1884 / 46 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Feb 1884 18:00:01 GMT) scan diff

würdig, daß die Städte nicht beben, daß zu ihren Gunsten Ich höre zwar, daß einige von den Herren in Hannover, die nament- lih städtishe Iuterefsen vertreten, darauf zurückommen werden, aber im Provinzial-Landtage ift das nicht so der Fall gewesen. Ich bin s Zei hat, das Regierung

mit dieser Veßemenz den Anspruch er-

E » ç R, Y » j unjer Bors{hlag modifizirt werden soll.

also der Meinung, daß man von dieser Nichtige zu treffen, wenn man si dem einfa ans{ließt.

Der Hr. Abg. von Rauchhaupt hat ung den S8. 11 der Provinzialordnung für die alten Provinzen das Au Tunftémittel, welhes die Regierung für den Fall treffen zu müssen glaubte, daß man annehme, die kleinen Kreise seien zu wenig nete Wahlbezirke und ihre Kreistage zu wenig geeignete Wahlkörper

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waltung zum ersten Mal, in den späteren M

Landiag berechtigt fein soll, mehrere Kreise

bezirk zusammenzulegen, um ihnen die

in gemeinschaftliber Sißurng durch f : 1

gleihung der Interessen stattfinden zu laßen dies hat Hr.

von Rauchhaupvt | bemängelt. Jch erkenne an, es ift

nur ein Nothbehelf, welcher hervorgeht der Thatsache

der kleincn Kreise. Aber ich glaube, meine Herren, daß die vom

Hrn. Abg. von Rauchhaupt betonte Thatsache, [s rihtig an-

erkenne, daß von dem §. 11 der

Gebrauch gemacht worden ist, ihn darü

Gefahr, welche er sich vorhalten zu müssen glaubt,

nicht fo groß ist. Die Regierung hat ja dieses Auskunftsmittel pr

poniren zu müssen geglaubt, und fie hält auch daran feft. ber

wenn €s nun votirt wird, meine Herren, so können Sie doch unmög-

lih den großen Bortheil verkennen, der hierin lieat. Wenigstens das betonen, wenn man sih gegenüberbält diejenige

muß ih doch l

MWahlbezirksanordnung, welche nothwendig wird nah dem Kommi|s-

Ny Ed C A N eda n De e Hegtierung

nun fehr

{ionsvorsd:lage, und daëjenige Auskunftémiticl, welc nit der Zusammen!egung der zwet oder drei Kreistage zemeinschaftliben Wabhlkörper vorschlägt, fo ift doch r Vorzu( unendlic auf Seiten des Vorschlages der Megierung, daß Erachtens kaum eine Diskussion darüber möglich ift. fehen Sie sib doch gütiast die Aufstellung der Kommission an. foloffalen Wahlkörper werden da acbildet, bis zu 13 Kreisen bei den iletneren Städten! Da hört jede Möglichkeit einer nachbarlichen Ver- ftändigung über den Wahlkandidaten auf, da kommen Elemente zu- sammen, die sch in ihrem Leben vielleiht niemals gesehen | wird gerade alles das hervorgerufen, was Hr. von Nauchhaupt mit D 1 vermeiden wünscht, nämlich heftige Parteikärmnpfe, nan den kommunalen und nachbarlichen Charakter aus Wahl ganz herausläßt. Wie wird es dagegen sein, wenn man Entschlusse greift,

; einzelne Kreistage, sagen wir zwei, hochstens drei zusammen zu

am legen, um eine gemein- fame Wahl von drei Abgeordneten zu

Meine

Lal on D aben, da

vollziehen, meine Herren, da werden, da ja bekanntlih die Kreise nur klein sind, Leute zusammenkommen zu einem Wahlkollegium, die in ihren Interessen, in ihren Anschauungen identisch {find im Großen und Ganzen, die K untereinander kennen, denen die Auswahl ihrer Kandidaten ganz leit sein wird, und es wird mit anderen Worten weiter garnichts in der Sache fein, wie ein altländischer Kreistag, der seine drei Ab- geordneten wählt, ftatt der zersplitterten kleinen hannöverschen Kreise, wo jeder einen wählt. Meine Herren! Das ift für mich ein fo starkes Argument, daß ich in der That wohl dem Versuh noch entgegensehen möchte, zu beweisen, daß große ungefügige Wahlkörper, wie sie thurch den Vorschlag der Kommission entstehen, in irgend einer Weise in ibrer Wesenheit höher gestellt werden können, als die Vorschläge der Regierung.

Meine Herren, ih kann nach allem diesen, was ich ausgesprochen habe, schließen 1ch weiß nicht, ob ih durch die Ausführungen der Herren, die nach mir folgen, noch zu weiterer Nehnmung des Wortes werde veranlaßt werden, aber ih habe mich verpflihtet gehalten, in dicsem Augenblick an dasjenige anzuknüpfen, was der Hr. Abg. von Rauchhaupt ausgeführt hat. Ic wiederhole, ih vermag den Gründen, welche derselbe für die Kommissionsvorschläge beigebracht hat, aus denen er ja namentlich die Nothwendigkeit derselben deduztren zu wollen schien, diejenige Beweiskraft nicht beizulegen, vaß die Ne- gierung in ihrer Ueberzeugung mit dem, was fie vorgeschlagen, das allein Richtige getroffen zu haben, erschüttert werden kann.

Der Abg. vom Heede dankte dem Minister für seine Er- flärungen, die der Ausdruck einer wahrhaft konservativen Politik seien. Es heiße denn doch die Rücksichten auf die partikularistischen Fnteressen zu weit treiben, wenn man zu deren Gunsten von fundamentalen Grundsäßen gh- weichen wolle. Die große Mehrheit seiner politischen Freunde sei gegen den Kommissionsvorschlag, weil derselbe das Prinzip durhbreche, daß die Wahlen zum Provinzial:Landtag iht nah Fnteressengruppen stattfinden sollten. Die Befürch- tung, daß im Falle der Annahme der Regierungsvorlage der Großgrundbesiß keine ausreichende Vertretung finden, und der bäuerlihe überwiegen werde, könne von Bedeutung nicht sein. Die bäuerliche Bevölkerung Hannovers stehe auf einex Kultur- stufe, welche die ihrer Standesgenossen in den östlihen PVro- vinzen wesentlich überrage, man könne ihr also die Wahl- fähigkeit niht absprehen, Um einer hannöverschen Eigen- thümlichkeit wegen könne man doch nicht von einem funda- mentalen Prinzip abweichen und dur Begünstigung hannöver- {her Anschauungen ein gefährlihes Prinzip für die Ordnung der Dinge in Westfalen und Rheinprovinz aufstellen. Er bitte, die Regierungsvorlage anzunehmen.

Der Abg, Lauenstein erklärte, er wolle sich kurz fafen, um nicht länger die Geduld des Hauses in Anspruch zu nehmen, quousque tandem provincia abutere patientia nostra? werde man fragen ; aber diese Vorlage schneide zu tief in die nteressen seiner Heimathsprovinz ein. Er erachte dafür, daß die jeßige Provinzialverfassung als Grundlage für eine bessere Neubildung durchaus niht verwendbar sei. Auch sei die

Neinung irrig, daß die Ritterschaft mit dem großen Grund- befiß in Hannover identisch sei; es gebe viel bäuerlichen Besitz, der über den Umfang von Rittergütern hinausgehe, während andererseits viele Rittergüter sih durGaus nicht in Bezug auf ihre Größe vom bäuerlichen Besiß sehr unterschieden. Die bisherige auf ständishem Prinzip beruhende Verfassung habe daher keine Berechtigung; sie sei defekt und überhaupt nur provisorisch, Nach alledem erachte er den Prinzipal- ntrag des Abg. Windthorst für durhaus unannehmbar, da- gegen den Antrag der Kommission für empfehlenswerth. Er halte es für angemessen, daß sih die Wahlen der Vertreter zum Provinzial - Landtag aus denselben Gruppen wie die Wahlen der Kreisvertreter vollzögen. Wenn das Haus die Wahlen nah dem Regierungsvorschlage vornehme, fo sei zu fürhten, daß durch eine in dieser Weise hergestellte Ver- tretung die Jnteressen der Provinz nicht genügend aewahrt jein würden, Die Ausführungen des Ministers in dieser Be- ziehung träfen niht zu, da sie auf die Verhältnisse der öst- lichen Provinzen exemplifizirten, Verhältnisse, die in Hannover, wo9 der bäuerliche Grundbesiß so bedeutend überwiege, unbekannt seien. Wenn die Regierungsvorlage angenommen werden sollte, jo würden si die politishen Gegensäße wieder in \{härfster Weise zuspißen, ohne daß die materiellen Jnteressen dabei das Geringste gewönnen. Der Landrath würde dann dort au zu einer so dominirenden Rolle gelangen, wie z. B. in der Provinz Sachsen, wo auch nit weniger als 26 Landräthe in dem Provinzial: Landtag säßen, und dies sei für die Han-

[ noveraner nit gerade verlockend. Ein Uebergewicht der Bauerngrundbesißer würde zumal jeßt, wo das Agrarierthum eine so weite Verbreitung finde, für die Städte sehr nachl- theilig sein. Der Abg. von Lenthe, auf den \sich der Minister für die Vorlage berufen habe, stehe mit seiner Ansicht unter seinen Standesgenossen eigentlih sehr isolirt da. Dur die Annahme des- Kommissionsvorschlages \{hafffe man eine ge- rechte Vertretung, und beuge Wahlagitationen vor. Denn es würden sih die Abgeordneten des einzeinen Wahlverbandes weit leihter über den zu wählenden Abgeordneten einigen, und weniger Schwierigkeiten machen, Kompromisse herbeizu- führen. Der Provinzial-Landtag und die provinzialständischen Organe Hannovers hätten deshalb gut funktionirt, weil die Politik bei den Wahlen ausgesch{lossen, und eine Ausgleichung der Fnteressen möglich sei. Deswegen wolle seine Partei sih an die bestehenden Verhältnisse anshmiegen, die zum Segen der Provinz gewirkt hätten. Schleswig-Holstein wünsche ja auch ähnlihe Zustände. (Widerspruch links.) Wenn der Abg. Köhler die Zusammenseßung der Vrovinzial-Landtage ein- heitlich machen wolle, und diese Frage zu einer prinzipiellen aufbausche, warum habe derselbe nicht eine gleiche Unisfikation in der Frage der Amtsvorsteher bewiesen? Wenn derselbe meine, auf die Ansicht des Provinzial-Landtages sei kein aroßes Gewicht zu legen, weil derselbe vefangen sei, so sei dies doch eine fehr bedenklihe Stigmatisirung der berufenen Vertretung der Provinz. Er könne bezeugen, daß der Provinzial-Landtag auch diese Frage mit genügender Objektivität behandelt habe. Wie der Abg. vom Hrede in dem Kommissionsbeshluß ein Präjudiz für die westlichen Provinzen, namentlih für die Rheinprovinz erblicken könne, verstehe er niht. Hannover verlange nur, daß es nah seiner Eigenart behandelt werde. Er bitte, dem Beschlusse der Kommission beizutreten.

Der Abg. Dr. Hänel erklärte, was das Versprechen des Abg. Lauenstein betreffe, so warne er Jedermann, auf diesen Boden zu treten. Die hannövershen Abgeordneten seien stets für die Re- gierung gewesen, wenn es sh um Wahrung der Staatseinheit gegenüber den andern Provinzen gehandelt habe. Jett könn- ten oder wollten sie von dieser Staatseinheit nihts wissen, wo es sich um Hannover handele. Jn dem Streit der Konserva- tiven mit dem Minister sei er in der beinahe befremdlichen Lage, sich dessen sämmtliche Argumente aneignen zu können, so daß er sih jeßt kurz fassen könne. Noch am 9. Februar 1882 habe Hr. von Bennigsen hier im Hause erklärt, es seicn alle Versuche aufzugeben, um auf Grundlage der Scheidung in Wahlverbände die Vertretung der Provinz agufzubauen, zumal die Frage au für die östlihen Provinzen hier komme die Staatseinheit verneint sei. Und auf dem Provinzial- Landtag sei Hr. von Vennigsen dec eifrigste Gegner dieser Meinung gewesen, und ein Theil seiner Freunde berufe nch au} 1eme dortige Führers@haft! Das widersprehe sich ja ganz diametral. Auh der Pro- vinzial-Landtag hebe sich in seinen Beschlüssen auf: 1881 habe derselbe das System abgelehnt, ‘das derselbe 1883 empfohlen habe ; kföônne man sich da auf die Kenntnisse und Tugenden des Provinzial-Landtags berufen? zumal eine Körperschaft, die Über ihren eigenen Tod zu Gericht sige, immer für mil- dernde Umstände plaidire und bei der Entscheidung zwischer verschiedenen Wahlsystemen sehr natürlih das empfehle, kraft dessen sie selbst gewählt sei. Gegen den Antrag Windthorst brauche der Abg. Lauenstein nicht so scharf vorzugehen, dieser Antrag stehe ja dem, was derselbe selbs vertrete, viel näher und gefalle ihm ‘(dem Redner) beinahe

besser, weil der Antrag Windthorst wenigstens den Vor- zug habe, si an die historischen Verhältnisse der Provinz anzuschließen. Die Kommission dagegen schaffe etwas ganz Neues und fast noch Schädlicheres. Es sei eine falsche Darstellung, als handelte es sich darum, die Wahlvervände, die man für den Kreistag anerkannt habe, einfach für den Provinzial-Landlag gelten zu lassen. Jn Wahrheit wolle man, daß, nahdem die Wahlverbände in den unteren Etagen ihre Schuldigkeit gethan und einen einheitlichen Kreis- tag gewählt hätten, dieser einheitlihe Kreiëtag wieder in Jn- teressengruppen zerrissen werde, und daß die in dem Kreistag tonfervirten Fnteressengruppen separirte Wahlverbindungen für den Provinzial-Landtag bilden sollten. Auf diese so zerissenen Kreistage baue die Kommission ihr Wahlsystem auf, und löse gerade den Grundgedanken auf, der seine Vartei beherrscht habe, als fie dieses Wahlsystem noch acceptabel gesunden habe. Mit größtem Widerstreben habe seine Partei es angenommen, und die Wahlverbände nach solchen mehr oder weniger künst- lihen Fnteressengruppen concedirt; aber mit der absolvirten Wahl jolle die Sache nun wenigstens vorbei sein, und die so Gewählten sollten zu einer wahren einheitlichen Korporation zusammenwachsen, ohne um irgend eines Zweckes willen wieder in die alten Futeressengruppen aufgelöst zu werden, Das thue der Antrag der Kommission. Er halte auch dafür, daß der Minister mit seiner Warnung an die Konservativen ein Recht gehabt habe ; er (Redner) sei auch der Meinung, daß der Provinzial- Landtag sich aus den Kreistagen bilden solle, wodur eine einseitige FJnteressen-Vertretung verhindert werden würde, Weshalb wolle man denn von den für die Provinz Hannover festgeseßten Grundlagen ganz abgehen? Erst schaffe man die Landräthe, dann heiße es wieder: Fort mit ihnen! Man sage, der Landrath werde resistenzfähiger sein, als der kleine Grundbesißer, aber dann sei cs doch wieder verwunderlich, daß man diese kleinen bäuerlichen Gruppen \ich selbst über- lasse, wenn sie den Landrath zu wählen hätten. Aus Allem spreche ein großes Mißtrauen gegen den bäuerlihen Grund- besiß, den man von der Provinzial - Vertretung so viel wie möglich fernhalten wolle. Jn Wahrheit fürhte man cine bäuerlihe Versammlung in dem Vrovinzial - Landtag und suche den Großgrundbesiß dagegen zu assekuriren. Das sei die Quintessenz aus dem Kommissionsberiht wie aus den Verhandlungen des Provinzial-Landtags: es gelte einen Ein- fluß, den auf natürlihem Wege zu erringen man sih nicht zutraue, auf geseßlichem fefzustellen, auch so eine Art von Staats)ozialismus. Daß die Kreisordnung, wie sie hier ge- geben sei, den großen Grundbesizern bereits wesentlihe Vor- theile gegen den bestehenden Zustand gewähre, das ver- schwiegen die Undankbaren. Sie gebe ihnen in Amts- versammlungen und Kreistagen !/z im Minimum, nicht, wie bisher, im Maximum, obwohl sie nur 22 Proz. der Grund- steuer zahlten. Und wäre denn ein Uebergewicht des bäuer- lichen Besißes im Provinzial-Landtag ein besonderes Unglück ? Er halte es nicht dafür. Habe denn der große Besitz so ganz besondere Verdienste um die Kommunalverwaltung? Wer trage denn ihre eigentliche Last in den Städten? Leiste der große Besiß etwa in Bezug auf Wege, Armenpflege, Schulverwal- tung U. \. w. besonders Ausgezeichnetes gegenüber dem bäuer-

lichen? Der leßtere weise überall da, wo cine gute bäuerliche

Kommunalverfassung bestehe, im Dur@&schnitt so tüchtige Lei- stungen auf, daß feine Fähigkeit, im Provinzial-Landtag die Majorität sahgemäß und angemessen zu führen, nicht bestritten werden könne. Nun wolle er durhaus nit eine einseitige bäuerliche Jnteressenvertretung, die die übrigen Interessen und die Jntelligenz einfach todt mache. Aber er habe immer gefunden, daß es nicht {wer falle, jedem berechtigten Jnteresse vor einer bäuerlichen Bevölkerung den ihm gebührenden Einfluß zu wahren, wenn man mit ihr in Vertrauen erweckender Weise verkehre. Das werde au dem großen Besißer zu Gute kommen, der sich im Kreistag und seinen Vemtern als tüchtig bewährt habe. Von einer Feindshaft, die ihn auss{hließen möchte, könne nie die Rede sein. Den Konservativen fehle es nur an Entschiedenheit, für den Antrag Windthorst einzutreten, und sie wollten, da sie ihn nicht bekommen könnten, wenigstens eine kleine Abs(hlagszahlung einheimsen. Sie glaubten damit wenigstens etwas von dem alten ständishen Prinzip gerettet zu haben, und verwechselten dabei künstlich Geschaffenes mit dem auf festen historishen Traditionen Beruhenden. Ohne Bewunderung für die Komposition des Landtags in den alten Provinzen halte er gleihwohl an der Regierungsvorlage fest, und verwerfe ebenso den Antrag Windthorst, wie das Zwitter- ding, das man in der Kommission zwischen die Vorlaze und diesen Antrag eingeshoben habe.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, den Ausführungen des Ministers gegenüber müsse er doch die Hoffnung ausdrüen, daß derselbe sein leztes Wort noh nicht gesprochen habe, und das Haus noch in die Lage gerathen werde, den vorliegenden Gegenstand gründlich zu prüfen und das Nichtige zu finden. Die Frage, um welche es sih hier handle, sei die, ob man bei der Komposition des Provinzial-Landtages in Hannover von den Grundsäßen, welche in den alten Provinzen gang und gäbe seien, abweichen solle. Der Minister habe gesagt, daß die Grundsäße der Provinzialordnung in den alten Pro- vinzen nah langen Kämpfen und nach ernsten Erwägungen zu Stande gekommen seien, und daß es nicht billig sei, davon in Hannover abzuweichen. Dabei {heine dexr Minister aber vergessen zu haben, daß ders:lbe diesem Grundsaß gestern, als es sh um die Amtsvorsteher gehandelt habe, nicht treu geblieben sei, und solche Bedenken nicht gehabt habe. Ex, für seinen Theil, halle das Vorhanden- sein des aristokratischen Elements in der Provinzial-Landschaft für eine absolute Nothwendigkeit. Die nöthige Sicherung da- für, daß der Großgrundbesitz in dieser Körperschaft auch richtig vertreten werde, sei niht gegeben. Er könne dies mit der Statistik beweisen, aus welcher deutlih hervorgehe, wie \{lecht der Großgrundbesiß gegenüber dem ländlichen Grundbesiß da- bei wegkomme. Schon a priori finde bei den Wahlen eine besondere Berücksichtigung des Großgrundbesißes nicht statt. Das argumentire er aus einer bitteren Ecfahrung, die er ge- macht habe, als man im Jahre 1848 in Hannover eine erste Kammer gehabt habe, welche fast mit Ausschluß der aristo- kratishen Elemente gebildet worden sei. Schon damals habe man dieselben Reden gehört, wie sie der Minister und der Abg. Hänel jeßt gehalten hätten, auch damals {hon habe man ge- sagt, wenn sich der Adel nur zu der Bevölkerung zu stellen verstehe, werde derselbe hon gewählt werden! Die Erfah- rung habe aber gerade das Gegentheil bewiesen. Die Folgen seien davon die s{hweren Verfassungskämpfe in Hannover ge- wesen, die erst durch die Entscheidung des Bundestages be- seitigt seien, welcher die Beschwerden anerkannt habe. Nach der gemachten Erfahrung müsse er sagen, daß noch manche Ge- neration kommen und gehen werde, ehe die kleinen Grund- besißer die großen wählen würden. Wenn das der Minister nit einsehe, jo bewundere er die Naivität dieses sonst so vortrefflihen Herrn. Die zweite bittere Erfahrung habe er bei der Amtsvertretung gemacht. Auch da sei der Großgrund- besiß und der Adel nicht gewählt. Die Folge davon sei, daß in diesen Körperschaften die Hauptwortführer fehlten. Darum sei es dem Grafen Borries außerordentlih zu danken, wenn derselbe für eine gleichmäßigere Vertretung gesorgt habe. So nöthig es also sei, daß in der Provinzialvertretung auch der Großgrundbesiß die nöthige Berücksihtigung finde, ebenso nôthig sei dies bezüglih der Städte. Für die größeren, die MVCISIIODIE, Jel Ja Geo, aver Den lanen Siüoten sei fast gar kein Reht gegeben. Werde das aristokratische Element zu wenig berücksichtigt, so werde es an den Wort- führern fehlen, und die Wortführung werde an die Vertreter der Städte, den Bürgermeister der Kreisstädte und an die Landräthe fallen. Nun, er sei ja kein Gegner der Leßteren und halte namentlih die altbrandenburgishen Landräthe für eine Fnstitution, wie er sie nicht glückliher denken könne, und er wünsche, man fönnte sie wieder von dem Uebermaß poli- tisher und polizeilicher Amt8geschäfte befreien. Das Votum des Provinzial-Landtages entsprehe übrigens auch ven Fn- teressen der städtishen Elemente. Deshalb sei es auch begueif- lih, daß die hervorragenden Mitglieder der städtishen Vertre- tungen hier für den Antrag der Kommission eingetreten seien. Eine sichere Vertretung der Großgrundbesigzer sei dringend geboten, sowohl im wirthschastlihen, als auch im politischen JZnteresse; im wirthschastlihen, damit die verschiedenen Fn- teressen der Provinz einen Ausgleich fänden, und im poli- tischen, damit die verschiedenen Stände ein gemeinsames Ar- beitsfeld erhielten. Das sei ja die wesentlihste Aufgabe, Sorge zu tragen, daß die Aemulation zwischen großen und kleinen, zwishen adligen und bürgerlihen Grund- besißern beseitigt und temperirt werde. Jn diesen erhalten- den Elementen finde der Staat seine beste Stügze. Deshalb halte er auch die Bauernvereine sür ein sehr segens- reiches Jnstitut; fie bildeten eine bedeutsame Etappe auf dem Wege, den er angedeutet habe, und er freue sih, daß auch die allen Provinzen dies begriffen hätten. Man habe vom Abg. Lauenstein gehört, daß troy der großen politishen Gegensäße in der Provinz Hannover, bisher noch im Provinzial: Landtag ein einträchtiges Zusammenwirken möglih gewesen sei, und das würde auch in Zukunft so sein. Die gemeinsame Arbeit zeige immer, daß noch eine große Anzahl von Fragen vorhan- den seien, über die sich alle verständigen könnten. Man weise auf die alten Provinzen hin, um die von der Regierung vor- geshlagene Zusammenseßung des Provinzial-Landtags als un- bedenklich erscheinen zu lassen. Fn diesen Provinzen habe das politische Leben noh nicht so tiefe Wurzeln geschlagen, als in Hannover. Lasse man nur dort die ländliche Bevölkerung in diese selbe Entwilelung eingetreten fein, und es werde dann sehr fraglich werden, ob es noch weiter gelinge, was dort bei den Wahlen für den- Provinzial-Landtag gelungen sei. Er habe aus der Provinz Sachsen Mittheilungen, daß

während der ersten Jahre die ländlichea Besißer ihre Stimmen, Aber in den späten Jahren hätten sie gefunden, es wäre besser, wenn, sie

gern für den Großgrundbesiß abgege'oen hätten.

allein im Provinzial-Landtag säßen. Er glaube deshalb, au die alten Provinzen thäten gut, wenn sie bei Zeiten für eine größere Sicherung der Vertretung des Großgrundbesißzes sorg- ten. Frage man nun, wie das, was er beabsihtige, zu er- reichen sei, so antworte er, ändere man nichts an der bisheri- gen Zujammen})eßung des Provinzial-Landtages, denn dieser habe bereils verwirkliht, was er im Auge habe. Als 1867 die preußische Regierung die Nothwendigkeit erkannt habe, ein Organ für die Provinzialvertretung zu haben, habe sie eine Versammlung von Vertrauensmännern berufen. Aus dieser Berathung von Vertrauensmännern, die der nationalliberalen Nichtung angehört hätten, samme die Provinzialordnung, die Hannover heute habe, und die nah Aller Zeugniß gut gewirkt habe. Sie habe die Jntcressen der Provinz wahrgenom- men und auch die Gegensäße ausgeglichen. Die Regierung habe also Ursache anzuerkennen, daß dics auch für die politische Stellung Hannovers nügßlih gewesen sei. Warum also eine bewährte Versammlung nur zu dem Zweck abändern, damit ein neues Experiment gemacht werden könne? Man sage, weil dieselbe einen ständischen, einen feudalen Charakter ge- tragen habe. Wäre das wirklih der Fall, so würde das do) fein Verbrechen sein. Troßdem müsse man aus dem Munde eines preußishen Ministers hören, daß die Versammlung un- brauhbar, weil ständish gewesen sei. Das Wort feudal hab der Minister niht gebraucht, es sei von anderer Seite in di Diskussion geworfen, allein, was sollten derartige Sl g- wörter? Damit erschre@e man Niemand. Wenn das Haus dem Antrag, den von Lenthe im Provinzial-Landtage gestellt habe und den er jeßt wiederhole, zustimme, so habe man das Richtigste getroffen. Mit demselben könne die ganze andere Organisation marschiren. Er bitte, seinen Antrag anzunchmen im wohl verstandenen Fnteresse Hannovers, das so auf der fonservativen Bahn erhalten werde. Glaube man ader, daß derselbe nur eine ständische Reminiszenz fei, so nehme man wenigstens an, was der Provinzial: Landtag vorgeschlagen habe.

Der Abg. Dr. Gneist sprach sich gegen den Antrag des Vorredners aus, der die alten ständishen Jnteressen ausgrabe. Wenn man die verschiedenen Stände, wie sie eins vorhanden gewesen seien, wieder zusammensete, so habe man ein absolutes Nichts, eine Schale ohne Kern. Die ganze Thätigkeit ciner solchen Körperschaft werde sich auf die Verwaltung von Chausseen, Frrenanstalten und ähnlihe provinzielle Jnstitut sowie auf die Wahl eines Landesdirektors beschränken. Di Rechte leide noch immer an den alten Vorurtheilen; sie seh noch immer nur den demokratishen Splitter, aber den aristo- tratishen Balken in ihrem Auge wolle sie nit erkennen. Wende die Rechte, die die christlihen Grundsäße doch sehr hervorkehre, dieselben doch auf sich selbst an! Ständische Jn- teressen und Partikularismus steckten der Rechten leidex noch zu lier in den Knochen, und sie selbst: werde si in dieser Beziehung als Sünder erkennen müssen. Van ave die Kreisoronung gema, danit der Landrath nicht allein den Kreis verwalte, sondern in allen wichtigen Beziehungen mit Zustimmung einer Mehrheit von ansässgen WVertrauensmännern des Kreises; damit der Regierungs-Präsident nicht allein den Bezirk, der Ober- Präsident die Provinz verwalte, sondern mit ciner Mehrhei von ansässigen Männern von Besiß und Bildung in allen jür das bürgerlihe Leben wichtigsten Beziehungen. Wan habe die Kreisordnung gemacht, um die streitigen Fragen der Verwaltung durchweg durch Kollegien in richterliher Un- abhängigkeit entscheiden zu lassen, um die Gefahren des Parteiwesens und der Korruption von dem ehrenwerthen preußishen Beamtenstand fern zu halten. Man habe fie ge- macht, um niht nur dem Großgrundbesißer, sondern den be- sigenden und höheren Klassen überhaupt das Bewußtsein ihres Berufes und ihrer Pflihten wiederzugeben, und mit Er- füllung derselben den ihnen zukommenden politishen Einfluß. Man habe sie geschaffen, l

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um neben allen Gegensäßgen der Jn- teressen, des Berufes, der Religionsbekenntnisse, welche das deutsche Leben spalteten, ein gemeinsames Band wiederzufinden, welches diese Elemente im gewohnheitsmäßigen Dienst für das große Ganze des Staats vereine ; der sogenannte aufgetragene Wirkungskreis von Staatsgeschäften bilde das Wesen der Sache, an die sih die Verwaltung der Jnstitute und Fonds anreihe, nicht als die Haupt-, sondern als die sekundäre Sache, deren jeßige Gestalt übrigens erst durch das Herrenhaus in die Provinziolordnung hineinkorrigirt fei: die älteren Pro0- vinzial-Landtage, und insbesondere der hannöoerische, seien [ehlerhaft dadurch, daß sie die Nebensahe zur Hauptsache ge- macht hätten. Es könne daher weder überraschen, noch be- remden, daß eine Körperschaft, deren Zusammenhang und Thätigkeit völlig außerhalb der Reformgeseßgebung stehe, diesen Reformgesetßzen nicht besondere Sympathien entgegenbringe, son- dern sie ungefähr ebenso beurtheile, wie die Provinzial-Landtage in ihrer früheren Zusammenseßung. Aber an dieser Stelle sei doch wohl der Ort, bei dem Wesen der Sache stehen zu bleiben, und dem neuen Verwaltungsgeseß nicht die Fehler des alten einzuimpfen., Die heutigen Provinzialvertretungen seien doch niht mehr die Vertreter ständisher Sonderinteressen, sondern Vertreter der Sleuerzahler und diese Steuern würden niht mehr nach Ständen bezahlt. Sie sollten die Vertrauensmänner bezeichnen, die für die Verwaltung der obrigkeitlihen Aemter in Kreis, Vezirk, Provinz durch die Unbefangenheit und Unparteilichkeit die bestgeeigneten- seien. Könne man etwas Sachwidrigeres thun, als solche Wählershaften dur eine ganze Provinz hin- dur als Groß- und Kleingrundbesiß, als städtische und länd- liche nteressen von einander abzusondern und einander gegen- überzustellen, als ob es fich um Vertretung agrarischer Fnter- then, Zunftinteressen, Großgrundbesißinteressen und dergleichen Yandelte, für die in der Staatsverwaltung überhaupt kein Plaß sei, die in der Verwaltung des Amtes s{hweigen sollten, deren Vertr zu werden gerade die Hauptaufgabe aller dieser Snstitu- tionen sei, weniger gefährlich sei diese Gruppirung in dem leinen Verband des Kreises, wo derselbe durch den engeren Nachbarverband gemildert werde, und auch dort nur auf einem Kompromiß beruhe, weil es an einer Landgemeindeverfa}jung fehle. Aber in dem ganzen großen Verbande einer Provinz Ne großen Besißmassen einander gegenüberstellen zum Zwed der Wahl für Vertrauensämter, die nach dem Gejeß und für das Gesammtwohl der Provinz verwaltet werden jollten, heiße dot wirklih die großen Besißklassen auffordern, ihre Sonder- und Parteiinteressen gerade da geltend zu machen, wo Ne nicht hingehörten, den Geist der Eifersucht und des tißtrauens da säen, wo der Gemeinsinn für das große Ganze walten sollte. És entstehe daraus unvermeidlich die stetige Furcht, majorisirt zu werden, da kein Stand als solcher die Majorität habe. Und wenn nun bei Beschlüssen, die die wirklihen Jnteressen durchkreuzten , bei Beschlüssen über Chausseebauten, Anleihen, Steuerzuschlägen, die Jnterejjen von

Stadt und Land mwirklich in ungleihem Maße begünstigt schienen, so erscheine alsbald auch die Forderung der itio in partes und die ganze alte Leidensgeschichte der alten ständischen Verwaltung, die Zerspaltung nach Kurien und der Kompro- mißhandel, durch welhen ben Sonderinteressen soviel zugestan- den werde, um eine Majorität zu gewinnen. Es habe niemals |chwächere und verkehrtere Verwaltungsorgane gegeben, als die alten Kreisstände des alten Deutschen Reiches mit ihrer Son- derung na Kurien, die nur eine Folge der Shwäche der Iteihégewalt gewesen sei, und die man durch ein Mißver- nandnmy der Geschichte in den Kreis- und Provinzialoronungen nahbilden zu müssen geglaubt habe. Doch ohne auf die großeren Verhältnisse zurückzugehen, sei es gewiß, daß die Absicht der Kommission bei ihren willkürlich abgegrenzten Besißz- Gruppen die Hauptsache verfehle, und daß gerade das Gegentheil er- reit werden werde. Es würden nie weniger Ritterguts- venBer gewählt werden, als wenn man eine besondere Kurie des Großgrundbesißes bilde, die zu neun Zehntel aus großen ¿sretgütern und Großbauern beständen. Man werde nie weniger ladtishe Herren in den Landtag bekommen, als wenn man die Städte in Masse dem Großgrundbesiß und den Bauern gegenüberstele. Man werde viel mehr Bauern in den Land- tag bekommen, als jemals, wenn man den Bauer in 40 Wahl- freien wählen lasse, denn derselbe werde nicht vergessen, daß er eigentlih viel mehr Stiminen hätte haben müssen, und daß er dur einen Kompromiß von Rittern und Bürgermeistern auf die Ration von 40 geseßt sei. Der Bauer werde, was noch \chlimmer sei, noch einmal daran erinnert werden, daß alles Elend und alle Unterdrückung über den deutshen Bauer da- dur gekommen fei, daß Ritter und Bürgermeister auf den Landtagen Kompromisse geschlossen hätten, welche beiden billig erschienen seien, aber nicht dem dritten. Und was nochch {chlimmer sei, bei allen neuen Provinzialordnungen werde der unfruhtbare Streit wieder aufleben, der 20 Jahre auf der ganzen Linie in Preußen geführt sei, und welcher seit dem veretntgten Landtag den Kern der Verfassungsstreitigkeiten ge- bildet habe: ob Vertretung nah Besißgenojssen oder Vertretung nach Sleuerleistung und nah dem gemein- jamen Zuteresse für das Wohl des Ganzen. Die Kommission habe sich auf den Standpunkt eines Provinzal-Landtages ge- itellt, der ein anspruchsloseres gewissermaßen bescheideneres Parlament sein wolle, ater nah der Weise des deutschen Par- lamentarismus doch immer noch ein Parlament sein möchte. Der Parlamentarismus liege den Deutschen nun einmal in den Gliedern. Es habe nirgends einen \{limmeren Parlamen- larismus als den der deutshen Fürsten gegeben, so lange sie dem Kaiser gegenüber gestanden hätten. Nirgends einen [chlimmeren Parlamentarismus als den der RKitterschaften, wo hle augenblicklih die Macht gchabt hätten, den Landes- herrn aus der Regierung zu verdrängen. Ec bitte daher den Antrag der Kommission und den des Abg. Windthorst abzu- lehnen und die Regierungsvorlage anzunehmen, i Der Abg. von Meyer (Arnswalde) erklärte, bei der vor- gerückten Stunde nur wenige Minuten sprechen zu wollen. Er werde, dem Abg. Gneist zu Gefallen, gern bekennen, daß ouch die Konservativen shwere Sünder seien. Er sche den Balken in seinem Auge sehr wohl, und mache bekanntlich aus jetnem Herzen nie eine Mördergrube. Er bekenne nämlich gern, daß die Thatsache, daß hier ein fiändishes Element in dem Kommissionsantrag hervortrete, ihn besonders ange- nehm berühre. Er werde daher für denselben stimmen. Ex habe ja die Stände früher immer vertreten, insbesondere bei der Berathung der Kreisordnung. Wenn man etwa für Hannover nichts hätte ändern wollen im Vergleich zum Osten, dann hätte man nicht mit Hannover beginnen jollen, sondern mit Schleswig-Holstein. Da wäre der Amtsvorsteher und die Provinzialverwaltung einfach zu über- lragen gewesen. Dann häite man fortfahren können mit Hessen-Nassau. Auch Westfalen hätte das angenommen. Beim Rheinland wäre die Sache etwas zweifelhaft geworden, weil ja die Nheinländer gewisse bureaukratishe Anwandlungen hâtten. Er wiederhole das ausdrücklih heute mit Nücksich auf den Abg. von Eynern, damit derselbe Gelegenheit be- tomme, darauf zu antworten, Wenn der Rhein es auch an- genommen hätte, dann wäre Hannover allein geblieben, dann hâtten die Hannoveraner nicht mehr Nein sagen können, \ie

wären so außerordentlich in der Minorität gewesen, daß sie einfach an die Wand gedrückt und festgenagelt wären. Ex gebrauche dieses sehr übliche parlamentarische Bild, obglei) es ihm nicht gefalle; er fürhte, wenn im zwanzigsten Fahr- hundert ein Geschihtsforsher in den stenographischen Be- rihten dieses Hauses dieje Bilder so oft wiederholt finde, werde derselbe die Abgeordneten wahrscheinlich niht für civilisirte Germanen, sondern für rothhäutige, tätowirte Jrokesen halten. Er werde also für die altständishen Reminiscenzen stimmen, nicht allein für den Kommissionsvorschlag, sondern auch für den Antrag Windt- horst. Der Provinzial-Landtag solle 94 Mitglieder haben, das seien nah seinen Erfahrungen in Brandenburg viel zu viel. Die Ausmerksamkeit der Mitglieder steige keineswegs mit der Mitgliederzahl, und namentlich bei folhen Sachen, welche nur Theile der Provinz beträfen, zeige sih unter den Mitgliedern eine verdächtige Neigung herauszugehen, und zu frühstücken. Die Selbstregierung werde au dur nichts mehr, als durch Langeweile gefährdet; und zum Ennuyiren gehörten gerade große Versammlungen. Das habe man hier geschen. Das Haus habe den Etat hier drei bis vier Wochen berathen ; nichts sei dabei herauëgekommen, als eine Maus, die der Berg geboren habe; und wenn die Linke sih dabei nicht ge- langweilt habe, so sei er neidish auf dieselbe. Den Antrag Köhler, der die Mitgliederzahl des Provinzial-Landtags noch vermehren wolle, anzunehmen, warne er ganz besonders. Ex bitte, dem Antrag Windthorst zuzustimmen,

Der Abg. von Dziembowski erklärte im Namen feiner politischen Freunde, daß sie sich nicht entschließen könnten, den Beschlüssen der Kommission zuzustimmen. Seine Partei wolle für die Provinz Hannover nicht eine Vertretung kon- struiren, die aus den an die alten Stände sih anschließenden Jnteressengruppen des Großgrundbesißes, der Städte und des Kleingrundbesißes hervorgehen solle und \hließlich zu Bahnen führen müßte, aus denen si leiht auf das ständische System zurückgreifen ließe. Seine Partei wolle nicht Konsequenzen schaffen, die für die mit der Kreis: und Provinzialordnung noh nicht ausgestatteten Provinzen von bedenklicher Tragweite sein könnten. Seine Partei wolle diese Konsequenzen auch nicht ausgedehnt wissen eine darauf zielende Strömung sei ja schon deutlich erkennbar auf die altenProvinzen. Er halte die ständische Ordnung in Staat und Provinz, und mit Selbstverwaltung auch solhe Ordnung, die dazu überleiten könnte, für unver- einbarx mit dem System der Selbstverwaltungs:Geseßgebung.

¡ Er wolle nik daran rütteln, sondern fie in vollem Umfange intakt erhalten. Es seien noch Bedenken geäußert worden in Bezug auf die Regierungsvorlage, die in der Hauptsache darin beständen, daß man fürhte, daß der Kleingrundbesiß eine zu starke Vertretung erhalten, und dadur die Vertretung ein- jelllg werden würde. Diese Bedenken seien bereits Seitens des Ministers und einer Reihe der Vorredner hier im Haufe in ershöpfender Weise widerlegt worden; er verzihte darauf nch noch darüber zu verbreiten, und {ließe mit ‘der Bitte, das Haus möge die Kommissionsbeshlüfe ablehnen und der Regierungsvorlage zustimmen. : Die Diskussion wurde ges{loFen.

s Der Abg. von Eynern bemerkte persönlih, der Abg. von Meyer habe den Nheinländern gestern und beute wiederholt bureaufratishe Neigungen vorgeworfen, und gestern u. a. ge- jagt, die Iheinländer wären mit der bureaufratishen Ver- waltung sehr zufrieden, wenn sie nur hinterher beim Schoppen recht Jehr darüber raisonniren könnten. Das Raisonniren beim Schoppen sei kein besonderes Vorrecht der Rheinländer jondern ein allgemeines Menschenrecht. i N

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Der Präsident von Köller bemerkte dem Abg. von Eynern gegenüber, daß er nicht im Namen der Rheinländer hier prechen dürfe.

„__ Der Abg. von Eynern (fortfahrend): Er habe ja im Namen aller Menschen gesprohen. Möglicherweise werde ja bei den NRheinländern hinter dem Schoppen mehr raisonnirt als in den öftlihen Provinzen. Aber dann verdiene gerave der Abg. voni Meyer mit am Meisten in die Mitte der Rheinländer aufge- nommen und zum Rheinländer erhoben zu werden.

Der Antrag Windthorst wurde abgelehnt.

Das Haus fam nunmehr zur Berathung des §8. 9, welcher nah der Kommissionsvorlage dem Grofßgrundbesiß und den Städten je 27, den Landgemeinden 40 Vertreter auf dem Pro- vinzial-Landtag zuweist und dieselben nah einem beigefügten Tableau auf die einzelnen Kreise vertheilt.

Ein Antrag des Abg. Dr. Köhler wollte statt 40 Ab- geordnete der Landgemeinden 41 konstituiren und den Ein- undvlerzigiten dur den Kreis Kehdingen wählen lassen.

Der Abg. Dr. Windthorst beantragte, da sein Prinzipak- antrag abgelehnt sei, den nahbenanten Standesherren Virik- sUunmen auf dem Provinzial-Landtag zu geben: den Herzögen von Arenberg und von Looz-Corswarem, dem Fürsten von Bentheim-Steinfurt, den Grafen von Stolberg-Wenigerode und von Stolberg-Stolberg, sowie dem Erblandmarschall von Hannover.

on Verbindung hiermit wurde auch die Negierungsvorlage diskutirt, welche für je 40 000 Seelen einen Provinzial-Land= tagsabgeordneten zugesteht.

Der Abg. Dr. Köhler 30 000 zu segen.

Der Abg. Dirichlet erklärte, wenn von seiner Seite cin- mal in Steuer- oder Zoll- oder Jagdfragen darauf hingewie-

sen sei, _daß darin die Juteressen des großen und kleinen Grundbesißes divergirten, dann nenne man ihn auf der rech- ten Seite einen argen Friedensstörer. Hier im Kommissions- vorschlage habe man aber die Divergenz der Fnteresfen zwijchen dem großen und kleinen Grundbesiß selbst in Para- graphen geseßlich fixirt, obwohl auf diesem kommunalen Ge- biet in der That eine folche Divergenz nicht existire. Er bitte dringend, gerade weil er die wirthshaftliche cFdentität der nteressen von Groß- und Kleingrundbesit vertrete, den S. I der Kommissionsvorschläge abzulehnen, und für die Regierungs- vorlage zu stimmen. Wollte er boshaft sein, dann würde er allerdings wünschen, daß der Kommissionsantrag angenommen werde, der sich ja sehr gut von der Linken politis verwerthezn lassen würde.

Die Diskussion {loß hiermit.

er Abg. Dr. Brüel bedauerte, daß ihm durch den Sdtluß ver Debatte das Wort entzogen sei.

n der Abstimmung wurden zunächst die Anträge Köhler und Windthorst zu dem Kommissionsvorschlage abgelehnt, und dann in namentlicher Abstimmung mit 165 gegen 157 Stimmen der Kommissionsvorschlag abgelehnt.

Die Regierungsvorlage wurde darauf mit großer Mehr- heit genehmigt, ebenso ohne jegliche Debatte die übrigen Artikel der Provinzialordnung.

n Bezug auf die in Hannever bestehenden Kommunoal- landschaften lag ein Antrag der Abgg. von Benda und Ge= nojjen vor, derselbe soll aber auf den Wunsch der Antrag- teller erst in der dritten Lesung diskutirt werden.

_ Meuauf vertagie sch bas Haus um 4 Sonnabend 11 Uhr.

beantragte anstatt 40 000 Seelen

Uhr auf

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Deutsches Adelsblatt. Wocenschrift {ür die Interessen des deutschen Adels beider Konfessionen. Nr. 7. Inhalt: Aufruf. a Agrarfrage der Gegenwart. Die Herabsegung der Eisen- bahn: Personentarife als Qulfêmittel gegen das soziale Elend. Streiszuge im Gebiet der adeligen Stistung. Geschlehtstag der «Familie von Borke. Ueber Ahnenprobe. Aus Friedri 17. Correspondenz mit Adeligen. Pariser Briefe. Ein Sc&wanenso gesang. Aus dem Kunstleben. Familiennachribten. Briefs kasten. Führer im Inseratentheil. Fnserate.

Deutsche Landwirth\schaftliche Pres Inhalt: Die Nuterwalzen-Düngerstreumasbine vo Berlin in der Praxis. Von v. König-Zörnigall.

se. Nr. 14. n M. u. L. Lins erlin é | Ausstellung von Maschinen und Geräthen im Museum der landwirthschaftlichen Hoch-

1ße 42, Von F. Schotte. Wie Milch? Von Ulrihs. Serra- Von v. Laffert. Correspondenzen : London. Personalien. Hauswirthschaft. Wirtbschaftsplaudereien für Land- wirthsfrauen. Versammlungen. Miéscellen, Spresaal.

Zeitschrift fürForst- undJagdwesen. 2. Heft. Inhalt: Abhandlungen : Ueber die Grenzen des Servitutre{ts und des Eigene thumsrechts bei Waldarundgerectigkeiten. Vom Obex - Forstmeister Dr, Dandtelmann. Mittheilungen: Zur Geschichte der französischen Forsteinribtung im Reichslande. Vom Kaiserl. Oberförster Winter zu Bitsch (mit ciner lithogr. Tafel). Eicben-Faßholz. Von von Alten. Statistik: Nachweisung der in der Zeit vom 1. August 1882 bis 31. Juli 1883 im preußischen Staate ausgegebenen Jagd- \che:ne. Von O. Mundt. Literatur. Notizen.

Unteroffizier-Zeitung. Nr. 7. Inhalt: Der Rücfzug des franzöfischen Marschalls Ney von Smolensk bis Orsza vom 16. bis 21. November 1812, Von M. M. Militärishe Mits theilungen. Geschibte der deutshen Truppentheile. Lose: Blätter. Vakanzen für Militär. Anwärter. Anzeigen. Beilage. zu Nr. 7: An mein Vaterland. Ein Schiffbrand auf dem Meere. Von Iwan Turgenjew. Gesellige Kurzweil.

Arbeiterkolonie und Verpflegungsstationenneß, ein Wort zur Empfehlung dieser Einrih‘ungen für Elsaß-Lothringen. (Abdruck aus der „Geraeinde-Zeitung* fär Elsaß-Lothringen.) Selbits verlag der Redaktion der „Gemeinde«Zeitung“ für Elsaß-Lothringen,

\hule zu Berlin N., Invalidenstra verhütet man das Blauwerden- der della in Silo's.

1884.