1884 / 33 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Feb 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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\spielender Art nicht in den ernsten S{ulorganismus hineingetragen werden dürfe. Der +Vorwurf sei -unge- recht, daß jeßt in der Schule nur einseitig das Denken ausgebildet werde. Den Seminarien Xönne man nit zu- muthen, noch gewerbliche Thätigkeit in ihren Lehrplan aufzu- nehmen, da dieselben bereits jeßt so überlastet scien, daß es wirklih zu erwägen wäre, ob niht der Kursus der Seminare um ein Fahr verlängert werden müsse.

Der Staats-Minister Dr. von Goßler hob hervor, daß der Appell an das Wohlwollen der Regierung nicht vergeblich erhoben sein werde. Die Unterrichtsverwaltung stehe dem Handarbeitsbetriebe nicht unsympathisch gegenüber. Jn geschlossenen Anstalten, Blindenanstalten 2c. sei der Handarbeitsbetrieb bereits j-t in weitgehender Weise organisirt. Auch auf den Seminarien werde darauf hingewirkt, daß der Lehrer auf gewissen Gebieten vorbildlih wirken könne; so werde Obstbau, Bienenzuht und Fischzucht auf Seminarien betrieben. Jm Prinzip stehe also die Unter- rihtsverwaltung den Bestrebungen des Abg. von Schenckendorf}f niht abhold entgegen. Aber er müsse mit Zahlen renen, auch könne er den Seminarien eine neue Last nicht zumuthen. Das Aeußerste, was er thun könne, sei, daß er sich bemühen werde, eine Anstalt zu finden, auf der versuchsweise der Handfertigkeitsunterriht eingeführt werden könnte.

Der Abg. Weis (HirsVberg) empfahl den Handarbeits- unterriht ; freilich dürfe derselbe nicht in die gewöhnliche Unterrichtszeit verlegt werden. Auch erkläre er, daß die ganze Frage nit generell, sondern lokal, von Fall zu Fall ent- schieden. werden müsse...

Der Titel wurde hierauf bewilligt, ebenso die Tit. 31

und 31a,

Bei Tit. 32 (Waisenhäuser) beschwerte sih der Abg. Letocha, daß in Oberschlesien an einem Waisenhause nach Vertreibung der barmherzigen Schwestern evangelishe Diakonissinnen auh mit der Erziehung katholischer Kinder betraut seien.

Der Titel wurde bewilligt. (Schluß des Blattes.)

Nadtdem die Stadt Wittenberg beschlossen hat, eine Wasserleitung anzulegen und solhe aus dem Quellengebiete bei dem Dorfe Straah durch die Gemarkungen der Ortschaften Nudersdorf, Braunsdorf, Dobien, Reinsdorf und Wittenberg zu führen, ist durch Allerhöchste Ordre vom 21. v. M. der Stadtgemeinde Wittenberg auf Grund des Geseßes vom 11. Juni 1874 das Recht verliehen worden, behufs Ausführung diescs Unternehmens ein dauerndes Benußungsreht an den von der Wasserleitung berührten Grundstücken 2c. im Wege der Enteignung zu erwerben,

Zu einem am 1. d. Mts. bei der Artillerie- Schießschule begonnenen viermonatlihen Kursus ist eine größere Anzahl Offiziere der Feld- und Fuß-Artillerie kom- mandirt worden und hier eingetroffen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich oldenburgishe Geheime Staatsrath Selkmann ist hier eingetroffen.

___— Der General der Jnfanterie z. D. von Tresckow, à la suite des 7. Thüringishen Jnfanterie-:Regiments Nr. 96, ist auf einige Tage aus Altenburg hier angekommen.

_— Der General-Lieutenant, Frhr. voù Los, Géneral- Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, und beauf- tragt mit der Führung des VIIT. Armee-Corps, hat Berlin wieder verlassen.

Der General-Lieutenant Ribbentrop, Jnspecteur der 2, Fuß-Artillerie-Jnspiktion, ist nah Abstattung persön- liher Meldungen wieder abgereist.

Bayern. München, 6. Februar. (Allg. Ztg.) Jn Folge des Ablebens der Prinzessin Georg von Sachsen ist der für den 7. d. M. anberaumte Ball im Wittelsbacher Palais, den bezüglichen Weisungen des Königs entsprechend, abgesagt worden.

Sachsen. Dresden, 6. Februar. (W. T. B.) Nach- dem heute gegen Abend die Leiche der Prinzessin Georg in den Sarg gelegt und um 9!/, Uhr im Beisein der ganzen Königlichen Familie und des Dienstes die Einsegnung erfolgt war, fand um 10 Uhr die Ueberführung über die Bürgerwiese, die Gewandhausstraße, die lorißstraße, die Augustusstraße und den Schloßplay nach dem Palais am Taschenberge statt. Den Kondukt er- öffnete ein Zug des Gardereiter- Regiments; dann folgte ein Wagen mit dem Prinzlihen Hofmarshall und dem Adjutanten des Prinzen ; hierauf der 6\pännige Leichenwagen, dem zu jeder Seite 12 Lakaien mit Fackeln gingen; dann kamen die Wagen mit der Geistlichkeit und den Hofdamen der Verstorbenen. Den Schluß bildete wieder ein Zug des Gardereiter-Regiments. Jn den Straßen, welhe der Zug passirte, bildete eine dihtgedrängte Menschenmenge Spalier.

7. Februar. (W. T. B.) Heute Mittag ertönte von allen Kirchen Trauergeläut. Fn die im Schlosse ausliegenden Kondolenzlisten zeihneten sih, außer den Staats-Ministern, Diplomaten, Generalen, Vertretern der Stadt, Mitgliedern der Hofkreise und Beamten, auch zahlreihe Personen aus allen Volksschichten ein.

Württemberg. Stuttgart, 5. Februar. (St.-A. f. W.,) Die staatsrechtliche Kommission, welhe heute zur Berathung der Kirchengeseße wieder zusammengetreten ift, hat an Stelle des aus Gesundheitsrücksihten beurlaubten Ober: Bürgermeisters Dr. von Hack den Ober-Bürgermeister Benz von Reutlingen zum Berichterstatter gewählt.

Sefssen. Darmstadt, 6. Februar. (W. T. B.) Die Zweite Kammer lehnte in ihrer heutigen Sißung den Beitritt zu dem von der Ersten Kammer gefaßten Beschluß, wonach die Errichtung der Fortbildungsschulen dem Willen der Gemeinden anheimgestellt werden soll, ab. Die Debatte üker die Einführung des direkten Wahlmodus für die Zweite Kammer wurde vertagt.

_Elsaß - Lothringen. Straßburg, 5. Februar. (Elf.-Lothr. Ztg.) Jn der heutigen 12. Plenarsitzung des Landesausschusses stand als erster Gegenstand auf der Tageëordnung die zweite Lesung des Etats der Hoch- und Wegebau-Verwaltung. Die Einnahmen dieses Etats ebenso wie die fortdauernden Ausgaben führten zu keiner Diskussion. Eine solche entstand erst gelegentlich der einmaligen Aus- gaben bei Kap. 15, Tit. 2: Subventionen zu Bezirks- und Vizinal-Wegebauten. Der Abg. Grad ersuchte die Herab- seßuag dieser Subventionen von 200 000 auf 150 000 niht zu bewilligen, zumal durh die Streihung an der Theatersubvention und der Position für die Kreisärzte bereite

Mittel vorhanden wären. Der Abg. Kempf beantragte eine Erhöhung obiger 150 000 /( auf 178 000 #4 im Jnteresse des Wegebaues. Der Unter-Staatssekretär Ledderhose erläuterte, die verabsezung der Subventionen an die Bezirke sei aus der

wägung hervorgegangen, daß d:e Bezirke durh Ueber- nahme der Arbeitshaus-Verwaltung A den Staat er- leihtert seien; es sei keineswegs die Ansicht der Regierung, daß die Bezirke nun weniger als früher für den Wegebau verwenden sollen. Der Abg. Grad vertrat die Ansicht, daß man sih mit 178 000 A nicht begnügen dürfe, sondern die frühere Summe von 200 000 # wieder eingeseßt werden solle, und stellte später einen Antrag in diesem Sinne. Das Haus nahm diesen Antrag an. Die übrigen Positionen wurden ent- sprehend den Anträgen der Kommission ohne Debatte ge- nehmigt. Der Etat. der Verwaltung von Handel und Gewerbe wurde der Vorlage entsprehend angenommen und der Etat der Wasserbauverwaltung, in Einnahmen und fortdauernden Ausgaben, ohne Debatte genehmigt; ebenso der außerordent- liche Etat. Eine Reihe von Petitionen, welche den leßten Gegenstand der Tagesordnung bildeten, wurde ohne Debatte den Kommissions-Anträgen entsprechend erledigt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 6. Februar. (W. T. B.) Wie die „Presse“ exfährt, sind nicht allen hiesigen poli- tishen Vereinen die Beschränkungen auferlegt worden, wovon in den gestrigen Sißungen des Abgeo1 dnetenhauses und Gemeinderathes die Rede gewesen ist. Dem Vorstande

“eines angesehenen Vereins im Fnnern der Stadt wurde aus-

drüdlih erklärt, daß das Vereinsgeseß diesem Verein gegen- über in voller Geltung bleibe. Es bedürfe keiner gestempelten Eingabe um Bewilligung, keiner vorherigen Anzeige der Namen der Redner und keiner Ueberreihung von Skizzen der zu haltenden Reden.

5. Februar. (Presse). Der heute gewählte Au s- \chuß für die Ausnahmeverordnungen hat sich nah Schluß der Sißung konstituirt und zum Obmann den Abg. Jgnaz Baron Giovanelli, zum Obmann-Stellvertreter den Abg. Dr. Sturm, zu Schriftführern die Abgg. Dr. Tonkli und Exner gewählt. Der Ausschuß hielt bereits heute Abend seine erste Sizung, welcher von Seiten der Regierung der Minister- Präsident Graf Taaffe, der Justiz-Minister Dr. Prazak, der Sektions:-Chef Freiherr von Kubin, der Polizei-Präsident Krticzka von Jaden, dessen Stellvertreter, Hofrath R. von Weiß und Hosrath Krall vom Justiz-Ministerium beiwohnten. Der Ausschuß beschloß die strengste Gcheimhaltung seiner Ver- handlungen.

Pest, 6. Februar. (W. T. B.) Das Abgeordneten - haus beshloß auf Antrag des Minister-Präsidenten Tisza mit 171 gegen 131 Stimmen, die Mischehen-Vorlage von der Tagesordnung abzuseßen, und die Regierung zu beauftragen, zur Regelung der Frage zu passender Zeit dem Reichstag eine entsprehende Vorlage zu machen.

Großbritannien und Jrland. London, 6. Februar* (W. T. B.) Heute hat eine Kabinetsberathung statt- gefunden, in welcher dem Vernehmen nach über die Lage in Egypten berathen werden solle. Fm Kriegs-Mini ste- rium werdet? Vorbêéreitängen zur Absendung Peträchtlicher Verstärkungen näch Egyptén geiFoffen. “2000 Mann könnten binnen 8 Tagen unterwegs sein. Der Kommandant des Transportdampfers „Euphrates“, der gestern mit Truppen von Bombay in Suez angekommen is, hat Befehl erhalten, in Suez weitere Ordres der Admiralität zu erwarten.

In der heutigen Sißung des Unterhauses theilte der Minister des Ackerbaues, Dodson, mit, daß die Re- gierung im Oberhause eine Vorlage einzubringen beabsichtige, dur welche die Vollmachten der Regierung bezüglich des Ver- bots der Einfuhr fremden Viehes erweitert werden sollen. Labouchere kündigte ein Amendement zu der Adresse an, welwes die schleunige Râäu- mung Egyptens besürwortet. Der Premier Gla d- stone bestätigte auf eine Anfrage die Nachriht von der Niederlage Vaker Pascha's und fügte hinzu: von dem General Gordon seien noch keine weiteren Nachrichten zu erwarten. Uebrigens berehtigten die jüngsten unglück- jeligen Ereignisse in keiner Weise zu einer Aenderung der «Fnstruktionen Gordons, welcher mit sehr bedeutenden diskre- tionären Gewalten ausgestattet sei. Der Khedive habe Gordon zum General-Gouverneur des Sudan ernannt und ihm die Ausübung der Militär- und Civilgewalt daselbst übertragen. Churchill fündigte ein Amendement zu der Adresse an, n walGem die Absetung des gegenwär:igen Kabinets und Erseßung desselben dur Rathgeber, welche das Vertrauen des Landes besißen, verlangt wird. Der Sprecher erklärte das Amendement für ordnungs- widrig. Der Unterstaatssekretär des Auswärtigen, Fißmaurice, theilte mit: im Auswärtigen Umte sei bisher weder eine Bestätiguna, noch irgend eine andere Mittheilung Über die angeblihe Niederlage der egyptts{chén Truppen bei Sikat eingegangen. Der Premier Glad- stone theilte mit: Admiral Hewitt glaube, daß zur Siche- rung Suakims gegen einen möglichen Angriff der Araber eine Verstärkung seiner Streitkräste nothwendig sei. Die Regierung habe daher Maßregeln getroffen, ihm größere Streitkräfte zu s{hicken, um Suakim zn sichern.

6, Februar, Abends. (W. T. B.) Die Minister hatten heute Nachmiltag eine zweite Konferenz, in Folge deren an Sir Evelyn Baring nah Kairo und an Admiral Hewitt nah Suakim Depeschen abgingen. Jn Folge einer Aufforderung des Kriegsministeriums hatten heute Vertreter der großen Schiffahrtsgesellshaften eine Unter- redung mit dem Chef des Transportdepartements, um zu konstatiren, wie viel Schiffe der Regierung zum Transport von Truppen für den Fall des Bedürfnisses zur Verfügung gestellt werden könnten, Das Ergebniß war sehr befriedigend; es wurden der Regierung genügend Schiffe angeboten, um 8000 Mann zu transportiren.

7. Februar. (W. T. B.) 500 Mann Matrosen und Marine-cFnfanterie haben Befehl erhalten, nah Suakim abzugehen. Eine den „Daily News“ aus Kairo zugegangenre Depesche meld«t, daß General Gordon in Folge einer Erhebung der Araberstämme seine Reise nicht fortseßen könne und deshalb in Korosko bleibe.

Bei einem Banket des liberalen Klubs erklärte der Staatssekretär der Kolonien, Derby: die Regierung, welche die Häfen des Rothen Meeres \{hühßen wolle, würde niht die Ehre und die Hülfsquellen des Landes aufs Spiel seßen, um den Sudan für Egypten wiederzuerlangen, da

dies unmöglich erscheine. Die Regierung beabsichtige auch durchaus nicht, die gegenwärtige Okkupation in eine dauernde Annektirung zu verwandeln; sie sei sih indessen ihrer Pflicht O “2 Verantwortlichkeit für die Offupation vollkommen ewußt.

Frankreich. Paris, 6. Februar. (W. T. B.) Der Avisodampfer „Fnfernal“ ist nah Suakim geschickt worden. Laut Nachricht aus Sa igon, von heute, ist General Millot mit seinem Generalstabe gestern daselbst eingetroffen und heute nah Tongking zurückgereist.

Ein Telegramm des Admirals Courbet aus Hanoi, vom 25. v. M., meldet: Die Provinzen Sontay, Hanoi, Haidzuong, Namdinh und Haiphong sind ruhig. Die in den Flüssen in der Nähe von Bacninh vorgenoms- menen Rekognoszirungen haben ergeben, daß die Kanonen- bote dort hinreihendes Wasser finden und sehr gute Dienste werden leisten können. Ein vom Feinde im Flusse Songcau errichteter Sperrdamm foll demnächst auseinandergesprengt werden.

Spanien. Madrid, 6. Februar. (W. T. B.) Die Regierung hat nunmehr definitiv beschlossen, das zur Feier des Jahrestages der Errichtung der Republik für den 10. d. M. beabsihtigte Meeting zu untersagen. Die Regierung hat fih, wie in den Organen derselben hervorgehoben wird, bei dem Erlaß dieses Verbotes von denselben Gesichtspunkten leiten lassen, welhe die sran- zösische Regierung #. Z. veranlaßten, die kommunistischen

Manifestationen auf der Place de la Bourse, die iwpe-

rialistishen Kundgebungen der Schüler von St. Cyr bei der Gedächtnißmesse für Napoleon I11. und die royalistischen Manifestationen auf dem Orleans-Bahnhofe bei der Abreise des Grafen von Paris nah Spanien zu verbieten. Die Re- gierung wird jede öffentlihe Kundgebung gegen die konsti- tutionellen Einrichtungen untersagen. Die in auswärtigen Blättern verbreitete Nachriht von einem angeblich bevor- stehenden Militäraufstande in Spanien wird in der Regierung nahe stehenden Kreisen für völlig unbegründet erklärt. Fn der gesammten Monarchie herrscht vollständige Ruhe und Ordnung.

Serbien. Belgrad, 7. Februar. (W. T. B.) Nah dem nunmehr vorliegenden Gesammtresultat der Wahlen sind 108 regierungsfreundlihe und 14 radikale Kandidaten sowie 6 Anhänger von Ristic zu Deputirten ge- wählt worden.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 7. Februar. (W. T. B.) Der „Regierungs-Anzeiger“ veröffentlicht das vom Kaiser am 29. (17.) Januar sanktionirte Gutachten des Reichsraths über die Erhöhung der Grund: steuer. Der Kaiser empfing gestern den neuakkreditirten Gesandten der Niederlande, von Stoetweegen, welcher sein. Beglaubigungsschreiben überreichte und sih darauf auch der Kaiserin vorstellte,

Schwedeu und Norwegen. Christiania, 2. Fe- bruar. (Hamb. Nahr.) Das Storthing trat heute zu einer vorläufigen Verhandlung zusammen. Sverdrup wurde mit 77 von 109 Stimmen zum Präsidenten und Steen mit 76 Stimmen zum Vize-Präsidenten wieder erwählt.

__ Amerika. New-York, 6. Februar. (W. T. B.) Jm Dhio-Gebiet sind in Folge heftiger Regengüsse und des Schmelzens des Schnees Ueberschwemmungen eingetreten. Die Fluth steigt stetig und der Bahnverkehr is unterbrochen. Durch die Ueberschwemmung sind große Verluste an Eigen- thum herbeigeführt worden. Nach Berichten aus Virginia, West-Pennsylvanien und Ohio stehen in Folge der UÜeber- shwemmung die Mühlen stil. Auch in Louisville und Pittsburg ist großer Schaden angerichtet worden; in Cincinnati wird eine stärkere Fluth befürhtet als im leßten Fahre.

Afrika. Egypten. Kairo, 5. Februar. (W. T. B.) Baker Pascha und Sartorius sind mit dem Nest der ihnen verbliebenen Truppen gestern Abend in Suakim angekommen. Die Besefligungen von Suakim, wo lebhafte Besorgnisse wegen eines Angriffs des Feindes herrschen, sind von englishen Seesoldaten unter Contre-Admiral Hewitt be- seßt worden. Der französische diplomatishe Agent hat die französishe Regierung um Absendung eines Kriegs\chiffs nach Suakim ersuht. Es bestätigt sich vollständig, daß die von Sinkat zum Fouragiren ausgeschickte Truppenabtheilung vom Feinde angegriffen und vernichtet wurde.

6. Februar. (W. T. B.) Eine Depesche Baker Paschas an Sir Evelyn Baring meldet, daß die Zahl der Jnsurgenten, welche die egyptishen Truppen angegriffen, weniger als 1000 Mann betragen habe. Die egyptischen Soldaten und die Shwarzen Truppen hätten die Waffen weg- geworfen und seien davongerannt. Er, Baker, und die Of- fiziere seines Stabes seien in großer Gefahr gewesen, von dem Feuer ihrer eigenen Leute getödtet zu werden.

Zeitungsfstimmen.

Die „Deutsche volkswirthschaftlihe Corre- spondenz“ konstatirt die Abnahme der Auswanderung aus dem Reiche und hofft, daß, da dieselben Ursachen, welche die Abnahme der Auswanderung seither bewirkt haben, in Kraft bleiben, die Ziffer der Auswanderung in jedem folgenden Jahre werde niedriger werden. Dann heißt es:

__ Wenn wir das Fortbestehen derjenigen Ursachen erwägen, welche die Abnahme der Auswanderung bewirken, so fällt der Blick zuerst auf die heilsamen wirthschaftlihen Reformen, welche in unserem Vater- lande in Angriff genommen worden sind. Mit der Vervollkommnung der- selben wird si auch dieWirkung steigern und so haben wir allen Grund, von den Gecseßen und Gefeßentwürfen, welche die Regierung auf dem Ge- biet der Industrie, der Giwerbe, des Ackerbaues und der Arbeiter- frage dem Lande darbietet, unter vielen anderen guten Wirkungen auch eine fortgeseßzte Abnahme der Auswanderung zu erhoffen. Zu- nächst kommt die moralishe Wirkung der Reformen in Anbetracht. Der Arbeiter, der Industrielle wie der Bauec empfindet, daß die Regierung nicht nur Steuern von ihm verlangt, sondern daß sie auch ein wachsames Auge für seine Wünsche und Bedürfnisse hat; daß sie bereit ist, ihm zu helfen. Er weiß ferner, daß er niht mehr der unerbittlichen Macht des Kapitals überantwortet is, welche nur solche Gesetze und Cinrichtungen geduldet hat, welche den Meistern und Handlangern des Kapitals die größte Freiheit in der Bewegung und in der Wahl ihrer Mittel gewährte. Arbeiter, Bauer, Gewerbetreibender wissen es heute, daß sie auf den Schuß der Regierung und starker Parteien rechnen können, Dieses Bewußtsein spielt unzweifelhaft eine be- deutende Rolle bei der Abnahme der Auëwanderung.

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Hierzu kommt der Aufs{wurg der Industrie, des Handels und nstigere Lage der Landwirthscbaft in Deutschland, welcher andererseits ein Stillstand in der Entwicklung der Vereinigten Staaten egenüberstebt. In der Hauptsache is aber wohl als wictigstes Motiv bei der Abnahme der Auswanderung der moralische Eindruck y betraten, welchen die von der Regierung des Kaisers angebahnten d von starken Parteien unterstützten Einrihtungen und Reformen im Volke hervorgebracht haben. Das Volk hegt Vertrauen zur Re- gierung und darin liegt der wichtigste Faktor für zukünftige Ge-

ngen. / i / og Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ ibt: E O freibändlerischen Presse muß es stets als ein Akt anerkennent- her Selbstverleugnung angerechnet werden, wenn dieselbe fi be- müht, Material zusammenzutragen, um den Nachweis zu erbringen, daß indirekte Steuern den Konsumenten nicht belasten. So schreibt heute die „Weserzeitung“ im Anschlusse an jene Diskussion der badischen Zweiten Kammer, in welcher diese Körperschaft sih mit der Schutzollpolitik der Reichsregierung einverstanden erflärte und für Erhöhung der Getreidezölle auch von liberaler Seite plaidirt wurde. Die Freude über die hohen Zolleinnahmen, von denen ja auch Baden profitire, wußte der Abg. Sneider (Karléruhe) zu dämpfen, indem er daran erinnerte, daß Baden sehr viel zur Tabasteuer beitrage, und zwar so viel, daß es kaum so viel wiedererhalte, als es bezahle.“ . Bisher galt es als freihändlerishes Ariom, daß nicht der Pro- duzent, hier also Baden, sondern der Konsument, gewöhnlich der arme Mann“ genannt, indirekte Steuern, zu denen die Tabacksteuer ja wohl gehört, tragen müßte. i ; Noch erbaulicher ist es, wenn die „Kieler Zeitung“ aus Altona berichtet, Mitglieder des Altona-Hamburg-ODttensener Gastwirthvereins, die im ZoUgebiete wohnen, hätten sih beklagt, daß die Hamburger

Brauereieri zu dem im Freihafengebiete üblihen Bierpreise, von 18

pro Liter, 2 -Z bei Lieferungen an sie zus{lügen, während der Zoll doch nur 1 4 betrage, also 190 °/6 für Auslagen des Zolles berechneten. Die Hamburger Brauereien hätten auf eingeleitete Verhandlung jede Preis- ermäßigung abgelehnt. Nun aber seien Brauereien in Kiel, Elms- horn, Neumünster 2c. bereit, den Wirthen in der Hamburger Um- gebung Bier für 18 Z pro Liter zu liefern, und bâtten sich Leßtere über gemeinsamen Bezug von außerhalb geeinigt. Was ist das anders als ter Beweis, daß die inländishe Konkurrenz die Preise derartig regulirt, daß die Biersteuer in demselben niht cinmal für die Gastwirthe mehr zum Ausdruck gelangt ?

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 6. Inhalt: Verfügungen : vom 31. Januar 1884. Beitritt Niederlands zur inter- nationalen Reblaus- Konvention. 1

Annalen dexr Hvdroaravhie und Maritimen Meteorologie Heft 1. Inhalt: Ueber Gewitter und Hagelbildung. Von Dr. P. Andries. Die Boca von Buenos Aires. Von Lieut. z. See Graf Baudissin. Reisen der Elsflether Schonerbrigg „Felix“, Kapt. E. E. Behrens, von Großbritannien nah Nickerie und zurück. (Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) Eingänge von meteorologishen Journalen bei der Deutschen See- warte im Monat September 1883. TCTieflothungen und Tem- peraturmessungen des V. St. S. „Entcrprise“, Kommander Barker, im Indischen Ocean im Sommer 1883. Orkan im südlichen Stillen Ocean am 18. und 19. März 1883. (Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) Vergleichende Uebersicbt der Witterung des Monats Oktober 1883 in Nordamerika und Centraleuropa. (Mit- theilung von der Deutschen Seewarte.) Kleine bydographische Notizen. (Die mit (D. S.) bezeichneten Rotizen sind von der Deutschen Seewarte eingesandt.) 1) Hafen und Kohlenstation auf der Jusel Perim. Rothes Meer. 2) Ansegelung von Wai-kai-wei (Ostküste von China). 3) Port Hamilton (ib.) 4) Hafen von fauta. Peru. d) (D. S.) Rhede von Freemanile an der West- üste von Australien. 6) (D. S.) Witterung auf der Rhede von Lagos an der Küste von Guinea, März bis April 1883. 7) (D. S.) Höbe des Berges Marang, Mayang-J., Westküste von Borneo. 8) Die beiden Orkane im August 1883 im Nordatlantischen Ocean. 9) Flascenpost. a von S. M. S. „Elisabeth“, b von S. M. S. „Olga*, (D. S.) e bis f von verschiedenen Schiffen. Tabellcn. Kartenbeilagen.

Centralblatt für die gesammte Unterrichts-Ver- waltung in Preußen. November-Dezember-Hcft. Inhalt: Unzulässigkeit des Rechtsweges über die Verpflichtung zur Zahlung der von den geistlichen Oberen festgesetzten Pension eines Kirchen- beamten. Staatsaufsicht über die Privat - Unterrichtsanftalten. Auszug aus dem 6. Geschäftsberichte des Preußischen Beamten-Ver- eines (Gescbäftsabs{luß für das Jahr 1882), Friedri-Wilhelm- Stiftung für Marienbad. Preisvertheilungen bei der Akademie der Künste, Sektion für die bildenden Künste, zu Berlin. Verleihung der Mendelsfohn-Bartholdy-Staats-Stipendien für Mu- siker. Nacttragsverzeichniß höherer Lehranstalten. Wahlsprüche der Hohenzollern, zusammengestellt und bistorish crläutert von Hein- rich von Mühler. Beschaffung von Turnplätzen, Betreibung von Turnübungen und Turnspielen im Freien, Einrihtung von Turn- fahrten 2c. Zuständigkeit zur endgültigen Festseßung der Pension eines Elementarlihrers. Gnadenkompetenz für die Hinterbliebenen von pensionirten Schullehrern in den neuen Landestheilen. Bedeutung der im Centralblatte für die Unterrichtsv:rwalturg ver- öffentlichten Ministerialerlasse für andere als diejenigen Behörden, an welche sie gerichtet sind. Mktheilung über die von den Zög- lingen der Seminare und Präparandenanstalten zu zahlenden Unter- haltungskosten sowie über die denselben etwa gewährten Bencfizien an die Angehörigen der Schüler. Gewährung von Unterstützungen an Erxternats8zöglinge der Seminare. Termin für die Turnlehrer- prüfung im Jahre 1884. Abhaltung eines Kursus zur Ausbildung von Turnlehrerinnen in der Turnlehrcr-Bildungs8anstalt zu Berlin. Befähigungszeugnisse aus der Turnlehrerinnen-: Prüfung im Herbste 1883. Verpflichtung der Gutsherrschaften zur Leistung von Schulunter- haltungeb.iträgen auf Grund des §. 33 Titel 12 Theil 11 Allge- meinen Landrechtes. Verfahren bei Anfstcllung der Volksschullehrer. Bestreitung der Schulvisitationskosten. Aufbringung der Kosten für Schulrevisionen in den Provinzen Oft- und Westpreußen. Uebernahme der Schulsocietätslasten als Kommunallasten und der Schulen als Gemeindeanstalten von Seiten der bürgerlichen Ge- meinden in der Provinz Hannover. Vermeitung der Einführung von Schulgeld bei neu errichteten Volks\chulen. Unzulässigkeit un- mittelbaren Zwanges behufs Leistung einer Handlung, wenn dieselbe auch dur einen Dritten bewirkt werden kann, und es an Gelegen- heit hierzu nicht fehlt. Zuzichurg der Finanz-Abtheilung der Königlichen Regierungen bei Prüfung der Leistungsfähigkeit der zur Aufbringung der Lehrerbesoldungen Verx flichteten. Aus\chluß der Grunt- und Gebäudesteuer von dem außerhalb des Scbul- bezirkes belegenen Grundbesißke der Schulgemeinde - Mitglieder bei Vertheilung der Schullasten in der Provinz Hannover. Einheitlichkeit des Stelleneinkommens bei Verbindung von Schul- und Kirchenamt f Normirung der Pension nah dem Gesammteinkom- men dcs vereinigten Schul- und Kircbenamtes. Bei Normirung des Einkommens ciner Lehrerstelle sind Bezüge aus ktloßen Nebenämtern oder Nebenbeschäftigungen nicht in Anrechnung zu bringen. Die Verpflichtung, für die Hei,ung der Schulstuben zu sorgen, liegt den zur Aufbringung dec Sgulunterhaltungskosten Ver- pflihteten oh. Religioneunterriht in der Volke schule. Staatsfonds zur Unterstüßung unvermögender Gemeinden und Schulverbände bei Elementarschulbauten. Elementarlehrer-, Witt- ven- und Waisen-Kassen. a. Verpflichtung der Lehrer zur Zahlung on 259% Gehalts: Verbesserungsgelder an die Elementa1lehrer-, Vittwen- und Waisen-Kasse. b. Nichtverpflihtung der Staatskasse ir Zahlung von Beiträgen für Schulstellen zur Elemeatarlehrer-,

Zittwen- und Waisen-Kasse. Nichtamtlicher Theil. Einrichtung s Sqhulmuseums zu Brüssel. Auszug aus einem Be-

richte Über die Volks\{ul - Abtheilung der internationa- len und folonialen LAusftellung zu Amsterdam 1883. Kurze Nachricht über das Volksschulwesen in London (Auszug aus einem Reiseberibte). Gutacbtliche Aeußerung über die von dem Scminarlehrer Steuer zu Münsterberg herausgegebene „Methodik des Rechen-Unterrichtes“. Gutachien über zwei in der Zeitschrift für das Idiotenwesen, Jahrg. II1. Heft 2 und 5 enthaltenen Aufsäße von Dr. med, Berkhan, betreffend die Einrichtung von Hülfsklafsen für \{chwachbefähigte Kinder. Personalchronik.

Eisenbahn-Verordnungs-Blatt. Nr. 4. Inhalt: Geset, betr. den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat. Vom 24. Januar 1884. Allerhöcbster Erlaß, betr. Ein- seßung der Behörden für die auf Grund des Beieges vom 24. Janvar 1884 in Verwaltung und Betricb des Staates übergehenden Privat- Eisenbahrunternehmungen und andcrweite Abgrenzung der Eisenbahn- Direktionsbezirke Magdeburg und Erfurt Vom 24. Januar 1884. Erlasse des Ministers der öffentlihen Arbeiten: vom 25. Januar 1884, betr. Festseßung der Geschäftsbezirke der durch den Allerhöchsten Erlaß vom 24. Lanuar 1884 in Breslau und Posen errihteten Bc- triebéämter und anderweite Abgrenzung der Geschäftsbezirke einzelner bereits bestehender Betrieb8sämter; vom 29. Januar 1884, betr. Be- fördezung der Postsacben bei Unfällen und Betriebsstörungen auf der Eijenbaha; vom 30. Januar 1884, betr. Abänderung der 88. 4 und 13 Nr. 1 der Organisation der Staats-Eisenbahnverwaltung.

Statistische Nachrichten.

Das Dezemberheft zur Statistik des Deutschen Reichs enthält Zusammensftellungen über die Entweichungen von Seeleuten der deutschen Handelsmarine im Jahre 1882, worin die Entweichungen na den Häfen und den einzelnen Monaten, in welchen

sie stattfanden; und die Entrichenen nah ihrer--dienstlichhen Stellung, -

sowie nach Alter, Heimath, Militär- und Heuerverhältniß nach- gcwiesen sind. Hiernach sind im Jahre 1882 im Ganzen 4386 (Int- weicbungen bei den deutschen Seemannsämtern im In- und Auslande zur Anzeige gelangt gegen 4082 im Vorjahre und 3662 im Jahre 1880. Unter der erstgenannten Zahl befanden sich 52 Steuer- und Bootsleute (hierunter 2 Offiziere und 1 Arzt), 346 Schifféhandwerker, 2591 Matrosen und Leicbtmatrosen, 458 Schifféjungen und 811 Heizer und Kohlenzieher ; der Rest bestand aus Lagermeistern, Maschinisten, Asfistenten 2c. und Personen unbekannter Stellung. Ferner befanden sich unter der ge- dachten Gesammtzahl 2791 Deutsche, 1512 Auslänter und 83 See- leute unbekannter Heimath. Im Allgemeinen wird angenommen, daß mit der starken Neigung zum Desertiren der niedrige Stand der Seemannsheuern im Zusammenhange steht, welche sich zwar im Jahre 1882 wieder ctwas besser stellten, als in den beiden Vor- jahren, abcr immer noch ecrheblich zurückstanden gegen die in den Jahren 1875 bis 1878 bezahlten Heuern. So standen ¿. B. im Jahre 1876 die durhschnittliben Monatsheuern für Ma- trosen auf mehr als 62 #, im Jahre 1882 nur auf 49 4 Von den für das Jahr 1882 angegebenen Entweichungen fanden in deut- \{en Häfen nur 153 oder 3,39/0 der Gesammtzahl statt, in den Hâfen der Vereinigten Staaten von Amerika dagegen 2757 oder 62,99%/0 der Gesammtzahl, und zwar im Hafen von New-York allein 2012 oder 45,9%; ferner in britishen Häfen 502 oder 11,4 9/0, in den Häfen Australiens und der Südsee 268 oder 6,1% und in central- 1nd südamerikanishen Häfen 231 cder 5,3 °/o.

Das Statististe Amt theilt (im Dezemberheft 1883 seiner Monatshefte) Über das Ergebniß der Viehzählung vom 10. Jxnuar 1883 vorläufig die Hauptzahlen für die Staaten und das Reich mit. Danach wurden im Deutschen Reich nach den Zählungen von 1883 und 1873 als Stückzahlen der verschiedenen Viehgattungen folgende

ermttelt : Bestand am 10. Januar 1883 1873 Mere. Be 00 3 352 231 Maulthiere und Maulesel 1009 1 626 e i 8 786 11 689 Rindvieh . 15 785 322 776 702 Schafe. . 19 185 362 24 999 406 C 7 124 088 R e Q A 2 320 (02 Bienenstöcke . 1911 748 2 333 484

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Am 4. d. M. starb in Münster der Nestor der Akademie, Prof. Dr. Christoph Bernard Scchlüter, geboren am 27. März 1801 zu Warendorf, seit 1827 als Dozent und seit 1848 außerordentlicher Professor der Philosophie an der genannten Anstalt. Von Kindheit an augerleidend, erblindete «r im Jahre 1828 gänzli, was ihn aber nicht abhielt, sich bis zu scinem Tode sowohl seinem Lehrstubl als der literaris-publizistishen Thätigkeit zu widmen.

Die Geschichte der deutschenLiteratur vonWilhelm Scheerer, o. ôff. Prof. der deutschen Literaturgeschichte an der Uni- versität Berlin (Berlin, Verlag der Weidmannscben Buchhandlung), liegt mit der unlängst erschienenen 9. Lieferurg vollständig vor. Die letzte Lieferung brachte das besonders umfänglite 13. Kapitel, welches die Periode der Romantik behandelt, zum Abschluß. Das Werk endet mit Göthe's Tode. Wir haben dafselle in seinem all- máählihen Fortgange durch kurze Besprehungen der einzelnen Hefte begleitet und dinfen, nachdem dasselbe nunmehr abgeschlossen vorliegt, wiederholen, daß es dem gelehrten, vielbelesenen Verfasser in vorzüglicher Weise gegiückt ist, die Hauxtepohen unserer schöôn- geistiaen Literatur in scharf umrissenen, anschaulichen Biloern, sowohl des Werdeprozesses wie der literarishen Erscheinungen selbst, vor Augen zu führen. Wo man mit dem Verfasser richt einverstanden sein mag, wird man wenigstens die Konsequenz seiner Denk- und Betrachtungsweise nit verkennen fkönncn. Der Verfasser wollte, wie er selbst in der Einleitung sagt, tie Geschichte der dcutschen Literatur „erzählen“, und darin hat er Wort gehalten, denn das Buch if von Anfang bis zu Ende interessant, fesselnd und reih an geistvollen Gedankea und Seitenblicken in die allgemeine, die Kultur- und Gesellshafi8geschicbte. Nach ter von Scherer felbst in der Einleitung gegebenen Dispcsition hat er si den Stoff folgendermaßen zurechtgelegt: Das erfte Kapitel sucht die Wurzeln germanischer Nationalität in der arishen Gemeinschaft auf und \ciltert den geistigen Zustand unserer Ahnen ia der Zeit, da fie den Römern bekannt wurden. Das zweite Kapitel behandelt die Ent- stehung und Auébildung der deutschen Heldensage in der Epoche der Völkerwanderung und der Merovinger, Das dritte Kapitel ift der mittelalterlihen Renaissance unter den Karolingern und Ottonen, der sogenannten althochdeutschen Zeit, gewidmet, deren houptsächlichste literarisde Leistung in prosaishen und poetishen Ucbersetzungen aus der Bibel, in kurzcn politishen und novellistishen Liedern sowie in den lateinischen Dramen der Nonne Roëvitha bistand. Das vierte bis siebente Kapitel umfassen die Blüthe der Epik und Lyrik in der mittelhohdeutschen Pcriode, d. h. etwa vom 11. tis in die Miite des 14. Iahrhunderts. Das äcbte und neunte Kapitel durhwessen die nächsten dreihundert Jahre, die Uebergangs8zeit vom Meittelhochdeutsdben zum Neuhochdeutschen, in welcher Luther die Bibel überseßte, und die Poesie ¿zum Drama neigte, ohne jedoch ein großes literarischcs Kunstwerk hervorzubringen. Das zehnte kis dreizehnte Kapitel endlih gelten der unabgeschlossenen Epoche, in der wir leben, der neuhocbdeutshen Zeit, die mit dem Ende des dreißigjährigen Krieges bcginnt, ihre Stücke in ter lyrischen und epishen Dichtung hat und in ihrem Verlaufe von Paul Gerhardt bis Goethe ausführlicher als die früheren Jahrhunderte behan- delt ist. Schcrers Buch ist in seinen gedrungenen Umrifsen und feiner erzäbhlenden-Form für den weiten Kreis der Gebildeten und oller Literaturfreunde bestimmt. Wer sich jedo durch die anziehende Dar- stellung zu eingehenderen Studien angeregt fühlt, der findet in den ausführlichen Anmerkungen im Anhange ein außerordentlih reiches Material von Quellenschriften aufgeführt, dessen Verzeichniß zugleich einen Begriff von der weitschihtigen Arbeit giebt, die in dem kleinen

D D P on

Werk steckt. Die annalistishen Daten aus der deutschen Literaturgeschicte machen das Bu auch für den Schüler ‘und Studirenden als Leit- faden brauwbar. Eine sehr willkommene Zugabe endlich ift der sorg- fältige alphabetische Inder am Scbluß des Werks.

Dresden, 3. Februar. (Allg. Ztg.) Die „Tiedae-Stif- tung* hat ihren Jahresbericht für 1883 reröffentlidt. Nah dem- selben betrug das Vermögen der Stiftung am Schlusse des vorange- gangenen Jahres 637 628 A 96 A4. Von der für Stiftungszwedckte zur Verfügung stehenden Summe sind im Jahre 1883 17 300 M zu Ehrengeschenken und Unterstüßungen für Künstler, Schriftsteller und Hinterbliebene von folchen verwendet worden, wovon 3600 M4 auf Dresden und Umgebung, 3300 { auf München, 1300 Æ auf Berlin, 1500 A auf Düsseldorf entfielen. 6200 # wurden Künstlern, 11 O H Schriftstellern, beziehungsweise Hinterlafsenen von solchen, zutheil.

Die in Leipzig am 9. Februar d. I. erscheinende Nr. 2119 der „Jllustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Grregte Gemüther. Gemälde von Hugo Kauffmann. Nab einer Photographie von Franz Hanfftängl in München. Ein Guß in der Gladenbeck'schen Erzgießerei in Berlin. Originalzeihnung von E. Höppner. Canovas del Caftillo, spanischer Minister-Präsident. Bilder von der Arlbergbahn. 11 Abbildungen. Nach Photogra- vhien von Alois Beer in Klagenfurt gezeiWüci von Ernft He vn: Arlbergtunnel, Westseite, Der Tunneleingang bei St. Anton. St. Anton von Westen. Flirsch. Landeck von der Brücke. Landeck von Often. St. Christoph am Arlberg. Wiesberg. Partie bei St. Anton am Arlberg. Langen nach Osten. Dalaas. Ein Arbeiter- meeting in Batignolles, Paris. Nach einer Skizze von St. Rejchan. I. Kaffsads Figuren der Post und der Telegraphie auf dem Leipziger Postgebäude. Friedrih Wilhelm Klinkerfues, f am 28. Januar. Amecrikanis(e Skizzen: Die neue Eisenbahnbrücke über den Niagarafluß. Entwickelunesstadien des im Schwein {maroßzen- den Schleimpilzes. 4 Figuren, —- Ph. T. Barnum. Der weiße birmanisbe Elephant des Hrn. Barnum. Erster deutsher Ablaß- brief, 1485 erlassen vom Papst Jnnocenz PVIII.

Land- und Forstwirthschaft.

Ueber die Ergebnisse des Weinbaues in Württemberg im Jahre 1883 bericbtet der „Staats-Anzeiger für Württemberg“ Folgendes: Von 23 357 ha Weinbergareal betrug die tragbare Fläche 18 458, der Ertrag aus leßterer 333 549 hl im Ganzen und 18,07 hl pro Hektar, während der Landcsdurhschnitt von 1827/82 sh auf 22,48 bl pro Hektar oder 24 41 9/69 höher berechnet. Der Gesammt- Naturalertrag von 1883 ift mehr als 1} mal so groß als derjenige des Vorjahrs, welc%er nur 64,15 9/9 des ersteren erreiht; do bleibt er hinter dem 56jährigen Durchschnitt der Jahre 1827/82 mit 416 520 hl um 19,92% zurück. Größere Gesammterträge seit 1827 lieferten die 27 Jahre: 1827, 1828, 1833—1837, 1839, 1840, 1842, 1846—1849, 1857—1859, 1862, 1863, 1867, 1868, 1870, 1874— 1876, 1878 und 1881. Von dem neuen Wein wurden 232 429 &k1 óder 69,68 9/6 gegen 52,11 %/ des Vorjahrs dur die Produzenten unter der Kelter verkauft und zwar zum Dur{schnittepreis von 38 46 98 S pro Hektoliter, welcher in der 56 jährigen Periode 1827/82 nur in den 6 Jahren: 1865, 1872—1874, 1876 und 1880 si höher stellte. Der Gesammterls8 aus diesem Quantum berechnet sih auf 9060917 M und ift ca. 34 mal so groß als im Vorjahr mit 2734981 M Uebertroffen wird er seit 1827 nur in den 11 Jahren : 1834, 1846, 1857, 1858, 1862, 1863, 1868, 1874—1876 und 1881, auch übersteigt er den 56 jährigen Landesdurhschnitt von 5 278 412 um 71,66%. Was noch den Geldwerth des ganzen Naturalertrags mit 12951070 M betrifft, so wird diese Summe nur von den 12 Jahrgängen: 1834, 1857—1859, 1862, 1863, 1868, 1873—1876 und 1881 übertroffen, auch übersteigt dieselbe den 56bjährigen Durch- schnitt von 8 234 031 M um 57,29 9/6.

Gewerbe uud Handel.

Nah dem RMRechnungsabshluß der Württembergischen Notenbank in Stuttgart pro 1883 hatte das Institut am 31. De- zember v. J. 19,70 Mill. Mark Noten im Umlauf, d. i. 0,36 Mill. Mark weniger als Ende 1882, aber 9,18 Mill. Mark mehr als Ende 1881, Die Deckung dur Metall und Richskassenscheine betrug Ende 1883 8,9 Mill. Mark, also etwa 45,2 %/,. Die übrigen Pas- fiven sind geringfügig ; speziell die Depositen (zu 2 à 2F % laufend) betragen nur 26240 6 Im Wewselportefeuille befanden sich am Fahreë\{lufse 19,30 Mill. Mark (im Vorjahre 18,63 Mill. Mark), Lombardbestand 0,27 Mill. Mark (im Vorjahre 0,69 Mill. Mark), cigene Cffekten 0,30 Mill. Mark (im Vorjahre 0,48 Mill. Mark), der Abschluß verzeihnet wie im Vorjahre keine Notensteuer und ebenso hat au die Position „Betrag dexr falle gen, aber unbezahlt gektliebenen Wechsel- und Lombard- forderungen“ leer gelassen werden können, Der Gewinn ift gegen das Vorjahr zurückgeblieben, errciht aber ungefähr die Ziffer von 1881. Es nurden verdient an Diskonten 632909 F (1882 729 286 M), Darlehen 25979 4 (1882 36036 M), Zinsen aus Effekten 14 061 M (1882 19 794 6), Effektengewinn 5284 4 (1882 1869 4). Von diesem Bruttogewinne sind abzurechnen: Geschäfts- unkoften 2c. mit 119 851 M (1882 115014 4). Es bleibt ein Netto- übershuß von 560538 M gegen 675 900 4G im Vorjahre. Hiervon erhalten die Aktionäre 459 000 4 als 540% Dividende (1882 551 250 A = 6% %/), die Reserve 31 107 M (1882 54180 M), die Verwaltung 12 443 46 (1882 21672 4), der Staat 22329 M (1882 50016 M). Restlihe 4867 # werden vorgetragen. Die Reserve ist nunmehr auf 524027 M angewachsen, d. i. 9,8 °%/% des 9 Mill. Mark betragenden Aktienkapitals.

Die „New- Yorker Hdls.-Ztg.“ {reibt in ihrem vom 25. Januar tatirten Wochenbericht: Die Bergwerke in den Vereinigten Staaten haben im Jahre 1883, nach einer von Wells, Fargo & Co. zusammengestellten Siatistikk Gold im Werthe von 29 236 492 Doll. und Silber im Werthe von 47 232 644 Doll. pro- duzirt. In California find im verflossenen Jahre 1 629 628 Dol. weniger an Gold gewonnen worden, als in 1882, der Silberertrag jenes Staates hat dagegen um ungefähr 490000 Doll. zu- genommen. Der Export von Provisionen 2c. hat fih im Dezember vorigen Jahres nicht auf der Höhe der Vor- monate behauptet und zeigat gegen Dezember 1882 eine Abnahme von circa 14 Millionen Dollars im Werthe. Immerhin aber ftellt sich für das erste Semester des laufenden Fiécaljahres, vom 1. Juli bis 31. Dezember 1883, die Ausfuhr von Provisionen auf 61 709 603 Dollars, circa 154 Millonen Dollars mehr als in der Parallelperiode 1882, und für das Kalenderjahr 1883 auf 114 228 956 Dollars, gegen 96 934 423 Dollars in 1882. Die Tendenz des Waarenmarktes hat si auf manchen Gebieten gebessert; das Geschäft hat aber wenig an Ausdehnung gewonnen und aus industriellen Kreisen werden noch immer Klagen über unrentable Preise und mangelnden Absay laut. Unscre Banken s{chwimmen jet förmlih in Geld; ihre Surplus-Reserve ist nah dem Status vom vorigen Sonnabend auf 17 Millionen Dollars gestiegen. Kapitalisten gehen nur zögernd mit der JInvestirung der für Zinsen und Dividenden empfangenen Summen vor, und da gleizeitig die Ansprüche des Waarengeschäfts gering bleiben, ist der Geldmarkt mehr als je mit diêëponiblem Kapital übersättigt, das temporäre Anlage in Call Loans sucht. Die Raten für Letztere, deren Abschluß immer noch durÞ penible Sichtung der zu beleißenden Effekten ers{wert wird, sind. in Folge dessen auf 14 —2 % herabgesunken. Am Waaren- und Produktenmarkt hat fih auf einzelnen Gebieten eine vertrauens8vollere Stimmung geltend gemacht, die jedoch bis jeßt von keiner wesentlichen Belebung des Geschäftes im Allgemeinen begleitet gewesen ist. Brodstoffe hatten rubiges Geschäft. Weizen begegnete für Export mäßiger Frage, während Mais nah dieser Richtung wenig Beachtung fand. Der Frachtenmarkt war flau. Baumwolle in disponibler Waare ift

till und eine Kleinigkeit niedriger gewesen, während Termine nah unbedeutenden Flufktuationen in etwas festerer Haltung \bließen. Brafsil- Kaffees haben bei sehr {water Konsumfrage eine Einbuße erlitten,