1884 / 21 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

A R i ldi di R E E E I

A i i iaieCans i P D i ian N Gee a C I N A

Ea EBitideo ar pati inie A Ei a di u n k Ä ge rzg 7 E n

Anhalt. Dessau, 22. Yaynar. (Anh. St.-A ) Die Herzogin ist heute in Begleitung des Prinzen Friedri nach Neu-Streliß abgereist.

Hamburg, 23. Januar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung der Bürgerschaft wurde der Antrag des Senats auf Genehmigung des Vertrages, betreffend den Uebergang der im Hamburgischen Gebiete belegenen Eisenbahnstrecken in das Eigenthum oder den Betrieb und die Verwaltung Preußens an einen Auss{huß von 11 Mitgliedern veiwiesen. Dieser Auss{uß wurde troß mehrfachen Widerspruchs sofort gewählt und stellte den Antrag, dem Senate wegen seiner Haltung in Sachen des spanischen Handelsvertrages und der Spritklausel ein Tadelsvotum zu ertheilen. Dieser Antrag wurde \{ließ- lih mit 75 gegen 53 Stimmen abgelehnt.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 23. Fanuar. (W. T. B.) Gegenüber der Meldung eines auswärtigen Blattes über eine angeblih stattgehabte Kommissionssizung des Landesausshusses bezügli*G der Tabackmanufaktur bemerkt die „Elsaß-Lothringische Zeitung“, daß eine solche Kommissionssißung bisher niht nur nicht stattgefunden habe, sondern daß für dieselbe überhaupt noch nit einmal ein Termin anberaumt sei.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 22. Januar. (Prag. Ztg.) Der ungarische Minister-Präsident Tisza ist hier eingetroffen und wurde um zehn Uhr Vormittags vom Kaiser in einer Audienz empfangen, welche um elf Ühr noch nicht beendet war.

24. Januar. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Presse“ hat das Erxekutivcomité der Rechten eine motivirte Tagesordnung betreffs der Sprachendebatte entworfen, welche die autonomistishen Klubs angenommen haben. Fn den Motiven wird ausgesprochen, daß der Reichsrath zur Fixirung eines für die Königreiche und Länder gültigen Sprachengeseßes niht kompetent sei, daß die Geltung der deutshen Sprache als Verständigungsmittel für die gemeinsamen Angelegen- heiten von keiner Seite bestritten, sondern allseitig anerkannt werde, Und daß die Beibehaltung der deutshen Sprache vom Standpunkte der Reichseinheit eine Nothwendigkeit sei. :

Pes, 22. Januar. (Presse.) Der „Nemzet“ bespricht die Neise Tisza's und deutet darauf hin, daß die dies- maligen Vorträge des Minister-Präsidenten hochwichtige Entschließungen nah sich ziehen dürften, und zwar in Betreff aller jener politischen Fragen, welche derzeit das öffent- lihe Leben Ungarns beschäftigen.

Wie der „Nemzet“ ferner meldet, werde der Schluß des ungarischen Reichstages zu einer fsolhen Zeit erfolgen, daß die Neuwahlen im Monate Mai möglich seien.

(Wien. Abendpost.) Im Abgeordnetenhause überreichte der Finanz-Minister Graf Szápáry die Geseß- entwürfe über den Nachtragskredit zu den gemein- samen Ausgaben pro 1883 und über die Modifikation des Spiritussteuer-Geseßes. Beide Vorlagen wurden dem Finanzausschusse zugewiesen. Der Schlußrehnungs- Ausschuß legte einen Ausweis über die Staatsein- nahmen und Ausgaben während der Periode 1878 bis einshließlich 1882 vor, welcher in Druck gelegt und vertheilt werden wird. Es wurde zur Tagcsordnung übergegangen und die Berathung des Budgets des Handels-Ministeriums fortgeseßt. i

Agram, 22. Januar. (Prag. Ztg.) Heute Vormittags fand eine Konferenz über das Grenzbudget unter dem Vorsiße des Banus statt.

Frankreich. Paris, 22. Januar. (Köln. Ztg.) Jn den Bureaux der Deputirtenkammer wurde heute der Aus- schuß für den Laisantschen Geseßentwurf, betreffend unentgeltlihe Zurückgabe der auf dem Leihhause verseßten Gegenstände von geringem Werthe, gewählt. Neun Auss{huß- mitglieder sind gegen und nur zwei für die Maßregel. Die Gegner machten geltend, die unentgeltlißhe Zurückgabe der Pfänder käme den Bedürstigsten nicht zu Gute und würde für ganz Frankreih auf 18 Millionen zu stehen kommen.

283, Januar. (W. T. B.) Wie der „Temps“ meldet, verweigerten 26 Konstabler auf dem Posten „Bonne nou- velle“ gestern den Dienst, entschlossen sich aber in Folge der energischen Haltung des Offiziers zu weiterer Dienstübung; auf anderen Posten stellten einige wenige Konstabler den Dienst gänzlih ein. Das Journal „Paris“ veröffentlicht ein Telegramm aus Hongkong, vom 22. d. M. wonach die Operationen gegen Bacninh bis zur Ankunft von Ver- stärkungen, wahrscheinlih bis zum Anfang März, verschoben seien. Nachrichten aus Madagaskar vom 27. Dezember v. «3. zufolge, war der Gesundheitszustand der französischen Truppen befriedigend. Die Garnison von Tamatave machte mehrere Ausfälle. Ueber das Schicksal der madagassischen Gelandten war daselbst Nichts bekannt. Jn der Nacht vom 13, November machten 500 Howas einen Angriff auf Majunga, um sich der Person der Königin zu bemächtigen, mußten sich aber mit Verlust von 60 Todten zurückziehen.

Spanien. Madrid, 23. Januar. (W. T. B.) Jn dem Palais des Königs fand heute eine größere Festlichkeit statt, an welcher das gesammte diplomatishe Corps und alle Fraktionen der monarchistishen Partei theilnahmen.

Îtalien, Rom, 23. Januar. (W. T. B.) Jn der Kammer der Deputirten wurde die «Interpellation Bernini in Betreff der Fischerei an den adriatishen Küsten und der Ermordung eines Fischers aus Chioggia in Spalato verlesen. Der Minister des Aeußern Mancini bemerkte, die Verhand- lungen mit Desterreih:Ungarn wegen der Fischerei chwebten noch; er werde dieselben beschleunigen und das Resultat mit- theilen. Anläßlih der Mordangelegenheit habe er den italie- nishen Konsularagenten in Spalato sogleich vom Amte suspendirt, in Folge der widersprehenden Berichte aber einen Funktionär behufs Einziehung genauer Jnformationen und Berichterstattung dorthin entsendet. Auf Antrag des Jnter- pellanten wurde die Begründung der Jnterpellation auf den 2. Februar angeseßt. _

Die Kommission für den Baccarini'schen Geseß- entwurf über die Eisenbahnen, welche seit dem Nück- tritt Baccarini's nicht mehr zusammenberufen worden war, wird am Montag zusammentreten, um Mittheilungen der Regierung entgegenzunehmen.

Serbien. Belgrad, 21. Januar. (Prag. Ztg.) Der Alexinaßtzer Kreis, dessen zwei Bezirke bekanntlich an dent jüngsten Aufstande theilgenommen hatten, hat eine aus 115 Mitgliedern bestehende Deputation an den König ent-

sendet, um der Reue über das Geschehene sowie der Versiche- rung Ausdruck zu geben, daß die Bevölkerung des genannten Kreises, durch die Vergangenheit belehrt, in an den Weg der Loyalität und der Legalität nicht verlassen wird.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 24. Ja- nuar. (W. T. B.) Der neue italienishe Botschafter Graf Greppi ist gestern Abend hier eingetroffen. l

Fn dem Befinden des Grafen Loris-Melikoff is eine Besserung eingetreten. Nach aus Baku hierher ge- langten Zeitungsmeldungen haben die Perser zerstreute Merwsche Turkmenenhorden, welche einen Angriff auf Mesched unternommen hatten, zurückgeworfen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 20. Ja- nuar. (H. Corr.) Zur Weihnachtszeit ist in Stockholm ein mit dem Poststewp-l der norwegishen Stadt Drammen ver- sehener Drohbr# - an den König angelangt, in welchem von einem währ? seiner Anwesenheit in Christiania auf ihn auszuführende/““Attentat die Rede ist. Sorgfältige Nach- forshungen haben;„z ¿e verlautet, jeßt ergeben, daß der Brief- schreiber (das Schra n war mit drei Buchstaben unterzeichnet) in der Person eines ‘kürzlich aus Amerika zurückgekehrten, in Eker wohnhaften Schusters zu suchen ist. Man hat denselben bereits in Sicherheit gebracht.

Amerika. Washington, 21. Januar. (A. C.) Der Budgetaus\cchuß hat beschlossen eine Bill einzubringen, welche die Ermächtigung enthalten soll, aus öffentlichen Mitteln ein Schiff zur Aufsuhung der Greely-Nordpol- expedition auszurüsten. :

R S VU R R P A T E S R F I A I E I S R I V T EIIE I T I E

Afrika. Egypten. Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Kairo unterm 21. d. gemeldet: General Gordon wird sihch gleih nach seiner Ankunft in Egypten mit Sir Evelyn Baring ins Einvernehmen seßen, von dem er weitere Fnstruktionen empfangen wird. Fn “diplomatischen Kreisen glaubt man in der Mission des Generals ein Anzeichen zu erblicken, daß die britishe Regierung die Verantwortlichkeit für die Pazifizirung des Sudans übernommen habe.

(W. T. B.) Wie sih das „Reutershe Bureau“ aus Antananarivo melden läßt, fand die Krönung der neuen Königin von Madagaskar am 22. November v. J. statt. Die Königin und ihr erster Minister sollen feierli erklärt haben, daß sie den Franzosen keine Handbreit madagassischen Landes abtreten würden.

Zeitungsstimmen.

Der „Reichsbote“ bringt Artikel über die Lage unserer Landwirthschaft und die Konsequenzen der nordameri- kanischen Konkurrenz. Jn einem dieser Artikel heißt es:

. ._. Die westlichen Partien der Union sind riesige Getreide- magazine geworden, Minnesota, Iowa, Dacota und das obere Missi- sippi-Thal bilden heute ein Produktionsterritorium von 1300 km Länge, 100 km Breite mit 12090 Millionen Morgen an scchiffbaren Flüssen, Seen, Kanälen und Eisenbahnen gelegen, ein Weizen- und Maisfeld, welches sech8mal fo groß ist als ganz Deutschland.

Wenn der Produzent fein Getreide niht auf dem billigsten und natürlichsten Wege, der Wasserstraße, zu befördern vermag, stellt er es auf die nächstbeliébige Bahnstation, wo dasselbe fortirt in die Cisenbahnmagazine eingelagert wird. Der Produzent erhält hiecüber einen Empfangsscein, auf welchem Quantität und Qualität des ein- gelagerten Getreides genau verzeicnet sind, und diesen Schein kann er gleich einer Banknote sofort in den Verkehr bringen, da derselbe für den entsprehenden Werth gleich einem Baarbetrage genommen und gegeben wird. Die gleihen Quantitäten werden sodann in den Ma- gazinen oder Elevatoren zusammengeshüttet und ohne jede Weit- läufigkeit mittels der Bahnen nach den Meereshäfen zu den den Export vermittelnden Schiffen gebracht.

Im Jahre 1871 waren in der Union acht Millionen Hektar mit Weizen bebaut, im Jahre 1880 bereits nahe an 18 Millionen Hektar, daher mebr als die doppelte Fläche. Im Jahre 1850 wurden 27 Mil- lionen Meter-Centner Weizen, 150 Millionen Meter-Centner Mais, im Jahre 1881 hingegen 109 Millionen Meter-Centner Weizen und von Mais 357 Millionen Meter-Centner geerntet. Die Progressiv- steigerung beträgt demnach seit drei Dezennien bei Weizen 380 9/0, bei Mais 1609/0. Der Export betrug im Jahre 1850 blos 217 000 Meter-Centner Weizen und 1 681 000 Meter-Centner Mais, im Jahre 1881 hingegen 40 800 000 Meter-Centner Weizen und 33 700 000 Meter-Centner Mais, was während der dreißig Jahre einer Steigerung beim Weizen um 19 152 9/6, bei Mais nur 1385 9% gleihkommt,

Bezüglich des Mehlexports z. B. nahm Ungarn bis zu den leßten Jahren die dominirende Stellung ein. Jeßt ist es bereits bedeutend von -Amerika überholt, welches letztere heute um 400 9/9 mehr Mehl nach England exportirt als vor drei Jahren. Während Ungarn im Jahre 1879 865 000 Meter-Eentner Mehl nah England exportirte, sank dieses Quantum {bon im Jahre 1880 auf 725 000 Meter- Centner, wogegen in England in demselben Jahre 3715000 Meter-Centner Mehle aus Amerika importirt wurden.

Dieselbe Tendenz läßt sich auch beim Vieh-Export wahrneb men. Der Erport von Hornvieh, Schweinen, Pferden und Maulthieren 2c. betrug im Jahre 1875 aus der Union einen Werth von etwa 10 Millionen Mark, im Jahre 1880 {on 64 Millionen. Der Export lebender Thiere hat während 6 Jahren um mehr als 500 % zuge- nommen. Wenn wir hierzu noch die Ausfuhr frischen Fleisches und des Schweinefettes rechnen wollten! England allein bezieht jährlich um etwa 200 Millionen Mark Schweinefleish, Speck und Schinken.

Der Butter-Export Nordamerikas ist in dem Zeitraume vom Jahre 1856 bis 1880 von 13009 Meter-Centnern auf 178 000 Meter-Center gestiegen, die Ausfuhr von Käse von 76 Millionen auf 115 Millionen Mark. Wie steht es nun gar mit dem Obste! Im Jahre 1876 waren in Nordamerika 1 100000 ha Grund mit Obst- bäumen bepflanzt, die 55 Millionen Mark Ertrag brachten. Seitdem ist diese Summe verdoppelt worden, und geht dies auch ferner in dieser Weise fort, so sind wir nicht mehr weit von einer Zeit ent- fernt, in welcher in Berlin die feinsten amerikanischen Obstsorten vielleicht billiger zu baLen sein werden, als die im Inlande pro- duzirten. Im Jahre 1880 wurden aus der Union 2000000 Fässer E E exportirt, die Aepfel kosteten in New-York 60—70 Cents per Faß.

Die hauptsächlihsten uud werthvollsten Produkte unserer Land- wirths{aft werden also von der Konkurrenz Nordamerikas bedroht unsere Landwirthe leiden ernstlich unter den Konsequenzen derselben. wir müssen demnach alle Anstrengungen machen, um durch Ver- besserung des Wirthschaftsbetriebes, intensive Ausnußung des Boden- reihthums, insbesondere durch verbesserte Kultur und rationellcre Viehzucht, und soweit es auf diesem Wege niht möglich ist, dur Schutzöllc dieser gefährlichen Konkurrenz zu begegnen. Je eher dies dees, um so besser; denn sonst {allt uns der Ruf: „zu spät!“ entgegen.

Wir dürfen nicht vergessen, daß der Ackerbau die nährende Mutter aller anderen Industriezweige ist ; und daß wir Deutsche insbesondere, mit verhältnißmäßig nit allzu bedeutender Seegrenze, den Ackerbau stets als die erste und hauptsählichste Nahrungsquelle betrachten, und ihn daher mit allen Mitteln uns erhalten müssen.

Eine Nation, wte die deutsche, darf sich in den wichtigsten Lebens- fragen nicht abhängig machen von dem Auslande. Das kann viel-

leiht ein Inselreich wie England wagen, aber Deutschland darf es nit risfiren, daß €s für seinen Bedarf an Brodfrucht auf Amerika und Rußland angewiesen ist, und die inländische Landwirthschaft auf den Bau von Handelsgewächsen und auf Viehzucht beschränkt wird. Das fönnte in Kriegszeiten für Deutschland verbhängnißvoll werden. Ueberdies ift zu bedenken, daß der amerikanische Erport, wenn die Aera des Raubbaues vorüber ist und die Bevölkerung in Amerika zugenommen hat, abnehmen wird. Schon deshalb dürfen wir uns nicht mit unserer Ernährung auf Amerika verlassen. Wir müssen vielmehr unsere deutshe Landwirthschaft blühend erhalten, damit sie selbs möglichs im Stande ist, die Bedürfnisse der Nation an den nothwendigsten Nahrungsmtteln, wie Brod und Fleisch, zu produziren.

Jn dem „Anhaltishen Staats - Anzeiger“ lesen wir :

Die außerordentlihe Bitterkeit, mit welcher ein Theil der libe- ralen Presse die Steuerdebatte im Abgeordnetenhause bespricht, erklärt fih theils aus der wachsenden Einsicht, daß aller noch vorhandenen Schwierigkeiten und Hindernisse ungeachtet eine Umgestaltung der preußiscea Steuerverfafsung im antikapitalistisben Sinne auf die Dauer nit verhindert werden kann; theils wurzelt sie in dem Ver- druß über die eigene Partei. Monate lang haben diese Blätter nichts gethan als die Mitheranziehung des Grundbesißzes zur Steuerreform zu fordern und müssen nun erleben, daß diese Haupt- und Kardinal- frage von den liberalen Rednern gänzlih ignorirt wird.

_— In einer Besprehung der Grundzüge zum Unfall- versicherungs8geseß sagt die „Süddeutsche Presse“:

„Die obligate fortschrittliße Dithyrambe vom „freien Mann“ und dergleichen in der Kritik der amtlihen Motivirung des Entwurfs vielfah betretene Gemeinpläße fann man nah der sonft einhellig der Regierung gewordenen Anerkennung übergehen. Daß der vor- gelegte Entwurf vielfacher Verbesserungen, Ergänzungen, selbst vielleicht Erweiterungen bedürftig ist, soll nicht in Abrede gestellt werden. Aber das leitende Prinzip der vorgesblagenen Organisation verdient nicht dies angedeutete abfällige Urtheil. Im Allgemeinen wiederholen wic : Die Unfallversicherung is nicht wie die Unterstütung in Krankheits- fällen eine Wohlthat, durch welche die Gesetzgebung die Arbeiter be- vorzugt, die Vorlage is nur die Erfüllung einer Forderung der Ge- rechtigkeit, welche sich aus dem Wesen der modernen Industrie ergiebt, weil diese nicht die Kraft und Geschicklichkeit des Arbeiters allein benußt wie das Handwerk, sondern noch elementare Kräfte und todte Maschinen anwendet, denen sie die Kraft des Arbciters willen- los und unter Umständen bhülflos unterwirft und durch dieselben die Produktionskosten vermindert,“

Statistische Nachrichten.

__ Aus dem \chon früher hier angezogenen „Jahrbuch für Bremische Statistik“ (Jahrgang 1882 11. Heft) entnehmen wir folgende weitere Daten: Das pflanzentragende Areal des Staats- gebictes Bremen betrug im Mai 1882 überhaupt 22 110 ha, davon waren Acker- und Gemüseland 6643 ha, Wiesen 9737 ha, Weiden 9901 ha, Holzung und Busch 228,75 ha, Die bei der Landwirth- schaft beschäftigten Pcrsonen find bei den Volkszählungen 1875 und 1880 erkundet worden; und zwar ergaben sich in ersterem Jahre über- haupt 4776 Personen, in leßterem 5414 Personen. Landwirthe, welche die Landwirthschaft als Hauptgewerbe betreiben, waren 1875 1104 und 1880 1219 vorhanden; als Nebengewerbe wurde die Landwirthschaft 1875 in 146, 1880 in 293 Fällen betrieben. Es wurden im bremishen Staatsgebiete geerntet 1882 6752 Ctr. Winterweizen (1881 3095, 1880 7279, 1879 8410 Ctr.) oder per Hektar 35,8 Ctr. (1881 22,5, 1880 28,6, 1879 322 Ctr.); 1131 Ctr. Sommerweizen (1881 708, 1880 724, 1879 726 Ctr.) oder per Hektar 29,0 (ier 18,4, 1880 21,9, 1879 21,9 Ctr.); Sommergerste 12 220 Ctr. (1881 11131, 1880 9625, 1879 9350 Ctr.) oder per Hektar 26,9 (1881 20,6, 1880 23,6, 1879 23,1 Ctr.); Hafer 56 909 Ctr. (1881 38 820, 1880 40830, 1879 36 473 Ctr.) oder per Hektar 32,0 (1881 20,4, 1880 26,3, 1879 23,9 Ctr.); Erbsen 2415 Ctr. (1881 2074, 1880 2675, 1879 2618 Ctr.) oder per Hektar 24,4 (1881 20,3, 1880 26,0, 1879 24,7 Ctr.); Speisebohnen 2489 Ctr. (1881 2198, 1880 2897, 1879 2223 Cl): Abo 3120 (1881 92689 1880 9087, 1809 8 C) e v Gillar S (1881. 19/8, 1880. 299. 1809 977 Gtr); Kartofieln 184 276 Ctr. (1881 239 301, 1880 124 342, 1879 109 598 Ctr.) oder per Hektar 203,9 (1881 266,3, 1880 136,0 1879 121,6 Ctr.), krank waren per Hektar 1882 15,1, 1881 3,9, 1880 30,0, 1879 37,4 Ctr.; Futterrüben 36 322 Ctr. (1881 29 527, 1880 34 307, 1879 28 513 Ctr.) oder per Hektar 457,6 (1881 372,4, 1880 448,5, 1879 371,7 Ctr.); Möhren 39 244 Ctr. (1881 23 930, 1880 33938, 1879 23-122. Ctr.) - oder ver Hektar 273,7 (1881 1706, 1880 2470, 1879 170,4 Ctr.) 2c. Was die Viehzuht und Viehhaltung anbe- trifft, so wurden im Bremishen Staatsgebiet ermittelt 1880 4634 Pferde (1867 4032), Rindvieh 1880 im Ganzen 15 247 Stck. (1867 13 635), Schafe 585 (1867 1884), Schweine 7464 (1867 5999), Ziegen 4313 (1867 3111); Geflügel (ohne Tauben) 55 072 (1867 36 360), Bienenstêckle 336 (1867 379). Ueber die induslriellen Verhälnisse giebt das Werk eingehende statistische Daten zunächst in Bezug auf die produzirenden Kräfte. Nach den Erhebungen für Zwecke der Industriestatistik, welche gleichzeitig mit der Volks- und Gebäudezählung am 1. Dezember 1875 vorgenommen wurden, belief sih im bremishen Staatsgebiete die Zahl der in- dustriellen Betriebe auf 8581, die Zahl der Arbeitgeber auf 8675, der Arbeitnehmer auf 15 079. Es entfallen auf die Industrie der Steine und Erden 64 Betriebe mit 67 Arbeitgebern und 243 Arbeit- nehmern; auf die Industrie der Metalle 427 Betriebe mit 437 Ar- beitgebern und 1169 Arbeitnehmern ; auf die Industrie der Maschinen, Werkzeuge, Instrumente 2c. 159 Betriebe mit 162 Arbeitgebern und 1529 Arbeitnehmern; auf die chemische Industrie 14 Betriebe mit 13 Arbeitgebern und 121 Arbeitnehmern; auf die Jadustrie der Heiz- und Leuchtstoffe 2c. 10 Betriebe mit 12 Arbeitgebern und 317 Arbeit- nehmern ; auf die Textilindustrie 177 Betriebe mit 182 Arbeitgebern und 235 Arbeitnehmern; auf die Papter-, Leder- 2c. Jun- dustrie 229 Betriebe mit 230 Arbeitgebern und 341 Arbeitnehmern ; auf die Industrie der Holz- und Schnißstoffe 827 Betriebe mit 839 Arbeitgebern und 1490 Arbeitnehmern; auf die Industrie der Nah- rungs- und Genußmittel 817 Betriebe mit 841 Arbeitgebern und 3017 Arbeitnehmern; auf die Industrie der Bekleidung und Reinigung 4888 Betriebe mit 4900 Arbeitgebern und 2034 Arbeitnehmern; auf die Baugewerbe 800 Betriebe mit 837 Arbcitgebern und 3094 Arbeit- nehmern; auf die polygraphishen Gewerbe 8s Betriebe mit 92 Arbeitgebern und 623 Arbeitnehmern ; auf künstlerische Betriebe für gewerbliche Zwecke 8600 Betriebe mit 8715 Arbeitgebern und 15 145 Arbeitnehmern.

In ver vergleihenden Statistik des Professor Brachelli zu Wien finden sich in seinem periodisch erscheinenden Werk, betitelt : „Die Staaten Europas*, über die Staatsshulden der euro- päischen Staaten folgende interessante Notizen: Rücksibtlich der Größe der Staatsschuld ergiebt sich folgende Reihenfolge: Frankreich am 31. Dezember 1881, approximativ 9 200 000 000 Gulden ö. W,, Großbritannien und Irland (31. März 1883) 7 563 765 190 G., Rußland (1. Oktober 1882) 5 530 000 000 G. , Oesterreih-Ungarn 4 724565 074 G. Davon ist gemeinsam s{webende Schuld (30. Juni 1883) 333 146 609 G.; Oesterreich: allgemeine Staatsschuld (30. Juni 1883) 2773089378 G., spezielle Staatsschuld (30. Junt 1883) 1883) 500181042 G.; ungarishe Länder (Ende 1881) 11181480415 G Es folgt Jtalien (31. Dezember 1881) mit 4185512979 G.; Spanien (1. September 1881) mit 3 845 501 248 G.

Die Gesammt - Staatsschulden des Deutschen Reichs beiragen 2915135787 G. ; davon en!fallen auf die Meichs- \{chuld (31, März 1881) 231814750 G. Ferner auf Preußen 2182560 G, = “Anhalt (80, ‘Juni 188) ‘1029840715 G. (und zwar am 1. Januar 1883). Bayern (am 31. Dez.

1881) 670539065 G. Sawsen (1. Jan. 1882) 336722738 G. Württemberg (1. April 1883) 211 965 854 G. Baden (1. Jan. 1882) 185 787 724 G. Hamburg (1. Jan. 1881) 69945975 G. Braunsweig (1. Jan. 1882) 41215592 G. Bremen (1. Jan. 1883) 40902600 G Oldenburg (31. Dez. 1882) 19192222 G. Hessen 16253 662 G. Hieran \{ließt \sich Lübeck (am 1. Ian. 1882) mit 11413310 G. Mecklenburg-Schwerin (31. Juli 1881) 10938550 G. Elsaß-Lothringen (1. Jan. 1882) 9819992 G. Sachsen - Meiningen (1. Jan. 1882) mit 6269483 G. Sasen- Coburg-Gotha (am 1. Juli 1882) mit 5763899 G. Sawsen- Weimar-Eisenach (1. Jan. 1882) mit 3314583 G. Mecklen- burg-Strelit (ges{äßt) 3 000 000G. Schwarzburg-Rudolstadt (am 1. Jan. 1883) mit 2 159 2588 G. Schwarzburg-Sondershausen (1. Jan. 1882) 1 716 558 G. Waldeck (am 1. Mai 1883) mit 813 000 G. Reuß jüngerer Linie (1. Mai 1882) mit 648 903 Gulden. Sabsen- Altenburg (1. Jan. 1882) 628927 G. Lippe (1. Jan. 1882) 586 873 G. Reuß älterer Linie (1. Jan. 1882) 495 854 Gulden. Dem Deutschen Reich zunächst steht sodann die Türkei, deren Ge- sammt-Staats\schulden sich approxrimativ auf 1 400 000 000 G. be- laufen, Portugal folgt (am 1. Jan. 1882) mit 975 120 000 G.,, dann die Niederlande (1. Jan. 1882) mit 800112 183 G. Belgien (am 1, Jan. 1882) mit 580931 176 G. Rumänien (1. April 1882) mit 251 885 645 G. Griechenland (Ende 1881) mit 176 546 631 Gulden. Schweiz (am 1. Jan. 1883) mit 134 83 158 G.,, es ent- fallen davon auf die Bundesschuld»14 583 158 G., auf die Schulten der Kantone 120000000 G. Sc{wedens Staats\culd betrug am 1. Januar 1883 132258197 G.; die von Däne- mark am 31. März 1882 114948879 G., von Norwegen (am 1. Januar 1883) 61 749 246 G. Serbien (am 1. Nov. 1883) 52 293 934 G. Finnland (am 1. Jan. 1883) 28 034296 G. Luxemburg (am 31, Dez. 1882) 6 708 000 G. Montenegro (am L Zan. 1883) 1000000 G. Litwtenstein (am 1. Nov. 1883) 113 k;

Addirt man die Staatsschulden sämmtlicher europäischer Staaten, fo ergiebt sich die Summe von 42 680735517 G.

Vergleiht man den Betrag der Staatsschuld mit der Bevöl- kerung, so entfallen auf 1 Einwohner Gulden Staatéschuld : Spanien 229,24, Frankrei 224,48, England 214,94, Portugal 214,28, Nie- derlande 194,48, Desterreih-Ungarn 124,71, Belgien 105,74, Griechen- land 89,19, Türkci 67,25, Deutsches Reich 64,44, Dänemark 53,38, Rußland 56,42, Schweiz 47,28, Rumänien 46,84, Norwegen 32,27, Luremburg 32,00, Serbien 30,75, Schweden 28,92, Finnland 13,60, Lichtenstein 12,48, Montenegro 4,24.

Das Deutsche Nei nimmt mithin in dieser Reihenfolge die eilfte Stelle ein.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Adreß-Kalender für die Königlichen Haupt- und Residenzstädte Berlin und Potsdam, sowie für Charlottenburg liegt in seinem Jahrgang 1884 vor. Der Jn- halt dieses werthvollen Nachshlagebuchs wie die Anordnung des Stoffes und die äußere Ausstattung haben si in keiner Beziehung wesentlih verändert.! Der Schluß der Redaktion, welcher bei früheren Jahrgängen bereits am 1. November des Vorjahres stattfand, ist diesmal bis zum 15, Dezember hinausgeshoben worden. Im Einzelnen darf daran erinnert werden, daß man in diesem Adreßkalender verläßliche Nachrichten findet über das Königlibe Haus, das Fürstlihe Haus Hohenzollern, das Oberst-Kämmerer-Amt und das Ministerium des Königlichen Hauses, die Mitglieder der Ritter-Orden, die Obersten Reichs- und Staatsbehörden und die von ihaen ressortirenden Ver- waltungen, Universität, Schulen, Gemeindeverwaltung 2c.: ferner finden si Ma e über die Korporationen, gemeinnützige An- ftalten, Aerzte u. v. A.

Das im Kommissionsverlage von Ernst Töche hierselb\t er- sckcienene „Deutsche Bauhandbuch“ ist mit der soeben erfolgten Ausgabe der 7. (Schluß-) Lieferung becndet worden. Der vollständige Titel des Werks lautet: „Deutsches Bauhandbuch, cine \ystematische Zusammenstellung der Resultate der Bauwissenschaft mit allen Hülfs- wissenschaften in ihrer Anwendung auf das Entwerfen und die Aus- r R der Bauten, veranstaltet von den Herausgebern der „Deut- chen Bauzeitung“ und des Deutschen Baukalenders." Der vorliegende Scblußband bildet den zweiten Theil des Il. Bandes: „,Baukunde des Architekten“. An diesem Werk haben eine Reihe der namhafte- sten Fachmänner mitgewirkt, und namentlih der zweite Theil bildet mit der Neichhaltigkeit des auf kleinem Raum in gedrängter, präziser Darstellung und instruktiver Ausstattung durch niht weniger als 1842 Holzschnitt-Jllustrationen den würdigsten Abschluß. Der gesammte in dem 2. Theil des „Bauhandbucbs des Arcitekten“ behandelte Stoff zersällt in folgende Abschnitte: Landwirthschaftliche Bauten und ländlihe Wohngebäude, \tädtische Wohngebäude (Wohn- häuser versbiedener Gattung, Arbeiterhäuser und -Herbergen), Kultus- Anlagen (Kirchen, Friedhöfe, Syna1ogen), Gebäude für Unter- rihts- und Erziehung8zwecke (Unterrichts - Anstalten, Erziehungs- Anstalten, Schullehrer - Seminare, Kasernen), Gebäude für

eil- und Pflegezwecke (Krankenhäuser, Militär - Lazarethe, Irren - Anstalten, Alter - Versorgungs - Anstalten, Asyle), Ge- fängnisse und Arbeitshäuser, Gebäude für öffentlidbe Behörden Gerichtsgebäude, Verwaltungsgebäude), Gebäude für Öffentliche

ammlungen (Museen, Bibliotheken, Archive, Ausstellungsbauten), Gebäude für öffentlihe Vorstellungen (Theater, Corcertsäle, Circus- gebäude, Panoramen), Saalbauten, Vereinshäuser und verwandte Anlagen, Gasthäufer (Hotels, Restaurationen und Kaffechäuser), öffentlihe Badeanstalten, Gewächshäuscr, Gebäude für den Geldverkehr (Börsen, Banken), Lagerhäuser oder Speicher, Markthallen, öffentliche Viehmärkte und Schlachthäuser, Kaufläden und Geschäftshäuser, Künst- lerwerkstätten(Maler- und Bildhauer- Ateliers. Photographische Ateliers). Jeder Abschnitt ist mit Grundrissen, Querschnitten und Ansichten muster- gültiger Bauten aufs Reichste illustrirt, welhe zu der im Tert gegebenen sorgfältigen Beschreibung die willkommenste Beigabe bilden. —- Das „Deutsche Bauhandbuh“, das nunmehr vollständig vorliegt, besteht aus folgenden Abtheilungen die so weit noch vorräthig einzeln zu beziehen sind: „Tabellen und On zur Bau- kunde des Architekten und Ingenieurs“ (erster Band des Deutschen Bauhandbuch8, mit 450 Holzschnitten, vergriffen, neue Auflage in Vorbereitung); „Baukunde des Architekten“, erster Theil (zweiter Band des Deutschen Bauhandbuchs, mit 1600 Holzschnitten, Preis 10 Æ, eleg. geb. 11,50 (); „Baukunde des Architekten“, zweiter Theil, 1. Hälfte (zweiter Band des Deutschen Bauhandbuchs, mit 500 Holzschnitten, Preis 7 6); „Baukunde der Arcbitekten“, zweiter Theil, 2. Hälfte (zweiter Band des Deutschen Bauhandbuchs, mit 1280 Holzschnitten, Preis 15 A), (1. und 2. Hälfte zusammen 22 M, eleg. geb. 23,50 M); „Baukunde des Ingenieurs“ (dritter Band des Deutschen Bauhandbuws, mit 1600 Holzschnitten, Preis 12 4, eleg.

geb, 13,50 M). Gewerbe und Handel.

Nach den amtlichen Mittheilungen aus den Jahres- berichten der mit Beaufsichtigung der Fabriken be- trauten Beamten 1882 (Berlin, Fr. Kortkampf) is im König- reich Bayern in den Regierungsbezirken Ober- und Nieder-Bayern, Schwaben und Neuburg im Jahre 1882 wieder eine Neihe ansehn- [icher Gewerbeanlagen neu entstanden, erweitert oder nach längerem Stillstand wieder in Betrieb geseßt worden. Die Lage der Industrie hat sih niht wesentlich geändert. Die neue Marmorindustrie in Kiefersfeldern beschäftigt {on ggen 50 Arbeiter und \cheint zu blühen. Dagegen haben die Cementfabriken einen {limmen Stoß erlitten

durch den von Oesterreih seit dem 1. Juni auf Cement gelegten

hohen Eingangszoll von 1 4 für 100 kg. Unter den Ziegeleien und Thonwaarenfabriken erfreuten sih wohl nur einzelne eines guten Geschäftes. Dasselbe gilt im Allgemeinen von den Glasfabriken. Es fehlt diesen zwar niht an Aufträgen, aber noch mehr als im Vor- jahre an lohnenden Preisen. Eine erwähnenswerthe Ausnahme macht unter anderen die Glasfabrik in Schliersee, welhe mit ihrer sehr interessanten Spezialität (farbigen, sogenannten Kathedral- gläsern für Glasmalerei) große Erfolge hat. Der im Vor- jahr eingetretene Aufschwung im Maschinenbau sowie in der Texrtil-

Industrie sbeint von Dauer zu sein. Mehrere einshlägige Anlagen haben ihre Arbeitskräfte vermehrt, zum Theil auch die Einrichtung vergrößert. Die größte Regsamkeit ist aber auf dem Gebiete der Papier- Industrie zu bemerken, besonders bei der Fabrikation von Surro- gaten, was nicht nur durch die Ecrichtung von Holzstoff- und Cellu- losefabriken, und durch die fortwährenden Verbesserungen und Ecwei- terungen älterer Anlagen bestätigt wird, sondern auh durch die mehr- fa zu Tage getretene, auf noch bedeutendere Gegenstände gerichtete Unternehmungsl[uft. Die Zahl der in diesem Bezirk beschäftigten jugendlichen Arbeiter beträgt ctwa 450. An Unfällen kamen 846 zur Anzeige, davon 101 bei landwirtbschaftlichen Maschinen. „In Bezug auf die Versicherung gegen Unfälle ist zu erwähnen, daß Klagen über das Verhalten der Versicherungs - Gesellschaften viel bâäufiger find, als anerkennende Aeußerungen. Jn einigen Fällen hat man die Versicherung nach dem ersten Unfall wieder aufgegeben.“

In den Regierungsbezirken Oberpfalz und Regensburg, Ober-, Mittel- und Unterfranken und Aschaffenburg waren in 830 Fabriken 40 156 Arbeiter beschäftigt, darunter 1289 männliche und 885 weiblihe von 14—16 Jahren und 73 männliche und 50 weiblihe von 12—14 Jahren. Die Zahl der Letzteren hat erheblich abgenommen. Im Jahre 1882 stellten 10 Fabriken ihren Betrieb ein, wogegen 16 neu entstanden. -

___ Im Regierungsbezirk Mittelfranken is von besonderer Bedeutung die Bleistift-, Spiel- und Metallwaaren-Fabrikation, die Spiegel- Fabrikation, die Fabrikation echter und leonisher Gold- und Silber- drähte, die Fabrikation von Blattmetall und Bronzefarben, endlich als ganz spezielle und für das graphishe Gewerbe aller Welttheile bedeutende Industrie: die Gewiziung des lithogcaphiswen Schiefers. Im Regierungsbezirk Ober-Franken if vor allem die Textilindustrie und nach ihr die Porzellan-Fabrikation entwickelt, während eine ganz spezielle, in Bayern font nicht mehr vorhandene Industrie die Glaëperlen - Fabrikation bildet; in Unter- Franken nimmt die Buntpapier- und Farbenfabrikaktion, in der

ber-Pfalz die Glasfabrikation und Glasscleiferei eine bedeutendere Stellung ein. „Die wirthschaftlihe Lage sämmtlicher Betriebszweige war im abgelaufenen Jahre im Allgemeinen eine befricdigende, der Absatz ein reger, die Produktion zum Tkeil der Nachfrage nit ge- nügend; nur cinzelne Jndustriezweige, deren unten weitere Erwähnung gesehen wird, machten eine weniger günstige Ausnahme. QDagegen war die Klage nah sehr geschmälertem Geschäftsgewinn noch die alte und allgemeine, und es f\teht damit im engen Zusammen- hange das allenthalben hervortretende Streben nach Er- weiterung der Produkticn, um, soweit der Absay gesichert ist, auf diese Weise Ersatz für den Entgang am Geschäftsgewinn zu suchen. Es konnte daher nicht ausbleiben, daßdie Gesammtarbeiter- zahl im Jahre 1882 eine Steigerung anf 40 100, gegen 37 600 im Jahre 1881, erfuhr, wobei jedoch zu bemerken ist, daß ein Theil dieser Steigerung immer noch durch Richtigstellung der früher zu niedrig angegebenen Zahlen bedingt ist. Es ist daher zweifellos im großen Ganzen ein fleincr Aufshwung in der wirth\chaftliben Lage der Indu- strie zu verzeichnen, der sich vor allem dur größere Sicherheit und Ste- tigkeit im Absay bemerklih macht “Bezüglich einzelner Hauptbetriebsarien it Folgendes zu bemerken: Die Eisenwerke klagten über \{lechte Preise, hatten aber sonst ungehinderten Absatz, das Gleiche gilt von den Porzellanfabriken; Hohl- und Tafelglashütten hatten ziemlich ungestörten Absatz zu \{lechten Preisen, die Spiegelfabrikation erfreute sich fast das ganze Jahr hindurch eines lebhaften Geschäfts, und es belief sich die Ausfuhr in diefem Gewerbe nah Amerika auf nahezu 5 Mill. Mark Die Blattmectall- und Bronzefarben-Fabriken erzielten fast das ganze Jahr hindurch genügenden Absaß, wenn aucb bei gedrückten Preisen; ihre Ausfuhr nah Amerika allein betrug fas 2 Millionen Mark und es macht sich namentlih hier das Streben nah fortwährender Ver- größerung der Produktion bei ftets gleichen nietrigen Verkaufspreisen bemerklich, die Fabrikation bleibt dadurch stets hart an der Grenze der Ueberproduktion. Die Fabriken leonischer und echter Gold- und Silberdrähte hatten ein flottes Ges(äft, nur in der zweiten Hälfte des Jahres wurde der Absatz in ersteren gegen Jahres\{luß fast stockœend, Die Méetall- und Spielwaarenfabriken erfreuten sich eines befriedigenden Geschäfts, die im Vorjahre bezüglih der Ausfuhr ge- hegten Befürchtungen bewahrheiteten sich bis jeßt nicht, und selbst nach Amerika betrug diese R der hohen CEingangs8zölle und der amerikanischen Konkurrenz selbst etwa 14 Millionen Mark, Die Mascbinenfabrikation und die chemische Industrie waren hinreichend beschäftigt; die Baumwolle-Spinnereien und -W.bereien waren voll beschäftigt und vergrößerten theilweise ihre Anlagen; die Appretur- Anstalten klagten in der zweiten Hälfte des Jahrcs über sehr empfindlihe Stockung, während die Wollen-Industrie sih immer noch in zum Theil fehr ungünstiger Geschäftslage befand. Die Hand- weberei hatte zum größten Theil ausreichende Beschäftigung, aller- dings unter niedrigen Löhnen, erst in der zweiten Jahreshälfte wurde theilweise geklagt, und da gleiczeitig die für die Weberdistrikte so wichtige Kartoffelernte niht besonders günstig ausfiel, sah man nicht ohne Sorge dem Winter entgegen. Die Buntpapier-, Pappe- und Holzstofffabrikation hatten guten, die Fabriken für Gold- und Silber- papier dagegen hatten zeitweise Stockung im Absatz. Der Absatz von ges{Gnittenen Hölzern war unbefriedigend, während die Fabrikation von Holz-Galanteriewaaren, Pfeifen und Möbeln sehr flott ging; Pinsel-, Bürsten- und Bleistift-Fabrikation blühten; unter den Kammfabriken hatten diejenigen für Elfenbeinkämme wegen des hohen Preises des Rohmaterials ein sehr {lechtes Geschäft: Die Korbwaarenindustrie, deren Auéfuhr niht unter 6 Millionen Mark betragen wird, war sehr blühend. In der Mühlen- und Braucerei- industrie hörte man au im abgelaufenen Jahre viele Klagen, die Zukerwaarenfabrikation stcckte bedenkliÞ, die Tabacfabrikation befand si in der alten Lage, während die Cigarrenfabrikation {ih etwas erholen zu wollen \{hien. Die den polygraphishen Gewerben zugehörigen Fabriken, namentlich die Nürnberger Kunstanstalten für Farbendruck und Abziehbilder, waren für die Ausfuhr vollauf beschäftgt,

Von 76 gemeldeten Unfällen hatten 13 den Tod zur Folge. Die Haftpflichtprozesse, bemerkt der Bericht, scheinen, namentlich in Nürnberg, in der Zunahme begriffen zu sein.

«Die Industrie der Pfalz, welhe {hon im Jahre 1881 einen regen Aufschwung genommen hatte, kann aub das Jahr 1882 als ein günstiges bezeihnen, Die emsige Thätigkeit in den meisten gewerblihen Anlagen war eine anhaltende und cs sind nur kurze Perioden zu verzeihnen, in denen hier und da über eingetretene Verminderung der Aufträge geklagt, aber meistens zugleih die Zuversicht ausgesprohen wurde, daß dies nur vorübergehend fei, eine Ansicht, die si wohl auch überall bestätigt haben dürfte. Aus der Vermehrung der Arbeiterzahl einer Reihe größerer und kleinerer Fabriken darf wohl auch gesch{lo}f}en werden, daß im Großen und Ganzen die Anzahl der in der Industrie be- schäftigten Leute, welhe {on während des Jahres 1881 gegen das Vorjahr gestiegen war, aud im Jahre 1882 eine Vermehrung er- fahren habe. Ja Bezug auf die Verkaufspreise der Fabrikate wurde zwar in vielen Fällen geklagt, daß dieselben immer noch nicht in rihtigem Einklange mit den Selbstkosten, den Preisen der Rohmaterialien und Arbeitslöhne seien, aber eine volle Zu- friedenstelung der meisten Industriellen in dieser VBe- zichung dinfte wohl schwerliÞh jemals eintreten, weil die Ansichten über das richtige Verhältniß der Verkaufspreise zu den Selbstkosten si nicht immer in bescheidenen Grenzen halten. Aus den Aeußerungen solcher Fabrikanten jedo, die einer ruhigen und objektiven Würdigung der für die Industrie nothwendigen Lebens- bedingungen zugänglich sind, ist zu folgern, daß die Mehrzahl der Industriellen auch mit dem finanziellen Ergebniß der gewerblichen Thätigkeit im Laufe des Jahres 1882 nicht unzufrieden ist.“ Dagegen ist die Leinenzwirnerei, welche noch vor wenig Jahren in 5 Fabriken mehrere hundert Arbeiter beschäftigte, in Folge der Konkurrenz Belgiens in der Pfalz ganz eingegangen. Die Zahl der jugendlihen Arbeiter betrug 2243, gegen 1923 in 1881, die der gemeldeten Unfälle (aus 221 industriellen Anlagen mit 18 303 Arbeitern, etwa 879/ der Gesammtzahl) 849 mit 6 Todesfällen, außerdem noÿ 121 Ver- leßungen ohne Arbeitsunfähigkeit. Der Bericht entbält auch fehr werthvolles Material über die Lohnverhältnisse. (Fortseßung folgt )

Die nähste Börsenversammlung zu Essen fiadet aux 28. Januar 1884 im Casino (bei C. Rothe) ftatt.

Nürnberg, 22. Januar. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Das Geschäft verlief geîtern und heute in ruhiger aber fester Haltung. Der gestrige Umsaß beziffert si auf 150, der heutige auf 209 Ballen. Wegen überhoher Forderungen der Eigner konnten, obwohl Kauflust vorhanden war, größere Umsäße nicht erreiht werden. Die Zufuhr von gestern und beute belief fich auf 700 Ballen. Die Preise find unverändert und notiren: Württemberger prima 185—190 4, mittel 170—175 Æ, Hallertauer prima 185—192 M, mittel 165— 175 #, Polen prima 185—188 #Æ, mittel 170—175 4, Elsäfser prima 175—180 Æ, mittel 166—170 Æs, Gebirgshopfen 175— 188 A, Marktwaare 160—175 4, Aishgründer 170—185 M

: Amsterdam, 23. Januar. (W. T. B.) Die heute von der niederländishen Handelsgesellschaft abgehaltene Kaffee- auftion eröffnete für Nr. 1 zu 35+ à 352, Nr. 2 354, Nr. 3 34 à 344, Nr. 4 344, Nr. 8 343, Nr. 10 344 à 342, Nr. 11 34t, Nr. 14 34} à 345, Nr. 17 35}, Nr. 21 352 Cent.

Verkehrs-Auüstalten.

Hamburg, 23. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer «e Westphalia“ der Hamburg-Amerikanishen Patcket- fahrt-Aktiengesellschaft ist gestern Abend 12j Uhr in New- York eingetroffen.

Verkin, 24. Januar 1884.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute fortgeseßten Ziehung der 4. Klasse 169. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

2 Gewinne von 6000 M auf Nr. 17 418. 36 126.

31 Gewinne von 3000 4 auf Nr. 3734. 4900. 7258. 1749. 7837. 9630, 11 897. 1277L 14630, 15746, 24766. 24 909. 25634. 26843. 27525. 36439. 43 359. 50 568. 90777. 51907. 0568455. 60723. 61526, 67808 10A 75306. 77564. 83848. 90164. 90703. 92 922.

58 Gewinne von 1500 6 auf Nr. 4776. 6632. 9268. 9620. 13835. 14087. 19760, 215604 24788 L el 991. 31217. 92467. 32836 36664 37132 S8 38 955, 39412. 39920. 40567. 42129, 42305. 42936. 43747. 43950. 44773. 44801. 49331. 49729, 52 186. 56 688, 57 827, 59845. 64841. 65945. 67 840. 68138. 69 697, 71142. 72281, 73964 14856, 779%, Mar 79145. 79600. 82060. 82513. 84307, 86 300. 87 088. 91491. 92087. 93034. 95157 93182 820;

71 Gewinne von 550 #4 auf Nr. 199. 814. 1763. 27160. 0595, 68150. 8097; 9215. 12379. 12670. 13 0B. 15 298. 15619. 16807. 18526. 19495. 19 560. 21 994. 23 723. 24028. 27 071. 27389. 28139, 30 468. 31888. 32435. 33577. 34122. 36038. 36180. 36 425. 38 674. 41815. 42686, 43383. 44770. 50546. 50 588. 51 595. 91 604. 52104. 52995. 54436. 58080. 58 202. 59 341. 59 807, 62368, 63950, 64445. 65467. 65 747. 66 092. 66 742. 67709. 68169. 68366. 71790, 71938, 75 997. 72913. 75849, 75914, 77193. 78094. 79 973. 80 757. 82 260, 82467, 86386. 92521.

Scchwerin, 20. Januar. Die „Mecklenburgishen An- zeigen“ veröffentlihen seit dem 17. d. M. im Feuilleton e Tages buh-Skizzen aus Südasien 1883“, Die als Correspondenz- zeichen den Artikeln, von denen bisher drei erschienen sind, vorgeseßzte Krone deutet {on auf einen Erlauthten Autor, als welcher der Herzog Johann Albrecht, Hoheit, dritter Sohn des hocbs\eligen Großherzogs, leiht erkennbar ist. Der jugendliche, erst 26jährige Prinz hat bekanntlich in der Zeit vom 7. November 1882 bis 25. No- vember 1883 eine große Reise nah Egypten, Indien, China und den Vereinigten Staaten gemacht. Die erste Skizze ist überschrieben : «Bon Kairo nah Colombo drei Wochen auf Ceylon,“ die zweite: „In Süd- und Centralindien“, die dritte: „Nordindien“ (Kalkutta, Darjiling). Gewandte und lebhafte Darstellungsweise, gute Beobach- tungsgabe und richtiges Urtheil über Menschen und Dinge zeigen die interessanten Berichte in niht gewöhnlihem Maße. Ein pietätvoller Akt des regierenden Großherzogs liegt in einem Allerhöchsten Reskript vor, welches, um das Andenken des hochseligen Großherzogs zu ehren, in Betreff des Tages der alljährliben U niversitätsfeier an Rektor und Concilium der Landesuniversität Rosto ck ergangen ist. Jn dem Erlaß wird be- stimmt, daß die bisher am 28. Februar, dem Geburtstage des in Gott ruhenden Landesherren, alljährlih gehaltene akademische Feier für alle Zukunft an diesem Tage stattfinden soll. Im Rückblick auf die hohen Verdienste, welhe sich der verewigte Kanzler der Hocbschule um dieselbe dadurch ecworben habe heißt es in dem Reskript daß er während feiner langjährigen Regierung die Interessen derselben mit stets gleiher Huld und Liebe gepflegt und niht nur für die Er- haltung der Universität, sondern au für ihre Erweiterung und zeit- gemäße Fortentwickelung dur eine dem fortgeschrittenen Stande der Wissenschaften entsprechende Vermehrung der Lehrstühle, dur die Er- richtung neuer akademischer Institute und dur umfassende Bauten gesorgt habe, ershcine es angemessen, daß im Lben der Universität die Erinnerung an deren Allerdur{lauchtigst.n Kanzler, der vermöge der Bedeutsamkeit scines Wirkens einem zweiten Stifter gleihzu- stellen sei, in der angegebenen Art zu dauerndem Ausdruck gebracht werde. Neu fkreirt wurden vom Großherzog Friedrih Franz IÏ. (1842—1883) die Professuren der Physik, der Mineralogie, der Archäologie, der orientalishen Sprachen, der Zoologie und vergleihenden Anatomie, dcr Materia medica und Phar- makognosie, der deutshen Literatur und Literaturgeschichte. Auch sind für klassishe Philologie und Botanik zweite ordent- liche Lehrstühle geschaffen. Nicht minder verdient die Erbauung des prächtigen 1870 eingeweihten neuen Universitäts zebäudes fowie die Herstellung von Gebäuden für die medizinishen Institute (ein anatomisches, physiologishes und pathologishes sowie ein solches für Physik und pkysiologishe Chemie nebst ciner chirurgischen und ophthalmiatrischen Klinik und einer Entbindungsanstalt) Erwähnung. Alle diese Neushöpfungen wurden verständnißvoll gefördert von dem früheren und dem jeßigen Unterrich18-Minister (Dr. von Schroeter und Dr. Buchka) bez. von dem früheren und dem derzeitigen Kurator der Hochschule (Dr. von Both und Dr. von Liebeherr).

Eisenach, 24. Januar. (W. T. B) In dem benachbarten Städtchen Kreuzburg ist in der vorigen Nacht Feuer ausgebrochen, dur das 80 Gebäude mit Nebengebäuden zerstört worden sind. Der Schaden ist beträchtlich.

Konstantinopel, 23. Januar. (W. T. B.) In Folge seit vierzehn Tagen kontinuirlich sich wiederholender Erdstöße in Kaladjik (Provinz Kostambul) sind daselbst einige Minarets ein- gestürzt. Menschen sind dabei niht ums Lben gekommen.

Wallner-Theater. In der Novität, die am nächsten Sonn- abend zum erften Male in Scene gehen soll, in dem Schwank „Papa's Flitterwochen“, sind hervorragend beschäftigt die Damen Carlsen, Meyer, Hiller, Odilon, Düring, Falkenhagen und die Herren Thomas, Kurz, Alexander, Blencke, Gallewski.