1884 / 23 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

E nir C A E E B A

wirken.

Vorschrift entgegen einseitig getroffenen Verfügungen sind rechtsungültig. 8. 10

Bis zu einer anderweiten geseßlißGen Regelung der Kom-

munalbesteuerung der Eisenbahnen finden die bisherigen geseß-

lichen Bestimmungen über die Verpflichtung der Privateisen- bahnen zur Zahlung von Gemeinde-, Kreis- und Provinzial- Feuern auf die im §8. 1 sub 1 bis 5 bezeihneten Eisenbahnen auch nah dem Uebergange derselben in die Verwaltung für Rechnung des Staates oder in das Eigenthum des Staates in gleiher Weise, wie bis zu diesem Zeitpunkte, Anwendung.

Sofern nach dem Uebergang in das Eigenthum oder in die Verwaltung für Rechnung des Staates eine der in diesem Gesetze bezeihneten Eisenbahnen oder Theilstrecken derselben mit einer anderen dieser Bahnen oder Theilstrecken derselben oder mit anderen dem Staate gehörigen oder füv Rechnung des Staates betriebenen Bahnstrecken zu einem Eisenbahn- Direktionsbezirk vereinigt sind oder noch verÉnigt werden, und in Folge dessen für eine Station des neugebildeten Eisenbahn- Direktionsbezirkes sih eine Verminderung des steuerpflichtigen Reinertrages ergeben sollte, so ist der Besteuerung der Betrag des steuerpflihtigen Reineinkommens der betreffenden Stationen nah dem Durchschnitte der dem 1. April 1880 vorangegan- genen drei Steuerjahre zu De zu. legen.

Auf die Mitglieder der Beamtenpensions-Kassen be- ziehungsweise -Fonds bei den im §. 1 sub 1 bis 5 bezeich- neten Eisenbahnen, sowie auf diejenigen Beamten, welche mit Rücksicht auf eine zu Gunsten ihrer Ehefrauen genommene unverweite Versicherung von der ihnen sonst obliegenden Ver- pflichtung zur Theilnahme an diesen Kassen beziehungsweise Fonds entbunden sind, finden die Bestimmungen im ersten Absatz des §8. 23 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten, vom 20. Mai 1882 (Geseßz-Samml. S. 298) sinngemäße An- wendung.

B12.

“egan Geseß tritt am Tage seiner Verkündigung in Krast.

Urkundlih unter Unserer Höchstcigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 24. Januar 1884.

E. 8. Wilhe lm. :

von Puttkamer. Maybach. Lucius. Friedberg.

von Boetticher. von Goßler. von Scholz. Graf von Haßfeldt. Bronsart von Schellendorff.

(Folgen die im §8. 1 erwähnten Verträge.)

Ministerium des Jnnern.

Dem Ober-Regierungs-Rath von Rebe ur-Pashwiß ist die Stelle des Dirigenten der Finanz-Abtheilung bei der Regierung zu Oppeln übertragen worden.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Der Kreis-Bauinspektor Kuttig zu Königsberg O.-Pr. ist in gleiher Eigenschast nah Saarbrücfen verseßt, und dem Jeitherigen Kreië-Bauinspektor, Baurath Schönbrod in Saar- brücken der Amtscharakter Wasser - Bauinspektor beigelegt worden.

Der bisher bei der Königlichen Oderstrom-Bauverwaltung zu Breslau als technisher Hülfsarbeiter angestellte Wasser- Bauinspektor Rudolf Roeder ist in die Wasser-Baubeamten- stelle zu Ratibor, und :

der Wasser-Bauinspektor, Baurath Kröhnke zu Ratibor in gleicher Amtseigenshaft nah Breslau verseßt worden.

Der bisher bei der Königlichen Regierung in Breslau als tehnisher Hülfsarbeiter angestellte Bauinspektor Hasen- jüger ist als Kreis-Bauinspektor nach Königsberg O. Pr. verseßt, und demselben die Lokal-Baubeamtenstelle für die dortigen Königlihen Schloß: und Universitätsbauten verliehen worden.

BetranntmacGUng.

Alle diejenigen jungen Männer, welche in einem dex zum Deut- Jéhen Reich gehörigen Staaten heimathsberechtigt und E 1) in dem Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich 31. De- zember 1864 geboren sind, i 2) dieses Alter bereits überschritten, aber si noch nicht bei einer Ersatz-Behörde zur Musterung geftellt, : 3) si zwar gestellt, über ihr Militärverhältniß aber noch keine endgültige Entscheidung erhalten haben, und gegenwärtig innerhalb des Weichbildes hiesiger Residenz si auf- halten, werden, foweit sie niht von der persönlichen Sestellung in diesem Jahre entbunden ind, hierdurch auf Grund des §. 23 der Ersaßordnung vom 28. September 1875 angewiesen : fich, behufs ihrer Aufnahme in die Rekrutirungs-Stamm- rolle, in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar d. Is. bei dem Königlichen Polizei-Leutenant ihres Reviers per- sönlich zu melden und ihre Geburts\cheine, sowie die etwaigen sonstigen Atteste, welhe bereits ergangene Entscheidungen Ber ihr Militärverhältniß enthalten, mit zur Stelle zu ringen,

Für diejenigen hiesigen Militärpflichtigen, welhe zur Zeit ab- wesend sind (auf der Reise begriffene Handlungsdiener, auf See be- findlide Seeleute 2c.), haben die Eltern, Vormünder, Lehr-, Brot» und Fabrikherren die Anmeldung in der vorbestimmten Art zu ke-

Wer die vorgeschriebene Anmeldua7x versäumt, wird nah §8. 33 des Reichs-Militär-Geseßes vom 2, Mai 1874 mit einec Geldbuße bis zu 30 M, oder mit Haft bis zu 3 Tagen bestraft.

Reklamationen sind gemäß §. 31 Nr. 1 der Ersatz-Ordnung v or dem Musterungsgeschäft, ode: bei Gelegenheit desselben anzubringen ; später angebrahte Reklamationen werden nur dann berücksicktigt, wenn die Veranlassung zu denselben erst nach Beendigung des Musterungsgeschäfts entstanden ist.

Berlin, den 10. Fanuar 1884. : E Die Königlichen Ersaß-Kommissionen

der Aushebungs-Bezirke Berlin.

Personalverändernngen.

Königlih Preußische Acmee.

Ernennungen, Beförderungen und E LEAaE nen. Im aktiven Heere. Berlin, 13. Januar. v. Holten- beer, Rittm. und Escadr. Chef vom Drag. Regt. Nr. 12, als aggreg. zum Drag. Regt. Nr. 11 verseßt, v, Soda, Rittmeister À la suite des Drag. Regts. Nr. 15, als Escadr. Chef in das Drag. Regt. Nr. 12 einrangirt. Prinz zu Scch{önaich-Carolath, Pr. Lt. rom Drag. Regt. Nr. 12, zum Rittm. und Escadr. Chef,

v. Waldow, Sec. Lt. von dems. Negt., zum Pr. Lt., vorläufig ohne Patent, befördert. i Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 19. Januar. v. Lüßow, Rittm. und Escadr. Chef vom Dragoner- Regiment Nr. 12, mit Pens. zur Disp. gestellt. 22. Januar. Staehle, Oberst-Lt. z. D., zuleßt Ingen. Offiz. vom Plaß in Memel, mit seiner Pens. und der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Unif. des Ing. Corps, verabschiedet. Anders, Major d D. zuleßt Hauptm. und Batt. Chef im Feld-Art. Regt. Nr. 2, mit der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Unif. des gedadten Regiments, in die Kategorie der mit Pens. verabschiedeten Offiziere zurücversetzt,

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2. Januar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute militärishe Mel- dungen sowie die Vorträge des Staats-Ministers von Putt- kamer und des Chefs des Militärkabinets entgegen.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gesiecn um 11!/, Uhr militärishe Mel- dungen entgegen. Um 13, Uhr begab Höchstderselbe Sih mit Jhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin und Zhren Königlichen Hoheiten der Erb- prinzessin von Sachsen-Meiningen und der Prinzessin Victoria nah dem in Treptow von der Berliner Kaufmannschaft ge- gründeten Asyl.

Abends wohnten die Höchsten Herrschaften mit Jhren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe der Vorstellung im Opernhause bei.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage und das Protokoll über die zweite Sißung des Volkswirthschaftsraths in der Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (35.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Justiz-Minister Dr. Friedberg und der Staats-Minister von Boetticher nebst zahlreihen Kom- missarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Fortsezung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts- Etats für 1884/85, und zwar Ministerium für Handel und Gewerbe, Einnahme Kay. 29, Titel 2a. dauernde Ausgaben Kap. 68 Tit. 6 und 11.

Namens der Kommission beantragte der Referent Abg. Stengel :

Das Haus dex Abgeordreten wolle bes{ließen :

1) Kap. 29 Lit. 2a der Einnahme nicht zu genehmigen ;

2) bei Kap. 68 Tit. 6 der dauernden Ausgaben anstatt der be-

antragten 227 525 M nur 83525 A zu bewilligen ;

3) bei Kap. 68 Tit. 11 der dauernden Ausgaben anstatt dex be-

antragten 220 000 6 nur 120000 4 zu bewilligen.

Ferner schlug die Kommission dem Hause folgende Ne- solution zur Annahme vor:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

4) Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, im näcsten Jahre cinen Plan über die in Auésiht genommene Neuorgani- sation des Dampfkessel-Revisionswesens vorzuleg@a und dabei in Er- wägung zu ziehen, ob niht durch weitere Nudbildung der Kessel- revisionsvereine, eventuell unter entsprechender Aenderung des Ge- seßes vom 3. Mai 1872, der beabsichtigte Zweck besser - erreicht werden kann. E :

Nach einer Begründung der Kommissionsvorschläge und der von ihr gefaßten Refolution Seitens des Referenten Abg. Stengel ergriff der Unter-Staatssekretär Dr. von Möller das Wort:

Meine Herren! Als Sie in der letzten Plenarsitzung vor Weih- nadien beshle}sen, die Vorlage wegen der Dampfkesselrevisionen an die Budgetkommission zur nohmaligen Berathung zurückzuverweisen, glaubte die Staatsregierung hieran die Erwartung knüpfen zu vürfen, daß das Resultat diefer zweiten Kommi] sionsberathung ein anderes sein würde, als dasjenige der ersten gewesen war. Die e Er- wartung hat sih leider nit erfüllt. Die Kommission hatte bei ihrer ersten Verhandlung eine ablehnende Haltung eingenommen, und sie ist bei dieser ablehnenden Hal- tung auch in ihrem zweiten Beshluß stehen geblieben. So sehr die Staatsregierung dies Resultat bedauert, so glaube ih doch mit einiger Befriedigung aus der zweiten Kommissionsverhandluag die Thatsache konstatiren zu dürfen, daß das von der Regierung vor- gelegte Projeft cinen prinzipiellen Widerstand innerhalb der Kom- mission nicht gefunden hat, sondern daß nur Ausstellungen in Betreff dec Details der Ausführung dieses Projektes und in Betreff der Zei: seiner Ausführung gemacht wurden. j

Der Eindruck, welchen die Verhandlungen in der Budgetkommission bei mir hecvorgerufen haben, ist der, daf man geneciat sein wird, dem Projekt die Zustimmung u ertheilen, wenn na den angedeuteten Richtungen hin noch weitere Erwägungen und Untersuhungen ftatt- finden, und wenn darnach der Plan in der folgenden Session in eiwas modifizirter Gestalt vor das Haus gebraczt wird.

Hierzu kommt, daß nach den Erkläruagen des Herrn Re- ferent.zn, wenn heute die bezüglihen Etatspositionen abge- lehnt werden sollten, der Regierung nich* das Recht entzogen sein würde, an solben Orten, an welchen ein besonderes dringliches Bedürfniß eine sofortige Aenderung des bisherigen Zu- standes erheischt, interimistishe Berufungen von Spezialtecnikern ¿u Revisionsgeschäften vornehmen zu können, wie dies ja {hon vor einer längeren Reihe von Jahren an vier Orten der westlichen Pro- vinzen unbeanstandet geschehen ift.

Mit Rücksicht auf diese Amstände, in der Hoffnung, baß bei einer späteren Verhandlung in einem folgenden Jahre ein prinzipieller Widerstand gegen die Voríage wiederum nit hervortreten wird, daß vielmehr das Haus geacigt fcin wird, in. einer modifizirten Gestalt alsdann der Vorlage seine Zustimmung zu ertheile, glaube ih, von weiteren Einwendungen gegen den Beschluß der Kommissiou meiner- seits heute absehen zu dürfen. i:

Der Präsident von Köller erklärte, daß nach dieser Aeuße- rung des Regierungskommissars Kap. 29 Tit. 2a und Kap. 68 Tit. 6 und 11, soweit si dieselben auf Kesselrevision beziehen, zurückgezogen sei, und sämmtliche Redner, die sih zu diesen Titeln gemeldet hatten, verzichteten auf das Wort.

Das Haus nahm alsdann die von der Kommission vor- geschlagene Resolution ohne Debatte an.

Es folgte die erste und zweite Berathung des Geseß- entwurfs, betreffend das Höfereht in der Provinz Hannover.

Der Abg. Lauenstein erklärte, daß er kein Bedenken trage, dem Geseßentwurf zuzustimmen. Der Provinzial-Landtag habe sih einstimmig dafür ausgesprochen, daß die Beschränkung aufgehoben werde, deren Beseitigung die gegenwärtige Vor- lage bezwedcke,

Der Abg. von Liebermann gab Namens seiner Partei die Erklärung ab, daß auch ihr das Geseß genehm sei.

Dasselbe wurde hierauf genehmigt.

Die zweite Lesung des Geseßes, in welche das Haus hierauf eintrat, führte zu keiner Debalte.

Es folgte an dritter Stelle die erste und zweite Be- rathung des Geseßentwurss, betreffend die Errichtung eines Landgerichts in Memel. Z

Der Abg. Schröder bat, von einer kommissarishen Be- rathung des Geseßentwurfs abzusehen, und denselben gleih im Plenum anzunehmen, da derselbe durchaus berechtigt sei.

Der Abg. Rademacher befürwortete die Ueberweisung, der Vorlage an die Justizkommission. z

Der Abg. Korsch trat dem Antrage des Abg. Schröder bei.

Der Abg. Berger erkannte die Nothwendigkeit dzr: Errichtung eines Landgerihts in Memel an, aber ebenso wünschenswerth sei es, wenn man endlih dazu schreite, auch: in Bochum ein Landgericht zu errichten.

Der Abg. Dr. Löwe (Bochum) sprach sich in gleichem Sinne aus und bedauerte, daß die Petition der Stadt Bochum im Herrenhause eine fo unfreundlihe Aufnahme gefunden habe.

Der Zustiz-Minister Dr. Friedberg erklärte, daß es nicht nöthig sei, für Memel noch zu sprechen, da sich alle Redner: für den Vorschlag der R-gierung ausgesprochen, daß nun auch aus dem Hause Wünsche ans Bochum und Crefeld, die sih für die Errihtung von Landgerichten in diesen Städten aus- sprächen , laut werden würden, darauf sei er gefaßt ge- wesen. Allein er könne troß der Bitte des Aba. Berger keine bindende Erklärung darüber abgeben, ob in naher Zeit diesen Wünschen Rechnung getragen werden würde. Die Ängelegen- heit bedürfe noch weiterer Erwägungen. Gegen den Vorwurf des Abg. Löwe, daß die Petition der Stadt Bochum im Herren- hause unfreundlich aufgenommen sei, lege er Verwahrung ein. Man habe nur die Folgerung niht zugeben wollen, daß, weil Memel ein Landgericht erhalten, nun auch Bochum ohne Weiteres Anspruch auf ein solhes habe. So gleichartig seien die Verhältnisse von Memel und Bochum denn doch nicht gestaltet. Von Bohum aus sei Dortmund und Essen mit der Eisenbahn in einer halben Stunde zu erreichen.

Der Abg. Rickert erkannte an, daß der Gesehentwurf einen Nothstand beseitige und sprach sih gegen die kommissa- rische Berathung desselven aus.

Der Abg. Dr. Windthorst glaubte, daß die Errichtung eines Landgerichts in Memel nicht zu vermeiden sei. Viel- leiht aber wäre es besser gewesen, wenn die Frage, ob nicht auch in anderen Orten Landgerichte zu errichten seien, glei generell geregelt wäre.

Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg. Dr. Köhler und Dr, von Cuny wurde der Antrag auf kommissarishe Be- rathung der Vorlage abgelehnt, und der Geseßzentwurf in erster und hierauf in zweiter Lesung vom Hause genehmigt.

Das Haus trai hierauf in die Berathung des Geseß- entwurfs, betreffend Abänderungen des Pensions- geseßes vom 27. März 1872, ein.

Der Abg. Jmwalle beantragte, das Geseß an die Justiz- kommission zu verweisen.

Der Abg. Hahn erklärte, gegen diesen Vorschlag þrin- zipiell keine Einwendung zu haben, allein eine kommissarische G dürfte kaum nöthig sein, da das Geseg vollkommeir

ar sei.

Der Regierungëkommissar Geheime Ober-Finanz- Rath Germar hob hervor, daß die Abänderungen, die in diesem Gesche an dem Pensionsgeseßze vom 27. März 1872 gemacht seien, rein formeller Natur seien, und das Necht der Beamten nicht beeinträchtigten.

Der Abg. Dr. Huyssen wünschte, daß die Regelung der Pensionsverhältnisse den Provinzialbehörden überlassen werde. Bedenken habe er gegen 8. 9, der festseße, daß bei jeder Pension übershießzende Markbrüche auf volle Mark ab- gerundet würden.

Der Abg. Dr. Enneccerus hielt die Beshwerde- und Klagefirist für zu kurz bemessen.

Die Diskussion wurde hierauf geschlossen, und der Geset- entwurf an die Justizkommission verwiesen.

Es folgte die Berathung des von dem Herrenhause in veränderter Fassung zurücgelangten Geseßentwurss zux Abänderung des §. 2 des Gesetzes, betreffend die Verwal- tung desStaatsshuldenwesens und Bildung einer Staatsschuldenkommission vom 24. Februar 1850.

Der Abg. Dr. Hammacher (Essen) erkannte in der vom Herrenhause vorgenommenen Abänderung des Gesetzes eine wesentlihe Verbesserung desselben, die erx anzunehmen bitte.

Der Regierungskommissar Geheime Finanz-Rath Schmidt ertlärte, daß die Regierung gegen die Abänderung keine Be- denken habe, allein er hebe hervor, daß auch der ursprüngliche Entwurf der Regierung in keiner Weise zu Bedenken Ver- anlassung gegeben habe.

Nachdem Abg. von Tiedemann (Bomst) die Annahme des veränderten Geseßes empfohlen hatte, wurde die Diskussion ge- {lossen, und der Gesehentwurf angenommen.

Damit war die Tagesordnung erledigt.

Hierauf vertagte sih das Haus um 1 Uhr 30 Minuten auf Dienstag 11 Uhr,

Der Kommunal-Landtag der Kurmark wählte in seiner dritten Plenarversammlung am 24. d. M. an Stelle des verstorbenen Oberst-Kämmerers, Wirklihen Geheimen Raths Grafen von Redern zum ersten Mitgliede der Direktion der Kurmärkshen Hülfskasse aus dem Stande der Ritterschaft für den Nest der Wahlperiode bis zum 1. Juli 1888 den Haupt-Nitterschafisdirektor und Generaldirektor der ständischen Land-Feuersozietät der Kurmark und der Niederlausitz von Tettenborn, und zu dessen Stellvertreter den Major a. D. und Domherrn des Hochstists Brandenburg von Rochow auf Plessow. Den Rest der Sißung süllten 18 Ausshußgutahten aus allen Gebieten der ständishen Verwaltung. Aus dem Dispositionsfonds der Kurmärkischen Hülfskasse wurden ge- meinnüßigen Anstalten, wie Rettungshäusern, Vereinen für kfirhlihe Zwelke, freiwilligen Feuerwehren, beträchtliche Unterstüßungen bewilligt. Aus Sozietätsfonbs wurden 2 Gemeinden mit Beihülfen zur Anschaffung von Feuer- sprizen bedaht. Der Verwaltungsbericht und die Rech- nungen der Kurmärkishen Hülfskasse und die Rechnungen des Kommunal-Landtagsfonds wurden entgegen enommen und dechargirt ; ebenso der Bericht der ständischen eputirten vei der Hauptverwaltung der Staatsschulden. Auch über die Verwendung des Ueberschusses der Kriegs\chuldensteuer am Schlusse der 6. Tilgungsperiode wurde Beschluß gefaßt. Für das Zahr 1884 wurden wiederum 30 000 /( zur Gewährung von Bauprämien für die Umwandlung weicher Bedahungen in feuersihere aus dem laufenden Entschädigungsfonds der Land-Feuersozietät der Kurmark und der Niederlausiß be-

willigt. Seine nächste Plenarsißung wird der Landtag am Dienstag, den 29. d. Mts., Mittags 12 Uhr, halten.

Zur Vereinfahung des Schreibwerkes hat der Minister für Landwirthschaft im Einverständniß mit der Ober- Rechnungskammer unterm 17. d. M. bestimmt, daß in den Holzversteigerungs-Protokollen in Zukunft die Berechnung der Licitations-Durchschnittspreise pro Taxreinheit jedes einzelnen Sortimentes fortzulassen ist. Jn der die [eßte Seite der Holzversteigerungs-Protokolle bildenden summarischen Berechnung bieibt demnach von jeßt ab die leßte Spalte un- ausgefüllt, welche die Ueberschrift trägt: „Mithin Licitations- Durchschnittspreis pro Taxeinheit“, und in der Gesammt- überschrift der summarischen Berehnung is das Wort „Licitations-Durcschnittspreise“ abzuändern in „Licitations-

reise“.

N Soweit in Zukunft Licitations-Durchschnittspreise zur Anwendung kommen, sind solche für jeden einzelnen Fall be- sonders zu ermitteln.

Der Zusammentritt des Lehr-Jnfanterie-Ba- taillons findet in diesem Jahre am 19, April statt.

: Der Kaiserlich russishe Boischafter am hiesigen Aller- höchsten Hofe, Saburoff, ist vom Urlaube nach Berlin zu- rüdgekehrt und hat die Geschäfle der Botschaft wieder über- nommen.

Die General-Lieutenants von By{elberg, Juspec- teur der 3. Feld-Artillerie Jnspektion, und von Larish, Commandeur der 6. Division, sind zu persönlichen Meldungen hier eingetroffen.

Bayern. München, 2. Januar. (W. T. B.) Die Abgeordnetenkammer hat nah zweitägiger Debatte den Antrag auf Aufhebung des Notariats mit 80 gegen 59 Stimmen der Linken angenommen. Der Justiz-Minister hatte sih gestern und heute gegen den Antrag erklärt.

=— 207 @anuar. (W. L. B) De Katser von Oesterreich ist heute früh hier eingetroffen und am Bahn- hof von dem Prinzen Leopold und dem Herzog Ludwig empfangen worden. Der Kaiser begab sich sofort in das Palais des Prinzen Leopold.

Sachsen. Dresden, 25. Januar. (Dr. Journ.) Die Erste Kammer nahm einstimmig mittelst namentlicher Ab- stimmung den Geseßentwurf, die Ausführung des Reichs- geseßes über Abwehr und Unterdrückung der Reblauskrankheit vom 3. Zuli 1883 betreffend in Uebereinstimmung mit dem Beschlusse der Zweiten Kamn1er mit der einzigen Ab- änderung an, daß auf der ersten Zeile des 8. 2 das Wort „drei“ mit dem Worte „zehn“ rertausht werde. Dasselbe geschah hierauf mit dem Geseßentwurfe, betreffend veränderte Bestimmungen über die Realschulen 1, und IT. Ordnung; anch trat die Kammer dem diesbezüglichen Be- schlusse der Zweiten Kammer bei, die Königliche Staats- regierung zu ermähtigen, daß die Realschulen I. und 11. Ord- nung andere entsprehendere Bezeihnungen annehmen und gebrouhen.

Jn der Sizung der Zweiten Kammer wurde ein Königliches Dekret, in welchem für Ermiethung und exste Eiztirihtung eines Hausgrundstücks in Berlin für den Gebrauch der Bevollmächtigten zum Bundesrathe und der Gesandtschaft dortselbit die Einstellung eines transitorishea Postulats von gemeinjährig 25 000 4 beantraat wird, der allgemeinen Vorberathung unterzogen. Das Dekret wurde der Finanz- deputation überwiesen. Die Kammer ertheilte sodann dem Geseßentwurfe, betreffend die infolge der Jmpfung von Lungenseuche zu gewährenden Entschädigungen, mit der von der Ersten Kammer beschlossenen redaktionellen Abänderung ihre Zustimmung.

Sachsen-TWeimar-Eisenah, Weimar, 25, Fanuar. Die „Weimarer Ztg.“ tritt heute den Besürchtungen entgegen, ale ob das Projekt einer Sekundärbahn durch die Nhön von Hünfeld nach Hilders als aufgegeben zu betrachten sei, weil dasselbe in der neuerlihen Vorlage an den preußischen Landtag keine Stelle gefunden habe. Wie das Blatt erfährt, sind die Vorarbeiten, für die übrigens erst im Herbst v. Js. die Genehmigung ertheilt war, noch nicht soweit abges{hlo}sen, E schon jeßt die Sache hätte zur Entscheidung gestellt werden önnen,

Oesterreich:Ungarn. Wien, 24. Januar. (Prag. Ztg.) Der neue englische Botschafter Paget überreichte heute Nachmittag dem Kaiser seine Kreditive. :

_ (Prag. Abendbl.) Durch den Bericht der „N. fr. Presse“ über eine Unterredung des Herrn von Giers mit einem ihrer Mitarbeiter ersheint au aus dem Munde des russischen Ministers des Aeußern. die friedliche Auffassung bestätigt, die seine Hierherkunft hier von Anbeginn an ge- funden hat und finden mußte, indem man in der- selben einen Beweis der freundlihen Beziehungen erblickte. - Der Eindruck, den die nun vom Hrn. von Giers selbst gemachten Aeußerungen auf alle Kreise hervorgerufen, ist selbstverständlich ein sehr günstiger, Positive Mittheilungen sind zwar auch in diesen Aeußerungen nicht enthalten, allcin an Andeutungen fehlt es nicht. So is gewiß von Wichtigkeit, Eon Hr. von Giers die Achtung Rußlands vor der Selbst- l E igkeit der Balkanstaaten betonte, denn diese Selbständig- eit wird au von Oesterreich auf das lebhafteste gewünscht. en e Abendbl.) Hr. von Tisza hat, übereinstim- E en N zufolge, zu seinen rücksihtlich der verschie- enen R itishen Fragen gehegten Absichten die volle Zustim- mung der Krone erlangt, Es scheint dies in erster Linie bexg dem Vorgehen, betreffend Kroatien, zu gelten, und dürften ¿gli dessen wichtige Entschließungen bevorstehen.

Pest, 24, Januar. (Presse) Wie die „Bud. Corr.“ meldet, wird der Geseßentwurf über die Reform des Ober-

hauses jedenfalls noch in diej isi ; Ï gelegt werden. Ÿ jer Session dem Reichstage vor-

, Schweiz. Bern, 2. Januar. (W. T. B.) Na dem T neans der im Kanton eti r B er- c} Jungsrath vorgenommenen Wahlen i i eine Mehrheit von 33 Stimmen cane O

Niederlande. Haag, 23. Januar. (Köln. Ztg.) Vor

er verlas der Minister der Kolonicen

t gramm aus Atschin vom 7. ds. über die von der Gesen Regierung gegen den Sultan von Tenom in der : tárke von 1200 Mann ausgerüstete Expedition, die darauf lingen soll, daß die Mannschaft des vor zwei Monaten dort

gescheiterten englishen Schiffes „Nisero“ in Freiheit gesetzt werde. Danach sind bereits mehrere feste Pläße des Sultans beshossen und zerstört worden. Land- und Seetruppen haben sih tapfer benommen. Die Schiffbrüchigen des „Nisero“ sind aber noch nit ausgeliefert; der Sultan hat sie ins Jnnere des Lands bringen lassen. Die Expedition is} also, ohne ihren Zweck erreicht zu haben, nah Penang zurückgekehrt,

Großbritannien und Jrland. London, 2. Januar. (W. T. B.) Der Marquis von Hertford is (an den Folgen eines Sturzes vom Pferde) heute Abend 71/, Uhr gestorben.

(Allg. Corr.) Der Weberstrike in Nordost- Lancashire dürfte noch einige Monate dauern, da Arbeiter wie Arbeitgeber niht nahgeben wollen. Jn Blackburn allein stehen nicht weniger als 69 Spinnereien mit 35400 Webe- stühlen still, und die Zahl der strikenden Weber beträgt jeßt 20 000. Au in Darwen und Padiham wird der Strike aufrecht gehalten.

Frankreich. Paris, 24. Januar. (Köln Ztg.) Der Kriegs-Minister Campenon hat befohlen, bis auf weiteren Befehl Niemand, der niht zur französishen Armee Nr. Eintritt in die Büreaus des Kriegs-Ministeriums zu gestatten. Die Regierung hat, wie versichert wird, den Plan, die Preise von Taback und Cigarren so zu er- E, daß jährlich fünfzig Millionen mehr herausgeschlagen werden.

25. Januar. (W. T. B.) Depeschen, welche der Marine-Minister aus Hanoi vom 19. d, M. empfangen hat, bestätigen, daß eine bedeutende Rekognos- zirung auf Bacninh stattgefunden und daß leßteres sehr stark beseßt sei. Das Land um Sontay und die westlichen Gegenden seien ruhig. Die Blokade dec Küsten Tongkings werde fortgeseßt und sei nothwendig, um die Einfuhr von Kriegskontrebande zu verhindern; durch die großen, derm apa gewährten Erleichterungen sei die Blokade freilich be-

ränkt.

Der Senat hat heute den Art. 8 des außerordentlichen Büdgets angenommen, welcher die Bank von Frankreich er- mächtigt, den Betrag des Banknotenumlaufs provisorish um 300 Millionen zu erhöhen. Die Kammer seßte die Be- rathung der Langlois'’schen Jnterpellation über die wirthschaftliche Krisis fort; wie verlautet, wird der Minister- präsident Ferry morgen das Wort zu der Frage ergreifen.

Spanien. Madrid, 25. Januar. (W. T. D) Vie unter dem Befehl des Herzogs von Edinburg stehende eng- lishe Flotte hat den Hafen von Palma, wo dieselbe vor Anker gegangen war, wieder verlassen; wohin dieselbe ge- gangen, ist niht bekannt. Wie es heißt, hätten Castelar e Partei beschlossen, sich an dem Wahlkampfe zu be-

eiligen.

Italien. Rom, 25. Januar. (W. T. B.) Die De- putirten kammer hat vor der Abstimmung über den neuen Handelsvertrag mit der Schweiz eine von der Kommission vorgeschlagene Tagesor dnung genehmigt, in welcher von der Erklärung der Regierung Akt genommen wird, daß sie fortfahren werde, gemeinsam mit dec Schweiz auf eine den italienishen FJnteressen entsprechendere Mäßigung der Transportbedingungen bei der Gotthardbahn hinzuwirken.

_ Türkei. Konstantinopel, 24. Januar. (Presse.) Die Pforte hat an den Kommissär zur Regulirung der montenegrintishen Grenze Cnstruktionen zur baldigen Swlichtung der Angelegenheit abgesendet. An den ökume- nisdien Patriarchen treffen aus verschiedenen Theilen des Landes Zustimmungsadrefien ein. Die Pforte hat das De- missionsgesuch des Patriarchen noch nit beantwortet.

Serbien. Belgrad, 24, Januar. (Pr.) Die serbische Regierung hat an die Pforte eine Note gerichtet, in welczer die Türkei um die Absendung einer Kommission ersucht wird, welche den Ans{luß der serbish-türtishen Eisen- bahnen bei Wranja zu regeln hätte.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 26. Ja: nuar. (Telegramm der „Nordischen Telegraphen-Agentur“.) Wie es heißt, wird der Reichsrath demnächst gleich- zeitig mit der Berathung des Geseßentwurfs des Finanz: Ministers über die Erseßung der Kopfsteuer durch eine erhöhte Staatsgrundsteuer auch den Geseßentwurf über die Einführung der Personalsteuer ventiliren. Nach diesem

j würde, wie verlautet, die Personalsteuer jährlich 50 Kop.

betragen und würden derselben sämmtliche männliche russishe Unterthanen und die in -Rußland beständig ansässigen oder mehr als ein Jahr \ich dort aufhaltenden Ausländer im Alter von 18 bis 55 Jahren unterliegen. Von der Personolsteuer befreit würden sein Militärs, die Geisi- lichkeit, Vertreter des Auslandes und Arbeitsunfähige.

Afrika. Egypten. Kairo, 25. Januar. (W. T. B.) General Gordon wurde heute Morgen vom Khedive in Audienz empfangen und hatte darauf bei dem General: Konsul Baring mit diesem, sowie mit General Wood und dem Minister-Präsidenten Nubar Pascha eine längere Konferenz.

26. Januar. (W. T. B.) (Telegramm des „Neu- tershen Bureaus“) General Gordon wird si morgen Abend via Korosko nah Khartum begeben. Der Zweck seiner Mission soll darin bestehen, die vollständige Evakuirung des Sudans, einschließlich Khartums ins Werk zu seßen. Der Khedive hat Gordon zum Generalgouverneur des Sudan er- nannt und ihn mit den nöthigen Vollmachten ausgestattet. Der Khedive richtete heute an den Emir Abdel Shakoor, den Sohn des verstorbenen Sultans von Darfour, die Auf- forderung, sich zu unterwerfen und theilte ihm gleichzeitig mit, er wolle ihm die Provinz übergeben unter der Be- dingung, daß die Handelsfreiheit aufrecht gehalten und der L unterdrückt werde. Tribut folle niht erhoben werden.

Zeitungsstimmen.

In den „Berliner Politischen Nachrichten“ lesen wir:

Unter den Mitgliedern des Volkswirth\chaftsraths befinden si fünfzehn Angehörige des Arbetiterstandes. Von diesen find zur Theil- nahme an der gegenwärtigen Session genannter Körperschaft nicht mehr als fünf erschbienen. Es sind dies die Vertreter für Berlin, Itehoe, Hildesheim, Mettlah und Bielefeld. Von den Nicht- erschienenen hat einer fein Ausbleiben wegen verweigerten Urlaubs von Seiten des Arbeitgebers entschuldigt, cin anderer wegen Krank- heit, bei einem dritten ist ein Grund nicht angegeben, die fünf übrigen, alfo gerade ein volles Drittel der Arbeitermitglieder, sind aus Mangel an

pekuniären Mitteln nit in der Lage, den so hohwichtigen Berathun- gen der Eingangs erwähnten Körperscaft beizuwohnen. Es ist wohl der Mühe werth, diese Thatsache zu konstatiren. Die Regierung ihrerseits hat efklärt, nach dcm kefannten Votum des Landtages außer Stande zu sein, die bisher gezahlten Diäten fernerhin zu lei- sten, und zuglei ihr Bedauern mit dem Bemerken ausgesprochen, daß sie eben so ungern auf die Theilnahme der arbeitenden Klasse verzichte, wie sie denjenigen Opfer für staatlive Zwecke zumuthe, welche solhe nach ihrer wirthschaftlihen Lage {wer fallen. In Folge dessen bleibt nun eine ganze Reihe von Provinzen mit hervor- ragenden Arbeiterinteressen im Volkswirth\chaftsrath unvertreten, ein Zuftand, welcher den landesväterlihen Intentionen der Regierung allerdings direft zuwiderläuft. . ..

_— Im Abgeordnetenhause haben bekanntlich die Schienen- preise zu einem Angriffe des Fortschritts auf die Regierung, speziell die Schutpolitik herhalten müssen. Jnteressant ist, daß der „Berliner Börsen-Courier“ diesem Angriff scharf entgegentritt und u. A. sagt:

Die Etatsberathung bildet, wie man weiß, diejenige Gelegenheit, bei welcher jeder Abgeordnete Dasjenige zur Sprache brinat, wovon er glaubt, daß es bei seinen Wählern oder sonst in der Oeffentlich- libfeit einen guten Eindruck machen werde. So sind denn gelegent- lih der Cisenvahneiats-Berathungen der Regierung bittere Vorwürfe darüber gemacht worden, daß sie bei Bestellungen von Schienen nicht etwas billigere Preise herauës{lägt, daß sie, statt zu markten und zu feilshen und die heimischen Produzenten durch die billigen Auslands- preise zu drücken, den Cifenwerken solwe Konditionen einräumt, welche cs denselben ermöglichen, mit leidliher, wenn auch immerhin überaus mäßiger Rentabilität zu arbeiten. Wir können nur mit Bedauern wahrnehmen, daß diese Bestrebungen stets von liberaler Seite ausgehen. In theoretischem Sinne is es gewiß richtig, wenn man sagen will, der Staat, der die Gemeinschaft aller Steuerzahler darstellt, habe zunächst seine Ausgaben so knapp wie möglich zu be- messen, und besonders klingt ein folbes Axiom ret \{óön und ret katonish. In der Praxis kann man es aber nur dann dur(führen, wenn man auf seine Fahne das „périsse le monde plutôt que le principe“ \{reibt. Können dem Staat die Paar Mark, welche derselbe an der Tonne Stahlschienen ersparen kann, so werthvoll sein, wie die Sicherung des Leben? unterhaltes für viele Tausende von Arbeitern? ...….. Wir haben häufig in unseren Negierungskreisen ein Verkennen der wirthscaftlichen Verhältnisse zu beobachten gehabt, aber wir müssen mit Schmerz konstatiren, daß auf der linken Seite unscrer Parlamente dieses Verkennen der lebendigen Faktoren des wirth- \chaftlihen Lebens mindesiens ebenso häufig, und in neuerer Zeit noch häufiger zu finden ift... . In anderen Ländern kann man auf der Parlamentstribüne nur Ausdrücke der Freude über eine Entwickelung der Industrie hören, während man bei uns cine an Ausdehnung und Boden gewinnende Industrie eine „shwindelhafte“ nennt.

__— Die „Norddeutshe Allgemeine Zeituna“ schreibt :

Die günstigen ¿çolgen der Zolltarif-Neform haben sich, wie in allen Theilen des Reichs, fo insbesondere auch ia den industriellen und gewerblichen Verhältnissen Mecklenburgs fühlbar gemacht.

__Mecklenburg hatte bis vor Kurzem nur eine unbedeutende In- dusirie gehabt und die Produktionszweige der Landwirthschaft waren fast aus\chließlih vertreten. Das weit verbreitete Mißtrauen gegen alle induflriellen Unternehmungen, felbst gegen solche, die mit der Landwirthschaft eng verbunden sind, fand durch die während der Gründerjahre auch in Medcklenburg begangenen Irrihümer neue Nahrung, und die Folge war, daß, als später das Bedürfniß nah neuen Erwerbsquellen lebhafter zu Tage trat, solche Unternehmungen nur langsam und ¿ögernd in Argriff genommen wurden.

Die vorhandene spärliche Jadustrie bes{ränkte fih zudem auf den Absaßzmackt des engeren Inlandes, und nur selten wurden außer- halb Melenburgs dortige Produkte abgeseßt.

Gegenwärtig find es haupt\ächlicb die Maschinenfabriken, welcbe sich unter dem Schutzoll gegen die Konkurrenz (Englands entwidelt haben, besonders dur Herstellung derjenigen Fabrikate, welche im einhet- miscen landwirthschaftliben Betriebe erforderlich sind ; diese Branchen haben für spezielle Artikel au in Rußland ein für die Pen Verhältnisse nit unbedeutendes Absatzgebiet ge- unden.

Als hauptsäcli{hste Artikel der Se-eeinfuhr sind nur noch Stein- fohlen von England, Holz von Schweden und Rußland und Petro- leum und Hering zu erwähnen.

; Der aus den Einnahmen des Reichs aus Zöllen, Taback- steuecn, Stempelabgaben 2c. auf das Großherzogthum Mellenburg- Swerin entfallende Antheil hat die Finanzlage dieses Landes zu einer überaus günstigen gestaltet.

Nach d¿n in den Etats der „Allgemeinen Landes-Rezepturkafse" aufgeführten Positionen betrugen die aus der Reicbskasse gezahlten

Veberschüfse :

1879/80 in Wirklichkeit 103 973 A

1880/81 S 495 664 ,

1881/82 , z 867 784 ,

1882/83 ; j 1064 561

1883/84 nach dem Etat 1 167 610 ,

L ¿ T20c000

Dagegen haben sich die Einnahmen an direkten Steuern na Maßgabe des revidirten Kontributionsedikts vom 18, Juni 1874 folgenderweise verändert: in Wirklichkeit :

1879/80 19/10 des ediktmäßigen Betrages 1884 156 4

1OSUS1 6 ü v 133292

1881/82 7/10 u M L 1309866 ,

1882/83 7/19 ÿ s 1389468 ,„ nah dem Etat:

1883/84 8/10 des ediktmäßizen Betrages 1 543 009 _ 1884/85 8/10 " Z G 1543 000 ,„ ___ Obwohl daher seit dem Etatsjahre 1879/80 die direkten Steuern in Mecklenburg Herabgeseßt worden sind, so haben sih doch die dis- poniblen Einnahmen, Dank der oben angegebenen Herauszahlungen Seitens des Reiches, erheblich gesteigert. Nachdem aus diesen Ueber- shüssen feit dem Etatsjahre 1880/81 ein Abzug zu Gunsten der Großherzoglichen Renterei von 250000 6 jährli gemacht wird, kommt der # Rest größtentheils dem Etatkapitel: „zur Ver- wendung auf die Chaussee- und Wasserbaukasse“ zu Gute. Durch die Erhöbung dieses (Ftatpostens ist die Bewilligung bedeutender Mehr- ausgaben für Chausfsee- und Eisenbahnbauten ermöglicht worden; zu Bahnbauzwecken wurden außerdem Anleihen aufgenommen, die für das Etatsjahr 1884/85 allein 2 370 000 M betragen und deren 4 2% Verzinsung und 2% jährliche Amortisation gleichfalls aus dem ge- nannten Etatsposten bestritten wird. Die Verwendungen aus der Chaussee- und Wasserbaukasse betragen : 1879/80 in Wirklichkeit 404000 M 1880/81 f 433 500 ,„ 1881/82 s 470 000 1882/83 x 510 990 1883/84 nach dem Etat 673 500 _ _AOO4/00 y s «» 946/200 Das Resultat würde sich hiernach in runden Summen der Art gestalten, daß dic Einnahmen aus der Reichskasse pro 1884/85 gegen 1879/80 mehr betragen : 1 130009 M und daß dieser Ueberschuß dur Ver- minderung der direkten Steuern um . _durch Zahlung des Aversums an die Großherzogliche Renterei von . „und dur Verbesserungen im Lante, Gb M

zur Verwendung kommt.

340 000 A 25000 , 540 000 ,