1884 / 24 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches. Deutsches Rei,

Preußen. Berlin, 2. Januar. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen gestern den General- Feldmarschall Freiherrn von Manteuffel vor dessen Rückehr nach Straßburg, und den Vize-Präsidenten des Staats- Ministeriums von Pruttkamer.

Heute nahmen Se. Majestät den Vortrag des Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski entgegen, und empfingen später den Kammerherrn Freiherrn von Loën und den Staats- sekretär des Auswärtigen Amtes Grafen von Haßfeldt.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte gestern dem Gottesdienste in der Kapelle des Augusta - Hospitals bei.

Sée, KaiserliGße und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sih am Sonnabend zu Wagen zur Jagd nah Spandau und kehrte von dort auf der Hamburger Bahn mit dem Zuge um 4 Uhr 21 Minuten zurück. Um 5 Uhr empfing Höhstderselbe den General Sir Samuel Browne.

Gestern fand ‘um 10 Uhr Gottesdienst in der Haus- kapelle des Kronprinzlichen Palais statt.

Um 1/212 Uhr empfing Se. Kaiserlihe Hoheit den Seconde-Lieutenant Bacmeister 11. vom 5. Westfälishen Jn- fanterie-Regiment Nr. 53, und um 12 Uhr den Kaiserlichen Statthalter General-Feldmarschall Frhrn. von Manteuffel.

Um 5 Uhr begann das Familiendiner im Kronprinzlichen Palais.

Abends begab Se. Kaiserlihe Hoheit Sih nach dem Opernhause.

Heute fand eine Sigung der vereinigten Aus\s{üs}se des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Elsaß- Lothringen sowie für Rechnungswesen und für Elsaß- Lothringen statt.

Das Protokoll über die vierte Sißung des Volks- wirthschaftsraths und die Zusammenstellung der Beschlüsse des Volkswirthschaftsraths zu den Grundzügen für den Ent- wurf eines Geseßes über die Unfallversiherung der Arbeiter befinden sih in der Ersten Beilage.

Nah Mittheilungen aus den Niederlanden hat das Königlih niederländishe Ministerium für Waterstaat, Handel und Nyverheit für den 20. Februar d. J., Mittags 12 Uhr, eine Submission auf Lieferung von

1) 90 000 fichtenen Eisenbahnqu ershwellen im Taxwerth von 165 000 Fl., 2) 200 eisernen Laternenpfählen mit Zubehör im Tarx- werth von 7000 Fl., ausgeschrieben.

Die näheren Bedingungen sind vom 1. Februar an bei dem genannten Ministerium einzusehen, sowie dur die Buchhändler Gebrüder van Cleef, Spui Nr. 28a. im Haag zu beziehen.

Vom 1. April d. J, ab finden, nach einer allgemeinen Berfügung des Justiz-Ministers vom 19. d. M. die bestehenden 400rshriften, nah welchen die Gerichts\chreiber die für die Besorgung des Schreibwerks erforderlichen Hülfskräfte zu stellen und die Bestreitung der mit dem Schreibwerk ver- bundenen sählihen Kosten zu übernehmen haben, nur auf diejenigen Amtsgerihte Anwendung, bei welchen der Gerichts- schreiber zugleih die für die Büreaugeschäfte erforderlichen Hülfskräfte zu stellen hat und dafür eine Entschädigung aus der Staatskasse bezieht. Bei allen übrigen Amtsgerichten ist von dem gedachten Tage ab das Schreibwerik für Rechnung der Staatskasse zu beschaffen.

Na einem Cirkularerlaß der Ressort-Minister vom 12. d, M. sind die nach §. 24 des Feldmesser-Neglements vom 2. März 1871 von der Landespolizeibehörde zu ernen- nenden Vermessungs-Revisoren, auch wenn sie dem landwirthschaftlihen Ressort angehören, verpflichtet, die Auf- träge der Landespolizeibehörde zu erledigen. Die Nücksicht auf die Jnteressen des landwirthschaftlichen Ressorts erfordert aber, daß solhe Aufträge nur unter Beachtung dieser Jnter- essen und im Einvernehmen mit der betreffenden Behörde dieses Ressorts ertheilt werden. Die Königliche Regierung wolle demgemäß in Zukunft verfahren.

Der Minister für Landwirthschaft 2c. hält nach einem Cirkularerlaß vom 12. d. M. die Vorschristen in den 8. 46, 47 und 50 der Bundesraths-Jnstruktion vom 24. Februar 1881 über die Observation und die periodischen thierärztlihen Untersuhungen aller der Ro0ob- anstedung verdächtig gewordenen Pferde im vete- rinärpolizeilihen Fnteresse für zweckmäßig und unentbehrlich, hat indessen angeordnet, daß die beamteten Thierärzte ange- wiesen werden, jedesmal bei einem Ausbruche der Noßkrank- heit der Polizeibehörde oder dem Regierungs: Präsidenten direkt ihre Ansicht über den ungefähren Werth der unter Observation zu stellenden Pferde mitzutheilen, damit der Ne- gierungs-:Präsident zur Verhütung einer zwecklosen Belastung der Staatskasse in Fällen, wo der Werth dieser Thiere wahr- scheinlih geringer ist, als die Kosten, welche aus der thier- ärztlihen Untersuchung derselben während der Observations- zeit erwachsen würden, die alsbaldige Tödtung der Pferde anordnen kann, sofern dies nach S. 53 der Bundesraths-Jn- struktion zulässig ist.

„____— Am 24. Januar hielt die Königliche Akademie der Wissenschaften die öffentliche Sizung zur Feier des Geburtstags Friedrihs des Großen. Der vorsißende Sekretar Hr. Curtius eröffnete die Sizung mit einer einleitenden An- sprache, gab sodann Bericht über die seit dem leßten Jahres- tage eingetretenen Personalveränderungen in der Akademie und verkündete endlih die dur Allerhöhsten Erlaß vom 21. Januar cr. erfolgte Ertheilung des zum Andenken an den Vertrag von Verdun gestisteten Preises an Professor Heinrich E Treitshke für seine Deutsche Geschihte im 19. Jahr- junDdert.

Darauf gab Hr. von Sybel eine Mittheilung über die im Geheimen Archiv beruhende Handschrift der Memoiren du Catts, Lektors König Friedrihs des Großen.

Der Direktion der Dels-Gnesener Eisenbahn- gesellshaft ist auf die von der Generalversammlung am

kaufs der Bahn durch den Staat der nachstehende Bescheid zugegangen : Breslau, den 26. Januar 1884. Die Gesellschaftsvorstände der Oels-Gnesener Eisenbahn haben dur die an die Herren Minister der öffentlichen Arbeiten und der Finanzen gerichteten Eingaben vom 13. und 15. v, Mts. die Ein- leitung von Verhandlungen über den in der Generalversammlung der Aktionäre vom 12. v. Mts. gefaßten Beschluß, wonach die Gesell- {haft zur Abtretung ihres Unternehmens an den Staat zwar unter den Bedingungen des Vertragsentwurfes, aber gegen Gewährung außerdem noch einer Konvertirungsprämie von 9 4 für jede Stamm- aktie und von 25 H für jede Prioritäts-Stammaktie bereit ift, in Antrag gebracht. / i Da dieser Besluß für die Königliche Staatsregierung, ihrer be- stimmten Erklärung entsprechend, unannehmbar ist, so habe ich im Auftrage und im Namen der genannten Herren Minister der Direktion der Gefellschaft zu. eröffnen, daf für die Königliche Staatsregierung kein Anlaß vorliegt, über den erk# nten Generalversammlungs-Beschluß in Verhandlungen einzutreten. e Möchten die Gesellschaftsvoz 121nde einen anderweiten, der früheren staats\eitigen Offerte entsprehes g1Bescluß der Generalversammlung so zeitig ertrahiren, daß dem G1itage noch in dieser Session eine bezüglihe Vorlage gemacht lana fönnte, so würde ein derartiger Beschluß in nähere Erwägung; 14mmen werden. elipenve S des Königlichen (py ba n-Kommissariats Geheime res Fégierungd-! tath ÍMeET. An die Direktion der Oels-Gizen er Eisenbahn- Gesellschaft hier. 93

An Zöllen und“ gemeinschaftlihen Ver- braussteuern sowie anderen Einnahmen sind im Rei ch für die Zei: vom 1. April 1883 bis zum Schlusse des Mo- nats Dezember 1883 einschließlich der kreditirten Einnahmen (und verglichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) zur Anschreibung gelangt : Zölle 155 263 488 M (+ 2189542 46), Tabacksteuer 4 216 321 M, (—1 055 303 M), Rübenzuckersteuer 9 869 836 4 (— 24 923 831 Á), Salz- steuer 29 133 095 M (— 95 201 Á6), Branntweinsteuer 26058924 M (— 2618585 M), Uebergangsabgaben von Branntwein 81266 6 (— 83883 H), Braujteuer 13164089 M (+ 693466 M), Uebergangsabgaben von Bier 1 145 896 4 (+ 139 087 4); Summe 219 193 243 M (— 20 437 538 6). Spielkartenstempel 750 090 M (— 404 M6), Wechselstempelsteuer 5 104 168 M (—4- 126 970 M), Stempel- abgabe für Werthpapiere, Schlußnoten, Nehnungen und Lotterieloose 9313826 #( (+4 1 514 623 H), Post- und Telegraphenverwaltung 118 492 219 M. (4- 5425 945 M), Reichs-Cisenbahnverwaltung 34 968 000 4, (—+ 1 073 033 M6).

Die zur Reichskasse gelangte Js - Einnah ié, ab- züglih der Bonifikationen und L erwaltungskosten, be- trägt bei den nachbezeihneten Einnahmen bis Ende Dezember 1883: Zôlle 136413925 M (+ 941959 M), Tabad- steuer 7 062441 M (— 4001 102 M), Rübenzuckersteuer 25 330 032 46 (— 4 245 687 M), Salzsteuer 26 419 043 M (+ 43866 M), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 27 471 074 M (— 882 233 M), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 12 125 904 M4, (—- 699 077 46); Summe 234 822 419 6 (— 7 444120 M). Spielkartenstempel 679 483 A6 (+ 28190 6).

Das wissentlißhe Mitgenießen gestohlener Nahrungs- oder Gepußmittel ist nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 11, Straffénats, vom 20. November v. F. nicht als Hehlerei zu bestrafen, wenn der Mitgenießende die zum Genuß vorgeseßten Gegenstände gemeinschaftlih mit dem Diebe kon- sumirt, ohne vorher eine eigene Verfügungsgewalt über diese Gegenstände erlangt zu haben. Beispielsweise begeht Der- jenige, welcher von einem Diebe zum Mittrinken von ge- stohlenem Wein eingeladen, an dem gemeinschaftlihen Genuß des Weins, dessen strafbaren Ursprung er kennt, sih bethei- ligt, ohne diesen Wein vorher an sich zu bringen, keine Heh- lerei, sondern er nimmt dadurch in strafloser Weise an den Vortheilen des Diebstahls Theil.

Nach Beendigung des am 1. Oktober v. G Be beE Artillerie-Schießschule begonnenen Kursus sind die

zu demselben kommandirt gewesenen Offiziere gestern in ihre Garnisonen wieder zurückgekehrt.

Bayern. München, 26. Januar. (W. T. B.) Der Kaiser von Oesterreich nahm heute Frühstück und Diner beim Prinzen Leopold ein, besuchte Vormiitags in bayerischer Uniform die Mitglieder des Königshauses und empfing darauf deren Gegenbesuche. Am Abend wird der Kaiser der Vor- stelung im Eärtner-Theater beiwohnen. Sonntag findet ein Galadiner bei der Königin-Mutter statt.

Der Finanzausshuß der Abgeordonetenkammer be- willigte 205 000 6 für den unverzüglichen Gesammtumbau e Landtagsgebäudes und strih 106 A vom Landtags- etat ab.

Sachsen. Dresden, 27. Januar. (W. T. B.) Die

Prinzessin Georg von Sachsen is nit unbedenklich an einem nervösen Fieber erkrankt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 26. «Fanuar. (Prag. Abendblatt.) Nach den in parlamentarischen Kreisen herr- schenden Dispositionen dürste die Debatte über den Wurm- brandschen Antrag am nächsten Montag zu Ende geführt werden, worauf am Dienstag die Diskussion über den Herbst- schen Antrag, betreffend die Sprachenverordnung für Böhmen und Mähren, eröffnet werden soll.

28. Januar. (W. T. B.) Ein sozialistischer Agitator, angeblih Brüllmayer heißend und zuleßt in der Florids- dorfer Pappendeckelfabrik beschäftigt, ist unter Verdacht der Mitwissenschaft des Mordes an Bloech gestern am Südbahn- hofe verhaftet. Brüllmayer war am Thatorte gesehen worden, als der Mord verübt wurde.

Lemberg, 25. Januar. (Presse) Die Decanats- Kongregation der ruthenishen Geistlihkeit beschloß, in Angelegenheit der Congrua-Regelung cine Adresse an den Kaiser zu rihten, welhe durch eine besondere aus fünf Mitgliedern bestehende Deputation überreiht werden wird. Jn der Adresse spricht der ruthenisce Klerus Sr. Majestät den innigsten Dank aus für die bisherige allergnädigste Fürsorge und bittet unterthänigst um die weitere Unterstützung.

Pest, 26. Januar. Die „Bud. Corr.“ meldet, daß die Budgetdebatte im ungarischen Abgeordnetenhause wahr- scheinlich Mittwoch beendigt und demnach die Verhandlung des Oberhaus-Nuntiums über das Mischehegeseß erst am nächsten Donnerstag auf die Tagesordnung geseßt werden

12. Dezember v. J. gefaßte Resolution in Betreff des An-

_ Agram, 24. Januar. Wie die „Bud. Corr.“ meldet, sind nach den aus allen Theilen Kroatiens eingelaufenen Be- rihten keine Ruhestörungen zu befürchten.

Großbritannien und Jrland. London, 25, Januar. (Allg. Corr.) Während das Kabinet jeßt fast täglih Sißungen hält, um das legislatorishe Programm für die bevorstehende Parlamentssession festzustellen und andere wichtige Angelegen- heiten zu erledigen, entwickeln die Leiter und Wortführer der Opposition seit einigen Tagen eine fast fieberhafte Thä: tigkeit in den Provinzen, wo sih die konservativen Demon- strationen mehren. So weit aus den dabei achaltenen Reden gefolgert werden darf, scheint die Torypartei in beiden Häu- sern des Parlaments entschlossen zu fein, dem ministeriellëèn Prograinm, gleichviel wie dasselbe beschaffen sein mag, ent: schiedene Opposition zu bereiten.

(Allg. Corr.) Die Strikes in den Fabrif- distrikten dauern noch immer fort und kann man wohl an- nehmen, daß gegenwärtig nahezu 50 000 Arbeiter in ver- schiedenen Gewerken Strike mahen. Der Hauptgrund dieser Erscheinung ist in dem unbefriedigenden Geschäftsgange zu suchen, unter dessen Druck das Land nun schon seit längerer Zeit leidet und der \sih in den Fabrik-Distrikten natürlih am meisten fühlbar macht.

27. Januar. (W. T. B.) Der Prozeß gegen Wolff und Bondurand wegen Besißes von Sprengstoffen is eingestellt worden.

Der gestrige Orkan hat in London, und an den Küsten sehr großen Schaden angerihtet. Aus allen Theilen des Landes kommen Nachrichten über große Verwüstungen; man weiß \ich eines Orkans von gleicher Hef- tigkeit seit mehreren Jahren nicht zu erinnern. Von den Küsten wird eine große Anzahl von Schiffvrüchen gemeldet,

Frankreich. Paris, 2. Januar. (W. D. B) Der Senat hat heute das außerordentliche Budget im Ganzen angenommen, mit Ausnahme einiger von der Kammer der Deputirten hinzugefügter Bestimmungen für die Ausgleihung pi Steuern. Das Budget wird daher an die Kammer zurüc- gehen.

Die Kammer der Deputirten fuhr in der Berathung über die wirths{aftlihe Krisis und die Lage der Arbeiter fort, wobei zahlreiche Redner alle möglichen Systeme anpriesen. Laroche-Foubert empfahl Betheiligung der Arbeiter am Ge- winn. Frédéric Passy suhte nahzuweisen, daß die wirthschaft- liche Krisis nicht den Handelsverträgen zuzuschreiben fei: eine wirklihe Lösung könne nur die Freiheit der Arbeit und die Handelsfreiheit bringen. Die Fortseßung der Berathung findet am Montag statt; der Schluß der Diskussion wird nicht vor Dienstag erwartet und, wie es heißt, wird die Regierung die einfache Tagesordrung beantragen.

=— 27. vánuar.. (W D.B) Dex Voltaire“ reibt, die Regierung wünsche die neue Anleihe so bald wie nur möglih zu emittiren, in Folge der vom Senate am außer- ordentlihen Budget vorgenommenen Abänderungen sei aber, selbst wenn die Berathung beshleunigt und cin Einverständ- niß beider Kammern über das außerordentliche Budget herge- stellt werde, der Erlaß des bezüglichen Anleihedekrets vor dem 1. Februar unmöglih. Die Zeichnung auf die Anleihe solle 10 Tage nach Erlaß des Dekrets erfolgen, der Emissions- cours sei noch nit festgestellt.

In der vergangenen Naht herrschte hier ein sehr heftiger Sturm, die telegraphischen Verbindungen sind nach vielen Richtungen hin ershwert oder ganz unterbrochen. Derselbe hat hier und in der Umgegend großen Schaden angerihtet ; auch eine ziemlich große Anzahl von Personen, die sich auf den Straßen oder im Freien befanden, ist durch denselben zu Schaden gekommen. Heute war es windstill, es wechselten Sonnenschein und hestige Regengüsse.

(Köln. Ztg.) Durch Beschluß des Kriegsministers bleibt General Galliffet Präsident des Kavallerie-Aus- {usses für 1884. Der Seine-Präfekt hat auf heute den Gemeinderath von Paris nicht einberufen, sondern will denselben erst auf den 1. Februar einberufen, wo die ordent- liche Session beginnt. Die Regierung hat den Geseßt- entwurf über die Kundgebungen auf offener A RR E niht vertagt, obgleih die Gambettisten dies ver- angten.

in den Provinzen

Italien. Rom, 26. Januar. R V) Jf einer Versammlung der parlamentarischen Majorität stellte

entwurfs in Betreff der Landesvertheidigung in Aussicht.

27. Januar. (W. T. B.) Wie das Journal „Fanfulla“ er- fährt, wären die Eisen bahnverträge bereits abgeschlossen, es bestätige sih deren Theilung in ein Neß des Mittelmeeres und in ein solhes des Adriatischen Meeres, während die Eisenbahnen unabhängig bleiben und vom Staate betrieben werden würden. Der Staat werde nur das feste Material der Südbahnen zurückaufen, das bewegliche Material werde der Gesellschast verbleiben, welche sich umgestalten und den Be- trieb des Adriatishen Netes übernehmen werde, das die der- maligen Linien, sowie die zum Brenner, nah Pontebba und Triest führenden Linien umfasse. Das Mittelmeerneß, zu welchem die zum Gotthard und Mont Cenis führenden Linien gehörten, werde durch eine neue Gesellschaft be- trieben werden, der die Banque générale, die Nieder- ländishe Bank, die Diskontogesellshaft und das Bank- haus S. Bleichröder in Berlin angehörten. Von dieser Gesellschaft würden Obligationen im Betrag von 300 Millio- nen ausgegeben werden, wovon 100 Millionen als Garantie für den Staat dienen sollten, auch würde von derselben das beweglihe Material erworben werden, das dem Staate auf den von ihr zum Betriebe übernommenen Linien gehöre. Beide Gesellschaften, diejenige für das Mittelmeerney wie die- jenige für das Adriatische Netz, würden den Betrieb derselben mit dem dazu gehörigen beweglihen Materiale in Bausch und Bogen übernehmen. Der Modus der Repartirung der Erträge sei noch nicht bekannt, nur das sei sicher, daß der Staat keinerlei Subvention oder Garantie übernehme. Der „Jtalie“ zufolge würden die Gesellshaften 62 Proz. des Bruttoertrags voraus erhalten, der Rest würde zwischen den Gesellschaften und dem Staate gleihheitlih getheilt.

28. Januar. (W. T. B.) Die Eisenbahnkom- mission der Deputirtenkammer trat heute Vormittag zur Entgegennahme von Mittheilungen der Negierung zusammen, von den Ministern wohnten Depretis, Genala, Magliani und Berti der Sißung bei. Um die \{webenden Verhandlungen mit den Gesellschaften niht zu ershweren, wurde bie Geheim-

wird.

haltung der Kommissionsberathungen beschlossen.

der Minister-Präsident Depretis die Vorlegung eines Gesez-

Türkei. Konstantinopel, 24. Januar. (Prag. Abendbl.) Der französishe Botschafter verlangte von der Pforte eine Entschädigung von 10 000 Fr. wegen der geseßwidrigen Einsperrung des Dragomans des französischen Konjulats in Odeida. Die Pforte erwiderte, daß, che die Schadloshaltungsforderung berüdsichtigt werden könne, eine Untersuchung eingeleitet werden müsse, um zu ermitteln, ob die Verhastung des Dragoman wirklih gesetwidrig war.

Numäáuien. Bukarest, 26. Januar. (Prefse.) Hier find aus dem Distrikte Deleocman über 200 Bauern ein- getroffen, um bei dem Domänen- Ministerium die Betheilung mit Grundstücken zu verlangen. Wie es heißt, befinden sih bereits auch aus anderen Gegenden des Landes zahlreiche Bauern aus gleichem Grunde auf dem Wege nach Bukarest.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 27. Ja- nuar. (W. T. B.) Der Kaiser; empfing gestern den neuen italienishen Botschafter, Grafen Greppi, in feierlicher Audienz und nahm dessen Kreditive entgegen. Darnach stellte sih Graf Greppi der Kaiserin vor. Der Go uverneur von Petrokow, General-Lieutenant Kochanow, ist zum Civil-Adlatus des General-Gouverneurs von Wilna, Kowno und Grodno ernannt worden. i

Gestern Abend fand bei dem türkishen Botschafter Schakir Pascha ein diplomatishes Diner statt, zu welchem der deutsche, der französishe und der englische Botschafter, sowie die übrigen Chefs der hiesigen Gesandischasten und Graf Herbert Bismarck eingeladen waxen. e

Moskau, 27. Januar. (W. T. B.) Die amerikanischen Offiziere Gerber und Schüß sind mit den von ihnen geleiteten Leichen des Kapitäns Delong und seiner Gefährten von der „Jeanette“ heute früh hier eingetroffen, die Särge befinden sich in mehreren mit Tannengrün ausgelegten Güterwaggons und waren mit Kränzen reich geshmüdckt. Von den hier wohnenden Amerikanern wurden gleihfalls pracht- volle Kränze auf die Särge niedergelegt, der Weitertransport der Särge zur Ueberführung derselben nah Amerika erfolgt nächsten Mittwoch. ; :

O pesta, 26, Januar EW, T. U der bei der hiesigen Kommerzschule errichteten Kapelle zum Gedächtniß an den verstorbenen Kaiser is ein werthvolles Heiligen- bild aufgestelt worden, welches die Jnschrift trägt: „Dem Andenken Kaiser Alexander 1. von der dankbaren deutschen Kolonie.“

Dánemark. Kopenhagen, 25. Zanuar. (Hamb. Corr.) Eine Zusammenstellung der vom Finanzaus\{uß bezüglich der Budgetvorlage gemalten Abänderungsvorschläge ist gestern zur Vertheilung an die Folkethingsmitglieder gelangt. Dieselbe weist niht weniger denn 332 Nummern auf, ï Von diesen entfallen 157 Vorschläge auf die der Linken angehörende Majorität des Ausschusses, 1 auf die aus Anhängern der Rechten bestehende Minorität, während 90 Vorschläge von dem gesammten Ausschuß und 5 Seitens der Linken sowie zweier Nechtenmitglieder gemaht worden sind. Von den seit der ersten L-sung der Vorlage von den Ministern erhodenen Abänderungsvorschlägen sind 52 von dem gesammten Aus- husse und 19 von den Rechtenmitgliedern genehmigt worden, während 9 Vorschläge unberücksichtigt blieben. s

Der bisherige niederländishe Gesandte, Wttewaal van Stoetwegen, hat sein Abberufungsshreiben gestern eingereiht. Derselbe ist zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in St. Petersburg ernannt.

Amerika. Washington, 27. Januar. (W. T. B.) Im RNepräsentantenhause wurde eine Bill eingebracht, wonach zur Verhinderung der Ausfuhr von dur Seuchen angestecktem Vieh, sowie zur Bekämpfung und Tilgung von Viehseuchen Vieh-Fndustrie-Bureaus errichtet werden sollen.

Der hier akkreditirte Gesandte von Hayti, Preston, ist von seiner Regierung mit einer Spezialmission für Eng: land und Frankreich beauftragt worden.

Afrika. Egypten. Kairo, 27. Januar. (W. T. B.) Nach einer telegraphischen Mittheilung aus K h artum meldete der Gouverneur von Dongola aus Berber, gestern jeien 4 Ab- gesandte des mächtigen Stammes der Bicharieh in Berber erschienen, hätten ihre Unterwerfung angeboten und um die Erlaubniß gebeten, zur Vornahme von E'n- käufen die Stadt Berber betreten zu dürfen. Zugleich hätten sih dieselben verpflichtet, für die Händler von den Karavanen auf ihrem ganzen Gebiete freien und un- gehinderten Verkehr zu gestaiten und zu erhalten, Der Gouverneur fügt hinzu, die Unterwerfung der Bichariels habe den Muth der Bevölkerung wieder gehoben; er hoffe, daß noch andere Stämme dem Beispiele der Bichariehs folgen würden.

Wie das Reutershe Bureau meldet, hat die egyp- tishe Regierung mit dem Bankhause Rothschild ein Uebereinkommen wegen eines Vorshuss\es von 950 000 Pfd. Sterl. getroffen, der einschließli aller Spesen mit 6 Prozent verzinslih und binnen 6 Monaten rüczahlbar sein soll,

(W.. L. B.) Ein Telegramm dexr „Times“ aus Khartum vom 25. d. meldet: Der Versuch der von hier ausgesandten Dampjer, die Pontonbrüdcke über den blauen Nil zu zerstören, ist wegen bes seihten Wasserstandes miß- lungen, die Ausständischen griffen die Dampfer an, wurden aber nah heftigem Kampse mit slarken Verlusten zurück- geschlagen.

Zeitungsftimmenu.

Das „Kleine Journal“ äußert über die Einwen- dungen gegen die Grundzüge der Unfallversicherung : i

Die „Prov.-Corr.* konnte unlängst mit Recht erklären, daß die Grundzüge für den dritten Entwurf eines Unfall versicherungsgesetzes in der Presse cine im Großen und Ganzen günstige Aufnahme ge- funden haben. Fast allgemein wurde, unter Einschaltung von Bedenken gegen einzelne Punkte, anerkannt, daß der Zuschnitt ein wesentli besserer sei, als bei den früheren Arkeiten, daß namentlich der humanistishe Gedanke nit durch sozialistisce Theorien und Projekte korrumpirt worden, daß der Organismus nicht bureau- kratish einges{nürt sei (ein Urtheil, weles freilich allen Vorbehalts bis zum Erscheinen des Gesetzentwurfs bedarf) und daß der Selbft- verwaltung mehrfach Raum gegeben. Die Einrichtung von Berufs- genossenschaften, welche sih über das ganze Reich erstrecken, ter Fort- fall des Reichszuschusses und der Beiträge der Arbeiter zu den Kosten find als wefentlihe Verbesserungen anerkannt worden. /

Alle Bedenken im Einzelnen sind niht so gewichtig, daß das Scheitern dieses dritten Entwurfes con jeßt befürchtet werden müßte. Hoffentlich werden die erhobenen Einwendungen bei der Auzêarbeitung des Gesetzes Berücksichtigung finden. Da dem Kanzler am Zustandc-

kommen des Werkes gelegen ist, darf man annehmen, daß sein in den Grundzügen bekundetes Entgegenkommen auch weiter sich nicht ver- eugnen wird. i : R , Mao arundsägliche Widerspru gegen die ftaatlide Organisation zu Gunsten der Privatgesellshaften, desgleiben das Verlangen, daß die leßteren neben jener zugelassen werden follen, find ¿war nit ver- stummt, finden aber nur geringen Anklang mehr. _Dieser nimmt ab in dem Maße wie das Projekt der ftaatlihen Versicherung si besser gestaltet, weil er seine Hauptnahrung \{chöpfte aus den Fehlern des- selben : : 5 E Zu dem Beginne der Arbeiten der Steuerkommission

schreibt das „Frankfurter Journal“: : E „Daß die Ansichten zur Zeit noch gar sehr auseinandergehen, ift selbstverständlich; aber die pessimistische Meinung Derer, die da ver- breiten, cs werde Ersprießliches niht geshafffen werden, möchten wir denn doch nit so ohne Weiteres acceptiren. Es wäre sehr bedauer- lib, wenn die Kommission nichts zu Wege brächte, und man würde im Lande absolut nicht verstehen, wie es möglid gewesen, daß eine Geseßesvorlage, welbe so dringende und wichtige Ziele im Auge hatte, unter den Tis fallen konnte. Jn den größeren grundlegenten Fragen sind ja Alle einig: Reformen der Einkommensteuer, Entlastung der ärmeren Volksschich- ten, höhere Besteuerung des Kapitalbesißes. Wenn der Gesetzentwurf Mängel hat, follen diese nicht beseitigt werden können? Genau so wie jetzt sprachen die Pessimisten im vorigen Jahre über die Kranken- versiherungsvorlage sie haben dur die Thatsache, daß ein ret gutes Gesey zu Stande gekommen, Unret gehabt, und wenn nichdt Alles trügt, wird es ihnen jeßt niht anders er- gehen. Aus Kreisen, die wir für kompetent halten möh- ten, wird uns geschrieben, daß die Vorlage sihherliÞ Gesetz werden würde. Man wird die Steuerskala bei der Einkommensteuer etwas anders gestalten, die degressive Form jedenfalls beibehalten können, bei der Kapitalrentensteuer würde die Doppelbesteuerung be- seitigt und von den Steuerklassen allenfails die dritte Stufe der Klassensteuer als Grenze festgehalten werden, so daß das Steuer- minimum bei 1000 (4 anfangen würde. Manche Härten des Ge- sches, namentlich in den Strafbestimmungen, jollen gemildert werden. Wir wünschen im Interesse der liberalen Parteien, daß sie an dieser positiven Arbeit thätigen Antheil nehmen und nicht akademischer hesen willen den Vorwurf auf sich laden, an dem guten Gesetz- gebung8werke nicht Theil genommen zu haben.“ : : ZU der beabsichtigten Organisation der Unfall- versicherung bemerkt der „Rheinische Courier“:

. ._. Stellen wir uns auf den von den „Grundzügen“ eingenom- menen Boden der Zwangsve- sicherung, fo ist anzuerkennen, daz das zur Ausführung derselben vorgesehene System von Berufsgenofsenschaften vor dem höchst komplizirten Parallelismus von Gefahrenklassen und Be- triebsgenosfsenshaften bezw. Betriebsverbänden des lebten Entwurfs große Vorzüge besitzt. Innerhalb des Zwanges ist hier der freien Bewegung ein nicht zu verahtender Spielraum gelassen. Dadurch, daß während einer vom Geseße zu bestimmenden Frist die freiwillige Bildung von Berufêgenossenshasten im Wege der Vereinbarung der Betriebsunternehmer zugelassen ist, wird dafür, daß sich in diesen Genossens@aften zusammenfindet , was wirklich zu- fammengehört, jedenfalls eine größere Garantie geboten, als in den Vorschlägen des leßten Entwurfs. Auch daß den Ge- nossenshaîten das Recht zustehen soll, in ihrem Bereiche die Ge- fahrenklafen selbst zu bestimmen, ist dem Versuche einer Feststellung dieser Klassen durch das Gesetz weit vorzuziehen. Ueberhaupt ist den „Grundzügen“ nachzurühmen, daß in ihnen die bureaukratische Cin- mishung im Vergleih zu dem leßten Entwurf erheblich zurü- gedrängt is. Eines der hauptfächlisten Bedenken gegen das System der Berufsgenossenshaften wird wohl darin bestehen, daß es immerhin Industriezweige geben kann, welhe im Reiche in zu wenigen Betrieben vertreten sind, um für fich allein eine Ge- nossenschaft zu bilden, andererseits aber auch wegen ihrer Eigenart zur Zusammenlegung mit anderen nicht geeignet sind. Das hindert indeß nit, den Gedanken der Berufsgenofsen\{aft in seiner hier ge- gebenen Ausgestaltung als einen fruchtbaren zu begrüßen.

Centralblatt für das Deutsche Reih. Nr. 4. Jn- halt: Allgemeine Verwaltungssachen: Herausgabe des Handbuchs für das Deutsche Reich auf das Jahr 1884. Konsulatwesen : Todesfall. Finanzwesen: Nachweisung über Einnahmen des Reichs vom 1. April bis E1de Dezember 1883. Heimathwesen! Zusammen- stellung üb.r die Geschäfte des Bundesamts für das Heimathwesen während des Geschäftsjahres vom 1. Dezember 1882 bis dahin 1883, Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reich8gebiete.

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 4. Inhalt: Verfügungen: vom 22. Januar 1884, Neue Ausgabe des Abschnitts 11. der Allgemeinen Dienstanweisung. :

Justiz-Ministerial-Blatt. Nr. 4. Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 19. Januar 1884, betreffend die Beshaffung des Schreibwerks bei den Amtsgerichten.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 4. Inhalt: Amtliches: Cirkularerlasse vom 12. und 14. Januar 1884. Be- fanntinawung. Personalnachrihten. Nichtamtliches: Das Heidel- berger, Schloß. (Schluß.) Die normalspurige Nebenbahn Swhneide- müll—Deutsc-Krone. (Schluß.) —- Anlage neuer Eisenbahnen unter- geordneter Bedeutung îin Preußen. Vermischtes : Umgestaltung und Erweiterung des Bahnhofs Stegliß. Kosten der Berliner Stadtbahn, Bücherschau.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage von J. I. Weber in Leipzig ift soeben erschienen: „Katechismus der Milchwirthschaft“, von Dr. Eugen Werner, Landwirth, mit 23 in den Text gedruckten Abbildungen. Preis in elegantem Driginaccinband 3 M An umfassenden wissen- schaftlichen Arbeiten über Milchwirthschaft fehlt es nit, ebensowenig an kleineren Broschüren, welche einzelne Theile der Milcbwirthschaft speziell behandeln, sowie an werthvollen Beiträgen in Zeitschriften. Da jedo dem vielbescäftigten Praktiker das Studium von Spezial- werken meistens unbequem, so ay obigem P Ds A der Versuch gemacht worden, in kurzer Form asjenige zusammenzu- stellen, p Tür die Praxis ‘der Milchwirthscaft von Wichtigkeit ist.

Gewerbe und Handel.

Nach den Amtlichen Mitheilungen aus den Jahres- beriwten ver mil Beaufsibtgung er Fabriken be- trauten VDeaumilen, 1882 (D E Korttampf), waren im Königreich Sachsen, und zwar im Inspektionsbezirk Dresden 3445 gewerbliche Anlagen vorhanden, deren Arbeiterzahl {ib im Jahre 1882 vermehrt hat. Die Kunst- und Handel8gärtnerei steht in voller Blüthe; in Dresden allein Tommen jährli für 1 200 000 M Pflanzen in den Handel. Die Silber-, Blei-, 2Arsen- und Zinkhütten haben von Jahr zu Jahr mehr Erze, aub auslän- dishe vers{molzen, Arsen kann nicht genug beschafft werden. Eine Gußstablfabrik macht mit Bessemerstahl befriedigende Geschäfte. Die Ziegelbrennereten und Töpfereien haben in Folge großer Konkurrenz nur sehr geringe Preise erzielt. - Dagegen erfreuen sich die Fabriken für feuerfeste Thonwaaren, sowie die Ofen-, Steingut- und Porzellanfabriken eines immer höheren Aufschwungs; auch ift im Jahre 1882 cine Chamottewaarenfabrik zur Fabrikation von Por- zellan übergegangen. Die Glasfabrikation hat sich im Allgemeinen auf gleider Höhe erhalten ; Tafelglasfabriken find sogar vergrößert worden. In zwei Fabriken wird die Anfertigung von Grapdit- tiegein betrieben, welche sich durch große Haltbarkeit im Feuer aus- zeihnen. Eine dritte derartige Fabrik ist im Bau begriffen. Die Gold\ch{lägerci wird namentlich in und um Dresden betrieben und {eint schr an Ausdehnung zu gewinnen. In einzelnen derartigen Fabriken werden bis zu 40 Arbeiter beschäftigt. Die Anfertigung Leoner Waaren geschieht fabrikmäßig nur ia vier Anlagen; die

Weiterverarbeitung zu Gold- und Silbertressen erfolgt meistens in der Haus-Industrie; in derselben werden über 2000 Personen, worunter hauptsählid jugendlihe Leute, beschäftigt. Die Eisengießereien gießen meistens nur für den eigenen Bedarf; nur wenige liefern feinen Ofenguß, Nähmascinentheile 2c. zum Verkauf. Im Allgemeinen ist hier, wenn auch kein Rüdckgang, fo wenigstens Stillstand im Geschäft wahrzunehmen gewesen. Die Emaillirwerke scheinen fi mehr einbürgern zu wollen ; zu den beiden bereits vor- handenen ift ein neues Werk hinzugekommen. Die gefertigten Waa- ren werden zum großen Theil nah England und Amerika ausgeführt. In diesen Fabriken werden zur Hälfte Frauen beschäftigt. Die Maschinenfabriken find zwar bis jeßt no vollständig beschäftigt ge- wesen, doch scheint nah dem bizLerigzen guten Geschäftsgang all- mählich in einzelnen Zweigen ein Stillstand einzutreten. Auch ter Schiffsbau hat etwas nahgelafsen, da auf der Elbe nunmehr ein genügend großer Sciffspark vor- banden ift. Die Uhrenfabrikation hat ihren Sit in Glashütte und war reichlich besbâfiigt. Die Fabrikation von Musikinstrumenten hat ihren Hauptsiy in Dresden selbst. Die Fabrikate gehen in alle Welttheile, namentlich auc nach Amerika und Australien. Die größten Schwefelsäurefabriken sind mit den Schmelzhütten ver- bunden, in denen die Schwefelsäure als Nekenprodukt aus den ab- gehenden Röstgasen gewonnen wird. Fast sämmilice chemishe Fabriken des Bezirks werden von hier mit Schwefelsäure versorgt. Die chbemishen Fabriken sind stets im vollen Betriebe gewesen und haben ih theilweise niht unwesentlih vergrößert. Neuerdings ift auch eine Dynamitfabrik entstanden und eine zweite, in großem Maßstabe an- gelegte, follte 1883 in Betrieb kommen. Die Sicherheitszünderfabriken sind ziemlih voll beschäftigt. Die beiden Kammgarnspinnereien sind in vollem Betriebe gewesen. Die eine derselben hat \sich im Jahre 1882 bereits um 3170 Spindeln vergrößert und die zweite wollte in 1883 ebenfalls einen Anbau für 6400 neue Spindeln errichten. Die Jutespinnerei hingegen scheint emporzublühen, da sich die Meißener Spinnerei im Jahre 1882 wesentli vergrößert hat. Die Papierfabrikation hat mehrfach Erweiterungen erfahren. Zu Anfang des Jahres 1882 wurden in den 10 größten Papierfabriken des Bezirks 2034 Arbeiter beschäftigt. Die Menge des erzeugten Papiers steht aber in Folge der Konkurrenz mit dern erzielten Gewinn in keinem Verhältniß. Die eng mit der Papierfabrikation verbundene Fabrikation von Holzstoff (Holzschleiferei) hat sih ganz erheblich vermehrt. Außer der Vergrößerung bereits bestehender Anlagen sind 16 Neuanlagen für Holzstofffabrikation zur Begutachtunz z:!angt, worunter Anlagen bis zu 200 Pferdestärken. Die Bereitung des Strohstoffs zur Papierfabrikation erfolgt meistens in den Papierfabriken selbst, doch sind aub einige größere Fabriken lediglih für diesen Zweck cingeribtet. Fabriken für Leder und Ledersurrogate bestehen vornehmlich in Dresden selbst. Dieselben erfreuen fich eines regen Geschäftsganges und sind vollauf beschäftigt. Die Kartonnagenfabriken, zu denen cine neue, in großem Maßstabe angelegte, binzugekommen ist, sind ebenfalls im vollen Betriebe. Im Bezirke befinden sih einige der größten Dampffägewerke Sachsens, da dieselben den Bortheil der Elbe genießen, auf welcher bedeutende Quantitäten Holz aus Böhmen eingeführt werden. Mit den größeren Fabrikanlagen sind mehrfah Betriebsstätten für grobe Holzwaaren: Tischlercien, Parquetfabriken 2c. verbunden. Die Chokolade- und Zuckerwaarenfabrikation ist hervorragend und wird allein in und um Dreéden in 6 großen Fabriken mit günstigem Erfolge betrieben. Auch die zahlreichen Brauereien machen aute Geschäfte. Die Cigarrenfabrikation hat sich auf der früheren Höhe erhalten; ebenso die Blumenfabrikation. An Unfällen wurden 341 bekannt, darunter 15 mit tôdtlihem Ausgang.

Im Inspektionsbezirk Chemniß waren 3657 Anlagen mit 47 090 Arbeitern (41 535 erwasene und 5555 jugendliche, 29 226 m. und 17 864 w.) im Betriebe, ungerecnet die zur Gruppe „Industrie der Steine und Erden*® gebörigen Etablissements.

In der Gruppe Metall - Verarbeitung wurden, abgesehen von kleineren Schlossereien und Fabriken, 5 Maschinen-Fabrifken und 5 Eisengießereien neu errichtet, 7 der erstern und 3 der leßtern Art wurden erhebli vergrößert. Ja der Tertil-Indufstrie gelangten 35 neue, 18 vergrößerte und cine wiedererrihtete Anlage zur Begut- atung, hiervon neue Strumpfwaaren - Fabriken 27. Die Holz- \cleifereien, einshließliÞ der mit Holzpappen-Fabrikation ver- bundenen, vermehrten sich um 14, während 4 vergrößert wurden , und beträgt deren Gesammtzahl nunmehr T8. Der Holzbearbeitung dienende gewerblide Anlogen, wie Scwneidewerke, Drehereien, Spielwaarenfabriken, erstanden 8 neu, 2 an Stelle vorhanden gewesener, während 4 vergrößert wurden.

den Cigarrenfabriken haben sid die Verhältnisse um Einiges cbessert, so daß die geringe tägliche Arbeitszeit meistens wieder eine tormale elfstündige geworden ift.

An Unfällen wurden 765 angezeigt, darunter 9 tödtliche. „Zu beklagen ift, daß einerseits für die Unterhaltung der Schwerverleßzten und Hinterlassenen tödtlih Verunalückter größtentheils noch keine, oder doch nur eine unzureibende Fürsorge getroffen ist, andererseits aber ten Leichtverleßten da, wo die Arbeiter für alle Fälle versichert wurden, an vielen Orten der volle Lohn während der Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit ausgezahlt wird. Die Fälle zählen keineëwegs zu den seltenen, daß Schwerverleßte, wenn eine Klage nicht auf Grund des Haftpflichtgesetzes wirksam gesühri werden fann, ohne alle Ent- schädigung bleiben, Leichtverleßte aber die vollen Beträge ihres Lohns weiter beziehen, (Foctsetzung folgt.)

Nürnberg, 26. Januar. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Bei cinem Gesammtumsatz von ca. 500 Ballen verharrte der Markt gestern und heute in sehr fester Haltung. Die Zufuhren waren in den letzten beiden Tagen ohne Belang, Der Mangel an billigeren, gutfarbigen Mittelsorten macht sich täglih fühlbarer. Die Notirungen lauten: Württemberger prima 185—192 4, do. mittel 170—178 M; Hallertauer prima 185—192 M, do. mittel 170— 175 M; Polen prima 185—188 #, do. mittel 170—175 Æ; El- fässer prima 180—185 „Æ, do. mittel 165—170 4; Gebirgshopfen 175—188 M; Marktwaare 165—175 4; Aischgründer 170—185 #4

Leipzig, 26. Januar. (W. T. B.) Das Reich8gericht hat die von der Allgemeinen Deutschen Handelsgesellschaft in Berlin gegen den Fiékus eingelegte Revision, betreffend Entschädi- gung für die durch Zuschüttung des Königsgrabens entftandene Werths verringerung ihres Besißzes in der Neuen Friedrichstraße in Berlin, zurückgewiesen, : 5

Glasgow, 26_Januar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 588 800 Tons, gegen 602 800 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 97 gegen 107 im vorigen Jahre.

Verkehrs-Anstalten. L

Caffel, 27. Januar. (W. T. B.) Die diesjährige General-

versammlung des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwal- tungen wird am 29. und 30. Juli d. J. in Frankfurt a. M. ftatt- inden. E Rom, 26. Januar. (W. T. B) Wie die „Stampa*“ meldet, ist heute das Abkommen zwischen der Regierung und der Ge- sellshaft der süditalienishen Eisenbah nen unterzeichnet worden, nah welem leßtere ven Betrieb des adriatishen Netes übernimmt. E

Bremen, 27. Januar. (W. T. B.) Gesfterza ist der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Rhein“ in New-York und der Dampfer „Nürnberg“ in Baltimoore eingetroffen.

Hamburg, 27. Januar. (W. T. B.) Dec Postdampfer „Fla dét Hamburg-Amerikanischen Padetfahrt- Aktiengesellschaft hat beute Vormittag 11 Uhr, von New-York Tommend, Lizard passirt und der Postdamvyfer „Borufsia*® derselben Gesellschaft ist gestern in St. Thomas eingetroffen.

Liverpool, 26, Januar. (W. T. B.) Der Dampfer „Ger- manic“ der White-Star-Line ist, von zwei kleinen Dampfern bug- firt, beute bier eingelaufen. Z

Sanitätswesen und Quarantänewesen.

Madrid, 27. Januar. (W. T. B) Dis Provenienzen aus Rio de Janeiro sind des gelben Fiebers wegen der Quaran- iäne unterworfen worden.