1884 / 29 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 Feb 1884 18:00:01 GMT) scan diff

i

Nr. 35, Dr. Schramm, Stabsarzt der Landw. vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 112, Dr. Apolant, Stabsarzt der Landw. rom Res. Landw. Regt. Nr. 35, Dr. Schulze, Dr. Schülein, Assist. Aerzte 1. Kl. der Res. vom Res. Landw. Regt. Nr. 35, Dr. Francksen, Assist. Arzt 1. Kl. der Res. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 85, Dr. Reibig, Asfist. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 2. Bat. Landw. Reats. Nr. 72, Dr. Kayser, Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 10, Dr. Wiesinger, Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 76, der Abschied bewilligt.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute militärishe Meldun- gen und darauf den Besuch] Sr. Hoheit des Herzogs von Sachsen-Coburg-Gotha.

Sodann begrüßten Se. Majestät der Kaiser Jhre König- lihen Hoheiten den Prinzen und die Prinzessin Christian von Schleswig-Holstein, welhe, aus England kommend, zum E bei den Kronprinzlihen Herrschasten hier eingetrof- en sind.

Später nahmen Se. Majestät die Vorträge des Chefs des Militärkabinets und des Vize - Präsidenten des Staats- Ministeriums entgegen.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin empfing heute den Besuch Jhrer Königlihen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Christian von Schleswig-Holstein, Prinzessin von Großbritannien und Jrland, und Sr. Hoheit des Herzogs von Sachsen-Coburg-Gotha.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich gestern Mittag 121/, Uhr zur Geburtstags-Gratulation bei Jhrer Königlichen Hoheit der Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin nah Potsdam und kehrte Nachmittags mit dem um 5 Uhr abgehenden Zuge nah Berlin zurück.

Vorher hatte Höchstderselbe die Ausstellung im Künstler- hause in der Kommandantenstraße besucht.

Am Abend wohnten Jhre Kaiserlichen und KöniglichenHoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin der Vorstellung im Opern- hause bei. Von dort begab Sih Se. Kaiserlihe Hoheit der Kronprinz nah dem Anhalter Bahnhof zum Empfange Sr. Hoheit des Herzogs von Sachsen-Coburg:Gotha, geleitete Höchstdenselben in das Königliche Schloß und fuhr dann mit JZhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin nach dem Bahnhof Friedrichstraße, um Jhre Königlichen Hoheiten den Prinzen und die Prinzessin Christian von Schleswig- Holstein zu empfangen.

Der Bundesrath hat in seiner Sißung vom 31. Ja- nuar d. F. Folgendes beschlossen : Bei der Einsuhr von Wein, sowie von Petroleum in zum Transport dieser Flüssig- keiten eigens eingerichteten Fahrzeugen ohne anderweitige un- mittelbare Umschließung ist das zollpflichtige Gewicht in der Weise zu ermitteln, daß zu dem Eigengewichte der Flüssigkeit bei Wein 17 Proz., bei Petroleum 25 Proz. dieses Gewichts zugeschlagen werden.

Die vereinigten Auss{hüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und sür Handel und Verkehr s\o- wie der Ausshuß für Zoll- und Steuerwescn hielten heute Sizungen.

Se. Majestät der König haben die „General- Intendantur der Hofmusik“ als besondere Behörde aufgehoben und die bezüglichen Funktionen, wie dies bis 1842 der Fall war, wieder mit der General-Jntendantur der Königlichen Schauspiele vereinigt.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Hauses der Abgeordneten besindet sich in der Ersten Beilage.

Der Gemeinde Wiedenest im Kreise Gummersbach ist zur Erwerbung der zur Vetbreiterung und zum Ausbau des Kommunalweges von Bohren durch Pernze nah Lieberhausen erforderlichen Flächen durch Allechöhste Ordre vom 24. v. M. das Enteignungsrecht verliehen worden.

Den Kreisen Teltow und Jüterbog-Lucken- walde ist gegen Uebernahme der künftigen chausseemäßigen Unterhaltung der von ihnen ausgebauten Strecken der Chaussee von Trebbin nah Luckenwalde gemeinschaftlih das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes auf dieser Straße nah den Bestimmungen des Chausseegeld-Tarifs vom 29. Fe- bruar 1840 einschließlich der in demselben enthaltenen Be- stimmungen über die Befreiungen, sowie der sonstigen, die Erhebung betreffenden zusäßlihen Vorschristen vorbehalt- lih der Abänderung der sämmtlichen voraufgeführten Bestim- mungen unter dem 21, Januar d. J. Allerhöchst verliehen worden. Auch sollen die dem Chausseegeldtarife vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chausssjee-Polizeivergehen auf die gedachte Straße zur Anwendung kommen.

Bei dem Aufgebotsverfahren zum Zweck der Kraftloserklärung abhanden gekommener Werth- papiere, für deren Aufgebot statutarish die Bekanntmachung durch Zeitungen bestimmter Großstädte ohne namentliche Be- zeichnung oder sonstige nähere Bestimmung der Zeitungen vorgeschrieben ist, brauht nach einem Urtheil des Reichs - gerichts, II. Civilsenats, vom 7. Dezember v. J., diese statu- tarishe Vorschrift nicht berücksichtigt zu werden, und es genügt die dur §. 842 der Civilprozeßordnung vorgeschriebene öffent- liche Bekanntmahung des Aufgebots (Anhestung an die Gerichtstafel und im Vörsenlokal, wenn eine Börse am Siy des Ausgebotsgerichts besteht, und drei- malige Znsertion in dem amtlichen Publikationsorgan des Aufgebotsgerichts, sowie in dem „Deutschen Reichs: An- zeiger“). „S. 20, Avs. 3 des preußischen Ausführungsgesebes zur Civilprozeßordnung vom 24. März 1879 bestimmt: „Be- trifft das Aufgebot Urkunden, für deren Aufgebot die Bekannt- machung durch namentlih bezeichnete Blätter in Privilegien oder Statuten besonders vorgeschrieben ist, so erfolgt die öffent- lihe Bekanntmachung des Aufgebots (§. 842 Abs. 1 der Civil- prozeßordnung) auch durch einmalige Einrückung in diese

Blätter.“ Das Ober-Landesgericht is der Ansicht, daß diese Bestimmung im vorliegenden Falle nit zutreffe, da in den Statuten der Rheinischen Eisenbahngesellshaft zwar vorge- schrieben sei, daß die bezüglichen Bekanntmachungen in einer Berliner, einer Cölnischen, einer Aachener, einer Augsburger, einer Brüsseler und einer Zeitung in Frankfurt a. M. zu er- folgen hätten, niht aber bestimmte Zeitungen genannt seien. Diese Ansicht erscheint völlig rihtig. Sie entspriht zunächst dem natürlihen Wortfinn, gemäß dem unter namentlih be- zeichneten Blättern nur bestimmte, mit ihrem Namen bezeich- nete Blätter zu verstehen sind. Sie entspriht aber auch dem Zweck des Gesetzes, vertragsmäßig begründete Rechte bezw. &Interessen möglichst zu shonen. Wenn bei der Emission eines «Fnhaberpapiers angekündigt ift, daß die zum Zweck der Amortisation nöthigen Bekanntmachungen nur in bestimmten, mit Namen bezeihneten Blättern erfolgen werden, so liegt darin eine Zusicherung, zufolge deren der Fnhaber si um andere als die benannten Blätter niht zu kümmern braucht. Anders is es, wenn nur bestimmt is, es hätten die fraglichen Bekanntmachungen in Blättern gewisser Orte zu er- folgen. Jnsofern an diesen Orten Blätter in großer Zahl erscheinen, auh neue gegründet werden können, tritt hier der Gesichtspunkt einer vertragsmäßigen Zusicherung ganz in den Hintergrund und nur die Absicht hervor, für eine möglichst zweckmäßige Art der Veröffentlihung Sorge zu tragen. Wenn nun das Geseß eine neue, ihm noch zweckmäßiger erscheinende Ait der VeröffentliGung vorschreibt, so durfte es davon aus- gehen, daß durch seine Vorschrift vertragsmäßige Jnteressen nicht verleßt würden“.

Die Bestimmung des 8. 41 des preußischen Gesetzes über den Erwerb von Grundeigenthum: „Hat der Erwerber eines Grundstücks die auf demselben haftende Hypothek in An- rechnung auf das Kaufgeld übernommen, so erlangt der Gläubiger gegen den Ewwverber die persönliche Klage, auch wenn er dem Uebernahmevertrag nicht beigetreten ist“ findet nach einem Urtheil des Reichs gerichts, IV, Civilsenats, vom 22. November v. F, nur Anwendung auf die Ueber- nahme von Hypotheken, niht aber auf die Uebernahme von Grundschulden. Es wird daher der Erwerber eines Grund- stüds, welher eine auf demselben haftende Grundschuld in Anrechnung auf das Kaufgeld übernommen hat, durch diese Schuldübernahme perfönlih nicht hastbar.

Der General-Lieutenant Freiherr von Lo ë, General- Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, und beauf- iragt mit der Führung des VII!I, Armee-Corps, is auf der Durchreise von Franksurt a. O. nah Coblenz zu einem mehr- tägigen Aufenthalt hier eingetroffen.

Der General-Lieutenant Graf von Wartensleben, Commandeur der 17. Division, hat Berlin nah Abstattung persönlicher Meldung wieder verlassen.

Der General - Lieutenant von Brandenstein, Commandeur der 31. Division, ist zu p2rsó nliher Meldung aus Straßburg i. Els. hier angekommen.

Sachsen. Dresden, 1. Februar. (Dr. Journ.) Nach dem heute Mittag 12 Uhr über das Befinden der Prinzessin Georg ausgegebenen Bulletin hat die hohe Patientin nach einem. lauwarmen Bade srüh 8 Uhr kurze Zeit geschlafen. Bald nächher traten zwar wieder Delirien ein, doch war Jhre Königliche Hoheit zeitweilig einige Augen- blide bei flarem Bewußtsein. Seit 11 Uhr trat wieder R A ein. Der Hautausschlag hat sih nicht weiter ent- widckelt.

Der Königlich portugiesische Geschäftsträger in Berlin, Baron de San Pedro, welcher den auch ain hiesigen König- lichen Hofe beglaubigten und zur Zeit in Lissabon weilenden Gesandten, Marquis de Penafiel, vertritt, ist hier eingetroffen. Derselbe wird auf besonderen Befehl des Königs von Por- tugal bis auf Weiteres hier verweilen, um über den Verlauf der Erkrankung der Prinzessin Georg von hier aus nach Lissabon zu berichten.

Die Zweite Kammer bewilligte heute die sür Voll- endung der Schwarzenberg-Johanngeorgenstädter Eisenbahn geforderte Summe von 940000 /6« Jun der Debatte darüber sprach der Abg. Walter sein Bedauern über

eine so bedeutende Ueberschreitung des ursprünglichen Anschlags von 1 700 000 # aus, worauf der Staats- Mittisitér Freiherr von * Kölner crlläle, daß bei

Eisenbahnbauten es überhaupt nie möglich sein werde, den Voranschlag so genau zu machen, daß weder eine Ueber- shreitung noch eine Minderausgabe eintrete, weil die Postulate nur auf Grund von generellen Vorarbeiten gestellt würden und ia der Zeit zwischen der Bewilligung und der Vollendung erhebliche Veränderungen in den Materialpreisen und Löhnen eintreten könnten, wie dies in dem vorliegenden Falle geschehen sei, abgesehen davon, daß au wegen der zu erwartenden Fortseßung der Bahn nah Böhmen eine bessere Aussührung und Ausrüstung für nöthig gehalten worden sti.

Sessen. Darmstadt, 30. Januar. (Köln. Ztg.) Die Zweite Kammer {loß sich nah ihrem heutigen Zusammen- tritt dem Beschlusse der Ersten Kammer bezüglih der Strom - bauregulirung: „daß, und zwar unter Hinzuziehung aus- wärtiger Techniker, die Vorarbeiten für die bei Mainz und auf der Strede Worms-Lampertheim und Nacktenheim-Lauben- heim in Aussiht genommenen Aenderungen baldigst in Angriff genommen werden, damit endgültige Projekte den Ständen vorgelegt werden können“, einstimmig an. Sodann nahm die Kammer die „Erläuterungen“ vorerst zu den Akten. Unter den neuen Eingängen verdient die Mittheilung der Regierung hervorgehoben zu werden, wonach dieselbe die Jnterpella- tion über die kfirhenpolitische Lage zu beantworten bereit ist, sobald sie auf die Tagesordnung geseßt wird.

_Elsaß - Lothringen. Straßburg, 31. Januar. (Els.-Lothr. Ztg.) Jn der heutigen 11. Plenarsißung des Landesausschusses, auf deren Tagesordnung zunächst der Etat der Forstverwaltung stand, erhob sih eine eingehende Debatte bei Kap. 12 Tit. 3 des Etats, welcher Titel die Ein- nahmen aus der Jagd behandelt.

__ Der Abg. Fuchs monirte zuerst die noch immer zu ge- ringe Verpachtung der bisher administrirten Jagden, wodurch für die Finanzen nit die Erträgnisse abfielen, welhe möglich wären. Der Abg. Frhr. Zorn von Bulah (Sohn) {loß sich ihm an und s{chlug entsprehend der Petition Granddidier vor, alle administrirten Jagden zur Verpachtung auszubieten und diejenigen, für welche keine angemessene Pacht geboten würde, den Oberförstern zu überlassen. Der Abg. Jaunez bemerkte, daß die 4. Kommission seit Jahren als Prinzip angenommen, daß ein Theil der Jagd administrirt würde, und der Abg.

Köthlin führte die Ansicht aus, daß die Oberförster die Jagd wesentlih als Vergnügen betrieben. Seitens der Regierung ergriff Unter-Staatssekretär v. Mayr wiederholt das Wort: Es dürsten bei dieser Frage niht allein fiskalishe Gründe maßgebend sein, sür die Regierung sei es ein fest stehendes Prinzip, daß es im Jnteresse der Forstverwaltung nothwendig sei, dem Oberförster einen Fagdbezirk zu reserviren, dadurch werde er am ehesten veranlaßt, oft im Walde zu er- {einen und seinen Bezirk kennen zu lernen; deshalb müsse natürlih sein Jagdterrain in seinem Bezirk liegen; wenn dem Oberförster seine pflihtmäßige Thätigkeit im Walde außerdem noch Vergnügen bereite, so sei das doppelt erfreulih. Was die weitere Verpachtung administrirter Jagden anlange, fo habe die Verwaltung den Wünschen der von ihr berufenen Kommissionen von Vertrauensmännern im Oberelsaß voll- ständig, in den anderen Bezirken bis an die Grenze des Mög- lichen entsprochen.

Eine lebhafte Debatte entstand darauf über die Frage, ob die Jagd am 23. August noch geschlossen sei. Der Staats- sekretär führte aus, daß der üblihe Sprachgebrauch die betref- fende Stelle des Geseßes nur so interpretiren lasse, daß die Schonzeit bis zum 23. August incl. dauere; in diesem Sinne würde demnächst eine Fnstruktion an das Verwaltungsperso: nal ergehen. Die Absicht des Abg. Köchlin, die bestehenden Zweifel durch einen Geseßesantrag zu erledigen, fand die Zu- stimmung des Staatssekretärs.

Die einzelnen Positionen des Etats wurden den Kom- missionsanträgen entsprechend bewilliat.

Der zweite Gegenstand der Tagesordnung: Bericht über die Petition des Notars Granddidier über eine vermehrte Ver- pachtung der Staatswaldungen, wurde ohne Debatte erledigt ; ebenso der dritte Gegenstand: Decharge-Ertheilung für 1879/80. Die Decharge wurde ertheilt.

Den vierten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Etat des höheren Unterrichts. Die Debatte drehte sich fast aus- {ließlich um die Verkürzung des französishen Unterrichts in Folge der neuen Regulative. Die Abgg. Grad, Pick, Winterer, Frhr. Zorn v. Bulach (Vater), Heimburger, Baron Schauen- burg und Naeis sprachen sih für eine Vermehrung der jeßt

vorgeschriebenen Stundenzahl aus. Der Staatssekretär erläuterte dem _ gegenüber, daß die Verminderung der Unterrichtsstunden, wie die ärztliche Sachver-

ständigenkommission sie verlangt habe, nothwendig auch eine Verminderung des Französischen herbeigeführt habe; die Re- gierung habe im Auge behalten müssen, daß die elsässischen Gymnasien niht unter das Niveau herabsänken, welches für alle höheren Schulen Deutschlands mit Rücksicht auf die aus dem Schulbesuh hervorgehenden Berechtigungen ein gemein- sames sein müsse; das Ziel des Gymnasialunter- rihts, die Vorbereitung für die Universität {ließe eine vollendete Fertigkeit im Französishen nicht ein; übri- gens seien die Direktoren der höheren Lehranstalten bereits angewiesen, sich vor dem Veginn des neuen Schuljahrs dahin auszusprechen, ob eine Vermehrung des französischen Unterrichts sih als ein Bedürfniß herausgestellt habe. Der Abg. Winterer hatte die Debatte auf das allgemeine Gebiet gespielt und dem „Unterrihts-Monopol“ die Unter- richtsfreiheit entgegengestellt. Der Staatssekretär sührte dem gegenüber aus, daß diese Freiheit, wie sie Hr. Winterer ver- “stehe, nur darin bestehe, daß die katholishe Kirche an Stelle des Staats die Schule dirigiren solle. Die einzelnen Positionen des Etats wurden genehmigt.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 31. Januar. Das Gese vom 5. Mai 1869, auf Grund dessen der Ausnahm e- zustand über Wien und Umgegend vollzogen wird, er- mächtigt die Regierung: „wenn in ausgedehnter Weise hochverrä- therishe oder sonst die Verfassung bedrohende oder die per- sönliche Sicherheit gefährdende Umtriebe offenbar werden“, die grundgeseßlihen Freiheiten zu suspendiren. Aufgehoben werden nun sünf Bestimmungen des Staatsgrundgesehes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger vom 21, De- zember 1867, Dieselben gewährleisten die Freiheit der Per- son, erklären das Hausreht unverletßlih, bestimmen, daß das Briefgeheimniß nicht verleßt werde, und daß Briefe nur bei geseßliher Verhaftung, Haussuhung, Kriegsfällen, auf Grund richterlihen Befehls bes{hlagnahmt werden dinfen. Der vierte aufgehobene Artikel betrifft das Versammlungs- und Vereinsrecht ; der fünste, die Preßfreiheit betreffend, be- stimmt, daß die Presse weder unter Censur gestellt noch durch Konzessionssystem beschränkt werden dürfe, sowie daß ad- ministrative Postverbote auf inländishe Druckschriften keine Anwendung finden. Die Beschlagnahme und Eröffnung von Briefen ohne Haussuhung, ohne Verhaftung und ohne rihterlichen Befehl, soll übrigens nur bei solchen stattfinden dürfen, welche verdächtig erscheinen, Umtrieben zu dienen, welche die öffentliche Sicherheit und die gesellshastlihe Ord- nung gefährden. Ebenso soll die Aufhebung der die Freiheit der Veröffentlihung im Drucke s{hüßenden Bestimmung nur für solhe Drucschristen gelten, welche die öffentlihe Sicher- heit und die gesellschastlihe Ordnung gefährden. Diese können ohne Weiteres unterdrückt werden. Des Weiteren versügt diese Verordnung, daß auf Grund des Geseßes vom 5. Mai 1869 die achtundvierzigstündige Frist für Zustellung eines rihterlichen Be- fehls bei etwaniger Verhaftung auf aht Tage ausgedehnt wird, daß Personen, welche die öffentlihe Ordnung gefährden, wenn sie nicht zuständig sind, ausgewiesen, und wenn sie zuständig sind, angewiesen werden können, den Ort nicht zu verlassen. Haus- suhungen können nunmehr ohne rihterlihen Befehl jederzeit vorgenommen werden. Vereine dürfen niht mehr gebildet werden. Die Behörde kann Versammlungen derselben ein- stellen und die Fortseßung von deren Thätigkeit von besondêrn Bedingungen abhängig machen. Volksversammlungen, welche niht auf geladene Gäste beschränkt sind, dürfen niht mehr stattfinden. Versammlungen zu Wahlbesprehungen, öffentliche Belustigungen und Aufzüge bedürfen der Bewilligung der politishen Behörde. Die Uebertretung der obigen Ver- ordnungen wird nach den strengeren Bestimmungen des 8, 9 des oben erwähnten Gesetzes bestraft.

Die zweite Verordnung hebt für deu Umfang der Ge- rihtshossprengel Wien und Korneuburg auf Grund des Ge- seßes vom 23. Mai 1873 die Wirksamkeit der Geshworenen- gerihte auf für Preßverbrehen und Preßvergehen, welche niht Gegenstand einer Privatklage sind, für Hochverrath, Störung der öffentlihen Ruhe, Aufstand und Aufruhr, öffentlihe Gewaltthätigkeit, Verfälshung öffentlicher Kredit- papiere, Münzfälshung, Neligionsstörung, Mord und Tod- lag, ausgenommen Kindermord, {were körperliche Be- schädigung, Brandlegung, Diebstahl, Raub, Verleumdung,

R I 1 RON N

S d

22 H b

N

S

Verbrechern geleisteten Vorshub, Herabwürdiaung von Ver- fügungen der Behörden, Aufreizung zu Feindseligkeiten. Diese zweite Verordnung tritt vorläufig bis einschließlich 31. Dezember 1884 in Geltung. Der vom Kaiser alsbald bestätigte Beshluß des Gesammt-Ministeriums wurde am 27. Januar gefaßt. Die Verordnungen sind mit der Kund- machung in Krast getreten. s |

Hinsichtlih der ersten Verordnung verfügt der S. 11 des Geseßes vom 5. Mai 1869, baß die Beschlußfassung des Reichsrathes einzubolen is, während hinsihtlih der zweiten Verordnung durch das Geseß bestimmt wird, daß sie in dem Falle aufzuheben sei, wenn auch nur eines der beiden Häuser die Aufhebung verlangt. :

Von der Beschränkung der Vereinsfreiheit sind, wie hier noch beigefügt sei, ausgenommen: die Erwerbsgesellschaften, religiöse Korporationen, gewerblihe Genossenschaften und Unterstühungskassen, Gewerkschaften und Bruderladen.?

1. Februar. (W. T. B.) Die erste Lesung der Ausnahmeverordnungen findet am Dienstag im Ab- geordnetenhause statt. Die Morgenblätter besprechen die Ausnahmeverordnungen, wobei das „Fremdenblatt“ hervor- hebt : die Bevölkerung erwartete nicht nur, sondern forderte ent- schiedene Maßnahmen zur Zügelung der verbrecherischen Attentate, deren Schauplaß Wien und dessen Umgebung sei. Das Blatt spricht die Zuversicht aus, daß die wesentlih gefkräftigten Besugnisse der Regierung lediglih zur Vertheidigung der arg bedrohten öffentlihen Sicherheit und gesellshaftlihen Ordnung dienen werden. Die einjährige Suspension der Shwurgerichte sei zum Theil wenigstens aus Rüdcsiht auf die Jury selbst, welche keinem Terrorismus ausgeseßt sein solle, erfolgt. Die „Neue freie Presse“ spriht das Vertrauen aus, das

Ministerium werde sich seiner durch die große Macht- vollkfommenheit gesteigerten moralishen Verantwortlich-

sein und seine Vollmachten maß- voll gebrauchen. Dieselbe richtet s{hließlich die Auf- forderung an ihre Leser: Feder möze in seinem Kreise dazu beitragen, den guten Ruf Wiens baldigst wiederherzustellen und den Véakel des Ausnahmezustandes vershwinden zu machen, Das „Tagblatt“ schreibt: „Uns drüdckt der Gedanke, daß es soweit kommen mußte, weil das gewöhnliche Geseß nicht ausreichend erschien ; wir dürfen aber hervorheben , daß grade in Wien die Elemente noch zahlreih und kräftig sind, welche entshlossen sind, den auf den Umsturz der staatlihen und gesell schaftlihen Ordnung gerichteten Umtrieben entgegenzu- treten.

Auf Grund der Ausnahmemaßregeln ist, wie das „Fremdenblatt“ meldet, eine Anzahl Arbeiter in der vergange- nen Nacht verhaftet worden; auch wurde eine Anzahl von Personen durch die Polizei ausgewiesen.

Das Abaeordnetenhaus beendete in seiner heutigen Sißung die Berathung des von Herbst gestellten Antrages, betreffend die von der Negierung für Böhmen und Mähren erlassene Sprachenverordnung, und nahm hierbei den Antrag der Ausschußmajorität auf Uebergang zur Tages- ordnung mit 175 gegen 161 Stimmen an.

Großbritannien und Jrland. London, 1. Februar. (W. T. B) Der Premier Gladstone hat sich heute zu der Königin nah Osborne begeben.

Mehrere Abend blätter bringen ein angeblihes Resu aus der Thronrede bei der bevorstehenden Eröffnung des Parlaments. Danach würde es Betreffs der Transvaal- frage in der Thronrede heißen: es hätten Verhandlungen mit den Delegirten des Transvaallandes stattgefunden und die Angelegenheit lasse eine baldige und befriedigende Lösung erwarten. Jn Bezug auf Egypten würde die Thronrede die früheren Zusicherungen wiederholen, daß die englischen Truppen aus Egypten zurückgezogen werden würden, sobald die Lage der Dinge in Egypten diesen Schritt gestatte.

Frankreich. Paris, 31. Januar. (Köln. Ztg.) Die Regierung hat den Beschluß des Pariser Gemeinde- raths, wodur die Unterstüßung von Seiten der Stadt jedem Spital entzogen werden foll, dessen Personalbestand niht vollständig aus Laien besteht, für nichtig erklärt. Der Kabinetsrath unter dem Vorsiß des Conseils-Präsi- denten Ferry seßte heute die Berathung über das Budget für 1885 fort. Die Gesammtheit der Ausgaben für 1885 Übersteigt die von 1884 um 30 Millionen.

1. Fébruar. (W. T: B) Das Dekret über die Bedingungen und Daten für die neue Rentenanleihe wird vom „Journal officiel“ morgen veröffentliht werden. Die Einzahlungen sollen von Vierteljahr zu Vierteljahr er- folgen ; die Emission ist, wie verlautet, auf den 12. d. M. festgeseßt.

Der Maätine-Mintstiér foudert einen SUupple- mentarkredit zum Unterhalt für ein Mehr von 500 in den madagassishen Gewässern befindlichen Mann- schaften, das im Budget nicht vorgesehen war.

Das Journal „Paris“ erklärt die Mittheilungen der „France“ über die Beziehungen des Minister - Präsidenten Ferry zu dem Papst für reine Phantastereien, giebt aber zu, daß die Regierung aufgehört habe, die Gehälter derjenigen Pfarreiverweser innezubehalten, welche ihre regierungsfeind- lihe Haltung aufgegeben haben.

Die Fürstin von Montenegro mit ihren Kindern und ihrem Schwiegersohn, dem Fürsten Karageorgewitsch, ist hier angekommen.

Die „Agence Havas“ veröffentlicht eine Erklärung des hiesigen Vertreters der Brazzaschen Mission, in welcher es heißt: er sei darauf vorbereitet gewesen, daß die Gegner Brazzas aufs Neue das Gerücht vom Tode Brazzas verbreiten würden, um damit eine Kreditforderung zu betreiben, und e deshalb das Publikum vor solchen falshen Nach- richten.

Bei einem Empfange der bonapartistishen Dele- girten erklärte Prinz Napoleon, daß der Augenblick ge- Tommen sei, cine geseßliche, aber andauernde Agitation ins Leben zu rufen. Es wurde hierbei beschlossen, eine große bonapartistishe Versammlung am 17. Februar im Cirkus zu veranstalten.

Der Graf von Paris wird von Spanien direkt nah Paris zurückkehren und sich alsdann nah Cannes begebcn.

Spanien. Madrid, 2. Februar. (W. T. B.) Der König, der bei der gestrigen Einweihung des literari- schen Athenäums mit großem Enthusiasmus begrüßt wurde, hat sich als permanentes Mitglied dieses Jnstituts cinzeihnen lassen. Man legt diesem Umstande als Symptom des Umshwunges im monarchishen Sinne eine um so größere Bedeutung bei, als das Athenäum in früherer Zeit, namentlih 1868, der Mittelpunkt der revolutionären

keit stets bewußt

Agitation war, und damals die Führer dieser Partei dem Athenäum als Mitglieder angehört haben.

Portugal. Lissabon, 30. Januar. (A. C.) Die Deputirtenkammer willigte heute mit 101 gegen 5 Stim- men in eine Abänderung mehrerer Artikel der Verfassung.

Italien, Nom, 1. Fra. (V. T. B) Das hiesige Zuchtpolizeigeriht hat heute 8 Mitglieder der Fnternationalen zu Freiheitsstrafen in der Dauer von 3 Monaten bis zu 4 Jahren verurtheilt.

Nuߧland und Polen. St. Petersburg, 1. Februar. (W. T. B.) Wie hierher gemeldet wird, haben Londoner Blätter ein Telegramm aus Charkow veröffentl:ht, daß Nihilisten einen Gensd'armerie-ODffizier ermordeten, daß die dortige Polizei eine geheime nihilistishe Druckerei entdeckt und Dokumente aufgefunden habe, welhe eine Verschwörung gegen das Leben der Kaiserlihen Familie und zur Herbei- führung eines allgemeinen Bauernaufstandes in Klein-Ruß- land offenbart hätten. Diese Meldungen erweisen sich nah Mittheilungen von kompetenter Stelle, mit der einzigen Aus- nahme der Entdeckung einer geheimen Druckerei, als voll- ständig aus der Luft gegriffen; es ist Niemand in Char- kow ermordet und keine Verf{chwörung daselbst entdeckt worden.

2. Februar (T D) Vie die russil@e „St. Petersburger Zeitung“ erfährt, beschränkten die chinesishen Behörden die Freizügigkeit der russischen Kaufleute in Kaschgarien auf die Stadt Kaschgar und untersagten die Theeeinfuhr aus dem rufsichen Gebiet in das chinesische Jligebiet. Was die chinesishen Festungen an der Grenze anbelange, so sei die Festung Tschimpandsi fast fertig- gestellt, und würde außerdem auf dem Berge Diedinschan ein neues Fort errichtet.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 29. Ja- nuar. (Hamb. Corr.) Der König hat die Genehmigung zur Subvention der Postdampferlinie Malmö-Stral- sund mit 10000 M ertheilt, wobei die Vorausseßung aus- gesprochen wird, daß Seitens der deutshen Postoerwaltung ein gleicher Betrag hergegeben und die täglihe Verbindung während des nächsten Sommers innegehalten werde.

Die Staatsshuld Schwedens betrug am Schlufse des ahres nahezu 234!/, Millionen Kronen, Dieselbe hat im Laufe des Fahres eine Erhöhung um etwa 21/;, Millionen erfahren. Die Zollintraden, mit 271/54 Millionen Kronen budgetiert, haben diesen Betrag um 6 Millionen überschritten. Die Staatsbahnen. hatten eine Einnahme von rund 19915 000 Kronen gegen 19 100 000 Kronen im Jahre 1882.

Dänemark. Kopenhagen, 30. Januar. (Hamb. Corr.) In der gestrigen Folkethingssißung wurden die Be- rathungen über die von dem Minister des Jnnern im Jnter- esse des Fischereiwesens, der Landwirthschaft 2c. aufgestellten Forderungen zu Ende geführt, und ergab die zum Schluß vorgenommene Abstimmung die Annahme der Vorschläge der Majorität des Finanzausschusses, also die Ahb- lehnung der betreffenden Posten. Weiter gelangten die dem Budget des gleichen Ministeriums angehörenden Forde- rungen zur Berathung, welhe sich auf Erweiterung von Eisenbahnstationen, Hafenanlagen, Anschaffung eines Dampf- schiffses für die Linie Frederikshavn-Gothenburg u. \. w. be- ziehen. Zum Worte kamen nur die beiden Sprecher des Ausschusses, welche die von ihnen abgegebenen Gutachten mo- tivirten. Die Fortseßung der Debatte über diese Forderungen folgt in der heutigen Sißzung.

Amerika. Washington, 1. Februar. (W. T. B.) Jm Senat wurde heute eine Bill eingebracht, betreffend die Verhinderung und Bestrafung der Nachbildung von Banknoten und anderen Werthpapieren auswär- tiger Staaten.

Afrika. Egypten. Kairo, 1. Februar. (W. T. B.) Jn der behufs Herbeiführung der Verpachtung der Ländereier der Domänenverwaltung gebildeten, aus den nam- hastesten Notabeln bestehenden Kommission hat auf den Wunsch der Notablen der frühere Minister des Fnnern Riaz Pascha, um zur Regelung der dermaligen finanziellen Schwierigkeiten beizutragen, den Vorsiß übernommen. Die Domoanialländereien sollen in kleinen Parzellen verpachtet und das Pachtgeld soll so bemessen werden, daß dasselbe zur Deckung des Coupons der Domanialanleihe und der Grund- steuer ausreiht. Der Minister-Präsident Nubar Pascha ist mit der Ausarbeitung eines ähnlichen Entwurfs betreffs der Dairaverwaltung beschäftigt.

SZeitungsstinmmten,

Ueber die Eisenbahndebatte im Abgeordnetenhause äußert Das Fans Journal

Keine Verhandlung über wichtige Gegenstände im Abgeordneten- hause verläuft zur Zeit glatter als die über die Eisenbahnvorlagen. Das große neue Verstaatlichungsgeseß ist fast ohne Widerspruch und nach ganz kurzer Debatte dur den Landtag gegangen und das Sekundär- bahngeseßz hat ebenfalls auf allen Seiten Dank und Anerkennung gefunden, wenn auch die verschiedenartigsten lokalen Wünsche auf Berücksichtigung dieser oder jener noch eisenbahnlosen Gegend geäußert wurden. Auf dem Gebiete des Sekundärbahnwesens ist in den letzten Jahren eine außerordentlicbe Thätigkeit entwickelt worden. Die neue Vorlage, welche soeben im Abgeordnetenhause die erste Lesung durbgemacht hat, will nicht weniger als 122 Millionen Mark aufwenden, wovon die größere Hälfte zum Bau neuer Linien, die kleinere zum Anbau zweiter Geleise, Bahnhofsbauten, Beschaffung von Betriebs- mitteln für bereits bestehende Bahnen bestimmt ist. Das Bild von dem Ausbau der Sekundärbahnen, welches der Minister May- bah entrollte, zeigt ein sehr erfreulides Ansehen. Es liegt auf der Hand, daß die biéherigen gewaltigen Leistungen ohne die vorangegangenen und gleichzeitigen Verstaatlihungen niemals hätten erreiht werden können; man vergleibe nur, was auf diesem Gebiete unter der vorwiegenden Herrschaft des Privatbahnsystems gesehen ist, Diese außerordentliche Belebung und Erweiterung des Eisen- bahnverkechrs, dessen Wohlthaten zurückgebliebenen Gegenden in reichem Maße zugewendet werden konnten, ist lediglich der Durführung der Verstaatlichung zu danken und schon allein aus diesem Gesichtspunkte würde sich die große Reformmaßregel rechtfertigen und als ein im höbsten Grade wohlthätiges Werk erweisen.

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 5. Jn- halt: Zoll- und Steuerwesen: Tarazuschlag für Wein und Petroleum; Bestellung zweier Stations-Controleure; Kontrole des \tehen- den Gewerbebetriebes mit unbearbeiteten Tabackblättern 2c. im Grenz- bezirk des Havptzollamts Nordhora. Militärwesen: Aenderungen der Landwehr-Bezirks-Eintheilucg. Marine und Schiffahrt: Er-

scheinen eines weiteren Heftes der Entscheidungen des Ober-Seecamts

und der Seeämter. Konsulatwesen: Todesfall; Exequatur- Grtbeilungen; Neue Abgrenzung der russishen Konsularbezirke in Deutschland. Polizziwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.

Justiz-Ministerial-Blatt. Nr. 5, Inhalt: Erkenntniß des Reich8gerihts vom 7. Februar 1883,

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 5. Inhalt: Amtliches: Personalnacbrihten. Nichtamtliches: Die Baukunst in Jerusalem. Ueber die geplante Zahnradbahn von Rüdesheim nah dem Niederwald. Elektrishe Beleubtung in Berlin. Zur Steifigkeit der Träger. Vermischtes: Quellwasserleitung in Frank- furt a. M. Wiederherstellung des Heidelberger Swblosses. Borbildungs8anstalten für Werkmeister und für mascinentechnische Cisfenbahnsekretäre und Zeibner. Auszeihnungen bei Vollendung des Reichsrathégebäudes in Wien. Einsturz der Straßenbrücke bei Ryfkon-Zell in der Schweiz. Londons öffentlihes Bauwesen. Regierungs- und Baurath Dr. Krieg {+. Kommerzien-Rath Julius Pintsh f. Bücherschau.

Landtags- Angelegenheiten.

Die XV. Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Staats-Ministerialbeshlufses voin 13. Februar 1882 und der Verfügung des Kultus-Ministeriums vom 28. Novem- ber 1883, betreffend den Maßstab für die Aufbringung der Kirchenlasten, hat sich, wie folgt, konstituirt: Schütt, Vorsitzender, Dr. von Bitter, Stellvertreter des Vorsißendea, Dr. Fornet und Spahn, Schriftführer, Strosser, Frhr. von Dobeneck, Sack, Götting, Bollert, von Tiedemann (Bomst), Uhlendorf, Weis (Hirschberg), Dr. Brüel, Gornig.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 20. Januar bis inkl. 26. Januar cr. zur Anmeldung gekcmmen: 180 Ebescbließungen, 869 Lebendgeborene, 48 Todtgeborene, 514 Sterbefälle.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Verein für Lübeckishe Geschichte und Alter- thumskunde giebt von Zeit zu Zeit „Mittheilungen“ heraus. Bon solchen „Mittheilungen“ sind von Juli bis Ende Dezember 1883 3 Hefte (Nr. 4—6) erschienen. Dieselben enthalten theils Nachrichten über den Berein, theils auf Lübeck bezüglibe geschichtliche Aufsäße verschiedenen Inhalts. So berichtet ein Aufsaß von M. Hoffmann über den Hansetag des Jahres 1481 zu Lübeck. Ein Auffay von Dr. Brehmer bringt Nachrihten zur Vorgeschihte des Stecknißkanals, aus denen œir erfahren, daß bereits seit 1336 auf der Steckniz künstlihe Wasserwerke vorhanden ge- wesen, durch welhe die Schiffahrt auf diesem Flusse ermög- liht ward. Es folgt sodann eine Mittheilung von Ebendemselben Über die „Korrektionshaft“, wie dieselbe Seitens des St. Annen- klosters in Lübeck bis zum Jahre 1691 geübt worden und welche Aenderung diese Befugniß seit jener Zeit erfahren hat. Ueber „Kirchenkollekten im vorigen Jahrhundert“ berichtet hierauf Dr. C. Wehrmann, Dr. Brehmer aber über das „Urkundenbuch der Stadt Lübeck“, von dem vor Kurzem die ò. und 6. Lieferung des 7, Theiles erschienen, welche 171 Urkunden vom 29. Juni 1429 bis zum 14. Sep- tember 1432 enthalten. Daran {ließen sich „Miscellen zur Ge- schichte der lübeckischen Erzgießkunst“ von Dr. Th. Bach, sowie 5 Ur- funden zur lübischen Handelsgeschihte des 14. Jahrhunderts aus der Zeit vom 30. März 1311 bis zum 13. Juli 1389, mitgetheilt von Dr. K. Höhlbaum. Den Sch{luß von Nr 5 macht eine Angabe von A. Hagedorn, wie es früher und später mit der „Führung des Niederstadtbuches“ in Lübeck gehalten worden. Nr. 6 endlich bringt eine „Geschichte der größten Glocke im Dom zu Lübeck nebst Nachrichten über ihre Gießer“, von Dr. Th. Bach; sodann eine Mittheilung über die „Kirchenglocke zu Swlutup“ von Dr. Brehmer; ferner eine Nachricht über „Meister Stephans Schadbuch“, von C. Curtius; endli von. A. Hagedorn unter der Ueberschrift „Lebeneweisheit“ zwei Aufzeihnungen aus einem im Jahre 1565 geschriebenen Codex des lübishen Rechts, welchen das Lübecker Staatsarchiv beroahrt.

Seit dem 1. Januar d. F. erscheint eine Zeitschrift für Hülfskassenwesen: „Die Arbeiterversorgung“, Organ für die Begründung, Einrichtung und Beförderung von Hülfskassen im Deut- schen Reiche zum Wohle der Arbeiter, nach amtlichen Mittheilungen und unter Benutzung amtlicher Quellen herausgegeben von berühmten Bolkêwirthen und hervorragenden Verwaltungsbeamten. Die erfte Nummer dieser Halbmonatsschrift, die in Heusers Verlag (Louis Heuser) in Neuwied erscheint, stellt sich die Aufgabe, fern von allen Parteibestrebungen ein Organ für das Hülfskassenwesen, speziell für Durch{führung des Versicherungszwanges, Ausfübrung der bezüglichen Ge- seße und Fortentwickelung des sozialpolitishen Friedenswerkes im Sinne der Kaiserlichen Botschaft zu scin Vesfonders sollen Organisations- und Verwaltungsfragen besprochen, obwalrende Zweifel erörtert werden 2c., so daß diese neue Zeitschrift einem wirklichen Bedürfnisse sowohl in denjenigen Beamtenkreisen, die mit Ausführung der sozialpolitischen Geteßgebung betraut sind, als auch für Kassenvorstände und Beamte, endlich auch für die Freunde praktischer Sozialreform entgegenkommt. Die „Arbeiterversorgung“ erscheint regelmäßig wenigstens am 1. und 15. jeden Monats in der Stärke von 1—14 Bogen. In der Zwischenzeit wird sie nur erscheinen, wenn das Bedürfniß es erfor- dert. Der Abonnement®2preis beträzt pro Semester 6 4. exkl. Bes stellgeld oder Kreuzband-Porto. Bestellungen auf die „Arbeiterversor- gung“ nehmen alle Postanstalten und Buchhandlungen entgegen.

Mit dem kürzlich publizirten 7. und 8. Heft für Oktober bis Dezember 1883 gelangt der 20. Band der „Altpreußischen Monatsschrift“ (der „Neuen Preußisben Provinzialblätter“ 86. Band), hecrauLgegeben von Rudolf Reicke und Ernft Wichert (Königsberg i. Pr., Verlag von Ferd. Beyers Buchhandlung) zum Abscluß. Das Schlußheft bringt eine weitere Fortsetzung des mehr- fach erwähnten ungedruckten Werks von Kant, aus seinen letzten Lebensjahren, welches von Rudolf Reicke in der „Altpreußischen Monatsschrift“ als Manuscript veröffentliht wird. Bisher find davon 5 Convolute abgedruckt worden, das 12,, 10., 11., 2. und 9. Das jeßt publizirte 3. Convolut besteht aus 8 Bogen mit folgendem Inhalt : Bon der Quantität der Materie, ihrer Wägbarkeit und Unwägbarkeit ; von der Materie ihrer Qualität na, entweder flüssig oder fest; Wie ift die tropfbare Gestalt einer Flüssigkcit mögli? Wie ift das Starrende (Rigescentia) möglich ? Die Relation der Materie nah ihren bewegenden Kräften, sofern ihre Wirkung auf die Berührung eingeschränkt ist (Flächenkräfte der Erpansion und Kohäsion); dann wieder ein Theil der Vorrede, der Einlcitung, in welcher die Natur- wissenschaft folgendermaßen eingetheilt ist: 1) metaphysishe Anfangs- aründe, 2) Aufzählung der ursprünglichen beweglichen Kräfte der Materie (welche zum Uebergange von jenen zur Physik dient); 3) die Physik als System selbst. Hierauf wird wieder von den bewegenden Kräften der Materie nach den Kategorien gehandelt ; dann folgt ein Zusaß von der Reibung und endlich wird alles noch einmal rekapitulirt. Von dem genealogishen Verzeichniß der Königsberger Stadt- ges{lechter, von J. Gallandi, bringt das Heft die 6. Fortseßung und den Schluß (enthaltend die Namen Sahme bis von Wosegin). Auch diesem Abschnitt sind 4 Wappentafeln beigegeben. Dann theilt Adolf Rogge die Schreibkalender - Aufzeihnungen eines Geistliben aus dem Jahre 1757 mit, welche als Beiträge eines Augenzeugen zur Geschi&te der russishen Invasion in dem genannten Jahre nicht ohne Werth sind. Daran reihen sich Kritiken und Referate. Jn einem Anhange ist ein Schreiben von dem Verlagébuchhändler F. A. Brok- haus an den Philosophen, Prof. Herbart in Königsberg aus dem Jahre 1819 abgedruckt, welhes namentlih wegen des vorausgefällten Urtheils über den bubhändlerishen Erfolg der Werke Schopenhauers-