1884 / 38 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Feb 1884 18:00:01 GMT) scan diff

NicZtamkliches.

Preußen. Berlin, 13. Februar. Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (47.) Sißungg des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts-Etats für 1884/85 mit der Diskussion des Etats tes Hauses der Abgeordneten fortgeseßt. Nach dem- Abg. Berger (Witten) ergriff der Finanz-Minister von Scholz das Wort:

Ib glaube, cs ift gut, wenn ih glei jeßt mit ein Paar Worten in die Diékussion eingreife, weil durch die Ausführungen des Herrn Vorredners sonst das Terrain gar zu sehr na seiner Auffassung fest geleat werden möchte.

Der Herr Vorredner hat im Wesentlichen in zwei Theilen seines Vortrages zuerst den von dem hohen Hause früher {on angenom- menen und empfohlenen Plan im besten Lichte gezeigt und daun den Plan, den die Königliche Staatsregierung dem lohen Hause vorgelegt hat, sozusagen in dem \chlechtesten, und ih glaube, nach beiden Seiten läßt sih von seinen Ausführungen sehr viel subtrahiren. Jch will ihm zunächst folgen in die Kritik des Planes, der aus der Jni- tiative des hohen Hauses hervorgegangen ift.

Meine Herren! Es ist ja nit zu läugnen, daß dieser Plan sehr viele Vortheile enthält, und daß es nah manchen Richtungen äußerst wünschenswerth, auch für die Staatsregierung recht wünsckenêwerth gewesen wäre, Ihrem Wunsche in dieser Beziehung entgegenkommen zu können, ‘und damit diese Frage, der die Staatsregierung, was der Herr Vorredner anscheinend nicht anerkannt hat, ihre aufrichtige Sympathie widmct, zum Austrag zu bringen. Aber, meine Herren, es giebt zahlreihe Gründe, weshalb die FIuansprucnahme dieses Plates in der Leipzigerst.aße, auf dem Terrain der chemaligen Porzellanmanufaktur und dem Terrain des Gartens des Herrenhauses der Staatsregierung nicht annehmbar ersheint, Ich will nur an- deuten, daß auch von der Staatsregierung das allgemeine Prinzip verfolgt wird, solche Gärten in der Stadt mit altcn Baumbesiärten nur dann zu epfern, wenn es unbedingt nötbig ist; es ist das eine berechtigte Rücksicht auf die sich immer weiter ausdehnende Stadt. Bauen Sie auf jedem Fleck, wo etwas hingebaut werden kann, wie würde dann die Gesundheit der Bewohner geschädigt werden. Die Staatsregierung befolgt jenes Prinzip und ih glaube, unsere Nach- kommen werden es uns noch danken. Wenn erst alles bis auf den leßten Quadratfuß bebaut ift, dann ist es zu spät, dann sind die Uebelstände {on zu groß geworden.

Die zweite RÜcksiht, meine Herren, ift aber die auf das Herrenhaus. Ich glaube der Hr. Abg. Berger hat doch etwas sehr gewagt operirt, wenn er das Interesse und den Widerspruch dcs Herrenhauses ohne Weiteres hier damit beseitigen zu können meirt, daß er sagt: Jch halte es für unmöglich, da Herrenhaus dem widerspricht. Denken Sie sich doch die umgekehrte Lage: das Herrenhaus befände sid in einer rcecht s{lechten Situation, Sie hier befänden \ich in einem Hause von dem Sie unter allseitiger Zustimmung sagen: „So wie wir hier untergebracht sind, gefällt es uns fehr gut, wir wollen an unserem scit 30 Jahreno von uns bewohnten Lokale einschließlich des Gartens keine Aenderung eintreten laffen" und nun käme die Regierung und sagte: Was das Abgeordnetenhaus wünscht, ist natürlih sehr beactentwerth, aber am Ende liegt es doch

im Interesse des Herrenhauses, dem Abgeordnetenhause seinen halben Garten wegzunehmen und darauf

! das Herrenhaus zu erri{hten. In cinem folchen Falle würde aber die Regierung dieses hohe Haus hier gewiß unterstüßen. Dieselbe Rücksicht, die die Staats- regierung bestimmen müßte, einem solchen Wunsche des Herren- hauses sich zu widersetzen, liegt ihr auch in diesem Falle ob.

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f tegt Nur wenn die absolute Nothwendigkeit drängte, wenn gar kein anderes Mittel sich darböte, erst dann würde fie auf den von dem Abgeord- netenlhause vorgelegten Plan eingehen Lönnenz; aber ohne folche Noth- wendigkeit würde sie die Interessen des Faktors, der den Wunsch bâtte, in seinem Besitz zu bleiben, in dem er sich seit 30 Jahren be- findet, gerade so respektiren, wenn es sh um den Besitz des Abge- ordnetenhauses handelte, als mie es sfich nun um den Besiß des Herrenhauses handelt,

Meine Herren! Zu diesen Rücksfichten sind noch manche andere Erwägungen hinzugetreten. Die Staatsregierung würde Bedenken haben, die Königliche Genehmigung einzuholen, die erforderlich wäre zu der Bekauung eines Theils des Herrenhausgartens, sie ist aber auch darüber im Gewissen, daß fie diese Königliche Genehmigung nicht erhalten würde, wenn sie beantragt würde. Damit scheint mir die Frage, ob der Bau dort ausführdar ift oder nicht, doch bis auf Weiteres erledigt.

Was das betrifft, daß der Herr Abgeordnete noch frug, ob man vielleiht das Terrain der Porzellanmanufaktur für einen wichtigeren Zweck aufsparen wolle, die Frage kaan ih unbedingt verneinen. Wenn es möglih wäre, das neue Reichstagsgektäude fertig zu zaubern und den Reichëtag schon in den nächsten Monaten dahinein ziehen zu zu laffen und wenn ein Neubau des Abgeordnetenhauses auf dem Terrain des jeßigen Reichstages erwünscht und möglih wäre, würde dem die Staatsregierung gern zustimmen.

Nun hat der Herr Abgeordnete eine scharfe Kritik an dem Plan geübt, den die Staatsregierung gemacht hat, für welchen doch die cin- fache Basis die war, daß die Möglichkeit, auf dem von hier ge- wünschten Wege vorzugehen, nicht besteht, und daß es sich die Regie- rung deéhalb aufrichtig angelegen sein licß, auf irgend eine thunliche und gut ausführbare Weise Ihren Wünschen entgegenzukommen, ich sage, gegen diesen Plan hat der Hr. Abg. Berger sehr viele Einwendungen erhoben. Aber er ift dabei von einer ganz unrichtigen, von der Staatsregierung niemals zuzugebenden Prämifse au2gegangen. Er hat gesagt: wir haben hier aus der Initiative des Hauses einen Bauplan aufstellen lassen, der ift so vorzügli, dagegen ist überhaupt keine Ginwendung zu erheben, es ift auch keine erhoben, die Staatsregierung hat diefen Bauplan anerkannt und nun geht er von dieser Basis aus an die Kritik des Bauplaßzes, Im gewöhnlichen Leben aber ift das Prozedere ein umgekehrtes, erst hat man einen Bauplay und dann macht man einen Bauplan. Jch kann nur sagen, wcnn eine Skizze gemacht ift, ohne sich darüber zu orientiren, was möglich und ausführbar sei, so ist das now lange kein Bauplan, von dem man fagen kann, er wäre unabänderlih, er müßte gerade fo ausgeführt werden, Wir müssen uns überall nah der Decke \trecken, wir können ja dem Architekten nicht ein beliebiges Stück Land herstellen, wie er es wünschen und für nöthig halten mag: für seine in der Phantasie fehr [Mon ausgehe SUzzie, so lann man ni{Gt vor- gehen. Das ist auch der Grund, mcine Herren, weshalb dieser Plan bet den kommissarishen Besvrehungen keine Cinwendungen gefunden hat. Was soll man denn gegen einen Plan sagen, der in der Luft {webt und noch auf kcinen bestimmten Bauplaß zugeschnitten ift! Das kommt erft, wenn der Baugrund da ift

Ich bestreite also durchaus, daß dieser Bauplan als ein von der Regierung anerkannter anzusehen wäre, nah dem fich nun die For- derung für das Grundstück einfach zu richten hätte, und es ist mithin auch diefer Vorwurf, daß die Regierung nun doch ein Grundstü offerirte, worauf dieser Bauplan nichi ausgeführt werden kann, kein Vorwurf für die Regierung, Es i} ja nicht erfreulih, wenn die Regierung als Anerkennung für ihr aufrihtiges Bestreben, den Wünschen des Hauscs entgegenzukommen, nur das erntet, daß ihr gesagt wird: es ift cine Art ih will mich des zartesten Ausdrucks bedienen Verkennung ihrer Aufgabe, daß sie es wagt, cin Grundstück zu offeriren, worauf wir unseren Bauplan nicht ausführen können.

Der Herr Abgeordnete hat dabei einen Vergleich gezogen mit dem Grundfstückerforderniß für das Neichstag8gebäude. Ich weiß nun nicht, ob die Zahlen in dieser Beziehung alle durchaus zutreffend sind, aber ih gebe ja zu, daß das Reichstagsgebäude in sehr viel größerem Maß- \tabe geplant ist und ausgeführt werden soll. Es kömmt dabei în Betracht, daß es allerdings auch noch außer dem Reichstage verschiedene andere Dinge in sich aufnehmen foll, die das künftige Abgeordneten- haus nit aufzunehmen haben würde, uad es würde aus dieser Rücksicht ein gewisser Mehrbedarf von felbst ich ergeben. Außerdem wissen wir alle, wic Besonderes mit diesem Reich8tagsgebäude zusammenhängt. Es ist zu

gleiber Zeit doch die Absicht, durch eine monumentale Ausführung gewissermaßen auch ein bleibendes architektonishes Denkmal für die Wiedererrihtung des Deutschen Reiches herzuftellen. Daß eine ähn- lie Rüdlksiht bei dem Neubau des Abgeordnetenhauses vorliege, glaube ih nit, wenigstens baben die Mitglieder dieses hohen Hauses stets das Gegentheil geäußert, c Fomme hier nur darauf an, ein ausreichendes, gesundes und ungefährlides Gebäude zu errihten, welches nicht den Anspru erhebt, ein monumentales Bauwerk und ein Shmuck der Reichshauptstaèt zu sein. Ich bin allerdings erstaunt, daß der Hr. Abg. Berger, abgesehen von dem Fundus, die Baukosten auf 6 bis 8 Millionen Mark veranschlagt. Ich glaube, daß dabei sih doc wohl die Absicht einer monumentalen Ausgestaltung berausstellen wird, aber diese Kesten zeigen auch so recht, daß wir bei der Grundstüccksfrage doch nit so fehr um ein oder ein paar Hunderttausend Mark besorgt fein dürfen; wenn es fih wirklich um einen Bau handelt, bei dem die reinen Baukosten 6 bis 8 Millionen Mark in Anspruch nehmen, dann ist die Frage der Kosten des Baugrundes wohl nicht so sehr ins Gewicht fallend. Fch bestreite aber nach den Ausführungen der Staatsregierung, daß es fich bei dieser Grundstückserwerbung notbwendig um 3 bis 4 Millionen handele. Der Plan, den wir uns erlaubt haben, dem hohen Hause vorzulegen, ift nicht fo, daß er Überall winkelig und eingeenat zu be- bauen wäre, sondern wir haben ausgeführt, wie nicht das ganze Grund- ftüdck der Seehandlung zu bebauen ift, namentlih nicht der Theil, der nach der Dorotheenstraße auéläuft, sondern in gerader Linie von der Grenze des französishen Gymnasiums bis zur Sommerstraße, so daß der Plan vollständig in gerader Linie von den Grundstücken an der Dorotheenstraße und von der Sonmmerstraße begrenzt sein würde und an der nörd- liben Seite von der Ufer|traße, eine Konfstellation, die in der That nicht \{Glecht ist, und wclcle alfo eine Baufläche gestaiten würde, die beispielsweise, wenn mich mein Gedächtniß nicht tiügt, 1600 qm größer sein würde als der Platz, auf dem gegenwärtig das Abgeordnetenhaus steht. Der Herr Abgeordnete hat bei dieser Gelegenheit auch nach einer anteren Seite tadelnd auf das Bemübßen der Staats- regierung hingewiesen; gegenüber den schweren Klagen, die ihr aus dem Hause entgegentreten, daß die Sache keinen Schritt vo:wäris komme, daß fie nicht mit Sympathie und Eifer bcfördert würde, sleht die Thatsache, daß die Regierung die Sache so vorbereitet hat, daß sie heute könnte abges{lo}sen werden, und dies beantwortet er mit einem {weren Vorwurf bezüglich der Art und Weise der Anwendung des Erxpropriationtgesetzes. Den Vorwurf hâtte die Staatsregierung nit erwarten dürfen. Es ist aber auch gar nicht so, wie der Herr Abgeordnete vorausgeseßt hat, es find erst mit dem betroffenen Eigenthümer sehr ein- gehende Verhandlungen gepflogen worden, man hat erft ver- sucht in der Weise, wie das Gescß vorausfetzt, sich mit ihm über einen freihändigen Verkauf zu verständigen unter Vorbehalt der Eirwilligung der Landesvertretung, und ers nachdem diese Bemühun- gen mit großem Cifer wochenlang gesührt als resultatlos betrachtet werden mußten, ist man dazu geschritten, die Allerhöchste Genehmigung der Crpropriation sicher zu ftellen, die gesichert scin mußte, wenn das Abgeordnetenhaus sollte vor einem wirkli ausführbaren Projekt sich be- finden. Der Herr Abgeordnete erwähnt, in unserem Schreiben, welches dem Abgeordnetenhause zugegangen ist, werde gesagt, das dem Reiche gehörige vorliegende Terrain, die sogenannte Maske, sei unshwer zu erwerben, und er hat dann gefragt: wer sagt das? ich habe gestera noch ein Mitglied der Reichstagsbaukommission gesprowen, welches entgegen- geseßter Ansiht war. Da kann ich wohl fragen: was ist das für ein Mitglied der Baukommission des Reichstages und wie kaun dieses verehrte Mitglied über diese Frage eine bessere Auskunft geben, als die Staatsregierung sie eingeholt hat, ehe sie ihr Schreiben an das Abgeordnetenhaus gerichtet hat? Es lLledarf ja aber auch wirklich für jemand, der nit bloß Gründe aufsuchen will, um diesem Projekt durchaus feiadlih gegenübertreten zu können, wahrhaftig weiter nichts als die Erinnerung daran, in welcher Weise der preußische Staat dem Bedürfniß für den Gtund und Boden für den Reichstagsbau entgegengekommen ist, wie wir von unserem Thier- gartenterrain und dem anstoßeäden Terrain bireitwillig die großen Flächen hergegeben haben, ‘auf denen das große Neichstag8gebäude jetzt errichtet werden soll, wie wir diese umsonst hergegeben haben, um zu dem S@luß zu kommen: es is unmöglih anders zu denken, als daß diese dem Reiche unnöthige und entbehriiche Maéke „unshwer“ für Preußen zu haben sein wird. Wenn Sie sich daran erinnern, ih glaube wir haben ein Terrain von 760 000 M Werth unentgeldlih zur Verfügung gestellt, dann wird es wohl nicht besondere Schwierigkciten machen, diese Maske, wenn sie für einen Landtagsbau erforderlih wäre, vom Reiche zu bekommen. Insoweit, glaube i, können wir mit voller Beruhigung den weiteren Verhand- lungen, die natürlich erst dann fortzuseßen sind, wenn das hohe Haus seine Geneigthcit, auf diese Sache eirzugehen, bekundet hat, ent- gegenschen.

Ich glaube, auf diese dürfen.

Der Abg. von Nauchhaupt bemerkte, die Erklärung des Finanz-Minisiers habe die Situation ungemein gekläct (Leb- hafter Widerspruh und Lärm links.), in den Augen der Linken freilich nicht, das habe sie ja während der ganzen Rede des Ministers bewiesen. Für seine Partei aber fei sie geklärt, und. er bedauere, daß der Abg. Berger seinen Aus- führungen eine wenig objelktive Schärfe gegeben habe. Seine Partei weihe gewiß nur der äußersten Nothwendig- keit, dem Volke neue Lasten aufzuerlegen, aber seine Partei meine, daß nun Raum für ein neues Geschäfts- haus geschafft werden müsse. Der Gesammtvorstand des Hauses sei auch fo vorsichtig gewesen, den ihm genehmen Bau- plaß nicht zu bezeihnen, und es stehe nun in Frage, ob dessen Wünsche, die sih au auf das hinter dem jcßigen Reichstage befindliche Terrain erstreckten, zu erfüllen seien oder niht. Der Finanz-Minister habe nun unter Hinweis auf den entgegen- stchenden Willen der Krone „Nein“ gesagt, und seine Partei wolle auch dur keine Pression auf die Krone wirken. Wenn sona der vom Vorstande des Hauses gewünschte Platz hinter dem Herrenhause und Reichstage ausgeschlossen sci, so frage es si, sei das, was die Regierung an Stelle jenes Plabes biete, vortheilhast oder nicht? Und da - möchte er denn doch zunächst auf die großen Vortheile hinweisen, die diesem Hause aus der Nähe des neuen Neichstag8gebäudes erwachsen würden, und besonders aus diesem leßteren Grunde begrüße er es mit Freuden, daß die Regierung diesem Gesichts- punkt dur Angebot eines für alle Doppelmandatare ss vor- theilhaften Plaßes Rechnung trage. Dieser Plat, den die Regierung in ihrem Entgegenkommen ausgewählt habe, sei zugleich einer der s{hönsten Berlins. Er dächte doch auch, daß das Haus gerade als politishe Körperschaft, als die Vertre- tung des größten deutshen Staates, den Wunsch habe, neben dem Neichstag - plazirt zu werden. Man sage nun, daß die in Aussicht genommenen Grundstücke, die der Seehandlung gehörten, zu klein seien, doch sei diesem Uebelstande, falls derselbe thatsählih sei, fehr leicht dadurch abzuhelfen, daß die vier benahbarten Privatgrundstüccke im Wege der Expropriation erworben werden könnten. Solle das Haus sih nun, nachdem es sih 30 Jahre im Provisorium bewegt, und, nachdem die Regierung die Hand biete, etwa ab- lehnend verhalten und „Nein“ sagen? Er und seine politischen Freunde würden dies gewiß niht thun. Wenn man nun jogar von einer Seite wieder auf den Dönhofsplaß hinweise, jo erachte er das einer Ablehnung des ganzen Bauprojekts gleih. Der gegenwärtige Zustand aber sei so unleidlih, daß die Abgeordneten es wahrlich vor den Wählern würden ver-

Bemerkungen mich jeßt besränken zu

antworten können, wenn se sich aus dieser Misère befreiten. Man habe auch von dem Finanz-Minister gehört, daß sh der Reichstag mit dem Abgeordnetenhause in Bezug auf die Benußung des ihm gehörigen Terrainslreifens, welcher an den diesem Hause von der Staatsregierung offffe- rirten Plaß grcnze, arrangiren wolle, woraus dem Hause weitere Vortheile erwüchsen. Könnte dies Haus nicht zum Beispiel auf diese Weise mit dem Neichstag ein gemeinsames Kesselhaus haben? Möchten die Reichstagskessel seinetwegen dann s{hwarz-weiß-roth, die tes Abgeordnetenhauses \{chwarz- weiß angestrichen sein. Er stelle sonach den Antrag, die Vor- lage dem Gesammtvorstande des Hauses, den seine Partei als die autorisirteste Körperschast in dieser Beziehung erachte, zu übergeben, damit derselbe auf Grund dieser Vorlage mit der Staats- und mit der Reichsregierung Verhandlungen anknüpfe, die dies Haus endlich dahin führen würden, auf dem von der Regierung offerirten Plaß ein Gebäude zu erhalten, welches allen Ansprüchen genüge.

Der Abg. Löwe (Berlin) erklärte, er könne sih der An- sicht des Abg. von Rauchhaupt nicht anschließen, daß die wei- tere Thätigkeit des Gesammtvorstandes in dieser Angelegen- heit sfih auf den von der Negieru?g vorgeschlagenen Plat beschränken folle, denn dieser Plaß sci weder gecignet, noh ausreihend. Jhm sei in seinem ganzen Leben noch nie eine verkehrtere Art des Vorgehens vorgekommen, als die vom Minister eingeshlagene; es sei vollständig der Bauplan des Technikers mit der Bauskizze des Bauherrn ver- wechselt worden. Fm praktishen Leben gehe man so vor, wie es der Gesammtvorstand gethan: erst mahe man \ih ein Bild von den Bedürfnissen, welche der betreffende Bau be- friedigen solle, und dann suche man einen dem entsprehenden Bau- plaß; der Gesammtvorstand habe aber die Bedürfnisse, die nothwendigerweise der neue Bau zu befriedigen haben werde, auf das möglichst geringe Maß beschränkt. Er bestreite nun die Behauptung der Regierung, daß der vorgeschlagene Plaß disponibel sei, der Minister habe die Bedürfnisse des Reiches nicht in Betracht gezogen, denn wenn der Plak für das Kesselhaus des Reichëetagsgebäudes in Anschlag gebracht werde, fo bleibe nur ein bei weitem nicht ausreicender Streifen für das Abgeordnetenhaus übrig. Die Regierung habe geglaubt, das Haus zu der Annahme ihres Vorschlages zwingen zu können, indem der Minister erklärt habe, für das vom Hause ins Auge gefaßte Projekt fei die Einwilligung Sr. Majestät niht zu erlangen. Dieser Thatsahe würde «e 0 ja selbitverliandlich baugen allein, wenn Sr. Majestät keine anderen Gründe vorgetragen worden seien, als man sie hier vom Minister gehört habe, so müsse man das für eine ungenügende Junformation halten. Das Herren- haus brauche bei Ausführung des Projektes durhaus nicht die Hälfte seines Gartens abzutreten, sondern nur einen kleinen Theil, und derselbe werde ohnehin wohl von den Mitgliedern des Herrenhauses weit weniger benußt, als von denen des Reichstages. Er wiederhole bei dieser Gelegenheit seinen neu- lih schon geäußerten Wunsch, daß ein Verzeichniß sämmtlicher fisfalisher Grundstücke angefertigt werde; läge ein solches vor, so würde man sehr bald ersehen können, daß der Plat in der Leipzigerstraße der einzig geeignete sei.

a: Demnächst nahm dec Finanz-Minister von Scholz das Wort :

Der Herr Abgeordnete hat unter anderem die Freundlichkeit ge- habt zu erklären, eine so verkehrte Vorstellung, wie ih sie von dem Procedere bei einem Bau hätte, sei ihm no% nit vorgekommen. Diese höchst verbindliche Bemerkung würde er si vielleiht erspart haben, wenn er selbst den technischen Autdruck richtig gewählt bätte. Wir haben und alle Mitglieder der Budgetkommission werden ihm darüber ja eventuell die erforderlibe Auékanft auch geben können wir haben zweierlei verschiedene Ausdrücke: „Bauprogramm“ und «Bauplan“, und alles das, was der Herr Abgeordnete vom „Bau- plan“ sagte, gilt technisch niht vom Bauplan, sondern nur vom Bauprogramm. Jcder Mensh macht fich, ehe cr an cinem Dau Me, cin Vauproorann. d h e fallt d die Bedursnisse zusammea, und fast G, wieviel er braubt, und wie er am idealsten die Sade machen würde. Da- nach kauft er erst den Bauplatz, und erst, wenn er den Bauplah hat läßt cr ein Projekt ausarbeiten; und ih kann sagcn, daß beispiels3- weise die tebnishe Revision dessen, was er „Bauplan“ nennt, und als Bauplan beachtet wissen will, einfa unmöglich ist, so lange es fich nicht auf ein bestimmtes Grundstück bezieht, und dieses habe ich behauptet, und ih glaube dana, daß das Verkehrie jedenfalls nicht auf meiner Seite gewesen ist.

Der Herr Abgeordnete ist dann ich will meinerseits mich milde ausdrücken im Icrthum, wenn er glaubt, wir bätten diefen Vor- {chlag gemacht, ohne zu wissen, daß auf dem Gcrundstück noch Kesselanlagen für das Reichstagsgebäude beabsicbtigt sind. Nein, das ist uns so gut bekannt, wie Jhnenz wir glauben nur das ist der abweichende Punkt daß sich auf dem Grundstück sowohl das Bedürfniß befricdigen läßt, welbes hier befriedigt werden soll, als auch das jener Kesselanlagen, Nun habe ih allen Respekt vor der technischen Be}ähigung des Herrn Abgeordneten, aber Sie werden doch zugeben, diese Frage ist damit niht abgemacht, daß der Abg. Loe Ta0l: Va E NOE s M QUC „Srage, die von Architekten einer sachverständigen Pcüfung unter- zogen wetden mh. Bastreiten. Sle. daß es ht, so wollen wir die Sachverständigen bitten, si ihre Köpfe zu zerbrehen und uns zu sagen, ob es wirklich nicht geht. Ganz im Irrthum aber ist nun der Hr. Abgeordnete in der Unterstelung ge- wesen, daß es der Regierung darauf ankomme, Sie auf diesen Bau- plaß hinzwingen zu wollen. Jch kann versichern, das wollen wir nicht, nichts liegt uns so fern. Wollen Sie nicht, dann erwarten wir ein einfahes „Nein“, und dann wird einfa der Plan fallen gelassen; aber ein Interesse, Sie dahin zu zwingen, haben wir im Eniferntesten nicht. Wie es dann angefangen werden soll, na der Anschauung des Herrn Abgeordneten, die Allerhöchste Stelle îin einem ihm genügend scheinenden Sinn zu infor- miren, ist mir unklar g-.blieben, Daß die Krone ihre Rathgeber nicht nah den Informationen und Wünschen des Abg. Loewe gewählt hat, das steht doch nun fest, und daß die Rathgeber der Krone nicht anders als na ihrer gewissenhaften, pflihtmäßigen Ueberzeugung bei Sr. Majestät Vortrag haljien können, steht doch auch fest sie fönnen sih nidt berufen auf die entgegengeseßte Auffassung des Hrn. Abg. Loewe. Also nah dieser Richtung ist seine ganze Ausführung doch hinfällig. Abgesehen davon, glaube ih, daß es auch doch eine materiell etwas sehr unbegründete Voraussetzung ist, daß es für die Allerhöchste Person fo {wer sein sollte, über die Berliner Verhält- nisse, über diese Verhältnisse hier sih in völlig ausreichender Weise zu informiren. Die Garantie, daß diese Information zu einer über- einstimmenden Würdigung der Verhältnisse, wie fle auf dieser Seite A Haufes (links) vertreten ist, führt, kaun ihm natürlih Niemand eten.

Der Abg. Hobrecht erklärte, wenn er ganz nach persön- liher Neigung verfahren könnte, würde er den Ausführungen des Abg. von Rauchhaupt zujtimmen. Er glaube aber, daß man die Frage, in welhem Umfange das neue Gebäude her- gestellt werden müsse, objektiv behandeln müsse, er müsse des- halb dem zustimmen, was der Abg. Berger gesagt habe. Jn e5olge der Besprehung dieser Angelegenheit, die er mit er- fahrenen Architekten veranlaßt habe, müsse er die Aus-

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‘Plaß sei vollkommen unzureichend.

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führungen des Abg. Löwe dem Finanz-Minister gegen- über vertheidigen. Der von dem Gesammtvorstande des Hauses eingereihte Entwurf sei, wie von kompetenter Seite anerkannt werde, mit ungewöhnlicher Vorsicht und Sparsamkeit aufgestellt worden und deshalb glaube er, daß der Abg. Löwe Recht gehabt habe, wenn derselbe diesen Ent- wurf als Prämisse für jeden weiteren Gedankengang betrachtet habe. Es sei das auch für Laien nicht {wer zu verstehen. Das Hauptbedürsfniß dieses Hauses liege in der Größe des Saales und einer Reihe unentbehrliher Räume, die unbedingt um den Saal liegen müßten. Bei der sorgfältigen Berechnung dieser Räume fei der Vorstand dahin gekommen, die Hälfte des Raumes für sih in Anspruch zu nehmen, welchen der Reichstag für si gefordert habe, der so und fo viel weniger Mitglieder habe. Schon diese eine Thatsache spreche dafür, daß hier sehr sorg- fältig gerehnet sei. Jn leßter Zeit habe er no einen Techniker gebeten, die Größenverhältni)se bei den Räumen der maß- gebenden Stocwerke zu prüfen, und au dieser Techniker sei zu dem Resultate gekommen, daß nur minimale Kürzungen möglich seien. Er selbst habe dann mit mehreren Mitgliedern die in dem neuen Programm angenommenen Maße mit denen verglichen, welhe man in diesem Hause habe, und mit ganz geringen Modifikationen müsse er jagen, daß es nicht mögli jei, wesentlihe Kürzungen darin eintreten zu lassen. Der Abg, Löwe dürfe also sagen, das hier aufgestellte Programm sei gleiczeitig ein Plan, der für die Wahl des Bauplaßes maßacbend sein müsse. Es verstehe ih von selbst, wenn Se. Majestät sage, daß der Plat, den dieses Haus stets gewünscht habe, nicht zu haben sei, so höre jedes weitere Wort auf. Aber er meine, es sei wirkli nicht zu viel verlangt, wenn das Haus sage, der unbeschränkten Ehrfurcht, die das Haus dem Könige gegenüber anerkenne, stehe gegenüber das Recht und die Pflicht, in ehrfurhtsvoller Form und rückhaltlos zum Könige zu gehen, und in diesem Falle habe das Haus wirklih Anlaß dazu. Denn die Gründe, die der Finanz-Minister gegen die Bewilligung des Naumes, angeführt, den das Haus so lange als wünschenswerth bezeichnet habe, seien do nit durchs{lagend. Wenn er nach seiner persön- lichen Neigung sprechen wollte, so würde der Grund, daß die Bäume fallen sollten, für ihn obenan stehen. Aber in 15 Jahren sei der Plaß doch bebaut, wer wolle das hindern? Er habe ja in ganz anderen Fällen mit Bedauern gesehen, wie Anlagen, die man für vollkommen geshüßt gehalten habe, gefallen seien. Das Herrenhaus habe noch gar nit einmal gesprochen, und dann sei das Stück, welches sofort nach Ausführung dieses Bauplanes dem Herrenhause überwiesen werden solle, größer als die Fläche, die ihm abgenommen werden solle. Der Vor- {chlag der Regierung sei das erkenne er gern an in dem Wunsche gemacht worden, daß das Abgeordnetenhaus si da: durh vollkommen befriedigt fühlen werde. Aber na den Prüfungen mehrerer Abgeordneten sci der Plat in der That ungeeignet. Abgesehen davon, daß dort jedenfalls Naum geschafft werden müsse für die Heizeinrihtungen, für das Maschinenhaus des Neichstag8gebäudes, so könne der Plat

.auh niht vollständig bebaut werden, wenn man Fenster

behalten wolle, es müsse ein gewisses Stück zurückgerückt werden, und die Figur sei eine höchst unglückliche; das Abgeordnetenhaus komme auf ein Trapez, Ein Theil dieser Figur sei für das Haus nicht zu gebrauchen, und man müsse erwägen, ob es nicht mögli sei, dur eine Anlegung des in dem Programm vorgesehenen Eingangs eine andere Form nußbar zu machen. Aber auch dann gehe so viel von diesem Terrain verloren, daß man apodiktisch schon heute sagen könne, der Dazu kaufen und bis zur Dorotheenstraße gehen sollte das Abgeordnetenhaus do nicht. Das wäreeine Anregung zu sehr enormen Mehrausgaben, sowohl für die Erwerbung des Terrains, als deswegen, weil man gezwungen würde, drei Façaden aufzuführen, die den Bau enorm ver- theuern würden. Nachdem nun aber die Regierung eine solche Vorlage gemacht, sei das Haus verpflichtet, sie sorgfältiger zu prüfen, als das in den Vorbesprehungen habe geschehen tönnen. Er habe daran gedacht, dem Hause die Wahl einer Kommission vorzuschlagen ; aber er glaube, das Haus fei es seinem Gesammtvorstand niht nur shuldig, sich zunächst an ihn zu wenden, sondern derselbe sei auch die berufenste Jnstanz, um dem Hause einen Bericht zu erstatten, auf Grund dessen man mit voller Kenntniß der Sachlage beschließen fónne. Er stelle den Antrag, das gesammte Material dem Gesammtvorstande des Hauses mit der Anheimgabe einer Verstärkung, einer Kooptation, zur Vorberathung und Beriht- ersiattung zu überweisen.

Der- Abg. Dr. Neichensperger (Cöln) bemerkte, als der Reichstag seiner Zeit beschlossen habe, den Plaß hinter dem Herrenhaus für die Erweiterung des Reichstagsgebäudes zu verlangen, sei Seitens der Negierung damals geantwortet, man könne dem nicht zustimmen, weil die Architekten sich geäußert hätten, der Plaß sei nicht ausreihend für Monu- mentalbauten. Sehe man sich jeßt die Gebäude an, die dort ständen, die Näume der Porzellanmanufaktur, sowie den noch übrigen freien Raum, dann werde man zugeben, es sei dort noch viel Plaß für einen Monumentalbau.

Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handels-

. Steckbriefe nund Untersuchungs-Sachen.

Man stehe jeßt hier vor einem ähnlihen Standpunkte, wie damals im Reichstage. Der einzige Slein des Anstoßes sei nur das: Herrenhaus. Es könne Niemand mehr als er es respektiren, wenn der König einen AusspruŸ in dieser Beziehung gethan habe, aber er müsse do sagen, das Haus habe das Recht, an einen besser zu unterrihtenden König zu appelliren. Es wäre gut, wenn das Haus seine Ansicht hier deutlih ausspräche, damit man sehe, ob es niht möglich sei, das Herrenhaus gutwillig von seinem bisherigen Stand- punkt abzubringen, dann denke er, werde auch der König diefem Projekt zustimmen. Er habe ferner die Ueberzeugung, daß ein Theil des Gartens des Herrenhauses sehr gut ab- getreten werden könne, ohne dem Herrenhaus irgendwie Nach- theile zu bringen. Er bitte dem Antrag Hobrecht zuzustimmen. Der Abg. Stengel erklärte, er könne in seiner Rede sehr kurz sein, da er mit der Behandlung der vorliegenden Frage, wie sie der Abg. HobreWt vorgeschlagen habe, einverstanden sei. Auf die Rede des Abg. Berger müsse er aber doch noch zurückommen. Derselbe habe, so zu sagen, eine ganze Ge- schichte des beabsichtigten Baues des neuen Abgeordnetenhauses gegeben, und erzählt, daß Pläne eb:n nicht so ausgeführt werden könnten, als sie gedacht seien. Seit 1880 sei vom Gesammtvorstand der Plat an der Zimmerstraße und hinter dem Herrenhause ins Auge gefaßt worden. Er wolle nun zugeben, daß die sahlihen Gründe des Finanz- Ministers zur Ablehnung dieses Projektes auch ihm als ge- nügend nit erschienen ; indessen liege die Endentscheidung an einer anderen Stelle. Er sei überzeugt, daß der Weg, den der Abg. Reichensperger in Aussicht nehme, nämlich durch einen Beschluß auf das Herrenhaus zu wirken und dann wieder den König anzugehen, nicht gangbar erscheine. Es fei unzweifelhaft, daß das Herrenhaus nicht daran denke, von jeinem bisherigen Votum abzugehen. Ér und seine politi- {chen Freunde ständen ganz auf dem Boden des Abg. von Nauchhaupt. Was solle man nun maten? Entweder abwarten, bis die Krone eine andere Entscheidung treffe, oder wiederum den König angehen und da- mit eine Art Konflikt schaffen? Das passe aber doch nicht im Geringsten für die Bedeutung der vorliegenden An- gelegenheit. Wenn man erkläre, der neue Plat an der Doro- theenstraße sei ungeeignet, so bitte er, denselben doch näber anzusehen, dieser Plaz liege in einer der s{hönsten Gegenden der Stadt, niht weit von der Stadtbahn und habe die an- genchme Nachbarschaft des Reichstags zu gewärtigen. Einer nachtheiligen Einwirkung dieser Nachbarschaft dadur, daß der Reichstag vielleiht selber noch einen Theil dieses Platzes in Anspruch nehmen werde, sei ja bereits widersprochen worden, indem die Regierung erklärt habe, der Neichstag wolle sich mit dem Abgeordnetenhause arrangiren. Die Frage würde sih jedenfalls in der Kommission erledigen lassen, Der jeßige Zustand sei aber unhaltbar und müsse man jedem Plaße zustimmen, der das Haus in eine bessere Lage bringe. Bielleicht lasse sih genau feststellen, wie lange der Reichstagsbau dauern werde, und vielleiht wäre es dann möglich, auf das jeßige Reichstagsgebäude zu rechnen. Vor- läufig aber halte er den Antrag Hobrecht für den besten. Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, der Aufenthalt hier sei levensgefährlih, er verlange nichts für seine Bequemlich- reit, sondern nur die Erhaltung seiñer Gesundheit, und wenn man nun die zu dem nothwendigen Neubau verfügbaren Pläße betrachte, so müsse er sagen, daß er auf den vom Hause zuerst vorgeschlagenen Play in der Zimmerstraße nach den gehörten Erklärungen niht mehr rechne; der offerirte Platz in der Dorotheenstraße sci so, wie derselbe offerirt sei, nicht zu brauchen ; ob derselbe durch Aenderungen brauchbar werde, wisse er nicht, würde aber dorthin schon deswegen nicht gern gehen, weil dies Haus dort durch den Reihstag erdrüdt werde; doch müsse man dèn Vorschlag der Regierung prüfen; er bezweifle au, daß es dem Reichstag angenehm sei, dies Haus so diht neben sich zu haben, Den Mitgliedern dieses Hauses aber könnte es schon deswegen nicht angenehm sein, weil sie, die sie hier der Lust des \cheußlihen Grabens aus Gesundheits- rüdsihten entgehen wollten, dort in dem ebenso unerträgtichen Kohlenstaub der Heizungsanlagen des Reichstagsgebäudes sein würden. Er wisse nur zwei wirklich passende Pläße: die große Kaserne am Kupfergraben und den Dönhoffsplaß selbst. An den Dönhoffsplaß habe man sih {hon gewöhnt und derselbe liege so leer da, daß er glaube, wenn man dort das Haus errihten und mit s{önen Zierpläßen umgeben würde, so würde das ein Shmuck für die Stadt, und schr gut für die Mitglieder dieses Hauses sein. Jn Bezug auf den Plaß würde der Magistrat von Berlin dem Hause wohl entgegen- tommen, denn komme man dem Hause nicht entgegen, so könne man ja schließlih nach Poisdam gehen; man habe dort bessere Luft, und sei von dem slörenden Geräusch der großen Stadt frei. Man sei in Berlin selbst viel zu wenig thätig für diese Sache beim Magistrat, andere Kommunen kümmerten sih um die Unterbringung der ihnen zugefallenen Staats- anstalten viel mehr: die Herren säßen ruhig auf dem Rath-

haus und dâchten: dies Haus müsse ja hier in Berlin bleiben ;

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| und ih glaube, daß daher mit gutem Grunde diese an

9, Indnstrielle Etablissements, Fabriken und

[asse man es selbst sehen, wo es bleibe. Er wünsche dieses Projekt mit dim Dönhoffsplaß auch von der Kommission er- wogen, für die er nah dem Antrage Hobrecht unter der Voraus- sezung stimmen werde, daß sie nit blos das Regierungsprojekt mit dem Plat in der Sommerstraße prüfen solle, sondern auch andere Projekte; er hoffe, daß der Abg. Hobrecht mit dieser Vorausseßung einverstanden sein werde. Er bitte noch, vie Sache so {nell zu erledigen, daß sie nicht wieder in die nächste Session vershleppt werde, sondern daß man schon jegt zu einem festen Beshluß über den Bauplaß komme, und für das nächste Jahr die Vorbereitungen -für den Bau ge- macht werden könnten. Dem Antrage Hobrecht stimme er ebenfalls bei. Redner wandte sich sodann gegen die Aus- führungen des Abg. Stengel, welcher es für unzulässig er- achtet habe, daß man eine Bewilligung von der anderen ab- hängig machen wolle. Diese Taktik sei durhaus berechtigt und in der Praxis üblich. :

Der Antrag Hobrecht, welcher lautet :

Das Haus der Abgeordneten wolle bes{ließez: „dem Gesammtvorstande des Hauses mit dem Rechte der Koov- tation sämmtliche auf den Nzubau eines Ge\chüftshauses für das Abgeordnetenhaus bezüglihen Schriftstücke zur Beschlußfassung zu Übergeben“, : wurde fast einstimmig angenommen.

Die Etats des Abgeordnetenhauses, des Herrenhauses und der Staatsshulden-Verwaliung wurden ohne Debatte an- genommen.

Der Etat der Verwaltung der indirekten Steuern weist in der Einnahme 91 730 200 (, im Ordinarium der Aus- gabe 28 835 100 M, im Extraordinarium 285 000 M auf.

Von diesem Etat war die Position des Extraordinariums, welche 100 000 M zum Ankauf eines Dienstgebäudes für das Hauptsteueramt zu Brandenburg verlangte, an die Budget- fommission zurückverwiesen worden. j __ Der Abg. Jacobs befürwortete N2mens derselben die Bewilligung der Ausgabe, da die Nothwendigkeit, ein solches Gebäude zu errichten, unabweisbar sei. :

Das Haus beshloÿ dem Antrage der Kommission gemäß.

Von dem Etat der allgemeinen Finanzverwaltung waren vier Titel, durch welche die aus den Nothstandsdarlehen her- rührenden Zinsen und Rückzahlunaseinnahmen in den Etat eingestellt sind, gleichfalls zur Vorprüfung der Budgetkommission

| Übergeben worden ; deren Genehmigung indessen auc hier von

der lehteren beantragt wird. Der Abg Dr. Hammacher erklärte, die hier in Betracht tommenden Nothstandsdarlehne seien f. 3. als Staatsschulden

hinausgegeben worden, es dürften also eigentlich die aus diesen

Beträgen herfließenden Rückzahlungen und Zinsen nicht hier

| in der allgemeinen Finanzverwaltung für Bedürfnisse des

Staates eingestellt werden, fondern müßten zur Amortisation der Staatsschulden Verwendung finden, Nun sei allerdings nicht in Abrede zu stellen, daß die Staatsregierung nach den bestehenden Geseßen forrekt verfahre, indessen srage es sich eben, ob diese Bestimmung nicht dahin abzuändern sein dürfte, daß diese Zinsen und Nückzahlungsgelder künftig zur Staats- shulden-Amortisation Verwendung finden sollten.

d FHRRRN ergriff der Finanz-Minister von S cholz das ¿oOTI :

Der Hr. Abg. Dr. Hammacher hat die Güte gehabt, ausdrü&li hervorzuheben, daß das jeßt und zwar seit langer Zeit Feobachtete Berfahren mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang steht. Es bleibt mir deshalb nur übrig, die Frage der Zweckmäßigkeit sciner Anregung zu erörtern. Nun erkenne ih das PVrinziptelle in den Aeußerungen des Herrn Abgeordneten vollständig an. Aber ih glaube, die Praxis, in der wir seither stehen, hat au ihre guten Gründe. Wenn Ste die Titel 8 bis 12 ansehen 1028 10 00) 292 112 53323 Æ überall Rüczablungen und Zinsen so sind cs eben verhältnißmäßig unbedeutende Beträge, welche dazu zu bestimmen sein würden, die Staatsschuld zu tilgen, Beträge, die, wie ih glaube, mit gutem Grunde hier in die allge- meine Finanzverwaltung und nicht in die Staats\chuldenverwaltung eingestellt find, zumal weil angenommen worden ist, daß die Staats- regierung unter Umständen ein großes Maß von Nachsicht nothwendig hat gegenüber den Nothftands\c{huldnern. Sie muß weitere Fristen bewilligen, Ausstand geten u. #, w.: alles Dinge, die niht geeignet sind, die Eingänge für die Tilgung der Staatéëschulden zu bestimmen. Die Tilgungsmittel für die Staatsschulden müssen prompt und zweifellos eingehen,

fich unbe- deutenden Posten hier ftehen gelassen und sie niht mit der Tilgung der Staatsschulden direkt in Verbindung geseßt sind. Aehnlic ver- bâlt es sih mit dem Poften der Hinterlegung2gelder. Auch dieser beruht nit auf einer willkürlihen Gestaltung der Finanzverwaltung, Jondern auf den damals mit dem boben Hause cingehend erörterten Grundsäßen. Es hat das auch bisher keinesfalls zu einer Schädigung des Prinzips geführt, welches der Herr Abgeordnete befürwortet bat, sondern im Gegentheil, es sind sehr viel mehr Schulden auf diefe Weise getilgt worden. Jch glaube also in der That, daß eine drin- gende Veranlassung zu einer Aenderung aub in dieser Beziehung nicht vorliegt. _ Die Titel wurden sodann nah dem Anlrage der Kom- mission genehmigt.

Damit war die Tagesordnung erledigt.

Hierauf vertagte sich das Haus um 21/, Uhr auf Mitt- woch 11 Uhr.

„Juvalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein

R G & : i 24 E | Insera e für den Deutschen Reihs- und Königl. Deffentlicher Anzeiger. | Inserate nehuen an: die Annoncen-Erpeditionen des Inserate zen an: die Annoncen-Erpeditionen d

register nimmt an: die Königliche Expedition des Deutschen Reichs-Anzeigers und Königlich

Prenßischen Staats-Anzeigers : 3

Berlin 8SW., Wilhelm-Straße Nr. 32. 4,

Subhastationen, Aufgebote, Vor- ladungen u. dergl. Aufgebot.

, Der General-Lieutenant z. D. Carl von Stranyz hier und der General-Major Friedri von Stranß au Karlsruhe haben das Aufgebot der von dem ehe- maligen preußishen Hauptbank - Direktorium am 423. Suni 1855 auf den Namen der Frau Generalin von Beyer, geb. Gräfin von Wylich und Lottum, in Erfurt ausgestellten Bankobligation Litt, U. I. Nr. 15519 über 1120 Thaler, worauf am 30. De- zember 1856 820 Thaler zurückgezahlt find und welche noch auf Höhe von 300 Thalern oder 900 6. nebst den Zinsen vom 30. Dezember 1856 bis zum 29, März 1879 im Betrage von 400 4 50 - un- bezahlt ist, beantragt. Der Inhaber der Urkunde Wird aufgefordert, spätestens in dem auf

[54309]

mann L. A.

2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl,

. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete.

Verloosung, Amortisation,

u, 8, w. von öffentlichen Papieren.

a

den 2. Juli 1884, Vormittags 113 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Jüdenstraße 68/60, eine Treppe, Zimmer 21, anberaumten Aufgebots- termine feine Rechte anzumelden und die Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunde erfolgen wird.

Berlin, den 7. Dezember 1883.

Königliches Amtsgeriht T1. Abtheilung 483.

Der Kaufmann M. Haase in Bernstein bat das Aufgebot des angeblich verlorenen, von dem Kauf- Goldschmidt 12. Januar 1877 auf den Rittergutsbesißer Hermann Goldschmidt zu Silberberg i. S{[. gezogenen und von diesem acceptirten, am 12. April 1877 an eigene

Groesshandel.

7. Literarische Anzeigen. 8, Theater-Anzeigen. /

Zinszahlung 9, Familien-Nachrichten f

Hirschberg zu Stettin 4500 Æ beantragt.

vor dem unterzeichneten

Aufgebot.

[44165] Aufgebot.

zu Schoenow am

6. Versehiedene Bekanntmachungen.

Ordre des L. A. Goldschmidt beim Banquier Joël zahlbaren j Der Inhaber der Urkunde wird aufgefordert , spätestens in dem auf den 9, Zuli 1884, Vormitta Gerichte, anberaumten Aufgebotstermine seine Rechte anzu- melden und die Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunde erfolgen wird. “s Stettin, den 7. Dezember 1883. Königliches Amtsgericht.

gs 113 Uhr,

Der Glasfermeister Ferdinand Schwendt zu Posen hat das Aufgebot zweier von ihm ausgestellter und von A. Vollhase in Posen acceptirter, an die Ordre des Ausstellers zahlbarer Wesel, von denen

& Vaogler, G. L. Danbe & Co., E, S{&{lotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoucen - Bureaux.

In der Börgsgen-} beilage. d V

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a. der cine, d. d. Posen, den 15. April 1868,

über 20 Thaler lautete und am 15. Juli 1868 fällig war, . der andere, d. d. Posen, über 46 Thaler lautete und am 1868 fällig war, beantragt. Die Inhaber dieser Wechscl werden aufgefordert, späteftens in dem auf den 3. Mai 1884, Vormittags 115 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, im hiesizen Amts8- gerihtsgebäude, Sapichaplaß Nr. 9, Zimmer Nr. 5, anberaumten Aufgebotstermine ihre Rechte anzu- melden und die Wechsel vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Letzteren erfolgen wird. Posen, den 10. Oktober 1883. Königliches Amtsgericht, Abtheilung TV.

Wechsels über den 15. Juli 1868, 15, Oktober Zimmer 53,