1884 / 25 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

aris, 29. Januar. (W. T. B.) Durch Ministerialent-

iSliebung von gestern ift der Zinsfuß für R R, E

GEnttermin ein Jahr nicht übersteigt, auf 2 °% festgesetzt rden.

Verkehrs-Anstalten.

___ In Folge der heftigen Stürme der leßten Woche sind na decn eingegangenen Meldungen die Telegraphenleitungen in Eng- land, Frankreich und Belgien an vielen Orten betriebsunfähig geworden. Der Telegraphenverkehr zwishen England und Belgien ift gerade auf den Landlinien (beide Länder besißen noch keine unter- irdischen Linien) erbeblih beeinträchuigt und zeitweise ganz unter- brochen gewesen. Jn Deutschland sind die ober irdischen Telegraphen- linien zwar au stellenweise beschädiat worden, doch ist der Verkehr auf allen großen Verbindungéêlinien im Reiché-Postgebiet ganz unge- itört aufrecht erhalten worden, weil die vorhandenen unterirdischen Kabel in umfassendstem Maße in Gebrau genommen und auch zum Ersate gestörter oberirdisher Leitungen verwendet werder konnten.

New-York, 28. Januar. (W. T. B.) Der National- Dampfer „France“ der C. Messingschen Linie, welcher am 25. v. M. mit gebrobenem Schaft nach Halifax cinges{chleppt worden war, ift nach daselbst vollendeter Reparatur her angekommen.

Pamburg, 29. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Frisia“ der Hamburg-Amerikanisben Padetfahrt- Aktiengesellschaft ist, von New-York kommend, heute Mittags 12 Uhr auf der Elbe eingetroffen.

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Berlin, 29. Januar 1884.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

aub troß der in dem Motiv der Beleuchtung festgehaltenen reli- giöfen Stimmung ein gewisser kühler, rationaliftisber Zug an, so bleibt es doch immerhin eine der ernstesten und gewissenhaftesten Leistungen feiner Art und doppelte Anerkennung verdient es als Be- weis einer seltenen Frisce und Rüstigkeit des jeßt im siebzigsten Lebensjahr stehenden Meisters.

. Von Gustav Hellqgvist bietet die Auétstellung das bereits in Münten gesehene Bild der 1524 zu Upsala im Beisein von Gustav Wasa stattgehabten Disputation zwischen dem katholisben Kanonikus Peter Galle und Olaus Petri, dem Schüler und Anhänger Luthers. Der Vorgang, der den bekanntlich aus Schweden gebürtigen Künstler be- geisterte, liegt dem deuten Publikum zu fern, um dur fi selber unmittelbar zu interessiren. Jn den caraktervoll aufgefaßten, markig gezeibneten Gestalten, die den weiten gewölbten Kirhenraum in trefflich diéponirter und dabei vollkommen frei und zwanglos wirkender Gruppirung füllen, entfaltet \sich jedoch ein troßdem lebeudig fesselntes Bild von überzeugend echtem und wahrem Gepräge und von meisterlich getrof- fenem Lokalton. Die Architektur mit ihrem farbigen Shmuck, das Kostüm und Geräth, und vor Allem die Menschen selber in Haltung und Gebahren beweisen eine weit über das Gewöhnliche hinausgehende Fähigkeit, die Erscheinung einer vergangenen Zeit malerisch neu erstehen zu lassen. Dieser Gestaltungskraft aber und der gesblofsenen Gesammthaltung. die bei dem Künstler trotz aller Farbigkeit im Einzelnen neuerdings leider mehr und mehr zu einem trüben, {wärzlihen Gruntton neigt, gesellt si{ der wohlthuende Ein- druck einer durchaus selbständig entwickelten individuellen Eigenart. Nicht in demselben Maße ist dies der Fall bei einer idealen Kom- position von Hans Sandreuter in Florenz, einer Gruppe lustiger Mädchen auf tiefgrünem Wiesengrunde unter lihtwolkigem blauen Himmel, die den auf der Hirtenflöte \pielenden und dazu tanzenden Pan kelachen. Die humoristishe Erfindung sowohl wie die Charakteristik und Zeichnung der Figuren beweist ein unleugbares Talent; in seinem ganzen Stimmungsaehalt aber wirkt das Bild wie cine Reproduktion der Kunstweise Böcklins, den es in der Behand-

Infanteristen auf dem meisterhaften Bilde Röchlings vortrefflich kleidet und einen jeden von ibnen zu einem prähtigen Repräsentan- ten seiner Gattung ftempelt. Auf verwandte Bahnen lenkt in seinen neuesten Bildern, so sehr sie als Schilderungen italienischen Volks- lebens dem Gegenstand nach abweicben, auch Treidler ein. Jede Erinneruna an die ursprünglide Schradershe Schule und an die späteren Münchener Einflüsse {eint in ihnen durch das Stu- dium moderner italienisher Meister und ihrer Art, die Dinge ir Licht und Luft zu sehen, vollständig ausgetilgt. Eine Scene „aus IJschia“, eine Gruppe von vier Frauen, die sich auf sonnenbeleuchteter Gartenterrasse über das von einem lebenslustigen Kavalier in eleganter Sommertradt mit komisher Grandezza vorgetragene und auf der Guitarre begleitete Lied und zuglei über den Sänger selber höclichst amüsiren, ift in der plastishen Modellirung der Gestalten, in der Charakteristik derselben und in der Wahrheit und Energie des Tons eine über frühere Arbeiten weit hinausragende, ungewöhnlih tüh- tige Leistung des Malers.

__ Durch dasselbe echt moderne, von aller konventionellen Ueber- lieferung völlig freie Gepräge, durch die breite und sichere, flächen- hafte Behandlung und durch den klar und lit gestimmten Ton, der deutlih das Studium der heutigen französischen Malerei verräth, zeichnet sib endlid noch ein „Abschied im Manöver“ aus, den auf einem treffliben Bilde von G. Koch zwei preußische Kuirassiere am Eingang eines Bauerngehöftes von ihrer bisherigen Wirthin oder deren Stellvertreterin nehmen, Von dcmselben Meister aber sind auß:rdem die prächtig erfundenen Oelskizzen zu einem für einen Speisesaal ausgeführten Jagdfries ausgestellt, der als eine der glücklihsten Schöpfungen dekorativer Kunst Beach- tung fordert. Ein Treiben auf Hirsche, eine Jagd auf eben durch- brehende Saue, cin feuriger Parforceritt mit seinen Zufällen, eine Gruppe zur Jagd antretender Schüßen von zum Theil fra gwürdiger Gestalt und eine Jagd auf Geflügel im Boot auf abendlih däm- merndem Teich geben die Motive der im Figürlichen und Landschaft- lien mit gleicher Meistershaft komponirten, durch lebensvollste &rische der Bewegung._und durch kräftigen Humor, vor _allem__aber

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M Déde

Berlin, Dienstag, den 29. Januar

1884,

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 29, Fanuar. Das Protokoll der dritten Sißung des Volkswirthshaftsraths

autet: y Berlin, den 24. Januar 1884. Die Sitzung wird von dem Vorsißenden, Staats-Minister von Boetticher, um 1 Uhr eröffnet. Als Kommissarien der Regierung sind anwesend: Seitens des Reichsamts des Jnnern : Direktor Bosse und die Geheimen Regierungs-Näthe Bödiker und Gamp, Seitens des Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten : der Geheime Regierungs-Rath Freytag. Das Protokoll der leßten Sißung liegt zur Einsicht auf. Außer den dauernd bezw. auf längere Zeit Entschuldigten find für die heutige Sißung entschuldigt : die Herrén Dieße, Kiepert und Sartori,

Er könne die Befürchtung, daß eine solche Bestimmung niht durchführbar sei, keineswegs theilen.

Hr. Frhr. von Hammerstein steht dem Antrage Webs ky sympathish gegenüber. Er stehe auf dem Boden der möglihst weiten Ausdehnung des G-feßes. - Aus diesem Grunde stimme er auch dem Antrage Frankenberg bei und bedauere nur, daß derselbe sich nur auf die Betrietsunter- nehmer mit einem Einkommen unter 2000 # erstrecke.

Regierungskommissar, Direktor im Neihsamt des Fnnern Bosse erklärt, daß die Regierung das Wohlwcllen gegen den kleinen Betriebsunternehmer theile.

Jhre Einschiebung in die Vorlage würde aber eine voll- ständige Umarbeitung des Entwurfs zur Folge haben müssen und sei dermalen unthunlih. Es sei für das Zustandekommen des Gesetzes absolut nöthig, sich in dieser Hinsicht streng an den Rahmen des Entwurfs zu halten, Eine Ausdehnung der Vorlage auf Betriebe, auf welche die Berufsgenossenschasten nicht paßten, würde das ganze Geseß im Reichstag gewiß zu

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dort fortzulassen und dagegen anschließend an Abtheilung 3 hinzufügen : die Jahresrenten dürfen zusammen 50 Proz. des Arbeits- verdienstes nit übersteigen. Von Hrn. Jansen u. Gen. zu 2a: j Nr. 2 wie folgt zu fassen resp. hinter Jahresrente zu agen : A e und wird bei der Berechnung nur derjenige Theil des Jahresverdienstes zu Grunde gelegt, welcher 4 4 für den Arbeitstag nicht überfteigt. Hr. Kade führt aus, daß nach dem Entwurf Arbeitern im Falle der Verleßung höchstens 662/; Proz. ihres durh- \{nittlihen Einkommens als Rente gewährt werden dürfte. Im Falle der Tödtung dagegen könnte der Wittwe und den Kindern zusammen 50 Proz. und außerdem den Ascendenten noch 20 Proz. des durchschnittlihen Fahreseinkommens zu- erkannt werden. Das sei ungereht und belaste auch die Ge- nossenschaften zu sehr. i Er erkenne gern die Pflicht der Jndustrie an, die Für- sorge für die Wittive Und die Kinder des vVerUnglüdtén Arbetz

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Noi Fortacnohtoan Di 4 Dor R T A Es 5 Z TYSINS T aru Dl L. V C 9. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn von 30 000 # auf Nr. 7844.

1 Gewinn von 15 000 / auf Nr. 5956.

7 Gewinne von 6000 6 auf Nr. 16 282. 17 518, 39 557, 64 254. 64 398. 80 699. 85 163.

40 Gewinne von 3000 6 auf Nr. 5112. 6097, 8836. 9108. 9473. 9915. 10610. 12174. 17 746. 22614. 24 206. 25 135. 261356. 28367. 28679. 29464. 35947. 370534. 37 564. 39 663. 49508. 50 296. 51 200. 51 353. 52 362. 56 641. 62873. 69237. 69329. 76 253. 81045. 81 148. 2 Lar 84 097. 86824. 87 003. 88134. 88243. 91 707.

4 .

49 Gewinne von 1500 6 auf Nr. 388. 3161, 3679. 6288. 6808. 7006. 7152. 9233. 9432, 10 218. 10 704. 11 753. 12618: 16762. 24818. 31706. 32883. 33465. 34169. 35 169. 35 463. 35769. 39691. 43375. 45341. 46818. 48 591. 48 597. 50795. 54121. 55131. 36604. 56 923, S9 072. 62482. 64944. 66 661. 70135. 73 267. 76 145. 44 D. (1940, 78107, 79908, 84965. 91 297. 91 670. O02. 94 757,

73 Gewinne von 550 4 auf Nr. 878. 2002. 4166. 4523. 4727. 6499. 6857. 7147. 7300. 7693. 8847. 10 179. O 12116 13284 14613. 15721, 19330. 19447 23 908. 24 2129. 24604. 25 091. 25406. 27 172, 28125. 30699. 30866. 33234. 36751. 37186. 37520. 41 237. 41 555. 43164, 43915. 47776. 48103. 51687. B52 785. 54 825. 54936. 55137. 55993. 56 140. 60820. 61 099. 62 550. 62 609. 63326. 66 048. 67093. 68406. 69126. D L, 6029, 77408. 79130. 81 002. 81806, 89577. 86154, 86 528. 87175. 87. 381. 90348. 90834. 91 561. 91 854, 92 721. 93502. 94663. 94972,

Dor

Ausstellung des Vereins Berliner Künstler.

Der zuletzt an dieser Stelle besprochenen Ausstellung, mit wel{er er die Wintersaison eröffnete, hat der Verein Berliner Künstler in- zwischen eine zweite, ungleih reiber und vielseitiger beschickte folgen lassen, die indeß nicht von der Eröffnung an als ein ges&lofsenes Ganzes festgehalten wurde, sondern wenigstens in einem Theil ihres Inhalts von Woche zu Woche ein anderes Bild darbot. Unter den bedcutenderen neuen Erscheinungen, die auf diese Weise tem Publikum vorgeführt wurden, fehlte es dieëmal nit an einer aroßen Kom- position historischen Stils, wie sie weniostens in den Ausstellungen des Künstlervereins scit geraumer Zeit eine ungewöhnliche Ausnahme Dien, In nee Petiode die der vreli- giösen Malerei so ungünstig wie möglich gestimmt ist, muß es dabei einigermaßen überraschen, in einer „Anbetung der Könige“ von Zulius Schrader zum dritten Male einen Gegenstand behandelt zu sehen, den fast gleichzeitig zwei andere unserer begabtesten Meister, Wilhelm Diez und Ernst Zimmermann, für ihre auf der vorjährigen Münchener Ausstellung biwunterten Gemälde wählten. Allerdings war es troß der äußeren Aehnlichkeit in der Auffassung des tra- ditionellen Stoffes ber dem geistreihev, an Rembrandts Aut erinnern- den kleinen Bilde von Diez, sowie bei der großen, an Correggio anklingenden und ron holdester Anmuth und Liebenswürdigkeit erfüllten Schöpfung Zimmermanns doch in weit höherem Maße als in dem Gemälde Schraders der \pezifish male- rishe Gehalt der Scene, der die beiden Künstler zu einer koloristis{ch wirkungsvollen Eestaltung derselben hinzog. Dem Bilde des Ber- Tiner Meisters glaubt man dagegen ein mehr auf das Gegenständ- liche gerichtetes Interesse anzusehen. Der Vorgang stellt sich hier dar, wie der Blick des Historienmalers ihn in seiner natürlich moti- virten Entwickelung zu begreifen und zu veranschaulichen \strebte. Von dem wegweisenden Stern geleitet, ist der Zug der Könige eben am Ziel angelangt; die Verchrenden aber treten nicht in die enge Hütte selber ein fondern Maria mit dem Kinde ist ihnen gleihsam entgegengegangen. Vor den Thupfosten steht sie aufgerichtet, mit nur leise vorgebeugtem Oberkörper da, auf den Armen das Kind haltend und liht um- flossen von dem milden Glanze, der von diesem ausftrahlt. Zwei der Könige, ein wüidiger Drientale und ein Nubier mit bronzeartig herauémodellirtem Kopf, sind bei diesem Anblick verehrend ins Knie gesunken; der Dritte aber, ein weißbärtiger Greis, tefsen Kopf an einen RNubensschen Typus erinnert, ist vorgeschritten, um demüthig seine fostbare Gabe auf sammetnem Kissen darzureihen. Zur Scite der Maria erblickt man den mit ihr aus der Hütte hervorgetretenen, in stikler Bewegung tastchenden Joseph, während im Hintergrunde sich Leute aus dem Voik, durch den wunderbaren Vorgang angezogen, herzu- drängen und der vom Rücken gesehene, in cinen langen Burnus ge- hüllte Führer der Karawane dem in die Ferne sich verlierenden Zuge des Gefolges und der bepackten Kameele mit aufgehobenen Armen ein Halt zuwinkt. Das Streben nach einer Ver- arbeitung neu«r künstlerisher Eindrücke, nach ciner reiche- ren farbigen Wirkung im Sinne der modernen Ent- widelung unserer Malerei tritt in der koloristis{en Haltung der Komposition nicht weniger bemerkbar, nur ruhiger und ausgeglichener zu Tage, als es bereits in der bekannten, vor zehn Jahren für die Nationalgalerie gemalten „Huldigung der Städte Cöln und Berlin“ der Fall war. Jm Ganzen allerdings steht das Bild, wie nicht anders zu erwarten, unter dem nachwirkenden Einfluß des für uns heute überwundenen belgishen Coloriémus der vierziger Jahre, unter dessen ersten Vertretern sich Schrad:r seine geahtete Stellung in der Geschichte der ncueren Kunst errang. Vermag das Bild aber auch na dieser Seite hin nicht in cinen Wettkampf mit dem malerischen Reiz der „Anbetung"“ von Zimmermarn einzutreten und haftet ihm

lng Von Arbe und Lon nach Mögli(leit nachahmt. Auch eine im Motiv etwas unklare phantastishe Szene in antikem Kostüm, die St. Geiger „Afkord® betitelt, zeigt faum eine selbständig ausgesprohcne Physiognomie. Die Gestalten eines blonden Mädchens mit leiht um die Hüften dra- virtem weißen Gewande und ihrer völlig nackt auf dem spiegelnden Marmor einer Gartenterrasse hingestreckten, auf die Arme si stüßen- den brünetten Genofsin, denen es bei ihrem Würfelspiel wohl auf ein Liebesorakel ankommt (worauf wenigstens der im Hintergrunde am Fuß ciner Satyrgruppe in die Saiten greifende Amor hinzudeuten \ceint), erzielen zwar im Vercin mit dem dunklen Ge- büsch und dem skulptirten und bemalten Mauerwerk, das den Fond bildet, einen pifkanten farbigen Effekt; doch fühlt man sich dabei fo sehr bald an Siemiradzki, bald an Bilder wie Weisers Festgelage vor dem Ausbruch des Vesuv erinnert, daß die sihtlichen Reminiszenzea eine unmittelbare Wirkung nit auf- kommen lassen. Einen völlig verunglückten Versuch auf dem Gebiet idealen Genres stellte ferner P. Souchay, dessen erstes Auftreten vor einigen Jahreu zu besseren Hoffnungen berechtigte, in der lebens- großen Figur einer Märtyrerin aus, die knieend im Halbdunkel der Arena angesicts des zum Sprung bereiten Tigers ein „letztes Gebet“ verrichtet. Die künstlerisde Reizlosigkeit der Erscheinung wird nur noch dur die Ungesundbeit der Auffassung und der ge- sammten Malerei übertroffen. Daß es endli nicht an einem au®sgezeihncten Meisterwerk in der Behandlung der nadckten mers{chlichen Gestalt fehlt, verdankt die Ausstellung dem bis- her nur als Porträtmaler bewunderten Stauffer von Bern. Seine „Drientalin“ rechtfertigt diese Benennung allerdings wohl nur dur die tieffarbigen Teppicbe, die das Polster ihres Lagers bedecken und den feingetönten Fond bilden, von welchem die ruhend hinge- streckte Figur sich abhebt. Das Bild will eben nichts anderes sein, als eine gewissenhaft, mit vornehmem künstlerishen Empfinden und mit ungetheilter Freude an der Schönheit der Formen durchgeführte Studie nach der Natur. Als solche aber überragt es ohne Frage das weitaus Meiste, was seit geraumer Zeit auf einer Berliner Auéftellung zu sehen war. Fern von jeder Absihtlichkeit und am weitesten entfernt von jeder Spekulation auf einen groben sinnlihen Reiz, athmet die blühende Mädcengestalt, die der Maler schildert, doch die volle, warme Frische des Lebens. Aus dem Bewegungsmotiv der Figur, die, mit emporgerecktem rechtem Arm und mit abgewandtem Kopf da- liegend, das Gesicht nur im verlorenen Profil sehen läßt, den gerade ausgesireten Körper aber, dessen linkes Bein leiht angezogen ist, von den Hüften abwärts in der Vorderansicht zeigt, entwickelt sich innerhalb eines trefflih ges{lossenen Gesammtumrisses eine fein und maßvoll bewegtes Spiel der Linien und Formen, das mit \barfem Auge beobachtet und in meisterlicher Modellirung in gleich- mäßig ruhigem Licht wiedergegeben ist. Jede weihe Rundung der Glieder und jeder zarte Uebergang des Toas ersceint dabei ebenso sicher wie delikat durchgeführt, das Ganze aber wieder so harmonisc zusammengestimmt, daß das Detail in der vornehmen malerischen Gesammtwirkung völlig aufgeht.

Mehr als cin bloßes Kostümbild bietet Paula Monjé in ihrem stattlihen „Volksfest im 16. Jahrhundert“, ciner in klarer und kräftiger Farbengebung treffflih durchgearbeitetcn Komposition, deren Figurenfülle mit großem Gescbick in einen vcrhältnißmäßig engen Naum zusammengedrängt ist. Daß die Malerci absihtlih auf die weiche Abtönung durch die Luft verzichtet und in dieser übrigens feineêwegs aufdringlichen, archaisirenden Manier die stark \ich ver- kleinernden Figuren der* entfernteren Partien in Form und Farben jo bestimmt modellirt wie die ansehnlihen Gestalten des Vordergrundes, läßt das Eanze nur um so echter und charakteristiscer ersbcinen. Mehr abcr noch als direkt an Bildcr der Zeit, deren Treiben die Künstlerin \{childert, erinnert die Komposition in An- ordnung und Auffassung an die Art ur. d Weise Schwinds, mit dessen Gestalten aus dem Volke die hier vorgeführten innerlich weitaus am nächsten verwandt sind. Ein derberer Humor, verbunden mit ciner frishen und lebenswahren Charakteristik und einer kaum minder sicheren, männlich kräftigen Behandlung des Vortrags zeichnet die von Charlotte Hampel in München gemalten Soldaten im Costüm des 17, Jahrhunderts aus, die nebst der aufwartenden Magd am Tisch in der Schenke als „Spottvögel* sich über einen beim Trunk eingeschlafenen Mönch belustigen. Fein und liebens- würdig carafkterisirt ift ferner der „Onkel auf Reisen“ von Conrad, ein um seine anmuthige Nichte zärtlich besorgter geistlicher Herr in einer Wirthsstube der bayerischen Berge, deren malerisches Interieur nicht weniger eingebend studirt und geschildert wiedergegeben it, als die beiden Figuren des Bildes. Eine noc ungleich bedeutendere Wirkung aber erzielt F. Brütt in dem „Prozeßbauern“, der an dem mit Büchern und Akten bedeckten Tisch dem in der Erörterung des Falles begriffe- nen, vorgebeugt dastehenden Advokaten mit überlegend an die Stirn gehaltenem Finger gegenübersißt. Zwei echte Typen ihrer Gattung, sind beide Gc stalten mit vollendet {harfer Beobachtung geschildert und in Ausdruck und Bewegung von sprecher.dssttem momentanen Leben erfüllt. Dazu is das Bild in der Beleuchtung dur das seitwärts vom Fenster her breit einfallende Licht bei ruhig ge\{hlossener, tief und kräftig gehaltener Tonstimmung in Vortrag und Modellirung mit so sichcrer und fo anfpruchsloser Meisterschaft durchgeführt, daß es au in seiner rein malerischen Erscheinung eine der heroorragend- sten Erscheinungen neuerer Genremalerei darstellt.

Von neuem beweisen Hen seler in einer Scene aus dem Jagdleben mit Élcinen, hôchst lebensvollen Figuren in herbstlih kühler Landschaft und Karl Röchl in g mit einer Episode aus den Straßengefehten zu Saar- brüden in den ersten Augusttagen des Jahres 1870 eine ebenso stetige wie erfreulihe Entwickelung ihrer auf die unverfäls(t wahre, unbc- fangene und prunklose Wiedergabe von Natur und Leben ausgehenden Kunst. Weder dem einen noch dem anderen fehlt es dabei, wie die diesmal ausgeftellten Bilder beweisen, an einem vollen Zuge frischen und gesunden Humors, der die des hier und da auftauchenden Feindes sih kämpfend crwebrenden und die blessirt, dabei aber guten Muths der dargebotenen Erfrischungen sih bemäctigenden preußischen

auc durch ihren reichen malerischen Effekt und dur die kecke Breite der Behandlung in hohem Grade fesselnden Darstellung. (Schluß folgt.)

London, 29. Januar. (W. T. B) Während des Sturmes am Sonnabend scheiterte in der Nähe der Merscymündung das von Liverpool nach Calcutta bestimmte eiserne Segelscchiff „Juno“. Die aus 25 Personen bestehende Mannschaft ift hierbei umgekommen.

_ London, 28, Januar. (W. T. B.) Die vermißten Personen dcs Segelscbiffs „Simla“, von dexen man annahm, sie seien ertrunken, sind, wie jeßt feststeht, gerettet worden. Das Schiff „City of Lucknow“ ist in Gravesend eingetroffen.

Laurvik (Norwegen), 28. Januar. (W. T. B.) Heute früh brach in dem am- dihtesten bebauten Stadttheil Feuer aus, durch welches viele Häuser zerstört wurden. Mittags war das Feuer noch nicht gelöscht.

Hr. von Suppé hat bei seinem Scheiden von Berlin dem Direktor Fritzsbe bezw. scinen Küxstlern ein Schreiben übersandt, in welchem er denselben für die treflihe Darstellung und die glän- zende Ausstattung, durch welche die Operette „Die Afri- kareise“ ihren großen Erfolg erzielt habe, seinen Dank ausspricht.

In dem morgen im Concerthaus fstatlfindenden Sin- fonie-Concert bringt der Hof-Musikdirektor Bilse mit seinem vortreffliben Orchester wieder eine Novität, und zwar die soeben er- scienene Sinfonie Nr. 11 in C-dur ven Eduard Lassen (Hof-Kapell- meister in Weimar).

Literarische Neuigkeiten und periodisheSqhriften.

_DieUmscchau auf dem Gebiete des Zoll- und Steuer - wesens. Januar-Nummer. Inhalt: Denkschrift der Königlich sächsischen Zoll- und Steuer- Direktion zu ihrem 50 jährigen Bestehen. Schutzoll, Konjunktur und Währung, von Johannsen. (Fort- seßung.) Zoll- und Steuer-Technisches: Der Spiritus-Meßapparat von Th. Dietrich. Festseßung 2c. der Zölle und Steuern, Zölle: Bundesrathsbes{chlü}sse vom 29./11. und 6./12, 1883. Ministerial- Erlasse über Emballagen und Packpapier. Zolltarifentsheidungen über &roshkeulen, Verirgläfer, Kalender, Mordant, Stimmgabeln ; über in Essig eingelegte Gurken Steuern: Brauntweinsteuer : Benußung der Lutterblasen und die Eigenbrennereien in Bayern. Biersteuer: Malzaufshlag in Bayern, kommunale Biersteuer in Wesel, Halle a. S, Hann. Münden, Aachen, Kösen. Uebergangé- abgaben: Vebergangssheine auf Polituren und Lacke. Taback{steuer : Versendungsscheine auf Tabak. Salzabgabe: Berechtigungs\cheine zum Bezuge denaturirten Salzes. Reihs-Stempelsteuer: Spiel- austweise. Statistishe Gebühr: Massengüter, Befreiung von der statistishen Gebühr, Entziehung der Abgaben: Reichsgerits- Erkenntnisse vom 2./7.,, vom 4./10. und vom 9./10. 1883, Ver- edelungsverkehr. Kassen- und Rechnungswesen. Verkehr mit dem Auslande. Sprechsaal: Ueber die Abzweigung der Gerichts- kosten. Verschiedenes. HZöllners Sylvestertraum. Neue Bücher. Briefkasten. Personalien. Anzeigen.

_ Centralblatt für Bibliothekswesen. 2. Heft.—Inhalt: Die Bibliotheken und die Bewegungen auf dem Gebiete des deutschen Buchhandels. Die Königliche Landesbibliothek zu Wiesbaden, von DP: U V Linde. Aus einem Briefe Deslisle’'s über die Pariser Liederhandschrift, von Albert Dunker. Missale moguntinum, sine loco, 1482 von Falk, Personalverzeihniß deutsher Bibliotheks- beamten (Fortseßung). Uebersicht der Leistungen des Französischen Staates für öffentlihe Bibliotheken. Mittheilungen aus und über Bibliotheken. Renzensionen und Anzeigen, Neue Erscheinungen auf dem Gebiete des Bibliothekswesens. Mittheilungen aus dem antiquarischen Buchhandel. Personalnachrihten. Anfrage. Benutungéstatistik der Universitäts-Bibliothek Halle, 1876—82.

Mittheilungen für die öffentliben Feuerversice- rungs-Anstalten. Nr. 2. Inhalt: Zur Feuersicherheit der Fabriken. Der volkswirthschaftlihe Kongreß. Verwaltungs- ergebnisse der städtishen Brandversiberungsanstalt von Kopenhagen 26 dae rg s L A die Lebensversicherungs-

ejellichasten in Frankreih, Der Wafsserdampf al 0sche- eider L S nten, f A E S

Die gefiederte Welt. Zeitschrift für Vogelliebhaber, «Züchter und «Händler. Ir, 9. Inhalt: Noch Deter La im Jahre 1883. Ornithologishe Mittheilungen aus Ostfriesland. Zum Kanarienhandel. G-flügel- und Vogelhandel in Buenos- Aïres. Aus Haus, Hof, Feld und Wald. Briefliche Mitthei- lungen. Anfragen und Auskunft. Aus den Vereinen : Danzig (Swluß), Greifêwald, Dresden, Hamburg-Altona, Kammin, Wien, Breslau, Hannover, Mainz, Basel.

Isis. Zeitschrift für alle naturwifsenshaftlichen Liebhabereien. Nr. 9. Inhalt: Zoologie: Der englische Mastiff. Flugzeit und Flugjahre der Insekten (Fortseßung). Botanik: Die Farnkräuter. = Po: Das Nebelglühen. Anregendes und Unterhaltendés? Die Eiche in ihrer Beziehung zur Thierwelt. Kleinere Mitthei- lungen: Erhaltung der Farbe der Blumen. Reisen und Forsungen. Vereine und Ausstellungen: Winterblumenausstellung zu Berlin. Jagd und Fischerei. Anfragen und Auskunft.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kes fel). Druck: W, Elsner, Sechs Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

Ser Vorsibende bringt zur Kenntniß, baß Dr. Mi- noprio in Stegliß mehrere Exemplare der von ihm redigirten „Deutschen Finanz-Correspondenz“ dem Volkswirthschaftsrathe zur Vorlage gebracht habe ; dieselben liegen zur Benußung und Entnahme auf.

Die Berathung der Ziffer 1 der Grundzüge sür den Ent- wurf cines Gesehes über die Unfallversiherung der Arbeiter wird fortgeseßt.

Hierzu liegt noch der folgende Antrag des Grafen Fran- kenberg vor:

Betriebsunternehmer mit einem 2000 / nicht über- steigenden Jahresgewinn können auf Grund statutarischer Bestimmung (Ziffer 12) gegen Unfälle versichert werden.

Des Weiteren beantragt Hr. Kalle die folgende Re- folution :

Resolution zu Nr. 1 der Grundzüge.

Die Königliche Staatsregierung wird gebeten, in Er- wägung zu zichen, inwiefern für die unter §8. 1 des Hast- pflichtgeseßes vom 7. Juni 1871 fallenden Eisénbahndbetriede eine Erweiterung der Entschädigungspfliht im Sinne der dem Volkswirthschastsrath vorliegenden „Grundzüge zu einem Unfallversicherungsgeseße der Arbeiter“ sich empfichlit und wie dieselbe eventuell zu gestalten ist.

Hr. Dr, Websfky begründet seinen Antrag, mit welchem er selbstverständliÞch nux eine Ergänzung der Ziffer 1 beabsichtige.

Durch das Hastpflichtgeseß seien gerade diejenigen Personen, welhe auf Eisenbahnen verunglückten, besonders günstig behandelt.

Dadurch, daß die Eisenbahnarbeiter in die gegenwärtige Vorlage niht aufgenommen worden seien, ständen sie nun- mehr aber s{hlechter als die sonstigen Arbeiter. Sie müßten beweisen, daß der Unfall nicht durch ihre Schuld herbeigeführt worden fei.

Er bitte, au diesen Arbeitern die Wohlthaten des Gesctzes zu Theil werden zu lassen.

Regierungskommissar, Geheimer Negierungs-Rath Ga mp erwidert dem Vorredner, daß die Negierung sich dessen bewußt sei, daß die in der Vorlage getroffenen Bestimmungen auch auf die Eisenbahnarbeiter ausgedehnt werden müßten, weil es niht angängig sei, diese dauernd anders zu behandeln als die in anderen Jndustriezweigen beschäftigten. Denn während die Eisenbahnarbeiter hinsihtlich) der Vorausseßungen der zu ge- währenden Entschädigungen nah dem Hastpflichtgeseß günstiger ständen als die unter dieses Geseh fallenden Arbeiter, so wären leßtere hinsihtlih des Umfanges der Entschädigung gegenüber den Eijenbahnarbeitern wiederum geshädigt. Aus diesen Gründen habe die Regierung wegen Ausdehnung der Unfall- versicherung auf den Eisenbohnbetrieb auch {on Verhand- [lungen mit den betheiligten Ressorts eingeleitet.

Die Aufnahme derselben in das gegenwärtige Geseh empfehle sih nicht, weil für die Eisenbahnarbeiter eine andere Organisation nothwendig sei.

Jm Uebrigen mache er darauf aufmerksam, daß von einer ungerehten Benachtheiligung der Eisenbahnarbeiter nah Annahme des Geseßentwurss um deswillen niht gesprochen werden könne, da ja die Eisenbahnarbeiter nach dem Hasft- pflihtgeseße Anspruch auf volle Entshädigung hätten.

Graf Frankenberg bemerkt, daß ihn die Ausführun- gen eines Regierungskommiffars in der gestrigen Sißung zur Stellung seines Antrages veranlaßt hätten. Er fähe keinen Grund ein, warum man den kleinen Gewerbsunternehmer ausschließen wolle. Dadurch werde ein großer Theil der wohlthätigen Absichten des Geseßes illusorisch gemacht und eine große Mißstimmung unter den kleinen Meistern, welche ohnedies in anderen Versicherungsgesellshaften nur {wer Aufnahme finden könnten, hervorgerufen.

Er bitte um Annahme seines Antrages.

r. Hagen erklärt sih gegen Ziffer 1.

ie Beschränkung auf gewisse Betriebe schaffe verschiedene

Arbeiterklassen, solche, die nah dem neuen Gesetze, folche, die nach dem Haftpflihtgeseße, und solche, die nicht verpflichtet werden. Wenn, wie allgemein anerkannt, die Betriebsunter- nehmer alle Arbeiter gegen alle Unfälle zu entschädigen hätten, so müßten auch alle Arbeiter im Genuß dieses Nechtes sein.

Die Ungerechtigkeit des neuen Entwurfs liege darin, daß er voraussihtlich nicht ausgedehnt werden könne,

Hr. Rosenbaum spriht gegen die Aufnahme der Be- triebsunternehmer in das Geseß. i

Die Regierung beabsichtigte den Erlaß eines Gesehes über die Unfallversiherung der Arbeiter. h

Die Arbeitsunternehmer paßten mithin gar nicht in den Rahmen desselben.

Hr. Vorderbrügge erklärt sich für Annahme des D Frankenberg. :

enn man den Betriebsunternehmern die Wohlthaten

des Gesetzes zu Theil werden lasse, so sei es niht mehr als billig, das Gleiche auch für die kleinen Handwerker zu thun, um so mehr, da {hon die Zahl der Unternehmer mit einem Einkommen unter 1000 H die Zahl der Betriebsbeamten mit cinem Einkommen über 2000 4 übersteige.

C D versiherung8gescßes würde am zweckmäßigsten demnächst dur Spezialgeseße entsprochen werden können.

Hr. von Risselmann bittet mit Nücksiht auf die Aus- führungen des Regierungskommissars von den zu dieser Ziffer gestellten Anträgen abzusehen.

Er hege das Vertrauen, daß die Regierung nach Zu- standekommen dieses Geseßes den hier vorgetragenen Wün- Oen im Wege der Spezialgeseßgebung Rechnung tragen werde.

Zur Zeit müsse dasür gesorgt werden, daß überhaupt etwas zu Stande komme.

Hr. Kalle bemerkt, daß, wenn durch die Annahme seines Antrages das Zustandekommen des Gesetzes in Frage gestellt werde, E denselben gewiß zurückziehen werde, das glaube er aber nicht.

Was nun den von ihm gestellten Antrag anlange, so wolle er noch hervorheben, daß er die Streihung des Alinea 5 der Negierungsvorlage, daß für Betriebe, welche mit einer Unfa llgefahr nicht verbunden seien, dur Beschluß des Bundesraths die Versiherungs- pfliht aus3geshlossen werden könne, teantrage. Der- artige Betriebe gäbe es überhaupt nicht.

Jn jeder Fabrik könne es vorkommen, daß ein Arbeiter sich überhebt oder cine Treppe hinabstürzt. Unter welches Gesetz soll ein solher Mensch fallen ?

; Aus welchem Anlaß der Unfall eingetreten, sei gleihgültig. Unfälle während der Betriebszeit müßten nach der seitherigen Praxis immer entschädigt werden. i

Daæ sich Niemand mehr zum Worte gemeldet hat, {ließt der Vorsißende die Diskussion. '

Bei der Abstimmung wird dex Antrag Kalle und K o ch- hann, in Ziffer 1 die Werftarbeiter einzubeziehen, ab- gelehnt, dagegen der Antrag Kochhann, Ziffec 1 auf die in gewerbS8mäßigen Baubetrieben, in Bauhöfen und an Bauten beschäftigten Arbeiter auszudehnen, angenommen.

Die Anträge Kalle und Vorderbrügge zu Alinea 3 der Regierungsvorlage, daß dem Geseße unterworfen sein follen alle Betriebe, in welchen Dampfkessel oder dur elementáre Krast bewegte Triebwerke zur Verwendung kommen, ohne Rücksicht auf die Zahl der in diefen: Betrieben beschäftigten Arbeiter, werden angenommen.

Nachdem Hr. Vorderbrügge seinen Antrag zurückge- zogen, gelangt der Nest von Alinea 3 der Regierungsvorlage, daß als Fabriken auch angesehen werden sollen Betriebe, in welchen ohne die gleichzeitige Ver- wendung von Dampfkesseln oder durch elemen- tare Kraft bewegte Triebwerke mindestens zehn zu versihernde Personen regelmäßig beschästigt find, gleichfalls zur Annahme.

Alinea 4 der Negierungsvorlage, welche dem Reichs- Versicherungsamt die Entscheidung überträgt, welche Betriebe außerdem als Fabriken im Sinne dieses Gesetzes anzusehen sind, wird angenommen.

Antrag Kalle, daß auf Eisenbahn- und Schiff- fahrts8betriebe die Bestimmungen dieses Gesetzes nur dann Anwendung finden, wenn sie als inte- grirende Bestandtheile eines der vorbezeihneten Betriebe lediglich für diesen bestimmt sind, wird angenommen.

Aliriea 2 Sah 1 der Regierungsvorlage, da ß Betriebs- beamte mit einem 2000 46 übersteigenden Arbeits- verdienst auf Grund statutarischer Bestimmung gegen Unfälle versichert werden können, wird an- genommen; die Beschlußfassung über den zweiten Say des Alinea 2 wird bis zur Berathung der Ziffer 46 ausgeseßt.

Das Sthlußalinea der Regierungsvorlage, daß für Betriebe, welhe mit einer Unfallgefahr nicht verbunden sind, durch Beschluß des Bundesraths die Versicherungspfliht ausgeschlossen werden könne, wird angenommen. /

Der Antrag des Grafen Fra nken berg sowie die Reso- lution des Hrn. Kalle finden gleihfalls Annahme.

Staats - Minister von Boetticher übergiebt nunmehr den Vorsiß dem Direktor im Reichsamt des Jnnern Bosse.

Derselbe eröffnet die Diskussion zu Ziffer 2

Das Wort wird nicht begehrt, die Diskussion wird ge- schlossen und Ziffer 2 nach der Regierungsvorlage an- genommen. i :

Es wird nunmehr die Diskussion eröffnet zu Ziffer 3.

Dazu liegen die folgenden Anträge vor :

Von Hrn. Rosenbaum zu b 3:

Hinter Ascendenten zu seßen: wenn fsolhe nahgewiesenermaßen auch vorher von dem Ver- unglückten hauptsächlih unterstüßt wurden.

Von Hrn. Kade u. Gen. zu b 2 und 3:

Den Schlußsaß der Abtheilung 2, welcher anfängt:

wobei - jedoch die Renten zusammen- 50 Proz. des Arbeits- verdienstes nicht übersteigen dürfen,

ters zu übernehmen; die Verpflihtung auch auf die bedürfti- gen Ascendenten des Verunglückten auszudehnen, sei sehr be- denklih, Das würde dazu führen, daß die Ascendenten in den meisten Fällen bedürftig sein würden.

Er sei der Meinung, daß die Unterflüßung der Hinter- bliebenen inklusive der Ascendenten 50 Proz. nicht übersteigen dürfte, und wünsche, daß den Ascendenten erst dann eine Jahresrente, und zwarnichht von, sondern nur bi s z u 20 Proz, gewährt werde, wenn die der Wittwe und den Kindern zu gewährende Jahresrente noch nicht 50 Proz. betrage.

Der RNegierungskommissar, Geheimer Regierungs-Rath Gamp verweist mit Bezugnahme- auf die Ausführungen des Vorredners auf die Begründung der Regierungsvorlage, nah welcher der Umfang der Entschädigung im Allgemeinen nah Maßgabe der Bestimmungen des leßten Geseßentwurfs be- messen sei. Demgemäß würde Ascendenten eine Ent- schädigung nur dann zuerkannt, wenn der Verunglücte thatsähliÞh ihr einziger Ernährer gewesen sei, und auch in dieser Einschränkung nur innerhalb der Grenze von 50 Proz. des Arbeitsverdienstes des Verunglückten. Die Beibehaltung dieser Bestimmung bezüglih der eventuellen Entschädigungspflicht der Descendenten sei zu empfehlen ins- besondere wegen der fakultativen Unfallversicherung der Be- triebsbeamten mit einem Einkommen über 2000 . Bei diesen komme eine solhe Alimentation doch wohl nicht selten vor.

Hr. Jansen führt aus, daß ihm die Bestimmung sub a 2 der Ziffer 3, wonach der 4 #6 täglih übersteigende Betrag mit einem Drittel bei Berehnung der Jahresrente in Ansaß gebracht werden solle, do zu weit ginge.

Man stelle damit den Arbeiter viel bisser als den kleinen Beamten, das möchte er vermeiden. Er bäte um Annahme seines Antrages.

Der Negierungskommissar , Geheime Regierungs - Rath Gamp bittet, den Antrag Jansen abzulehnen. Es sei die Bestimmung in der Regierungsvorlage eine billige Rücksicht- nahme auf diejenigen Betriebsbeamten über 2000 /6 Ein- kommen, welche in die fakultative Unfallversiherung auf- genommen würden und dadurch ihrer weitergehenden An- sprüche nah Maßgabe der Bestimmungen des Haftpflichtgesch2s verlustig gingen.

Hr. Baare spricht sich für den Anirag Fansen aus. Die Betriebsbeamten seien ein vershwindender Theil. 4 #6. der Berechnung zu Grunde zu legen, sei volllommen genügend. Redner warnt davor, der Jndustrie immer neue Lasten auf- zuerlegen. , E /

Hr. Rosenbaum zieht mit Rücksicht auf die Erklärun- gen des Regierungskommissars seinen Antrag zurück, welcher indessen von Hrn. von Nathusius wieder aufgenommen wird.

Es hat sich Niemand mehr zum Wort gemeldet.

Der Vorsitzende schließt deshalb die Diskussion.

Bei der Abstimmung wird der Antrag Jansen ah- gelehnt. i Der Antrag Nathusius (Rosenbaum) wird an- genommen, der Antrag Kade, den Schlußsaß der Ab- theilung 2, welher anfängt: „Wobei jedoch die Renten zusammen 50 Prozent des Arbeits- verdienstes nicht übersteigen dürfen“, dort fort- zulassen und dagegen anschließend an Abthei- lung 3 hinzuzufügen: „Die Jahresrenten dürfen zusammen 50 Proz. des Arbeitsverdienstes nicht übersteigen“, wird zurückgenommen, der Antrag Kade in Absatz 3 der lit. þ statt der Worte „von 0 Proz.“ „bis zu 20 Proz.“ zu segen, wird angenommen.

Nah Schluß der Abstimmung erhält Hr. Herz noch das Wort zum leßten Absatz der Regierungsvorlage. h

Nach Jnhalt desselben stehe zwar dem Verleßten kein An- spruch auf Entschädigung zu, wenn er den Unfall vorsäßlih herbeigeführt habe, wohl aber seinen Hinterbliebenen. Diese Bestimmung könne dahin sühren, daß ein Mann, der ein \{hweres Verbrechen begangen, das ihn ins Zu@hthaus bringen müsse, oder der an einer unheilbaren Krankheit leide, ih lieber das Leben nehme, um die Jahresrente für seine Familie zu erhalten.

Er bitte, diese Bestimmung zu streichen.

Der Vorsitzende eröffnet über diesen Punkt nohmals die Diskussion. | ;

Hr. Baare spriht sih im gleihen Sinne aus wie Hr. Herz. Die Fürsorge für die Hinterbliebenen liege in den gedachten Fällen stets den Kommunen ob. Ein Anlaß, ihnen dieselbe abzunehmen, liege niht vor.

Hr. Rosenbaum will nit in Abrede stellen, daß diese Bestimmung der Jndustrie neue Lasten aufsbürde.

Bei der Schwierigkeit des Beweises der Vorsäßlichkeit sei er indessen für Annahme der Regierungsvorlage.

Die Dission wird geschlossen und Antrag Herz an- genommen. i ;

Der Vorsitzende eröffnet die Diskussion ju Ziffer 4.

Das Wort wird nicht begehrt, Die Diskussion wird ge- \hlossen und die Regierungsvorlage angenommen,