1884 / 23 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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„fassenden Lieferung stellt sih nur auf 1 4; alle 4 Wothen erscheint

_ Armee - Verordnungs Blatt. Nr. 2, Inhalt: Gewährung von Vorspann an Sanitätsoffiziere und Zablmeifter bei den Märschen. III. Na(trag zum Reglement über die Remontirung der Armee vom 2. November 1876. Stempel zu Kauf- und Lieferungéverträgen. Lehbr-Infanterie-Bataillon, Zusammensetzung und Zusammentritt im Jahre 1884, Porto für die Uebersen- dung der Einkommensteuer detacbirter Offiziere an die Steuerkafsen. Theilnahme von Stabsoffizieren des Garde-Corps am diesjährigen Aushebungsgeschäft. Ergänzung der Pos. 12 auf S. 96 der Ge- \chäâftsordnung für die Fortifikations- und Artillerie-Bauten in den Festungen vom 3. Juli 1883, Eröffnung neuer Eisenbahnen. Militärtransporte von bezw. nach Met. Eröffnung einer neuen Eisenbahn. Bestimmungen über die Aanabme, Anstellung und Ent- lassung der Beamten der Berliner und Charlottenburger Schußz- mannschaft. Eisenbahn-Transport- Angelegenheit. Schreid- materialienkosten.

Deutsches Handels-Archiv. FJanuar- Heft. Inhalt: Grfter Theil. Gesetzgebung und Statistik. Gesehgebung. Deutsches Rei: Bekanntmachung vom 31. Oktober 1883, be- treffend Ausführungsbestimmungen zur Gewerbeordnung für das Deutsche Reih. Aenderungen des amtlichen Waarenverzcih- nifses und Bestimmungen, betr. die zollfreie Ablafsung von Petroleum für andere gewerblibe Zwecke als die Leuchtöl- und Leuchtgasfabri- tation. Die Zollfreiheit für Emballagen betreffend. Deutsches Reich und Venezuela: Bekanntmachung, betreffend die Uebereinkunft mit den Vereinigten Staaten von Venezuela wegen gegenseitigen Marken- \{utes. Deutsches Reich und Türkei: Türkischer Einfuhrzolltarif für Deutsche Provenienzen. Niederlande: Zollbehandlung verschiedener Artikel. Serbien: Der allgemeine Zolltarif. Centralamerika: Cosfta-Rica: Einfuhr-Zolltarif. Rußland: Zollbehandlung von geftrandeten und als Wrack verkauften Schiffen. Zolklassifizirung versciedener Artikel. Vergünstigung bezügli der Lastabgabe für Dampfer, welche für regelmäßige Fahrten zwischen aus- ländischen und russishen Häfen bestimmt sind. Zolltara für in Fässern eingehenden Kaffee. Verzollung guß- eiserner Gefäße, in denen Quelsilber eingeht. Keitreibung von Strafen und Gefällen für Waaren, welche wegen Nichtentrichtung des Zolls oder des Lagergeldes zum Verkauf kommen. Zollbehand- lung von Ble{gefäßen, in welhen Waaren aus dem Auslande ein- gehen. Verzollung von in ihren einzelnen Theilen eingehenden Maschinen und Apparaten. S{weden und Norwegen: Herab- leßung der Feuer- und Bakengelder. Ftalien: Verzollung von Zinkwaaren. Frankreich: Zollklassifizirung von Jutesammet. Zollbehandlung von rohen Radrosetten mit eisernen Radspcihen und eiserner Nabe. Stempelung silberner Taschenuhr-Gehäuse. Zoll- Tlassifikation von Kornrade (!ychnis githago). Gestattung der Einfuhr von zur Gottung der Pferde, Esel, Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine ge- hörenden Thieren über gewisse Zollämter. Peru: Dem Handel aeöffnete Häfen. Statistik. Mexiko: Handel und Schiffahrt von Veracruz im Jahre 1882. Großbritannien: Handel und Schiff- fahrt Neuseelands im Jahre 1882, verglichen mit dem Vorjahre. Belgien: Der Außenhandel und die Schiffahrt Belgiens im Jahre 1882. Zweiter Theil. Berichte über das Ausland. Ostasien. Yokohama: Konsulatsberiht für das Jahr 1882. Japans aus- wärtiger Handel während des Jahres 1882, Westasien. Beirut: Konsulatsberiht für das Jahr 1882, Westeuroya. Amsterdam: Konfulatsberiht für das Jahr 1882, Afrika. Tunis: Konsulats- bericht für das Jahr 1882.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlag von Franz Vahlen zu Beulin is \o eben das 15. Heft der Entscheidungen des Bundesamtes für das Heimathwesen, vom Geh. Ober-Regierungs-Rath Wohlers bearbeitet und herausgegeben, erschienen. Dieses 15. Heft enthält die seit dem 1. Dezember 1882 bis 31, Oktober 1883 von Seiten d 8 ges nannten Bundesamtes ergangenen (50) wictigeren Entscheidt gen. Dieselben sind nach der Reihenfolge derjenigen Paragraphen des Reich8geseßes über den Unterstützungswohnsiß vom 6. Junt 1870, auf welche sie si vorzugsweise beziehen, geordnet. Wo es ausführbar war, sind die Entsceidungsgrüude nur insofern mitgetheilt, als sie au Die, in der Ueberschrift angedeutete Hauptfrage Bezug haben. Den im Wortlaut mitgetheilten 50 Entscheidungen geht ein genaues Verzeichniß des Jahalts derselben vorauf. Den Sch{luß des vor- stehenden 15. Heftes bildet ein die 15 Hefte der „Entscheidungen des Bundesamtes für das Heimathwesen“ umfassendes alphabetisches Sachregister.

Hr. Oskar Schwebel hat seine fleißigen Studien der brandenburg - preußishen Geschichte jeßt auch in einem größeren Werke verwerthet, welbes unter dem Titel: Vom Eisenhute bis zur Kaiserkrone im J. C. C. Bruns’ Verlag in Minden i W. erscheint. Es stellt in einer Reihe historischer Bilder die Entwicklung der Mark Brandenburg von ihren Anfängen bis zum Kronlande des Deutschen Reichs dar. Jn dem vorliegenden ersten Bande wird das Aufblühen Brandenburgs in der Markgrafenzeit (1150—1420) in vier Erzählungen geschildert: in „Pribislaw und Petrussa“ die Gründung des brandenburgischen Staatswesens in den blutigen Wendenkriegen, in den „Drei Herren von Buch“ die Ballenstädtische Epoche und die ersten Jahrzehnte der _bayerishen Zeit; in der „Brandenburgi- schen Treue“ die _ Kämpfe Ludwigs von Bayern mit dem falschen Woldemar; in „Werner von Holzendorff“ endlich die Gründung des Hobenzollernstaats. Der ebenfalls bereits vorliegende zweite Band umfaßt von der Kurfürstenzeit die Jahre 1420—1675, d. bh. die Sicherung des Staats gegen das Slaventhum. Die erste Erzählung „Stark ist der Greif“ verseßt uns in die wilden Pommecnkämpfe; e Der leßte Bischof von Havelberg“ \{ildert die Einführung der Re- formation; B Neujahr 1571" führt uns in die Zeiten Foa- chims 11; „Die Burgdorfs“ und „Ein kurbrandenburgisher Oberst“ in die des Großen Kurfürsten. Der 3, noch nicht erschienene Theil wird den Titel „Zur Kaiserkrone“ führen und mit den Er- ¿ählungen „Der Hohenzollern - Adler auf der See“, „Eberhard von Dankelmann“, «Schloß Tamsel“, „Die Kornblume der Königin“, „Wir hoffen, denn wir müssen siegen“, die Jahre 1675 —1880 umfassen. Die Erzählungen be- ruhen sämmtlich auf geschichtlich beglaubigten Thatsachen, halten si von dem Romanhaften fern, fesseln aber sowohl dur dfe vorge- führten Persönlichkeiten und die bewegte Handlung, wie dur die lebendige Darstellung, vor Allem aber durch den patriotischen Geist, der, wie alle Schriften Schwebels, so au diese durchweht. Eine besondere Sorgfalt Hat der Verfasser auch darauf verwendet, die Er- zählungen gleichzeitig zu einem Spiegel der Kultur und der Sprache der Zeit zu macben, sowie die landschaftlihen Rahmen, in denen fich die Handlung abspielt, möglih naturgetreu und stimmungsvoll zu gestalten. Die Ausstattung des Werkes ist sehr sauber, der Preis stellt sih für den ersten Theil broch. auf 5,50 4, für den zweiten auf 7 M, hochelegant gebunden in reich gepreßter Originaldecke auf 7,50 bezw. 9 M :

Von den im Verlage von J. J. Weber in Leipzig erscheinen- den Meisterwerken der Holzschneidekunst liegt uns die 61. Lieferung (6. Band 1. Lief.) vor, deren Bilder dem Titel des Werks durchaus entsprechen. Auch ift die Auswahl so getroffen, daß sih die Reprodaktion der höchsten Sorgfalt des Zeichners und Holz- \{neiders verlohnt, denn das Heft bringt 3 Rafaels (die heilige Cäcilia, die Madonna della Scdia und die Poesie), den Hermes von Praxiteles, von Schaper reftaurirt, die Germaniastatue und deren Kopf. Der beigegebene erklärende Tert is gediegen. Der Preis der sebr fauber ausgestatteten, 8 Bilderseciten und 4 Seiten Text um-

eine Lieferung. Gewerbe und Handel, London, 24. Januar. Die Londoner Handelskammer

Parlamentsmitglied Mr. Magniac, dem für seine energisbe Haltung in der Suezkanalfrage der Dank ausgesproden wurde, einstimmig abermals zum Präsidenten. Die Kammer zählt gegenwärtig 1611 Mit- glieder. Die Gesammtzahl der Handelskammern in Großbritannien beträgt 58.

London, 25. Januar. (W. T. B.) Die Schiffbauer am Tees und von Hartlepool haben ihren Arbeitern vom März d. I. ab eine Reduktion des Lohnes um 20% angekündigt.

New-York, 25. Januar. (W. T. B.) Baumwollen- Wochenbericht. Zufuhren, in allen Unionshäfen 103 000 B., Ausfuhr nach Großbritannien 74000 B., Ausfuhr nach dem Konti- nent 31 000 B., Vorrath 1 143 000 B.

Verkehrs-Anstalten.

New-York, 25. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer „Denmark“ von der National-Dampf\cchiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berkin, 26. Januar 1884.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute fortgeseßten Ziehung der 4. Klaße 169, Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn von 90 000 4 auf Nr. 30 932.

1 Gewinn von 60000 # auf Nr. 61 739.

3 Gewinne von 15 000 4 auf Nr. 32454. 47 460. 85 746.

3 Gewinne von 6000 4 auf Nr. 32 323. 48 684. 73 366.

43 Gewinne von 3000 4 auf Nr. 2908. 5578. 6521. 7463. 13 463. 15 242. 15 995. 16 214. 20 667. 20809. 23968. 27109. 27 354. 29585. 30909. 43381. 44041. 44248. 45 460. 46 422. 48550. 52765. 52 949. 53173. 53 644. 54 522. 64 567. 65950. 68259. 69307. 73368. 76 352. 11 04/. (4/000, T1344. 77854, 80543, 82708. 84444. 84619. 92706. 93788. 94562,

40 Gewinne von 1500 4 auf Nr. 200. 5146. 8125. 9854. 9970. 12098. 17 646. 20 583, 21 070. 21 348. 21 393. 282 (11. 33 708, ASd04. 36121. 87730, 39647. 39 943. 47 58Ì. 47834. 50616. 52480. 53094. 53480. 53693. 55 202. 63 799, 64623. 64751. 66 689. 74667. 77 643; (9008. 9.1601 B17: 82406, 82754. 82770. - 90514. 94711.

59 Gewinne von 550 4 auf Nr. 565. 2834. 3005. 4919 4/029 (U 12083, 13087, 17323 17682 19 248. 21 790. 240244 24549, 27178. 28004. 928169. 28 187. 28 884, 29 429. 29451. 34245. 37814. 838042, 99 2/1. 39 291, 3895/0, 41886. 43421. 43949. 45361. 46 079. 46 916. 47781. 49579. 49696. 49882. 54752, DO 68/7, 096017. 06282. 56477. 58650. 60-092. - 60431. 64 551. 65 007. 66 073. 69390. 70139. 77329. 86 563. 86 729. 87.247, 88936; 89180. 89582. 929266. 93134.

Der Verein für das Wohl der aus der Schule ent- lassenen Jugend trat gestern Abend unter dem Vorsiß des Rektors Geßler im Saale Neue Friedricstraße 44 zur diesjährigen Generalversammlung zusammen. Die Zahl der Mitglieder hat si im leßten Jahre etwas verringert, sie ist von 387 auf 573 gesunken, die Thätigkeit des Vereins ist jedo nah wie vor eine ausgedehnte und segensreiche gewesen. Zur Unterbringung in Lehrverbältnisse wurden 743 Knaben dem Vereine überwiesen, 131 von ihnen waren uns{chlüssig über die Wahl des Berufs, so daß der Verein seine Bemühungen nur auf 612 ausdehnen konnte. Bei 424 waren diese Bemühungen erfolgreih, sie konnten dur den Verein in Lehrverhältnisse gebrabt werden, und zwar 45 bei Schlcssern, 40 bei Kaufleuten, 37 bei Buchbindern, 34 in Buchdrukereien u. . w. Auch dieëmal machte #ch leider der Mangel an Lehrherren recht geltend. Von den 80 Mädchen, die dem Verein zugeführt wurden, konnten 59 in Dienst gebracht werden: Der Durchschnittslohn der jungen Mädchen beträgt 64 s Viele von außerhalb eingegangene Gesubhe um Ueberlassung von Mädchen konnten leider niht berücksichtigt werden, da die jungen Mädchen nicht gewillt sind, nach außerhalb zu gehen. Um die Pfleglinge des Vereins vor den \{chädlichen Einflüssen der Großstadt zu bewahren, hat er sie an Sonntagabenden in Scbullokalen zu ge- meinsamer Unterhaltung vereinigt. Für Knaben besteht zur Zeit eine Unterhaltungsstätte in der 41. Gemeindeschule, für Mädchen solche in all den Schulen, wo sih Fortbildungs\chulen befinden und außerdem in der 21. Gemcindeschule. Der Verein ist endlih auch be- müht gewesen, in einzelnen Fällen den jungen Mädchen den Besuch ciner Fortbildungêshule zu ermöglihen. Der Verein hat auch im letzten Jahre wieder die Erfahrung gemacbt, daß die Mehrzahl der aus der Schule entlafsenen Mädchen die Fabrikarbeit dem dienstlichen Ver- hältniß vorzieht und in diesem Beftreben von den Eltern noch be- stärkt wird. Der vom Stadtv. Schmidt vorgelegte Rechnungs- abschluß weist einen Bestand von 680 4 auf. Die Wiederwahl des Vorstandes {loß die Sikung.

Am 1. April d. Is. werden verlegt: a. das Büreau der T. Polizei-Hauptmannschaft von „Am Königsgraben Nr. 8* nah der Münzstraße Nr. 22, b. das Büreau der VIII, Polizei-Haupt- mannschaft von der Weißenkturgerstraße Nr. 75 nah der Weißen- burgerstraße Nr. 22, c. das Büreau und die Wache des 28. Polizei- Reviers von der Oranienstraße Nr. 89 nah der Alexandrinenstraße Nr. 38, d, das Büreau und die Wache des 31. Polizei-Neviers von der Bellealliancestraße Nr. 25 nach der Kreuzbergstraße Nr. T0, 6 Das Büreau und die Wache des 61. Polizei-Reviers vom Arkonaplatz Nr. 4 nach der Oderbergerstraße Nr. 12—15, f, das Büreau und die Wac(e des 67, Polizei-Reviers von der Fürbrirgerstraße Nr. 7 nach der Zossenerstraße Nr. 38, g. das Büreau und die Wache des 71. M s von der LTeltowerstraße Nr. 49 nach der Horn- raße Vr. 2.

Das Berliner Stadt-Fernsprechnetßz hat den Verhee- rungen, welche die Stürme der leßten Tage hier und in der Um- gegend angerichtet haben, zu widerstehen vermoct und die Festigkeit und Sicherheit seiner baulihen Konstruktionen von Neuem bewährt. Die Drahtleitungen und die auf und an den Dächern und Giebeln der Häuser! angebrachten eisernen Ständer und Tragegerüste haben durch die heftigen Stürme keinerlci Beschädigun- gen erfahren. Nur wenige Berührungen der Drähte untereinander sind vorgekommen, zumeist verursaht durch das Herabfallen von Ge- bäudetheilen, Scornsteinen u. dgl. Aber auch in diesen Fällen hat eine rasche Beseitigung der Störungen stattgefunden.

_ Der Verein zur Beschaffung billiger Wohnhäuser hielt gestern Abend unter Vorsiß des Kanzlei-Naths Hauptmann Schindler im oberen Saal des Restaurants Waßmann seine General- versammlung ab. Der Verein, der den löblichen Zweck verfolgt, Leuten aller Stände, vor Allem aber Beamten und Lehrern den Erwerb eines eigenen Heims in einem der Vororte Berlins zu erleichtern, hat seit seiner im Herbst 1881 erfolgten Konstituirung {hon rect erfreuliche

hielt gestern ihre zweite Jahresversammlung ab und wählte das

stüßung find in Friedenau 20, in Stegliß 10 und in Lichterfelde drei Familienhäuser erbaut worden. Die Thätigkeit des Vereins erstreckte fich dabei auf die Unterhandlungen mit den Grundbesitzern, auf die Verein- barung gemeinsamer Abshlüfse mit den Bauunternehmern und endli auf Beschaffung billiger und sicherer Hypotheken. Jede der einzelnen Par- zellen hat etwa einen Umfang von {70 Quadratruthen. Der Preis pro Quadratruthe betrug in Friedenau 50 bis 60, und in Steglitz, wo die Mitglieder \sich in der Nähe des sogenannten Fichtenberges niedergelassen, 33 K In leßterem Ort ist gegenwärtig den Mitgliedern das Terrain der alten Kirchenländereien zu einem Preise von etwa 29 M angeboten worden. Die Bauten sind zum größten Theil durch den Architekten Max Nagel ausgeführt worden. Der Baupreis eines Wohnhauses mit 5 bis 6 Zimmern stellte sich auf 10500—12000 4 Die Mehrzahl der Mitglieder hat es jedoch vorgezogen, \ih komfor- tablere Bauten im Preise von 15—25 000, einzelne sogar bis 45 000 M herstellen zu lassen Die \{chwierigste Aufgabe war die Beschaffung billiger Hypotheken. Die Hypothekengesellshaften sind nit geneigt, derartige Grundftücke zu beleihen und wollten sih auch dem Verein gegenüber niht dazu verstehen. Die Frage wäre viel- leiht kaum zu lösen gewesen, wenn nicht der Staats-Minister von Goßler bereit gewesen wäre, aus ihm zur Verfügung stehenden Fonds Gelder, etwa im Gesammtbetrage von 100000 M, den Mitgliedern auf 4} % erste Hypotheken herzuleihen. Der Verein erhob sih zum Danke für dicses freundlihe Entgegenkommen des Ministers von den Pläßen, beauftragte außerdem aber den Vorstand, diesem Danke auch noch besonders Ausdruck zu geben. Die Sektion Friedenau hat bereits bewirkt, daß zu Ehren des Ministers eine der neuen Straßen dessen Namen führt. An die Berichte knüpfte sich eine längere Diskussion, in der u. A. auch die Einrichtung von Omnibuszügen befürwortet wurde. Mit der Leitung des Vereins DEINE. RRIER der Kanzlei-Rath Hauptmann Schindler in Steglitz etraut.

Cottbus, 25. Januar. (W. T. B) Heute Nacmittag Uhr fand in der Georg Voigtschen Fabrik eine Kessel- e R statt. Soweit bis jetzt konstatirt, sind 4 Personen getödtet.

95 r

Wien, 25. Januar. (W. T. B.) In Florisdor f wurde heute früh ein Detektivbeamter, Namens Bloch, als er sich von seiner Wohnung na dem Polizeikommifsariat begab, von einem anscheinend dem Arbeiterstande angehörigen Manne erschossen. Passanten nahmen den Mörder, welcher zu entfliehen sudte, fest und braten ihn nah dem Kommissariate. Im Besitze desselben, welcher jede Auékunft verweigerte, wurde eine Dynamitbombe, cin Revolver und cin vergifteter Dolch gefunden.

-— Wie dte Abendblätter melden, bat der Mörder des Detektiv- beamten Bloech den ihn nab der That verfolgenden Tagelöhner . Mellon durch zwei Revolversbüsse am rechten Fuße derart ver- wundet, daß cine Amputation nothwendig werden dürfte. Der Mörder ist seinem Dialekt nah ein Norddeutscher, verweigert aber fortgeseßt jede Auskunft über seine persönlichen Verhältnisse.

Am Donnerstag kam im Neuen Friedri ch- Wilhelmftädti- {hen Theater „Die Afrikareise“ von Franz von Suppé zum erster Male zur Aufführung und erzielte einen überaus günstigen Erfolg. Das Libretto, von West und Genée geliefert und von Albin Rheinisch für diese Bühne besonders bearbeitet, behandelt die Abenteuer einer jungen Dame, welche bei Verlust ihres großartigen Vermögens bis zu ihrem zwanzigsten Jahre verheirathet sein muß. Dieselbe geht mit cinem, {hon anderweitig verlobten und verliebten jungen Manne cine Scheinehe cin und verliebt sich inzwischen in einen Maroniten- fürsten, dessen wirkliche Gemahlin sie noch zu guter Stunde wird. Der dramatisbe Inhalt der Operette ist in der Bedeutung nicht mehr oder weniger hervorragend, als man es in diesem leihtgebauten Genre gewöhnt ist. Die Musik bewegt sih größtentheils in der gefälligen rythmischen und melodishen Gangart, welche Suppé seit seiner „Fatinißa“ immer gepflegt hat. Eigentlih Neues und Originelles tommt in diesem, im Ganzen liebenswürdigen Werke wenig zu Gehör. Eines besonderen Beifalls erfreute sih das anmuthige Duett zwischen „Titania“ und „Antarsid“ und das Lied der „Tessa“: „Sprechen Sie mit der Mama“ im zweiten Akt. Die weibliche Hauptrolle (Titania) fand in Frl. Collin cine trefflihe Darstellerin, welhe besonders in den s{üchternen Liebesscenen außerordentlih frisch und anmuthig wirkte; in den freier und fröbliher zu \pielenden Scenen dagegen machte sih eie kühle Gelassenheit bemerkbar, welche die vollkommene Wirkung biéweilen verhinderte, Aub in der Stimme kam dieser Mangel zum Ausdruck; dieselbe zeigte in den Pianosäßen einen milden und weiden Klang, welcher aber verloren ging und gepreßt erschien, sobald ein Forte eintrat. Frl. Koch (Tessa) spielte und sang ihre Partie recht munter und errang besonders im zweiten Akte, in welchem sie am meisten beschäftigt ift, reihlichen Beifall. Eine nie versagende Quelle der Heiterkeit für das Publikum i} der unverwüstlibe Humor des Frl. Elise Smidt, welche troß der ges{wundenen Sangeskunst durch ihr übermüthiges drastishes Spiel eine Kraft von hervorragender Bedeutung bleibt. Ihr zur Seite, als Meister der Komik, teht Hr. Wellhoff (Fanfani Pascha) und ruft seinerseits durch sein {arf pointirtes und immer lebensvolles, heiteres Darstellungsvermögen alle Lachgeister der Zu- schauer wah. Den Europäer „Miradillo“, den liebenswürdigen Leichtfuß, spielte und sang Hr. Swoboda mit dem ihm eigenen feinen Humor. Die gewandte Darstellung trug das Ihrige zu dem Ge- lingen des neuen Werkes, welches Hr. Fritsche mit Üüberraschender Pracht in Dekorationen und Kostümen ausgestattet hat, bei. Viele Nummern wurden da capo verlangt und am Ende cines jeden Aktes wurden der Komponist und Hr. Fritsche wiederholt gerufen.

Die glänzende Aufnahme, welcbe die Operette auch gestern ge- funden, hat Hrn. von Suppé veranlaßt, auf die Bitte des Direktors Fritshe auch noch die Leitung der am Sonntag stattfindenden Auf- führung seines Werks zu übernehmen.

„Excelsior“ imVictoria-Theater erlebt am Dienstag, den 29., bereits seine 100. Aufführung. An diesem Tage wird sich der ganze Balletkörper, dec mit unermüdlichem Eifer die nicht eben anstrengungslosen Tänze jeden Abend ausgeführt hat, blumenges{müdckt dem Publikum präsentiren. Auch werden Einlagen verschiedener neuer Solopiecen den Glanz des {önen Ballets noch erhöhen.

Das Central-Theater hat von dem Komponisten und Kapellmeister Zichrer aus Wien eine neue Opperette erworben. Di- rektor Wilken hat bereits zur Pflege dieses neuen Genres geeignete Kräfte gewonnen. Wann das Central-Theater diese Metamorphose vornehmen wird, ift noch nicht bestimmt, da der „Herzensfritz“ immer noch seine Anziehungskraft aus.

Der „Geist des Wojwoden gelangt nah der zwischen dem Komponisten Ludwik Großmann und der Direktion des Walhalla- Operetten-Theaters getroffenen Vereinbarung am 9. Februar, cinen Tag nah der 100. Aufführung von „Nanon“ zur ersten Aufs führung. Die Operette soll glänzend ausgestattet werden. Ebenfo wird auch das Orchester noch im Streichquartett und durch eine Harfe verstärkt. Sämmtliche Hauptpartien sind doppelt Leseßt und zwar alterniren als „Beata“ Frls. Meinhardt und Scildert, als „Helene“ Frls. Stubel und Hecht, als „Leon“ die Hrrn. Drucker und Wilhelmy, als „Antoil“ die Hrrn. Worms und Hiller, als „Chevalier“ die i dds Link und Langkammer und als „Mista* die Hrrn. Ed. Steinberger und Suppan.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck!t W,. Elsner. Fünf Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

Resultate aufzuweisen. Dank seiner Anregung und mit seiner Unter-

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Sonnabeud, den 26. Januar

1154,

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 26. Januar. Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (34.) Sißung des Hauses der Abgeordneten wurde die erste Berathung des Gescßentwurfss, betreffend die weitere Herstellung von Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung für Rechnung des Staates, die Betheiligung des Staates bei dem Bau einer Eisenbahn von Heide nah der Landes- grenze bei Ribe sowie die Beschaffung von Mitteln für die Vervollständigung und bessere Ausrüstung des Staatseisen- bhahnnetes fortgeseßt. S E

Nach dem Abg. vom Heede ergriff dex Minister der öffent- lichen Arbeiten Maybach das Wort:

Meine Herren! Auch in diesem Jahre wird wie in den früheren Jahren, wie das ja auch {hon erwähnt ist, die Debatte von der Eigenthümlic(hkeit- beherrsht, daß viel mehr davon gesprocen wird, was nicht in der Vorlage steht, als von dem, was darin fteht, und ebenso, daß diejenigen Herren, welche gegen die Vorlage sprechen, meistens als Freunde der Vorlage sich einführen. i

Wenn ih {on jeßt das Wort ergreife, obgleich ich wohl an- nehmen kann, daß auch von anderen Seiten eine ganze Menge von Wünschen vorgetragen werden wird, so geschieht es, um gleich zu er- flären, daß ich bitte, aus dem Umstande, wenn ih auf jeden dieser Wünsche eine Erklärung nicht abgeke, nicht schließen zi Wollen daß {G trgend anem dieser Wünsche un- \sympathisch gegenüberstehe. Ich bin nicht n De LU0e, quch nicht legitimirt Namens der Staatsregierung, über all die Projekte, welche hier in Vorschlag kommen, mich auszusprechen ; ih muß auch gestehen, daß ib mir über jedes dieser Projekte ein vollständiges ers&öpfendes Urtheil noch nit gebildet habe. Jch wiederhole also die Bitte, aus diesem Umstande, daß ich zu diesen einzelnen Projekten {weige, nicht etwa {ließen zu wollen, daß ich diesen Wünschen etwa unsympathisch gegenüberstehe, ebenso wenig aber auch daraus den Schluß ziehen zu wollen, daß ih denselben eine besondere Neigung entgegentrage. 5

Gehe ich nun, meine Herren, auf die Vorlage felbst über, fo gestatten Sie mir vorauszushicken, daß wir jeßt die fünfte Borlage Dieser U l vem Bahre 1809/80 bean deln und zwar mit verschiedenen Summen, verschiedenen Linien und verschiedener Tragweite. Die Gesammtzahl der Projekte, die wir in den bisherigen Gefcßen und in der jeßigen Vor- lage bei Ihnen in Vorschlag gebracht haben, beläuft sich, einzelne Fortsezungen selbständig gerechnet, auf 83, die Summen, welche darauf verwendet werden sollen, belaufen sich inkl. der finanziellen Unterstüßung der Privatlinien, die wir gewährt haben resp. noch gewähren wollen, auf rund 273 992000 Æ Wenn ih von diesen 273 992 000 A die Summe abrechne, welche aus den durch die Ver ftaatlihung uns Üüberkommenen Reserve- und Erneuerungsfonds ftammen, und wenn ih ferner abrechne die Summen, die uns aus den kürzlich verstaatlihten Bahnen zufallen i bemerke, daß das betreffende Gesey am gestrigen Tage die Allerhöchste Sanktion erhalten Hat —, so bleibt als Neubelastung der Staatskasse cine Summe bestehen, von rund 107 965 000 Æ, es werden also aus den Reserve- und Er- neuerungsfonds 166 Millionen verwendet für neue Bahnen. Die Gesammtzahl der Kilometer, welhe für diese Summe hergestellt werden soll, beläuft sih auf 3366. :

Wenn ich aus der Stimmung, die hier im hohen Hause und, ich muß auch sagen, aus dem Lande allerorten mir entgegengetreten ift, \chließen darf auf die Richtigkeit unseres Vorgehens, dann, glaube i, wird uns das Zeugniß ausgestellt, wir haben die richtigen Wege ein- gesblagen. Wir haben mit denjenigen Bahnen, die bis jeßt dem Betriebe übergeben sind, den betreffenden Landestheilen große und dankbar anerkannte Vortheile zugeführt, wir führen den Landestheilen, in denen jeßt Bahnen im Bau begriffen sind, sowie denjenigen, denen wir jeßt neue Vahnen geben wollen, große Vortheile für ihre Melioration zu, so daß uns das Anerkenntniß nichi versagt werden wird: ihr babt in der That das Beste des Landes gesucht. ;

Was ich in früheren Jahren gesagt habe, muß ich heute wieder- holen: nämli, daß noch lange niht alle Bedürfnisse befriedigt; es werden auch noch viele Wünsche außer denen, die hier im Hause ausgesprochen werden, im Lande gehegt, und sehr viele diefer Wünsche {find vollkommen berechtigt. Sie werden aber mit uns der Auf- fassung sein, daß wir in der Entwickelung dieses Systems mit Vor- {idt vorgehen müssen, daß wir dabei immer im Auge behalten müssen die allgemeine Finanzlage und insbesondere die Rücksicht auf den finanziellen Effekt unseres Staatseisenbahnsystems. Ueberstürzungen werden wir namentlih auf diesem Gebiete vermeiden müssen, und wenn wir in die Lage kommen, was ih lebhafi wünsche, noÞ eine Reihe Iahre hindurch alljährlih eine Summe von 50 bis 60 Millionen Mark zu verwenden auf die Melioration des Bahnverkehrswesens, dann, meine Herren, werden wir uns sagen dürfen: wir haben das Möglichste gethan, wir haben Alles gethan, was mit upvserer altpreußischen Sparsamkeit in Bezug auf die Finanzen und mit der ruhigen Entwicklung der Dinge allein vereinbar ist.

Meine Herren! Auf die Einzelheiten des Gefeßes einzugehen, möchte ich mir für jeßt versagen, es wird ja in der Kommission, set es nun die Eisenbahnkommission oder die Budgetkommission, Ge- legenheit sein, über alle diese Dinge noch ausführlich zu spreen und die Gesichtspunkte darzulegen, unter dencn gerade die Projekte, die in der Vorlage aufgestellt wurden, entstanden sind, und zu erörtern, weshalb geradezu wichtige Gründe für diese Projekte sprechen. Im Einzelnen will ih nur hervorheben, daß die Linie von Labiau nach Tilsit, die Fortseßung derjenigen Linie, die Sie vor einigen Jahren genehmigt haben, für die Melioration der Provinz Ostpreußen von nicht zu untershäßender Bedeutung ift. Ih möchte weiter darauf aufmerksam machen, daß die Linie von Dahlerau nach Langer- feld (Rittershausen), die dem Hrn. vom Heede nicht lang

oder nicht breit genug geworden ist, doch nicht für sid betrachtet werten kann, sondern betrachtet werden muß im Zusammenhang mit der großen Position, welche wir eingestellt haben für die Umgestaltung des Bahnhofs Rittershaufen, die ganz unvermeidlich war, wenn man überhaupt die Bahn ausführen und die Os mit Wichling- hausen herstellen will, es sind dafür in der Vorlage 40700090 4 in Ansatz gebracht. : i

Eine Linie, die hier im Hause lebhaft befürwortet worden ist, besonders von dem Hrn. Abg, Berger, ist die Fortseßung der Hohen-Venn- Bahn nach Luxemburg. Wir haben nah dem Ergebniß der Ver- handlungen mit der Eroßherzoglih Luxemburgischen Regierung daran gehen können, die Fortseßung diefer Linie in Angriff zu nehmen. Der Aufschluß des Hochwaldes und des Hundsrücks wird mit 2 Linien zunächst nur unvollkommen bewirkt werden, indessen über diefe beiden Linien kann nach Lage der Dinge ein Zweifel nicht be- tehen. Wie die Fortseßung und Entwicklung nach der Seite zu erreichen sein wird, ‘das wird sich erst im Laufe der Zeit ergeben, ein bestimmtes Urtheil kann man bis jeßt uicht fällen, jedenfalls dürfen die Bewohner der Landestheile, für die wir nur dieje Linien in Vorschlag gebracht haben, nicht daraus \{ließen, daß nun hiermit für immer abgeschlossen fein solle. l

Veber die Nothwendigkeit der Vermehrung der Doppelgeleise giebt Jhnen die Vorlage und demnächst die Erörterung in der Kommission das zenügende Material an die Hand.

Der Umbau einzelner Bahnhöfe läßt sich, wie auch die Prüfung in der Kommission ergeben wird, niht länger umgehen, insbesondere der Bahnhof Herbesthal, der auch dazu dienen wird, den Verkehr und Betrieb auf der Station Cöln einfacher zu machen.

Die Mehrkosten für die Berliner Stadteisenbahn, die mir im großen Grade unsympathisch sind, waren ebenfalls niht zu vermeiden, wie Ihnen nachgewiesen werden wird, in Folge der Veränderung der RNechtésprehung in Betreff der Grundsätze, nach welchen die Grund- entschädigungskosten zu gewähren sind. Wir hatten nah den früheren Vorgängen annehmen dürfen, daß die Gesihtëpunkte, welche das Obker-Tribunal, und wenn ich nicht irre, wird auch der Senat des Neichs8- Gerichts angenommen hatten, auch ferner in Geltung sein würden. Diese Erwartung ist indessen nicht eingetroffen, und wir haben urs in Folge dessen in größere Kosten verwickelt gesehen.

Dann, meine Herren, die Beschaffung der Betriebsmittel an- langend, so hat Hr. vom Heede bereits die Güte gehabt, darauf hin- zuweisen, wie sehr die Steigerung der Leistungsfähigkeit der vorban- denen Letriebêmittel dazu beigetragen hat, uns vor der Kalamität der Wagennoth zu bewahren. Es wird, wie ih hoffe, in Zu- kunft mit diesem Matéirial noch mehr geleistet werden können, sobald wir namentlich die großen End- und Nangirbahnhöfe an den Endpunkten fertiggestellt und die anderen großen Bahnhöfe auëgebaut haben werden, so daß der Umschlag der Wagen au dort noc mehr beschleunigt werden kann. Indessen, meine Herren, bei der Steigerung des Verkehrs würden wir doch nicht Genügendes erreiher, wenn wir nicht dazu übergehen wollten, vorsorglih jeßt {on weitere Mittel von Ihnen zu erbitten. Die erhebliche Steigerung der Leistungéfähigkeit der Be- triebsmiitel seßt uns noch nit in den Stand, einen noch erheblich wachsenden Verkehr zu befriedigen, und daß der Verkehr nochß wachsen wird, boffen wir ja alle. :

Wie schr der Verkehr auf cinzelnen Gebieten zugenommen hat, möchte ich Ihnen nur an cin paar Zahlen zeigen. Es ist gestern bei Gelegenheit der Berathung des Etats der Berg- und Hültenverwaltung {hon davon die Rede gewesen, wie sehr die Produktion und der Absaß der Kohlen sich \teigere. Jch darf hinzufügen, meine Herren, daß wir fast Jahr sür Jahr in den leßten Jahren eine Steigerung auf den Eisenbahnen gehabt haben sowohl in dem Saarkohlenrevier als auch im oberschlesishen Revier bis zu 109%, und daß der Mehrtranêport mit den vorhandenen Betriebsmitteln fast garnicht bewältiat werden kann, wenn das so weitergeht.

Ein Element, was uns viel Sorge bereitet hat, ist der ganz un- geheuer gewachsene Rübentransport. Dieser Rübentransport, der ja gewisse Bedenkin insofern in sich trägt, als wir nicht ohne Besorgniß einer drohenden Ueberproduktion entgegensehen können, nöthigte uns gerade zu Zeiten, wo wir tur Kohlentranêporte, durch den Kartoffel- transport, und îm vorigen Jahre noch dur den großen Obsttranëport sehr in Anspruch genommen waren, große Mengen von Wagen an die betreffenden Punkte zu werfen, um dem augenblicklichen Andrang gerecht zu weten.

Wie bedeutend das zugenommen hat, mcine Herren, das möchte ih Ihnen daran zeigen, daß im Direktionsbezirk Magheburg, der allerdings derjenige ist, der zunächst hauptsächlih am bedeutendsten in Frage kommt, aber es gilt dies auch von andcren namentlich in Schlesien der Transport kolossal zugenommen hat. Die Steigerung des Rübentransports beträgt gegen das Jahr 1880 134,4 9/6. Wir haben von Jahr zu Jahr 32, 49 und ähnliche Prozente Steigerung gehabt. Das zu bewältigen ist nur möglich gewesen durch eine sehr starke Anstrengung des Personals und auch des Materials, aber, meine Herren, das ist auf die Dauer nicht durhzusezen. Wenn, wie wir erwarten, der Verkehr noch weiter fich" steigert, auch durch die Ent- wickelung des Landes, vermöge der verschiedenen Sekundärbahnen, wie im internationalen Verkehr, dann müssen Sie uns in die Lage setzen durch Beschaffung der nothwendigen Betriebsmittel den An- forderungen des Publikums gerecht zu werden, Alles und zu jeder Zeit werden wir nicht leisten können, aber ih glaube, es würde sich die Verwaltung verantwortlich machen, wenn fie nicht das Ihrige thäte, um der Industrie und Landwirthschaft eine thunlichs volllommene Leistungsfähigkeit gegenüberzustellen.

Meine Herren! Dann möchte ih noch eins berihtigen. Der Abg. vom Heede hat darauf hingewiesen, daß die Vertheilung in Bezug auf die Heranziehung der Interessenten doh vielleicht nicht ganz richtig sei. Wir haben das Prinzip beobachtet, welches wir auch früher festgehalten haben, auf Grund der eingehenden Ermitte- lungen der Provinzialbehörden das Interesse der Interessenten, die Leistungsfähigkeit derselben und den Werth der betreffenden Bahnen für das allgemeine Staatsinteresse in Berechnung zu ziehen und vanach die Anforderungen zu stellen. Wenn der Hr. Abg. vom Heede meint, daß beispielsweise die Linien Lifsa-Jarotschin und Lissa-Ostrowo hauptsächlid strategisber Natur sein würden, so muß ich_das bc- streiten. Das Projekt Lissa - Jarotshin i, wie die näher unterrichteten Herren zugeben werden, \{on ein recht altes. E wurde gewünsht, den Knoktenpuntt Lissa mit dem Knotenpunkt FJarotshin es it das der Knotenpunkt der Linien Creußtberg-Posen und Dels-Gnesen eine \{chmalspurige

Bahn herzustellen. Diese {chmalspurige Bahn konnte aber im mili- tärischen und im allgemeinen Verkehrsinteresse niht zugelassen werden, weil die Verbindung zweier solcher Knotenpunkte \{chmalspurig nicht rationell war. Die Linie Lissa-Dslrowo, die einen fruchtbaren Kreis der Provinz aufsließt, war sogar son von der Oberschlesischen Eisen- bahngesellshaft beschlossen. Alle diese Linien fehen Sie sie ganz genau an werden Ihnen als Meliorationélinien in der Hauptsache erscheinen müssen; daß sie nebenbei aub, wie fast alle Eisenbahnen, die Vertheidigungéfähigkeit des Landes fördern, will ih nit bestreiten.

Was nun insbefondere die Provinz Posen anlangt, fo sind der Regierung so oft nicht mit Neht Vorwürfe gemacht worden, wir ver- nacblässigten diese Provinz. Jch kann sagen, ih habe förmlich das Bedürf- niß gehabt, dem entgegenzutreten und ih sehe, der Hr. Abg. Kanta? nickt mir wohlwollend zu, daß für uns auch dort Sympathie erweckt wor- den ist; wir haben bis dahin Manches niht möglih machen fönnen, weil das Privatbahnsystem dort herrschend war, :sclbst den Wünschen, die wir als begründet ansehen konnten, gerecht zu werden. Das hat sich aber jeßt geändert und ih glaube, daß die Provinz Posen das mit Recht erwarten kann. y ——

Wenn ich nun zum Schluß Sie bitte, diese Vorlage, die, wie ih hoffe, dem Lande nah allen Seiten zu Statten kommt, mit Wohlwollen aufzunehmen, derselben Ihre Zustimmung zu geben, und daran die Hoffnung knüpfe, daß es nicht die leßte ist, sondern daß wir hoffen dürfen, wie ih vorher erwähnte, daß die Verhältnisse sich allgemein weiter günstig entwickeln, so daß wir noch andere Vorlagen werden folgen lassen können, dann, glaube ih, habe ih mein Für- wort nicht vergebens eingelegt für diese Vorlage.

Der Abg. Dr. A, Reichensperger (Cöln) erklärte, die Re- sultate, welhe mit dem Staatsbahnsystem bis jeßt erzielt worden, seien derartige, daß er nur seine aufrihtige Freude darüber aussprechen könne. Wenn er sih gegen die Vorlage habe einschreiben lassen, so habe er es nur gethan, um die Aufmerksamkeit der Regierung auf einen Landestheil zu lenken, welhem dur eine Bahn ret sehr aufgeholfen wer- den würde ; er meine den östlihen und mittleren Theil der Eifel. Er glaube, was dem Hunsrück noth thue, das habe auch die Eifel nöthig. Auf die Nothlage an der Eifel wolle

er hier nicht weiter hinweisen. Die Lage dort sei jedem der

Mitglieder hier im Hause, sowie auch der Regieruna bekannt genug. Wenn er sih hier so sehr für den Bau dieser Eifel- bahn interessire, so wolle er bemerken, daß diese nit in seinem Wahlkreise liege. Er könne wohl auch annehmen, daß mit dem Bau in Bälde begonnen werden würde, da ja die Vorarbeiten bereits ziemlich weit gediehen seien. Der Minister schweige, er nehme diefes Schweigen indeß für den Ausdruck seiner Sympathie.

Der Abg. Jürgensen begrüßte die Vorlage mit Freude, so weit sie sih auf den Bau einer Eisenbahn von Heide über Friedrichstadt, Husum und Tondern nach der dänischen Landes- grenze bei Nibe beziehe. Die Bahn sci für die Provinz von der größten Bedeutung, und sei zu wünschen, daß dieselbe alle größeren Orte mit einander verbinde. Solite dies nicht möglich sein, so möchte sich wohl der Bau von Seitenbahnen empfehlen. Bezüglich der geschäftlihen Behandlung der Vor- lage schließe er sich dem Antrage des Abg. vom Heede auf Ueberweisung an die Eisenbahnkommission an.

Der Abg. Günther sprach der Staatsregierung den ganz besonderen Dank seines Wahlkreises t afür aus, daß die Bahn Naumburg-Artern nunmehr zu Stande gekommen sei. An den Minister richte er die Bitte, die hohen Zuschüsse, welche von der Bevölkerung s{chwer getragen würden, möglichst zu er- niedrigen.

Der Abg. von Wierzbinski schilderte die Vortheile einer Aufschließung des Hinterlandes von Gnesen, namentli des südöstlihen Theiles des Kreises Wongrowiß, welcher tro seiner blühenden Landwirthschaft, zahlreiher großer Domänen und Brennereien doch keine Bahnverbindung besiz-. Redner wiederholte die hon im vorigen Jahr vorgebrahten Wünsche betreffend Herstellung einer Verbindunz zwischen Gnesen und dessen Hinterland. Die Mehrkosten könnten beim Bau einer größeren Bahn nicht ins Gewicht fallen gegenüber den großen wirthschaftlihen Vortheilen, die für die dortige Gegend daraus resultiren müßten.

Der Abg. Steff ns (Danzig) bedauerte konstatiren zu müßsen, daß der Minister auf die Anregung des Abg. Wehr eine beruhigende Erklärung nicht abgegeben habe. Es sei wiederholentlich von der Regierung versprochen, daß die Macht der Eisenbahnverwaltung nicht gemißbraucht werden solle, um Privatbahneza zu löhmen, und daß dieselbe auf Er- haltung des Handels von Königsberg und Danzig Bedacht nehmen werde. Das Bahnprojekt Allenstein-Soldau-Jllowo stehe mit diesen noch vor einigen Tagen wiederholten Ver- sprehungen in Widerspruh. Der Nugen dieser Linie für &Fndustrie und Landwirthschaft sci gering, der Hauptzweck sei die Ablenkung des Verkehrs von der Bahn Mlawka-Marien- burg-Danzig. Redner wies dies aus den Motiven der Vor- lage nach und betonte namentlih, daß ca. 2 Millionen für den Bau der Bahn Soldau-Jllowo gefordert würden, welche lediglich eine Parallelbahn der östlichen Strecke der Marien- burg-Mlawkaer Bahn sei; es sei besser auch diese Bahn zu verstaatlichhen, damit die Regierung ‘auch ihr den legitim er- worbenen Verkehr belasse, und eventuell neuen zuführe. Er bitte auch seinerseits den Minister um eine beruhigende Er- klärung.

Der Abg. von Tiedemann (Labischin) erklärte, das Re- zept zu der bei Geseßentwürfen, wie dem vorliegenden, zu haltenden Normalrede lasse sih aus den bisher gehörten Aus- führungen leiht entnehmen; man beginne mit dem Ausdru des Dankes an den Minister für das in Aussicht Gestellte, und schließe seinen speziellen Lokalshmerz unmittelbar daran an. Er könnte nun auch dem Minister seine Reverenz machen, und seinen speziellen Schmerz bezüglih der Linie Rogafen- Jnowrazlaw zum Ausdruck bringen, um fih dann auf die Hoffnung auf das Wohlwollen des Ministers zurückzuziehen, und sich wieder zu segen, Jndeß nöthigten ihn die Ausfüh- rungen des Abg. von Wierzbinski zu einer Entgegnung. Es handele sih für den Regierungsbezirk Bromberg befonders um den Aufshluß der Kreije Wongrowiß und Squbin, welche ausgezeihneten Boden besäßen, der keiner Aufmunterung durch Kaïnit, sondern nur dur Eisenbaknen bedürfe. Mit großer Bereitwilligkeit sei der Minister auf die Wünsche der Bethei- ligten eingegangen ; indeß bedürfe es noch einer Linie in der Rich- tung von Westen nah Osten und diese dürfte am zweckmäßigsten in der Verbindung Rogasen-Fnowrazlaw gefunden werden. Nun könne ja freilich niht Alles auf einmal geschehen; er hoffe, daß in der nähsten Sekundärbahnvorlage die genannte Linie auch figuriren werde. Der Grund für die Verzögerung des Baues der Linie Gnesen-Nakel sei, daß man auf ganz ungeaynte Schwierigkeiten bei der Grunderwerbsregulirung gestoßen sei, Mit ganz unglaublicher Hartnäckigkeit habe der Kreis Gnesen es abgelehnt, den an ihn gesteluten Forderungen zu entsprechen, er habe si vergeblih bemüht, den Leuten die Unerfüllbarkeit ihrer Wünsche bezüglich der Verlegung der Trace auseinander- zusezen. Bedingungen aber für die Rihtung einer Bahn im Einzelnen könne der Minister sich niht vorschreiben lassen. Jeßt hätten die Kreise Wongrowiß und Schubin in einmüthi- gem Zusammenwirken, Polen und Deutsche, die {hon durch jreiwillige Beiträge Ailes zum Bau der Linie Rogasen-FJno- wrazlaw aufgebracht hätten, sich auch noch bereit erklärt, für Gnesen-Nakel einzutreten, wofür ihnen ein ganz besonderer Dank gebühre. Er hoffe also, daß in Kurzem auch der Bau dieser Bahn vollständig gesichert sei. E

Der Abg. Jensh fand, daß für den nördlich von der Posen-Stargarder Bahn gelegenen Theil der Provinz Posen niht genügend durch Bahnverbindungen gesorgt sei. Nachdem der Minister nun {hon 137 000 000 (6 seit 1882 bewilligt er- halten habe, wovon zunächst nicht ein Pfennig auf die Pro- vinz Posen entfallen sei, habe derselbe der leßteren zum ersten Male im vergangenen Jahre gedaht. Redner legte die Noth: wendigkeit einer Verbindung von der Stargard-Posener Bahn aus nach der Warthe hin eingehend dar; er sei der Ansicht, daß die besonderen Schwierigkeiten, welche, als dem erwähnten Projekt entgegenstehend, hervorgehoben seien, von dem Augen- blide an nicht existirten, wo die Oberschlesische Bahn verstaat- liht worden sei. Er richte \{ließlich an den Minister die dringende Bitte um eine Erklärung, ob und in welher Weise

derselbe sih dem angeregten Projekt gegenübex entgegenkomz mend verhalten werde.