1884 / 45 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Feb 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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ments. Sodann die Ordre de kataille des I. Armee-Corys vom 1. Augnft 1870, Ranglisten des mobilen Heeres und des Ersaßyz- Bataillons für den 1. August 1870. Beseßung der Offiziersstellen im Feldzuge, Uebersict der Stärkenve: hältnisse während desselben, Namentiie Nachweisung der Verluste im Feldzuge, Uebersicht der Krankenbewegung, Ranglisten, Namensverzeichnisse, Chronologische Vebersicbt über Personalveränderungen u. s. w. Das wit großer Ge- nauigfeit und emsigem Fleiß gearbeitete Werk bictet einen dankens- werthen Beitrag nit nur für die Geschichte des Regiments allein, fondern überbaupt für diejenige der preußishen Armee. L

In R. v. Dekers Verlag hierselbst erschien soeben eine Bro- \{üre, betitelt: „Offizierstand und Beamte-nthum“, eine Erwiderung auf die ancnyme Schrift: „Die Vorrcebte der Offiziere im Staate und in ter Gesellschaft.“ Verfasser derseiben ist Colmar Frhr. von der Goltz, Oberst-Lieutenant z. D. Derselbe crhielt vor Monatcn von Freundeshand die soeben angeführte Broschüre zu- oeschicki; welche an eiren Abschnitt des vom Frhrn. von der Golß berausaegebenen Bus: „Das Volk in Waffen“, anknüpft. Der Verfasser, welcher durch die Anforderungen seines neuen Berufs im fremden Lande verhindert war, auf marche Ansichten, welcbe der un- bekannte V: rfafser der betr. Flugschrift ausführte, und mit denen er nicht cinverstanden war, zu widerleger, hält es cuch jezt nech, troßz-

dem von andcrer Seite ber-its eine Erwiderung stattgefun- den Vat, mot fue überflüssig, das Wort zu érgrei[en,

meil der behandelte Gegenstand ihm michtig genug er- \ceint, und scin Schweigen ibm auf gegnerisher Seite leicht als Zustimmung gedeutet werden könnte. Es kommt ihm vor Allem darauf an, darzulegen, daß seinem Gegner der Beweis, daß der deutsche Offizicr Über Gebühr bevorzugt werde, nicht gelungen jet. Ebensowenig habe er vermocht, einen begehrenswerthen Vortkeil zu bezeichnen, welcber mit der gesellschaftlichen Herabseturg des Offizier- corps erreicht werden könnte, und der tie Nacthcile auszugleichen rermöcbte, welche dicse mit si bringen müßten. Er untersucht ferner, ob Offizierstand und Beamtenthum, deren Stellung äußerlich unver- fenibar manches Aehpyliche babe, ter inneren Natur nach etwas Gleich- artices scien, so daß bei Eincm von Beiden ein Gefühl von Riva.ität überhaupt berechtigt sein könne. Diese neue Beleuchtung des Gegen- standes wird für beide Theile von glei großem Interesse sein, und dürfte es daher der Brocbüre an Lesern nicht \fchlen

Die in Leipzig am 23. Februar d. J. erscheinende Nr. 2121 der „Illustrirten Zeitung*“ enthält folgende Abbildungen: Vio”anta, Techter des Palma Vecchio. Nav dem Gemälde von P. Bordone. Gottfried Keller. Die Ueberführung der Leiche der Prinzessin Georg von Sachsen aus dem Prinzlihen Palais auf der Langestraße na der Kapelle des Palais am Tascbenberg in Dreéden am 6. Februar, Abends 10 Uhr. Originalzeichnung von E. Limmer. Die Todtenfeiec für die Prinzessin Georg von Sach- fen in der fkatholisben Hofkirhe zu Dresden am 9. Februar. ODri- ginalzeichnung von E. Lirimer. Der Ursprung des Karneval. Nach eincm Gemälde von G. L, Gatteri. (Zweiseitig.) Der Aufstand im Sudan: Eine Vorhut der Truppen des Maddi. Nach der Skizze eines englisben Offiziers. Baker Pasa. Charles G. Gordon. Ein Seebecen des Berliner Aquariums, Nach der Natur gezeich- net von R. Friese. Der gefährdete Amor. Marmorgruppe ron Rudolf Scbweiniß. Kirschblattwespe. Larven der Kirschblait- wespe. Polytecnis%e Mittheilungen: Doppelte Nothtrerpe zur Rettung aus Feuersgefahr. Elektrischer Weckarparat (2 Figuren). Patentirter Speiscteller mit benußbarem Rand. Moden : Theater- mantcl mit Spitentopuze und Spitßenmuff.

Gewerbe und Handel.

Nach aus Moskau hbierher gelangten Nachricbten hat dic tortige Firma Pelzer und Mifstral die Zabluagen eingestellt. Die Passiva sollen sich auf 1200(090 Rubel bíilaufen.

Der Danziger Hypotheken-Verein zählt nach dem Gescäftébcrichte pro 1883 474 Mitglieder mit Darlehnen (320 in Danzig, 67 in Marienwerder, 82 in Graudenz, je 1 in Dirschau und Thorn) und 26 Mitglieder ohne Darlehne. An neuen Beletihungs- arträgen gingen ein: zu 6%, 23 Stück auf 339 900 M zu 5# °%/0 47 Stück auf 1 754060 (10 Anträge mit 527 600 #. Betrag we- niger als im Vorjahr). Die Summe der im Jahre 1883 gewährten Darlebne betrug 1223 800 Æ, und zwar zu 6 °/9 381 000 6 und zu 510% 842 800 M

Die „New- Yorker Hdls.-Zta.“ {reibt in ibrem vom 8. Felruar tatirten Wochenbericht: Die allgemeine Ges chä ft s- lage des Landes hat sich wenig geändert. Was die Industrien be- trifft, haben die Eisenwerke etwas bessere Beschäftizung erhalten, einige Glaétfabriken find nach Beendigung d:s langen Ausstandes ihrer Arbeiter wieder in Vetrieb gesekt worden, dagegen sir d jeßt aber in den Manufakturwaarenfabriken Lohnreduktionen und in Verbindung damit Strikcs an die Tageéordnuug gekommen. Die außerordentli niedrigen Preise nahezu aller Fabrikate haben dem Geschäf sverkehr einigen Impetus verliehen, und wenn auch Käufer im Allgemeti- nen vosfictig in ihren Operationen bleiben und nur dean nächsten Bedarf decken, so maht sh doch das Gefühl immer mebr geltend, daß wir die Krisis überstanden haben und besseren Zeiten entgegengehen. Gerade die Langsamkeit, mit welcher sich die Gesuntung vollzieht, wird als günstiges Zeichen für die Zu- funft betrachtet. Einen krarTen Purkt kildet immer roch die Hausse- Spekulation in Brodstoffen, welche ihre Pofition hartnäckig behauptet, trotz der hicr wie in Euroya angehäuften großen Vorräthe und der uns in der Versorgung des Bedarfs der alten Welt in Ostindien und Australien erstandenen neuen Konkurrenz. Die Ueber- \chwemmungen, von welhen das Ohio - Thal in den letzten Tagen heimgesu&t worten, hat den Spekulanten einen guten Voiwand gegeben, die Getreide - Preise wieder hinaufzu- seßcn, doch wird dieser Avanz wohl kaum behauptet werden können, da dcr angerichtete Schaden sich bei Weitem richt als so bedeutend berausftellt, als zuerst ausgesprengt worden. Am Waaren- un d Produktenmarkt ist das Gesäft ruhig geblieben. Weizen und Mais baben in den leßten Tagen bei lebhafterem Spekulations- geshâft im Werih angezogen, waren aber am Schluß wieder matter. Zu dem Avanz, welcher etablirt worden ift, hat die Exportfrcge für beide Getreideforten wieder bedcutend nachgelassen. Am Frachten- markt blieb das Geschäft flau. Baumwolle in effektivecr Waare war ebenso wie Termine ftill; für leßtere konnten sich die höchsten Notirungen der Woche niht behaupten. Brasil Kcffees verharrten in festcr und steiger der Tendenz, begegneten jetoch vur sehr beschränkter Konsumfrage. MReinschmcckente Sorten wareu bcacttei und für oft- indische Kaffecs eine Kletinigkcit höher. Nohzucker ist bei stillem Ge- sckâft im Preise wesentli§ unverändert geblieben. Am Thecmarkt war tas legitime Geschäft ruhig, die Spekulation jedo bei steigender Tendenz rccht lebhaft. Provisionen haben noch weiter angezogen, fanden aber für Export und Seiiens des Konsums wieder sehr wenig Veachiung. Terpentinöl hat st|\ch im Werthe befestigt, Harz ift da- gegen unverändert. Raffinirtes Petroleum fest und steigend. United Pipe line Certificates sind in flauer lustloser Tendenz, 109% C. Das Geschäft in sremden und einheimishen Manufakturwaaren hat fich etwas gebessert. Der Import fremder Webstoffe für die heute beendete Woche beträgt 1911 340 Doll. gegen 3411 427 Doll. in dec Paralleiwoce des Vorjahres.

Nürnberg, 19. Februar. (Hopfenmarktberiht von Leopold Held.) Seit Beginn dieser Woche ist die Nachfrage reger geworder, und die Umsäte zeiçen in Folge desscn ansehnlichere Ziffern: es wurden bei nur geringer Zufuhr zu den letztgenannten Preisen gestern ca. 250 und beute gegen 180 Ballen verkauft. Gesuht waren vor- nehmlih billige Mittelhopfen. Die Notirungen lauten: Württem- berger prima 180—-185 #Æ, do. mittel 165—175 4; Hallertauer prima 180—185 M, do. mittel 165-—170 Æ; Polen prima 180 M, do. mittel 1665—170 A; Elsäfser prima 175—189 A, do. mittel 165—170 ÆA; Gebirg8hopfen 170—180 (A; Marktwaare 165—170 4; Kischaründer 165—175 M

London, 20. Februar. (W. T. B.) Bei der gestrigen Well - aufttion waren Preise unverändert

Verkeßcs-Anstalten.

Im Auftrage des Avs\chu}ses des Ostpreußischen Provinzial- vereins zur Hebung der Fluß- und Kanalsciffahrt hat der Stadt- Baurath A. Frühling in Königéberg i. Pr. eine „Denkschrift über Herstellung einer vertieften Wasserstraße zwischen Königsberg i. Pr. und Pillau“ verfaßt, welhe im Verlage von Wilh. Koh & Reimer in Königéberg erschienen ist. Der Verfasser führt in der Einleitung den Nachweis, daß eine Vertiefung der in Rede stehenden Wasserstraße aus technishen und ökonomiswen Grün- den für den Seehandel der ostpreußischen Hauptstadt ein dringendes Erforderniß i}. Königsberg i. Pr. ist von seinem Vorhafen Pillau etwa 40 km entfernt. Die Wasserrerbindung zwischen beiden Pläßen vermittelt auf 8 km der Pregel; der Rest der Strecke muß von decn Schiffen auf dem frishen Haff zurückgelegt werden, welches nur an einzelnen Steilen 5 m Wasserticfe hat, im Uebrigen die Gestalt eines Beckens mit ganz flachen Rändern zeigt. Leßtere sind an der Ost- und Westseite von Schiffahrtsrinnen die sogenannte Königsberger und Pillauer Rinne dur{s{nitten, welche turch Baggerung hergestellt sind und in der jeßigen Tiefe von 3,7 bis 4,0 m durch Baggerung offen gehalten werden müssen. Es fönnen daher Sciffe von größerem Tiefgange zwar in Pillau eîin- laufen, ihren Weg über das fris&e Haff nah Königsberg aber nicht fortseßen. Alle nach Königsberg bestimmten Schiffe von mehr als 35 bis 38 m Tiefgang (je nach dem Wasserstande) müssen in Pillau cinen Theil ihrer Ladung in Leichterfahrzeuge (Bordinge) üÜberladen und mit ihnen zusammen den Weg nach Königs- berg antreten. Dieselbe Manipulatioa tritt bei Verladungen in Königsberg in umgekehrter Weise ein. Der Verfasser weist auf die Unbequemlichkeiten und den materiellen Schaden solcher Umladungen hin. Die Mehrausgaben, welche den nach Königsberg kommenden Schiffen auf diese Weise erwachsen sind sehr beträchuUih. Jn den Sahren 1870—72 gingen in der Richtung von Pillau nah Königsberg 1165 und umgekebrt 1947, zusammen 3112 Leichterfahrzeuge, es kamen auf jedes Fahrzeug durhschnittlichß 160 A und auf die genannten 3 Jahre rund 500000 4 LBaarauslagen für Leichter- kosten, für 1873—76 haben dieselben etwa 250(00 M pro Sahr betragen und find gegenwärtig mindestens auf die- selbe Summe zu wverans&lanen. Die übrigen durch den Mangel einer autreihenden Wasserverbindung zwishen Königsberg und Pillou entstehenden Mehrkosten, welhe der Schiffahrt namentlich dur Zeitverlust erwachsen, sind nah der Darstellung des Verfassers ebenso ho zu \häßen. Aus der Tendenz der heutigen Schiffahrt, für die Zwecke des überseeischen Handels große und deshalb tiefgehende Fohrzeuge zu verwenden ist auf eine weitcre Zunahme der geschilderten Üebelstände zu \{chließen. Demnach bleibt, wie der Verfasser weiterhin ausführt, nihts übrig, als den Anforderungen des Seeverkehrs dur; eine entsprechende Vertiefung dcs Fahrwassers zwischen Königsberg; und Pillau Genüge zu leisten, wenn der Previnzialhauptstad: die thr durch das Eisenbahnney ihres Hinterlandes und durch die günstige Beschaffenheit ibres Vorhafens zugewie- sene Stellung erhalten bleiben sol, Die Denkschrift eremplifizirt dann weiter auf die im Interesse der urgchin- derten Schiffahrt ausgeführten Bauten und Arbeiten in andern Hafenstädten (Gla8gow, Newcastle, Amsterdam, Antwerpen, Hamburg, Bremen 2c ), deren Kosten sih je nach den Verhältnissen angemessen verzinst haben und weist dann auf die gefährlibe Konkurrenz hin, welche Kör igsberg mit anderen, besonders russishen Hafenpläten zu bestehen bat. Der Verfasser zeigi dann weitec, wie die Bestrebungen der Königéberger Kaufmann schast, sich eine günstigere Wasserverbin- dung mit Pillau zu verschaffen bis in das vorige Jahrhundert zurück- reichen und seitdem fast ununterbrochen fortgesetzt wurden und behan- delt dann eingehend die neuen in dieser Richtung sich bewegenden Projekte der Techniker. Der intercssanten Denkschrift sind zwei Pläne angeheftet, ein Situationsplan dcs Frischen Haffs zwischen Königsberg ur.d Pillau mit den Projekten zur Herstellung ciner neu?n Wasserstraße von 6 m Fahrtiefe und ein Plan zur K-ennzeichnung des bedeutenden rot. 7600 Qu.-Meilen umfassenden „Hinterlandes" des Handelsplazes Königsberg i. Pr. :

Hamburg, 20. Februar. (W. T B) Dex Postdampser „Frisia“ dex Hamburtg-Amertkantsdben PaCetfahrt- Aktiengesellschaft ist heute Morgen 10 Uhr in New-York ein- getroffen. i

Berkin, 21. Februar 1884.

Kon ula erie.

Budapest, den 1. Februar 1834. SErnteaussichten. Jn amtlihen Veröffentlihungen wird der Stand der Saaten als ein befriedigender geschildert. i Die Schneedecke 1st in mehreren Gegenden, sogar in einigen siebenbürgisczen und oberungarishen Komitaten, ge- \{hmolzen und an mehreren Orten wird befürchtet, daß die Nachtsröste unter diesen Umständen Schaden c.nrihten werden. Gegen diese Auffassung wird von anderer Seite geltend ge- macht, daß troß s{hneelosen Winters und Frühjahrsfrösten die 1882 er Ernte die herrlichsten Resultate ergab und demnach auch für die Gegenwari Besorgnisse niht begründet seien,

Kowr:o, den 6. Februar/25. Fanuar 1884, Ueber/icht ter Getreidepreise für den Monat rFanuar 1884 pro Pud = 16,38 kg zum Course von 204 A pro 100 Rb,

A. Kowno: Rb1. Kop. Rbl. Kop. H H M H 1) Weizen 1 M0 V L «0 = 29S 296 D Non 0 S = 104, 19d S Q 1 - “Ns E = O. i m1 a4 4 & 5) Hafer (D = 100 „—=— L B, Wilna. Rbl. Kop. Rbl. Kop. M. H M H 1) Weizen T S U G —= 20008 900 2) Roggen 3 a L 5 L990 24 Se. - D .— S =: 108, 178 4) Erbsen O, s S Ao Et M M. = 106 ck10 C. Grodno. Rbl. Kop. Rbl. Kop. A6 H M. H 1) Weizen 1 0 1 Q = 20S 290 Dan -— M S =- 18, 19 ien Q S = 10, L n =— O N =- 18. 1 Du R = 1W

Im Lepke’schen Kunstauktionshause beginnt am Mitt- woch, den 27. Februar, die Versteigerung einer umfangreichen Kollek- tion der ver)\chiedenartigsten Erzeuanisse chinesischer Kunst- industrie. Sie besteht aus den Objekten, welche von der Kaiserlich chinesiswen Regierung zu der vorjährigen Amsterdamer Ausstellung eingeschidt waren und dort den wesentlihsten Theil der chines:shen

Abtheilung ausma®&ten. Der Katalog der Auktion, dem in einer |

Lichtdrucktafel ein Gruppenbild hervocragenderer Stücke beigegeben ist, macht im Vorwort darauf aufmerksam, daß durch die hier in Be- tracht kommenden Gegenstände im Gegensaß zu der billigeren Import-

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waare die bessere gewerbli%e Produktion Chinas repräsentirt werde. In 928 Nummern führt er sodann die zur Versteige- rung bestimmten Objekte, vielfah unter einer Nummer zu kleineren und größeren Gruppen vereinigt, im Einzelnen auf. Namhaft vertreten finden \ih darunter Porzellane und Fayencen, Bronzen und Emails, Elfenbeinschnitereien und Skulpturen aus Bambus, Arbeiten in Scildpatt und Rofenbolz, sowie seidene und halbseidene Stoffe und Stickereien, zum Theil in Stücken, zum Theil zu Tüchern, Bändern und Kleidungsstücken verarbeitet. Von künst- lerishem Interesse sind ferner zahlreiche Malereien, Wand- und Licht- \cirme, Fächer in einfacherer und reicerer Ausstattung und eine An- zahl der verschiedenartigften mit Snißzwerk und eingelegter Arbeit ornamentirten Mösbel, zu denen endlich noch ein buntes Gemisch mannigfacber Kuriositäten kinzukommt. Die öffentlide Ausstellung der interessanten Sammlung wird in drei Sälen des Kunstauktions- bauscs am rä&sten Sonntag und Montag von 10—2 Uhr unentgelt- lih geöffnet sein.

Unter Vorsiß des Gutsbesitzers Schulze (Schulzendorf) tagte heute im Englischen Hause die Generalversammiung des Vereins der Stärke-Interessenten. Der Geschäftsführer des Vereins, Prof.fsor Dr. M. Delbrück (Berlin), hatte bei Erstattung des Jahresberichts zu konstatircn, daß der erst vor einem Jahre gegründete Verein bereits in jeder Beziebung recht erfreulicbe Fortschritte gemacht habe. Der Verein zähle bercits mehr als 200 Mitglieder. Eine vom Vorstande angestellte Ermittelung habe ergeben, daß 1875 in ga"rz Deutsch- land nur etwa 700 Stärkefabrifen, inkl. der nur wenigen Stärkezuker- fabrifen, existirten. Seit dem Jahre 1875 habe si die Zahl der Stärkefabriken mindestens verdoppelt. Der Ausschuß habe im Weiteren cine Enquete über den Betriebëumfang der Stärkefabriken vorge» nommen. In dem chemischen Laboratorium des Vereins der Spiritus- interessenten wurden it Laufe des vergangenen Jahres 65 Stärke- analysen vorgenommen. Es sei hierbei zu erwägen, daß im Sommer das Laboratorium geschlossen sei. Der Verein der Spiritus- interessenten unterhalte bekanntli h eine Anzahl Schulen. Am näch- sten Montag werde auch ein Cyklus von Vorlesungen über Stärke- fabrikation von Dr. Saare eröffnet werden.

Die dietjährice Geflügelausstellung des Vereins „Cys- pria“, welche am Freitag in den Räumen des „Grand Hotel“ am Alcxanderplaßz eröffnet wird, ist dem Umfange nach die bedeutendste, welche der Vercin jemals veranstaltet bat. Die Sektion der Hühner, welde in den Parterreräumen im großen Sagle untergebracht find, umfaßt allein 286 Nummern, größtentheils Stämme von 2 bis 4 Thieren. Ja dem anschließenden kleineren Saal haben die Tauben ihre Aufstellung gefunden, Sie zählen insgesammt 593 Paare. Das gemästete Geflügel, Eier und Brutapparate umfaßt 46 Nummern und ist in den oberen Räumen untergebracht, wo auch die Sing- und Ziervögel ihre Aufstellung ge- funden haben. Die erste Kategorie umfaßt 46 Nummern. Hier bildet eine neue Erscheinung das italientsche gemästete Geflügel, wel- ches die Handlung von italienishem Geflügel, Eiern, Früchten undGemüsen vor H. Gregorovius (Potêtamerstr. 9) zur Auéstellung und zum ersten Male zur Konkurrenz mit den deutshen Mastversuhen bringt. Es find sowohl lebende Masttauben als auch eine große Kollektion ge- \chlachteter Truthähne und -Hühner, Enten, Kapaunen, Hühner, Perlhüher , Tauben 2. Die Sing- unh Ziervögel umfassen 315 Nummern, darunter 138 Kancrien in allen Schlagarten, 67 Pa- pageien 2c., 57 fremdländische Ftnkenvögel, Ferner umfaßt die Aus- stellung eine reihe Kollektion der mannigfachsten Futterpro*en, weiter eine große Menge von Gecäthscbaften zur Vogelzuht nund Pflege, auf die BVogelzut bezü,libe Schriften, ausgestopfte Vögel und Tableaux. —— Die Ausstellung ist geöffnet von Morgens 9 bis Abends 8 Ubr und wird am Abend durch elektrisches cht beleuchtet; sie dauert vom 22. bis 26. Februar.

Das Gastspiel des Hrn. Heinrih Keppler im Residenz- Thearer naht si seinem Ende, da der Künstler nur bis zum 26 d. Fontraf:lib Urlaub hat. Hr. Kepvler wird also nur noch bis Sonn- abend in dem S{wankl „Unsere Sonnabende“* auftreten, um sich dann als Reinhold in „Die relegirten Studenten“ von Benedix vom hiesigen Publikum zu verabscicden, in welchem Stück er am Sonntag, Montag und zum leßten Male am Dienftag spielen wird.

Inter Sing-Akademie stellte sih vorgestern Abend der Concert- [änger Hr. Felice Mancio aus Wien mit einer bunten Auswahl von Liederverträgen vor, welche in ihm den in italienisher Schule gründ- lich gebildeten, dur jahrelange Uebung vor der Oeffentlichkeit gereiften Gesangskünstler erkennen ließen. Freilih find diese Jahre an dem stimmlihen Material, einem früher gewiß \{önen Tenor, der jeßt cine Baritonfärbung erhalten, niht ohne Spuren voröbergegangen. Die Risse und Sprünge, welcbe es selten zu einem rechtz#7 Fluß der Cantilene kommen lassen, sucht der Sänger durch die Kunst zu verdecken, geräth aber dabei durd Lre- rioliren und unvermittelte Uebergänge vom weichlihsten Piag- atssimo in. das lauteste Fortissimo in eine Manier, unter welcher die Wahrheit des Ausdrucs stark zu leiden hat. Sehr anzu- erkenre1 ist die linguistishe Vielseitigkeit des Sängers, welche es ihm ermöglicht, in vier Sprachen, und zwar leidlih verständlich, wenn auch mit durhweg italienischer Vokalisation, zu singen, Am Bísten gelangen ihm daher die italienishen Nummern : Recitativ und Cc:ntabile von Astorga, Siciliana von Scarlatti und „Maria" von G:-imaldi, au die kosmopolitischen, sehr beliebten, eigentlich aber doch recht trivialen Lieder von Tofti (Vorrei morir, La povera Maria, was eine Volkéelcgie aus den Abruzzen scin soll, und nun gar For ever and for ever), welche zum Theil denn auch dacapo verlangt wurden. Fcankreich repräfentirte an dem Liederabend Charles Gounod mit einer Chanjoa echt französishen Charakters und Victor Moe ee Uebershwänglickeit in eleganter melodiöser Einkleidung. Die pathe- tische, affektreiche Auffassung8weise des Sängers vertrug sich damit vortrefflich. Deutschland war durch Lieder von Schumann, Schubert und Richard Wagner („Schmerzen“ und „Träume“) vertreten, bei deren Vortrage sid Hr. Mancio in bemerkenswerther Weise und zum Theil auch mit Glü der italicnischen Ait des Vortrages zu ent- äußern suchte. Namentlich gelang ihm Klärhers Licd aus Goethe's „Egmont“, von Schubert, das den Scluß des Abends bildete, von einzelnen zu starken Accenten abgesehen, recht gut. —— Der mitwirkende Pianist, Hr. Carl Pohlig, dessen wir schon gelegentlich des Concerts der Frau Joachim gedacht, bewährte sich ouch hier als ein sehr tüchtiger Vertreter seines Fahs. Aus seinem reichen Repertoire hatte der junge Künstler dieëmal die nicht eben dankbare und selten gehörte Sonate op. 90 von Beethoven, die F-moll - Phantasie und das aub merkwürdig wenig ge- spielte, hochpoetische Nociurne in G-dur von Chopin, sowie den Valse impromptu und die 2, Rhapsodie von Lis8zt gewählt. Hr. Potlig hält sih in lobenswerther Weise von aufdringlichen,

rillanten Effekten fern, geräth aber dur übermäßige Anwendung

des rubato und Üüberfeine dynamishe Nüancen, welchen häufig ein rüctsihtsloses staccato und falsch angebrachte Caesuren ent- aegengeseßt werden, in dic Gefahr der Verkünstelung seines Spiels. Durch richtige Heraushebung der Melodie und einen ruhigeren Fluß der Letzteren dürfte der geshäßte Künstler weit größere Wir- kungen zu erzielen im Stande sein. Dem ersten Theil des Concerts wohnten Ihre Kaiserlihen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin bei.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Lier Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Köuiglih Preußischen Staats-Anzeiger.

A 4D

Berlin, Donnerstag, den 21. Februar

15884,

Deutsches Neich. NaGwetfsun

g der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reiche für die Zeit vom 1. April 1883 bis zum Schlusse des Monats Januar 1884.

L 2. 3. 4. 9. 6. Fin Einnahme in dem- Cu L Gn 4 S Be Hierzu Einnahme Zusammer selben Zeitraume In 1883/84 Ober-Post-Direktions-Bezirke. a; in den Vormonaten y Mle des Vorjahres Januar j —+ mehr

(Spalte 4). weniger M. | S A t. | M. | M. A

I. Im Reichs-Postgebiete. Dn s C S 10 625 | 60 104 977 | 70 115-603 | 30 127 235 | 30 | 11632 | 5 r ele e 5 3647 | 30 24 938 | 28 585 | 30 27279 | 70 | + 1305 | 60 3) Danzig . H 10133 | 30 104 439 | 114 572 | 30 124174 | 65 | 9602 | 35 E 70 429 | 621 407 | 90 691 836 | 90 592 120 | 08 | + 99716 | 82 D S 3433 | 80 27486 | 30919 } 80 30052 | 30 | + SOC F O0 O 6527 | 60 56 232 | 50 62 760 | 10 62618 101 j J4L 095 E 7607 | 30 68 551 | 40 76 158 | 70 71489 | 95) + 4668 | 75 A 1710 | 90 14029 | 40 15 740 | 30 16 241 | 60 | 501 | 30 S 4591 | 65 41081 | 25 45 672 | 90 48509 | 95) + 2102 | 95 E 3123 | 90 31 847 | 20 34971 | 10 32 128 70 | + 2842 | 409 E s ea 14712 | 90 127 208 | 80 141 921 | 70 143604 | 60 | 1682 | 90 D 7906 | 60 68 378 | 50 76 285 | 10 73 309 | 40 | + 2975 | 70 D e a 5273 | 50 44 816 | 50 59 090 | 53414 | 80 | 3324 | 80 c 16 544 | 50 135 454 | 40 151 998 | 90 147132 [30 | + 4866 | 60 15) Halle e 7 645 | 20 G0 189 | 73 434 | 20 T0205 (G0 | l 198 56 O 11887 | 30 98 457 | 80 110 295-| 10 100 581 (50 1 +- 9713 | 60 e C 6180 | 50 49 197 | 60 55 378 | 10 60459 | 10 | 50B1 | ai B c C 5 006 | 10 48158 | 50 53 164 | 60 00 588 | 01 + 2575 |90 19) Münster V 1670 | 30 17 724 | 20 19 394 | 50 17 999 | S0 1+ 1394 | 70 20) Minden C 4 903 | 50 38 999 | 50 3903 | 45 641 | 40 | 1738 | 40 B ac 18 089 | 30 149218 | 80 158 308 | 10 158 405 | 90 | 97 | 80 E S 4 995 | 70 33 306 | 60 41 302 j 30 36965 | 20} + 4337 | 10 2D) A 26 644 | 95 249 823 | 50 276 468 | 45 282 308 | 30 | 5839 | 85 C 16 278 | 50 134 093 | 20 150 361 170 145 371 | 15 4 - 5000| 56 E 7821 | 80 61 779 | 45 69 601 | 25 69 699 | | V 76 De E 3069 | 20 98 201 | 30 31270 | 50 32241 30| 953 | 80 E, U 36011 | 30 312061 | 50 348 072 | 80 357 423 | 10 | 99350 | 30 D 2544 | 80 20 860 | 23 404 | 80 O M8 B id E 11 985 | 90 104 750 | 80 116 736 | 70 117310 101 079 40 D 38456 | 15 331 170 | 90 369 627 | 05 368 912 | 45 | + 814 | 60 D R G 20389 | 20 160 233 | 60 180 622 | 80 179 562 | 10 | 4 1060 | 70 32) Konstanz N 6012 | 10 47068 | 50 53 080 | 60 54 703 | 00 | 1622 | 90 Dc S 12087 | 10 99 065 | 05 111.152 | 15 114165 80 1 9012 | 65 E 3366 | 18 966 | 95 2221 99 22916 | 301 594 | 35 35) Oldenburg N 3450 | 70 31463 | 34913 | 70 3494| 30| | 60 O S 7429 | 40 48 404 | 60 55 834 | 02385. S0 1 4+ 83450 | 20 37) Bremen S 17104 | 20 152 275 | 45 169 379 | 65 154559 | 30 | +4 14820 | 35 S ed C 66 578 | 20 O2 COC | 10 039 3(5. | 30 661405 | 75 | 22030 | 45 I A V v e 19 804 | 80 163 816 | 133 620 | 80 179 599 | 20 | + 4021 |: 60 40) Metz S 3963 | 30 30092 | 10 39 055 | 40 39938 | 60} 878 | 20 Summe I. 929 582 | 35 4531 623 | 59 5 067 205 | 90 4977 239 | 58 | + 89966 | 32 e 47725 | 60 388 269 | 30 435 994 | 90 416 443 | 401 4 19551 | 50 U Dit 23312 | 59 178 274 | 80 201 587 | 35 190462! 85 | 4+ :11 124 | 60

Ueberhaupt 83 | +

| 600 620 | 50 |

Berlin, im Februar 1884.

5104167 | 65 |

D (04788 | 15 | 9 904 145 8 120 642 | 32

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Haupt-Buchhalterei des Reihs-Schaßamts, Biester.

Nichtamlliches.

Preuten, Berlin, 21. Februar. m weiteren Verlaufe der gestrigen (sö1,) Sißung des Haufes der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Ent- WUss einer Kreisordnung. für dit Provinz Hannover und des Geseßentwurfs, betreffend die Ein- führung der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 in der Provinz Hannover, mit der Diskussion über } 24 fortgeseßt. : E ; S

Nach dem Abg. Frhrn. von Grote ergriff der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister von Puttkamer das Wort:

Meine Herren! Ich will mir nur erlauben, von den Ausfüh- rungen des Herrn Vorredners eine noch etwas dur thatsächlicbe Ansührungen zu beleuchten, beziehungsweise, wie ih hoffe, zu wider- legen N Es kommt mir darauf an, festzustellen, daß die Behauptung des Herrn Vorredners, daß der hannövershe Provinzial-Landtag gewisser- maßen nur ftillshweigend über diese Frage der Organisation der ört- lihen Polizeiverwaltung hinweggegangen sei und sich nur passiv ihr gegenüber verhalten habe, doch nicht zutrifft. Ich darf mir ge- statten, in ganz kurzen Worten daran zu erinnern, wenn die betreffende Vorlage gerade in diesem Punkte von dem hannövershen Provinzial-Landtag behandelt worden is. Meine Herren! In der Generalditkussion hat allerdings ein Mit- glied, und zwar cin Staatsbeamter, darauf aufmerïsam gemacht, daß seiner Meinung nach, es \{chwierig sein würde, daß in den neu zu formirenden Kreisen der Landrath wirksam die Ortspolizei würde ausüben können. Die betreffende Stelle des Herrn Redners heißt:

Der Landrath sei seines Erachtens in manchen Kreisen nicht im Stande, die Polizeiverwaltung nur mit Hülfe der Gemeinde- vorsteher zu führen. Sie würde eventuell nur mit großen Unzu- träglihkeiten für den kleinen Mann verbunden fein, und eins der {chädlichsten Werke bilden, die man schaffen könne. E

Meine Herren ! Diesem Redner gegenüber, der, wie ih wieder- hole, ein unmittelbarer Königlicher Staatsbeamter ist, hat nun ein Eiagesessener aus der Provinz, und zwar Jemand, meine Herren, dem der Vorwurf des Nationalliberalismus gewiß am allerwenigsten ge- macht werden kann, nämlih Hr. Frhr. con Hammerstein-Loxten ih denke, der Name wird dem Herrn wohl, auch dem Hrn. von Grote, bekannt sein. (Abg. Dr. Windthorst: Er ift nationalliberal.) Na, das ist mir ja ganz neu ?

Meine Herren! Verzethen Sie, dieser Zwischenruf des Hrn. Abg. Dr, Windthorst verseßi mi unwiderstehlicz in eine gewisse Heiterkeit. Denn wer dem Hrn. von Hammerstein nationalliberale Belleität im- putirt, der muß allerdings von dieser politishen Richtung cine fo ungeheure Meinung haben, daß ic dahin zu folgen gänzlich pur Stande bin. Also, Hr. von Hammerstein um wieder ernft- haft auf die Sache zurückzukommen ift ein Mann, der erstens ganz genau mit den Verhältnissen seiner Heimathsprovinz bekannt ift, der zweitens in den hinter ihm liegenden politishen Verhältnissen, wie ih behaupten kann, seine Treue und Pietät bewahrt hat, ein politisch durchaus konservativer Mann, der allerdings, wie ja au der Freiherr von Grote es als nit unzulässig von der Tribüne bezeichnet hat, sich für verpflichtet hält, so wie sich die Verhältnisse gestaltet Yaben, an dem öffentlichen Dienst in sciner Provinz theilzunehmen

und fich den öffentlichen Angelegenheiten nicht zu entziehen also für mich eine sehr glaubwürdige unck gewichtige Autorität, Dieser Herr hat in Erwiderung auf das, was der Regierungsbeamte gesagt hat, geäußert :

Wenn der betreffende Herr nun, den Namen brauche ih ni&t zu nennen, doch, ih kann ihn ja auch anführen; es ist der Amts- hauptmann Megierungs8-Rath Stegemann.

Wenn der betreffende Herr glaube, die Landräthe feien nicht im Stande, mit den Gemeintevorstehern die Polizei durchzuführen, so sei er anderer Anficht. Wenn der Beamte seine Geschäfte nur mit Lust und Liebe erfülle, werde er dieselben nach seinen, des Herrn Redners, ausgcdehnten Kenntnissen der Verbält- isse in der Provinz genugsam bewältigen können, umso- mehr aber, fofern sih das Institut der Sammtgemeinden weiter ausbilde. Sehr bedenklih erscheine die Einschiebuug von Amtsvorstchern, da sie jedenfalls die Vergrößerung der projek- tirten Kreise zar Folge habe, wozu die Regierung eventuell auch mit Fug und Recht schreiten könne.

Nun, meine Herren, dies sind die beiden Bemerkungen gewesen, welche in Bezichung auf diesen Gegenstand gewechselt worden sind bei der Generaldiëfkussion über die Kreisordnung. Damit ist die Sache so sehr als abgethan erachtet worden in dem Gesammturtheil des Provinzial-Landtags, daß derselbe in der Spezialdiskussion auf den 8. 24, welcen die Negierungsvorlage wegen Uebernahme der Orts- polizei durch den Landrath enthielt, gar niht mehr zurückgekommen ist, und s{licßlich6 die Kreitordnung mit dem §. 24 einstimmig an- genommen hat.

Ich glaube, das ift ein mehr als vollgiltiger Beweis dafür, daß der Provinzial-Landtag keineswegs bloß schweigend an der Sache vorüber gegangen war, sondern daß er sich damals durch die Diskussion über- zeugt hat, dieser Vorschlag der Regierung sei richtig, und daß er durch seine einstimmige Annahme ihm seine Sanktion ertheilt hat. Ich muß daher wiederholen, daß meincs Erachtens die Ausführungen des Herrn Vorredners unzutreffend sind, und ih lege Werth darauf, das noch ausdrütlih zu konstatiren.

Der Abg. Lauenstein erklärte, auf die Gründe, weswegen er die Amtsvorsteher für Hannover nicht geeignet halte, brauche er niht nochmals einzugehen. Er glaube, die Zahl derer, welche die Amtsvorsteher eingesührt sehen wollten, jei eine sehr geringe. Dem Abg. Dr. Gneist, welcher der Provinz Hannover für den Fall, daß sie die Kreisordnung ohne die Amtsvorsteher einführe, \{limme Dinge prophezeit habe, müsse er aber erwidern, daß der Abg. Guneist sür diese seine Prophezeiung wenig Glauben finden werde. Es würde eine Versumpfung der Verwaltung eintreten, habe der Abg. Gneist gesagt; nun, er (Redner) sei aber doch der Meinung, daß sih in Hannover die Ortspolizei in sehr guten Händen befinde. Die Selbstverwaltung in der Lokal- instanz jei in den hannövershen Gemeinden, den Amts- gemeinden, wie den Amtsverbänden, wohl bekannt, und es fehle dort nicht an Leuten, die darin große Uebung hätten. Ganz und garnicht fürchte er, daß die Polizeiverwaltung in die Hände der Subalternen fallen werde, sondern er halte dafür, daß der Landrath diese auch zu seinen wichtigen Funktionen rechnen werde. Der Abg. von Grote habe hier darauf hingewiesen, der Grund dafür, daß sih im Provinzial-

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Landtage für den Amtsvorsteher von keiner Seite Vertheidiger gefunden hätten, sei in dem Umstande zu suchen, daß dort die Majo- rität auf Seiten der Nationalliberalen gewesen sei, und daß die Frage nah politishen Gründen entschieden worden wäre. Die Freunde des Abg. von Grote hätten doch aber sonst gewiß keine Ge- legenheit unterlassen, ihre Meinung laut kundzugeben. Davon, daß die Regierung den Nationalliberalen in Hannover Vor- {ub leisten solle, habe er nihts gemerkt. Er erinnere nur an die Verhandlungen in Betreff der Wahl seines Freundes Köhler. Jn der That habe der Abg. von Grote seiner Hei- mathsprovinz einen s{lechten Dienst damit erwiesen, daß der- selbe öffentlih von der Tribüne die Regierung aufgefordert habe, für Hannover größere Kreise zu bilden. Niemand in der Provinz wünsche dies, denn man wünsche einen unmittel- baren Verkehr zwischen Beamten und Gemeinden. Der §8, 24a sei für ihn unannehmbar, weil er glaube, daß die Ver- mittlung, welche dadurch angestrebt werden solle, nach vielen Seiten hin eine unglückliche und geradezu bedenkliche sei. Er lasse dahin gestellt, ob aus der Verfassung bestimmte Gründe für den §. 24a entnommen werden fönnten. Vom einfach Fonstitutionellen Standpunkte aus sollte man die Regelung ziner Materie, welhe im Wege der Geseßgebung zu ordnen sei, nur dann der Königlichen Verordnung überlassen, wenn ge- nügende Gründe vorlägen. Dies sei aber niht der Fall. Wenn die Anschauungen in der Provinz \sih so total ändern und der Provinzial-Landtag wirklich die Einführung der Amts- vorsteher beantragen sollte, so könnte diese Acnderung ohne alle Nachtheile geseßlih getroffen werden, zumal da nebenher noch eine große Anzahl der vorhandenen Paragraphen ge- ändert, und wegen der dann nothwendigen Aenderung der Kreisbildung eine größere Anzahl von Paragraphen neu auf- genommen werden müßte. Es wäre doch eine unbegreifliche Zumuthung, daß dabei die Landesvertretung auf ihr Zu- stimmungsreht verzichten sollte, Man wisse noch gar nicht, ob und wie die Verhältnisse und Anschauungen sich ändern würden, und doch wolle man Alles im Voraus der Krone überlassen. Das gehe nah seinem konstitutionellen Gewissen zu weit. Wenn man diesen Paragraphen annehme, so schaffe man ein neues Provisoriura, weil eine Abänderung der jeßigen organisatorishen Regelung sofort in Ausficht genommen erden müßte. Darin liege ein Keim zu einer Agitation, welche von den Kreistagen bis zum Provinzial-Landtag sih erstrecken werde. Er bitte daher, den § 24a abzulehnen.

__Der Abg. von Wedell (Piesdorf) bemerkte, die bisherigen Erfahrungen in Hannover zeigten, daß es wohl möglich sei, auch von entfernteren Stellen die Polizei in zufriedenstellender Weise zu führen. Allerdings habe dies System auch seine Mängel, ob man aber an dessen Stelle das Jnstitut der Amtsvorsteher seßen solle, sei eine andere Frage. Es habe die Eigenthümlichkeit eines gewissen laisser faire, Der Amkts- vorsteher sei niht geneiat, wie ein Beamter, s{harf überall einzugreifen, Für die östlihen Provinzen sei dies Jnstitut das geeignetste, welches man habe finden können. Jm Osten habe man nicht das Bedürfniß einer srammen und, wenn man wolle, vexatorishen Polizeiverwaltung. Jn Hannover dagegen sei man gewohnt, in mehr oder weniger scharfer Weise von Beamten regiert zu werden. Deshalb sollte man den Hannoveranern nicht gegen ihren Willen die Amts- vorsteher aufdrängen. Db die Rheinprovinz auch die Amt1s3- vorsteher werde haben wollen, wisse er niht. Seine Partei werde den Rheinländern das geben, was sie wünschten. tun könne aber in Hannover früher oder später der Wunsch eintreten, die Amtsvorsteher eingeführt zu sehen, und da sei es wichtig, die Möglichkeit zu gewähren, diesen Wunsch zu erfüllen, ohne den schwierigen Weg der Geseh- gebung zu betreten. Das Material für die Amtsvorsteher sei îin Hannover so gut vorhanden, wie in anderen Pro- vinzen. Er habe auch keine politishen Bedenken gegen die Hannoveraner, welche dem Alten noch anhingen, denn die Funktionen eines Amtsvorstehers hätten mit der Politik nichts zu thun, so daß er auch den eisrigsten Anhänger der früheren hannövershen Zustände zum Amtsvorsteher machen möchte. Auch staatsrehtlih sei dieser Paragraph unbedenklich. Habe die Kommission doch der Krone vorbehalten, durch Verord- nung die ganze Kreisordnung in Posen einzuführen. Man sei damals weiter gegangen wie jet. Auch eine Agitation befürhte er niht. Wenn einmal in Hannover die öffentliche Yieinung die Amtsvorstehèr verlangen werde, so werde sich eine Agitation auch für eine geseßlihe Einführung der Amts- vorsteher geltend machen. Deshalb bitte er die Regierung, diesem Paragraphen keinen nachhaltigen Widerstand entgegen zu seßen, und das Haus, denselben anzunehmen.

Der Abg. Dr. Hänel erklärte, der Abg. Ludowieg lasse ihm unter Berusung auf einen stenographischen Bericht, der nur ein gefälshter Bericht sein könne, die Aeußerung in der Generaldebatte thun, das Jnstitut der Amtsvorsteher sei von Hannover aus nach den östlihen Provinzen inmportirt worden. Nie habe er sich unterstanden, so etwas zu sagen; es bewiese das eine so totale Unkenntniß der nächstliegenden Verhältnisse er bedauer-, dem Abg. Ludowieg gegenüber etwas dreist sein zu müssen wie er sie sih in der That bisher niht habe zu Schulden kommen lassen. Er habe gesagt, daß die hannövershen Abgeordneten, Miquel an der Spite, in diesen Organisationsfragen sih die Führung an- geeignet hätten: wolle der Abg. Ludoiwieg das bestreiten, so zeugten Hunderte gegen ihn. Er habe den Hauptsaß Mique!s zitirt, daß es zwischen der Zwerggemeinde und dem Kreije einer kommunalen Mittelinstanz bedürfe, entweder einer Sammtgemeinde, oder, so lange man die nicht habe, eines Amtsvorstehers als Aushilfsmittels. Diese Deduktionen Miguels, habe er (Redner) ausgeführt, hätten die Mehrheit des Hauses für die Konstruktion der Kreisordnung gewonnen, und habe er hinzugefügt, daß der Amtsausshuß und der Amts- vorsteher ganz einfa nach hannövershem Muster ein- gerichtet seien, daß dieser Gedanke wesentlich unter hannö- verscher Führung und nah hannövershem Muster natür- lih in Bezug auf den Amtsausshuß nach den Ostprovinzen importirt sei, und nun wieder nah dem östlihen Muster von Osten nah Hannover importirt werden solle. Nun heiße es auf einmal: um Gotleswillen vershone man Hannovex mit

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