1884 / 20 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

à la suite des gedahten Regts., in den Nebenctat des Großen Generalstabes, v. Derschau, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt Nr. 30, unter Stellung à la snite des Regts., als Lehrer zur Kriegs\{ule in Cassel, Dem nig, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 1288 und Lehrer bei der Kriegs\{chule in Gaffel, als Comp. Chef in das Inf. Regt. Nr. 30 versetzt. v. Zimmermann, Rittmeister à la suite des Drag. Regts. Nr. 23 und Lehrer bei der Kriegs\chule in Met, unter Entbind. von seinem Kommando bei dem Hus. Regt. Nr. 9, zur Dienstleift. bei dem Nebenetat des Großen Generalstabes kommandirt. v. Bloedau, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 21 und etatsmäß. Mitglied der Milit. Schießschule, als Comp. Chef in das Inf. Regt. Nr. 77, Bick el, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr. 117, unter Stellung à la suite des Regts., als etatsmäß. Mitgl. zur Milit. Schießschule, versezt. Völsing, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 117, zum Hauptmann und Comp. Chef, Wagner, Sec. Lt. von dems. Regt., zum Pr. Lt., befördert. v. Puttkamer, Sec. Lt. vom Garde-Füs. Regt., in das Inf. Regt. Nr. 49, Kre el, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 59, in das Inf. Regt. Nr. 44, verseßt. Graf zu Dohna, Pr. Lt. vom Kür. Regt. Nr. 1, zum Nittm. und Cscadron-Chef, Graf v. Matuscbka Frhr. v. Toppolczan und Spaetgen, Sec. Lt. von dems. Regt., zum Pr. Lt., Beide vorläufig ohne Patent, befördert. v. Koe, Rittm. und Escadr. Chef vom Ulan. Regt. Nr. 11, v. Seydliß, Rittm. und Escadr. Chef vom Hus. Regt. Nr. 3, v. Paczensky-Tenczin, Rittm. und Escadr. Chef vom Hus. Regt. Nr. 4, Oesterreich, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr. 87, v. Koenig, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr. 24, Schmidt, Hauptm. und Vorstand des Festung8gefängnisses in Glogau, v. Rothkir -Panthen, Pr. Lt. vom Jäger-Bat. Nr. 1, Laube, Pr. Lt. vom Eisenb. Negt., ein Patent ihrer Charge verliehen. :

Abschiedsbewilligungen. Jm aktiven Heere. Berlin, 12. Januar. Schachtru pp, Rittm. a. D., zuleßt à la suite des Ulan. Regts. Nr. 12, die Ausficht auf Anstell. in der Gensd'armerie eriheilt. 17. Januar. Baron v. Bursztini, Oberst z, D. und Bez. Commandeur des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 6, von dieser Stellung entbunden. Sommerlatte, Major vom Inf. Regt. Nr. 71, mit Pens. zur Disp. gestellt. Lau, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr. 77, mit Pens. der Abschied bewilligt. Spandcken, Pr. Lt. a. D., zuleßt Pr. Lt. und Oberjäger im Reit, Seldjäger-Corps, die Erlaubniß zum Tragen der Armee-Uniform ertheilt.

Königlich Bayerische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Bersetßungen. Im aktiven Heere. 15. Januar. Durlacher, Hauptm. und Comp. Chef vom 2. Inf. Regt., auf die erste Hauptmannéstelle im 4. JInf. Regt., Graf v. Bothmer, Hauptm. vom Generalstabe, als Comp. Chef zum 2, Infanterie-Regiment, Jochum, Seconde-Lieutenant von der Reserve des 6. Infanterie-Regiments, in den Friedens- stand des gen. Regts., mit einem Patent vom 1. November 1879, verseßt. v. Wachter, Oberst-Lt. im 4. Inf. Regt., zum etatsmäß. Stabsoffiz., R iehmer, Schöller, Majors in dems. Regt., zu Bats, Commandeuren, Zimmer, Major z. D., zum Commandeur des Landw. Bez. Passau, ernannt. Hanfstängl, Pr. Lt. a. D., im 9. Chev. Regt., mit einem Patent vom 24. Dezember 1877, wieder- angestellt. / E

Durch Verfügung des Kriegs - Ministeriums. 18. Fanuar. v. Madrour, Hauptm., beim Generalstabe der 3. Div. ein- getheilt.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 12. Jag- nuar. v. Münster, Pr. Lt. des 6. Inf. Regts., kommandirt zum topograph. Bureau des Generalstabes, mit Pens. zur Disp. gestellt.

XTLL. (Königlich Württembergisches) Armee-Corps.

Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Fm aktiven Heere. 7. Januar: v. Sprößer, Oberst-Lt. und Bats. Commandeur im Inf. Regt. Nr. 120, unter Ernennung zum etatsmäß. Stabsoffiz,, in das Gren. Regt. Nr. 123, Rummel, Major und etatêmäß. Stabsoffiz. im Gren. Regt. Nr. 123, als Bats, Commandeur in das Inf. Negt. Nr. 120, verseßt. Ziegler, Oberst-Lt. und Bats. Commandeur im Inf. Regt. "Nr. 121, zum etatsmäßigen Stabsoffizier, v. Menzel, Major und etatsmäß. Stabsoffiz. im Inf. Regt. Nr. 121, zum Bats. Commandeur, ernannt. Frhr. v. Seutter, Major und Bats. Commandeur im Inf. Regt. Nr. 121, unter Vorbehalt der Verwendung als etatsmäß. Stabsoffiz., zum Oberst-Lt. befördert mit einem Patent vom 6. De- zember 1883. Glauner, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 126, unter Beförder. zum Hauptm. und Comp. Chef, in das Inf. Regt. Nr. 120 verseßt. Burtar, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 126, zum P L befördert, unter Vorbehalt der Patentirung. Ströhlin, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 124, in das Gren. Regt. Nr. 119 verseßt. 11. Januar. v. Karaß, Oberst-Lt. und etatsmäß. Stabsoffiz. im Drag. Negt. Nr. 25, zum Commandeur dieses Regts. ernannt. v. Moser, Major und Escadr. Chef im Ulan. Regt. Nr. 29, als etatsmäß. Stabsoffiz, in das Drag. Regt. Nr. 25 Vere, Ste mann, Pr. Lt. im Ulan. Regt. Nr. 20, zum Rittm. und Escadr. Chef befördert. v. Poser, Sec. Lt. im Drag. Regt. Nr. 26, unter Beförderung zum Pr. Lt., in das Ulan. Regt. Nr. 20 verseßt.

Kaiserliche Marine.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen ¿0, Bevr- in, 1 Sanuar, Gelb, Rust, Ls. zur See, zu Kapitän-Lts. befördert. Nees v. Esenbeck, Kapitän-Lt. im Marinestabe, als Korv. Kapitän mit Pens. nebst Aussicht auf Anstellung im Civil- dienst und seiner bisher. Unif., Retlaff, Lt. zur See, mit Pension und seiner bisher. Unif. der Abschied bewilligt.

Nichtamlkliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23, Januar. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern Vormittag 111/, Uhr den Regierungs-Präsidenten Grafen Clairon d’Haussonville, nahm sodann militärische Meldungen entgegen und empfing den Lieutenant Alandt vom 2. Niederschlesischen Jnfanterie-Regiment Nr. 47.

Abends 91/2 Uhr begaben Sich Jhre Kaiserlihen und Königlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschaften zur Soirée bei dem Fürsten Anton Radziwill.

Das Herrenhaus hielt heute seine 8. Sitzung, welcher die Staats-Minister Dr. Friedberg und von Scholz sowie zahlreihe Regierungskommissarien beiwohnten. Nach der durch den Präsidenten Herzog von Ratibor um 11/4 Uhr erfolgten Eröffnung der Sitzung erfolgte zunächst die Ver- eidigung des neu in das Haus eingetretenen Fürsten Anton von Sulkowski in der üblichen Weise.

Sodann erstattete Herr Lindemann Namens der Budget- kommission Bericht über den Gesetzentwurf, betreffend Ab- änderungen des Pensionsgeseßes vom 27. März 1872, und empfahl die Vorlage zur unveränderten Annahme. Das Haus beschloß ohne Debatte nah diesem Antrage.

Namens der Budgetkommission berihtete sodann Graf zur Lippe über die Petitionen des Magistrats zu Braunsberg wegen Uebernahme der Unterhaltungskosten für Schiffahrts-

anlagen im Frishen Haff und im Passargefluß auf den Staat und empfahl Namens der Kommission den Uebergang zur Tagesordnung. Das Haus génehmigte den Antrag ohne Diskussion.

Staatssekretär Dr. Stephan berichtete Namens derselben Kommisfion über die Petition der Gerichtsdiener Jffland und Genossen vom Landgericht I in Berlin wegen Einkommens- verbefserung und beantragte gleihfalls Uebergang zur Tages- ordnung, welchem Antrage das Haus auch ohne Debatte bei- trat. (Schluß des Blatts.)

Die in der gestrigen Sißung des Herrenhauses von dem Staats-Minister Maybach gehaltenen Reden und der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (32.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums, Staats-Minister von Puttkamer nebst mehreren Kommissarien beiwohnte, machte der Präsident dem Hause die Mittheilung, daß vom Herrenhause eingegangen sei: der Entwurf eines Gesehes, betreffend das Höferecht in der Pro- vinz Hannover, und der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Errichtung eines Landgerichts in Memel ; ferner von dem Abg. Dr. Windthorst ein Antrag auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die Herstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch:katholishen Bisthümer und Geistlichen.

Bevor das Haus in die Tagesordnung eintrat, erhielt das Wort der Abg. Cremer, der die Beschuldigungen, welche er jüngst gegen den Vorsißenden der Königlichen Direktion der Verwaltung der direkten Steuern in der Richtung er- hoben habe, daß derselbe unrichtig eingeschäßt sei, als jeder Be- gründung entbehrend zurüdckzog.

Es folgte die Berathung des Antrages der Abgg. Berling und Genossen, betreffend die Ansprüche auf Vergütung für die Gestellung von Trainpferden im Jahre 1863 nach dem Landesgeseße Holsteins.

Der Antrag lautet:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

Die Königlibe Staatsregierung zu ersuchen :

Den Ansprüchen auf Vergütung Befriedigung zu gewähren, welche den Stellern von Trainpferden im Jahre 1863 na dem Landesgeseß Holsteins erwachsen und auf Anordnung der damaligen holsteinishen Regierung verbrieft worden sind.

Der Abg. Francke begründete den Antrag, den er der Petitionskommission zu überweisen bat, weil dieselbe sich mit diesem Antrag bereits seit längeren Jahren beschäftigt habe.

Der Regierungskommissar Geheime Ober-Finanz-Nath Dr. Rüdorff hob hervor, daß es unklar sei, an wen die Ansprüche, deren Berechtigung unzweifelhaft sei, gerichtet wer- den müßten, ob an Dänemark, die Provinz Schleswig-Holstein oder an Preußen, Die Reaierung sei der Ansicht, daß die Ansprüche nur an Dänemark gerichtet werden könnten, do werde die kommissarishe Berathung nochmals Veranlassung geben, diese Frage klar zu stellen.

Der Abg. Dr. Bierling s{chlug vor, den Antrag an die Justizkommission zu verweisen.

Ueber diesen Vorschlag entspann si eine kurze Debatte, an der sich die Abgg, Dr. Hänel, Dr. Köhler und Janssen betheiligten. Sließlis wzirde der Antrag, dem Vorschlage des Abg. Feancke gemäß; an Lie Petitionskommission verwiesen.

Das Haus berieth sodann mündliche Berichte der Gemeindekommission und der Unterrichtskommission.

Die Diskussion wurde zunächst eröffnet über die Peti- tion der Stadt Ehrenfeld um Erlaß gesetzlicher Vorschriften, welche die kommunale Besteuerung von Staatsbeamten an ihrem wirklihen Wohnorte zulassen.

Der Berichterstatter Abg. Götting begründete den Antrag der Gemeindekommission, welcher lautet :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Petition der Stadt Ehrenfeld der Königlichen Staatsregierung zu dem Zwecke zu überweisen, um die Materie einer als noth- wendig zu erachtenden geseßlichen Regelung im Sinne der Petentin möglihst bald zuzuführen.

Der Abg. Francke schilderte, wie ih die preußische Ver- ordnung über das Steuerdomizil der Beamten entwickelt habe, und die Stellung des rheinischen Rechts zu dieser Verordnung.

Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) empfahl, die einzelnen Uebelstände sofort zu regeln, und niht erst das Kommunal- steuergeses abzuwarten. Ein Regierungskommissar gab Namens der Regierung die Erklärung ab, daß dieselbe dem Kommissionsbeshluß niht unsympathish gegenüberstehe.

Der Abg. von Oerßen (Bromberg) wollte die Petition der Regierung zur Erwägung überweisen.

Die Diskussion wurde hierauf geschlossen und der Antrag der Kommission angenommen.

Es folgte nunmehr der erste Bericht der Gemeinde- fommission über Petitionen.

Die Stadtgemeinde Cöln hatte {on in der Session eine Petition an Antrage eingereiht:

das Haus der Abgeordneten wolle hochgeneigtest dabin wirken, daß auch vor einer geseßlihen Neuregelung der einschlägigen Materie an dem bisherigen Verfahren festgehalten werde, wonach Beamte e Gemeindebürgerrecht an ihrem faktischen Wohnort auszuüben aven.

Namens der Kommission berichtete der Abg. Götting, daß die Kommission zu keinem Beschluß gekommen sei.

Von dem Abg. Frhrn. von Minnigerode war der Antrag ge- stellt, über die Petitionen der Städte Cöln und Deuß, was das gestellte Gesuh betrifft, zur Tagesordnung überzugehen, dieselben aber zu dem Zweck der Königlichen Staatsregierung zu überweisen, um die Materie einer als nothwendig zu er- achtenden geseßlichen Regelung möglichst bald zuzuführen.

Dagegen war von dem Abg. Rintelen beantragt, die gedachten beiden Petitionen der Königlichen Staatsregierung zur Berück- sichtigung zu überweisen. Bei der Abstimmung waren beide Anträge von der Kommission abgelehnt worden. Un Dey heutigen Sißung wurden dieselben wieder aufgenommen und von O Abgg. Frhrn. von Minnigerode und Rintelen be- gründet.

Bei Schluß des Blattes spra der Geheime Regierungs- Rath Noel.

Durch Allerhöchste Ordre vom 21, JUNUAL d S der Bischof Johann Bernard Brink mann, gegen welchen durch gerichtlihes Urtheil vom 8, März 1876 auf Entlassung aus dem Amte als Bischof von Münster erkannt ist, be- gnadigt worden.

In Folge dessen ist die kommissarishe Vermögensverwal- tung in der Diözese Münster aufgehoben und die Wieder- aufnahme der eingestellten Staatsleistungen für diese Diözese, und zwar vom 1. Januar d. J. ab, erfolgt.

vorigen das Abgeordnetenhaus - mit dem

Bayeru. München, 22. Januar. (Alg. Ztg.) Jan der heutigen (40.) Plenarsißung der Kammer der Ab- geordneten theilt der 1. Präsident mit, daß das Kriegs- Ministerium den Hauptetat der Militärverwaltung pro 1884/85 und den dazu erforderlihen Gesetzentwurf in Vor- lage brate. (Der Etat beziffert sih auf 43 490 595 #, gegen 1883/84 weniger um 86 441 A) Die Kammer seßte darauf die Spezialberathung des Justizetats fort. Der Abg. Haas fkonstatirte zum Etat der Amtsgerichte: sein am Sonn- abend abgelehnter Antrag sei niht auf eine Anerkennung des Bedürfnisses der Aufbesserung der Gehalte der Ober-Amts- richter 2c., sondern nur darauf zurückzuführen gewesen, daß Redner den Wechsel eingelöst wissen wollte, melchen man mit der Ver- tröstung jener Kategorien von Beamten auf das Jnsleben- treten der neuen Gerichtsorganisation ausgestellt habe. Der Abg. Kopp legte den Schwerpunkt des wieder beregten An- trags auf das Erforderniß der Gleichstellung der Landgericht s- Räthe und Ober-Amtsrichter mit den Bezirks-Amtmännern, behielt sih eine Besprehung dieser Frage vor und fritisirte sodann die Eintheilung, bezw. Vertheilung der Amts- und Landgerichte, wie die ganze Gerichtsorganisation. Der Staats-Minister der Justiz Dr. von Fäustle legte hierauf gegenüber den Aeußerungen Kopp3 und anderer Redner die Gründe dar, welche zu der beanstandeten Aufhe- bung einiger Landgerichte und bezüglich der Zutheilung maß- gebend waren, und welche vorzugêweise in baulihen Nück- sichten und in Rücksihten auf die geringe Geschäftsaufgabe gelegen seien. Man übersehe bei Beurtheilung der Organi- sation, daß in Bayern die Formation der Landgerichte erfolgt sei, ohne daß hierfür besondere Ausgaben erwachsen seien, während in anderen Bundesstaaten hierfür Millionen bewilligt wurden. Er warne davor, die Petitionen um Wiedererrihtung von Gerichten der Regierung zur Würdigung hinüberzugeben, ohne zuglei die entsprehenden sehr bedeutenden Mittel zu be- willigen. Der Anregung des Abg. Vaillant, wonach in der Pfalz Seitens der Amtsgerichte Amtstage (außerhalb des Gerichtssißzes) abgehalten werden sollten, erklärte der Minister, die Zustim- mung des Finanz-Ministers vorausgeseßt, stattgeben zu wollen. Die Postulate für die Amtsgerichte wurden sodann nach dem Ausschußantrag bewilligt, desgleichen, ohne wesentliche Debatte, die Etats der Staatsanwaltschaften und der besonderen Kosten für Ausübung der Gerichtsbarkeit nach dem Auss\chußantrag angenommen und die sämmtlichen einschlägigen Petitionen ebenso beschieden. Bei dem Etat der Strafanstalten wurde die Sizung auf morgen vertagt.

Sachsen. Dresden, 22. Januar. (Dr. F) Dis Zweite Kammer erledigte heute die Kap. 1 bis 7 des Etats der Ueberschüsse, die gemäß der durch mehrere Nachpostulate geänderten Vorschläge der Regierung bewilligt wurden. Zu U ( „Leipzidèer Zeituna“ uno „Dresdner Journal“, beantragte eine Minorität der Depu- tation: die Regierung wolle für die nächste Etats- periode auf eine Vershmelzung des „Dresdner Journals“ mit der „Leipziger Zeitung“ Bedacht nehmen. Der Staats- Minister von Nostit-Wallwiß erklärte, daß er diesem Antrage nicht unbedingt entgegentreten würde, sofern die davon crwarteten finanziellen Vortheile wirklih eintreten sollten, was nicht zu er- wauten sei, und der Regierung ein Preßfonds zur Disposition gestellt würde. Wie „W. T. B.“ meldet, betonte der Abge- ordnete Ackermann, daß, so lange man in diesem Hause von den Sozialdemokraten hören müsse: „wir stehen auf dem Boden der Revolution“, der Regierung jedes Mittel gegeben werden müsse, solhe Tendenzen zu bekämpfen. Der Antrag wurde mit 44 Stimmen abgelehnt,

23. Januar. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat heute den Antrag der Sozialdemokraten, die Ge- sinde:Ordnung aufzuheben und den Arbeitsvertrag zwischen Dienstboten und Dienstherrshaften allen übrigen Arbeits- verträgen gleichzustellen, nahdem die Liberalen und die Kon- servativen sich entschieden dagegen erklärt hatten, abgelehnt.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 2, Januar. (L D) J der eitiden Sißung des Landes- auss{chusses griff der Abg. von Bulacch (Sohn) bei der Etatsposition für den Statthalter das in der „Nordd. Allg. Ztg.“ seiner Zeit veröffentlichte «Fnterview an, dessen Authentizität er bezweifelte. Er erklärte: er sei nit im Namen unzufriedener Beamten aufgetreten und protestire gegen eine Zusammenstellung seiner Person mit Antoine, halte aber im Uebrigen seine Behauptungen aufrecht. Der Staats- sekretär von Hofmann erwiderte: die von dem Statthalter inaugurirte Versöhnungspolitik sei in einem Theil der deutschen Presse als Shwäche angegriffen worden ; das Land sei aber dem Statthalter dankbar, in dem beruhigen- den Bewußtsein, daß nicht nah der Schablon- regiert werde, und der Statthalter das Land selbst kennen zu lernen suhe. Der Abg. von Bulah habe gerade getadelt, was das Land billige. Die Nede wäre bedeutungslos ge- blieben, wenn sie nicht über Elsaß - Lothringen hinaus bekannt geworden wäre; jeßt {lage die vorhin erwähnte Strömung in Deutschland daraus Kapital. Was das JInter- view anbelange, so enthalte dasselbe vieles, was den An- fchauungen des Statthalters entsprehe. Wenn Bulach mit dem Vorwurf des persönlichen Regiments meine, daß auf ehrgeizige oder persönliche Wünsche Rücksicht genommen würde, \o sei eine solche Behauptung als grundlos zurücfzuweisen, so lange sie nicht durch That- jahen erhärtet werde. Der Abg. Köchlin (Mülhausen) erklärte unter allgemeinster Zustimmung des Hauses: die An- griffe gegen den Statthalter seien nur als die persönliche Stimmung des Abg. von Bulach anzusehen, nicht als die Ansiht des Landesausschusses, Das Land würde dem Statt- halter dankbar sein, wenn er in seinem Regiment der Milde fortfahre. Der Abg. von Bulach erwiderte: Er habe nicht von der Person des Statthalters gesprochen, sondern nur von dem System. Er habe die volle Ver- fassung reklamirt, darin werde das Haus ihm beistimmen. Der Staatssekretär von Hofmann ersuchte den Redner, die eFrage nit zu vermischen; bezüglih der Verfassung stimme ihm das Haus wie die Regierung zu, das habe aber mit seinen Angriffen nihts zu thun. Nachdem der Abg. Grad noh für die Aufhebung des sogenannten Diktatur-Paragraphen gesprochen hatte, wurde die Debatte geschlossen und der Ge- genstand verlassen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 22. Januar. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause wurden heute von der Regie- rung die Geseßentwürfe wegen Abänderung des Brannt- weinsteuergeseßes, wegen Erhöhung des Einfuhrzolls für Preß- hefe und wegen Verstaatlihung der Franz-Joseph-Bahn, der Nudolfs-Bahn und der Vorarlberg-Bahn eingebracht.

Die Erzherzogin Maria Theresia ist an den Ma- sern leiht erkrankt. .

Pest, 21. Januar. (Prag. Ztg.) Das Abgeordneten- haus verhandelte heute in der Generaldebatte über das Budget des Handels-Ministeriums. Morgen wird die Verhandlung fortgeseßt. i

Agram, 21. Fanuar. (Prag. Ztg.) Die Konferenz der Nationalpartei beschloß eine stramme Organisation der Partei und Herausgabe eines Tagesjournals. Von den Abgeordneten wurde die Bekämpfung der Agitation der Starèevicianer, die Sorge für Verbreitung des Blattes und die Anstrebung einer Stärkung der Nationalpartei zugesichert.

Lemberg, 21. Fanuar. (Wien. Ztg.) Morgen wird hier unter dem Vorsiß des Verwesers des ruthenishen Me- tropolitanstuhles des Bischofs Sylvester Sembratowicz eine Kongregation der Delegirten aus den Dekanaten der beiden ruthenishen Diözesen stattfinden. Die Kongre- gation wird sich mit der Frage der Regulirung der Kongrua und den diesbezüglich vorzunehmenden Schritten befassen.

Frankreich. Paris, 22. Januar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer lehnte heute den Antrag der RNegie- rung auf gerichtliche Verfolgung des Deputirten Talandier, Direktors der „République démocratique et sociale“, mit 270 gegen 180 Stimmen ab. Der Senat stellte den von der Deputirtenkammer abgelehnten Kredit von 3 Mill. zur FFort- seßung der Eisenbahnarbeiten am oberen Senegal wieder her. Jn Folge der gestern von der Deputirten- kammer votirten theilweisen Uebernahme des Budgets der Partser Polizeipräfeltur auf das Mini- sterium des Fnnern macht sih unter den Kon stablern eine gewisse Erregung geltend. Dieselben protestiren gegen die hinsihtlih der Pensionsbedingungen vorgenommenen Ver- änderungen, doch ist es bisher weder zu einem Strike, noch zu irgend einem Zwischenfalle gekommen, Vom Ministerium

wird ein anderweiter Entwurf vorbereitet, in welchem den |

Wünschen der Konstabler Rehnung getragen werden soll.

Der Minister-Präsident Ferry, welcher an den Vertreter des cinesishen Gesandten geschrieben hatte, um zu erfahren, ob der in der „Deutshen Revue“ veröffentlichte Brief des Marquis Tseng authentisch sei, hat eine Ant- wort des chinesishen Chargé d’Affaires empfangen, in welcher es heißt: Marquis Tseng habe in Folge wiederholter Auf- forderungen des Herausgebers der „Deutschen Revue“ DUrch einen seiner Sekretäre den betreffenden Brief schreiben lassen Wenn auch Tseng die Verantwortlichkeit für die in dem Briefe enthaltenen Gedanken übernehme, so sei derselbe doch nicht verantwortlich für den Gebrauch, der damit gemacht worden sei. Es handle sih nur um einen einfachen Auskunstsbrief.

(Kolir, Zta.) Der „Demps“ hrinat folgende Mit- theilung: „Die Vorbereitung des Budgets von 1885 geht rasch vorwärts. Die dem Finanz-Minister von seinen ver- schiedenen Kollegen gemachten Vorlagen wurden von demselben einer strengen Prüfung unterworfen, die in mehreren Fällen die Zurücksendung der verlangten Credite zur Folge hatte. Der Finanz-Minister ist der Ansicht, daß, wenn man eine Politik der Ersparnisse annimmt und eine jede Vermehrung der Ausgaben zurückweist, das Budget ohne neue Hülfsquellen im Gleichgewicht erhalten werden könne. Nach der Finanz- verwaltung wäre das einfachste Mittel eine höhere Besteuerung des Alkohols. . Diese Maßregel ist aber nur für den Nothfall in Aussicht genommen.“

Jtalien. Rom, 22. Januar. (W. T. B.) Jn der Deputirtenkammer brahte Bezzini heute eine Inter: pellation ein wegen der Fischerei im adriatischen Meere und der Ermordung eines Fischers in Spalato. Der Minister behielt si vor, den Zeitpunkt der Beantwortung der Interpellation zu bestimmen. Der Geseßentwurf, betreffend die Verlängerung der gemischten Gerichte in Egypten, wurde angenommen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 23. vas nuar. (W. T. B.) Am 28, d. M. findet bei dem Kaiser und der Kaiserin im Winterpalais eine große Ball- festlichkeit statt, zu welcher Einladungen an die höheren Beamten, Generäle, zahlreihe Mitglieder des diplomatischen Corps und andere Notabilitäten ergangen sind.

Ua, 2 nr. (E. T. D) Our in diesem Jahre zum ersten Male seit der Krönung zusam- mentretende Moskauer Adelskonvent zur Vornahme der Wahlen des Adels für öffentlihe Aemter wurde heute von dem Generalgouverneur mit eirer Ansprache erd ff- net, in welcher derselbe betonte, daß der Moskauer Adel bei der Ausübung öffentliher Aemter jederzeit seine traditionelle Loyalität für den Thron und das Vaterland an den Tag gelegt und sich dadurch seine Ehrenstellung unter den Übrigen Ständen erworben habe. Wenn auch bei den Wahlen der allgemeinen Stände würdige Mitglieder des Adelsstandes zuweilen übergangen worden seien, so beeinträchhtige das doch niht die Berechtigung des Adels, den Angelegenheiten der allgemeinen Stände gegenüber eine hervorragende Stellung ein- zunehmen. Der General-Gouverneur rief dem Konvent das vom Kaiser dem Adel bei der Krönung ausgedrücte Vertrauen zu dessen erprobter Ergebenheit ins Gedächtniß und erklärte Ithließlih, er hoffe zuversihtlih, der Adel werde nah wie vor eine Stüge alles Guten zum Nutzen des Thrones und des Vaterlandes sein und fi bei den bevorstehenden Wahlen auf der Höhe der staatlichen Bedeutung des Adelsstandes befinden. Hierauf wurde der Entwurf einer Adresse an den Kaiser abgefaßt und verlesen, in welchem den Gefühlen der Liebe, der Ergebenheit und des Vertrauens zu dem Monarchen Aus- druck gegeben wird. Der Adreßentwurf wurde von den Ver-

sammelten mit enthusiastischen Zurufen begrüßt.

Amerika, Washington, 22. Januar. (W. T. D.) Der Senat hat einen Antrag genehmigt, der die Kommission für die auswärtigen Angelegenheiten beauftragt, zum Schutze der amerikanischen Jnteressen gegenüber denjenigen Ländern, welche die Einfuhr von amerikanishem Fleisch ver- bieten oder beschränken, gesetzgeberische Maßregeln vorzubereiten,

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Zeitungsstimmen.

Die „Deutsche Hutmacher-Zeitung“ bespriht die Kranken- und Unfallversiherung der Arbeiter. Fn dem be- treffenden Artikel heißt es: °

Wenn der neueren Gesetzgebung der Vorwurf gemacht wird, daß sie oft eine überstürzte Dampfarbeit sei, jo kann man dies von der Behandlung der sozialpolitishen Geseße nit sagen. Sowohl rück- fibtlih der Kranfken- als auch der Unfallversicherung der Arbeiter haben Interessenten, Prefse und parlamentarische Kreise reihlich Zeit gehabt, das Für und Widec gründlich in Erwägung zu ziehen und der Reichsregierung darf die Anerkennung nicht vorenthalten werden, daß sie bei ihrem \{wierigen Werke die Stimmen der öffentliben Meinung nah allex Seiten berücksichtigt hat. Gerade die Umgestaltung, welche die ursprünglichen Pläne der Reichëregierung erfahren haben, ift ge- eignet, das Vertrauen zu ftärkey, daß die Reichêregierung von der hohen Wichtigkeit ihrer Aufgabe tief durchbdrungen ift und daß es ihr gelingen werde, das große Ziel der Kaiserlichen Botschaft „Besserung der Lage der Arbeiter und Förderung des Friedens der Berufsflafsen unter cinander“ zu verwirklichen.

Daß dieses Ziel ohne Einführung des Bersicherungszwanges nit erreiht werden fönne, wird immer allgemeiner anerkannt. Die Stimmen der Gegner des Zwanges, welche Alles der durch fort- fchreitende Einsicht und Gesittung der Interessenten geförderten freien Entschließung überlassen wollen, verstummen allmählich, und selbft die Anhänger der Privatoersicherungs-Gesellshaft wollen nicht auf den Zwang verzichten und können nit umhin, die Sicherung der erwor- benen Ansprüche durch starke Garantien zu verlangen.

Auf dem Gebiete des Krankenkassenwesens hatte die Erfahrung gelehrt, daß die Neigung, sich aus freier Entschließung zu Kranken- kassen zu vereinigen, bei unsern Arbeitern nur in geringem Maße vorhanden ift. Es erübrigte nah diefer Erfahrung nur die CGinführung des Zwanges, wenn das Ziel mit Sicerbeit und in absehbarer Zeit erreiht werden und zuglei die Wohlthat der Ver- sicherung für alle die Kategorien von Arbeitern, hinsi{htlib deren die Durbführung des Zwanges mögli erscheint, eine allgemeine werden sollte.

Ohne die Verallgemeinerung der Krankenversiherung war der Arbeiter gar niht in der Lage, \sih der Wohltkbat derselben theil- haftig zu machen. So lange sich die Krankenkassen nur hier und da zerstreut vorfinden, ist es in vielen Fällen unvermeidlich, daß für den Arbeiter die Versicherung, zu der sie etwa nach dem bisherigen Regime dur ortsfstatutarisbe Regelung gezwungen waren, verloren geht, sobald fie cinen Orts- oder Berufswechsel vornehmen, weil niht immer an dem neuen Orte oder für das neue Arbeit8ver- hältniß eine Kasse existirt, in welche sie hätten eintreten können, und wenn das wirklih der Fall war, entsprang aus der Karenzzeit immer eine Unterbrehung der Versicherung.

Diesem Ucbelstande ist durch das neue Krankenkassengesez abge- bolfen worden. Die obligatorische Gemeinde-Krankenversicherung in Verbindung mit den Bestimmungen über die Orts- und Fabrif- Krankenkassen sichert die ununterbrocbene Zugehörigkeit zu einer Krankenkasse, mag der Arbeiter noch so oft einen Domizil- odec Berufswechsel vornehmen.

Das Krankenkassengeseß verpflichtet die Arbeitgeber, ein Drittel der Beiträge, welche auf die von ibnen beschäftigten versiherungs- pflichtigen Personen entfallen, aus eigenen Mitteln zu leisten. Die Belastung wird eine sehr bedeutende werden, da die Verpflichtung der Krankenkassen, denen au alle Erkrankungen in Folge von Unfällen aller Art zur Last fallen, sih bis auf einen dreizehnwöchigen Zeit- raum erstreckt. Aber demgegenüber werden ja auch die Arbeitgeber in- sofern entlastet, als um alle diese Unfälle ihre aus dem Haftpflicht- gesetz entspringende Verpflibtung verändert wird.

Diese Haftpflidt der Arbeitgeber beabsichtigt nun die Reichs- regierung dur den jeßt vorliegenden neuen Entwurf eines Unfallver- sicherungsgeseßes der Arbeiter dahin zu modifiziren, daß sie den Ar- beitgeber nur für die Fälle, in welchen ihm selbst bei den Einrich- tungen des Betriebes eine Unterlassung in Betreff der Sicherheit seiner Arbeiter zur Last fällt, verantwortlich machen, dagegen die Bergütung für die Folgen aller Unfälle, soweit sie nit den Kranken- kassen zur Last fallen, den dur das Geseß einzuführenden Unfall- versicherungskassen auferlegen will.

Solcher Gestalt stehen beide Gesetze, das Krankenkassen- und Unfallversiherungsgeseß, in engster Beztehung zu einander, und, was das Wichtigste ist, sie ergänzen einander in der Weise, daß die 13wöcige Untersiüßung aus der Krankenkasse der 13wöchigen Karenz- zeit des Unfallversicherungsgesetzes entspricht, so daß die Unterstüßung des von einem Unfall betroffenen Arbeiters keine Unterbrehung erfährt.

Die Kosten der Unfallversicherung legt der Entwurf aus\{ließ- lib den Arbeitgebern auf. Wenn gegen die Heranziehung der Arbeit- geber zu den Kosten der Krankenkassen eingewendet werden tonnte, daß dieselbe niht gerechtfertigt sei, weil die gewöhnliche Erkrankung des Arbeiters in keinem Kausalnerus zu dem mit dem Arbeitgeber eingegangenen Lohnvertrage stehe, und deshalb diese Belastung dur die Uebernahme aller Kosten für die leichteren Unfälle und der drei- zehnwöchigen Entschädigung für die \{chwereren auf die Kranken- fassen aus8geglihen wurde, so entspringt dagegen die Haft- pfliht der Arbeitnehmer aus ihrem Gewerbebetrieb und muß zu den Betriebskosten gezählt werdea. Doch wäre dies nur am Plate, wo dem Unternehmer ein Verschulden zur Last fällt. Sebr viele Unfälle aber entspringen aus der Unvorsichtigkeit und Sorglosigkeit der Arbeiter; insofern is es auc doppelt gerechtfertigt, daß ein Theil der Unfälle den Krankenkassen, zu denen die Arbeiter das meiste bei- tragen, überwiesen wurde.

Auch müssen die Arbeitgeber, denen diese Bestimmung der Vor- lage als eine zu starke Belastung erscheinen sollte, darauf aufmerksam gemacht werden, daß sie do, wenn die Vorlage Gesetß werden sollte, rüdtsihtlich der Behandlung ihrer Haftpflicht ganz wesentlich günstiger gestellt sein würden, als bisher. Es würde ihnen nämli die nach dem jeßigen Haftpflichtgesez für sie sehr gefährlide Beweislast ab- genommen, indem nach dem neuen Gesetze, um ihre Haftpflicht zu begründen, ihnen der Nachweis der \{huldbaren Unterlassung geführt werden müßte.

Viele Industrielle sind ja jeßt \chon gegen die Wirkungen des Haftpflichtgeseßes bei Privatgesellschaften versichert, für diese wird der Kostenpunkt keinen erheblichen Unterschied machen. .

Der Organisation des Unfallversiherungswesens beabsichtigt der Entwurf abweicbend von den früheren Entwürfen Berufsgenossen- schaften, welche sich über das ganze Reich erstreken und in Sektionen getheilt werden sollen, zu Grund zu legen. Daß die Durchführung dieser Organisation große Schwierigkeiten machen wird, unterliegt reinen Zweifel, doch ist das große Ziel wohl der großen Anstrengung werth.

Von dem ursprünglih beabsichtigten Staatszuschuß sicht der Entwurf ab; die Fn des Reichs soll nur in dem Falle eintreten, daß eine ganze Berufsgenofsenshaft zahlungsunfähig wurde. Wir glauben, annehmen zu dürfen, vas die Industrie mit der Beseitigung des Staatszuschusses selbst einverstanden ist; die Industrie verlangt keine direkte Staatsunterstüßung, und sie würde das Odium, auf Kosten der Allgemeinheit die Staatsmittel in Anspruch zu nehmen und dadur vor den übrigen Staatsangehörigen eines Vorzugs theil- haftig zu werden, gewiß nur mit {chwerem Herzen auf fih ge- nommen haben.

Die industriellen Arbeitgeber werden die Opfer, welche ihnen dur die Kranken- und Unfallversicherung zugemuthet werden, ohne Murren tragen in der Ueberzeugung, daß das Gemeinwohl dieselben erheisdt. Aber sie haben auch das Vertrauen zur Staats- regierung und zur Majorität des Reicdbstags, daß, wenn der Staat ihnen diese Beitragspflicht zur Förderung des Gemein- wohbls und zur Beshwörung der sozialen Gefahr zumuthet, er sie au dur den immer weiteren Schutz der nationalen Arbeit in die Lage seßen wird, der ihnen auferlegten Verpflichtung gerecht zu werden; sie betrachten die sozialistiscbe Geseßgebung als eine Bürgschaft dafür, daß ter Staat niemals wieder in seinen handelspolitishen Entschlicßun-

gen den manchefterlihen Lehren folgen, vielmehr nur dann die Bes dingungen für die Konkurrenz des Auslandes erleibtern werde, wenn unbedingt feststeht, daß der in Frage kommende heimische Industriezweig stark genug ist, diese Konkurrenz auszuhalten. Würde dieser Weg wieder verlassen, so würde die neue Sozialpolitik allerdincs unserer Industrie und mit der- selben auch unsern Arbeitern verderblich werden, denn wenn der Industrie die Bedingungen ihrer Existenz entzogen oder verkümmert werden und ihr dann noch zugemuthet wird, die durch die Sozial- politik eingeführten Lasten zu tragen, fo würde der Ruin der be- troffenen Industriezweige aub die aus der sozialpolitishen Gesetz- gebung den Arbeitern erwacsenen Vortheile zerstören, und der Staat in die Lage kommen, zwischen der Aufrechterhaltung der Arbeiter- fassen aus Staatsmitteln und der Preisgebung der Arbeiter selbst wählen zu müssen.

Wir dürfen vertrauen, daß das deuiscwe Volk dies Verhältniß zu würdigen verstehen und bei den Wablen zum Reichstage sh von der Rücksicht leiten lassen werde, daß ohne den nöthigen Schutz der Ins dustrie auch der soziale Schutz der Arbeiter nicht bestehen kann.

_ Auch der Arbeiter braubt auskömmlicen Lohn, wenn er die Kassenbeiträge erschwingen soll, aber die Industrie kann ihm denselben nur gewähren, wenn ste prosperirt.

Der soziale Schutz der arbeitenden Klassen hat also nur dann einen Sinn, wenn entweder die Allgemeinheit die mit ihm verbundenen Lasten trägt oder wenn der Arbeitgeber, dem diese Lasten auferlegt werden, auch zu ihrer Tragung stark gemacht wird. Insofern ift der Schuß der nationalen Arbeit von dem sozialen Schuß untrennbar und wird hoffentlih fortan in der deutschen Wirthschaftspolitik un- wandelbare Berücksichtigung erfahren.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 3. Inhalt: Nichtamtliches: Konkurrenz für die Heizungs- und Lüftungsanlagen des neuen Reichstagsgebäudes in Berlin. Die kontinuirlice selbft- thâtige Luftdruckbremse, System Carventer. Vermischtes; Die Kosten des Wiener Rathhauses. Ein Dampfer für den Transport großer Maschinen und Baukonfstruktionen. Rechtsprechung.

Statistische Nachrichten.

Die Deutsche Reihspost- und Telegraphenverwals tung im Kalenderjahre 1882, (Stat. Corr.) Daß die wirth- schaftlibe Entwickelung und das Nacbrichtenwesen wechselseitig auf cinander einwirken, finden wir in unserem Vaterlande in Üüberzeugen- der Weise bestätigt. Jm Jahre 1882 hat der wieder eingetretene wirthscafilihe Aufsbwung eine wesentliche Bermehrung und Vervoll- kfommnung des Nachrichtenwesens zu Folge gehabt, wie man aus den nachstehenden Angaben entnehmen fann.

Es betrug nah der unlängst erschienenen „Statistik der deutschen Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung für das Kalenderjahr 1882“ im deutschen Reichs-Post- und Telegraphengebiete :

die Gesammtzahl der 1881 1882 T, 9 143 10 582 Reichs-Telegraphenanstalten . . 5 896 6167 Verkaufsstellen für Post-Werthzeichen . 8413 9 762 P 49 592 51 414 Beamt., Unterbeamt., Posthalter, Postillone 67 075 70 597 durch die Post beförderten Sendungen . 1441 800 282 1526 241 996 davon! Briefsendungen... …. . . 1368362739 1447 708016

Pâtderei- und Geldsendungen . 73437550 78443080

Wie sämmtliche vorstehenden Positionen eine Steigerung im Jahre 1882 erfahren haben, fo ist au der Gesammtwerth der durch die Post vermittelten Geldsendungen von 14701 546 060 (4 im Jahre 1881 auf 15 623 723 414 Æ im Jahre 1882 und das Gesammt- gewibt der mit der Poft beförderten Päkereisendungen von 282 873 auf 301 354 t zu 1000 kg gestiegen. Nur ein Wirkungsfeld unserer Postverwaltung hat auch im Jahre 1882 gegen das Vorjahr an Be- deutung verloren, nämlich die Personenbeförderung, welbe von 2 402139 im Jahre 1881 auf 2 395 975 Personen im Jaÿre 1882 zurückgegangen ist, eine Folge der fortgesetzten Erweiterung unseres Cisenbahnneßes und namentlich auch des ausgedehnten Baues von Sekundärbahnen, welche im Jahre 1882 viele ländliche Distrikte, die ehedem lediglih auf die Personenbeförderung durch die Post ange- wiesen waren, an die großen Verkehrslinien anges{lossen haben.

Cine außerordentliche Ausdehnung hat neuerdings der Vertrieb der Zeitungen dur die Post erfahren. Derselbe ist so alt wie die Zeitungen felbst; während er ursprünglih Privatsache der Posft- meister war, wurden in Preußen am 1. Januar 1825 die Zeitungs- emolumente der Postbeamten aufgehoben und Zeitungéprovision und Rabatt zur Postkafse eingezogen. Dem Zeitungsversandt, welcher hierourch aus der untergeordneten Stellung eines Privatgeschäftes der Postmeister zu der vollen Berechtigung eines Geschäftszweiges der Postverwaltung selbst gelangt war, wurde \eitdem . eine erhöhte Sorgfalt gewidmet. Von dieser Zeit datirt der hobe Aufschwung des Zeitungswesens in Deutschland selbst, wie ih aus der nacbfolgenden Zusammenstellung über die in die Preisliste der Post aufgenommenen Zeitungen und Zeitschriften entnehmen läßt.

Gesammtzahl der Davon sind erjienen in aufaenommenen den Ländern Bayern anderen

Zeitungen des jetzigen Reichs- und Ländern

Postgebiets Württemberg I. 474 243 41 190 O 1159 646 67 446 49 1810 788 T1 451 1853 1751 1 074 100 577 1868 2763 1 642 148 973 10. 5 579 2 730 511 2338 I, 8 529 4192 730 3 607,

Einen großen Aufs{woung hat der Zeitungsvertrieb durch die Poft besonders in den letzten 10 Jahren genommen; während bereits im Jahre 1873 im Deutschen Reichs-Postgebiete dur die Post- anstalten 1 144764 Zeitungsexemplare mit 248 154 482 Nummern vertrieben wurden, stellte sih für das Jahr 1883 dieser Verkehr auf 2 Millionen Eremplare mit über 400 Millionen Nummern.

Wie das Reichs - Postwesen hat aub das Telegraphenwesen im Jahre 1882 eine weitere Ausdehnung zu verzeichnen gehabt. Die Länge der Telegraphenlinien ist von 61655,96 km im Jahre 1881 auf 6328416 km im Jahre 1882 gestiegen; ebenso hat si die Länge der Leitungen von 218 088,82 auf 222 101,37 km ver- mehrt; die Gesammtzahl der beförderten Telegramme ist von 15535883 auf 16347058 gestiegen und die Telegraphengebühren haben eine Erhöhung von 17 137 999 e. auf 17 359 828 M erfahren.

Die Länge des Nohrpostnetzes in Berlin und Charlottenburg von 46,04 km hat si 1882 gegen das Voriahr nicht verändert ; dagegen ift die Zahl der Rohrpost-Aemter von 25 auf 26 erhöht worden ; die Gesammtzahl der mit der Rohrpost beförderten Gegenstände ift von 2138 893 im Jahre 1881 auf 2 219 649 im folgenden Jahre gestiegen.

Ein erfreulicher Erfolg des fortgeseßten Aufs{wunges unseres Post- und Telegraphenwesens ist es endli, daß das finanzielle Er- gebniß der Reichspost-Verwaltung im Etatsjahre 1882/83 wiederum einen bedeutenden, und zwar noch größeren Uebershuß aufzuweisen hatte als im Vorjahre; es beliefen si nämli

im Etatsjahre 1881/82 die Gesammteinnahmen auf . 145 860 743 M. « Ge]ammtausgaben auf. . . 124654536 ,

Der Ueberschuß if also von 21206 207 M

auf 21337 202 Æ im Jahre 1882/83 gestiegen.

Y Har

1882/83 151 453 855 M 130116653 , im Jahre 1881/82

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