1884 / 35 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Feb 1884 18:00:01 GMT) scan diff

obne genügende Apharate ganz unglaublihe Untersuhungen, fungirten als Sachverständige vor Gericht, und gäben über die \{wierigsten Fragen leihtfertige, vonKdem Richter ganz unkontrolirbare Urtheile ab; oder sie sähen die Mängel in ihren Kenntnissen ein, und suchten auf privaten Wege, die einen hier mit vielem, die an- deren dort mit gar feinem oder nur geringem Erfolge sih auszubilden. Es sci ganz natürli, daß man in früheren «Fahren einen geringen oder vielmehr gar keinen Werth auf die Chemie der Nahrungsmittel gelegt habe. Erst das englische Gesetz von 1875 und das deutsche Reichsgeseß vom 14. Mai 1879 hätten das Publikum auf so manche Mißstände in der Her- stellung von Nahrungs- und Genußmitteln aufmerksam ge- macht. Es sei dabei sehr viel übertrieben und die Phantasie des Publikums allzusehr aufgeregt worden, aber Mißstände seien vorhanden, und das Reichsgeseß habe ja au die Ge- rihte gezwungen, sih mit dem Verkehr von Nahrurgs- und Genußmitteln eingehender, als das bisher geschehen, zu be- fassen. Der Hinweis auf das Nahrungs- und Genußmittel- geseß werde die Unterrichtsverwaltung überzeugen, wie wichtig eine systematische Unterweisung der Studirenden der techni- schen Hochschulen in diesem Gegenstande sei, damit man zu den Urtheilen der Nahrungsmittel-Chemiker größeres Vertrauen gewinnen könne. Fn anderen Staaten werde viel mehr Werth darauf gelegt, als gerade in Preußen.

Der Regierungs-Kommissar, Geh. Ober-Regierungs-Rath Dr. Wehrenpfennig, erwiderte, wenn der Vorredner auf unglaub- liche Vorgänge bei der Abgabe von Urtheilen seitens der Chemiker hingewiesen habe, so möchte er die technishen Hoch- schulen Preußens dagegen in Shuß nehmen, ihm sei kein exall bekannt geworden, daß die Pfusch-Chemiker, von denen der Vorredner gesprochen habe, gerade aus jenen Anstalten hervor- gegangen seien. Es sei au der Verwaltung nichts davon bekannt, daß die Studirenden ein Kolleg übec Nahrungsmittel-Chemie wünschten oder daß die Dozenten sich dagegen ablehnend verhalten hätten. Auf den Universitäten würden die Fundamente der organischen und anorganishen Chemie gelehrt, und wer nux darin ordentlich instruirt sei, der sei, das sei auch des Abg. Birchow Ansicht den Aufgaben des praktischen Lebens meijt gewachsen. Dazu komme aber bei den technischen Hochschulen noch die Lehre der tehnishen Chemie und der Metallurgie, zur Vorbereitung für künftige Fabrikanten und die Hüttentehniker. Die systematishe Kunde der Chemie der Nahrungsmittel gewähre aber den jungen Polytechnikern keine Aussicht auf eine Lebensstellung; und man könne doch nicht, wie der Vorredner es wolle, ein Staatsexamen für einen Gegenstand einführen, der keine Staatsstelung gebe. Ein großer Theil der Nahrungsmittelwissenschaft gehöre übrigens unzweifelhaft in die landwirthschaftlihen Lehranstalten; und der Umkreis dessen, was auf den tehnishen Hochshulen gelehrt werden müsse, sei so groß, daß man nicht auch noch ohne weiteres Disziplinen über die Behandlung von Milch, Butter, Fleish, Käse oder Gewürzen einführen könne. Was gehe so etwas den Chemiker der tehnishen Hohshulen an? Gleich- wohl solle die vom Abg. Goldschmidt gegebene Anregung sorg- fältia erwogen, und sollten Gutachten von den Lehrern an den Hochschulen eingefordert werden. Danah würde es si even- tuell richten, ob die Regierung den Unterricht in der gewünsch- ten Art ergänzen solle oder nicht.

Der Abg. Dr, Thilenius erklärte, er sei dem Negierungs- tommissar für den Schluß seiner Rede dankbar, müsse aber bemerken, daß der Abg. Goldschmidt nicht beabsihtigt habe, einen Angriff auf die technishen Hochshulen zu machen. Ein Kolleg über Nahrungsmittelhemie werde allerdings verlangt, und zwar nicht von Studirenden allein, sondern vom Gesammt- publikum. Man sollte indessen, da sih an den technischen Hochschulen und den Universitäten geeignete Kräfte für diesen Zweck vor der Hand nicht finden ließen, mehr Untersuhungs- anstalten im Lande einrihten. Fn welcher Weise dies ge- schehen könne, dafür liefere ein Beispiel die Untersuchungs- anstalt in Wiesbaden. Dieselbe sci entstanden in Folge eines Beschlusses des Kreistags, und sei anfänglich vom Kreistage unterstüßt. Sie sei jeßt aber vollständig selbständig geworden, und arbeite so trefflich, daß sie ihre Ausgaben, die sih jährlich auf 61 000 F beliefen, ganz durch die Einnahmen für Waaren- untersuhungen deckden könne. Redner führte die Gegenstände an, auf welche sih die Untersuchung erstrecke und die Preise, die für die Untersuhung gezahlt würden. Es dürfte si empfehlen, wenn vielleicht in jeder Provinz eine gleiche An- stalt errichtet würde, Staatshülfe für dieselben werde nicht nöthig werden.

Der Abg. Dr. Köhler hielt den jeßigen Zustand der lateinlosen Realschulen für unhaltbar. Bereits im vorigen Jahre habe er angefragt, ob die Kompetenz dieser Schulen icht erweitert werden könne. Er richte die gleihe Frage au heute an den Vertreter der Regierung.

Der Regierungskommissar Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr.Wehrenpfennig erwiderte, mit Erlaß der neuen Lehrpläne sei die Unterrichtsverwaltung mit den andern Ressorts in Verhand- lungen über die Kompetenzen der Schulen eingetreten. Sie selbst habe die lateinlosen Realschulen, vorausgeseßt, daß die- selben einen 9 jährigen Kursus hätten, den Realschulen mit Latein und den Gymnasien gleichgestellt. Die Verhandlungen dauerten indessen über die Hauptsragen auch heute noch fort. Er sei also nicht in der Lage, dem Hause irgend welche Aus- kunft zu ertheilen.

Der Abg. Dr. Wagner (Osthavelland) bemerkte, es fehle an drei tehnishen Hochshulen an einem Lehrstuhl für Nationalökonomie und verwandte Disziplinen (Widerspruch links.) Er meine, daß auch die Linke wünschen müsse, einen solchen Uebelstand zu bescitigen, zumal da auf den konkur- rirenden Hochschulen in Süddeutshland und auch in Basel und Zürih schon längst national-ökonomisch Professuren beständen, die den technischen gleihberehtigt seien. Der bis- herige Zustand, daß ein Dozent gegen eine geringe Ent- schädigung nationalökonomishe Vorlesungen halte, sei nicht ausreichend. Auch an der hiesigen landwirthschaftlihen Hoch- schule habe man sih bereit finden lassen, eine ordentliche Stelle für Volkswirthschaft zu begründen. Der Umstand, daß hier in Berlin noch die Universität vorhanden sei, an dex

volkswirthschaftlihe Vorlesungen gehalten würden, sei nicht von Bedeutung; denn fort fielen diese Vorlesungen in die Morgenstunden, während sie auf dem Pelytechnikum in die Abendstunden verlegt werden müßten. Dazu komme noch ein zweiter. Der Universitätslehrer der Nationalökonomie habe zu Hörern Juristen und Philosophen, und ihrer Vorbildung passe derselbe seine Vorlesungen an. Von seinen (des Redners) Zuhörern seien 90 pCt. Juristen. An die technishen Hohshulen müßten daher Männer gestellt werden, die mehr von der

Techniker näher ständen, als ein Universitätslehrer. Er bitte deshalb, daß in dem nächsten Etat die Mittel für ordentliche Professuren für Nationalökonomie an den technishen Hoch- schulen eingeftellt würden, an denen sie noch nicht vorhanden seien. Für Berlin würde die Ueberführung des Polytechni- kums nach Charlottenburg die passende Gelegenheit zur Er- rihtung einer solhen Stelle geben. Die Persönlichkeit sei ihm gleih. Wöge der zu Berufende Schußtzzöllner oder Frei- händler, Fndividualist oder Sozialist sein, es genüge, wenn derselbe seinen Standpunkt wissenschaftlih zu vertreten wisse.

Der Regierungskommissar Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr.Wehbrenpfennig entgegnete, mit dem Vorredner theile er die Auf- fassung, daß es nöthig sei, ordentliche Professuren für National- öktonomie an den technischen Hohshulen einzurihten. Auch das sei rihtia, daß bei den Professoren hier eine Kenntniß der technischen und gewerblihen Verhältnisse vorausgesetzt werden müsse. Für Berlin werde die Verlegung der technischen Hochschule seinem Chef Veranlassung geben, eine Aenderung vorzunehmen. Aber au sonst werde die Regierung es nicht an Anstrengungen fehlen lassen, neue Kräste für die tech- nishen Hochschulen zu gewinnen.

Der Abg. Dr. Virchow glaubte, daß die Zersplitterun der Anstalten immer neue Kräfte nöthig mahe. Mit Chemie habe er sih auch befaßt, aber auch jeßt habe er keine Vorstellung davon, was eigentlich Nahrungémittelhemie sei. Der Abg. TZhilenius habe sih auf die gute Wirkung von PVrivatlabora- torien bezogen. Er kenne derartige Anstalten auch und könnte dem Hause auch Preise für Untersuchungen mittheilen. Er glaube aber, wenn etwas wünschenswerth sei, so sei das eine energischere Handhabung des Lebensmittelgeseßzes durch die Verwaltungsorgane.

Die Diskussion wurde ges{lo}sen.

Der Abg. Goldschmidt sprach in einer persönlihen Be- merkung sein Bedauern aus, daß der Negierungskommissar niht wohlwollender sih geäußert habe ; er scheine die Absich- ten des Reichskanzlers auf diesem Gebiete nicht zu kennen.

Dex Titel, Technische Hochshulen in Berlin, mit 225 330 6 wurde bewilligt. Ebenso die Titel für die Hoch- shulen in Hannover und Aachen, für die Gewerbeschule in Cassel und für die Baugewerbeschule in Nienburg.

Jn Tit. 7 werden 13 500 # mehr gefordert für je einen Lehrer der Elektrotehnik an den technishen Hochschulen in Berlin, Hannover und Aachen.

Der Abg. Goldschmidt bat, die Formen, in welchen sich der elektrotehnishe Unterriht bewegen solle, genau zu be- stimmen, und die Grenzen dessen zu ziehen, was gelehrt wer- den solle, Die Elektrotechnik sei keine selbständige Wissen- schaft, sie greife in sehr verschiedene Gebiete hinein, die ein Ein- zelner, und wäre er noch so begabt, nicht zu beherrshen vermöchte. Die Aufgabe des Dozenten müsse sein, die Anwendung auf die verschiedensten Gebiete nachzuweisen, und auch W. Siemens verlange nicht, daß Elektrotehniker es sei das überhaupt noch ein recht unbestimmter Begriff ausgebildet, sondern Techniker jeder Art unterrichtet werden sollten, wie sie von der Elektrizität Nutzen ziehen könnten. Er beklage, daß so viele Studirende der tehnishen Hochschulen Elektrotechniker werden wollten, und anstatt in der Anwendung in der allge- meinen Elektrizitäts-Wissenschast unterrichtet werden. Die Zer- splitterung des Wissens und Könnens sei zu vermeiden. Ferner empfehle er dem Wohlwollen des Ministers die Klage ein- zelner langjähriger und verdienter Lehrer der Hohschulen, daß bei den Gehaltsbezügen die Anciennität nicht gewahrt, und daß neue Kräfte, welhe die Verwaltung heranziehe und welhe größere Forderungen stellten, ihnen und gerade in den pensionsberehtigten Gehältern voran- gestellt würden. Die neuen Lehrkräfte könnten sehr wohl ohne Verkürzung ihrer Forderungen mit dem Minimalgehalt eingereiht werden, und aus den Fonds Tit. 7 und 9 die er- forderlichen Zuschüsse erhalten. Die erste technische Hochschule, das Gewerbe-Znstitut in Berlin, sei entstanden, als Preußen sih von {weren Unglücksfällen zu erholen begonnen habe. Daher die Kargheit der Gehälter, die bis heute fortbestehe, unter der Männer nicht lciden dürsten, die sich um den Auf- shwung der Gewerbethätigkeit in Preußen verdient gemacht hätten.

Der Regierungskommissar erwiderte, ihm sei kein Fall bekannt, wo ein älterer Lehrer hinter einem jüngeren zurückgeseßt wäre. Bedenke man aber, daß man unmög- lih den Lehrkörper einer akademishen Anstalt ähnlich behandeln könne, wie Juristen und Verwaltungsbeamten. Es könne da niht blos nach den Regeln der Anciennität ver- fahren werden, wenn es gelte, bedeutende, wenn auch jüngere Lehrkräfte zu gewinnen.

Der Titel wurde bewilligt.

Die Tit. 7—14 wurden bewilligt.

U Tit. 15 „Zuschüsse zur Unterhaltung der!” Gewerbe- \hulen und Baugewerkshulen“ bat der Abg. Körner, der Baugewerkshule zu Jdstein einen höheren Zuschuß als bisher zu gewähren.

Der Abg. von Bismarck (Flatow) ersuchte um die gleiche Zuwendung für die Bauschule in Deutsh-Crone; die Kom- mune sei steuerlih so überlastet, daß sie aus eigenen Mitieln die Squle nicht länger würde halten können; auch seien die Aus- sichten für die Errichtung einer solhen in einer anderen kleineren Stadt Ost- oder Westpreußens sehr gering.

Tit. 15 und 16 wurden bewilligt.

Tit. 17 enthält zur Ausbildung an Kunst- und anderen Handwerkern 20 000 /, oder 6500 /6 mehr als im Vor- jahre.

Der Abg. Meßtner beklagte, daß das Handwerk noch immer gegenüber den Aufwendungen für Kunst und Wissen- schaft äußerst stiefmütterlih behandelt werde.

Das Haus genehmigte den Titel ohne weitere Diskussion. Titel 18 enthält für das Kunstgewerbe-Museum in Berlin 294 600 6, oder 26 000 M mehr als im Vorjahre zur Er- weiterung der mit dem Muscum verbundenen Unterrichts- anstalt und Bibliothek.

Der Abg. Hahn erklärte, er sei der Ansicht, daß das Kunst- und Gewerbemuseum mit Recht erhöhte Theilnahme verdiene ; er wolle die Mehrforderung für sich und seine poli- tischen Freunde gern bewilligen.

Auch dieser Titel wurde bewilligt, ebenso ohne Debatte der Rest des Kapitels 123, welches für die Königliche Por- zellanmanufaktur 638 160 /(, forderte.

Kap. 124 fordert für Kultus und Unterricht gemeinsam 6 775397 a und zwar im Tit. 1 Besoldungen für Schul- räthe 300 985 M, d. h. mehr für einen Regierungs- und Schulrath bei der Regierung in Münster 5100 M, dagegen

S@ulrathsstele bei dem Provinzial-S{hulkollegium in Berlin in eine Provinzial-Schulrathsfstelle 5100 M |

Der Abg. Dr. Freiherr von Heereman erklärte, geg diese Position stimmen zu wollen. Er sei der Ansicht, daß die Geschäfte eines Schulraths in Münster do nicht derarti seien, daß sie die Thätigkeit eines Mannes aus füllten Im ganzen Regierungsbezirk Münster existirten nur 102 Squlflassen evangelisher Konfession und diese bildeten wahrlich kein genügendes Pensum für einen ctats.s mäßigen Beamten. Er komme nun aber auch auf den Ge- sihtspunkt der Parität, einen für dieses Haus allerdings immer heiklen Punkt. Man könne es dem Centrum wahr; nicht verübeln, wenn es zu der gegenwärtigen Regierung odex zu der Staatsverwaltung im Allgemeinen überhaupt nit das Vertrauen habe, daß sie den Gesichtspunkt der Parität wahren werde. Jn diejer Beziehung möchte er dem Hause einige Bei- spiele vorführen. Jm Regierungsbezirk Liegniß existirten 339 ktatholishe Schulen mit über 20 000 Schülern, ohne daß es die Negierung bisher für nothwendig erachtet hätte, einen katholishen Schulrath für diesen Bezirk anzustellen. Wenn man nun sehe, wie gegenüber dem Eleinen Bedürfnisse der Evangelishen hier gesorgt, dort aber das größere Bedürfniß übersehen werde, dann könne man jich nicht über das Mißtrauen seiner Partei wundern. Dann sei ihm ein Fall bekannt, wo die Regierung für eine evangelishe Privatshule 100 Thlr. Zuschuß bewilligt habe troßdem die Zahl der dabei in Betracht kommenden evangelischen Kinder etwa 12 betragen habe. Dagegen sei für einen Ort bei Tilsit, wo sich für 63 katholishe Kinder das Bedürfniß der Errichtung einer Privatschule dringend herausgestellt habe, kein Staatszushuß bewilligt. Wenn er nun auch bei dem Minister in Beziehung auf diese Punkte keine besondere Ah; sicht vorausseßzen möchte, so entscheide derselbe doh eben nur auf Grund von Berichten, die man, wie die Verhältnisse jeßt lägen, meist als gefärbt betraten könne. Unter diesen Ver- hältnissen vermöge er nicht für die Neukreirung der Stellen in Münster zu stimmen.

Der Regierungskommissar Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Schneider entgegnete, er könne nur versihern, daß jeder der vom Vorredner angegebenen Beschwerdepunkte von dem Minister eingehend werde geprüft werden. Bezüglich der vom Vorredner hier erwähnten Privatschule in Ostpreußen bemerke er, daß des Ministers Jntention dahin gehe, anstatt einer Privatschule dort eine katholische Volksschule errichten zu lassen, Bezüglich der Beschwerde über Verhältnisse in Liegnitz weise er darauf hin, daß in Folge der Begründung einer Stelle für einen fatholishen Schulrath beim Regierungskollegium in Breslau die vollbesoldete Stelle eines Sculraths in Lieg: niß in ein Nebenamt umgewandelt sei. Da nun der Jnhaber dieses Amtes zum Schulrath ernannt worden sei, so werde der Minister auch im nächsten Etat die Stelle für einen katho- lischen Regierungs\hulrath in Liegniß fordern. Die Stelle in Münster anlangend, so scheine dieselbe allerdings nicht belastet; thatsächlih aber würde die Arbeitslast, zumal des bisherigen Jn- habers, der die Stelle im Nebenamt bekleide, lange Zeit krank gewesen fei und sich die Arbeitsreste angehäuft hätten, in jener Stelle die Kräfte eines Menschen übersteigen. Es seien in jenem Regierungsbezirk ganz besonders komplizirte Aussichts: angelegenheiten zu erledigen, und zahlreihe Präparanden- anstalten, die wo anders über die ganze;Provinz zerstreut seien, fänden sich dort zahlreih vereinigt. Konfessionelle Rücksichten aber das fönne der Vorredner fest überzeugt sein habe die Regierung bei ihren Maßnahmen nie geleitet.

Der Abg. von Liebermann erklärte sich nach den eben gehörten Ausführungen des Regierungskommissars für Be- willigung der Position. Er könne aus eigener Wissenschaft bestätigen, daß die Kreirung der neuen Schulrathsstelle in Münster nothwendig sei. Es liege niht in der Äbsicht der Regierung, katholishe Schulen dem evangelishen Schulrath zu unterstellen.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, nah den Worten des Vorredners werde er für die Position stimmen, allerdings nur unter der Vorausfeßung, daß in den nächsten Etat au eine Stelle für den katholishen Schulrath in Liegniß ausge- nommen werde, und daß nicht etwa dem neuen evangelischen Schulrath in Münster ein Theil der katholishen Schulkinder überwiesen werden werde, Er müsse auch noch darauf hin- weisen, daß im Regierungsbezirk Oppeln ganz ähnliche Ver- hältnisse wie die, welhe der Abg. von Heereman vorgetragen habe, existirten, ohne daß sie von der Negierung Beachtung ge- funden hätten. Der Regierungskommissar sage zwar, daß die Regierung alle derartigen Beschwerden untersuchen werde, aber das flinge doch seltsam, da diese Fälle der Negierung sämmt- lih s{hon längst bekannt seien. Schließlich könne er nicht die Bemerkung unterdrücken, daß sich für die neue Stelle in Münster doch vielleiht noch ein evangelischer Geistlicher, der sie im Nebenamte hälte bekleiden können, hätte finden lassen.

Die ersten 4 Titel wurden bewilligt.

Tit. 5 enthält 3 255 612 4 zur Verbesserung der äußeren Lage der Geistlihen aller Bekenntnisse.

Der Abg. von Strombeck betonte, der Minister habe in der vorigen Session ausgeführt, daß die katholishen Missions- pfarrer keinen Antheil an diesem Zuschuß haben dürften. Jm Texte der Anmerkung zur Position 5 sei kein Grund für diese Juterpretation zu finden. Ex bitte also au für diese Geistlichen den Zuschuß zu bewilligen. Sonst dürften für Rabbiner, die nicht fest angestellt seien, auch keine Mittel aus diesem Fonds gewährt werden. Redner ging auf die Geschichte des Fonds ein, aus welcher er folgerte, daß die Missions- pfarrer bei der Verthcilung aus dem Fonds doch zu berüdck- sichtigen seien.

Der Regierungskommissar Regierungsassessor Hegel er- widerte, der Gegenstand habe das Haus bereits öster beschäftigt. Es habe im vorigen Jahre der Minister der geistlichen An- gelegenheiten in der Sißung vom 2. März 1883 bereits darauf hingewiesen, daß im Jahre 1875 dem hohen Hause eine Erklärung oder eine Uebersicht über die Verwendung derjenigen Beträge vorgelegt sei, welhe im Jahre vorher zur Verbesserung der äußeren Lage der Geistlichen bewilligt seien. n dieser Uebersicht sei ausdrücklih gesagt, daß die umme nur verwendet worden sei den Vereinbarungen entsprehend, welhe mit dem hohen Hause und der Kommission getroffen seien zur Verbesserung der Lags der fest angestellten Geistlihen in selbständigen Pfarrstellen. Diese Uebersicht habe damals in der Budgetkommission bei der Berathung des Zwei-Millionenfonds vorgelegen ; sie habe nirgends, weder von Seiten der Kommission noch des hohen Hauses irgendwelche Beanstandung gefunden und das habe seinen Grund darin gehabt, daß eben diese Grundsäße den Ver-

Technik ausgingen und den Jnteressen und der Bildung der

weniger in Folge der Umwandlung der Regierungs: und

einbarungen entsprächen, welche im Jahre vorher getroffen seien.

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Die Missionspfarrer seien in dieser Uebersicht nicht aufgeführt, hätten also auch nicht berüdsichtigt werden können, da keine Mi:- tel dazu vorhanden seien und sie überdies nicht definitiv, sondern nur provisorisch angestellt seien. Bezüglich der evangelischen Geisilihen sei die Sache ganz ebenso gehandhabt worden, au hier seien die Hülfsgeistlihen nicht berüsihtigt worden.

Die Titel 5 bis 17 wurden bewilligt. Unter diesen Titeln empfahl der Referent der Budgetkommission, Frhr. von Minnigerode, namentlich den Tit. 10, der für die Hinter- bliebenen von Lehrern 34 361 4 mehr als im Vorjahre im Ganzen 180 000 M aufweise. Ferner bat dier Referent, eine kleine Aenderung des Tit. 16 zu genehmigen, in welhem 3375 Á(. für Beaufsichtigung der zum Dombau in Berlin Ae- hörigen Bautheile gefordert werden. Damit der Jrrthum nit entstehen könne, als ob es sich nur um das Gehalt eines Aufsehers handle, empfehle die Kommijston den Zusaß „und für Unterhaltung? E es

Hierauf vertagte sich das Haus um 4!/, Uhr auf Sonn- abend 10 Uhr.

Die in der gestrigen (44.) Sißung des Hauses der Abgeordneten bei der Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten nah dem Abg. Zelle resp. nah dem Abg. Dr. Reichensperger von dem Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. von Goßler gehaltenen Reden hatten folgenden Wortlaut : z ] S

Meine Herren! Der Hr. Abg. Dr. Lieber hat am Eingang seiner Betrachtungen dic Behauptung hingestellt, daß nach dem gezgenwär- tigen Etat und nah dem ganzen Gebahren der Unterricbtsverwaltung es sich nicht verkennen lasse, daß auf Kosten der Wissenschaft die Kunst in unzulässiger Weife gefördert werde, und hat daran eine be- stimmte Erwartung geknüpft. Er hat zur Begründung dieser seiner Ansicht Bezug auf die Verhältnisse der hiesigen Bibliothek genommen. Dadurch, daß er diese Begründung fo cinschränkte, wird es mir leicht, die allgemeinen Vorwürfe mit niht so aUgemeinen Worten zu ers widern. Er ist durchaus im Irrthum, wenn er glaubt, daß unsere sogenannten Kunstmuseen lediglih Kunstzwecken dienen, und daß meine Berwaltung darauf ausgehe, die Wissenschaft hintanzuhalten, um die Kunst zu fördern. Wenn Sie unsere sogenannten Kunstmuseen durgehen, so werden Sie erkennen, daß ein großer Theil derselben rein wissenschaftlichen Zwecken dient, und daß keine Gelegenheit ver- \säumt wird, diese Tendenz zu fördern. Ich erinnere an die großen Grpeditionen von Olympia, an unsere Erwerbungen von Assyra und Pergamum, die zum großen Theil vielmehr den Interessen der Wissen- [haft dienen, als den Interessen der Kunst. Meine Herren, mit diesen allgemeinen Vorwürfen beirrt man mi e E

Jn Betreff der Verhältnisse der hiesigen Bibliothek behauptete der erste Herr Vorredner, daß die Verbesserungen der Bibliothek, welche durch Ihre dankenswerthe Mitwirkung im vorigen Jahre erreiht worden sind, sofort, wie es da hieß, hätten ausgeführt werden sollen, insofern in diesem Jahre ein Vorschlag für die definitive Ge- flaltung der hiesigen Bibliothek8verbhältnisse gemacht werden sollte. Jn beiden Beziehungen hat der geehrte Herr Vorredner Uaret, Was den leßten Vorwurf anbetrifft, so habe ich im vorigen Jahre meine Stellung zur Sache bereits gekennzeichnet, habe aber durchaus nicht versprochen und versprechen können, daß ich {on in diesem Jahre mit festen Projekten vor Sie treten werde, und zwar aus dem schr einfacben Grunde, weil ich ers wissen muß, wo ih meinen Bau- ylatz finde. - E G A sodann die provisorische Umgestaltung anbetrifft, fo ist kin Moment versäumt worden, um die in Folge Ihrer dankenswerthen Bewilligung verfügbaren Mittel fruchtbar anzulegen. Es ift sofort mit dem Ausbau der Hinterseite, des hinteren Theils des Grund- {ück8s des niederländishen Palais, vorgegangen, und der Umstand, daß die Räume noch nit bezogen worden sind, hat einfach in baulichen Verhältnissen seinen Grund. Die Räume sind zu feucht, sei es, Bücher dort unterzubringen, sei es, das Publikum einzuladen, in den feubten Räumen die Journale und Zeitungen zu lesen Zum näwsten Vitern wird die Uebersiedelung der beiden Abtheilungen, der kartographischen und der musikalischen Abtheilung, die sich bisher in der sogenannten alten Börse befinden, bewirkt werden, und dann wird hoffentlih auch die Eröffnung des Zeitungslesezimmers erfolgen können. Darauf wird, soweit es geht denn ih habe aub Rücksicht zu nehmen auf die Bewohner des Königlichen Palais, dessen Rückseite wir erworben haben, zu Anfang des Sommers, sobald es möglich ist, in diese Räume einzutreten au dort mit dem Umbau begonnen, und nach der Disposition der Bauverwaltung darf man hoffen, daß auch diese Räume im Anfang der besseren Jahreszeit des Jahres 1885 zu be- ziehen möglich sein wird. F E

Wenn man sich überlegt, welhe Verbesserungen mit Hülfe dieses Interimistikums erzielt worden, so muß man {ih überzeugen, wie era heblich die Vortheile sind. Es wird geschaffen und zwar spätestens im näcbsten Jahre fertig gestellt ein wirklich im großen Stil gehaltenes Lesezimmer. Dafür ist bestimmt der große Mittelraum, in welchem jetzt die Schausammlung si befindet, ein Lesezimmer, so |chön, wie es überhaupt unter den vorhandenen Raumverhältnissen nur geschaffen werden kann. Die Schausammlung wird verlegt in die unmittelbar anstoßenden Näume, und diese Verlegung bringt es mit sich, daß der gewonnene Mehrraum nit in vollem Umfange für die Aufstellung von Büchern ausgenußt werden kann, weil die Bücher, welche sich in dem künftigen Schausammlungsraum befinden, do irgendwie untergebracht werden müssen. Der Raum, welcher dann nach Abzug dieses auf die von mir geschilderte Weise neu zu verwendenden Naus- mes gewonnen wird, reiht aus für 153 000 Bände. Um Ihnen ein Urtheil zu vershafen, ob das erheblich is oder niht, ge- statie ih mir die Bemerkung, daß die Gesammtziffer der Bände, welche in der Bibliothek sich befinden, jeßt einschließli ider Handschriften ungefähr 990 000 beträgt, so daß so, der Mehrraum, der spätestens im nächsten Jahre voll zur Verfügung stehen wird, für mindestens 1/6 des Büchervorraths ausreiht. Wenn man diese Verhältnisse in Betracht nimmt und erwägt, daß nament- lih die Beamtenräume durch den Umbau, soweit wir es übersehen Eônnen, in eine einwandsfreie Lage versetzt werden, daß das Alles im ‘Laufe dieses, spätestens im Anfange des nächsten Jahres gescieht, so kann man wirklich sagen, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen die äußere Lage der Ae in uer sehr erwünschten Weise ge-

ördert ist bezw. gefördert werden wird. i | Was e brei Verhältnisse, welhe der Hr. Abg. Dr. Lieber berührt hat, namentlih die Beschaffung von Mitteln für die Neu- erwerbung von wissenschaftlichen Werken betrifft, so kann ich ihm die ‘Anerkennung nicht versagen, daß er außerordentli gut orientirt ist und sih auch im Besiß von Material befindet, von dem ich biéher glaubte, es wäre bisher nur Inhalt der Akten. Das schadet aber nichts, meine Herren, auch über den Inhalt der Akten kann man sich ja unterhalten, und ich will wenigstens in Parenthese bemerken, daß der Meinung gegenüber, der er Ausdru gegeben hat, ih behaupten muß, daß der Preis, welcher für die Uebernahme der Schätze aus der Hamiltonsammlung in die Bibliothek in Aussicht genommen ift, 25 000 4 nah wissenshaftlicher Auffassung ein minimer Betrag ist, Wir haben zu unserer Freude die Erfahrung gemacht, daß über die Schätzung der Gelehrten hinaus, die gehört worden sind, ehe wir die Hamiltonsammlung kauften, steigend über diese Erwartungen hinaus der literarishe und wiffsenschaftlide Werth dieser Bücher von fom- petenter Seite beurtheilt wird. Also solite dem Hrn. Abg. Dr. Lieber die entgegengesetzte Aeußerung gemacht worden sein, dann bitte ih, der Quelle, die thm das gesagt hat, zurückzugeben, daß ih als verant- wortliher Minister einer absolut entgegengesetzten Ueberzeugung bin,

der Schätze. Jch bitte den Hrn. Abg. Dr. Lieber dringend, dies den Herren, von denen er feine Wissenschaft hat, nicht vorzuenthalten.

Im Uebrigen is es richtig und ich erkenne das auch in ge- wissem Sinne an dieser Stelle mit Dankbarkeit an —, daß sowohl der Hr. Abg. Dr. Lieber, wie die Herren, welhe über die Verhbält- nisse unserer Universitätsbibliotheken gesprowen baben, nach meiner versönlihen Auffassung mit Ret darauf hingewiesen haben, daß wir auf diesem Gebiete nit zögecn, sondern eingreifen follen, wo wir fönnen. Ic habe es in meiner Verwaltung au nicht daran fehlen lassen, den Bibliothekverwaltungen, und namentlih auch den Uni- versitätsbibliotheken, in erheblichem Um _ besondere Mittel zuzuführen. Jch bin nit darauf vorbereitet, die Summen zu nen- nen, die verwendet worden sind. Ich glaube, es vergeht kein Jahr, wo ih nicht in der erfreuliwen Lage bin, fast allen Bibliotheken irgend etwas zuzuführen durch Erwerbung von Sammlungen, die von Gelehrten, Philologen, Institutsvorstebern 2c. hinterlassen werden. Das sind Sammlungen werthvoller Art, Bibliotheken, welche natür- lih nit allein immer den Universitätsbibliotheken zu Gute kommen, sondern die auch einzelnen anderen Instituten überwiesen werden. (58 handelt sich dabei immer um Summen, die sh in Tausenden von Thalern bewegen. Aber i erkenne völlig an, daß wir uns anstrengen müssen, befonders den Bibliotheken frishe Mittel, neues Material zuzuführen, und ih habe es an Anstrengungen in dieser Richtung nicht fehlen lassen; es fehlt mir durhaus niht an Verständniß für die Wichtigkeit des Gegenstandes und eben so wenig an Energie, meinen Willen durchzusetzen. Aber was ih neulich in der Budget- kommission gesagt habe, fann ich aych hier wiederholen. Die An- forderungen, welche id im Interesse meiner Verwaltung zu stellen habe, sind so groß, daß ich nit immer erwarten kann, daß in jedem Augenblick jede neue Anforderung bewilligt wird. Jch muß mi da- ber aub nah der Decke strecken und kann nicht immer glei in Opposition und in leidenschaftliche Befehdung anderer Ressorts über- ehen, wenn nit alle meine Wünsche sofort erfüllt werden. Jch zähle die großen Projekte, die ich habe, nah Dutenden, und wenn davon nur ein Theil ausgeführt wird, kann ih immer Gott danfen, daß es meiner Verwaltung vergönnt gewesen ift, etwas zur Aus- führung zu bringen. Eins dieser großen Projekte ist die Vermehrung der Vorräthe unserer Bibliotheken, wobei ich sehr viel weiter gehe, als der Hr. Abg. Dr. Lieber es umschrieben hat, denn ih trage mich mit der erasten Erwägung, über den Rahmen der hiefigen Bibitothek hinaus die Vermehrung und systematishe Ergänzung der unseren Bibliotheken anvertrauten Schäße auszuführen. Wenn später die Frage nach dem Delde an Sie herantritt, werde ih schr dankbar sein,

wenn Sie mir die erforderlichen Summen bewilligen.

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Die Ausführungen der Herren Vorredner zu diesem Titel und dem vorhergehenden Titel haben mich auf das Sympathischste ‘berührt. In meiner Erwiderung kann i an die Ausführungen anknüpfen, welche ih vor zwei Jahren hier zu machen die Ehre hatte. Es ist ganz richtig_ nicht allein die Be- deutung der Aufgaben, welde der Staat und die Staats- angehörigen jeder einzelnen Provinz bei Konservirung der Kunst- denfmäler und Alterthümer zu lösen haben, hingestellt, sondern auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen , welchbe der Staatsverwaltung daraus erwachsen, daß sie über die nöthigen Mittel zu diesen Zwecken nicht verfügt. Das eine Mittel, welhes wir \chmerzlich vermissen, ist zwar kein materielles, nämli der Erlaf eines Geseßes. Wenn cs mir nicht gelungen ist, den Entwurf des Geseyes, welchen ih aufgestellt habe, bereits in dieser Session dem hohen Hause vorzulegen, so kommt das in der That von den Schwierigkeiten, welche in der Materie selber liegen. Es ist nicht lciht, die Fragen, die dabei auftauhen, in Geseßesworte ‘zn fassen Und uf e E Saule fie Wi feln, was man im Juteresse de LEthallung dex Künsthenbmäler wünschen muß, auf der anderen Seite die {weren Eingriffe in Privatrechte, welche unter Umständen cntstehen können, sowie Ein- griffe in das wirthschaftlihe Leben der Korporationen in angeme}jenen Sätzen zu begrenzen. Ih spreche jedoch erneut die Hoffnung aus, daß es mir beschieden sein möge, dem nächsten Landtage einen folchen Geseßentwurf vorzulegen. Was die materielle Seite betrifft, so habe die Herren Vorredner, obwohl sie es wissen, hier niht einmal auêge- sprochen, daß die Schwierigkeit für die Verwaltung vesentlich dadurch entsteht, daß Staatsmittel für Konservirung von Alterthümern nur in geringem Maße zur Verfügung stehen _und wenn hei Gelegenheit des Dotation8gesezes vom 8. Juli 1875 den dotirten Kommunalverbänden auch die Verpflichtung zur Unterhaltung von Denkmälern zugewiesen ist, dies doh im gewissen Sinne eine lex imperfecta geblieben ist. Bei der Knappheit der Mittel, mit denen wir auf diesem Gebiet helfend eintreten könnten, besteht meine ganze Einwirkung im Wesentlichen nur darin, daß ih entweder die Bethei- ligten und dazu rechne id vor allen Dingen die dotirten Kommu- nalverbände . bitte, daß sie ihren Sättel aufthun, oder daß, wie Hr. von Heereman richtig angab, ich Se. Majestät den König bitie, die Mittel auf dem Gnadenwege zur Verfügung zu stellen. In welchem Umfange das Letktere geschehen ist, hat Hr. von Heereman bereits angedeutet. De Wiese n S welce durch die Munificenz Sr. Majestät des Königs Friedrich Wilhelm 1V. hat restaurirt werden können, hat allein 199 000 „6 aus dem Aller- höchsten Dispositionsfonds gekostet, und es find auch in neuerer Zeit aus denselben Mitteln noch erhebliche Aufwendungen gemacht. Ich erinnere namentlich an das Mönster in Aachen, an die St. Willibrodi- Kirche in Wesel, an die Basilika in Trier, an die Thermen in Trier und von den neuerdings in Frage gekommenen großen Werken \chwebt mir die Marienkirche in Mühlhausen vor. Andere Mittel von Bedeu- tung stehen der Unterrichtsverwaltung niht zur Verfügung, abgesehen von cinem nicht erheblichen Fonds, der für die Provinz Hannover noch aus der hannovershen Zeit uns überkommen is, und aus dessen Mitteln ih zu meiner Freude einmal der Andreaskirhe in Hildes8- heim und neuestens der St. Johanneskirhe in Osnabrück außer- ordentlihe Zuwendungen habe machen können. Die Schwierigkeit, welche der Staatsverwaltung daraus erwächst, daß das Dotations® geseß vom 8. Juni 1875 die Pflichten der dotirten Kommunal- verbände niht mit unzweifelhafter Gewißheit vorschreibt, ist, wenn man die praktischen Fälle in Betract zieht, cine ganz außerordent} libe. Fortwährend entspinnen fic Streitigkeiten darüber, was ein Denkmal is, und vor allen Dingen darüber, ob den Kom- munalverbänden durch das Dotation8geseß eine Verpflichtung er- wachsen ist oder nur ein Recht, die aus der Dotation stammenden Mittel zur Unterhaltung der Kunstdenkmäler_ zu verwenden. Ueber dieses Hin- und Herstreiten vergehen leider häufig Jahre, und wenn keine Vereinbarung erzielt wird, würde es heute kaum noch möglich fein, ein Alterthums-Denkmal zu erhalten, es sei denn mit Hülfe polizeilichen Einschreitens, wo man vor der Frage steht: was ist billiger, abzureißen oder as u restauriren, damit die Steine em Publikum nicht auf den Kop] saUen. i : E Da, Hr. Aba. Reichensperger hat auch darin Recht, daß er cine sehr zweckmäßige Grundlage der Regelung dieses Verwaltungê- gebieis in einer zweckmäßigen Inventarisation sieht. Gr hat meines Erachtens auch mit Recht darauf hingewiesen, daß die dotirten Kommunalverbände mit allem Eifer und Freudigkeit an die Lösung dieser Aufgabe herangetreten sind, allerdings, meine Herren, in sehr verschiedenartiger Weise, manche haben den meines Erachtens richtigen Weg beschritten, der seinerzeit in Hessen beschritten worden ift, „und darin besteht, zunächst die Werke nur zu inventarisiren, d. h. fest zu legen, was an Kunstdenkmälern vorhanden ift, andere dagegen find gleich weiter gegangen und haben einen förmlichen Katalog aufgestellt, in welchem mit Hülfe von Zeichnungen und fehr genauen Beschreibungen die Denkmäler \o vor Augen estellt werden auch in ihrer geschihtlihen Entwickelung, daß die Vataloge gleihsam als ein Unterrichtsmittel dienen können. Jch habe mir sehr ernstlich überlegt, ob ih mich hierbei einmischen und

Meine Herren !

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ie K zerbà itten sollte, die Sache nach einem Schema die Kommunalverbände b \ A Ande baf mit die

weisen, nicht dur vielleiht unwillkommenes Einmischen hemmen \oll, und lasse es mir deshalb eber gefallen, daß in der Erscheinung, in welcher diese Inventarisationsarbeiten an das Licht treten, eine Ver- \ciedenheit besteht, obgleid id meinestheils gewünscht hätte, daß man mit den elementaren Arbeiten des Inventarifirens zuerst begonnen hätte. Wenigstens wird in anderen Kunslverwaltungen mit ‘gutem Erfolg fo verfahren. Da unterscheidet man ganz genau zwischen Jn- ventarifiren und Katalogisiren, und es ift eine bewährte Regel, daß erft inventarifirt w:rden muß, dann fkatalogisirt, man muß erst wissen, was man hat, und überläßt es dann der wissenschaftlichen Arbeit, die Katalogisirung vorzunehmen.

Daran anfnüpfend hat der Hr. Abg. Neichensperger auf die Be- strebungen des Hrn. Mevydenbauer hingewiesen, durch PÞphotograms metrisce Aufnahmen die Verbältniffe der einzelnen Denkmäler feft- zulegen und damit eine neue Methode für die Inventarisirung zu gewinnen. Ih bin sehr dankbar, daß der Hr. Abg. Reichensperger in so anerkennens8werther Weise Über Hrn. Meydenbauer \sih ausge- \prochen hat. Wir stehen Seitens der Unterrichtsverwaltung mit thm seit einigen Jahren in enger Beziehung; id bin Hrn. Meyden- bauer bereits seit zwei Jahren aus Mitteln meines Ressorts zu Hülfe gekommen, zuerst um hier ungefähr ein halbes Jahr zu arbeiten und die Aufnahme der Elisabethkirhe zu machen; auch habe ih den Herrn Arbeits - Minister gebeten, ihn von den Geschäften seines Hauptamts zu entbinden , derselbe ift nämli Könige licher Bauinspektor. Später ist Hr. Meydenbauer verwandt, um die hiesige Nikolaikirhe, den hiesigen französiihen Dom und den Halberstädter Dom aufzunehmen, und um den Einwendungen, welche gegen dieses Verfahren von verschiedenen Setiten gemacht werden, welches übrigens von Hrn. Meydenbauer nit erfunden, fondern nur neu ausgeftattet ist, um, sage ich, den erhobenen CEtnwendungena entgegenzutreten, habe ich die Aufnahme der Elisabethkirche in Mar- burg angeordnet. Diese Arbeit ist um so wichiiger, weil die Elifas- bethfkirche, so viel wissen, in allen ihren Maßen genau festgelegt ift, also eine Kontrole geübt werden kann durch Vergleichung der photogrammetriscen Aufnahmen mit den sonftigen Zeibnungen, die uns zu Gebote stechen. Aus diefen Vergleichen wird sih die Bedeu- tung des ganzen Verfahrens, welches ein sehr komplizirtes ist, genau ergeben. Jh möchte hierbei noch darauf hinweisen, daß das Meydenbauersche Verfahren auch dur Hrn. Dr. Stolze bei der Aufnahme von Persepolis angewandt ift. WahrscheinliÞch wird fich das darüber erschienene Werk in der hiesigen Bibliothek befinden; wenn es nit der Fall fein sollte, wird es gewiß lohnen, daß es an- geschafft wird. Dasselbe hat in der That eine erheblibe Bedeutung und ehrt unseren deutshen Fleiß. Jn diesem Werke wird der Hr. Abg. Reichensperger am Schluß eine Reihe von pbotogrammetri|chen Aufnahmen finden, die nicht allein für die vertikale Ethebung der Denkmäler von hoher Bedeutung sind, sondern auch den siheren Nachweis liefern, daß auch jede Bodenerhebung, selbst wenn sie noch so gering sein möchte, doch fixirt werden kann. Jh will dabei beispielsweise noch anführen, welche wunderbaren Resultate mit den Aufnahmen erzielt worden sind, die bei der St. Gotthardbahn gemacht worden sind. Die Aufnahmen sind auf kolossale Entfernun- gen gemacht worden, wo mit der Lupe auf dem Negative die Stellen aufgefunden find, die sich irgendwie markiren, und dann berechnet sindz es hat sich dabei ergeben, daß auffallende Stellen, Meßlatten oder Zeichenwagen, welche die vertikale Erhebung des Terrains an- geben i sage, cs hat sich ergeben, daß auf kolossale Entfernungen von weit über ein Kilometer bei ciner sehr mäßigen Erxposition, die damals stattfand, doþch nur eine Differenz von nicht ganz x Meter eingetreten is. Ih wollte das nur anführen, um die Bedeutung dieser Erfindung nah allen Richtungen hin zu bestä- tigen und darzuthun, wie ich dieselbe mit vollstem Interesse verfolge. Ich kann damit ließen, daß wir auf diesem Gebiet uns durh- aus freundlich begegnen; ih würde den Tag als einen glüdcklichen ‘be- zeicbnen, wo es mir gelingen sollte, den von den Herren bezeichneten Dispositionsfonds für Konservirung von Kunstdenkmälern zu erlangen.

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Deutsches Handels-Archiv. Februar-Heft. Erster Theik. Inhalt: Gesetzgebung, Deutsches Reih: Beschluß, betr. die Statistik des Waarenverkehrs mit dem Auslande. Beschluß, betreff. die Statistik des Waarenverkehrs mit dem Auëlande. Er- mächtigung einer weiteren Zollftelle zur unbeshränkten Abfertigung von Leinwand. Bekanntmachung, betreffend die Uebersicht der Uebergang8abgaben und Ausfuhrvergütungen, welhe von Staaten, wo innere Steuern auf die Hervorbringung oder Zubereitung gewifßter Erzeugnisse gelegt sind, erhoben beziehungsweise bewilligt werden. Bekanntmachung, betreffend die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues. Zollsaßy für Olivenöl in Fässern, Fläshen oder _— Zollfreiheit _der sogenannten Korkfender-Apparate. Deutsches Reich, Dester- reih-Ungarn, Frankrei, Portugal, Schwetz, Belgien, Luxem- burg und Niederlande: Bekanntmachung, betreffend den Beitritt der Niederlande zu der unterm 3. November 1881 abgeschlossenen inter- nationalen Reblaus- Konvention. Deutscbes Reich und Tunis: Verordnung, betreffend die Konsulargerichtsbarkeit in der Regentschaft Tunis. Schweiz: Ermäßigung des Ausfuhrzolls auf Lumpen (Has dern). Meriko: Zollermäßigung für gewisse Waaren. Argen- tinishe Republik: Zollgeseß für das Jahr 1884. Peru: Aufhebung der außerordentlichen Transitzölle für den Handel über Tacna und Tarapacá nah Peru und Bolivien, sowie des außerordentlichen Aus- fuhrzolls für den Hafen von Arica. Ausfuhrzölle auf verschiedene Waaren für das Zollamt Mollendo. Portugal: Ge}eß, betreffend den Schuß der Fabrik- und Handelêmarken. Ausführungsvorschriften zum portugiesischen Markenschußzgesetz vom 4. Juni 1883. Portugal und Paraguay: Handels=-, Freundshasts- und?Schiffahrtêvertrag zwischen beiden Staaten. Konsularvertrag zwischen beiden Staaten. Frankrei: Reglement, betreffend die zeitweise Einfuhr von Metallen zur Verarbeitung und demnächstigen Wiederausfuhr, vom 26. Mai 1883. Zulassung fran- zösischen Kakaos auf Korsika. Zollklassifikation von Astrachan- Besaß. Sachverständigen-Verfahren. Frist för die Ernennung des Sachverständigen Seitens der Deklaranten. Spanten: Ein- gangszölle für die aus den Vereinigten Staaten von Amerika nah der Snsel Cuba unter spanischer Flagge eingeführten Waaren. Spa- nten und Großbritannien: Uebereinkunft zwischen beiden Ländern bezügs lich der Vereinbarung eines Handelsvertrags, Abänderung der in Groß- britannien bestehenden Alkohol-Skala und einstweiliger Behandlung der britischen Provenienzen in Spanien nach dem Vertragstarif. Rußland: Zoltarifirung vershiedener Artikel. Zolltarifirung von Baumwollen- und Seidengarn, welche zusammen auf hölzerne Rollen aewickelt eingehen. Jtalien: Zeitweilige Ein- und. Ausfuhr. Tara für Zucker. Niederlande: Mittheilung aus Rotterdam über die Zucker-Uccise. Statistik. Brafilien: Der Handel von Rio de SFaneiro während der fünf Etatsjahce vom 1. Juli 1878 bis 30. Juni 1883. Vereinigte Staaten von Amerika. Washington: Borläufiges Ergebniß des Außenhandels der Vereinigten Staaten im Finanzjahre 1882/83. China: Handel und Schiffahrt von Tschifu im Fahre 1882. Literatur. Brunkow, „Die Wohnpläte des Deutschen Reiches." Zweiter Theil. Bericht über das Inland. Cöln. Mainz. Bes richte über das Ausland, Südeuropa. Budapeft: Einfuhr von Ls fomobilen nach Ungarn. Marseille : Konsulatsbericht für das. Jahr 1882. Paris : Der Holzhandel Frankreichs während der Jahre 1880 und 1881. Catania: Konsulatsberiht für das Iahr 1882. Westeuropa. Glasgow: Das schottishe Cisengeschäft von Anfang Juli bis Mitte November 1883. London: Konsulat8beriht über. die wirth\chaftlihen Verhältnisse in England im Jahre 1882. Nordeuropa. Stockholm: Handel mit Tuschkasten. Nordamerika. San Francisco: Konsulatsbericht für 1881 nd 1882. Westindien und Mittelamerika. Hayti: Konsulatsberiht aus Port au Prince, Kap Hayti, Jacmel und Gonaiv:8 für das Jahr 1882, Süds amerika. Rio Grande do Sul: Konsulatsbericht für 1881 und 1832. Australien und Polyuesien. Konsulatsberichte über die Woll\ulson

Krügen.

zu maten, ih habe aber davon abgeseben.

daß ih dafür halte, daß der Preis von 25 000 H, auf 5 Jahre ver- theilt, ein (Spottgeld ist im Vergleich zu dem wissenschaftlichen Werthe

Freudigkeit, welche die Kommunalverbände in dieser

Thätigkeit be-

1883/84 in Australien: Adelaide. Melbourne.