1927 / 34 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Feb 1927 18:00:01 GMT) scan diff

die ganz besondere Bedeutung des Gesehentwurfs, der einen gang wesentlihen Fortschritt auf dem Gebiet der Volksgesunoheit dar- Die Bedenken der badischen Regierung ergeben sich aus- chließlich aus dem § 2, insbesondere dem zweiten Absay. Es wird tet, daß diese Bestimmung zu einer ganz außerordentlichen Belastung der Länder führen wird.

Der Antrag Badens fand nicht die genügende Unter- Der Vorschlag der Ausschüsse (Kenntnisnahme ohne Einspruch) wurde mit Mehrheit angenommen. \{chließung wurde angenommen.

Weiterhin genehmigte der Reichsrat eine Verordnung des isters vom 22. Jauuar d. J., wonach nah dem 1. September 1902 betriebsfähig hergerichtete landwirt- shaftliche Brennereien im Betriebsjahr 1926/27 ohne Verlust der Eigenschaft ihrer Brennereiklasse Rohstoffe verarbeiten dürfen, die von den Eigentümern oder Besißern der Brennereien nicht selbst gewonnen sind. dabei insbesondere für die betreffenden Breunereien um die Verarbeitung zugekaufter Kartoffeln. Der Minister motiviert die Verordnung mit dem sehr verschiedenartigen Ausfall der lezten Kartoffelernte und der geringen Haltbarkeit der Kar- toffeln aus dieser Ernte, die durch die nasse Witterung noh gesteigert werde.

Auch die Ent-

Finanzmin

Es handelt sich

Deuischer Reichstag. 267. Sißzung vom 9. Februar 1927, nahmitiags 3 Uhr. {Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.) Präsident L ö be eröffnet die Sizung um 3 Uhr. Auf der Tagesordnung steht die dritte Beratung des Geseßentwurfs über die Grundschulen. Auflösung

Danach kann aufgeschoben werden, wenn eine baldige Auflösung erhebliche wirtschaftliche Härten für die Lehrkräfte oder die Unterhaltung sich bringen würde.

Dex Abg. S hu e ck (Soz.) beantragt, deu ¡Fnuenministex vou Keudell zu den Verhandlungen zuzuziehen und bis zu seinem Erscheinen die Erörterungen auszusetzen.

Der Antrag wird gegeu die Linke und die Demokraten avgelehut.

Abg. Löwenstein (Soz.) wendet sich gegen die Anträge in der Ausschußfassung. Antrag dexr jeßigen Regierunugsparteien, der die L Vorschule auch dann verhindern will, wenn die Ent frage landesgeseßlih geregelt ist. reichsgeseßliche Regelung der Entschädigungsfrage die Voraus- ung für die Aufhebung sein. der Regierungsparteten würde niht einmal in Hamburg die Auf- ebung der privaten Vorshulen mögli sein, obwoHl dort durch andeSgeseß die Entshädigungsfrage vorbildlich geregelt sel.

Abg. Rosenbaum (Komm.) bedauert, Junenminister niht anwesend ist, damit er zum veränderten r ¡eleh lung nehme. Der Redner fragt, ob der „Feldmarschall von Zäckeric“ dieselbe Stellung zu dem Geseß ein- nehme wie die vorhergehende Regierung. 1 bestehe über die reakiionäre Tendenz des Gesehes kein Zweifel. In anitlihen Erklärungen der Regierung werde zugegeben, daß Verhandlungen kontordats im Gange seien; daran sei die Sozialdemokratie {wer mitischuldig. Das kommende Reichsshulgesey werde in Verbindung iegenden Gese unter 1

Die Kommunisten forderten die We Schulwesens und den Abbau der privaten Vorshulen, den die Die Lehrfräfte der privaten Vorschulen seien zumeist absolute Prügelpädagogen, die niht besser gestellt zu werden brauchten als die Zehntaujende Aussprache. fommunistisher Anträge wird vie Vorlage nah den Aus- chußbeshlüssen AntragD.Mumm(

Voxrschulen

S E EIES T E I E E I E I E C F E I E E E E E E E Ee E Ma E S E E :

tröger mit

ein neuer hebung der chädigungs- Nach diesem Antrag i

Noch mehr zu

Bei Annahme des Antrages

Grundschulgesey Stellung

Für die Kommunisten

die Schaffung eines Reiths-

en er völligen Pfaffen stehen.

Reichsverfassung vorsehe.

von Funglehrern.

Il G14 Ablehnung

Verändert at.), Rheinländer (Zenit Dr. Runkel (D. Vp.) die Bestimmung, daß der Abbau oder die Auflösung dex privaten Vorschulen niht erfolgen darf, bevor eine Entschädigung oder ein

angenommen.

Ausgleich „reichsgeseßlich“ Fn der Ausschußvorlage wax uur „geseßliche“ Mit Rücsicht auf diese Aeude- rung widerspricht Abg. S ch x e ck (Soz.) der Shlußabstimmung über die Vorlage, ehe die neuen Beschlüsse gedruckt vorliegen. Die Verteilung der Drucksäche soll noch im La stattfinden und dann die Abstimmung nachgeholt werden.

Bur zweiten Beratung stehen die Anträge der Völkischen, der Stommunisten und der Bayerischen Volkspartei wegen der Biersteuererhöhung. Jm Steuermilderungs3geseß von 1926 war das Fukrasttreten der Biersteuererhöhung bis zum 1. Fanuar 1927 hinausgeschoben. die weitere Hinausschiebung bis zum 1. April 1927, Kommunisten beantragen die Aufhebung dex Bier- und Tabak= steuer mit Wirkung vom 1. April 1926 ab, Die Bayerische Volkspartei beantragt die Aufhebung der Biersteuer. Steuerausshuß des Reichstags erhöhung am 1. April 1927 in Kraft treten zu lafsen.

Abg. Henning (Völk) bedauert, daß dec Reichstag nicht noch im Dezember die Angelegenheit erledigt H dessen sei die Biersteuererhöhung inzwishen tatsählich in Kraft Herbeirufung des Reichs- en die Völktischen,

geregelt ift. Regelung verlangt worden.

ufe der Sißung

Die Völkischen verlan

empfiehlt, die Biersteuer-

| Redner verlangt die finanzministecs. Dieser Antrag wird Sozialdemokraten und Kommunisten abgele

_ Abg. Dr. Horlacher (Bayer. Vp.) beschwert sih darüber, daß der Präsident des Reichstags vor Weihnachten das Haus veranlaßt habe, diesen Gegenstand von der Tagesordnung ab- zuseßen, weil inzwischen die Regierung durch ein Mißtrauens- votum gestürzt sei und nun nicht mehr zu dem Antcag auf Hin- ausschiebung der Biersteuererhöhung Stellung Bersd Bayerischen Volkspartei, die sih sofort gegen diese Vertagung gewandt habe, sei die Biersteuererhöhung : . Januar in Kraft getreten. müsse sih die Vayerische Volkspartei aber dagegen, daß diese Bier- steuererhöhung zum Anlaß für eine darüber weit hinausgehende Bierpreiserhöhung genommen worden sei. Der Redner begründet den Antrag auf Abschaffung der Biersteuer.

Abg. Buchmann (Komm.) wirft der Bayerischen Volks- partei vor, daß gerade sie für die Profitinteressen tätig sei und bier nux Krokodil3tränen über die Preiserhöhung weine. Redner begründet scinen Antrag, niht nur die Bier-, sondern anch die Tabaksteuer aufzuheben. von Brauereiarbeiter arbeitslos. ein gerüttelt Maß Schuld an dieser Art Steuerpolitik.

Staatssekretär Po pi hält es für unmögli, einen Schritt rüdckwärts zu machen, der am 1. Januar vorwärts gemacht worden Auch die Biersteuer ganz abzuschaffen, möge ein frommer Wunsch sein aber das sei bei der Finanzlage des Reiches un- Allein die jeßt verlangte Senknna würde für das Reih 100 Millionen Mark im Fahr weniger Einkünfte bedeuten. (Zuruf bei den Kommunisten: Sie machen sih die Sache sehr leicht!)

A Simon- Schwaben Volkspartei vor, fie habe durch ihre Politik den {Futeressenten große Gewinne in den Schoß geschüttet.

Verschulden

Besonders wehren

Die Biersteuer moche tausende Die Sozialdemokraten treffe

(So4.) wirft dex Bayerischen

Damit {ließt die Aus\sprahe. Der kommunistische Anirag wird ebenso wie der Antrag der Bayerischen Volks- partei und die Vorlage des Ausschusses abgelehnt. Dadurch erübrigt sich eine dritte Lesung. Die Ablehnung der Vorlage erfolgt gegen die Stimmen dex Kommunisten und

der Wirtschafstlichen Vereinigung. -

Es folgt die zweite Beratung von AbändTrungs- anträgen zum Mieterschuvhgesey. Das Mieter- shußgeseß von 1922 bestimmt, daß Mietec und Vermieter gegenseitig erklären können, daß die geseßliche Miete gelten

E11 und Genossen tlihe Vereinigung Dr. Förissen und eantragt, daß, wenn diese Erklärung von dem Mieter nah dem 15. Juli 1926 abgegeben ist, der Ver=- mieter erklären kann, daß der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelten kann. Die Deutschnationalen Hart - wig und Genossen haben die Vorlegung eines Geseßeniwurfs zur Beseitigung der Wohnungsämter und Neuregelung des

und die Wir

joll. Die Saa Volkspartei Dr. Genossen haben

Mietershußes beantragt.

Der A us\chuß für DEIURRA Ae [en beantragt, ey

die Anträge Scholz und Jörissen abzulehnen und den Antrag

Hartwig dadurch für erledigt zu erklären.

Die Wirtschaftlihe Vereinigung Dr. Förissen und S beantragt nunmehr die Vorlegung eines Geseßes, wonach, wenn die erwähnte Erklärung von Rain Mieter nah dem 1. Fanuar 1927 abgegeben ist, der Vermieter binnen vier Wochen nach der Erklärung verlangen kann, daß* der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Die Wirtschaftliche Vereinigung EBE Ferner, daß die Reichsregierung auf die Läâuder eiuwicken soll, daß sic den Abbau der Zwangswirt- schaft fördern, und zwar besonders durch Aufhebung der Woh- nungsâmtexr, wo sie nicht mehr nötig sind, sowie dadurch, daß alle größeren Wohnungen bei Freiwerden aus der Zwangs- D herausgenommen werden.

L Ubg. Silberschmidt (Soz.) bekämpft den neuen Antrag Jörissen. Man könne die Wohnungsämter nicht etwa aufheben, hie its müsse sie im Gegenteil ausbauen zur Kontrolle der

ohnungshygiene und für andere kulturelle Zwecke. Die Befreiung rößerer uan en solle nux Vorarbeit leisten für die völlige ufhebung der Wohnungszwangswirtschast zur unberehtigten Bereicherung der Hausbesißer, wie sie bei der Lockerung der Zwangswirtschaft für gewerbliche Räume schon zutage getreten sei.

Abg. Tremmel (Zentr.) weist auf den Fall einex ehe- maligen Feuerwa@che hin, durch deren Untervermietung der Ge- neralmieter eînen ungeheuren Gewinn erzielt habe. Ein in dieser Sache ergangenes Gerichtsurteil habe die iete zwar etwas Dae aber den wuchernden Generalmieter sogar von der

ahlung der Hauszinsfteuer freigestellt, Hier sei ein Urteil ge- sprohen worden, das der Absicht des Geseßgebers wäiderspreche. Die Wohnungszwangswirtschaft müsse wenigstens bis zum Vor- liegen des Ergebnisses der Wohnungszählung aufrechterhalten werden, damit hieraus die entsprechenden Go gerngen gezogen werden könnten. Den neuen Antrag der Wirtschaftlichen Ver- einigung Qu der Redner ab.

Abg. Beythien (D. Vp.) betont, daß seine Fraktion sich zu einer Verewigung der- Wohnungszwangswirtschaft niht be- reitfinden werde. Man müsse rascher und klarer an den Abbau der Zwangswirtschaft herangehen. Der Redner wendet sih in- sonderheit gegen eine Bestimmung des § 1 des Reichsmtieten- geseßes, wonach zwar cin Mietvertrag abgeschlossen werden könne, der Mieter aber jederzeit nah Abschluß des Vertrages die Fest- [ebung des gesehlihen Mietpreises fordern könne, während die angfristigkeit des Vertrages unantastbar sei. Das bcdeute ge- radezu eme Legalisierung des Vertragsbruches. Der Redner nimmt daher den im Ausschuß mit 13 gegen 13 Stimmen ah- gel&hnten entsprehenden Antrag wieder auf. Wohnungsämter würden zur Erfüllung gewisser Aufgaben allerdings noch bestehen bleiben müssen. HicSer und klar, mit bestimmter Fristsezung müsse man an den Abbau dieser Dinge herangehen.

Abg. Martha Arendsee (Komm.) verlangt an Stelle der Beseitigung der Wohnungszwangswirtschafst die Beseitigung des Wohnungselends. Die Anträge der Rechten schlössen die Absicht in sich, aus der Notlage der Armen sih zu bereichern. Vorx allem müsse die Aufhebung des Mietershußzes für gewerbliche Räume nhne Wohnung zum 1. April in reite verhindert werden. Die Wohnungsämter sollten vorx allem auch mehr Rücksicht auf die finderreihen Familien nehmen. Nicht Abbau, sondern Ausbau des Mietershußes sei erforderlich.

Abg. ck e (Wirtsch. Veveinig.) begründet den neuen Antrag Förissen. Es handle sih darum, den Ländern die Verordnung des Reichsministers über den Abbau der Wohnungszwangêwirt- schaft wieder ins Gedächtnis zu rufen. Gerade das, was die Sozialdemokraten erstrebten, sei unsozial. Sie wollten den Haus- besißer nicht einmal in sein eigenes Haus hineinlassen. Fm übrigen sei es nit zu rechtfertigen, daß reiche Leute zu einem Spottpreise große Wohnungen inne hätten, während weite Kreise des Volkes zu höchsten Preisen keine Unterkunft finden könnten.

Abg. Bart ch (Dem.) wendet sich gegen das Verlangen der Wirtschaftspartei, die gesamte Wohnungszwangsiwirtschaft so- fort aufzuheben, und empfiehlt s{hrittweises Vorgehen. Die bis- herige Haltung des Reichstages beweise, daß er au den Ländern Erleichterungen dex Zwangswirtschaft micht aufzwingen wolle. Daß auch das Volk das nicht wolle, hätten die zahlveihen Kund- gebungen aus dem Reiche bewiesen. (Abg. Luckte [Wirtschastliche Vereinigung]: Lesen Sie doch auch einmal die Kundgebungen der Hausbesitzer, die wir vertreten!) Die haben Sie nicht zu ver- treten, Herr Lucke, denn Sie sind Vertveter des ganzen Volkes! (Unruhe bei der Wirtschastlihen Vereinigung.)

Abg. Schirme r -Franken (Bayer. Vp.) verlangt gzielbe- wußten Abbau der Zwangswirtschaft. Vorausseßung sei dafür, daß zunächst die Wohnungsnot beseitigt werde. Herr Lucke set kein Vertreter des Mittelstandes, denn seine Anträge wendeten sich gerade gegen den zur Miete wohnenden gewerblichen Mittel= stand. Außerdeut müsse man si gegen die Eingriffe dieses An- irages in die Rehte der Länder verwahren.

Damit {ließt die Aussprache. Dex Ausschußantrag wird angenommen, der neue Antrag Jörissen (Wirtschaftlihe Ver- einigung) gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Eine Reihe von Petitionen werden ohne Aussprache erledigt.

Fuzwischen ist die Novelle zum Grundschulgeseß nach den Beschlüssen der dritten Lesung gedruckt verteilt worden.

Abg. S hr e ck (Soz.) hält es für unmöglich, das Gese am 1, Februar in Kraft treten zu lassen. Diese Fassung der Schluß- bestimmung enthalte „offenbar eine Unrichtigkeit. A

Präsident be: Eine Berichtigung ‘ist im gegenwärtigen Stadium nah Schluß dex Beratung nicht mehr möglich.

Abg. Schx e ck (Soz.): Das Sey ist verfassungsändernd; es bedarf zur Annahme einer Zweidrittelmehrheit.

Für die Ausschußvorlage stimmen die Rechtsparteien und das Pentcum, dagegen Demokraten, Sozialdemokraten und Kommunisten. Das Büro ist einig, daß zwei Drittel der Mitglieder e C niht aber darüber, ob von ihnen au zwei Drittel für die Vorlage stimmen. Die Auszählung ergibt die Annahme der Novelle mit 207 gegen 130 Stimmen.

Präsident Lv be: Das Gesetz ist also mit einfahèr Mehrheit angenommen. Jn dieser Feststellung liegt keinerlei Entscheidung über den verfassungsändernden Charakter des Gesehes.

Damit ist die Tagesorduung erschöpft. Das Haus vertagt sih auf Donnerstag 2 Uhr: Kommu- nistishe Amnestievorlage, Schuß dexr Jugend bei Lustbarkeiten.

Schluÿ 6 Uhr.

Varlamentarische Nachrichten.

Der Aeltestenrat des Reichstags beschloß. in seiner dge Sia die fommunistische Interpellatign über die An- gelegenheit des Reihsministers des Innern Dr. n Keudell und das Tommunistishe Mißtrauensvotum gegen: diesen Minister auf die Tagesordnung der Freitagsißung seven unter der Voraus- seßung, daß der Reichskanzler dann in der Lage sein wird, die Inter» pellation zu beantworten, Heute foll, wie üblih än diesem Wochen» tag, nur eine kurze Sißung von zwei Stunden abgehalten werden, um den eventuellen Rest der gestrigen Tagesordnung weiter zu beraten und außerdem den O ven Antrag über die Amnesties fragen zu beraten. Vom Sonnabend ab bleibt es bei der vor geictenes furzen Pause in den Plenarsißungen bis zum nächsten

tittwoh. Dann wird die erste Lesung des Reichshaushaltsplans mit dem Finanzausgleih beginnen. Die Verhandlungen werden ein- ps die CGtatsrede des neuen Meichsfinanzministers r. Köhler.

Der Rechts8ausschuß des Reichstags beschäftigte sih am 8. d. M. unter dem Vorsit des Abg. D. Dr. Kahl (D. Bp.) mit kommunistischen, sozialdemotratishen und deniokratishen An=- trägen, die eine Reform der ÉEhesheidungen dahin wünsthen, daß Ehen auch bei Zerrüttung und ohne das von den E Geseze8bestimmungen verlangte Verschulden mindestens eines Eheteils geschieden werden können; ferner wünschen diese Anträge in mehr oder weniger s{härferer Form die Ermöglichung einer Ehelösung beim Vorliegen von Geisteskankheit leihterer Art, ¿. B. schwerer Hysterie e Vor Eintritt in die Tagesordnun ergriff dex neue Reichsjustizminister Dr. Hergt das Wort u ertlärte, es sei dn eine ganz besondere MERLe, E Bezichungew zum Rechtsausshuß heute eröffnen zu können. Er bitte um Nach- sitht bei der gemeinsamen Avbeit, da ihm die eigentlichea Justize aufgaben natürlich etwas fremd geworden seien. Es bedürfe €r* neuter mühevoller Arbeit für ihn, um L die vorliegendeu Auss gaben wieder einguarbeiten. Schon die Regierungserklärung habe auf einzelne große Aufgaben der Justizreform hingewiesen. Vor allem sollten Strafgeseß und Strafprozeß reformiert werden, und es sei nah der Regierungserklärung zu erhoffen, daß noch dieser Reichstag beide Aufgaben erfüllen wird. Aber auch andere Res Enn ständen bevor, sowohl auf dem Gebiete des internationalen

echts, wie auch bezüglih des Patent- und Gebrauch8- musterrechts, bezüglih der Rechtsstellung der unehelichen Kinder und bezüglih eines Ausl[ieferungsgeseßes. Der Minister hofft auf ein enges Zusammenarbeiten mit dem Rechtsauss{hu Vorsißender Abg. D. Dr. Kahl (D. Vp.) erwiderte, daß es ls den Sa n von allergrößtem Wert sein werde, ih der Mitarbeit des Herrn Reichsjustizministecs zu erfreuen. ‘Die Debatte über die Ehescheidungsreform eröffnere die Abg. Arendsee (Komm.), die sih für die weitgehenden Anträge ihrex Partei auf diesem Gebiete einseßte. Abg. Bi tearr (Bayer. Vp.) ivies darauf hin, daß die Fälle einer nihtverschuldeten Zers rüttung der Ehe gar nicht so häufig seien, wie jeßt vielfah be» hauptet werde. Fmmer habe doh mindestens ein Teil die Shuld., Man könne dahex dabei verbleiben, die Shuld an der Zerrüttung einer Ehe als Vorausseßung für die Ehescheidung aufrechtzus erhalten. Jede Erleichterung der Ehescheidung würde eine Bes

* nahteiligung der Stellung der Frau herbeiführen. Es sei deshalb

unverständlich, warum gerade die Frauen sich für die Erleichterung der Ehescheidung so N ins Zeug legten. Die Wirkung der Erá leichterung dexr Ehescheidung würde die Vermehrung leihtsinnigex Ehescheidungen sein. Nux im Falle der Geisteskrankheit eines Ches gatten seien die heutigen Bestimmungen reformbedürftig. Wenn man aber den Standpunkt der Unauflösbarkeit der Ehe aufgebez gleite man bergabz; deshalb sei es fraglich, ob überhaupt Aende- rungen der jeßigen Geseßgebung vorgenommen werden könnten, Abg. Ha mp e (Wirtschaftk. Vgg.) \tellte für seine Person fest, daf ex im Gegensaß zu den früheren Ausführungen seines Fraktionss kollegen Bredt gegen eine Erleihterung der Ehescheidung jeî. Herx Bredt habe vielleicht für die Wirtshaftspartei gesprochen, aber nicht für seine, des Redners, engeren Freunde, die Deutsch-Hannos veraner. Wir bilden, so erklärte der Redner, in unserer Fraktion ja nur eine politishe Ehe. (Zuruf: Sie s{heint zerrüttet zu sein! Heiterkeit.) Abg. Dr. Rosenfeld (Soz) richtete an den Reich3« justizminister die Frage, wie er zu den vorliegenden Anträgen auf Erleichterung der Ehescheidung sich stelle. Angesichts der wider sprechenden Erklärungen der früheren Fustizminister sei für dern Fortgang der Beratungen wichtig, zu wissen, wie der jeßige FJustizs minister si stelle. Zurückweisen müsse man die Auffassung, als ob ctwa nur infolge des Krieges das Problem der Ehelösung wegen Zerrüttung akut geworden set. Gerade die Tatsache, daß auch nichf frieg\ührende Länder, wie die Schweiz, Dänemark, Norwegen Und Schweden, abgesehen von der Tschechoslowakei, die Ehezerrüttung ohne Verschulden als Ehescheidungsgrund eingeführt hätten, zeige, daß in vielen Ländern die Reform als notwendig erkannt worde sei, die jeßt für Deutshland erstrebt werde. Vor allem seten es die Frauen, die die Reform forderten, woraus sich doch schon ergebe, daß die Juteressen der Frauen eine Erleichterung der Ehescheidung erforderten. Keineswegs werde die Erleichterung etiva leichtsinnige Eheschließungen herbeiführen, da niemand, der eine Ehe eingehe, an Scheidung der Ehe deuke. Vor allem müsse in Ehen, in denen ein Teil geistig erkrankt sei eine leihtere Scheidung möglich gemacht werden. Dies E des Abgeordneten Dr. Kahl, neben dem Vers l dungsprinzip die Ehescheidung bei Zerrüttung zuzulassen, eien ein Entgegenkommen an die sozialdemokratishen Wünsche. Reichszustizminister Dr. Hergt verwies auf die Erklärungen, die Staatssekretär Joel im Auftrage des früheren Reichsjustig« ministers Dr. Bell abgegeben habe, und wonach der Fustizminister es ablehne, in dieser Frage einen geseßgeberischen Vorschlag zu machen. Er selbst wolle sih nicht hinter dem Gesichtspunkte dev Kontinuität zurückziehen; es sei etwas Schönes um die Kontis nuität der Regierung (Zuruf des Abg. Landsberg [Sogz.]t Warum haben Sie dann die E Regierung gestürzt? Heiterkeit), aber die Kontinuität habe natürlih auch ihre Grenzen. Troßdem könne ex nihts anderes erklären, als Justizminister Bell habe erklären lassen. Bei dem großen Widerstreit der Meinungen in dieser Frage würde die Regierung ihre L lgore falsh aufs fassen, wenn sie die Znîtiative ergrifse; ste würde die Gegensäße im Lande nur noch vertiefen, und das könne von ihr nicht erwartet werden. Er stamme aus einer Zeit, in der die Regierung zw Fnitiativanträgen der Parteien überhaupt niht Stellung gea nommen habe. Es wäre gut, zu diesem Standpunkt zurüczukehren, und jedenfalls werde sich die Regierung in dieser Frage zunächst zurückhalten. Abg. D. Dr. Kah!1 (D. Vp.) wies darauf hin, daß au

der Abg. Pfleger (Bayer. Vp.) im Falle der Geisteskrankheit die Reformbedürftigkeit des Ehescheidungsrechts anerkannt habe. Die R Socdileivatui sei so alt wie das Bürgerliche Geseßbuch, und wenn die Reform jeßt nicht komme, würden sih die Ehebrühe und die Zahl der Fälle, wo dex Ehebruch vorgetäuscht werde, nur vermehren. Auch würde eine große Erregung entstehen, die man durch Durchführung der Reform vermeiden könne. Für ihn sei die Sache besonders shwierig wegen seiner Stellung in der Kirhe. Wenn n viele Geistlihe für eine Reform dex Ehescheidung einträten, so sei die Kitche als solhe doch dagegen. Er werde einen Aenderungsantrag einreichen, wenn seine Frak- tion gesprohen habe. Abg. Marie JFuchacz (Soz.) wies auf Grund der Erfahrung, die sie aus ihrer Tätigkeit in vershiedenen Organisationen gemacht Habe, auf die traurigen Schifsale der Kinder hin, die in Ehen aufwüchsen, die infolge der starren Gesetzgebung nicht gelöst werden könnten, obwohl sie aus sittlihen Gründen heraus längst \{ecidungsreif seten. Die Wirkungen auf die Kinder würden in solchen Fällen um so \{limmer, je shwie- riger gerade in den am meisten betroffenen Schichten der Arbeit- aden die Wohnungs- und Wirtschastsverhältnisse der Eltern seien. Besonders aus der Sorge um die heranwahsende Jugend a sollten die Ehesheidungen erleihtert werden. Abg. Dr. óanemann (D. Nat.) erklärte für sich ae daß die ver- schiedenen Ehereformbestrebungen nicht gur uhe kommen

ürden, wenn alle Reformvorshläge abgelehnt würden. Der Scuriilaüf gegen das geltende Gesey fönnte dann zu KAende- rungen führen, die niemand jeßt wolle. Das Festhalten an dem tarren Schuldpriuzip sei nicht einmal sittlih. Fm einzelnen anin M der Redner, daß ihm die Vorschläge des Abg. Kahl noch zu weit gingen. Er sei der Meinung, daß es ausreîche und be- reits eine große Besserung bedeuten würde, wenn bei dem klagenden Ehegatten die oraussezung einer Schuld an der Zerrüttung wegfiele, so daß ein Ehegatte (nes dann die Schei- dungsflage erheben könne, wenn ohne Verschulden des klagenden Teilé cine Zerrüttung der Ehe eingetreten sei. Abg. Dr. Marie Lüders (Dem.) betonte, daß außer einer oder zwei Fraktionen in keiner Fraktion des Reichstags nur Gegner der at lr rat 06 reform säßen. Es sei in der Tat ein unmöglicher Zustand für einen Richter, daß er unter den geltenden Bestimmungen oft wider 6 ori Wissen und Wollen bei Ehescheidungen mitwirken müsse. Daß der Reichsjustizminister sich zu dieser Frage n äußern wolle, entspräche threm Empfinden. Es sei au gar nicht nüßlih, wenn das Ministerium sih für oder gegen die Reform erklären wollte. Es handle a pes um eine der e Materien, die den Reichstag seit langem beschäftigt hätten. Sie wünsche dringend die Ännahme der demokratischen Anträge En E cleidiearna der Ehescheidungen. Abg. Dr. Bockius (Zentr.

verteidigte die ablehnende Haltung des Zentrums. Das Zentrum wolle lediglih im Falle eines Vershuldens, wie es die geltenden GesezeSbestimmungen erfordern, die Ehescheidungen weiter be- tehen lassen. Es sei gegen jede Aenderung. E in den ällen, wo noch nit Heid: Geisteskrankheit vorliege, je

ien seine reunde gegen eine Erleichterung der Ehescheidung, da die Ge- ahr bestehe, daß sonst hon bei einer kleinen Hysterie Ehe- idungen ausgesprohen würden. Ein bißchen verrüdckt sei ja ließlich jeder (Heiterkeit) und die Gefahren der zu leichten Ehescheidung deshalb niht von der Hand zu weisen. Man sei zu leiht geneigt, die Verhältnisse der Großstadt für das ganze Land zu verallgemeinern. Die öffentlihe Meinung des ganzen Landes sei keineswegs für die Ehesheidungsreform. Scheinuxrteile kämen nux in Großstädten vor, wie in München, von wo ihm mitgeteilt worden sei, daß dort Scheidungsurteile fingiert würden. Die Leidtragenden bei den Scheidungen seien meistens die Frauen. Abg. Dr. Landsberg (Soz.) erklärte, daß die sozialdemokratische Fraktion keineswegs vor dem Wunsche ge- leîtet sci, eine größere Zahl von Ehescheidungen herbeizuführen. Er halte nit gerade diejenigen für anständige Menschen, die aus der Ehescheidung einen Sport machten. Auch für ihn sei die Ehe etwas Heiliges. Aber deshalb gerade dürfe eine Che niht unter allen Unständen aufrehterhalten werden, auch wenn ie zerrüttet sei. Das Zentrum, das von seinen kirhlihen Vor=- tellungen ausgehe, sei niht konjequent, sonst müßte es jede Ehe- ceidungsmöglichkeit beseitigen. Bei psychopathishen Personen könne dem anderen Ehegatten niht das weitere Zusammenleben es werden. Die Folge set es Mord oder Mordversuh. luch in Fällen der krankhaften Zanksucht müsse die Ehescheidung möglich fein. Wenn das allgemeine Landreht in Preußen mit der Zulassung der Ehescheidung bei Kinderlosigkeit für den Fall der Uebereinstimmung der Ehegatten ausgekommen sei, dann urüsse auch jeßt bet ans der Ehe die Ehescheidung mögli sein. Die weitere allgemeine Debatte wurde auf Donnerstag vertagt. Nachdem der Ausshußvorsigende Abg. D. Dr. Kahl (D. Vp.) noch mitgeteilt hatte, daß unter den Arbeitsvorlagen für den Ausshuß- sich allein etwa 13 Aufwertungs8gegenstände befänden, E bu gründlißhe Aussprache erforderten, vertagte sich der Aus\{chuß.

‘Der L didele ca line Sen G des Reichstags beendete gestern eine Verhandlungen über den Komplex Münchner Einwohnerwehr. L Abschluß der Untersuchung Über die bayerischen Vortommnisse lagen folgende Anträge vor: Der Antrag des Referenten Dr. Levi (Soz.) lautet nah dem Bericht des Vereins deutscher Zeitungsverleger: Die Ermordung der am 6. Oktober 1920 tot auigefun denen Maria Sandmayr in München, der am 10 Ok- tober 1920 erfolgte mörderishe Ueberfall auf den ehemaligen Reichs8wehrsoldaten Dobner, endlih die am 4. März 1921 erfolgte Ermordung des Kekllners Hans Hartung ist auf eine einheitliche, organisierte, mit der Wirtschaftsstelle der Landesleitung der baye- rishen Einwohnerwehren verbundene Personengruppe zurückzu- führen. Die Taten sind begangen worden nach einem gleich- mäßigen Plan unter Mitwirkung von Personen, die zu jener Wirtschafts\telle gehörten oder in deren Diensten tätig waren, im Falle Sandmayr und Hartung unter Zurverfügungstellung von Geräten zur Ausführung, im E Sandmayr auch untex Ge- währung von Mitteln zur Flucht des wegen der Tat Verfolgten. E8 it in diesem Falle auch die Organisation der Einwohnerwehr zur Bewerkstelligqung der Flucht in Anspruch genommen worden. Die Taten sind begangen worden als Strafe für ein den Opfern nachoesagtes „gemeinschädlihes Verhalten“ (,„Vaterlandsverrat“). Sie sind aus diesem Grunde von den leitenden Stellen der Landes- leitung der EinwoHhnerwehren mit Genugtuung gesehen- worden; es sind von dieser Stelle keine Schritte gegen die Wiederholung unternommen worden. Im Gegenteil: Im Falle Sandmayr ist durch die dem Verfolgten De Hilfe die Strafverfolgung wirksam vereitelt worden, im Falle Hartung ist durch die von dev Landesleitung der Einwohnerwehren über das bayerische {Fustiz- ministerium durch den Dr. Gademann ausgeübten Einflüsse auf die amtierenden Staatsanwälte die Rücknahme der gegen die als Täter in Betracht kommenden Personen erlassenen Haftbefehle entgegen allen kriminalistishen Erwägungen bewirki und die Unterlassung wirksamer Üntersuchungsmaßnahmen veranlaßt, auch die Oeffentlichkeit über den Lauf des Verfahrens getäuscht worden. Die dadurh eingetretene Verzögerung und Verdunkelung hat die völlige Aufklärung der Tat erschwert oder unmöglich ge- macht. Jm Falle Dobner is die Tat unter Mitwirkung eines Polizeibeamten der Münchner Polizeidirektion veranlaßt worden. Jn allen Fällen haben die als Täter in Betracht kommenden Personen die Sympathie hoher ziviler und militärischer Funktio- näre auf ihrer Seite, teils auch deren Hilfe gehabt. Der in dem Urteil des Shwurgerichts München in Sachen gegen Neunzert und Genossen festgestellte Glauben der Täter, daß derartige Blut- taten „von den Behörden gar nicht einmal ernstlih verfolgt würden hatte sachliche Grundlagen. Die drei obenerwähnten Taten \ind Femetaten im Sinne der Definition des Ausschusses: die Landesleitung der Einwohnerwehren war eine Femeorgani- sation. Die Ermordung des Studenten Baur durch Mitglieder des Blücherbundes ist eine Femetat. Sie erfolgte wegen s{häd- lichen Verhaltens auf Grund von Verabredungen von Mitgliedern jener Organisation. Sie war geistig vorbereitet durch die von den Einwohnerwehrleuten begangenen Femetaten (,„verborgenes Waffenlager zeigen“) und unter dem Eindruck der ungenügenden Verfolgung jener Taten. Es hat sih nicht fee lassen, daß der Blücherbund Femeorganisationen als ständige Einrichtungen E oder geduldet hat. Auch in diesem Falle hat der Täter ie weitgehende Sympathie staatlicher Stellen gehabt; durch sie ist ein Entweichen ermögliht worden. Jm Falle der Ermordung

s Abgeordneten Gareis hat sih der Täter und der Kreis, aus dem heraus die Tat begangen wurde, nicht feststellen lassen Die gerichtlihen und polizeilihen Untersuchungen sind dazu bis heute u mangelhaft und unvollständig. Der Auss{huß hat mit seinen Nitteln keine Möglichkeit, die notwendige kriminalistishe Er- gänzung der Ermittlung durchzuführen.

Dazu liegt folgender Zusaßantragder Abgg. Mün- zenberg und Creußburg (Komm.) vor: m Antrag Dr. Levi im leßten Absay nach den Worten „nicht feststellen lassen“ folgenden Sab einzuschalten: „Das vorliegende aterial und die getroffenen Feststellungen weisen aber mit aller Deutlich- keit Era) hin, daß die Mörder des Abgeordneten Gareis aus denselben Kreisen stammen und aus denselben Motiven handelten, wie die Mörder im Falle Sandmayr, Hartung und Dobner

Der A ntrag des Korreferenten Dr. Schaefer - Breslau (D. Nat.) lautet: Der Ausschuß gelangt auf Grund der ihm vor-

Grund feiner e ungen über die Scheidemann, A) Nachdem

getragenen gerihtlichen Akten und au Beweiserhebungen 4 Bänxe,

olgenden Festste tordanshlag 3. Sandmayr, 4. Hartung, 5. Dobner, 6. Gareis. in den vorstehend zu 1—5 genannten Fällen durch geseßmäßig stande gekomnrene, rechtsfräaftige Urteile: 1. im Falle Baur urch das Urteil des Volksgerihts in München vom 22. Augufs 1923: a) der Student August Zwengauer wegen Mordes, begangen um Tode und zu dauerndem Ehr- b) der Arbeiter Ern

aa dem Studenten Karl Baur, verlust verurteilt worden ift, nklage des gemeinsam mit Zwengauer begangenen Mordes eigesprochen ist; 2. im Falle Scheidemann durch Urteil s Volksgerihts München vom 26. Fuli 1923 der Korrespondent Vergehens der Reichstag8abgeordneten Scheidemann und wegen Vergehens gegen das Republikshutzgefetz Gefängnis verurteilt worden ist; 3. im Falle Sandmayr durch Beschluß der Strafkammer des Landgerichts München vom 3. April 1925 der Leutnant a. D. Hans Schweighard wegen der Anschuldigung des Mordes an dem Dienstmädchen Sandmayr außer Verfolgung geseßt worden ist; 4. im Falle Hartung durch das Urteil des Schwurgerichts München vom 30. März 1925 die Studenten Neunzert und Bally von der Anklage des Mordes an dem freigesprohen as Verfahren wegen deren Ab- wesenheit durch Gerichtsbeschluß vorläufig eingestellt worden ist; 5. im Falle Dobner durch das Urteil der Strafkammer beim

gemeinschaftlicher Körperverlezung und wegen Bedrohung zu je 950 Mark Ge u je 95 Tagen Gefängnis nach dem Grundsaße, daß er niht berufen / greifen, und zwar auch nit hin= äftiger gerichtlicher Entscheidungen, nicht in der sie in den

st Berger von

„Vorwärts“, Auffordecung zum

drei weiteren Angeschuldigten

Landgericht und Berchtold strafe, erfaßweise verurteilt worden sind, ist der Aus\ch1 / in die Rechtspflege einzu tchtlich rechtsfr age, andere tatsählihe Feststellungen zu treffen als Entscheidungen hiervon hat aber auch die Beiveisaufnahme vor dem Aus[{chuß selbst eine weitere Aufklärung hinsichtlih der Tat und der Täter, als wie sie durch die gerihtlihen Untersuchungen exfolgt und in Entscheidungen

genannten gerichtlichen

genannten gerichtlichen niedergelegt nicht erbracht.

Im einzelnen stellt der Ausshu Vorliegen von „Feme“ im Sinne des Beschlusses des Ausschusses vom 26. April 1926 ist in deny exörterien Fällen, abgesehen von dem Falle Dobnexr, ein Nachweis nicht erbracht. Baur ist dexr Student August Zwengauer des politishen Motiven, d. h. weil er den Baur für einen Verräter an der Organisation des Blücherbundes hielt, überführt: a) der Nach- weis, daß diesem Morde lusses des Ausschusses vom 26. April 1926 zugrunde liegt, ist niht geführt, wenn au, wie das Urteil des Volksgerichts 2. August 1923 feststellt, ein Verdacht, der aber nicht zur Verurteilung ausreichte, hierfür fortbesteht; b) des ferneren besieht der Verdacht, daß eine der Veranklassungen für den Täter zur Ermordung des Baur, dessen Verkehr mit dem Korrespondenten diesen Verkehr mit Baur zum Zwecke der ländisGen Verbände gesucht und unterhalten hat. 2. Baur—Scheidemann ist der Student August ein Mordattentat geplant und in seinen Einzelheiten vorbereit zu haben. Er ift in feinem Vorhaben durch den Korrespondenten des „Vorwärts“ Franz von Puttkamer, bestärkt und i „Feme“ im Sinne des Beschlusses des Ausschusses vom 26. April 1926 vorliegt, / behauptet, ex habe die dem Baur zur Ausführung des Mord- planes zugesagte Unterstüßung nicht ernstlich gemeint. Gleichwohl hat der Mordpylan des Baur auf den Abgeordneten Scheidemann

ß folgendes fest: I. Für das

m Falle ordes aus

BVerabreduna Sinne des

München vom

Puttkamer, pibelung der vater- m Falle aur über- Scheidemann

„Vorwärts",

Abgeordneten

ist deshalb

Dex Mordplan ist nux deshalb nicht zur Ausführung gelangt, weil Baur inzwischen ermordet worden war. Ob und inwieweit noch andere Mitglieder de der Organisation Roßbach an der Verabredung zur Ermordung des Abgeordneten Scheidemann beteiligt waren, t nicht nachweisbar. Sm Falle Sandmayr is \chlusses des Ausschusses vom 26. April 1926 niht erwiesen. besteht jedoch der Verdacht, daß die Sandmayr weaen Wassen- verrats auf Grund einex Verabredung einzelner Männer, die damals mit Waffenbergungen zu tun hatten, ermordet worden 4. Im Falle Hartung ist „Feme“ im Sinne des Be- \{lusses des Ausschusses vom 26. April 1926 nicht erwiesen. besteht jedoch der Verdacht anch in diesem Falle, daß Hartung wegen Waffenverrats oder Verrats an der Organisation auf Grund einer Verabredung einzelner Männer, die damals nmiit ermordet worden ist. 2 Falle Dobner liegt der begangenen gemeinschaftlichen und gefährlihen Körperverlezung eine Verabredung einzelner Mit- alieder einer Organisation im Sinne des Beschlusses des Aus- \chusses vom 26. April 1926 zugrunde. fitr die Annahme vor, daß in den gerichtlich abgeurteilten Fällen Baur, Baur/Scheidemann und Dobner die in den Urteilen fest- gestellten Straftaten von den Leitungen der Organisationen, denen die Täter angehört haben, gefördert oder gebilligt worden sind. Dasselbe gilt auch für die Leitung der Organisation, der die in den Fällen Sandmayr rihtlihen Beschluß außer Verfolgung geseßten, trobdemt aber noch im Verdacht dexr Täterschaft befindlichen Ange Femeorganisationen î des Ausschusses vom 26. April 1926 haben nicht bestanden. ist im Geaenteil erwiesen, daß die offizielle Leitung der in Be- jede Privatjustiz abgelehnt 1. Der gegen einzelne Justizbeamte erhobene Vorwurf vflihtwidrigen Verhaltens bei Führung der Untersuchungen ist Der Ausschuß erachtet es für widerlegt, daß von seiten von Beamten der Justiz etwas geschehen ist, um die Täter der Strafverfolgung zu entziehen. i Beamte der Polizeidirektion München erhobene Vorwurf der Ein- flußnahme zur Hemmung des Verfahrens is widerlegt.

Ein Antrag Schulte-Breslau (Zentr.), Dr. Schetter - Kempkes Dr. Mittelmann i Berasträsser (Dem.) lautet: Der Aus\s{Uß gelanat auf Grund der ihm vorgetragenen gerichtlihen Akten und auf Grund feiner eigenen Beweiserhebungen zu folgenden Feststellungen über die Mordfälle Baur, Sandmayr, Hartung, Gareis und den Fall I. a) Die Mordfälle Baur, Sandmayr, Hartung sind auf Verabredung einzelner Mitglieder dex als bezeihneten Organisationen zurückzuführen und der Bestrafung angeblicher Verräter an der i also insoweit Fememorde im Sinne der Begriffsbestimr Beschluß vom 26. April 1926. den Verabredungen zur Tötung Beteiligten dabei in den Fällen Hartung und Sandmayr auf einen bestimmten anscheinend geschlossenen Kreis befsc die Verabredung mehr eine zufällige war. h bner bestcht der Verdacht fort, daß es sih um einen handelt hat, der als solher derselben Beurteilung lle Sandmayx und Hartung zu a. soweit Feme in Betracht kommen

1]. Es liegt fein Anhalt für die elner Mitglieder von der Femeorganisationen

Förderung erfahren.

Blitcher-Bundes und

„Feme“ im Sinne

Waffenberaungen

IT. Œs liegt kein Anhalt

und Hartung freigesprobenen oder dur s{uldigten

angehört haben. Beschlusses

fommenden Organisationen

unbegründet.

9 Auch der qegen Leiter und

Vereinig.), Brodauf,

vaterländische“

dienten dem l Organisatión, simd

Ausschusses in seinem ammenwirken der an

beschränkt, während im

Falle Baur Falle Do Mordversuch ge ) E unterliegen würde wie die c) Der Fall Gareis ist, könnte, unaufgeklärt geblieben. ( Annahme vor, daß die Straftaten ein itung gebilligt worden ( us\hußbes{chlusses haben also nicht bestanden. Es daß die offizielle Leitung der beiden jede Privatjustiz ab- unter voller Würdigung der

Organisationsle im Sinne des A ist im Gegenteil erwiesen, in Betracht kommende lehnte. Der Ausschuß hat aber Zeitverhältnisse müssen, da

n Organisationen

injwohnerwehr zu den Taten, die

die Leitung dex E rer Mitglieder zur Last gelegt wurden und deren

Beurteilung ihr niht gkeihgültig sein konnte, nicht innerhalb der Organisation eine ausdrüdcklich ablehnende Stellung ange- nommen hat und nahgewiesenermaßen nihis getan hat, um nah Bekanntwerden des Falles Sandmayr für die Zukunft ähnliche Taten zu verhindern. III. a) Die auffallende Tatsache, daß es nicht gelungen ist, die Täter in den Fällen Hartung und Sandmayr zu überführen und daß der zum Tode verurteilte, zu lebenslängs icher Zuchthausfstrafe begnadigte Zwengauer entweichen konnte, hat ihren Brund zum Teil in Maßnahmen der Strafverfolgungs- und StrafvollstreËungsbehörden, die heute als verfehlt erscheinen. b) Unbegründet ist aber der gegen einzelne Bastpdeauis erhobens Bortourf pflichtwidrigen Verhaltens bei Führung der Unter- suchung, insbesondere im Fall Hartung. Daß in diesem Falle etwas in der Absicht, die Täter der Strafverfolgung zu ent- iehen, geschehen ist, hält der Ausschuß nicht für erwiesen. c) «Fm ¡Falle Dobner erachtet der Ausschuß das Urteil für einen Fehl- spruch. d) Auch der allgemein gegen Leiter und Beamte dev Polizeidirektion München ausgesprochene Vorwurf der Einfluß- nahme auf den Gang der Untersuhung zur Hemmung des Ver- fahrens in den Fällen Hartung und Dobner ift niht aufrehtzu- erhalten. Dagegen kann er gegen den Kriminalkommissar Glaser nicht als beseitigt angesehen werden. e) Dex Ausschuß erblickt die Ursache ungenügender Aufklärung der Straftaten: 1. im Falle Hartung in der Aufhebung der Hastbefehle und in der Nicht- durchführung des Zeugniszwangsverfahrens gegen Gademann; 2. im Falle Sandmayr in dem nicht ausreihenden energischen ersten Zugriff der Strafverfolgungsbehörde, insbesondere gegen- über Schweighart: 3. im Falle Gareis in der unzureichenden Verfolgung der Spur des Janusbriefes und die Ursache der Entweichhung Zwengauers in einer Ueberführung desselben in ein Krankenhaus ohne Ueberwachung der siheren Unterkunft da- selbst.

Ein Antrag Troßmann - Nürnberg (Bayer. Vp.) lautet: Der Ausschuß gelangt auf Grund der ihm vorgetragenen Gericht8- akten und auf Grund seiner eigenen Betveis8erhebung zu folgen- den Feststellungen über die sogenannten bayerishen Femefälle: I. Es ist nach dem Beschluß des Ausschusses vom 13. Oktober 1926 festgestellt, daß die gegen den erzen Fustizministec Dr. Gürtnerx erhobenen Vorwürfe der Grundkage entbehren. Es ist insbesondere als widerlegt zu erachten, daß der jetzige Justiz- minister, damalige Landgerichtsrat Dr. Gürtner, irgendwie int Falle Hartung oder Gareis in die shwebende Uniersuhung ein» gegriffen oder einen Einfluß geltend gemacht hat, um den Fort= gang des Verfahrens zu hemmen. 11. Der in den Akten vor- liegende Tatbestand hat sich in wesentlihen Punkten nicht er» gänzen lassen. Es liegt kein Anhalt für die Annahme vor, daß die Straftaten einzelner Mitglieder von der Organisationsleitung dexr Einwohnerwehr gebilligt worden sind. Femeorganifsationen im Sinne des Aus\hu zheschlusses vom 26. April 1926 haben nicht bestanden. Es i} im Gegenteil exwiesen, daß die Leitung der beiden in Betracht kommenden Organisationen jede Privat- justiz ablehnte. Als unbegründet hat sich ferner der gegen einzelne Fustizbeamte erhobene Vorwurf „pflichtwidrigen Verhaltens“ bet Führung der Untersuchung erwiesen.

Dex Vorsitzende Dr. Schetter (Zentre.) führte aus, daf die vorliegenden Anträge natürlich nicht ganz unberührt seien von der volitischen Stellung der Antragsteller, und eröffnete dann die Debatte über die Anträge. Abg. Dr. Levi (Soz.) wandte sich gegen den Antrag Dr. Schäffer, der mit den Vorausseßungen dex Tätigkeit des Ausschusses unvereinbar sei. Zwischen seinent Antrag (dem Antrag des Referenten) und dent Antrag Schulte und Genossen beständen wichtige Differenzen bezüglich der Mits {huld der Leitung der Bayerischen Einwohnerwehr. Gademann habe siher bei seiner Futervention im Falle Hartung Rücken deckung bei der Landesleitung der Einwohnerwehr gehabt. Auch sei festgestellt, daß die Fluht Schweighards durch die Landes8= leitung finanziert und organisiert sei. - An diesen Taisachen könne man nicht vorübergehen. Ebenso wendet sich der Redner gegen die These des Antrags Schulte, daß keine Absicht bestanden habe, die Tätex der Strafverfolgung zu entzichen. Eine Feststellung dex Absichten dex Justizbeamten könute sh der Ausschuß ersparen, wohl aber seien die objeftiven Maßnahmen der Fustizbehörden| als durchaus unsahgenmäß zu kritisieren. Das Verhalten de Oberstaatsanwalts int Falle Hartung fei absolut nicht zu ret» fertigen, da die allerschwersten Jndizien gegen Beurer und Ges» nossen vorlagen. (Der Redner wiederholt diese Indizien nochmals im einzelnen.) Wie hätte man da die Haftentlasfung verfügen können. Daß hier die Strafverfolgungsbehörden in s{chwerster Weise gefehlt hätten, könne nicht bestritten werden. Der Redner exklärt sich gegen den kommunistischen Zusavantrag zum Fall Gareis. Hier handle es sih um ein unfertiges Aktenstück, die Kriminalbehörden müßten mit dex vollen Verantwortung tvegen Unterlassens weiterer Untersuchungen belastet werden. Abg. Dr. Schäffer (D. Nat.) fragte die Herren, die den Antrag Schulte eingebracht haben, ob sie mit ihren Thesen den bayerischen Be=- hörden politishe Motive unterlegen wollten. Abg. Kempkes8 (D. Vy.) als Mitantragsteller erklärte für seine Person, daß direkte politishe Motive nicht vorlägen, wenn man sie auch zwischen den Zeilen lesen könne. Abg. Landsbero (Soz.) führie aus, der Ausschuß müsse dem Reichstag einen gründlichen Bericht erstatten. Hoffentlih finde si{ch hier eine Mehrheit für einen Beschluß. Tatsächlihe Feststellungen eines Gerichts für un- richtig zu erklären, sei kein Eingriff in die Rechtspflege. Dieseé Thefe des Mitberichterstatters würde jede Tätigkeit des Aus- \{chusses vereiteln. Der Redner empfahl den Antrag des Bericht erstatters und äußerte sich zu dem Antrag Schulte und Genossen, den er „Antrag der Mittelparteien" nannte, im Sinne des Bes richterstatters Dr. Levi. Charakteristisch sei die Erklärung des bayerishen Justizministers „ich kann da nihts machen“. Das sei ein Beweis dafür, daß man ihm etwas besouderes zugemutet habe. Wie würden die Herren sih ereifern, wenn an Stelle des Justizministers Roth etwa ein sozialdemokratischer Ministex ge- standen und ähnlih gehandelt hätte? Die Landesleitung der Ein- wohnerwehr sei {wer belastet; aus Sympathie für die Mörder habe sie sich zu Eingriffen in diz Fustiz verleiten lassen, unr die Mörder der Strafe zu entziehen. Wenn die Täter niht ge- wußt hätten, daß sie von mächtiger Seite geschüßt würden, hätten ie ihre Taten niht begangen. Hartung und Baur wären heros- itratishe Erxistenzen, aber das arme Mädchen, die Sandmayr, die ih ein paar Groschen verdienen wollte durch Anzeige eines Waffenlagers, zu ermorden, sei eine unerhörte Tat, und es sei unerfindlih, wie man mit den Mördern sympathisieren Und sie noch einem bayerischen Prinzen empfehlen könne! Bezeichnend sei auch. daß keiner der Mörder den Mut gchabt habe, seine Tat einzugestehen. Eine Reihe von Zeugen hätte den Ausschuß gründ, lich belogen, genau wie alle die Mörder geloaen hätten. Fn der Schule hätten wir gelernt, Harmodius und Aristogiton als ver- ehrungêswürdige Personen zu betrahten: wir hätten uns ents rüstet, als Börne Wilhelm Tell einen Mörder nannte! Es gebe Fälle, wo es verständlich sei, daß jemand sage: „Jh oder du mußt fort!“, aber dann müsse der Täter auch immer uutig für seine Tat einstehen. Der Redner kritisierte dann noch scharf die bayerische Justiz. Sämtliche Beschuldigte häiten in hohem Maße die favor judicis (Gunst des Richters) gehabt. In den Thesen müsse das Verhalten der bayerischen FJustizbehörden unbedingt fritisiert werden. Redner erörterte Einzelheiten des Falles Hartung und betonte die merkwürdige Tätigkeit Gademanns, des juristischen Beraters der Leitung dex Einwohnerwehx in diesem Fall. Abg. Creubburg (Komm.) bekämpfte den Antrag des Mit- beriterstatters Dr. Schäffer, der freilih der politischen Haltung der Herren von der Rebten bei den Untersuchungen des Aus» schusses entsprähhe. Die Argumente Dr. Levis gegen den kommit- nistishen Antrag seien nit stichhaltig, der Untersuhunasbehörde werde dadurch nichts von ihrer Verantwortung abgenommen. Aba. Troßmann (Bayer. Vp.) führte aus, der Aus\{huß könne feine anderen Feststellungen machen, als sich aus den Zeugen- aussagen ergeben. Sonst verfalle er in denselben Fehler, den angebli die bayerischen Gerichte begangen haben sollen, Es set durch die Zeugenaussagen nicht mal exwiesen, daß die Laudes-