte Ordens-

meister Kettler mit König Sigismund von Polen geshlofsen hatte,

im Jahre 1561 herbeigeführt wurde. Die in neuester Zeit hervor-

gezogenen Quellen zur Geschichte der Auflösung des Ordensstaates

Livland haben zur Genüge dargethan, daß der Untergang diefes

Staates nah über 350 jährigem Bestehen, zu dessen unzweiselhaften

Verdiensten es gerechnet werden muß, unter karbarishen Völkern

Kultur verbreitet zu haben und lange Zeit hindurch der Vorposten des

christlihen Europa im Osten gewesen zu sein wesentlich durch die

Zwietracht zwischen dem Orden und den Bischöfen, welche jedes einige

Zusammenwirken gegen äußere Feinde verhinderte, verschuldet worden

ist. Dieselben Quellen haben zugleich beigetragen, auf die Handlungs- weise Kettlers, welcher vor allen Anderen die Katastrophe herbeigeführt hatte, cin flares Licht zu werfen. Kettler hat von seinem ersten Auftreten an den Ausgang vorausgesehen, er hatte gehofft; die Einheit Livlands dadur zu erhalten, daß er die Selbständigkeit desselben aufgab; als jedoch diese Hoffnung fehlshlug und als König Sigismund vollständige Unterwerfung und die Einverleibung des Landes mit Polen verlangte, da war er nicht länger im Stande, seinen Plan durchzu- führen, sondern empfing selbst den Lohn, der ihm vom Sieger angeboten wurde. Vom Verfasser der vorstehenden Schrift, durch welche über verschiedene Partien der Geschichte Livlands und Dänemarks im 15. und 16. Jahrhundert Licht verbreitet wird, sind alle älteren und neueren , die russishen Ostseeprovinzen, insbesondere Livland, sowie Dänemark, Schweden u. \. w. betreffende Schriften, vorzüglich aber die in Bienemanns und Schirrens Urkundensammlungen gedruckten Briefe und Aktenstücke, sowie die großen Sammlungen im Geheimen Archiv in Kopenhagen, über welche H. Hildebrand in „die Arbeiten für das liv-, est- und kurländishe Urkundenbuchß im Jahre 1875—76“ S. 72 ff. nähere Aufschlüsse giebt, benußt worden. Der Schuift find 3 Beilagen beigefügt [1) Bericht über die englische Schiffahrt im Eismeer c. 1556; 2) König Christians 111. Antwort an die [ivländischen Gesandten, den 18. September 1558; 3) Uebereinkunft zwischen König Friedrih 11. von Dänemark und Bischof Johan Munichhausen. Dat. Nyborg, 26. September 1559, | Die äußere Ausstattung des Buches ist sehr sorgfältig.

Gewerbe und Handel.

Dortmund, 14, Januar. (Rhein.-Westf. Zta) In der Eisenindustrie scheint sich nun endlih eine bessere Stimmung anzubahnen, da sich nicht blos in der Hochofenindustrie, sondera au in verschiedenen anderen Branchen eine größere Nachfrage zeigt und die Konsumenten zu Abshlüssen auf längere Zeit übergehen. Sie rechnen wohl niht mehr auf weiteren Preisrückgang und wollen nun von den niedrigen Notirungen profitiren. In der Hochofen- industrie ist die gesammte Produktion von Puddelroheisen pro I. Quartal ziemlich verkauft, und auch in den übrigen Roheisensorten macht ih ein regerer Verkehr bemerkbar, namentlich tritt in Spiegeleisen ein größerer Bedarf auf. Die Preise sind dabei unverändert geblieben. Luxemburger Roheisen i} indessen noch etwas gewichen und zu 36 HM ab Luxemburg zu haben. Auf dem englisch-\chottischen Roheisenmarkte dauert die weichende Tendenz ebenfalls noch in vollem Maße an, wozu zum Theil die kolossalen Vorräthe beitragen, zum Theil aber aûh der verminderte Erport von Glasgow. Im heimischen Stabeisen, geschäft zeigt sich rüksichtlih der Nacfrage etwas mehr Leben, da- wie es scheint, die Händler {on jeßt dazu übergehen, ihren Früh- jahrsbezarf zu decken, um die niedrige Preisstellung aus8zunußen. Die meisten Stabeisenwalzwerke haben in Folge größerer Abschlüsse ihren Mangel an Beschäftigung für die nächste, andere auch con für län- gere Zeit beseitigt. So sind z. B. die Dortmunder Union und der Hörder Verein in Stabeisen recht gut besegt. Die dabei erzielten Preise sind aber überall sehr niedrig und kaum lohnend, und ist eine Preisaufbesserung auch wohl erst dann zu erwarten, wenn sämmtliche Stabeisenwalzwerke wieder voll beseßt und nicht mehr um Aufträge verlegen sind. In Fagoneisen ist es noch ill, aber die \chlimmste Zeit ist aud wohl für diese Branche überwunden, da das Frühjahr niht mehr fern ist und bald wieder Bestellungen für das Baugeschäft einzulaufen beginnen. Dagegen nimmt die Nahfrage in Stahldraht und Blechen zu, und ist somit zu hoffen, daß auc für die Bleche und Drahtwalzwerke demnäcbst wieder bessere Tage kommen. Sn der Stahlbranche läßt das Erportgeschäft in Stahlschienen und anderen Oberbaumaterialien noch immer sehr zu wünschen, na- mentlich sind Preise für Exportaufträge andauernd sehr gedrückt und wenig lohnend. Für heimishe Eisenbahnen sind in der leßten Zeit ansehnlihe Ordres in rollendem Material eingegangen und neuer- dings auch einige kleinere in Oberbaumaterialien. Die Lokomotiv- und Waggonfabriken sind lebhaft beschäftigt und die Mascbinen- fabriken und Gießereien in befriedigender Thätigkeit. ImKohblen- ge\chäft is noch immer ein sehr flotter Absatz zu verzeinen, auch find die Preise unverändert geblieben. Koke und Kokekohlen ten- diren indessen andauernd matt. :

Gera, 11. Januar, (Thür. Corr.) Die Zunahme des Grports nah den Vereinigten Staaten von Nord- amer ika aus dem Bezirk der hiesigen Konsular-Agentur hat auch im 4. Quartal vorigen Jahres angehalten. Dasselbe übertrifft das 4. Quartal 1882 um etwa 270 000 M (913 842 M gegen 643 994 M), Der Hauptantheil der Steigerung entfällt auf wollene Kleiderstoffe, der von 314248 M auf 686241 M gestiegen ist. Ebenso hat si die Ausfuhr von Porzellan um über 100% vermehrt. Andere Ar- tikel, wie namentli Glacéhandshuhe, musikalische Instrumente, Sämereien weisen dagegen einen bedeutenden Rückgang auf.

Glasgow, 15. Januar. (W. T. B.) Laut eingegangener

Schuldverschreibungen sogar das immens reiche, dabei freilich inner- zur Vorberathung des Entwurfs einer Jagdordnung hat sich,

lih kranke Frankreih überflügelt hat. Denn die deutshe nur 4pro- zentige Reich8anleihe notirt ca. 102, und die 4Xprozentige französische Rente aber nur etwa 1053.

lasse, das Haus aber niht Steuern bewilligen könne, ohne Mittel zur Hand zu haben, Korrekturen vorzunehmen. Wenn sih ein Plus von Steuern ergebe, so müsse Sorge getragen

=— 16 aud. (T D) empfing gestern den deutshen Botschafter, Fürsten Hohenlohe, welcher sih heute nah Berlin begiebt. An dem

Berichtigung betrugen die Glasgower Verschiffungen von Roh- eisen in der vorigen Woche 9295 gegen 8396 Tons in derselben Woche des vorigen Jakres.

Präsident Grévy

wi ituirt: Struß, Vorsißender; Günther, Stellvertreter | fahrt im Schwarzen Meere und auf der „Donau, sowie als des G Sacl Sat ififübrer; Wüsten, Schriftführer ; E den ursprünglichen Vertrag vom 30. März 1856, welcher aus von Schalscha, Stellvertreter des Schriftführers ; von Oeryen, Stell- | der Preußishen Geseßz-Sammlung abgedruckt worden ist; das