1884 / 15 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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Küste von Dahomey. (Posistation : Porto Grande [St. Vincent, Cap Verdes].) S. M. S. „Stein“ 3./1. Plymouth 3./1. 6 /1. Wilhelmshaven. (Poststation : Wilhelmshaven.) S. M. S. „Stosch“ 6./9. 83 Hongkong. Leßte Nachricht von dort 30./11, 83. (Poststation: Hongkong.) S. M. Knbt. „Wolfs“ 6./11. 83 Shanghai. Leßte Nachriht von dort 17./11. 83. (Poststation: Hongkon 3.)

Bayern, München, 17. Januar. (Allg. Ztg.) Die Gemahlin des Herzogs Karl Theodor wurde heute Morgen um 2 Uhr von einem Prinzen glücklih entbunden.

Die Kammer der Abgeordneten erledigte in ihrer heutigen Sißzung den Etat der Vost- und Tele- graphengefälle. Die Einnahmepositionen wurden ohne Debatte nah den Ziffern der Auss{hußanträge angenommen und dabei die Einnahmeñ aus Briefpostgefällen und frankirten Fahrpostsendungen auf 9 333000 , die Transportgebühren aus unfrankirten Fahrpostsendungen auf 850 000 46, der Deckungs- gefälle auf 500 000 u. st. w., dann die erhobenen Tele- graphengebühren auf 1 180 000 M festgeseßt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 17. Januar. (W. T. B.) Der neue italienishe Botschafter für St. Peters- burg, Graf Greppi, welcher während seines hiesigen Auf- enthalts den Minister Kalnoky, den italienishen Botschafter Grafen Robillant und den russishen Botschafter Fürsten Lo- banoff besuchte, begiebt sih heute Abend nah Berlin und wird von dort am nächsten Montag seine Reise nah St. Petersburg fortsetzen.

Pest, 18. Januar. (W. T. B.) Gegenüber den Gerüchten über eine politishe Krise, wozu das Votum des Oberhauses über das Mischehe-Geset Anlaß gegeben hätte, erklärt die Ungarische Post“, daß alle diese Gerüchte grundlos seien; das Votum des Oberhauses habe die Stellung des Kabinets Tisza, das über eine große Majorität im Abgeordnetenhause versüge, niht im Geringsten beeinflußt.

Agram, 17, Januar. (W. T. B.) Dex Landtag hat heute die General-Debatte über den Adreßentwurf ge- {lossen Die Deputirten Siebotics und Baron Zsiokovits hatten sich für den Majoritäts-Adreßentwurf ausgesprochen. Die nächste Sizung findet am Sonnabend statt. Die An- träge des Ausschusses auf Verschärfung der Ge- [häftsordnung, nah welchen ein von den Landtagss\izun- gen auf acht Tage ausgeschlossener Deputirter bei der nächsten Veranlassung für die ganze Dauer der Sißung ausges{hlossen und in derselben Wahlperiode niht mehr wählbar sein soll, sind von der Nationalpartei angenommen worden.

Belgien. Brüssel, 18. Januar. (W. T. B.) Das „Echo du Parlement“ meldet, daß die Verseßung des Generals Brialmont in Jnaktivität zurückgenommen und der General in seine frühere Stellung zur Armee wieder ein- geseßt worden ist.

Großbritannien und Jrland. London, 17. Januar. (W. T. B.) Zur Schlichtung von Gewerks- und Han dels- streitigkeiten ist von der hiesigen Korporation die Errich: tung eines Schiedsgerichts beschlossen worden.

Die Durchbohrung des Merseytunnels zum Zweck der Verbindung Liverpools mit Birkenhead ijt heute glüdcklich vollzogen worden.

Von cinem Mitgliede der hiesigen chinesishen Ge- Jandtschaft wurde einem Berichterstatter, der dasselbe interviewte, mitgetheilt: China halte an dem November- memorandum und dessen buchstäbliher Ausführung fest und erblicke in dem Angriff auf Sontay eine Verleßung der französisch-chinesishen Freundschaftsbeziehungen. Eine formelle Kriegserklärung an Frankrei werde nicht erfolgen; Frankreich habe den Einfall in Tongking ebenfalls ohne Kriegserklärung vorgenommen. Aus Bacninh werde China seine Truppen niht zurüdziehen. Der Gesandte Tseng begebe sich nicht nah Paris, sondern kehre in einigen Tagen nah Folkestone zurück, wo er einige Wochen bleiben werde,

Frankreih. Paris, 17. Januar. (W. T. B.) N der Deputirtenkammer wurde heute die Berathung über die Vorlage, betreffend die Uebernahme eines Theils des Budgets der Pariser Polizeipräfektur auf das Ministerium des Jnnern, fortgeseßt. Floquet bekämpfte die Vorlage. Der Minister des Jnnern trat für die- Jelbe ein und wies darauf hin, daß die Pariser Polizei von allgemeinem Jnteresse für das ganze Land sei, und “daß dieselbe von den unaufhörlihen Kritteleien im Munizipalrathe sichergestellt werden müsse. Die Be- rathung wurde \{chließlich auf morgen vertagt. In Deputirtenkreisen hält man die Annahme der Vorlage für gewiß, damit den Zänkereien zwischen der Regierung und dem Munizipalrath von Paris ein Ende gemacht werde.

Der Dienerschaft im Palais Bourbon ist der Befehl zugegangen, allen Delegirten der Arbeitersyndikate den Eintritt in den Sißungssaal zu untersagen. De Petitionskommission beshloß, eine dem Kammerxpräsidenten Brisson im Namen der Arbeiter zu- gegangene Petition in Erwägung zu nehmen; die Be- rathung über dieselbe findet am nächsten Donnerstag und zwar gleichzeitig mit der JFnterpellation Langlois über die wirthschaftliche Krisis statt. Der „Temps“ konstatirt, daß eine Krisis überhaupt nicht existire; die Pa- riser Fndustrie sei mehr beschäftigt, als im vorigen Jahre. Die Agitation, die man hervorzurufen suche, werde ledigli von einigen politishen Figuranten betrieben, die davon lebten. Der Strike der hiesigen Fiakerkutsher hat wesentlich nachgelassen; ein Gleiches wird auch aus Marseille über den Strike der dortigen Matrosen und Heizer gemeldet; viele der Strikenden haben die Arbeit wieder aufgenommen.

Toulon, 17. Januar. (W. T. B.) Das Transport- Thiff „Sarthe“ ist heute mit 300 Mann sowie mit Munition und Lebensmitteln nah Tongking abgegangen ; in Golette nimmt dasselbe noch 200 Maulthiere auf.

18. Zanuar. (W. D. B) Der Deputirte Cas- TJagnac hat an den Prinzen Victor Napoleon ein Schreiben gerihtet, in welchem er denselben fragt : welhe Tragweite die bekannten jüngsten Zwischen- fälle für ihn haben könnten und wie weit die bonapartistishe Partei auf ihn renen dürfe. Prinz Victor antwortete: er werde sich niemals den gegen seinen Vater erhobenen Angriffen anschließen und lehne mit Entrüstung jeden Gedanken an- eine Auflehnung gegen die bestehende Gewalt ab. Er habe für den Augenblick keine politishe Rolle zu spielen; dies hindere ihn aber nicht, seine

eigenen Arsihten über Politik und Religion zu haben. Er werde sih in der Reserve halten bis zu dem Tage, wo die Pflicht ihn rufe, seinem Lande zu dienen.

Spanien. Madrid, 17. Januar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer nahm heute den Adreßentwurf der Opposition mit 221 gegen 126 Stimmen an. Für die Regierung stimmten die Anhänger Sagasta's, gegen die- selbe die Republikaner, die Konservativen und die dynastische Linke. Das Kabinet wird demnah voraussichtlih seine Entlassung nehmen; die Entscheidung soll aber erst morgen getroffen werden. . :

18. Januar. (W. T. B) Der König wird heute die Präsidenten der Kammern und die Führer der Parteien zu sich berufen lassen und dieselben über die Lage zu Nathe ziehen.

Türkei. Konstantinopel, 12. Januar. (Prag. Ztg.) Zahlreiche Deputirte der Provinzialversammlung von Kreta haben an den in Konstantinepel weilenden Gen era l- gouverneur Photiades Pascha eine Kundgebung gerichiet des Fnhalts, daß sich die Erhaltung der Ruhe auf der «Fnsel niht verbürgen lasse, Falls nicht die Demission des Patriarchen und die Gründe, welche dieselbe herbei- führten, beseitigt würden. Die Behörden der Jnsel erhielten daraufhin den Austrag, sih sofort zu versichern, ob die be- züglichen Unterschriften eht seien. Die Antwort lautete, daß dieselben von den Unterzeichneten eigenhändig beigeseßt worden seien.

Nußland und Polen. St. Peters burg, 18. Januar. (W. T. B.) Graf Loris Melikoff is, wie verlautet, ernstlich erkrankt. j

Hiesigen Zeitungen zufolge soll zum Zweck der Ausarbei- tung eines neuen RNevisions8modus bei den Operationen zur Zinszahlung und Tilgung der Staatsanleihen bei der Reichskontrole eine Spezialkommission aus Re- púuäfsentanten der Reichskontrole und des Finanz-Ministeriums eingeseßt worden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 17. Ja- nuar. (W. T. B.) Der Reichstag ist heute vom König mit einer Thronrede eröffnet worden, in welcher es unter Anderem heißt: da die im leßten Jahre eingebrachten Vor- lagen, betreffend die Veränderungen im Steuerwesen und die Umbildung des Vertheidigungswesens, vom Reichstage nicht angenommen worden seien, so würden nun nur die allernoth- wendigsten Geseßentwürfe vorgeschlagen werden. Angekündigt werden Vorlagen, betreffend die Einführung einer billigeren Portotaxe für Postsendungen und eine größere Neduzirung der Kaffeezölle,. Zum Präsidenten und zu Vize- Präsidenten wurden dieselben Abgeordneten wie im letzten Jahre ernannt. Das Budget pro 1885 weist einen Ueber- \chuß von 1 866 820 Kronen auf.

Afrika. Egypten. Kairo, 17. Januar. (2B, D. D) Das amtliche Blatt veröffentlicht die Ernennung Cliffords zum Unter-Staatssekretär im Ministerium des Jnt:

,, Feitungsstimmen,

In der „Deutschen Patriotishen Correspon- denz“ lesen wir:

Macht es schon einen herzerfrishenden Eindruck, daß die Regie- rung Preußens und des Reichs einer starken Opposition gegenüber fo festen Boden zu erringen gewußt bat, daß in Preußen ein Gelingen der Steuerreform in Aussicht steht, im Reiche sogar die Durchfüh- rung ter Sozialreform unzweifelhaft für gesichert erachtet wer- den kann, so tritt hierzu die erfreulidbe Wahrnehmung, daß auch weite Volkskreise der unfruchtbaren Opposition müde werden und es nicht mehr billigen, daß den nüßlihen Geseßvor- lagen nur, weil sie von dieser Regierung ausgehen, Steine in den Weg geworfen werden. Was man Jahre lang höhnis als „System Bismark“ verspottet und als Utopie einer angebli klerikal- konservativen Reaktion verschmäht hat, fängt an volksthümlich zu werden. Die Zahl der Freunde einer positiven Reform ist im Wasen begriffen und wenn man überhaupt von Reaktion spricht, so ist dies eine nothwendige und gesunde Reaktion, einem chemischen Prozesse glei, der noch Zusaß der Reagentien Thatkraft und Ver- trauen den trüben Mischmasch des Freiheitsraushes erklärt und als festen Bodensaß Zucht und Ordnung, Gedeihen und Wohlstand zeigt.

Die gesammten inneren Verhältnisse Deutschlands sind mit kräf- tiger Hand einem Mandat zugeführt worden, dessen Segen nur noch Diejenigen erkennen, welche als grundsäßlihe Gegner, ohne si zu widersprechen, nit gut loben können, was sie bekämpft und als widersinnig dargestellt haben. Im Verhältniß des Staates zur Kirche, in der Ordnung der Erwerbêverbältnisse, in unsexer Handels- politik, im Schuße der heimischen Industrie, in der Finanzreform und in der {öpferischen Sozialpolitik briht der Geist ciner neuen Zeit fich mit Macht Bahn, und es ift ein tröstender Gedanke, daß die Jugend für die neue Ordnung der Dinge Sinn und Verständniß, ja sogar Begeisterung Zela :

Die „Germania“ schreibt:

Die Fortschritte in der Organisation der Unfallversicherung find die erfreulihste Seite der jüngst veröffentlihten „Grundzüge“. Die erste Vorlage der Regierung vom Jahre 1881 wollte eine rein bureaufkratische centralisirte Reich8versicherung. Centrum und Kon- servative traten mit Entschiedenheit für die Versicherung in beruf- ständischen Genossenschaften ein, es konnte aber nichts durgeseßt werden, als die Decentralisation der Neichsversicherung in Landesversicherungen und neben der Erhaltung der vorhandenen wenigstens noch die An- bahnung weiterer berufsftändisher Versicherungen. Der zweite Ent- wurf der Regierung trat dann auf den Boden gencssenschaftlicher Versicherung, aber niht auf der Grundlage der Berufsstände, sondern die Genossenschaften sollten auf der mechanischen Grundlage der Ge- fahrenklassen oft aus den verschiedensten, #ch{ch fremden Erwerbs- zweigen zusammengeseßt werden, und dabei in einer territorialen Glie- derung, daß viele Hunderte von Genossenschaften im Reiche die Folge gewesen wäre. Die „Grundzüge“ dagegen stellen sich zum ersten Male, entsprechbend der central-konservativen Forderung und dem Ge- danken der Kaiserlihen Botschaft, auf den Boden der berufsgenossen- schaftlichen Versicherung: alle unter die Vorlage fallenden Berufs- zweige sollen folche Genossenschaften bilden, und zwar so, daß in erster Linie die Unternehmer derselben oder verwandter Erwerbszweige frei sih zu solchen Genossenschaften verbinden und erst, wenn auf diese Weise nichts Lebensfähiges oder gar nichts zu Stande kommt, L Ne Nachhülse bei Bildung der Berufsgenossenschaften erfolat.

Damit ist, vorbehaltlich später noch zu erwähnender Einzelaus- stellungen, im Grundgedanken der rihtige Weg gefunden, und es ist daher begreiflich, daß der manchesterlihe Individualismus gegen diesen ersten autsihtsvollen Versuch einer korporativen Organisation der Ne in Deutschland . .…. \ich mit allen Kräften auf-

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Der „Westfälische Merkur“ sagt in einer .Be- sprehung der Debatten über die Steuervorlagen im Landtage :

«Was die von liberaler Seite angeregte Quotisirungsfrage

Letrifft, so halten wir dieselbe für unerhe5li@. Hr. von Scholz hat sehr treffend dargelegt, wie wenig praktischen Vortheil man durch die Quotisirung erzielen würde.

Andererseits wissen wir sehr genau, daß man für die Quotisirung und Kontingentirung auchß manche guten Gründe vorbringen kann, aber wir stehen unter dem Eindrucke, daß die Linke versucht, die eigentlihe Frage, um welche es sich handelt, zu versbieben. Es handelt sich doch um die Steuerreform, nicht wahr? Die Linke aber bringt eine konstitutionelle Frage aufs Tapet, die Aufmerksam- keit des Volkes soll abgelenkt werden von der großen Frage, die auf der Tagesordnung steht. Zweck dieser Manöver ift, das Großkapital zu s{chüßen, aber wir glauben niht, daß das Volk \sich Sand in die Augen streuen läßt. . . i

Dem „Oberschlesischen Anzeiger“ wird aus Ratibor, den 7. Januar, geschrieben :

Wir find in der Lage über die Eisenindustrie im Regierungs- bezirk Oppeln nach authentischen Berichten über dieselbe während der Monate August, September und Oktober v. J. die folgenden erfreulihea Mittheilungen machen zu können: Nicht nur die Roheisenprodukiion hatte \sich eines raschen und er- heblichen Absatzes zu erfreuen , sondern auch Walz- werke, Eisengießereien, Maschinenfabriken und die Kleineisen- branche fanden volle und lohnende Beschäftigung. Einen besonders hervorragenden Aufschwung und eine erheblihe Erweiterung ihres Ab- fsaßzgebietes soll eine Privatdampfkesselfabrik in Laurahütte zu ver- zeichnen gehabt haben. Die fiskalishe Friedrihshütte war in leb- haftem Betriebe. Die verkäuflihen Produkte wurden vollständig abgeseßt, freilich zu etwas weichenden, den allgemeiuen Marktverhältnissen folgenden Preisen. Der Geschäftsverkehr der beiden fisfalishen Eisenhütten zu Gleiwiß und Malapane war belebt; sämmtlihe Werkstätten konnten in vollem Be- triebe erhalten werden; namentlich in Malavane bedurfte cs der Anspannung aller Arbeits- und maschinellen Kräfte, um den eingegangenen zahlreihen Aufträgen nacbzukommen. Auch arbeitet die Cisenindustrie mit großem Nutzen. Die Königshütte war in der Lage, für das Jahr vom 1. Juli 1882 bis 30. Junt 1883 8 °/z Di- vidende geben zu können. Außerdem find zahlreihe Neuerungen in der Hütte und sogar die Neuanlage eines Walzwerkes in Polen aus der Betriebseinnahme bestritten worden. Die Bismarckhütte hat in dem gleiben Zeitraum 15 °% ihres Aktienkapitals verdient und zahlt 9P/0 Dividende.

Marineverordnungsblatt. Nr. 1. Inhalt: S.M.S. «Gazelle*. Obermatrosen. Servis- und Wohnungsgeldzuschuß. Beurlaubung der Militäranwärter. Berichtigung von Regle- ments. Kupferne Absfaßstifte. Eil-, Schnell- und Kurierzüge. Personalveränderungen. Benathrichtigungen.

Landtags- Angelegenheiten.

Im 1. Münsters{en Wahlbezirk (Tecklenburg) ist an Stelle des verstorbenen Ober-Auditeurs a. D. Marcard der Amts- rihter Weihe in Tecklenburg (konservativ) mit 90 gegen 75 Stimmen, welche der Freiherr Max von Heeremann zu Surenburg (Centrum) erhalten hat, zum Mitgl.ed des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts dec Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 6, Januar bis inkl. 12. Januar cr. zur Anmeldung gelommen : 166 Chescbließungen, 897 Lebendgeborene, 38 Todtgeborene, 573 Sterbefälle.

Jahrbuch der PreußishenGerichtsverfassung, redi- girt im Bureau des Jusftiz-Ministeriuums. 16. Jahrgang. Berlin, 1884. R, von Deckers Verlag, Marquardt & Schenck. 294 Bogen gr. 89, geh. 6,70 Die textlihen Dispositionen des vorliegenden 16 Jahrgangs weichen in dem die allgemeine Darstellung der preu- ßishen Gerichtsverfassung enthaltenden ersten Theil nur inso- weit von dem vorangehenden ab, als hierzu das Fortschreiten der Gesetzgebung, wie z. B. betreffs der Ausübung der Verwaltungs- gerihtsbarkeit (§. 32) Veranlassung bot. Neu hinzugetreten ist im zweiten, die besonderen Gerichte behandelnden Abschnitt die Nr. 9, welche (§8. 29) die besonderen Gerichte für nit streitige Angelegen- heiten (Ministerium des Königlichen Hauses, Dorfgerichte im Land- rehtsgebiete, Schöffengerichte in den Bezicken Neuwied und Limburg, Ortsgerichte in einzelnen Theilen des Ober-Landesgerichtsbezirks Cassel und in den ehemals Großherzoglich hessishen Gebietstheilen, und Feldgerichte im Bezirke des ehemaligen Herzogthums Nassau und im Landbezirke von Frankfurt a. M.) aufführt. Der zweite Theil enthält die besondere Darstellung, Einrichtung und Besetzung der Justizbehörden: A. des Justiz-Ministeriums, B. der Justiz- Prüfungskommission, C. der Ober-Landesgerihte. Vorangestellt ist bei leßteren eine kurze Uebersiht der territorialen Kom- petenzverhältnisse, der Organisation der zu ihnen gehörenden Untergerihte, Aufführung der Orte, an welden Gerichts- resp. Forstgerihtstange abgehalten werden und Aufführung der Zahl der richterlihen und s\taatsanwaltlihen Beamten, sowie der Rechtsanwälte und Notare. Hieran reiht #ch demnächst ein Namensverzeichniß dieser einzelnen Funktionäre mit Bezeichnung ihrer resp. Ordensdckorationen. Der dritte Theil hat dagegen eine wesentliche Vermehrung erfahren, denn er enthält außer der Uebersicht der Gerihtsbehörden und des Beamtenvpersonals auch noch eine Be- rechnung des Verhältnisses A. der D der Mitglieder der Obe: -Landes- gerichte und B. derjenigen der Mitglieder der Landgerichte und der Zahl der Amtsrichter zur Zahl der Gerichtseingesessenen, sowie cine Uebersicht der Land- und Amtsgerichte nah der Zahl der Mitglieder resp. der Richter, nebst einem Ortschaftsverzeichniß mit Angabe des an jedem einzelnen Orte bestehenden Gerichtes, der Zahl der Amts8- richter, der Servisklasse und des etwaigen Vorhandenseins etner höheren Sculanstalt, fowie \chließlich ein Namenregister. Aus diesem leßten Theile des jedem preußishen Juristen empfeh- lens8werthen Jahrbuchs fei noch Folgendes hervorgehoben. Die größte Anzahl Gerichtseingesessener weisen die 3 Ober-Lande8gerichts- bezirke Breslau, das Kammergericht und Cöln 4007 925, 3 389 155, 3 462 115 auf, während {ih diejenige von Cassel auf nur 772 975 (und 48551 aus andern Städten) und Frankfurt a. M. auf 977 713 beläuft. Die meisten Landgerichte umfaßt Breslau 14, das Kammer- geriht und Cöln je 9, und Celle, Hamm und Neuenburg je 8, die wenigsten Cassel und Kiel je 3; die meisten Amtsrichter Breslau 128, Naumburg 112, Celle, Cöln und Hamm je 108, das Kammergericht 191, die wenigsten: Marienwerder 40 und Frankfurt a. M, 92, Belt den 13 Ober-Landesgerichten fungiren im Ganzen 13 Präsidenten, 26 Senats- Präsidenten, 236 Räthe, 13 Ober-Staatsanwälte, 10 Staats- anwälte und 188 Rechtsanwälte (von letzteren am meisten in Naum- burg: 36, am Kammergericht: 29 und in Frankfurt a. M. : 24, Was die Zahl sämmtlicher Landgerichte betrifft, so beziffert fich dieselbe auf 91 mit 1118 Mitgliedern, und zwar \{wankt deren Zahl bei den einzelnen Gerichten zwishen 8 und 90, Leßtere wird nur am Landgericht Berlin erreiht, während in Breslau 26, Celle 23 und Cöín 20 fungiren. Die Zahl der Amtsrichter beträgt: 2532 (unter Hinzu- rechnung der Landgerichtsbezirke Meiningen, Rudolstadt und des Fürstenthums Waldeck - Pyrmont), und zwar variirt die Be- seßung der einzelnen Amtsgerichte zwishen 1 bis 98, Der Kammergerichtsbezirk zählt unter seinen Amtsgerihten ein solches mit 98, Breslau ein solches mit 36, Celle mit 18 und Srankfurt a. M. mit 17 Mitgliedern. Die meisten Amtsgerichte mit nur je einem Amtsrichter weist Cöln: 73, Cassel und Naumburg: S i Kiel: 53; mit je zwei Celle: 51 und mit je drei Breslau: 23 auf.

Kunft, Wissenschaft uud Literatur.

Friß Beck (Major): Geschichte des Großherzogli hessi\ben Feld-Artillerie-Regiments Nr. 25 (Groß- herzoglicbes Artillerie-Corps) und seiner Stämme 1640 —1883. Auf Grund amtlicher Akten entworfen und zusammengestellt. Mit zwei Uniformbildern und einem Plan der Schlacht von Gravelotte St. Privat. Preis 7,50 A E. S. Mittler & Sohn, Berlin. Die hessishe Artillerie führt ihre Geschichte bis zum Jahre 1460 zurück, ihre Geschichte bietet daber nit allein dem engern Kreise der Angehörigen eine Art Ehrenbuch sondern auch allen Freunden vaterländisher und militärischer Geschichte ein werthvolles Quellenbuchß für die Entwickelung der Artillerie überhaupt; es bringt militärishe Kulturbilder aus vier Jahrhunderten Vom Jahre 1460 an hat das Corps die völlig umgestaltenden Fort- schritte der Technik und Organisation, von den alten Büchsenmeistern und Konstabeln zur Zeit Philipps des Großmüthigen bis zur beweg- lihen und trefflich schießenden Artillerie unserer Zeit in sich selbft durchlebt. Auf einer überrasend großen Zahl von Kriegs\chaupläten hat es mit Ehren gekämpft: 1523 bei der Belagerung von Land- \tuhl, bei der Franz von Siingen fiel, 1534 in der Sclacbt bei Lauffen und der Belagerung von Hohen-Urach, 1546 bei Beschießung des Kaiserlihen Lagers bei Ingolstadt, 1626 bei der Belagerung von Rheinfels, 1635 bei der Vertheidigung der Festung Rüsselsheim und der Belagerung von Butzbach, 1792—1797 im Feld- zuge gegen die Franzosen am Rbein, am Main, an der Lahn und in den Niederlanden, 1806 und 1807 gegen Preußen, 1808—1812 in Spanien, 1809 in Oesterrei, 1812 in Rußland, 1813 in SaWsen und Schlesien, 1814 und 1815 in Frankrei, 1848 und 1849 in Baden und in Swleswig- Holstein, 1866 im Main-Feldzug und end- lih 1870 und 1871 im glorreichen Kriege gegen Frankreich. Der Verfasser hat auf Grund amtlicher Akten das äußerst umfangreiche Material zu einer gefälligen Darstellung verwertbhet und in knapper, frisher Form cin getreues Bild aller diefer Kriegszeiten und Kämpfe gegeber.

Im Verlage von Th. Chr. Fr. Enslin (Richard Schoctz) hier- selbst erschien soeben eine Broschüre von dem Sanitäts-Rath und Ober- Arzt am Strafgefängniß Plötensce, Dr. A. Baer, betitelt , Die Trunksuht und ihre Bekämpfung durch die Vereins- thätigkeit.“ (Preis 1 4) Derselben liegt ein Vortrag zu Grunde, welcher auf der konstituirenden Versammlung des WBerliner Zweig- vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke am 27. November 1883 im Bürgersaale des Rathhauses zu Berlin gehalten wurde. Der Verfasser erhofft namentli von der Vereinsthätigfkeit den größten Erfolg gegen das verderbliche Laster der Trunksucht; die Auf- gabe sei allerdings eine äußerst mübsame, da es \chwierig fei, ftets die Ursachen der Trunksucbt bei den damit behafteten Personen zu konstatiren, um mit Erfolg cine Heilung versuchen zu fönnen. Viele Hindernisse se&ten {ih allerdings diesem anerkennens- werthen Bestreben entgegen, vor Allem a de QOcCubts widerstand bei Denjenigen zu fuchen, welche dur Produktion oder den Handel mit geistigen Genußmitteln ihren Erwerb bezögen. Der Verfasser weist nun ftatistish den übermäßigen Ge- brauch und die von Jahr zu Jahr zunehmende Produktion des Brannt- weins nach. Auf 10 Millionen Einwohner des Deutschen Reichs fommt ein jâhrlihes Quantum von 2 Millionen Hektoliter oder 20 1 pro Kopf reiner Alkohol 100 9/6) oder 50 1 genießbaren Schnavses, also 1 1 Schnaps per Wode, d. h. täglich mindestens 4 Schnäpse. Na den Angaben des Kaiserlichen Statistischen Amts war der muth- maßlihe Alkoholkonsum im Neichs-Steuergebiet in dem 11jährigen Durchschnitt der Jahre 1870—1880/81: 4,5 1 à 100% = 91. à 90 9/6 oder 11,25 à 40 °%/% pro Kopf der Bevölkerung. Von 1876— 1880 sind dur{s{rittlich in Preußen alljährlich 4450 Selbstmorde vorgekommen, und von diesen waren 508 dur Trunksucht und Sâuferwahnsinn bedingt. Von 1875—1879 sind alljährlich 699 Personen in die Îrrenanftalten zugegangen, die an Delirium tremens gelitten haben. (650 M. und 40 W.) d. h. von je 100 überhaupt zugegangenen männlihen Kranken waren 14,84 (= 2/7 und von 100 weiblihen 1,441 am Delirium erkrankt. Diesen ershreckenden Thatsachen gegenüber scheint eine kräftige Abhülfe der bestehenden Uebelstände dringend geboten. Namentlich kämpft der Ver- fasser gegen das Wirthshauéleben an, welches überhand nchme und durch die sich steigernde Zahl von neuen Wirthschaften nur befördert werde. Er empfiehlt die Einführung von Kaffeehäusern nach englishem Muster, vielleicht auch diejenige der Lesehallen, wie man sie in Schweden hat, wo man ebenfalls nur unschädliche Getränke für billige Preise erhält. Vor Allem aber \ci darauf hinzuwirken, daß ein größerer Sparsamkeits\sinn unter den Arbeitern angeregt und die dem Trunk Fröhnenden zur reten Zeit von der falshen Bahn abgelenkt würden. Das seien die großen Aufgaben der Vereins- thâtigkeit. Die kleine Scbrift, welche eingehend und sachlich geschrieben ift, bietet viel interessante Daten und darf \{Gon um thres guten Zweckes willen überall empfohlen werden.

Gewerbe und Handel.

Das Kaiserlich russische Zoll-Departement hat dur Cirkulare vom 25. November, 3. und 12. Dezember 1883 die Zoll- ämter angewiesen, die nachstehend benanuten Handelsartikel bet der Erhebung der Zollgebühren wie folgt nah dem Tarif zu Élassifiziren :

1) Die als Spielzeug für Kinder bestimmten Mufikinstrumente, welche unter dem Namen „Mu nd-Harmonien“ bekannt sind u E Kinderspielzeug untec Art. 228 (37 Kopeken vom Pfund);

2) Feld\path, in Stücken sowohl als pulverisirt, unter Art. 8 Pkt. 1 (zoüfrei);

3) Weinfla schen, aus farbigem, in der Masse gefärbtem Glas angefertigt, von anderer als3 der gewöhnlichen grünen Flaschen- farbe unter Art. 157 Pkt. 3 (2 Rbl. 20 Kop. vom Pud), wenn sie ihrer Auéstattung nab nicht einem höheren Zoll unterworfen werden können;

4) Messingene Pressen, welche ein Siegel oder einen Stempel erseßen unter Art. 229 (33 Kop. vom Pfund) gleich nicht beson- ders benannten Schreibutensilien.

On On ver russisben Zollämter gelangte auf hölzerne Rollen gewidckeltes, gefärbtes Baumwollengarn. Bei der Besichtigung zeigte sih, daß unter dem Garn auf dieselben Rollen gefärbte ges sponnene Seide gewickelt und diese mit einer Papierlage über- zogen war. A Der Empfänger der Waare, welcher in der Deklaration die Vualität der Waare als ihm nicht bekannt bezeichnet hatte, gab an, diese Verpacklung von Baumwolle mit Seide zusammen erkläre si durch die Bestimmung der Waare für die Fabrikation von Plüsh, welcher cinen baumwollenen Einschlag und eine seidene Kette hat.

Das Kaiserlich russishe Zolldepartement Hat hierauf durch Cirkular vom 15. November 18833 die Aufmerksamkeit der Zollämter auf diese Art de Verpackung gelenkt, um zu vermelden, daß diese Waare nah Art, 92 des Tarifs (3 Rubel 60 Kopeken bis succesive 6 Nubel vom Pud) anftatt nach Art. 89 (16 Rubel vom Pud) ver- zollt werde.

Unter den zahlreiben Büchern, welche den Laien zur Anlei- tung in der Garten- und Blumenkunde dienen follen, ist unstreitig eines der einfahsten und darum zuglei praktischsten „Henriette Davidis' Küchen- und Blumengarten für Hausfrauen “, weles- im Verlage von J. Bâädeker in Iserlohn 1883 bereits in der vier- zehnten Auflage erschienen ist. Nach dem Tode der Verfasserin ist das Buch von einer in Bezug auf den Gartenbau bewährten Kraft, namlih von dem Großherzoglih \ächsishen Garten-Inspektor J. Hartwig in Weimar durchgejehen worden. Einzelne Abschnitte, z. B.

die Anzucht der Weißdornhecken, die Pflege des Weinstocks, die

Spargelkultur, sind umgearbeitet worden, um sie mit den Anfor- derungen des weiter fortgeschritienen Gartenbaues in Uecbereinstim- mung zu bringen. Die bequeme Anordnung des Inhalts nah den verschiedenen Monaten ift beibehalten worden, da sie sich als sehr bequem erwiesen ‘hat. Auch in der neuen verbesserten Auflage wird

T e A E E E es

das bei Gartenfreunden längst beliebte Werk sib neue Freunde er- werlen und sih besonders als treuer Rathgeber für Anfänger in der Gartenkunst bewähren.

Hamburg, 183. Januar. (W. T. B.) Die Hamburger Kommerz- und Diskontobank hat die Dividende guf 6 °%/ festgesetzt.

Bradford, rubig, Garne für

News Y

Ausfuhr v

) Wolle 1chwäher,

e Stoffe ruhiger. ) Werth der betrug im

Verkehrs-Anstalten.

__- X13, 16, Januar Vena Aal d B) Wie gestern stürzten auch heute im Koppenthale, zwisten Obertraun und Aussee, verheerende Lawinen auf die Salzkammergutbahn. Schneemafssen bedecken den Bahnkörper in der Länge von 300 m. Die durscnittlihe Höhe des Schnees if 15 m. Der Bahnverkehr dürfte eine vierwöchige Unterbrechung erleiden.

_ _ Krieit, 17. Januar m Des Lloyddampfer „Apoliïo ist heute aus Konstantinovel hier eingetroffen.

_ New-York, 17. Januar. (W._ T. B) Dex Damvfe «„Greece“ von der National-Dampfschiffs-Compagni (C. Messingsche Linie) ift hier angekommen.

New-York, 17. Januar. (W. T. B.) Der Damvfer „Germanic“ von der White Star-Line ist am 9. d. M. von dem Dampfer „France

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aus Havre unter dem 47, Breiten- grad und 37. Längengrad mit zerbrobenem Schaft angetroffen und ange]proWen worden. Der „Germanic“ fuhr östlib, bedurfte keiner Vllfe und sfignalisirte: Alles wohl.

Verlin, 18. Januar 1884.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute angefangenen Ziehung der 4. Klasse

169. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen : a Gewinne von 30 000 M auf Nr. 11 239, 20 488, 49 525. 65 781. L

1 Gewinn von 15 000 4 auf Nr. 7068.

3 Gewinne von 6000 4 auf Nr. 30 376. 36 178 71 582.

47 Gewinne von 3000 4 auf Nr. 1104. 3307. 4659. 400/. D119. 7077, 7608 E 10534 15815 16 O12, V S 2 S 6 30001 ŸY 145, 34611. 36202. 39727, 51024 55354. 55 985. 56 235. 63 895. 66557. 66919, 67189. 68423. 71 864. (3 991, (4 029. 759079. 76282. SLI5O 83058. 85 146 85 671. 86 443. 87411. 89550. 90018. 91006. 91759. 92 123. 94 978,

46 Gewinne von 1500 /( auf Nr. 1348. 4182. 8673. 0816. 11401, 120600 O 18883, 15401 16 859, 18 843. 20822. 24109. 28822. 30970. 31 874. 35 586. 39 607, 39876. 43328, 47369. 48642, 49668. 54 994, 98 861. 60756, 63465. 64655. 67265. 68603. 69 869, (1480. (81/4 (410 E 16041 5 90 631. 0963. 83180, 84123. S4/38. 86272, 87905. 99 895. 93 978.

58 Gewinne von 550 46 auf Nr. 519. 4212. 4313. 5177. 8605. 11692. 12800, 184161 19682. 21013. 93 534. 23 626. 23 788. 24761. 26038. 26813. 27 173. 98 260, 30041. 33630. 34028. 34907. 35663. 35952. 36 522. 36818. 39650. 42978. 43129. 43568, 43673. 44 344, 46 113, 46183. 49550. 50100. 61746. 62189. 63 788, 64149, 64402, 65307. 69550. 72354. 79205 81 801. 82121: 83476, 86 267. 86472 BO641 87 089. 88 214. 08369, 89 229. 89796. 919274 - 94346,

Eine neue Erwerbung des Ethnologishen Museums in Berlin umfaßt, wie wir „A. Woldts Wis. Corr.“ entnehmen, die großartige, aus mehr als 500 Nummern bestehende Sammlung von Gegenständen aus den Südsee-Inseln, welche durch unseren, um die ethnologische Forschung seit lange ver- dienten Land8mann, den Generalconsul Zembs#ch, ¿zusammengebracht worden ist. Die langiährigen Beziehungen, welche der genannte Herr theils in seiner Stellung als hoher Beamter des Deutschen Reicbes von Apia aus, welches bekanntlich einer der wichtigsten Centralpunkte Polynesiens ist, anknüpfen und unterhalten konnte. Bezichungen, welche auf mehrfachen Reifen an Bord deutscher Kriegsschiffe {fich über den größten Theil des Archipelagus erstreckten, haben dem wissen- \caftlihen Werth der Sammlung ¿v großem Vortheil gereiht. Wir müssen hierbei in erster Linie jener Mumie aus den Neu-Hebriden ge- denken, welche zu einer, bisher bei uns noch niht und viel- leiht auch in keinem anderen Museum vertretenen Art gebört. Derartige Mumien werden zur Erinnerung an verstorbene Verwandte im eigenen Hause aufbewahrt. Zu derselben Art gehören auch zwei Mumienköpfe, ein brauner und ein \{warzer von derselben Inselgruppe. Merkwürdigerweise besißt das Museum Godeffroy in Hamburg von einem anderen Punkte Polynesiens, der aber volle 50 Längengrade westlich von den Neu-Hebriden liegt, nämli von den Marquesas-Inseln gleihfalls zwei Schädel, die zubereitet find, wie es auf den Marquesas-Inseln von Seiten der Verwandten be- rühmter Verstorbener mit deren Schädeln geichicht, nachdem das Gleish vergangen, um sie als eine Art Ahnenkult“ auf dem Tabu- platz niederzulegen. Zu den Perlen der Sammlung Zembscch gehören ferner jene originell gestalteten, reid ornamentirten Thongefäße von den Fijt-Inseln. Wir kannten bisher nur die vierhenklige Form, jeßt aber besißen wir solche Gefäße aub mit 2, 3, sogar mit 6 Henkeln. Es mangelt der Raum, um alle Gegenstände hier aufzuzählen, es mögen deshalb hier nur cinzelne genannt werden: Da find \{ch{ône Muschel- ärte aus der riesengroßen oft in unseren Privatfamilien als Aquariumschale benußten Tridacna gigas, es find Tanzmasken aus Neu-Hannover, desgleichen mit Perrücke aus Neu-Irland ; aus leßterer Insel auch ein Vogelschnabel, der beim Tanzen als Zierrath im Munde gehalten wird; es folgen Trommeln mit Fischhaut, Fächer, drei Kegel, mit denen beim Tanzen der Takt geschlagen wird, Stöcke zum Klopfen der Brotfrucht und des Taro beim Bereiten des Reisevor- raths sowie Haifisbhaken, Alles aus Jaluit, Von den Salomons Inseln find zu nennen : eine trichterförmige Tanzklapper, weiße und braungefärbte Tapa, das ift jenes eigenthümlich verfilzte Bastzeug der Bewohner der centralpolynesischen Inseln, Federkopfputz für Krieger, Maultrommeln, Rohrslöten, ein Armring, der am oberen Arm über dem Biceps getragen wird und in dieser Position als „Tasche“ dient, denn die Eingeborenen stecken Messer oder Tabackpfeifen hin- dur; aus Neu-Britannien : cin Kopfputz für einen Krieger, vier jener in- teressanten Göten aus Kreidestein, wie deren auc aus Neu-Irland bekannt find, Muscwelgeld, bestehend aus Platten, die aus der Basis einer Gckmundmuschel hergestellt und auf Fasern gezogen werden, das Geld, von dem 15 halbe Klaftern den Werth eines Menschenlebens reprä- fentiren, heißt „deware“z; ferner cin Hals\{muck mit mens{lichen Vorderzähnen, fowie bemalte und geschnißte Holzfiguren für Tanz- feste; von der Marschalls-Insel Fischhaken, die als Geld gebraucht werden; von don Tonga-Inseln Kokos\chalen „Spu“ zum Kawas trinken, natürlich auch Kawawurzeln, und hierzu gehörend einige \{chöne alte Kawabowlen aus Tudatafu und Polagi; von Samoa prätige Modelle von Doppel-Kriegskanocs, kleineren Kanoes und Spitzbooten sowie Häusern, Holz zum Feuerreiben, Wedel für Sprecher, auch Sprecherstöcke für Häuptlinge, Fischhaken, Pfeile, voza

den Fiji-Inseln ein Denkmal einer ehemaligen Kanribalenmabhljzeit, ein Stück Baumstamm mit eingewachbsenem Menschenknocben, viele Speere mit \{chönen Verzierungen, höcst fkunftvoll geshnitzte alte Keulen aus hartem Holz, viele {ôn montirte Stein- und Muschel- ärte; aus den Neu-Hebriden ein langer, mit Haifishzähnen beseßter Speer von jener Art, wie sie beim Kanoegefecht gebraucht werden, viele Kanoepaddeln, Häuptlingsstöckte, Speere mit Spitzen von Stachel- rohen, Knochen, Bambus und Obsidian, zahlreiche Kriegskeulen, verziert, geshnißt und umwickelt, ferner von den Marschallsinseln der Unterkiefer eines Wildshweins, der in den Hütten am Dachbalfen befestigt wurde, um an den Hauern Sachen aufzubängen ; von der Adèmiralitätsinsel ein Dolch aus dem Stacbel des Staelrocbens ; von den Quacoreten ein Unterkiefer, der als S{hmuck zur Erinne- rung an Verwandte auf dem Rücken getragen wurde; Nafenflöten und Fächer aus Tonga; viele Kopf-, Obr-, Hals-, Arm- und Nafen- {ch{mude aus Muscheln, mit und ohne Einlage, aus Frucbtkerne Kokosnüssen 2c., von verschiedenen Inseln stammend. Der (Genera Konsul Zembs{ch, welcher gegenwärtig in Berlin weilt, hat die He kunft und den Gebrauch fast jedes Stückes bezeichnet.

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Ulm, 16. Januar. Zum Münsterbau \chreibt die eUlmer Swnelipost“: Die Fundamentirungs- und Verstärkungsarbeiten zum Ausbau des Haupthurmez3 sind nahezu vollendet; der unbrauch{b Ansaß des Achteck8s aus späterer Zeit sammt der bekannten alten Zhurmfkappe sind abgebrohen; mit Staunen wandelt man jeßt auf der freien, riefigen Flähe der oberen Plattform des Thurmviere fs in einer Höhe von 237 Fuß, gedenkend, daß si von hier aus cin neuer noch fühnerer Bau bis zur Gesammthöhe von 164 m = (4 Fuß erheben foll als die ftolzeste höchste Spitze, von Menschenhand gebaut, auf der ganzen Erde! Die in den letzten zwei Jahren unter Dombaumeister Prof. Beyer vollendeten Verftärkungas- arbeiten betrafen vor Allem: 1) Verstärkung der Fundamente für Tragung der künftigen neuen Last, indem unter der Ostseite des Thurms ein einfawher Contrebogen aus gewaltigen Granitgaadern geführt wurde. 2) Darauf rubt ein mähtiger verstärkender Einbau in die große östlibe Thurmöffnung gegen das Mittelshif, auf 40 m be- rebnet. 3) Um die Tragkraft des ganzen Thurmvierecks für das auf- zuseßende Achteck zu erhöhen, wurden durch alle Stockwerke vinauf auch in sämmtliche, meist sehr weite Fensteröffnungen verstärkende Einbauten gemahßt, wodur jene etwas verengt wurden, w2s aber von außen wegen des vorgelegten Stabwerks faum bemerkbar ift. Weniges erübrigt noch, und der Ausbau des Thurmriesen kann mit Aufseßen des Achtecks nach dem ursprünglichen Plane des Matth. Böblinger beginnen.

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: len, 1: Januar. (V: T. B) Wegen des am 30, v. M. in der Kirche von Favoriten vorgekommenen E rzesses wurden heute ein Arbeiter zu 43 jäbriger und zwei andere Arbeiter zu 3s jähriger Kerkerstrafe verurtheilt,

St. Petersburg, 18. Januar. (W. T. B.) Die deutfch{e „St. Petersburger Zeitung“ veröffentlicht ein Privattelegramm aus Chartum, vom 15, Januar, wonach der Reisende Dr. Junker ih gesund und wohl im Niamniaiam-Lande befindet und sein Begleiter Bohndorf glücklich in Khartum angekommen t}. Der Transport der Leichen der Mannschaft des verunglückten Er- peditions\chifffs „Jeannette* hat gestern Orenburg passirt.

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Im Königlichen Schauspielhause fand gestern die Aufführung eines Schauspiels von Paul Heyse ftatt, betitelt: , Recht des Stärkeren.“ Das Paus war gut beseßt und der gefeierte Name des Dichters schien die allgemeine Erwartung hoch ge]pannt zu haben. Die originelle Dekoration des ersten Aktes, ein Seestrand auf der Insel Sylt, auf welhem wir die fashionable Welt versammelt sehen, läßt denn au etwas Besonderes vermuthen. Leider wird diese Hoffnung {on im ersten Akt so bedeutend abgeschwächt, daß man den beiden weiteren mit bedenklibem Mißtrauen entgegensicht, das leider au bestätigt wird. Die auftretenden Personen vermögen nit einmal unsere Theilnahme. geschtweige denn unsere Neugierde zu erregen, vergeblih sucht man inm Dialog einigen Trost für die fehlende Handlung, aber auc er ift matt und bewegt sich {werfällig und keineswegs geislreich an unserem Ohr vorbei. Weder das verzozene Nabobkind Liddy mit feinem eigensinnigen, oft kindishen Wesen, noch die fteife, unsympathische Kandida Lenz, welche noch dazu in wenig glückliben Händen lag, vers. mag uns zu erwärmen, nur das komische Gebahren der Élats{ch- sücbtigen Madame Toutlemond regt dann und wann die Lacþ- inusfeln an. Das Motiv des Stückes is ein ziemlich ver- brauhtes. Zwei Damen, eine alleinstehende Waise, welche lebhaft an eine der Heldinnen aus einem Marlittshen Roman erinnert, jedoch lange nit so anziehend gezeicbnet ist, und dur ihr unberechenbares und Teineswegs weibliches Wesen geradezu abstößt, und eben jene ver- zogene Nabobstochter, ein dem Bakfishalter eben entwahsenes Mäd- den, haben si in einen Deftor verliebt, der beiden gegenüber eine seltsame Figur spielt, da er si selbt nit im Klaren darüber E, welhe er heirathen soll. Mit der Kandida Lenz hat er wegen eines ganz geringfügigen leinen Streites, wie er unter Verliebten ja häufig ist, gebrochen, troßdem lieben sich beide, ohne es gestehen zu wollen. Kandida hat in einer flü{- tigen Laune ihn gehen heißen, und er is gegangen. Auf der Insel Sylt treffen ih die drei Verliebten. Liddy, vor Candida, welche in einem „unmoralischen“ Nuf steht, gewarnt, {ließt fich doch an dieselbe an, indem sie dieselbe zur Bundesgenossin gegen ibren Vater und Mithelferin zur Vereinigung mit dem Doktor Lornsen wählt. Candida ift in einer seltsamen Lage, heirathet jedo, um der Sacbe kurz ein Ende zu machen, den Doktor, nachdem fie in einem keineëwegs erquickliben Gespräch ihren Streit beigelegt haben. Liddy, welch(e den Doktor lediglich wegen seines \chönen Aeußeren, namentlich weil er einen so „\{chönen Bart hat“, liebte, tröstet ch unvermuthet {nell über den Verlust, da sie in ihrer alten Hindudienerin Maya ihre Mutter entdeckt hat. Dies ist der recht trockene Inhalt, welcher durch Beigaben mancherlei Art vergeblih \{mackhaft zu macben ges sucht ist, denn alle anderen Figuren spielen eine fo nebenfächliche Rolle, daß fie überhaupt fehlen könnten, Für dret lange Akte reite die Handlung nicht aus, daher finden sih in jedem derselben recht bedenkliche Längen, und die Geduld des Zuschauers wird ein wenig auf die Probe gestellt. Von tieferecr CharafkterzeiWnung, Verwicke- lungen und Steigerung ist nichts zu verzeichnen ; die effektvollste Scene, in welcher Liddy in Maya ihre Mutter entdeckt, steht fast ganz außer dem Rahmen der Handlung und ist zudem über die Gebühr in die Länge gezogen. Frl. Abih gab die Liddy mit großem Geschick, wenn sie auch zuweilen das verzogene Kind zu sehr vointirte; die Aufgabe, den ganzen Abend über den english-deutshen Dialekt zu sprechen, ift für fie und den Zuhörer gleich ermüdend. Frau Fricb-Blumauer [leistete das Möglichste in der Rolle der komischen Aiten und stellte die gute Laune des Publikums durch ihr ausgezeibnetes Spiel wieder her. Hr. Oberländer machte aus dem Konsul Koopmans so viel, wie sh eben aus ciner so wenig dankbaren Rolle machen läßt. Frl. Meyer hätte die Kandida mit etwas mebr Grazie spielen können; allerdings mochbte es \{wer halten, einer so unsywpathischen Figur mehr Geltung zu vershafen. Unter den Übrigen fei Hr. Liedtke als Professor Fernow und Frl. Schwarz als Maya lobend hervorgehoben. Hr. Paul Hevse wurde am Schlusse wiederholt hervorgerufen, do galten die Beifallsfpenden wohl mehr dem Dichter im Allgemeinen als dem Verfasser des socben aufgeführten Stückes.

Die Krollshe Weihnachts -Ausflellung wird nur noch von kurzer Dauer sein und bereits am 23. Januar ihren Abs{luß finden. Ueber die Eintrittspreise, die in ihrer wesentlichen Ermäßigung befonders den Familien willkommen fein werden, giebt das Inserat nähere Auskunft.

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Conzerthaus. Auf dem Programm des morgizen Ate: ds steht die 1. Symphonie, in C-dúur, von Beethoven.