Diesem Muster, das der Osten selbst von Hannover bezogen habe! Das habe er gesagt und halte es aufrecht. Die Abgg. Ludowieg und Lauenstein hätten gesagt, der Z. 24a gehe gegen ibr fonstitutionelles Gewissen. Es nöge sehr fein sein dieses Gewissen; er fürchte, sie hätten es immer nur ad hoc, Das seinige wenigstens habe gegen §. 24a nicht das Mindeste ein- Zuwenden, zumal man eine ganz analoge Bestimmung in Bezug auf die Provinz Poser: habe. Der F. 24a enthalte au feine allgemeine Ermärhtigung, Geseße im Wege der Verordnung durh den König zu machen, sondern es heiße darin, daß das Jnstitut der Amtsvorsteher nah Maßgabe der Bestimmungen der Kreisordnung durch Königliche Verordnung «uf Antrag des Provinzial-Landtags zu erfolgen habe. Die chBirfung dieser Königliten Verordnung beziehe sich also nur auf den Einführungstermin für einen bestimmten Theil des Gefeßes, jeder andere materielle Jnhalt sei ausgeschlossen. Wie wolle Ai denn das fonstitutionelle Gewissen der Herren mit dem §. 29 abfinden, der den Distriktskommijsar durch Ministerialverord- nung einführe, also etwas viel Schlimmeres, Krasseres vor- \chreibe? Unmöglich könne doch Jemand, der gegen 8. 24a. - Tonstitutionclle Bedenken habe, für §. 29 stimmen. Staunen ergreife ihn bei dieser Verhandlung über — wie solle er fagen — den nicht guten Willen, Gott bewahre ihn zu sagen, die Unfähigkeit, das Jnstitut der Amtsvorsteher in feinem wahren Gehalt darzustellen, und das Wunderbare sei, daß gerade der Minister des Junern dur seine Darstellung den Biderstand der Hannoveraner gegen das Jnstitut rechtfertige. Wenn die Auffassung des Ministers von den Amtsvorstehern richtig wäre, so könnte er die Abneigung der Hannoveraner dagegen verstehen, der Minister thue fo, als ob die Amtsvor- Ateher ein eigentli aristokratishes Element seien, als ob der Amtsvorsteher immer identish mit dem großen Gutsbesißer wäre. Das sei falsch. Wo bleibe denn da die (Ge- “meinde? Das FJnstitut sei doch wesentlich die Jn- Tommunalisirung der örtlichen Polizeiverwaltung. Der Widerstand der Hannoveraner sei eben zum Theil ein ganz künstlicher, beruhend auf dem Vexrkennen der wirklichen Verhältnisse. Die Hannoveraner nähmen die Vorlage au nur mit s{chwerem Herzen an, weil sie dächten, später könne ihnen sonst noch Schlimmeres passiren. Wenn sie aber jeßt noch einige Jahre warteten, bis die Kreisordnungen für diejenigen Provinzen komnien würden, bei denen die Regie- xung nothwendigerweise die örtliche Polizeiverwaltung an die Kommunen anknüpfen müsse, was würde ihnen das dann \{haden? Aus Opposition gegen die Nichtkommunalisirung der Ortspolizei wolle seine Partei die Möglichkeit der Ein- führung der Amtsvorsteherschast. Alle, die ein Interesse oder gar ein Necht auf kommunale Verwaltung der Ortspolizei Hätten, müßten mit seiner Partei stimmen. Diese Nichtein- Führung der Amtsvorsteher in Hannover sei nicht nur den Prinzipien der Kreisordnung, sie sei jeder gesunden fommu- nalen Entwickelung zuwider, und deshalb werde seine Partei einer derartigen Kreisordnung nicht zustimmen. Benn cine Kommunalverwaltung ihre Polizei in fremde büreaukratische Hände lege, heiße das nihts anderes, als daß die Gemeinde das Geld gebe, und die Herren Staatsbeamten damit wirthshafteten. Dies gelte gerade am meisten von der Wohlfahrtspolizei auf dem Lande. Nun gebe ær ja zu, daß mit §8. 24 a. eigentli nihts gewonnen sei. Es sei der Versuch, einer künftigen Geseßgebung eine gewisse Direktive zu geben ; denn daß derselbe ausführbar wäre, ohne daß eigentlih Neues in dieser Geseßgebung hinzutrete, davon FXönne gar feine Nede sein. Aber §. 24a. sei auh das I1egislatorishe Dokument, das man den hannoverishen Parti- fularitäten zugestehe ; daß das, was hier geschaffen werde, nicht in Konsequenz gezogen werden solle. Dafür sei dieser Para- graph äußerst wichtig. Es heiße: Diese hannoverischen Par- tifularisten hätten durhaus etwas Partikutaristishes der han- növerishen Geseßgebung abgetroßt. Aber den Gedanken: „Gott bewahre uns, daß man diesen Partikularismus auf die «anderen Provinzen ausdehnt !“ finde er auch in §. 24a, angedeutet, darum nehme er denselben an und halte diefe Andeutung für viel wichtiger als alle formellen Bedenken.
Die Diskussion wurde ge\{lossen.
Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte (persönlich) dem Abg. Hänel gegenüber, daß die eigentlichen Partikularisten in die- Fer Frage nicht im Centrum, sondern bei den Nationallibe- -Talen säßen. Der Minister habe versichert, daß der Abg. von Hammerstein-Loxten sein Vertrauen besiße. Auch er vertraue demselben voll und ganz, weil er denselben für einen der ehrenhastesten Männer Preußens halte. Aber in dieser Sache Habe derselde sih ganz der nationalliberalen Anschauung an- geschlossen.
Der Abg. von Lenthe erklärte, daß der Provinzial-Land- tag dem Vorschlage der Regierung nur zugestimmt hade, weil derselbe das Jnstitut der Amtsvorsteher nit gekannt habe.
Der Abg. Frhr. von Zedliß und Neukirch (Mühlhausen) betonte, durch den Schlußantrag sei er verhindert worden, Den von ihm gestellten Antrag zu begründen. Er werde sich diese Freundlihkeit merken, Dieselbe erkläre sich vielleicht daraus, daß der Abg. von Nauchhaupt sich vor einer Kritik Des Antrages Abg. von Rauchhaupt gefürchtet habe.
Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, er könne dem Abg. von Zedlig versichern, daß nicht die Furt vor seiner Kritik Feine Partei bewogen habe, den Schlußantrag zu unterstüßen. Seine Partei habe die Sache für völlig erschöpft gehaïten und geglaubt, daß auch die Freikonservativen keinen neuen Grund Teizubringen vermsösckten.
Der Abg. Frhr. von Zedliß und Keukirh (Mühlhausen) xntgegnete, der Abg. von Rauchyaupt beweise nur, daß der “selbe die Sache nit ordentli verstehe. Allerdings ließen Fh noch neue Gründe geaen den Paragraphen beibringen, durch den das Verordnungsrecht der Krone in außergewöhn- liher Weise beschränkt werde.
Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, es sei ein Unterschied zwischen falschen und rihtigen Gründen. Was der Äbg. von Zedliß jebt gesagt, beweise nur, daß derselbe gewillt gewesen Zei, dem Hause etwas Falsches vorzutragen.
u besonderer Abstimaung wurde hierauf der Antrag von Zedliß abgelehnt und §. 24a. mit 169 gegen 120 Stim-
Men angenommen.
Die §8. 5—28 wurden ohne Debatte genehmigt.
8. 29 lautet nah der Fassuna der Kommission :
Die im §. 78 Absatz 3 der Hannoverschen Städteordnung vom 24. Juni 1858 begründete Befugniß der Regierung, den Bezirk der
für eine Stadt beftehenden Portizeiverwaltung im Falle des Be- dürfnisses über die Grenzen des ©tadtgebietes hinaus zu erstrecken, N nes Provinzialrathe im Einverständnisse mit dem Minisier
3 Innern zu; an den betreffenden, gegenwärtig bestehenden Ver- hältaissen wird nihts geändert. Auch ift der Minister des Innern befugt, für ostfriesishe Inseln, für das Jadegebiet, sowie für Theile
der Kreise Ilfeld, Bleckede, Ofterkolz und Grafshaft Bentheim die örtliche Polizeiverwaltuxig besonderen Staatsbeamten — Hülfs- beamten des Landrathes — zu übertragen. Dasselbe gilt auch für Theile anderer Kreise, falls der Kreistag darauf anträgt und der Proxrinzialrath zustimt.
Die Gemeindc- und Gutsvorsteher des betreffenden Distriktes sind in diesem Falle verbunden, den Anweisungen und Kusfträgen des Hülfsbeamten, welche derselbe in Gemäßheit feiner gesetliwen Befugnisse in Dieftangelegenheiten an sie erläßt, nawzukommen und Fönnen hierzu von ihm, unter Anwendung der den Ortspolizeibehörden nach 8. 132 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 zustehenden Zwangsmittel, mit Ausnahme der Hafitstrafe, angehalten werden.
Ein Ordnungéstrafrecht gegen die Gemeinde- und Gutsvor- fteher, sowie die Befugniß zum Erlasse ortépolizeilicher Vorschriften (8. 5 der Verordnung vom 20. September 1867, Ges.-Samml. S. 1529) steht dem Hülfsbeamten nit zu. Auch verblicibt dem Landrathe die Befugniß, in dem Distrikte des Hülfsbeamten als Ortspolizeibehörde unmittelbar einzuschreiten.
Hierzu beantragte der Abg. Barth, zu den Kreisen, in denen Hülfsbeamte mit der örtlichen Polizeiverwaltung betraut werden sollen, „Geestemünde“ hinzuzufügen.
Ferner beantragte der Abg. Dr. Windthorst :
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :
die Schlußworte des ersten Absatzes, den die Kommission beantragt habe: „dasselbe gilt auch für Theile anderer Kreise, falls der Kreistag darauf anträgt und der Provinziairath zustimmt“ zu \treichen.
Der Abg. Dr. Windthorst glaubte, daß die Kommission versucht habe, durch den von ihr beantragten Zusaß die Lüdte auszufüllen, die durch den Wegfall des Jnstituts der Anits- vorsteher entstanden sei. Allerdings werde si das Bedürfniß einer besseren Wahrnehmung der Ortspolizei sehr bald fühl- bar machen. Der zukünftige Laydrath in Hannover werde dazu von seinem Amtssiß aus niht im Stande sein. Der Abg. von Meyer habe ganz Necht, wenn derselbe den Landrath als einen Distriltskommissarius charakterisire. Der Landrath werde versuchen mit dem Landgensd'armen die Aufgaben der Ortspolizei zu erfüllen, Da nun der Landgensd'arm mehr unterwegs sei als der Landrath, so werde der eigentliche Träger der Ortspolizei der ambulirende Gensd'arm werden, ihn werde man in Hannover an Stelle der alten, guten: Poli- zeiverwaltung erhalten. (Zuruf: Amtsvögte.) Van habe aller- dings die Amtsvögte gehabt, aber auch das Bemühen, diejelben, soweit möglich, zu entfernen. Er bleibe deshalb dabei, daß man in Hannover Amtsvorsteher erhalten oder Institutionen schaffen müsse, die es exmöglicten, die Ortspolizei auf fommunale Organe zu übertragen. Die Bürgermeister hier im Hause hätten gut reden. Sie hätten in der Stadt die Polizei in der Hand. Der Abg. Hänel habe ihnen deshalb mit Recht zugerusfen : Was man in den Städten habe, müsse ouch dem Lande ge- geben werden. Nach den Erklärungen des Abg. von Grote begreife er niht, wie man sih noch auf das Votum des Pro- vinzial-Landtags beziehen könne, der speziell über diese Frage gar nicht abgestimmt habe. Auch ihm hätten Mitglieder des Landtags erzählt, daß sie von der Bedeutung des Amts- vorstehers keine richtige Vorstellung gehabt hätten. Die Neden, die man heute von allen Parteien gehört habe, bewiesen, daß das Jnstitut der Amtsvorsteher die wesentliche Grundlage der Selbstverwaltung sei. Recht bedauere er, daß der Abg. Ludowieg erklärt habe, Hannover sei niht im Stande, die Aufgabe des Amtsvorstehers zu erfüllen. Der Abg. von Grote sollte dcch einmal hingehen in die Gegenden, w9 die Selbstverwaltung urwüchsig sei, z. V. in das Land Hadeln. Er wolle niht, daß die Ortspolizei in die Hand der Staatsbeamten gelegt werde. Der Abg. Schläger stimme dem zu ; das Leweise, daß ¿man in großen Städten anders dente, als in Einbeck und in Hameln. Sr als Hannoveraner würde si schämen, eine solhe Aeußerung zu thun, wie man sie vom Äbg. Ludowieg gehört. Den Zusaß, den die Koin- mission zu §. 29 gemacht habe, bitte er abzulehnen.
Der Abg. Dirichlet exklärte sh gegen den Zusaß der Kommission, weil der Kreisauss{uß durch denselben in die Lage gebracht werden könne, über die Verfügung des Larid- raths zu Gericht zu sißen. Sollte die Veberweisung der Klage an den Bezirksaus{chuß erfolgen, so würde dadurch eine Ver- s{leppung der Streitfrage eintreten.
Der Regierungs-Kommissar Geh. Ober-NRegierungsrath Haase erklärte, zuständig werde bei Streitigkeiten über der- artige Versügungen der Bezirksauss{huß sein ; einec Verschlep- pung derselben sei dadurch vorgebeugt, daz in den meisten dieser Fälle das Beschlußoerfahren an die Stelle des Streit- verfahrens getreten sei.
Der Abg. Frhr. von Zedliß und Neukirch (Mühlhausen) hielt den Zusaß der Kommission für unglücklich. Das Institut staatlicher Hülfsbeamtien dürfe nur ein äußersier Nothbehelf sein. Die Regierung habe auch nicht gefunden, daß ein Be- dürfniß über die einzelnen von ihr bezeichneten Fälle hinaus bestehe. Sollte sih weiter die Nothwendigkeit ergeben, Hülfs- beamte neben vem Landrath zu bestellen, so sollte von der Regierung der Weg eingeschlagen werden, daß ein Theil der polizeilihen Funktionen auf den Gemeindevorsteher übertragen werde.
Der Abg. Dr. Brüel! bat im Widerspruch mit dem Abg.
indthorst, den Kommissionsbeshluß anzunehmen. Die Re- gierung habe anfangs vorgeschlagen, daß es ihrem Ermessen anheimgestelt werde, in allen Kreisen jolhe Hülfs- beamte zu bestellen. Dagegen have sih der Pro- vinzial-Landiag in der richtigen Erkenntniß gewehrt, daß mit der Ertheilung einer solhen Befugniß der Polizei-
willkür Thür und Thor geöffnet werde. Die Regierung habe |
alsdann bestimmte Kreise bezeichnet, in denen die Einführung polizeilicher Hülfsbeamten nöthig sein werde. Die Kommission habe indessen befunden, daß außer den speziell bezeichneten Kreisen sich noch andere finden könnten, in denen die Be- stellung von Hülfsbeamten nöthig werde, um die Handhabung der örtlichen Polizei wirksam zu machen. Deshalb der Zusaß der Kommission, den er anzunehmen bitte.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte sih gegen den Zusaß, weil er eine tiefbegründete Abneigung gegen polizeilihe Sub- a.lternbeamte habe. Man lasse sih zu sehr durch dage Wörtlein „Hülfsbeamte“ bestehen, während es fih in Wahrheit um Su.balternbeamte handele, die aus den Militäranwärtern her- vorg.gangen seien.
Oer Regierungsfommissar Geheime Ober-Regierungs-Rath
Haase erklärte, daß die Regierung mit dem Antrage des Abg. Barth, einen folhen Hülssbeamten auch für Geestemünde zu bestellen, einverstanden jei.
Der Referent der Kommission! Abg. Barth führte in Schlußwort aus, daß, nachdem man bie Polizeiaufsiht dur) den Landrath angenommen habe, man nunmehr dem §. 29 ü der Kommissionsfassung zustimmen müsse, der namentli den
dur Wassersnoth bedrohten Landestheilen augenblickliche Hülfe durchch die Behörde schaffen wolle.
Die Di-kussion wurde geschlossen. In persönliher Bemerkung wandten sih die Abgg.
Ludowieg, Lauenstein und von Eynern gegen den Abg. Windt- horst mit dem dringenden Ersuchen, sie mit persönlicher Kritik und unsaclihen Angriffen zu verschonen.
Der Abg. Lauenstein bezeichnete dieselben, soweit sie der
Aba. Windthorst „in seinem Verdruß“ gegen ihn gerichtet, als unwahre Verdächtigungen.
Der Abg. von Eynern verwahrte sich dagegen, daß der
Abg. Windthorst ihm die Einmischung in hannöversche Ver- hältnisse zu untersagen si herausgenommen habe.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er Dershränke dem
Abg. von Eynern dieses Necht keineswegs; der Abg. von Eynern solle es aber in der Reihenfolge der Redner, nicht dur Interjektionen wahrnehmen, und er (Redner) werde sich die Erlaubniß nehmen, den Abg. von Eynern ferner zur Ord- nung zu verweisen, wenn er solche Ünterbrehungen mache. Er (Redner) sei auch keineswegs ärgerlih, auch nicht verdrieß- lich, im Gegentheil sehr vergnügt gestimmt, weil die Debatten von gestern und heute in der Heimath darüber aufklären würden, wer die alten Fnstitutionen vertreie und wer sie zer-: stóre; daß Leßteres vorwiegend von den Bürgermeistern ge- \hehe, müsse ebenfalls in der Heimath erkannt werden. Die- Bürgermeister seien heute wie gestern für diese bureaukratische Kreisordnung eingetreten und wenn sie ferner im Provinzial- Landtag das Regiment führen würden, so würden die Hülfs- beamten in übergroßer Zahl ernannt werden. Das sei keine Pes sondern eine Darstellung der wirklihen That- achen.
Der Abg. von Eynern verbat sich ein für allemal die
Anmaßung des Abg. Windthorst, ihn zur Ordnung zu ver- weisen.
Der Antrag Barth auf Einschaltung von Geestemünde
wurde angenommen, evenso der Antrag Windthorst; §8. 29 wurde mit großer Majorität in dieser Fassung genehmigt, des-: gleichen 88. 30—72., 8. 73 lautet nach der Vorlage, dem sich die Kommission: angeschlossen hatte : Der Landrath beruft die Kreistag8abgeordneten zum Kreistage-
durch bcsondere Einladungsfchreiben, unter Angabe der zu verhan-
delnden Gegenstände, führt auf demselben den Vorsitz, leitet die-
Verhandlungen und handhabt die Ordnung in der Versammlung. Fn Behinderungsfällen übernimmt der dem Dienst- bezichungsweise Lebensalter nach älteste aawesende Kreisdeputirte den Vorsiß.
Mil Ausnahme dringender Fälle, in welchen die Frist bis zu drei Tagen abgekürzt werden darf, muß die Einladung sämmtlichen Kreistagsabgeordneten mir.destens 14 Tage vorher zugestellt werden. Gegenstände, die niht in die Einladung zum Kreistage aufgenommen sind, können zwar zur Berathung gelangen, die Fassung cines bin- venden Bes{lusses über dieselben darf jedoch erst auf dem nächsten Kreistage erfolgen.
Anträge von Kreistagéabgeordneten auf Berathung einzelner"
Gegenstände sind bei dem Landrathe anzubringen und in die Ein-
ladung zum nächsten Kreistage aufzunehmen, insofern sie vor Erlaß: der Einladungs\schreiben eingehen. Der Landrath ist verpflichtet,
jährli wenigstens einen Kreistag anzuberaumen, außerdem aber ist er hierzu berechtigt, so oft es die Geschäfte erfordern. Die Zu- \ammenberufung des Kreistages muß erfolgen, sobald dieselbe von einem Viertel der Kreistagsabgeordneten oder von dem Kreis8- aus\cbufse verlangt wird.
Von einem jeden anzusetßzenden Kreistage hat der Landrath dem Rezierungs-Präsidenten unter Einsendung einer Abschrift des Ein- ladavgEschreibens Anzeige zu machen.
Der Abg. von Meyer (Arnswalde) bemerkte, der Land-- rath sei in der alten Kreisordnung {hon ziemli kalt gestellt, und nux das Herkommen, das besser sei, als das Geseß, habe: den Landrath vor einer gründlichen Erschütterung seiner Stell.1ng bewahrt. Jn Hannover dürfte es dem Landrath sehr viel s{hlehter gehen, wenn derselbe, wie §8. 73 vorschreibe,. ouf vem Kreistag kein Stimmreckht haben solle. Nehme man dazu, daf der Landrath jeßt, wo ihm die Ortspolizei übertragen werde, zu einem Suhalternen der Amtsrichter gemacht sei, die seine Thätigkeit vollsiändig aufheben könnten, daß ferner der Landrath. über die Städte von 4—10 000 Seelen niht mehr die Auf- sicht führe, so sollte es do den Hannoveranern nur angenehm sein, dem Landrathe wenigstens im Kreistage Stimmrecht zu- geben. Auf die Wahl in den Kreistag, die der Landrath doch- nit zu erwarten habe, sollte man ihn nicht vertrösten. Es sei ja schon eine Anomalie, daß ihm das Stimmrecht nicht ohne: Weiteres zustehe. Am Rhein dürfe jeder Bürgermeister in der Gemeindeversammlung mitstimmen, auch wenn derselbe büreaukratisch ernannt sei, gebe er auh bei Stimmengleichheil den Ausschlag. Er (Redner) empfehle den Hannoveranern, folhen Antrag zur dritten Lesung zu stellen. Man habe ja. diese ganze Stellung aus besonderen konstitutionellen Gesichts- punkten dem Landrath gegeben; der Landrath solle im Kreis- tage Parlament und Minister spielen ; seine Hauptaufgabe- solle, wie in der Nationalversammlung ein demokratisches Mitglied einmal bezüglich der Minister gesagt habe, darin be- stehen, sich in der Kammer angreifen zu lassen. chm scheine: es aber ganz ungefährlih, au einem büreaukratishen Land- rath Unparteilichkeit zuzutrauen. Seien doch auch sämmtliche Präsidenten dieses Hauses, die auf Grund s{hwankender Ma- joritäten gewählt seien, stets unparteiish gewesen, und der Vorwurf der Parteilichkeit sei ihnen höchstens von ihren eigenen Parteigenossen gemacht worden.
8. 73, sowie der Rest des Geseßes wurden ohne Debatte
angenommen.
Die Kommission beantragte folgende Resolutionen :
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :
1) Das Haus der Abgeordneten bezeugt der Königlichen Staatsregierung den Wunsch, daß von der Befugniß, wele durch die Königliche Verordnung über die Polizetverwaltung in den neu erworbenen Provinzen vom 20. September 1867 dem Minister des Innern beigelegt ist, dahin,
in Gemeinden, in welchen die örtliche Polizeiverwaltung durch
eine Staatsbehörde oder einen Staatsbeamten geführt wird,
cinzelne Zweige der örtlichen Polizeiverwaltung den Gemeinden “zur eigenen Verwaltung unter Aufsicht des Staats zu überweisen, in der Provinz Hannover ein möglichst ausgiebiger Gebrau ge- macht werde, unbeschadet übrigens einer späteren geseßlichen Er- weiterung der ortspolizeilihen Befugniß der Gemeindevorsteher.
2) Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen , den Siy des Kreijes Linden na Wennigsen zu legen.
3) Die Königlithe Staatsregierung zu ersuhen, den Siß des Kreises Grafschaft Bentheim nach Neuenhaus zu legen.
Die ecste Resolution wurde ohne Diskussion angenommen.
Dagegen wurden die zweite und dritte Resolution ver-
worfen, nachdem sich der Abg. Dr, Müller (Hannover) gegen die erstere, der Abg. Or. Frhr. von Schorlemer-Alft gegen die leßtere erflärt hatten.
Damit war die zweite Berathung der Kreisordnung Für Hannover beendig Hierauf vertagte sich das Haus um 4!/4 Uhr auf
Donnerstag 11 Uhr.
— Die in der gestrigen (51.) Sißung des Hauses der Abgeordneten bei der zweiten Berathung des Ent- 8ordnung für die Provinz Han- bg. von Liebermann von dem Vize-Präsi- denten des StaatsMinisteriums, Staats-Minister von
kamer gehaltene Rede hatte folgenden W Fch erlaube mir, in diefem St
wurfs einer Krei nover nah dem A
adium der Dis- zwei Gründen: Erstens habe ih s um Entschuldigung zu bitten, wenn ih nachher wegen te mich cine Zeitlang entfernen muß
Meine Herren! on bereits das Wort zu nehmen aus das hohe Hau l unaufschiebbarer Staatsgeschäf und vielleicht niht mehr in der Lage bin, die nafolgende Zweitens aber haben die beiden Herren Vorredner, hören die Ehre hatte, so viel Gesichtspunkte in die t, daß ih den Standpunkt die Regierung dem §8. 24 und dem von der Kom- 24a gegenüber einzunehmen hat. daß die Kommission
Redner zu hören. die ich soeben zu Diskussion gebrach der Lage bin, der mission beschlossenez §. F konstatire also zunächst mit Befriedigung, den Grundgedanken der Vorlage, soweit er sih mit der Organisation der örtlichen Polizeiverwaltung beschäftigt, acceptirt hat, das heißt, die in Hannovec historish begründete Ortspolizeiv beamte aufrecht zu erhalien, und den Armtsvor seß nicht zu einem Institut zu erheben. Ich begrüße das ls, wenn der Bescbluß ein gegentheiliger die organische Einführung des gen haben sollte, ich natürli die Vorlage zur Umarbeitung weil die selbstverständliche
zu eniwickeln in
erwaltu-g durch Sraats- teher wenigstens in diesem Ge mit um so gröferer Freude, a gewesen wäre, wenn die Kommission Instituts der Amtsvorsteher vorgeschla die Bitte ausgesprochen haben würde, an die Negierung zurückgehen zu lasten, e die gewesen sein würde, wenn die Regierung über) er Amtsvorsteher in Hannover befreunden könnte, dann die Kreisbildung einer gründlichen Revision zu untecwerfen und die Einführung der jeßt von der Regierung acceptirt der Provinz in kleine Kreise rückgängig zu machen. wie ib mit Befriedigung konstatire, nicht der Fall, und ich habe mi daher im Wesentlichen mit dem §. 24 a zu beschäftigen.
Fh sehe ganz ab von dem Bedenken, welhes man gegen diesen eben könnte wegen seiner ganz außergewöhnlichen preußischen Geseßgebung ft, ein Programm aufzustellen und die dem- Ausführung dieses Programms in die Hände ver Krone zu legen mit Zustimmung eines provinziellen Organs. id mir die bisherige preußische Gesetzgebung vergegenwärtige, kann tch nur einen einzigen, alicrdings sehr wichtigen Vorgang ins Gedächtniß Das ist das Gesetz, welches in die Hände Sr. Majestät
die Befugniß nah dem
mit dem Institut d
en Eintheilung öIndcß das ift,
Paragraphen erh Fch glaube, daß es in der ganzen bisher ohne Vorgang i nächstige eventuelle
zurürufen. des Königs Gesichtspunkte, die Ernennung erbliber und lebenélänglicher Mitglieder gebunden Aber dieser Vorschlag geht doch darüber noch hinaus, denn er will cine künftige Regelung vorbehalten durch die Krone, in dem entgegengeseßten Sinne wie das zur Berathung stehende Gesetz ent- hält. Wie gesagt, meine Herren, ih kann ja von meinem Stand- ein Bedenken materieller Art hieraus nicht entnehmen, fenne an, daß das Haus mit dem Votiren eines solchen giren würde, welche die Macht- im Gegentheil
punkt aus denn ih er & 24a der Krone eine Befugniß dele( r Krone in keiner Weise beeinträchtigt, Fch würde also als Diener der Krone kein íInteresse haben, mich dagegen auszuspreben, aber ih habe mich für verpflichtet ge- Halten, auf diese außerordentliche parlamentarische Lage in Bezug auf L 24 a aufmerksam zu machen, damit nichi etwa der Vorwurf nach- ver erhoben würde, daß das von Seiten des verantwortlichen Ministers vernachläsigt worden wäre.
Indessen, meine Herren, ich kehre zu der Sache zurück und sage Wenn man den Saß aufstellt, daß bei einer Neuorga- ntlihen Ortêpolizeiverwaltung die beste chrenamtlihen Verwaltung sei, so darf ich kühnlih be solhe Bemerkung Niemandem gegenüb | denn ib bin von vornherein ein warmer Anhänger der Kreisordnusg von 1872 gewesen und habe mich bemüht, fie in den Grenzen der mir damals auferlegten amtlichen Befugnisse zur Durführung zu bringen. Œrlcuben Sie mir, meine Herren, daß ich zur Bekräftigung dessen, was ih \pâter gegen den §. 24 noch auszuführen habe, hier zu ecinnern an die historische Entwickelung, welche diese Angelegenheit in den Kreis- ordnungsprovinzen genommen hat. Als wir vor das große Problem ge- stellt waren, an die Stelle der dem Untergang verfallenen Patrimonial- öftliben Provinzen der Monarchie etwas zu segen, da erhoben {ich sofort dic großen Scbwierigkeiten, welcbe bei jeder Lösung einer großen politischen Aufgabe, eines großen sozialen In der Negation, in der Verwerfung war Alles einig mit daß, foviel i mich
tellung de
Folgendes: V nisation der lä Form die der
er überflüssiger wäre als mir,
polizei in den meine Herren,
Problems zu entstehen pflegen. und Aufhebung der alten gutsherrlichen Polizei sehr geringen Ausnahmen. der Sacwe entsinne, eigentlih der Führer der konservativ sition Hr. von Gerla§ der einzige war, der mit voller die alten ständischen Institute aufreht erhalten wollte. Also ih kann fagen, im Großen und Ganzen war Alles einig in der Bejahung der Nothwendigkeit, wir müssen die gutsherrlihe Polizei den gegenwär- tigen Verhältnissen gegenüber aufbeben. Aber nun entstand die große Frage: Was setzen wir an die Stelle? und da sind alle die Ge- sichtspunkte, die jeßt hier bei der Aufstellung der hannöverschen Kreisordnung erhoben werden müssen, auch damals naturgemäß zur Meine Herren, in den mitteleuropäischen Staaten mit unferen sozialen und Kulturverbältnissen giebt es meiner Meinung na nur drei Formen, in denen die Ortspolizeiverwaltung auf dem Lande geführt werden kann: entweder man seßt den höher ten Staatsbeamten, also nah unseren Begriffen den Landrath oder den Amtshauptmann an die Spiß giebt ihm etwa Hülfsbeamte zur Seite, die ihn aber nur als mecha- nische Hülfe unterstützen und erreicht damit eine Organisation auf einem größeren Gebiete, oder man theilt die bestehenden Kreise und auch die Aemter in wenige, aber iramerhin noch größere Bezirke und Übergiebt die Verwaltung dieser Bezirke bes oldeten Subalternbeamten — was i für die unvollkommenste Form erahten möchte — oder man wendet ch an die Opferwilligkeit der Eingescssenen selbst und kreirt das Institut einer ehrenamtlichen Polizei. Ich muß in Abrede stellen, daß die Verhältnisse im Jahre 1872 und die allgemeine Stimmung über die Einführung des Instituts der ehrenemtlihen Amtsvorsteher durchweg so gelegen bätten, wie der Hr. Abg. Dr. Gneist es heute hat darstellen wollen. Es ist ja rihtig, große Gruppen unserer länd- Lichen Bevölkerung waren in sehr ernstem Zweifel darüber, ob ein dech damals sih als cin Sprung ins Dunkle darstellender Schritt von so ungeheurer Wichtigkeit wie die Aufhebung der alten guts- Tizet uni Ginseßung derselben amtliche Funktionäre fich bewähren würde.
Ich darf erinnern,
Bestimmtheit
Erörterung gekommen.
e eines größeren Distrikts,
Aber daß aub, na- l entschieden {i
l i Abneigung nahme dieser Funktion von Seiten Derjenigen, denen sie zuge- dacht wax, kundgegeben hätte, meine Herren, das is nicht richtig, ih kann aus enciaer Erfahrung selbst befunden, daß, sowie die Würfel gefalien waren, sih im Großen und Ganzen die gesammte — lassen Sie es mich mit dem englis@en Ausdruck bezeichnen, er trifft es am nume entry mit ciner über alles Lob erhabenen Opferwilligkeit der Erfüllung dieser Aufgabe zugewandt hatte, abgesehen von irgend welchen politishen Tendenzen. liberalen Gutsbesißer in Ostpreußen haben das mit derselben Hin- gebung gethan wie die ultrakonservativen Gu und das Resultat also ift gewesen eine dauernde Ausgleichung und befriedigende Gestaltung der Verhältnisse. Aber, meine Herren, eínes habe id dochÞ hierbei ¿u bedenken, und i glaube, ih werde feinem Widerspru begegnen, wenn ih das offen ausfvrehe: Die
besten — die gesammte ländlie
tsbesißer Hinterpommerns,
ebrenamtli@e Verwaltung der Ortspolizei is eine eminent ariftokra- tishe Einrichtung — natürlih niht im englegrenzten Sinne irgend eines Standesprivilegiums, sondern in dem Sinne, daß sie auf die Dauer wirksam und fruchtbringond nur ausgeübt werden kann von Denen, die in Bezug auf Bildung, Unabhängigkeit und Opferwilligkeit an der Spitze der Nation stehen.
Also die Folge davon ift, daß nur in solchen Landestheilen, wo die thatsähli%hen Vorausfeßungen hierfür in voilem Umfange gegeben sind, man auch mit vollem Vertrauen auf dauernde, gedeihliche Wirksamkeit das Institut der Amtsvorsteher einführen kann.
Nun, meine Herren, muß ic do das Bild, welches der Abg. Dr. Gneisft vorber in Bezng auf die völlig ausreihende Auswahl der Organe der örtlichen Polizeiverwaltung, das heißt der Amt3vorsteher in den alten Landen uns entrollt hat, doch nach meiner Erfahrung einige kleine Norbebalte hinzufügen. Es ift richtig, im Großen und Ganzen hat sich die Institution bewährt, aber in denjenigen Theilen der alten Lande — der Hr. Abg. Dr. Gneist hat sie ja vorher geschildert — wo die besitßzende gentry sehr dünn gesäct ist, wo die Auswahl eine sehr geringe nur hat sein können, da hat man doch auch schon nach dem niht ganz unbedenklihen und einigermaßen mißliden Institut der berüchtigten kommissarischen Amtsvorsteher greifen müssen, das heißt also, in Ermangelung der wirk- lichen, für das Amt von Natur voraus bestimmten Verwalter cine Art von ortépolizeilihen Funktionen, auf welche genau die Schilderung paßt, die der Abg. De. Guneift vorher von den Svbalternschreibern gemacht hat. Und ib glaube, meine Herren, daß man si nun die Frage vorzulegen hat: ist es nicht richtig, daß man sich mit großer Vorsicht die Verhältnisse eines Landestheils, den man mit einer neuen Organisation versehen will, betraten, und diesen Landestheil daraufhin prüfen muß, ob in ihm nun wirklich all die Glemente der chrenamtliwen Ortépolizeiverrcaltung in dem Um- fange vorhanden sind, daß man ihm voll vertrauen kann, damit man ibm niet statt ciner Wohlthat ein Uebel zufügt. D:nn tas werden
die Herren doc alle mit mir annehmen, daß, wenn und wo man h überzeugen muß, daß innerhalb der besitenden Bevölkerung die Elemente der unentgeltlichen örtlichen Polizeiverwaltung nicht in vollem Umfang vorhanden sind, man aber dennoch den Staats- beamten eliminirt —, daß dann ein Uebelstand zu bedauern sein. würde, den wir auf allen Seiten des Hauses als Subalternschreiber- regiment verwerfen. Von diesem Gesichtépunkt aus muß ih mir denn doc die Verbältnisse Hannovers etwas näher ansehen. Ich stütze mi dabei in erster Linie natürlich auch auf die Begutachtung der berufenen Organe, wenngleidl, ih dem Hrn. Abg. Gneist die Konzession machen will, daß dieses Votum nicht durhweg zutreffend sein mag, denn ih “ muß anerkennen, daß bei der Behandlung unserer altländishen Gesetzgebung sehr viel pessimistishe Blicke in die Zukunft auch von den Kcrporationen gethan sind, die fi in der Zukunft nicht bewährt haben. Es könnte also auch möglih sein, daß der Provinzial-Landtag in Hannover in der biéherigen Zusammensetzung und in der Stimmung, in der er ih befunden, zu weit gegangen ist in der pessimistischen Beurtheilung des Borhandenseins von Organen für die örtliche Polizeiverwaltung. Aber, meine Herrer, ih stüße mich bei der Vertheidigung der Ünsicht, daß die Amtsvorsteher, wenigstens für abschbare Zeit für Hannover nicht passen, auf die thatsächlihen Ermittelungen, die die Regterung hat anstellen föônnen. Ich gehe also davon aus, daß im Großen und Ganzen der Großgrundbesit in einem Lande in reihem Maße vor- handen sein muß, wenn man das Institut der Amtsvorsteher auf ihn reduziren will. Nun wird Niemand bestreiten, daß, wenn man die große Gruppe der Kreisordnungsprovinzen einerseits, und Hannover andererseits betrachtet, fo wird — einzelne lofale, geographische, topographishe Verhältnisse auëgenommen —, doch immer behauptet werden müssen, daß der Großgrundbesitzer in den östlihen Provinzen in unendlih viel größerem Umfang und in unendlich viel größerer Bedeutung vorhanden ist als in Hannover. Fch glaube, den Saß wird Niemand bestreiten, der die Berhältnisse kennt. Es fragt ih nur, wer wird sih entschließen, die politischen Konsequenzen dieser Thatsachen zu ziehen. Die Regierung hat es eben mir dem Vorschlage gethan, die Amtsvorstcher in der Provinz Hans nover nit einzuführen, und zwar aus der Besorgniß, der Provinz damit statt einer Wohlthat cin Ueb-l zuzufügen. Nun, ueine Herren, erkenne ih ja vollständig an, daß ja davon gar keine Rede sein Tann, das Institut der Amtsvorsteher aus\{hließlichß zu begründen auf den
sogenannten Grofgrundbesliß — rir würden damit auch in en östlichen Provinzen ein ans Ziel gekommen sein —, fondern man wird auch eine größere Anzahl — sagen wir mal — de: Aus- druck wird ja wohl erlaubt sein — bäuerlicher Besitzer mit zu dem
Ehrenamt heranzuziehen hcben. J erkenne an, meine Herren, daß diese sozialen Gruppen der Bevölkerung in Hannover in einer Be- deutung und in einer Kulturstufe sich vor uns präsentirt, welche nun wiederum ihrerseits den betreffenden sozialen Gruppen in den östlichen Provinzen überlegen ist, es kann keine Rede davon sein, das irgend- wie ableugnen zu wollen. Es ist rihtig, und meine eigenen Erfah- rungen, so weit ih sie auf zahlreichen Reisen in der Provinz Hans nover habe machen können, auf denen ich versucht habe, gerade mit diesen Schichten der Bevölkerung persönlich in Berühs- rung zu kommen, haben mich belchrt, daß allerdings in Hannover der leine Grundbesizer, soweit er sich in einer wohlhabenden Position befindet, also der wohlhabende Bauer, auf einem Bildungsgrade steht, welcher das Gefühl des Ueberblick8s über tie Gesammtheit der ihn umgebenden Verbältnisse erweckt, und im Durchschnitt über das Bildungsniveau vnserer bäuerlichen Besißer in den östlichen Provinzen hervorragt. J sprebe dies felbstverständ- lih ofen cus, damit Sie in aller Vollständigkeit die Elemente über- sehen können, aus denen das Votum der Regierung sich zusammen- seßt. Jd erkenne also an, daß theilweise der Mangel des Groß“ grundbesiges als ein Substrat und In)trument für die örtliche Po- lizeiverwaltung in Hannover ausgeglichen wird dur das reiwere NVorhanvensein einer gebildeten bäuerlihen Bevölkerung. Aber, meine Herren, eine andere Frage is die, ob troy der von mir ge. \childerten Vorzüge diese Gruppen der Bevölkerung im Großen und Ganzen recht geeignet is, mit ortspolizeilihen Funktionen betraut zu werden, namentli auch von dem Gesihts- punkte aus, daß ihr, soweit meine Erfahrung reit, ein unzerstöcbarer Widerwille innewohnt, solche Funktionen zu übernehmen, sowohl passiv wie aktiv, wenn ih mi so ausdrücken darf. Es ist ja bekannt, daß in Hannover diejenigen kleinen Grundbesißer, welchen man die Uebernahme der chrenamtlihen ortépolizeilihen Funktionen anfinnen würde, das nicht wollen; man würde also dann auf den vom Hrn. Abg Gurneist, wenn auch mit einiger Uebertreibung, gekennzeicneten Standpunkt kommen, daß es \sih hier um Ucberwindung eines Wider- standes handeln würde; — aber vor allen Dingen muß ich behaupten, kaß diejenigen Elemente der ländlihen Bevölkerung, welche als pares inter pares gewissermaßen unter die Amts8vorsteher- haft der kleinen ländlichen Besißer kommen sollten, dagegen den äußersten Widerstand erheben würden. Das haben mir alle Unterredungen, dte ih mit kompetenten Hannoveranern gehabt habe, thatsählih bewiesen, und i bin davon vollkommen überzeugt, das würde in den Gruppen der Administrirten — wenn Sie einmal den Ausdru der französischen Technik gestatten wollen — eine sehr starke Ovposition dagegen hervorrufen, unter die Ortspolizeigewalt eines in Bildung und sozialen Einfluß ihnen gleichstehenden Mannes zu ge- rathen. Wenn ih nua zu diesen Elementen in meiner Vorlage noch binzufüge, daß in Anerkennung dieser unzweifelhaft uns bedrohenden Nachtheile höchst wahrsceinlich die Folge der Einführung der Amts8- vorsteher die sein würde, daß wir in großem Umfange von dem Institut ver kommissarishen Amtsvorsteher würden Gebraub machen müssen, so kann ich nur sagen, die Staatsregierung hat nb — und das gilt namentli dem einstimmig gefaßten Votum des Provinzial-Landtags gegenüber — nit entschließen können, Ihnen die Einführung des Instituts der Amtsvorsteher vorzusblagen, obwohl wie wir ja bereitwillig und freudig anerkennen, daß sich dasselbe in den alten Provinzen durchaus bewährt hat.
Wenn das nun richtig ist, wenn also auch die Kommission in
Anerkennung dieses si nit hat ents&lleßen können, jeßt die Ein- führung der Amtsvorsteher zur Einführung vorzusc{lagen, dann, meine Herren, frage ih: hat es niht seine großen Bedenken, cin Zukunfts- programm in demselben Gesetz, wo diese Frage verneint wird, in be- jahendem Sinne — denn das soll es doch sein — aufzustellen ? Was thut denn der Provinz Hannover vor allem noth ? Und das haben au die Herren, aud Hr. Windthorst anerkannt, daß sie endlih mal zur Rube kommt in Bezug auf organisatorishe Fragen. Ih erkenne vollkommen an, daß die 1867 dort geschehene Bildung der Kreise, wie sie jeßt bestehen, wo allein und nur aus rein mechanischen Grün- den verschiedene Aemter zusammengefügt sind und dem Amtshaupt- mann des einen Amtes auch die Verwaltung der Militär- und Steuersachen den übrigen Aemtern des Kreises mit übertragen ift, cines der unglückseligsten Gebilde gewesen ist, worauf wir nur je verfallen konntea. Die Regierung, das muß ih anerkennen, trägt ja dafür mit die Verantwortung und jenes Vergeben läßt fich nur aus dem damaligen Mangel der Erfahrung entschuldigen; daß wir also aus diesem Zustande herauskommen müssen, darüber fann fein Zweifel sein. Wird aber dies anerkannt, fo muß doch vor Allem ein Zustand geschaffen werden, der die Bürgschaft der Dauer für abfeybare Zeiten in sih trägt. Wobin würde aber die Annahme des §. 24a, führen? Unzweifelhaft dahin, daß in der Provinz Hannover sich die Meinung verbreitet, die Institution und Organisation, die wir jeßt geschaffen haben, ißt eine durchaus unvollkommene und muß möglichst ras dur bessere erseßt werden, und die Folge ift eine Unsicherheit der Stimmung, welche, glaube ih, mit dem Worte Agitation, welches Hr. Dr. Gneist an- wandte, durchaus nicht unrichtig bezeihnet is, und vor diesem Zu- stande möchte die Staatsregierung die Provinz Hannover sehr gern
bewahrt sehen. Wic erkennen an — und das ist auch die unvermeidlihe Folge großer Staatsveränderungen FULr die einverleibten Provinzen —, daß Hannover bis auf
einen gewissen Grad zum Versuchsfelde administrativec Erperi- mente gemacht ist. Ich erinnere an das eben Gesagte. Aber um so dringender halten wir das Bedürfniß, endlich zur Ruhe zu fommen und Organisationen zu \{affen, welbe, was gewiß nicht ver- fannt werden kann, die innere Bürgschaft der Dauer in s tragen. Denn, meine Herren, man mag mit dem Hrn. Abg. Gneist die Mög- lichkeit, daß der Landrath die Ortspolizei wirksam und fruchtbringend und für das öffentliche Interesse nüßlich ausüben kann, bezweifeln fo viel man will, aber die Thatsache widerspricht dem doch. Gerade aus den provinziellen Verhältnissen Hannovers heraus fann ih doch den Beweis führen, daß Jahrhunderte diese Form der Polizeiverwal- tung die Bevölkerung befriedigt und wirksam funktionirt hat, und ih glaube, die bloße Behauptung, daß durch die Vervielfältigung der polizeilihen Aufgaben diese von Tag zu Tag \{wieriger werden, kann unmöglich dazu ausreichen, den Grundsaß, der fich in Hannover bke- währt hat, zu widerlegen. Ich habe ja vorher anerkannt und thue das aus vollem Herzen, daß die chrenamtlihe Polizeiverwaltung eine Perle unserer Einricbtungen ist. Aber soweit zu gehen, daß man sagt, wie der Hr. Abg. Gneist, die ganze übrige Selbstverwaltung, also die obrigkeitlide Aufsicht und die Thätigkeit der Berwaltungsgerichte und Alles, was darum gruppirt ist, ist gewissermaßen illuforisch, wenn man nicht die bürgerliche lokale Polizeiverwaltung daneben hat, daß h aus der Alles aufbaut, meine Herren, das kann ich absolut nicht anerkennen. Es sind diese beiden Gruppen von Gesichtspunkten von einander durbaus zu trennen. Man fkann eine durch Staatsbeamte ausgeführte Polizei haben und andererseits der Bevölkerung den vollen rebtlihen Schutz gewähren und dauernd gewähren, welcher in dem Organismus der obrigkeitlichen Selbstverwaltung liegt, und ih bin deshalb der Meinung, daß es unrichtig ift, eine unlösbare Ver- bindung zwischen den beiden Institututen zu behaupten, einerseits der ehrenamtliden Ort8polizeiverwaltung und andererseits die Kreisauf- sitsverwaltung im übrigen. Dies, meine Herren, sind die Gründe, aus denen die Regierung glaubt, daß au die Auëficht auf eine solche Nusdehnunç, wenigstens jeßt in diesem Gese) nicht formulirt werden sollte. Was künftige Zeiten uns bringen, meine Herren, das fann Niemand übersehen. Die sozialen Veränderungen in unserem jetzigen Leben vollziehen sich so ras, daß wir nicht wissen fönnen, was beute in 50 Jahren für Gruppirungen sein werden. Aber diefe Aufgaben brauht man nicht in dem Gesez ¿zu er- wähnen, sondern, wenn die mal an uns herantreten werden, dann wird man eben dur geseizgeberisbe Vorlagen diefen Aufgaben Genüge zu thun versuchen. Aber im Augenblick halte ich es in der That für \{chädlich, die Provinz Hannover dur einen solhen Blick in die Zukunft von derjenigen Beruhigung zurückzuhalten, die ihr gerade auf dem Gebiet der politischen Organisation in so hohem Maße noth thut.
Statistische Nachrichten.
Ueber das Vichkapital im Königreih Bayern ent- nehmen wir der Zeitschrift des Königlich bayerischen statistischen Bureau (15. Jahrg. 1883 Nr. 4) Folgendes: Mit der am 10. Januar dieses Jahres stattgefundenen Viehzählung war gleichzeitig eine Er- mittelung über den durschnittlihen Verkaufêwerth sämmtlicher Thiere und das durcbschnittlihe Lebendgewicht der Rinder und Schrocine verbunden. Aus diesen dur die Bezirkscomitées des [ands wirthschaftlichen Vereins bethätigten Angaben liegt nun ‘die Zu- sammeustellung für das Königreich fertig vor, und es berechnet sid das gesammte Vichkapital im Lande auf 797 087 234 #4, welches sich folgendermaßen zusammenseßt. Es sind vorhanden an Pferden 19 978 Stück Fohlen, unter 1 Jahr alt, 21442 Pferde, 1 bis noch nicht 2 Jahre alt, 17 748 Pferde, 2 bis noch richt 3 Jahre alt, 4007 Zuchthengste, 3 Fahre alt und älter, 293 141 andere Pferde, 3 Iahre alt und älter, zusammen 356 316 Pferde ükterhaupt. Der Gesammtwerth aller Pferde beläuft \sich auf 160712 146 M, zum durbschnitt- lichen Verkaufswerthe pro Stück von 451 Ferner 83 Stück Maulthiere und Maulesel, welbe einen Gesammtwerth_ von 22 000 ¿6 zu einem burchshnittlihen Preise von 265 H. pro Stü repräsen- -iren. An Eseln giebt es 152 Stück Esel zu einem Gesammtwerth »on 15 310 & und den Dur{schnittspreis pro Stück zu 100,7 4 An Rindern 90482 StükKälber unter 6 Wochen, 218 686Kälber bis 6 Monat, 688 318 JIungvieh unter 2 Jahr, 32 395 Bullen 2 Jahr und älter, 422 761 sonstige Stiere und Owsen, 1584 456 Kübe, zusammen 3 037 098 Stü Rinder. Der Gesammtwerth für diese ganze Zahk beläuft sih auf 561 749 533 4, während der Durchschnitt8preis pro Stüd 185 M6 betrua. An Schafen giebt cs 38274 Stücke feine Wollschafe unter 1 Jahr, und 69 749 darüber; 41977 veredeltz Fleischs{chafe unter 1 Jahr, 108 096 darüber ; 221 196 andere Schafe unter 1 Fahr, 698 978 darüber, insgesammt 1178270 Stück Schafe, deren Gesammtwerth si auf 21116818 s beläuft, während der Dur6h- {chnittspreis für ein Stück 18 A beträgt. An Schweinen sind vor- handen überhaupt 1038 344 Stück zu einem Gesammtwerth von 50 325 357 M, während der Einzelwerth 48,4 beträgt. An Ziegen ind vorhanden 220 818 Stück überhaupt, deren Gesammtwerth sich auf 3 146 070 6 zu einem Durchschnittspreise von 142 M für das einzelne Stück beträgt. Das Lebendgewiht der 3 037098 Stück Rinder überhaupt beträgt 1 798 026 926 Pfd. Das Lebendgewicht der 278421 Schweine, welhe 1 Jahr und älter sind, beträgt 54 633 092 Pfd. zum durihschnittlihen Gewicht von 196,2 Pfd.
eet a ge ata:
B I I
ten Ma Bi Tur
pO n DraS: Li R pn 1 fa T0 D 2 Maio ¿hme init bia O Bum Er E A I M H Di ch0 É
Rd L - Pf ar Deni C dre
N L P 38