1927 / 41 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Feb 1927 18:00:01 GMT) scan diff

Jch darf aber nit verhehlen und ih halte das beim An- tritt meines Amtes für meine Pflicht, darauf hinzuweisen —, daß die Gleihgewich!slage im ordentlihen Etat mir nur scheinbar zu sein sheint. (Sehr richtig!) Daß die Einnahmeshäßungen von starkem Wirtschaftsoptimismus getragen sind, findet meine volle Zustimmung. Aber, wie shon erwähnt, größere Ausgaben, die im Etat nicht vorgesehen sind und für die sih bis heute auch keine Deckungsmöglichkeiten erkennen lassen, lauern im Hintergrunde So ist z. B für die unterstüßende Erwerbslosenfürsorge über den 1. April 1927 hinaus nichts vorgesehen (hört, hört! im Zentrum), wohl in der Annahme, daß das dem Reichstage zurzeit zur Be- ratung und Beschlußfassung unterliegende Arbeitslosenversicherungs- geses die Anforderungen weiterer Beträge nicht notwendig mathe. Von den im Etat des Reihsarbeitsministeriums eingestellten 200 Millionen für unterstüßende Erwerbslosenfürsorge sollen 50 Millionen dem Grundstock der beabsichtigten Versicherung, 50 Millionen für die Uebergangszeit und 100 Millionen der Finanzierung der Krisenunterstüßung dienen. Da das Reich aber nah dem Geseßentwurf unter bestimmten Vorausseßungen mit zinslosen Darlehen einzuspringen hätte, müßte wohl zum mindesten für die Verzinjung dieser Gelder ein entsprehender Be- trag im Etat vorgesehen werden. (Zustimmung im Zentrum.) Kommt das Geseß aber was schr wahrsheinlich ist nit so rechtzeitig zustande, daß sein Vollzug auf den 1. April 1927 ge- sichert ist, dann muß das Reich doch wohl die unterstütende Erwerbslosenfürsorge weiterleisten (hört, hört! in der Mitte) und dazu noch entsprehend der Zusage meines Herrn Amtsvorgängers au den Ländern und Gemeinden den bisher von ihnen geleisteten Anteil an dieser Fürsorge abnehmen (Zustimmung in der Mitte), ein Aufwand, der selbst bei einer Verminderung der Erwerbslosen- zahl gegen heute sih um 40 Millionen monatli bewegt. (Hört, hört! in der Mitte.) Mittel hierfür aber enthält der Etat nicht. (Hört, hört! in der Mitte.) Weiterhin steht eine Erhöhung der Wohnungsmieten im Rech zur Erörterung. Eine solhe Er- höhung müßte aber wohl auch eine entsprechende Erhöhung der Löhne und Gehälter usw nah sih ziehen. (Allgemeine Zu- stimmung.) Der Aufwand für das Personal der Reichsverwaltung ist im Etat nicht vorgesehen. (Hört, hört! links.)

Eine Frage, die uns im laufenden Jahre ganz bestimmt be- schäftigen wivd, ist sodann die mehrfach angekündigte allgemeine Erhöhung der Beamtenbezüge und die im Zusammenhang damit stehende Erhöhung der Bezüge der Kriegsbeshädigten. Wenn ih auch im gegenwärtigen Augenblick über diese Angelegenheiten keine größeren Ausführungen machen will, so muß ih doch darauf hin- weisen, daß hier, ganz abgesehen von der klar zutage liegenden Unzulänglichkeit der heutigen Negelung, den Beamten gegenüber do von verschiedenen maßgebenden Seiten Zusicherungen gemacht worden sind, deren Einlösung die Regierung und der Meichstag selbst- verständlih nah Maßgabe des finanziell Möglihen zu gegebener Zeit werden vollziehen müssen (sehr wahr! im Zentrum und rechts), um so mehr, als mir diese Verbesserung der Besoldungs- ordnung die leßte Besoldungsregelung erfolate im November 1924 eine Staatsnotwendigkeit zu fein scheint, (Allseitige Zu- stimmung.) Das bisher geübte System der Gewährung einmatiger Beihilfen sollte unbédingt verlassen werden (sehr rihtig!), denn es gibt lediglich starke Geldmittel aus, ohne dadurch wirksame und dauernde Hilfe zu schaffen. (Lebhafte Zustimmung.) Im Etat 1927 stehen aber für eine Verbesserung der Bezüge unserer Beamten irgendwelhe Mittel nit zur Verfügung. (Hört, hört!)

Ich bitte, aus dieser durhaus niht vollständigen Aufzählung die Notlage der Kleinrentner z. B. in verschiedenen Teilen unseres Neichs scheint mir derart zu sein, daß eine Hilfe des Reichs n irgendeiner Weise zur absoluten Notwendigkeit gehört iehr richtig!) entnehmen zu wollen, daß die mehrfache Ankündigung meines Herrn Vorgängers über die Schwere des Jahres 1927 durd- aus zutreffend ist.

Wenn in der Presse der leßten Tage von einem Sachkznner nun auch in liebevoller Weise darauf aufmerksam gemacht worden ist, daß in der Position der Einkommen- und Körperschaftsteuer noch eine Reserve von 300 Millionen stecke, so muß ih darauf erwidern, daß nah dem Aufkommen der leßten Monate die Hoffnung auf ein höheres Erträgnis der Einkommen- und Körperschaftsteuer allerdings eine gewisse Berehtigung hat. Der geshäßte Herr weiß aber sehr gut, daß der übrigens- wohl zu hoh gegriffene Betrag nur zu einem Viertel für das Reich verwendet werden kann; der größere Teil geht vielmehr nah dem Finanzausgleih an Länder und Ge- meaden. Für den in fürsorgender Weise empfohlenen Zweck der Erhöhung der Beamtenbesoldung reicht er also in keiner Weise gus. (Sehr 1btig! im Zentrum.)

Dabei trijf. das für uns so harte Jahr 1927 eine Wirtschafts- lage, die nichi ohne Sorge ist. Wir dürfen gewiß feststellen, daß die auë tem Jayie 1925 in das Jahr 1926 übernommene Krise im ersten Teil tes ¡eb1.n Jahres ihren Höhepunkt erreiht und dann einer BVesseruao der Verhältnisse Plaß gemaht hat. Für diesen Vebergang von fkritishen zu besseren Wirtschaftsverhältnissen war der englisbe Vergo?rciterstweik von erhebliher Bedeutung. (Sehr richtig! rechts) Bedeutsam war ferner unter dem Gesichtspunkt der Belebung der Wirtschaft der Kapitalzufluß aus dem Auslande. Die Kap1tolbi.dung im Inneren hat ebenfalls einige Fortschritte gemacht. Die wenn auh noch begrenzte Möglichkeit, Anleihen im In- lande unterzubringur cs wird niht jede dem Namen nah als Inlandsanleibe f.zeibnete Anleihe auch wirklih eine solche sein —, ferner das Sinken des Zinsfußes sind bezeichnend als Anzeichen der Besserung. Aver die Kapitalbildung aus eigenem genügt noch keines- wegs, um den Kapitalbedarf zu decken. Jnsbesondere wenn man an die ständige Notwendigkeit des Ausbaues des Produktionsapparates und an die ständig steigenden Zahlungen aus den Reparations- verpflicbtungen denkt.

Im bisherigen Verlauf des Jahres 1927 hat die Belebung, die im Jahre 1926 eingetreten ist, sich unter dem Einfluß des leiten Gesldstandes im wesentlihen behaupten können. Man darf aber niht übersehen daß die Wirkungen, die von vem englischen Bergarbeiterstreik ausgeaangen sind, allmählich wieder normalen Verhältnissen Plaß macken. Man darf ferner nit übersehen, daß auf unserer Landwirtschaft, die 1926 einen verhältniémäßig geringen Ernteertrag hatte, noch immer ein s{werer Drueck lastet; damit aber ohne weiteres eine Hemmung der inländisben Kaufkraft ver- bunden. (Zustimmung.) Es darf auch niht außer aht gelassen werden, daß die Zahl der Erwerbslosen immer noch sehr hoh gefährlih hoch ift. (Hört. hört! und Zustimmung.) Am 1. Februar dieses Jahres waren 1 825 000 Hauptunterstüßungsempfänger zu

verzeibnen. Das if eine Zahl, die die zur gleiden Zeit des Vor- jahres festgestellte nur um rund 200 000 untersreitet Das mahnt auch dann zu einer außerordentlih vorsihtigen Beurteilung der Lage, wenn man der Meinung sein will. daß diese Erwerbslosenzahl auch Fehlerquellen enthält. denen nachzugehen Sache der Verwaltung ist. Wir sollten uns deshalb davor hüten, aus der Besserung der Wirtschaftsverhältn:sse im Jahre 1926 \{lankweg zu folgern, daß es nun wieder unausgeseßt nah oben gehe. Gerade die Tatsache, daß gleihsam anormale Ereignisse, wie der englishe Bergarbeiterstreik und der starke Zufluß ausländischen Kapitals, den Antrieb zur Hebung der Wirtschaft gegeben haben, gibt Grund zu zurückhaltender Beurteilung. Eine Wirtschaft mit 14 Millionen Arbeitslosen ist von der Gesundung noch recht weit entfernt. (Lebhafte Zustimmung.) Mögen auch vers{iedene Industrien wieder ausreichend Beschäftigung haben und auh ordentlih verdienen ih freue mich aufrichtig darüber —, so erscheint mir die Gesamtlage dech immer noch recht swierig, insbesondere für die Wirtshaft an der Peripherie des Neiches, die in weitem Umfange noch außerordentlich \ckchwer zu kämpfen hat. (Sehr richtig! im Zentrum.) Schließlih muß das ausländisbe Kapital auch verzinst und auch wieder einmal zurück- gezahlt werden. Vor allem aber bringen die rasch wachsenden Re- parationsleistungen einen Kräfteabzug, der nicht ohne Wirkung auf die Wirtschaft bleiben kann. |

Diese von Gefahren nicht freie Lage erfordert in erster Linie eine überaus pfleglihe Behandlung der Steuerquellen, keine fis- kalische, sondern eine nah volkswirtshaftlihen und sozialen Gee sichtspunkien geführte Finanz- und Steuerpolitik. Die Reichs- regierung ist entschlossen, ihre Politik durhaus nah diesem Leit- gedanken einzurihten. Sie weiß, daß die Wirtschaft, die Arbeit- geber und Arbeitnehmer umfaßt, gesunden muß, um Lasten tragen zu fönnen. Einer in langsamer Heilung begriffenen Wirtschaft neue Lasten aufzuerlegen oder die bestehenden nicht nah Möglichkeit zu senken, lehnt sie durchaus ab. Es ist deshalb au in keiner Weise ihre Absicht, die kommenden so außerordentlih schwer werdenden Jahre mit einer „Thesaurierungspolitik“ irgendwelcher Art zu be- lasten unter unerträgliher Anspannung der Steuerkraft der Wirt- schaft. Es liegen keinerlei berehtigte Anhaltspunkte für eine gegen- teilige Auffassung vor. Die Wirtschaft hat durch die jeyige Regie- rungsbildung auch durchaus keine „Schlacht“ verloren. Schon um deswillen nicht, weil die Mehrheit der früheren Regierung sih auch wieder in der jevigen befindet.

Unsere Steuerpolitik wird davon ausgehen, daß die Reform- gesebgebung des Fahres 1925 unseren Steuern in rechtliher und tehnisher Beziehung die Gestalt gegeben hat, die die Grundlage für unsere Weiterarbeit sein muß. Es ist ein dringendes Er» fordernis, daß nah dem dauernden Wechsel im Steuerreht nah dem Kiuiege und insbesondere während der Fnflationszeit eine Zeit der Konsolidierung eirtritt. Es würde nicht nur die Durhführung der Steuergeseßze überhaupt, sondern auch die Wirtschaft vor eine neue Beunruhigung stellen, wenn in irgendwie wesentlihem Aus- maße materielle Aenderungen eintreten würden. Fh möchte daher die Mahnung zur Geseßgebungsdisziplin auf dem Gebiete der Steuern, die in diesem Hause hon wiederholt ausgesprochen worden ist, nahdrüdcklihst wiederholen. Was einzig geschehen muß, ist eine wesentliche Vereinfachung der Geseßgebung und des Ver- waltungsverfahrens, die es dem normalen Steuerpflichtigen er- möglicht, seine Steuererklärung ohne einen Steuerberater rihtig aufzustellen (sehr richtig! im Zentrum und rets), wobei ich, ge- ehrte Damen und Herren, aber niht sagen möchte, daß an der jeßigen Kompliziertheit mancher Steuergeseße immer nur die Re- gierung {huld sei. (Lebhäfte Rufe: Sehr gut! Heiterkeit.)

Eine andere Frage ist selbstverständlich die der Höhe der Steuern, der Steuersäße und Tarife. Hier stehe ih auf dem Stand-

| punkt, daß wir im FJnteresse unserer Volkswirtschaft mit allen

Mitteln bedacht sein müssen, neue Steuerlasten überhaupt zu ver- meiden; wir müssen uns unbedingt darauf einrichten, mit dem auszukommen, was wir haben, selbst wenn wix erwünschte und an sih vielleiht zweckmäßige Au8gabebedürfnisse zurückstellen und ein- schränken müßten. Darüber hinaus muß es unser festes Ziel sein, mit Steuersenkungen fortzufahren, wenn immer es nur mit unserer Etatlage vereinbar ist; denn die Einnahmesenkung ist unbedingt erforderlih. Freilich verhehle ich mir nicht, daß die nächste Zeit, insbesondere mit Rücssiht auf die ständig steigenden Reparations- lasten, es uns nicht leiht machen wird, größere Senkungen vorzu- nehmen. Sollte sich aber ein Weg dazu finden und die Regie- rung wird sich an der Aufsuhung dieses Weges- führend be- teiligen —, dann scheint es mix am nächsten zu liegen, wenn wix bei denjenigen Verbrauchs8abgaben beginnen, die den notwendigen Konsum belasten. Jch denke hier in erster Linie an den ja hon bei anderen Gelegenheiten geäußerten Wunsch, die Zuckersteuer zu senken Aber auch die direkten Steuern dürfen bei einer Senkungs- aktion niht übersehen werden, wobei als die drückendsten Steuern zurzeit unbedingt die Realsteuern zu gelten haben (Sehr richtig! im Zentrum und rets.) Es ist selbstverständlich, daß diese Wünsche und Anregungen nicht isoliert betrachtet, sondern nux in Ver- bindung damit erörtert werden können, wie wir für den Ausfall, der entstehen würde, eine Deckung finden. Aber wenn diese zu er- kennen ist, dann bin ih sofort entschlossen, selbst innerhalb des Etatsjahres an Senkungen heranzutreten.

Außerordentlih dringend und nicht mehr verschiebbar sind Maßnahmen zur Vereinfahung im Vollzug der Steuergeseße. Solche kommen zunächst der Wirtschaft zugute, die durch jeden Wegfall fiskalish unnötiger Belästigungen eine Entlastung erfährt. Sie sind aber auch dringend erforderlich mit Rücksih! auf die Steuerverwaltung selbst und den Stand ihrer Geschäfte. Das Jahr 1926 war für die Steuerbehörden ein Jahr stärkster Arbeits- anspannung; eine Fülle neuer Steuergeseße und Steuernocmen waren in die Wirklichkeit zu überführen, und zwar so, daß schon in diesem einen Fahre die Einarbeitung sichergestellt und ein Aus- gangspunkt für eine normale Basis der Geschäfte erreiht wurde. Es gereiht den Steuerbehörden zu hohem Lobe, daß sie sich nah Kräften bemüht haben, die gewaltige Aufgabe zu meistern aber doch nur auf Kosten einer gewissen Ueberanspannung der Kräfte und vnter -Vernachlössigung der Genauigkeit in vielen Be- ziehungen. Unsere Finanzbeamten sind in einem Maße überlastet, daß schleunige Abhilfe im Fnteresse der Beamten wie der von ihnen zu erledigenden Dienstaufgaben geboten ist. Man brauthi nicht jeden in der Oeffentlihkeit ersheinenden aufgeregten Artikel wörtlih zu nehmen und muß doch bei genauer Kenntnis der Dinge zugestehen, daß hier sofort nah dem Rechten gesehen werden muß, wenn nicht Schaden in größtem Umfange entstehen soll. Die Steuerverwaltung muß alsbald fühlbar erleihtert werden. Jh

habe mich daher ents{chlossen, vershiedene Vereinfahungsmaß« nahmen, die zu einem Teil auch im Verwaltungswege durchführbar sind, alsbald anzuordnen.

Die Hauptaufgabe ist die ordnungsmäßige, genaue und gleich- mäßige Durchführung der Einkommen-, Körperschafts- und der Umsaßsteuer. Diese Hauptarbeit hat aber nicht den nötigen zeit- lichen Spielraum, wenn die in den Anfangsjahren ganz besonders schwere Arbeit der Festsezung der Einheitswerte fortgeseßt mit erledigt werden muß. Jch beabsichtige daher, wie es das Be- wertungsgesey ausdrücklich zuläßt, die das erste Mal vorge- nommene Bewertung, wenigstens bezüglich der landwirtschaftlichen Betriebe und der Grundstücke, noch für ein weiteres Fahr gelten zu lassen und eine völlige Neubewertung erst wieder im Fahre 1928 vorzunehmen. Wir haben dann u.ch größere Aussicht, dabei normalere Verhältnisse zugrunde legen zu können und zu ange- messenen Werten zu kommen, als dies bei einer Wiederholung nah dem Stand vom 31. Dezember 1926 zu evwarten wäre. Eine entsprechende Vorlage wird dem Reichsrat und dem für die Zu- stimmung zuständigen Ausschuß des Reichstags alsbald zugehen. Jch verspreche mir gerade von dieser Maßnahme eine fühlbare Ordnung der Verhältnisse bei unseren Finangämtern.

Daneben scheint es mir wichtig, die noch immer große Anzahl der Zahlungstermine etwas einzushränken. Bei Einkommen- und Körperschaftssteuer sind wir bereits bei normalen vierteljährlichen Terminen angelangt. Die Umsaßsteuer aber kennt noch monatliche Zahlungen. Es wird eine Entlastung der Arbeit der Finanzkassen sowohl wie der für die Nachprüfung der monatlihen Voran- meldungen berufenen Finanzbeamten sein und auch den Anforde- rungen der Wirtschaft entgegenkommen, wenn wir au hier nur vierteljährlihe Voranmeldungen und Vorauszahlungen einfordern. (Abgeordneter Höllein: Hört, hört!) Deshalb sage ih es ja! (Heiterkeit.)

Auch bei der Lohnsteuer scheint es mir zweckmäßig, an die Stelle der dreimaligen Zahlung, die jeden Monat erfolgen muß, eine zweimalige zu segen. Vorsiht sheint hier gewiß geboten, weil ja nicht außer aht zu lassen ist, daß die Arbeitgeber bei jeder Lohnzahlung den Arbeitern, Angestellten und Beamten ihre Bezüge um die Lohnsteuer kürzen und selbstverständlich keinerlei Anspruch darauf haben, diese dem Reich zustehenden Beträge irgendwie länger in ihren Kassen arbeiten zu lassen. Dieser Ge- sihtspunkt erscheint mir aber immer noch gewahrt, wenn wir statt monatlih dreimal nur zweimal zahlen lassen. Neben diefen An- ordnungen kommen noch verschiedene Maßnahmen in Betracht, die die Arbeit erleihtern und größere Kompetenzen geben sollen. Ein Erlaß hierüber wird in den nächsten Tagen ergehen.

Meine Damen und Herren! Ob alle diese Maßnahmen genügen, um unsere Steuerbehörden instand zu seßen, das Fahr 1927 zu überstehen, die vorhandenen großen Reste aufzuarbeiten, die immer mehr amwachsenden Rückstände einzuziehen und auch die von ihnen mitverwalteten Landes8abgaben rechtzeitig und pünktlih zu bearbeiten, ob es gelingt, die Veranlagung durch die Möglichkeit eingehender Bearbeitung zu einer wirklich gerehten zu gestalten, darüber muß man immer noch Zweifel haben und Sorge hegen. Jch werde diesem Teil meiner Dienstaufgaben in der nächsten Zeit ganz besondere Aufmerksamkeit widmen und dur sofortiges Zugreifen alles tun, was erforderli ist, wieder Ordnung in den Geschäftsbetrieb zu bringen und eine rihtige Veranlagung zu gewährleisten. (Sehr gut! im Zentrum.) Fm gegenwärtigen Augenblick kann ih eine Verantwortung für eine gerechte und gleichmäßige Veranlagung nicht in alleweg über- nehmen. (Hört, hört! im Zentrum.) Dabei ist die Möglichkeit einer gerechten Veranlagung wichtiger und ertragreiher als3 manches neue Steuergesez. (Sehr wahr! im Zentrum.)

Zur Durchführung einer richtigen Veranlagung gehört auch die Erhaltung und eingehende Durchbildung des Dienstes der Buch- und Betriebsprüfung. Einer Abgabe dieser Geschäfte an Treuhandgesellshaften kann ich niht das Wort reden. (Sehr gut! im Zentrum.) Gerade dieser Teil des Dienstes muß fest in der Hand der Vertvaltung bleiben. Fch weiß, daß gegen das Jnstitut der Buch- und Betriebsprüfung da und dort Bedenken bestehen. Sehr wahr!) Fch will auch nicht bestreiten, daß bei der Aus- übung dieses Dienstes vielleiht mehrfach Mißgriffe vorgekommen sein mögen. (Sehr richtig! bei der Wirtschaftlihen Vereinigung.) Jch werde in allen mir mitgeteilten Fällen genau nah dem Rechten sehen lassen. Durch den Buchprüfungsdienst soll unsere Wirtschaft in keiner Weise beaufsichtigt ünd beschnüffelt werden. Wir müssen so weit kommen, daß der Bucprüfer nicht als der Feind, ‘sondern als dexr sacverständige Berater und Helfer wenigstens der ehrlihen Steuerpflichtigen angesehen wird. (Heiter- keit sinks.) Gott sei Dank gibt es die noch.

Die Beamtenschaft meiner Verwaltung hat das Jahr 1926 in altem Pflichtgefühl und mit Arbeitsfreudigkeit überstanden. E3 ist aber nun Zeit, daß man sich auch ihrer Not annimmt; denn sie ist niht mehr in der Lage, erhöhte Arbeit auf sih zu nehmen. Jchch behalte mir vor, im Aus\chuß Ausführungen und Vorschläge darüber zu machen, ob nicht in gewissem Umfange eine Aufs frischung der Beamtenschaft erforderlih ersheint. Tüchtige Ver- anlagungsbeamte, die das Rückgrat unserer ganzen Steuerarbeit abzugeben haben, kann man nit von einem auf den anderen Tag dekretieren. Es gehört hierzu eine eingehende tehnishe Schulung. Wir müssen deshalb dazu kommen, auch dur die Einstellung von Anwärtern u1.,-rer Verwaltung wieder neues Blut zuzuführen. So sehr ih als Finanzminister mih gegen jede Stellenvermehrung wehren muß, so schr muß ich doch davon ausgehen, daß gerade da Beamte eingeseßt werden müssen, wo die für sie angewendeten Mittel sich um das Vielfache für die Staatskasse wie für die Wirts schaft wieder bezahlt machen können. (Sehr richtig! im Zentrum.) Die Beamtenschaft meines Ressorts weiß, daß sie eine Aufgabe zu erfüllen hat, mit der sie sih niemals beliebt machen kann. Sie hat auch volles Verständnis dafür, daß das unter schweren Lasten kfeuchende Volk in Verzweiflung manchmal die Selbstbeherrshung verliert und seinem Unmut über das herbe Schicksal in an sih un- zulässiger Weise Luft zu machen suht. Aber wogegen ih mich im Sinne meiner Beamten energisch wehren muß, das sind die maß- losen Beshimpfungen und Verdächtigungen, die in der leßten Zeit gegenüber den Steuerbeamten insbesondere ausgesprochen worden sind. Jch habe meine Beamtenschaft angewiesen, auch gegenüber solhen Volksgenossen das äußerste Maß von Zurückhaltung zu üben. Aber ich kann nicht zulassen, daß ein s{chwerarbeitender Beamtenstand öffentlich beshimpft und herabgewürdigt wird.

(Sehr gut! im Zentrum.) Für die, denen der Staatsgedanke am ,

A,

Herzen liegt, muß es klar sein, daß die Steuerbeamten eine wert- volle, ja ausshlaggebende Arbeit am Staate verrichten und daß sie daher Aaspruch auf unseren Schuß und unsere Anerkennung haben. (Sehr wahr! in der Mitte.) Die Bevölkerung muß darüber aufgeklärt werden, daß fie mit unberechtigten und über alles Maß hinausgehenden Angriffen auf die Steuerverwaltung den Staat selbst angreift und der Wirtschaft nicht hilft, sondern im ErgeLs gefährdet. (Sehr wahr! in der Mitte.)

Meine Damen und Herren! Wenn ih mir nunmehr ge- statten darf, auf den Etat 1927 im besonderen einzugehen, fo ist es ohne Zweifel durhaus zutreffend, daß dieser Etat im ganzen genommen troy aller Abstrihe und Einschränkungen immer noch außerordentlich aufwendig ist und unserer wirklihen Wirtschafts- lage nicht entsprehen will. Dabei stellt er aber noch gar niht die volle Belastung unserer Volkswirtschaft durch die öffentlichen Ge- walten dar. Nach einer Zusammenstellung, die ih mir in diesen Tagen gemacht habe, beläuft sich der vom deutshen Volke im Fahre 1927 aufzubringende Betrag an Steuern, Zöllen und son- stigen Abgaben einshließlih der JFndustrie- und Rentenbank- belastung für das Reich auf 7,8 Milliarden, für die Länder auf 1,2 Milliarden und für die Gemeinden auf 2 Milliarden. Das ergibt die ungeheure Zahl von 11 Milliarden Reihsmark. Das ist ein Betrag, der nit nur zu der allergrößien Sorge Anlaß gibt, sondern dex in uns im Fnteresse unserer Leistungspflichtigen den festen Entschluß reifen lassen muß, unbeirrt um alle Kritik Hand anzulegen an einen gründlichen Abbau. Es wird sehr scharf zu prüfen sein, ob nichi doch noch verschiedene von den vor- gesehenen Ausgaben ganz abgeseßt oder wenigstens gemindert werden können. Wenn ich heute hier in der Oeffentlichkeit feine Einzelvorshlage mache, so will ih damit nicht sagen, daß ih solche nicht zu geben wüßte; es wird an anderer Sielle Gelegenheit sein, hierauf zurückzukommen. Denn sogenannte heilige, unantastbare Zahlen kann es in einem Etat von solher Größe niht geben (sehr gut! in der Mitte), und allzu viele Fonds und Uebertraghbarkeits- ermähtigungen sind au niht immer gerade Leuchttürme be- sonderer Sparsamkeit. (Sehr richtig! links.) Unsere Last ist so shwer, daß wir jede Gelegenheit zu Einsparungen wahrnehmen und au der sogenannten zwangsläufigen Steigerung der Aus8- gaben scharf nahrechnen müssen.

Ganz besondere Beachtung erfordert aber die Entwicklung des außerordentlihen Haushalts und damit der Anleihewirtshaft des Reiches. Rein zahlenmäßig gibt es hon zu denken, wenn wir feststellen, daß nach dem Haushalt durch Anleihen zu decken waren im Jahre 1911 97,5 Millionen, 1912 43 Millionen, 1913 39 Mil- lionen und 1914 17 Millionen (die große Wehrvorlage wurde be- kanntlih durch eine Sondersteuer, den Wehrbeitrag, gedeckt und im ordentlichen Haushalt ausgewiesen). Die gesamte Anleihe- shuld des Reiches betrug bei Ausbruch des Krieges nahezu fünf Milliarden Mark. Demgegenüber haben wir im Jahre 1926 einen Anleihebedarf nach dem Haushalt von 840 Millionen, und für 1927 ist ein solher in Höhe von 528 Millionen vorgesehen. Jch ver- kenne in keiner Weise die besonderen Verhältnisse, die zu den ge- waltigen Anleihebeträgen von 1926 und -1927 geführt haben. Diese Gelder dienen in der Hauptsache der Belebung der Wirt- haft und der Arbeitsbeshaffung. Aber daß wir das Anwachsen der Anleiheshuld mit der größten Aufmerksamkeit zu verfolgen und streng darauf zu achten haben werden, daß uns auch hier die Dinge nicht über den Kopf wachsen, ersheint mir selbstverständlich. Verzinsung und Rückzahlung der Beträge belasten das deutsche Volk und die deutshe Wirtschaft ebenfalls,

Dabei ist über den Erfolg des Arbeitsbeshaffungsprogramms im einzelnen noch gar nichts gesagi. Daß er umstritten ist, ist für Sie nichts Neues. (Zuruf von den Kommunisten: Das ist gut! Sie sind aber bescheiden geworden!) Es wird aber angesichts der außerordentlihen Höhe des Extraordinariums do eingehend ¿u prüfen sein, ob der vorgeshlagene Weg der einzige ist, um die Beschästigung von Erwerbsklosen siher und in größerem Umfange au. erreihen. Jm Zusammenhang damit wäre wohl auch die wirt- schaftliche Seite der vorgeschenen Kanalbauten eingehend zu unter- suhen und Stellung zu nehmen zu den Erörterungen in der Oeffentlichkeit über die Zwelmäßigkeit und den Umfang des Baues von Wasserstraßen angesihts der umwälzenden Vorgänge auf dem Gebiete der Tehnik. (Sehr rihtig!) So viel darf ih aber abshließend sagen, daß der für die Gegenwart manchmal reht leiht sheinende Vorschlag auf Aufnahme weiterer Anleihen doch au seine Grenze finden muß an der Kreditwürdigkeit des Reichs. (Sehr richtig! rechts.) Diese leßtere ist aufmerksam zu beobachten. Eine allzu leihte Benrteilung müßte zu unserem eigenen Schaden ausshlagen.

Eine weitere gewaltige Zahl im Etat des deutschen Volkes sind die Kriegs- und Repcarationslasten. Fasse ih alle Leistungen ¿usammen, so komme ih für 1927 zu einem Jahresaufwand von rund 2 Milliarden Mark (hört, hört!), der an inneren Kriegs- lasten, an Reparationszahlungen nah dem Haushalt, an Ver- gzinsungen der Reichsbahnobligationen und der Judustrieobli- gationen zu leisten ist. (Abgeordneter Henning: Und die Aus- landsdeutshen?) Rechne ih dazu noch die Beiträge für Kriegs- beschädigte in Höhe von rund 1,3 Milliarden, so komme ih auf den Betrag von 3,3 Milliarden, den das deutshe Volk an Kriegs- und Reparationslasten im laufenden Jahre aufzubringen hat. (Hört, hört!) Wenn dabei auch die inneren Kriegslasten von Fahr zu Jahr fallen sie haben sih gegenüber dem Vorjahr um 135 Mil- lionen ermäßigt —, so ist der Betrag für eigentlihe Reparations- ¿ahlungen dieses Jahr um 350 Millionen gestiegen, derjenige für die Reichsbahnobligationen um 33 Millionen und derjenige für die Industrieobligationen um 90 Millionen. Die außerordentliche Steigerung für die Reparationszahlungen ist dadur zu erklären, daß im kommenden Etatsjahr schon sieben Zwölftel der Haushalts- verpflichtungen des vierten Reparationsjahres, die bekanntlich ins- gesamt eine halbe Milliarde betragen, vorzusehen sind. Ferner entfallen auf die Monate April bis August 1927 1992 Millionen Goldmark, die infolge der Ablösung der auf den kleinen Besserungs- schein entfallenden Verpflichtungen durh eine Pauschalsumme in diesen Monaten fällig werden. Wenn ih auch das Abkommen Uber die Ablösung des kleinen Besserungsscheins begrüße, ins- besondere deshalb, weil eine Verminderung der Verpflichtungen aus den Bestimmungen des Londoner Protokolls, eine Steigerung der Sachlieferungsmöglichkeit im laufenden Reparationsjahr und eine gewisse Flüssigkeit der Reichshauptkasse dur die automatische Freigade der verpfändeten Einnahmen erzielt werden konnte, so sche ih doch mit aufrihtiger Sorge in die Zukunst. (Sehr

rihtig! rechts.) Nah dem Dawes-Abkommen werden unsere Leistungen aus dem Reichshaushalt, aus dem Schuldverschreibungs- dienst der Reihsbahn und aus dem Dienst der Fndustrieobli- gationen nächstes Fahr um weitere 4322 Millionen (hört, hört!) und 1929 darüber hinaus um noch weitere 290 Millionen steigen.

Meine Damen und Herren! Jch erkenne im gegenwärtigen Augenblick noch keine Möglichkeit, wie wix troy allen guten Willens diese Beträge aufbringen können (lebhafte Ruse: Hört, hôrt!), zu denen ja vom Jahre 1929 ab noch die zusäßlichen Zahlungen aus dem großen Besserungsshein kommen sollen. Jch nehme mit Genugtuung Kenntnis von der abschließenden Fest- stellung des Herrn Generalagenten in seinem Bericht vom No- vember vorigen Jahres, daß Deutschland auf dem Gebiet der Reparationszahlungen im zweiten Jahre genau wie im ersten prompt und loyal alle seine Verpflichtungen erfüllt hat. Jch teile auch seine Meinung, daß nah Ablauf der leyten beiden Repa- rationsjahre ein Wendepunkt erreiht worden ist, nicht nur im Wiederaufbau Deutschlands, fondern auch im weiteren Sinne im Wiederaufbau Europas. Wenn der Reparationsagent darauf hinweist, daß die Stabilisierung in Europa noch nicht überall zur Tatsache geworden sei und daß, bevor sie niht überall erreicht ift, man nicht erwarten kann, daß sih der Welthandel in normalen Linien entwickeln werde, so möchte ih diesen Worten hinzufügen, daß von der Herstellung normaler Handelsbeziehungen aber die weitere Entwicklung der Reparationsfähigkeit Deutschlands wesentlih abhängt. (Sehr richtig!) Deutschland wird auch weiter- hin tun, was in seinen Kräften steht, die übernommenen Ver- pflihtungen loyal zu exfüllen. Aber es müssen ihm hierzu auch die notwendigen Vorausseßungen gegeben werden. (Sehr richtig!) Das Dawes-Abkommen is von uns auch deshalb begrüßt worden, weil es den Versuch darstellte, das Reparationsproblem aus dem Gebiete einseitiger politischer Entschlüsse in das Territorium ruhiger wirtschaftliher Abmachungen zu führen. Vorausseßung für seinen Vollzug ist für uns die Erstarkung der deutshen Wirt- schaft; denn eine {wer ringende Volkswirtschaft ist außerstande, Milliardenlasten für Reparationszwecke aufzubringen. (Sehr rihtig! rechts.)

Wenn ih nun zu Einzelheiien des Etats übergehen darf, so möchte ich zunächst etwas über unsere Personalpolitik ausführen. Bei den Planstellen ist auch im Haushaltsplan für 1927 dex Grundsaß verfolgt worden, neue Stellen nur dann anzufordern, wenn aus zwingenden organisatorishen Gründen eine Ver- mehrung unumgänglich notwendig ist. Eine solhe Vermehrung ist deshalb nur in wenigen Fällen erfolgt, insbesondere infolge starken Zuwachses an Arbeit oder Vergrößerung des Aufgaben- kreises. Außerdem hat sich aus dienstlihen Gründen das Be- dürfnis ergeben, in einem beschränkten Umfang cinen Teil der Hilfskräfte, die gewisse Daueraufgaben der Reichsverwaltung be- arbeiten, in Planstellen zu überführen.

Der Vermehrung der Planstellen steht ein größerer Abgang von solchen Stellen gegenüber, so daß im Vergleich zu 1926 der planmäßige Beamtenkörperx um rund 300 Stellen vermindert wird. Dazu tritt eine Verminderung dex beamteten Hilfskräfte um 1670 Köpfe, die im wesentlihen auf das Konto des Reichsfinanz- ministeriums und der ihm unterstellten Stellen zu seßen ist, und endlih eine Verminderung der nihtbeamteten Hilfskräfte um 2270 Köpfe, die neben einem erheblihen Abgang beim Aus8- wärtigen Amt und dem durch die Abwicklung des Anleihe- ablösungsverfahrens ermöglihten Abbau ebenfalls in dex Haupt- sahe beim Reichsfinanzministerium und seinen Dienststellen er- folgt. Die Verringerung des planmäßigen Beamtenkörpers würde noh erheblich größer sein, wenn niht durch den Nachtrags8- haushalt für 1926 bei der Steuerverwaltung 375 Stellen abgeseßt worden wären, die zur Fortführung des Verwaltungsgeschäfts un- bedingt erforderlich sind und deshalb jeßt wieder als neue Stellen angefordert werden mußten. Fm übrigen erfolgt der Abbau von Planstellen im Haushalt 1927 ganz überwiegend beim Reichs- finanzministerium und den ihm unterstellten Verwaltungen. Von den insgesamt bei der ganzen Reichsverwaltung wegfallenden 935 Planstellen entfallen 765 auf das Reichsfinanzministerium.

J halte aber die bisher im Haushalt des Reichs erreichte gesamte Stellenverminderung nicht für ausreihend. Jch glaube vielmehr, daß die Nichtbeseßung frei werdender Stellen im Haus- halt8geseß festgelegt werden muß. Jch lege daher auf die im § 6 des Haushaltsentwurfs enthaltene Bestimmung, daß mit ge- wissen Ausnahmen von den frei werdenden Planstellen nur jede âweite wieder beseßt werden darf, größtes Gewicht. Ohne eine solhe Bestimmung, die natürlich den Nachteil einer shematishen Regelung hat, aber leßten Endes zu organisatorishen Maßnahmen ¿wingen wird, würde meines Erachtens die allerseits für not- wendig anerfannte Verringerung des Beantenkörpers immer nur ein frommer Wunsch bleiben. Und schließlich liegen doch hier die stärksten Möglichkeiten zur Aufwandsverminderung.

Im Haushaltsgesey scheint mix auch die Bestimmung über die Ermächtigung des Reichsfinanzministeriuums zur Uebernahme von Garantien reht wichtig. Sie ist gegenüber dem Vorjahre wesentlih abgeändert. Die jeßige Fassung entspriht dem Er- gebnis der eingehenden Beratungen, die im Unterausshuß sür die Subventionen über die Frage derx Reichskredite und Garantien geführt worden sind und deren Ergebnis auch die Billigung des Haushaltsausshusses gefunden hat. Die Beschlüsse des Haus- haltsausshusses in dieser bedeutungsvollen Frage sind von dret Gesichtspunkten diktiert: einmal von dem Verlangen auf möglichste Beschränkung der Subventionspolitik überhaupt, ferner von der Forderung, daß Garantien in der Regel durch Gesey, also durch das Plenum des Reichstags, bewilligt werden sollten (fehr gut! bei den Deutschen Demokraten), und endlich von dem Verlangen, daß bei Gewährung von Krediten und Uebernahme von Garantien durh das Reich eine ausreihende Sicherung und ein aus- reichendes Entgelt für das Reich gefordert wird. Jh kann mich diesen Gesichtspunkten in vollem Umfange anschließen. (Bravo! bei den Deutschen Demokraten.) Eine Subventionierung einzelner notleidender Unternehmungen, die praktisch auf Kosten und zu Lasten der wirtschaftlih gesunden Unternehmungen geht, sehe ih für eine verfehlte Wirtschaftspolitik an. (Sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten.) Wenn in der Vergangenheit in gewissen Ausnahmefällen von diesem übrigens von der gesamten Reichs- regierung geteilten Grundsay abgewichen ist, so mögen hierfür ganz besondere Gründe maßgebend gewesen sein. Mit meiner Stellungnahme glaube ich mih übrigens auch durchaus im Ein- klang mit der deutschen Wirtschaft und ihren öffentlihen Kund- machungen zu befinden, denen ih auch darin durchaus zustimme,

daß die öffentlihe Hand sih nicht wahllos in der Privatwirtschaft betätige, obwohl ih nicht verhehlen möchte, daß die Fälle do nicht: gering sind, wo bei aller grundsägßlichen Anerkennung der Haltung der Regierung doch stets dann ein Ausnahmefall für die Subventionierung konstruiert wird, wenn es fich um das eigene Interesse handelt. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten und im Zentrum.) Jh kann auch nicht zugeben, daß der Staat gleihsam zum Bankier der Wirtschaft erhoben wird. (Erneute Zustimmung.) Jch kann au den Standpunkt nicht teilen, daß man öffentlih für die Abschaffung der Subventionspolitik spricht, im privaten sich aber im Einzelfall für solhe Subventionen ein- se8t. Das hieße, öffentlich Wasser predigen und im geheimen Wein trinken. (Heiterkeit. Zuruf von den Kommunisten: Sagen Sie das Jhren Koalitionsbrüdern!)

Wenn ih noch kurz auf die Einzelhaushalte eingehe, so darf ih mir in dieser Darstellung sicherlih eine gewisse Beschränkung hon deshalb auferlegen, weil diese Haus8halte zum Teil ja hon Ge enstand der Beratung im Ausshuß waren.

Im Haushalt des Auswärtigen Amtes führt in diejem Fahre der weitere Abbau des Sichtvermerkzwanges und der Sichtvermerk- gebühren zu ciner Senkung der Verwaltungseinnahmen. Jh kann bei dieser Einnahmesenkung nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß sie sich in kommenden Jahren weiter fortseßen und damit ein Hemmnis des Verkehrs zwischen den Völkern beseitigt werden wird. Der Ausbau der konsularishen Auslandsbehörden ist planmäßig, entsprehend der forts{hreitenden Ausdehnung unserer Handelsbeziehungen, fortgeführt worden; die Errihtung von zehn neuen Konsulaten is vorgesehen.

Jm Haushalt des Reichsministeriums des Fnnern ist auc in diesem Jahre die Notwendigkeit anerkannt tworden, gerade in Zeiten materieller Not ideelle Aufgaben niht verkümmern zu lassen. Es ist daher neben den bisher für wissenshaftlihe Zwede eingestellten Etat8posten eine einmalige Ausgabe von 3 Millionen für besondere wissenshaftlihe Aufgaben der jo außerordentlich ersprießlich wirkenden Notgemeinschaft der deutshen Wissenschaft auf dem Forshungsgebiet der nationalen Wirtschaft, der Volk3- gesundheit und des Volkswohls neu eingestellt. (Bravo! im Zentrum.) Für die Erhaltung der Bautverke von besonderer ges hihtliher Bedeutung ist wie im Vorjahre ein Zuschuß des Reich8 vorgesehen. Bauten, wie die Dome in Köln, Mainz, Ulm und Freiburg und wie die Wartburg, sind Gemeingut des ganzen deutshen Volkes. An der Erhaltung dieses kostbaren Guies mitzus wirken, dürfte aub als eine vornehme Pflichi des NReicbes angesehen werden. (Sehr gut!) Entsprehend den bei der Beratung des Nachtragshaushalts für 1926 gegebenen Zusagen ist eine Beihilfe für wirtshaftlich oder kulturell besonders bedrängte Grenzgebiete eingestellt worden. Galt die im leßten Fahre eingestellte Summe den östlihen Grenzgebieten Preußens, so. sollen in diefent Fahre au die übrigen Grenzgebiete berüdsihtigt werden, denen die Grenzziehung des Versaillex Vertrages Wunden ges{chlagen hat. Es ist zu meinem Bedauern nicht möglich gewesen, einen höheren Betrag als 15 Millionen vorzusehen. Dem Beschluß des Reichs- rats, diese Summe auf 30 Millionen zu erhöhen, habe ich nicht zustimmen können, da ih in der Frage der Deckung den Vor- {lägen des Reich8rats .niht folgen zu können glaubte.

Das beseßte Gebiet, das seit sech83 langen s{chweren Fahren die Last der Beseßung getragen hat in einem Geiste der Opfers willigkeit und der Geduld, für den das unbeseßte Deutschland nie genug Dank und Verständnis zeigen kann, hat Anspruh auf be- sondere Fürsorge. Es erscheint daher auch in diesem Fahre im Haushalt für die beseßten Gebiete der Fonds für kulturelle Fürs sorge in Höhe von 3 Millionen. Ferner sind auch diesmal für laufende Unterstüßung der Frankenempfängec an der Saararenze noch über 4 Millionen eingestellt worden. Jch bin mir wohl bewußt, daß diese Beträge, daß überhaupt Summen, die der üt seiner Leistungsfähigkeit begrenzte Reichshaushalt für das be- seßte Gebiet aufzubringen vermag, nur verschwindend gering sind, stellt man sie in Vergleih zu dem, was das besetzte Gebiet wirts shaftlih und innerlih gelitten hat. Möchte diesen Leiden bald ein Ende beschieden sein und dem beseßten Gebiet die Stunte der Befreiung f{chlagen. (Bravo!)

Im Haushalt des Reichsarbeitsministeriums haben sich die Zuschüsse des Reichs zu den Renten der «Fnvalidenversicherung infolge der Zunahme der Zahl der auszuzahlenden «nvalidens-, Witwen- und Waisenrenten um rund 7 Millionen auf nunmehr fast 200 Millionen erhöht. Ob der Betrag gegenüber den ge- steigerten Anforderungen ausreiht, wird ernster Prüfung be- dürfen. Die Mittel der Wochenhilfe sind mit Wirkung vom 1. Oktober 1926 eingetretener Erhöhung der Leistungen mit fünf Millionen mehr, in8gesamt mit 25 Millionen ausgestaltet, Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erfordert auch für das kommende Etatsjahr erheblihe Beträge. Wie im Vorjahre sind im außer- ordentlichen Haushalt 130 Millionen zur Beschaffung von Arbeits- gelegenheit für Erwerbslose -durch Förderung wirtschaftlich wert- voller Arbeiten, 15 Millionen für den sogenannten Wohnungs- fürsorgefonds für wohnungslose Reichsbeamte und Krieg8- beshädigte und 50 Millionen für das landwirtschaftliche Sied- lungswerk in den dünn bevölkerten Gebieten eingestellt worden. Mit Rüdcksicht hierauf und da die im Etat 1926 hierfür eingestellien Mittel bis zum Ende des laufenden Etatsjahres nicht vollständig aufgebrauht sein werden, konnte im ordentlichen Haushalt der Ansa für die produktive Evwerbslosenfürsorge um die Hälfte, also auf 50 Millionen gekürzt werden.

Im Haushalt des Reichswehrministeriums ergibt sih bei den ordentlichen Ausgaben von Heer und Marine zusammen ein - Mehr von 16,5 Millionen gegenüber dem Vorjahr. (Hört, hört! links.) Um unabweisbare militärishe Bedürfnisse mit der ges botenen Sparsamkeit in Einklang zu bringen, haben sich auch manche Heereszweige mit einer Senkung der Ausgaben abfinden müssen. Es ist selbstverständlih, daß sich die Gesamtausgaben im Rahmen der uns durch den Versailler Vertrag gestellten Grenzen halten. Es zeigt sih aber stets das gerade vom Stand- punkt des Finanzministeriums bedauerliche Ergebnis, daß die Umwandlung des Heeres der allgemeinen Wehrpfliht in ein Eöldnerheer und die sonstigen, uns durch den Verfailler Vertrag auf diesem Gebiet auferlegten Beschränkungen zu unverhältnis- mäßig hohen Ausgaben nötigen, da für die heute aufzuwendenden Mittel relativ doch weniger erreiht werden kann als in den Vor- kriegszeiten. (Sehr richtig! rets.)

Jm Haushalt des Reichsverkehrsministeriums ist der im Zu- sammenhang mit dem Arbeitsprogramm der Reichsregierung in Angriff genommene verstärkte Ausbau der Wasserstraßen plan-

Freese RR d

v Ain d vet: etz deer arays

Et Ez tes S E a

pre: Lia

Bg Arme

S

an i bi