1927 / 41 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Feb 1927 18:00:01 GMT) scan diff

epidemie zusammenhängen und daher auch nach dem Gese von 1905 jelbst einer tleinerenu Gemeinde nicht exrstattei werden keunten Alo ein Beitrag zu diesen Kosten kann nah dem Dafürhalten der Staatsregierung für den Staat nicht in Frage kommen, viel- mehr nur ein Beitrag in Höhe von einem Drittel der unmittelbar entstandenen Kosten, die sich nah der nachgeprüften Berechnung des Staates auf 1,9 Millionen belaufen.

Was einen weiteren Punkt der gcstellten Anträge betrifft, so war seinerzeit bei der ersten Beschlußfassung vom Hauptausschuß beschlossen worden, der Stadtverwaltung zur sofortigen Unter- stüßung der durch die Epidemie Betroffenen, insbesondere der ihres Ernährers beraubten bedürstigen Hinterbliebenen, eine Sonderbeihilfe bis zu 1 Million Reichsmark zur Verfügung zu sstt.llen Wir haben damals, obwohl dieser Beschluß noch einmal an den Hauptauss{huß zurückverwiesen wurde, doch sofort dem Regierungspräsidenten 100 000 Mark zur Verfügung gestellt, damit ex hier helfend eingreifen fönne. Wir hatten ihm aller- dings dazu die Anweisung erteilt, daß er darauf halten niëge, daß die Stadt nah Möglichkeit auch ihrerseits etwas tut. Der Re- gierungspräsident hat uns berichtet, daß die Stadt aus diesem Gesichtspunkt 50 000 Mark aufgewandt habe, daß sie es aber abgelchnt habe, die 100 000 Mark, die wir dem Regierungs- präsidenten zur Verfügung gestellt hatten, anzunchnen, weil sie offenbar der Meinung war, daß man die Gesamtbeshlüsse des Landtages abwarten müsse. Die Staatsregierung steht auch heute noch auf dem Standpunkt, daß für die Unterstüßung der von der Epidemie Betroffenen und besonders der Hinterbliebenen etwas getan werden muß, und sie ist bereit, dafür Mittel zur Verfügung zu stellen, ohne sich auf eine bestimmte Zahl festzulegen. Der zunächst gestellte und vom Hauptausshuß angenommene Antrag, bis zu 1 Million zu gehen, würde hierfür eine vollkommen aus- reichende Grundlage bilden. Die Staatsregierung muß aber darauf halten, daß zu diesem Zweck auh von der Gemeinde angemcss-ne Beiträge zur Verfügung gestellt werden. Es kann nicht angehen, daß die Stadt sagt: wir stellen nux 50 000 Mark zur Versügung und erwarten das übrige nunmehr vom Staat. Der Hauptausschuß is bei der erneuten Beratung über diese Vcdenken der Staatsregierung hinweggegangen und hat beschlossen, der Stadt Hannover s{hlechthin 3 Millionen zur Verfügung zu stellen, ohne Rechnungslegung, ohne Prüfung, für welhe Zwecke diese Ausgaben verwandt werden sollen. Die Staatsregierung ist der Meinung, daß das nicht angeht, und ih bitte deshalb noh einmal dringend, die zuleßt beschlossenen Anträge des Haupt- ausschusses niht anzunehmen.

Was dann zuleßt die Kredithilfe für die Stadt Hannover betrifft, so steht die Staatsregierung auf deu Standpunkt, daß es niht Sache der Staatsregierung ist, der Stadt Hannover ein Darlehn zu geben oder ihr ein Darlehn zu vermitteln. (Zuruf des A‘geordneten BVlanck.) Diese Millionen in Oberschlesien sind nicht hinausgeworfen, sondern sie sind aus nationalpolitischen Erwägungen gegeben worden im Einvernehmen mit der Reichs- regierung, um hier eine große Arbeitslosigkeit zu verhindern. Nach dem Dafürhalten der Staatsregierung muß Hannover sich selbst die erforderlichen Anleihemittel beshaffen können. Es kann niht Staatsaufgabe sein, die Mittel durch Anleihe aufzubringen und sie an Hannover weiterzuleiten. Jch glaube, eine so große Stadt wie Hannover kann sih selbst durch unmittelbare Anleihe oder dur Beteiligung an einer Sammelanleihe der Girozentrale die eforderlihen Mittel beschaffen. Die Staatsregierung hat also gegen diesen Antrag erhebliche Bedenken.

Nach unseren Berehnungen wird sich die Lage der Stadt Hannover im kommenden Fahre dadur verbessern, daß, selbst wenn wir nur von einer Garantie von 2,5 Milliarden bei der Ein- kommen- und Körperschaftssteuer ausgehen, der hlüsselmäßige Anteil Hannovers, der bisher 5,4 Millionen beträgt, sich 1927 um 1,8 auf 7,2 Millionen erhöhen wird. Die Staatsregierung legt entsheidendes Gewicht auf diese Dinge, weil die Annahme der Anträge unendlihe Berufungen zur Folge haben und die Staats- regierung in allen ähnlichen Fällen in Anspruch genommen würde, was der Landtag nicht wollen und niht verantworten kann.

Die zweite Rede:

Herr Kollege Hartleib irrt, wenn erx davon spricht, daß hier ein einstinmiger Beschluß des Landtags vorliege. Ein solcher einstimmiger Beschluß des Landtags liegt eben nicht vor, sondern der Antrag Ziffer 4 ist an den Hauptauss{chuß zurückverwiesen worden. Also ein einstimmiger Beschluß des Landtags liegt bis jeßt noch nicht vor, und es ist nur meine Aufgabe, zu verhindern, daß hier Beschlüsse gefaßt werden, die nah dem Dafürhalten der Staatsregierung nicht das Richtige treffen. Jh darf nux darauf hinweisen: wenn der Staatsregierung nachgewiesen werden würde, daß diese eine Million Mark wirklich zur Unterstüßung der von der Epidemie Betroffenen und ihrer Hinterbliebenen gebraucht werden würde, würde ih mich gar niht dagegen sträuben, diese eine Million zur Verfügung zu stellen. (Bravo!)

Jch wehre mib nur gegen zweierlei: daß diese cine Million einfach in Baush und Bogen gegeben werden soll, ohne daß irgendeine Aufrehnung oder ein Bedürfnisnachweis von der Stadt Hannover geliefert worden ist, und daß zweitens diese eine Million Mark gegeben werden soll ohne Rücksicht auf das, was die Stadt Hannover selbst gibt. Wir machen gar nicht die Bedingung, daß Hannover denselben Betrag hergeben soll, sondern wir haben

uch die ersten 100 000 Mark dem Oberpräsidenten zur freien Verfügung überwiesen; wir haben ihn nur angewiesen, darauf zu sehen, daß auch die Stadt Hannover das ihre zu diesem Zwedcke tue. Jch verlange also gar nicht, daß die Stadt Hannover die- selben Summen aufwendet; aber ih muß als Finanzminister doch wohl darauf bestehen, daß zunächst ei. aal nachgewiesen wird, welches Bedürfnis denn überhaupt vorliegt, und daß der Landtag hiez nicht einen Beschluß faßt, dec Stadt Hannover \{lechthin, ohne Rüdcssicht auf das, was nötig ist, und ohne Rücksicht auf die Beiträge der Stadt Hannover, eine Million zur Verfügung zu stellen. Nur das war doch der Sinn meiner Ausführungen, Herr Abgeordneter Hartleib

247. CiBung vom 17. Februar 1927, mittags 12 Uhr. (Bericht des Nechrihtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Jn einer Erklärung außerhalb der Tagesordnung führt Abg. v. d. Osten (D. Nat.) aus:

Jm „Vorwärts“ wird ein offener Brief des Arbeiters Ernst Graß aus Barnisz an den Reichskanzler Marx veröffentlicht (Zu- rufe links: der Fhnen sehr unangenehm ist!), der schwere Ver- Teumdungen meiner Perjon enthält. Zur Feststellung der Wahrheit

werde ih die strafrechtliche Verfolgung gegen den Briefshreiber beantragen, Zur Auftlarung des Sachverhalts stelle ih aver schon jeßt folgendes fest: Aehnliche Angriffe wurden bereits am 17. Vai 1925 im „Vorwärts“ erhoben und von mir am 20. Mai auf Grund des § 11 dcs Pressegeseßes in einem eingcschriebenen Briej, wie folgt, rihtig gestellt: Es fl unrichtig, daß i1ch den Arbeiier Graß wegen seiner En Gesinnung E benahteiligt habe. Qa. Na! links.) Richtig ijt vielmehr, ih den Arbeitcr Ernst

raß, dessen sozialdemokratische Parte1izugehörigkeit mir sett Jahren bekannt ist, mit Rücksicht auf seine zah reihe Familie dauernd unterstüßt und daß ih noch im vergangenen Sommer seine fünf abgerissenen Kinder eingekleidet habe. (Hört! Hört! rechts; Rufe links: „Zahlen Sie doch bessere Löhne!“) Richtig ist, daß ih den Arbeitsvertrag mit Graß gekündigt habe, weil Graß aller Hilfe ungeachtet seine Kinder verwahrlosen licß und weil seine Frau ihre älteste Tochter zu Diebstählen verleitete. Ergänzend füge ih dieser damaligen Berichtigung hinzu: Die Kündigung des Ar- beiters Graß erfolgte unter a rung der geseßlichen Vorschriften und aus den in der Berichtigung angegebenen Gründen. Gegen- über der Behauptung des Graß tin seinem offenen Brief, er habe wegen der Kündigung seine einzige Kuh verkaufen müssen, erkläre ih: Graß h gar keine eigene Kuh; sie wurde ihm vielmehr mit Rüdcksicht auf seine zahlreihe Familie von der Gutsverwaltung estellt. (Lebh. Hört! hört! rets.) Seine Behauptung, daß er ein Futter mehr für die Kuh erhalten habe, ist unwahr. Ebenso ist unwahr, daß Graß durch die Kündigung in eine otlage ge- raten wäre. Er konnte sih vielmehr am 1. Oktober 1925 noch ein Grundstück kaufen. Graß ist sogar, nahdem ihm gekündigt wurde, als sogn. freier Arbeiter von der Gutsverwaltung weiter be- lig worden. (Hört! hört! rets.) Diese Arbeit hat Graß elbst freiwillig und ohne. Kündigung seinerseits niedergelegt. Tat- sählih hat also Graß das Arbeitsverhältnis endgültig gelö tat aber die Gutsverwaltung. Diese Feststellungen werden vor Gericht bewiesen werden. Hiernah sind die entgegenstehenden Be- Angen des Graß in dem offenen Briefe an den Reichskanzler

arx als unwahr zu bezeichnen. Sie charakterisieren si als un- wahre persönliche Hetze aus N politischen Motiven. Den Reichskanzler habe ih von dem Sachverhalt unterrichtet, ebenso die S Rnns des „Vorwärts“, Zum Schluß muß p: meinem Befremden darüber Ausdruck geben, daß das offizielle Organ der größten Regierungspartei Preußens es für angemessen hält (Große Unruhe bei den Sozialdemokraten), unwahre Angriffe egen ein Mitglied des Hauses ohne Prüfung des tatsäch iden Sachverhalts zu veröffentlichen, S E aus dem gleichen Anlaß eine Presseberihtigung eingesandt worden war.

Das Haus tritt in die Tagesordnung ein und erledigt ohne Debatte eine Anzahl kleiner Vorlagen.

Annahme finden Anträge des Ostausschusses, die das Staatêministerium beauftragen, auf die Reichsregierung ein- zuwirken, die Mittel des Sofort-Programms für 1926 nah dem vom Unterausshuß des Ostaus\chusses gebilligten ay mit größter Beschleunigung avs- zushütten und von der Berücksichtigung nacträglid ein- gehender Forderungen einzelner Kommunen oder sonstiger Juteressenten, die Verzögerungen oder Abänderungen be- dingen, grundsäßlih abzugehen. Mit allem Nachdrut soll die Staatsregierung hei der Reichsregierung dafür eintreten, daß Preußen für 1927 vem Reih mit mindestens der gleichen Summe für die östlihen Provinzen wie 1926 berücsichtigt wird. Weiter wird der Aus\hußantrag angenommen, der das Staatsministerium ersucht, das Waldenburger Gebiet besonders zu berücksichtigen, insbesondere aber durch Zu- wendungen für shulärztliche Zwecke den dortigen Gemeinden die Aufrechterhaltung der Leistungen auf diesem Gebiete zu ermöglichen.

Der vom Zentrum eingebrahte FJnitiativgeseßentwurf über die Niers wurde dem hierfür besonders gebildeten Niers-Aus\chuß S mehrere Fnterpellationen und Anträge über die Siedlungstätigkeitin Preußen

gingen an den Wohnungs- und Heimstättenaus\{huß. Dann wurde die zweite Beratung der Gewerbe - steuer für 1927 fortgeseßt.

Finanzminister Dr. Höpker-A\choff: Zu der vorliegenden Novelle des Gewerbesteuergesetes sind eine greßæ Fülle von An-

trägen gestellt worden. Sie sind seinerzeit im Hauptauss{uß ein- gehend beraten und dann einem UÜntecauss{uß überwiesen worden. Dieser hatte dann dem Hauptausshuß eingehende Vorschläge über die Behandlung dieser Anträge gemaht. Auf Grund dieser Vor- schläge hat dann der Hauptausschuß seine Beschlüsse gefaßt, die nun dem Plenum vorliegen. Man sollte meinen, daß es nah einer \o sorgfältigen Beratung nicht angezeigt gewesen wäre, alle die Anträge, mit denen der Unteraus\{uß und der HauptauësGuß si eingehend beschäftigt haben, noch einmal an das Plenum zu bringen. Jh weiß nicht, was die Ausschußberatungen dann überhaupt für einen Sinn haben sollen, wenn dieselben Anträge, die im Hauptausschuß und im Unteraus\chuß behandelt sind, noch einmal im Plenum zur Beratung gesteli werden. (Sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten.)

Der Herr Neichsfinanzminister hat in feiner gestrigen Rede auf die Frage der Realsteuern Bezug genommen und in Aussicht gestelli, daß die Neichsregierung in absehbarer Zeit dem- Reichstag ein Reichsrahmengeseß, betreffend die Realsteuern, vorlegen werde. Auch der Vertreter der größten Regierungspartei, der deuts- nationale Abgeordnete Oberfohren, hat in seinen Ausführungen zu der Nede des Reichsfinanzministers die Vorlegung eines solchen Neicbsrahmengeseßes gefordert. Wir sind darüber unterrichtet, daß die Vorarbeiten zu einer solchen Vorlegung im MReichsfinanz- ministerium bereits begonnen haben. Wir werden also damit rechnen müssen, daß in absehbarer Zeit ein solhes Relhsrahmengeseß fommt, das wahrscheinlich {on mit Wirkung zum 1. April 1926 in Kraft geseßt werden wird, selbst dann, wenn bis dahin der Finanzausgleih nicht endgültig geregelt sein sollte. Wenn das aber der Fall ist, dann müssen wir doch auh damit rechnen, daß von Neichs wegen die grundlegenden Bestimmungen über die Gewerbe- steuerpfliht geregelt werden, insbesondere auch die Abgrenzung der subjektiven Steuerpfliht. Jh bitte daher dringend, au alle die Anträge zurüzustellen, die nun in Preußen noch für dieses Etatjahr an der subjektiven Steuerpfliht etwas ändern wollen, indem sie z. B. die Handelsvertreter und die Hausgewerbetreibenden aus der Steuer herausnehmen und dadurch den Kreis der Steuerpflichtigen weiter einshränken.

Zu den - Anträgen Nr. 5309 und 5304, die fich auf die Handels- vertreter beziehen, und zu- dem Beschluß des Hauptaus\chusses, der die Lobngewerbetreibenden aus der Steuer herausnehmen will, möchte ih noch sagen: der Begriff der Lohngewerbetreibenden ist vollftäadig ungeklärt. Wir wissen gar nicht, was wix nachher in der Berwaliung und Judikatur mit diesem Begriff anfangen sollen.

| Die Versicherungégesebe kennen nur den Begriff der Hausgewerbe-

treibenden. Er wird in dem Neichéversicherungsgeseß so definiert, daß Hausgewerbetreibender derjenige ist, der in eigenen Räumen, ader für fremde Rechnung und Gefahr arbeitet. Der Verband der Lohngewerbetreibenden hat in einer Eingabe auf diese gesetliche Definition Bezug genommen. Sie kann für uns unter keinen

Umständen maßzebend sein. Denn jemand, der für fremde Rechnung und Gefahr arbeitet, unterinegt an si s{onz nidt der Gewerbe- steuer. Also so können wir den Begreff unier keinen Umständen definieren. Was unter einem Lohngewerbetre:benden verstanden werden soll, ist eine vollfommen offene Frage Son aus diesem Grunde würde ih bitten. den Besbluß des Hauptausscusses in dieser Frage zu forrigieren.

Meine Damen und Herren, die reihsgeseßlihe Regelung wird ohne Zweifel eine Frage berühren, die gestern von dem Herrn Abg. Dr. Facobshagen ausführlich angeshnitten worden is und zu der sowohl er wie der Herr Abg. Dr. Neumann (Frohnau) Au- träge gestellt haben, die Frage des Abzugs der Schulden und

_Schuldenzinsen. Der Herr Abg. Dr. Jacobshagen hat gestern die

Frage gestellt, ob meine Ausführungen über die finanzielle Lage der Gemeinden nicht zu optimistisch seien. Er hat gemeint, die durch diese Vorlage herbeigeführte Senkung der Gewerbesteuer würde die Gemeinden shon außerordentlich hart treffen. Jh ver- stehe nun nicht, meine Damen und Herren, wie dann gerade der Herr Abg. Dr. JFacobshagen in Ansehung der Schulden und Schuldenzinsen Anträge stellen kann, die doh ganz ohne Zweisel eine noch viel weiter gehende Senkung des Ertrages der Gewerbe- steuer zur Folge haben würden. Er hat weiter darauf hingewiesen, daß diese Bestimmungen auch dem gewerblichen Mittelstand zugute fommen würden und daß es doch immer der Wille des Landtags gewesen sei, dem gewerblihen Mittelstand zu helfen. Auch diese Ausführungen treffen nit zu. Denn aus den Kreisen des gewerb» lihen Mittelstandes wird der Abzug der Schulden und Schulden- zinsen durchaus nicht gefordert. Die Kreise des gewerblihen Mittel- standes sind sih vollkommen darüber llar, daß der Abzug der Schulden und Schuldenzinsen vornechnlich der Großindustrie zugute kommen würde, weil diese ja doch stark mit fremdem Kapital, großen Hypotheken und Obligationen arbeitet und weil der Abzug bei der Steuer, der hier entstehen würde, nachher von den Kreisen der anderen Steuerpflichtigen wieder aufgebraht werden müßte.

Die sachlichen Ausführungen, die ih im Hauptauss{chuß und Unterausshuß gegen den Abzug der Schulden und Schuldenzinsen gzmacht habe, sind sehr eingehend gewesen. Fh brauche sie hier niht zu wiederholen. Jh habe es sehr begrüßt, daß der Herr Abg. Dr. Neumann (Frohnau) sich gestern grundsäßlih auf den Staud- punkt dieser Ausführungen gestellt und auch seine grundsäßlichen Bedenken gegen eine Abänderung des Systems eingehend vorges tragen und begründet hat. Auch er hält es nicht für möglich, die Schulden und Schuldenzinfen herauészunehmen. Seine Fraktion hat allerdings in einem Antrage Nr. 5306 eine andere For» mulierung des Gesetzes vorgeschlagen. Ih weiß aber wirkli nit, welhe Aenderung denn diese Formulierung gegenüber dem be- stehenden Rechtszustand eigentli in sich schließen soll. Jch kann wirklich niht recht erkennen, worauf dieser Antrag hinausgeht, Ih glaube nicht, daß durch die Annahme dieses Antrages an dem geseßlichen Zustand viel geändert werden würde. Aber solche An- träge schließen, weil sie eine neue Formulierung enthalten, für die Verwaltung und Judikatur natürlich eine Gefahr in sich. Wir haben, wenn ih die Beschlüsse des Hauptaus\chusses zugrunde lege, den § 6 jeßt dem § 5 angepaßt. Die Begriffe dse § 5 über die Zus rechnung des fremden Kapitals sind durch die Judikatur des Ober- verwaltungsgerichts geklärt. Jh würde es außerordentlich be- dauern, wenn etwa durch die Annahme des Antrages Dr. Neumann (Frohnau) hier ganz neue Begriffsbestimmungen in das- Gesetz hineinkommen würden und zu Unklarheiten in der Verwaltung Anlaß geben würden, Unklarheiten, die dann erst durch eine Judis fatur des Oberverwaltungsgerihts wieder ausgeräumt werdz müßten. Jh würde also dringend darum bitten, auch diesen Antrag abzulehnen.

Sodann, meine Damen und Herren, sind von der Fraktion der Deutschen Volkspartei noch Anträge gestellt, die sih auf die Ge*ell- schaften mit beshränkter Haftung bezichen und die darauf hinaus laufen, daß die Bezüge, die die Gesellschafter einex G m. b. H. die gleihzeitig Geschäftsführer sind, erhalten, vom Ertrage abgerechnet werden sollen. Der Antrag Nr. 5308 geht dahin, daß bei Gewerbe- betrieben, die durch eine Gesellshaft mit beschränkter Haftung dbe- trieben werden, die an die Gesellschafter als Entgelt für die ihrer Gesellschaft geleisteten Arbeiten und Dienste gezahlten Beträge ab- gezogen werden fönnen, jedoh höchstens im Betrage von 10 vH des Stammkapitals und 50 vH des nach Absaß 1 berechneten Ertrages, mindestens aber 1500 RM. Jh habe im Hauptausschuß bereits auf ein Beispiel hingewiesen. Wenn eine G. m. b. H. ein Stamm- fapital von 1 Million Mark und einen Gewinn von 200 000 Mark hat und nun einem der Gesellschafter, der gleihzeitig Geschäfts- führer ist, eine Vergütung für die Geschäftsführung von 100 000 Mark zuspriht, so würde der Betrag nah dem Antrage 5308 ab- gezogen werden, weil dieser Betrag 10 vH des Stammkapitals und 50 vH des Gewinns nit übersteigen würde. Es würde die An- nahme eines solhen Antrags die große Gefahr in si schließen, daß offene Handelsgesellshaften mit Geschäftsanteilen von 1 Mil- lion Mark in G. m. b. §H.8 mit einem Stammlkapital von 1 Million Mark umgewandelt würden, daß man den Gesellschaftern Bezüge in der von mir genannten Höhe zubilligen würde und nun sehr hohe Beträge der Steuer entziehen würde. (Zuruf: Das sind nur seltene Fälle!) Aber die Annahme des Antrags würde doch dahin führen, daß man offene Handelsgesellshaften, bei denen die Fâlle jo liegèn könnten, in G. m. b. H.s umwandeln und so die Steuers pfliht vermindern würde. Es fann nicht unsere Aufgabe sein cine derartige Gefohr heraufzubeschwören und dadurh den Ertrag der Steuer noch \_.iter herabzusenken.

Von der Fraktion der Deutschen Volkspartei ist dann der An- trag wiederholt worden, der einen Angriff auf das sogenannte preußische System darstellt. Der Antrag unter Nr. 5310 zielt darauf hin, daß dem Steuergläubiger, also den Gemeinden, zur Pflicht gemacht werden soll, Stundungen zunächst auf 12 Monate vorzunehmen, wenn der Steuerpslichtige glaubhäft mat, daß der Ertrag des laufenden Jahres voraussihtlich erheblich hinter dem Ertrag des Veranlagungszeitraums zurückbleibt. Meine Damen und Herren, wenn es richtig ift und das wird ja allgemein an- erfannt —, mit dem System der Vorauszahlungen zu brechen und zur Grundlage der Besteuerung das Ergebnis des voran- gegangenen Jahres und, wenn drei Jahresergebnisse vorliegen, den Durchschnitt der drei vorangegangenen Fahre zu machen, dann muß au an dem für rihtig anerkannten System festgehalten und darf. niht das System wieder einmal an einer entscheidenden Stelle durchbrechen werden, indem man die Höhe der Steuer auf den Ertrag des laufenden Jahres abstellt. Fch würde also dringend bitten, diesen Antrag abzulehnen,

Meine Damen und Herren, der Herr Abg. Kêlges ist dann stern noch einmal zurückgekommen auf den Abzug, der bei den ote und Pachten gestattet werden soll und auf die dadur rstrebte Gleichstellung des Gewerbetreibenden, der als Eig-n- ia im eigenen Hause seinen Betrieb betreibt, mit demjenigen, der als Mieter in einem fremden Hause sein Geschäft betreibt. Er hat in Zusammenhang damit an mi die Frage gerichtet, ob der Eigentümer, der im eigenen Hause seinen Gewerbebetrieb be- treibt, von dem Ertrage die Grundstener und die Hauszinss\teuer und JInstandhaltungskosten abziehen darf, denn nur dann würde fich der Mietswert des Hauses entsprehend auf 25 vH herab- mindern Und dadurch die Gleichstellung mit den Mietern herbei- gesührt werden. Jch fann diese Frage uneingeshränkt bejahen. Wie bei der Einkommensteuer, so auch _bei der Gewerbeertrag- stzuer können Hauszinssteuer, Grundvermögensteuer und JInstand- haltungskosten von dem Ertrage abgerehnet werden. Das würde eben dahin führen, daß der Gewerbetreibende, der im eigenen Hause sein Gewerbe betreibt, dann nicht den vollen Friedenswert dex Räume als Ertrag zu versteuern hätte, sondern nur den Mietswert seiner Räume nah Abzug der genannten Steuern und der übrigen Unkosten.

Dann noch ein paar Worte zu etnem Entschließungsantrage, näm!ih zu dem Antrage auf Druks. Nr. 5303, der von der Regierung eine Prüfung verlangt, ob nicht die Verwaltung und Veranlagung der Gewerbesteuer auf die Finanzämter übertragen werden soll. Dieser Entschließungsanirag ist bereits im Haupt- aus\{chuß behandelt und dort abgelehnt worden. Die Verhandlung ging damals verhältnismäßig schnell vor sih, weil die Tages- ordnung sich zum SElusse neigte, und die Staatsregierung fonnte daher im Hauptausshuß niht Stellung - nehmen. Jh möchte daher hier sagen: wir würden es begrüßen, wenn diesex Ent- s{chließungsantrag angenommen werden würde, denn dieser An- trag bewegt sih auf dex Bahn, die auch. wir beshreiten wollen. Wir haben bereits mit dem Herrn Reichsfinanzminister Verhand- lungen darüber geführt, ob die Verwaltung und Veranlagung der Gewerbesteuer niht auf die Finanzämter übertragen werden soll. Die Verhandlungen sind jeßt zu einem vorläufigen Abschluß gekommen. Allerdings hat der Herr Reichsfinanzminister und ih nehme an, daß au sein Nachfolger, es war damals noch der Reichsfinanzminister Reinhold, daran festhalten wird es ab- gelehnt, die Veranlagung der Gewerbesteuer hon für das Jahr 1927 auf die Finanzämter zu übernehmen. Aber grundsäßlich ist der Reichsfinanzminister bereit, die Veranlagung und die BVer- waltung der Gewerbesteuer auf die Finanzämter zu übernehmen.

Jh bemerke dabei, daß die Verwaltung der Gewerbesteuer durch die Reichsfinanzämter ja in den süddeutschen Staaten heute bereits die Regel bildet, und daß es auch in Preußen eine Reihe von größeren Gemeinden gibt ich erinnere insbesondere an die Stadt Berlin —, in denen die Verwaltung der G:werbesteuex in die Hände der Finanzämter gelegt ist. Bei dem Schriftwechsel mit dem Reichsfinanzminister ist eine gewisse Einigung darüber erzielt worden, daß die Veranlagung der Gewerbesteuer durch die Finanzämter durhgeführt werden soll, und es würde damit das Folgende erreiht werden: Es würde eine Vereinfachung. der Ver- waltung erzielt werden, weil dann Einkommensteuer und Ge- werbeertragsteuer gemeinsam verwaltet werden könnten und auf der andern Seite auch Vermögensteuer und Gewerbekapitalsteuer. Wir würden auf diese Weise dem Ideal: eine Steuererklärung, eine Veranlagung, ein Steuerbesheid, ein Rechtsmittel in diesen Fragen erheblich näherkommen.

Wir haben bei unseren Verhandlungen mit dent Reichsfinanz- minister auch gewisse Bedingungen geltend gemacht, nämlich die Bedingungen, daß dann die Veranlagung nah Möglichkeit durch denselben Beamten in einem Zuge durchgesührt werd.n möchte, und daß bei der Veranlagung die Behörden der aligemeinen Ver- waltung und die Behörden der Selbstverwaltung stärker als bis- her beteiligt werden sollten. Dex Reichsfinanzminister hat auf diesem Gebiete ein Zugeständnis gemacht und sih bereit erklärt, die Gemeindevorsteher mit voller Stimme in den Steuerauss{chuß bei den Finanzämtern aufzunehmen und auch dem Landrat als dem Vertreter der allgemeinen Verwaltung eine beratende Stimme in diesem Ausschuß zu geben. Unter dieser Vorausseyung würden wir die Uebertragung der Verwaltung auf die Finanzämter be- grüßen. Diese Verhandlungen werd?n weitergeführt werden, und ih würde bitten, uns darin durch Annahme des Entschliezungs- antrags Drucks. Nr. 5303 zu unterstüßen. (Bravo!)

Abg. Lange - Dittersbach (Zentr.) beklagt, daß wiederum nur ein Provisorium zur Entscheidung E Nach der gestrigen Rede des neuon Reichsfinanzministers sei auch nicht mit Sicherheit anzunehmen, daß der Finanzausgleih, auf den man immer ver- tröste, ereits am 1. April 1928 kommen werde. Der Mittelstand könne diese Lasten niht mehr tragen. (Zuruf links: Sagen Sie das dem Minister Hirtsiefer!) Besonders die kleinen Gewerbe- treibenden seien s{limmn daran. Notwendig sei endlih au eine übersichtlihe Steuergeseßgebung. Die Konsumvereine dürften keine Bevorzugung genießen. (Andauernde Unterbrehuüngen bei . den Sozialdemokraten.) Der Demokrat Houry habe ja am Mittwoch eine große Lobrede auf sie gehalten und verdiene, von den Kon- sumvereinen zum Ehrenmitglied ernannt zu werden! (Zuruf links: Erzählen Sie mal was von Hirtsiefer! Gewerbliche Räume!)

__ Abg. Ba ye r - Waldenburg (D. P) erklärt, wenn die Er- Icsse des Finanzministers auf Schonung es gewerblichen Mittel- standes Sinn haben jollen, so müßte die Meinung des Ministers in bestimmtezer Form den Gemeinden zugeleitet werden. Ju- ristische Theorien helfen über die allgemeine Empfindung bej den Sewerbetreibenden nicht hinweg, daß es Le bei der Gewerbesteuer Um èêlne ungerechte Sonderbesteuerung handle. Die Steuer mag früher als eine Art Ehrensold des Gewerbes an die Gemeinden verstanden worden sein; wie sie sih jeßt ausgewacsen hat, muß le entschieden bekämpft werden. (Sehr wahr! rets.) Kleine Erleichterungen können nicht helfen. Die Steuer muß grundsäßtz- Uh so umgestaltet werden, daß sie der Leistungsfähigkeit der Betriebe angepaßt ist. Das Wort von der Abwälzbarkeit ist graue Theorie. a5! der Praxis lassen die Unterbietungen bei L gar keine Abwälzung von den festen Mindestpreisen zu. Die Anträge der Deutschen Volkspartei, die angesichts der doppelten Steuerlast, die die Gewerbetreibenden im leßten e abzubürden haben, entscheidende Erleichterungen schaffen wollen, sind leider im Aus- [{chuß abgelehnt worden. Wir aben sie aber wieder eingebracht, weil wir eine Uebergangszeit für absolut notwendig halten. Steuersenkungen im Reich dürfen durch Gemeindezuschläge zur Gewerbesteuer niht illusorisch gemaht werden. (Beifall rechts.) Abg. Dr. Facobshagen (D. Nat.) empfiehlt noch einnial die Abänderungsanträge seiner Fraktion, insbesondere die Forde- tung auf Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen. Thüringen und Sachsen hätten eine analoge Fassung, wie sie von seinen Freunden vorgeschlagen werde.

Abg. Sch wen k (Komm.) kritisiert die Steuer aufs neue als Belastung der breiten Massen. Gerade die Kleingewerbetreiben-

den, die auch keine geshickten Steuerberater hätten, würden auf das schiverste getroffen. Dazu komme, daß die Gewerteraummiete dur die Verordnung des Zentrumsministers bis zu 600 Prozent in die Höhe getrieben werde. Was der Zentrumsredner und die anderen Scririen jeßt hier sagten, sei die reine Heuch:lei! Sehr wahr! bei den Kommunisten.) Steuersenkungen kämen immer nur den Besivenden zugute; das M Ne gange Finanzpolitik im Reich wie auch in Preufen. Ein inister, der so gegen die breiten Mcssen handelt, müsse zum Teufel gejagt werden! E

Abg. Houry (Dem.) tritt erneut für Milderungen für die fleinen Lohngewerletreibende und Agenten ein. Auch Unkosten dürften niht der Besteuerung unterliegen. Durch ein scharfes Vorgehen gegen die Konsumvereine hätte der Mittelstand selbst den ro7ten Schaden gehabi! Man nehme die Anträge des Aus- schusses an! ; A S

Abg. Schön (Wirtsch. Mi T mit stürmischen Zurufen links empfangen, lehnt die Gewerbesteuer als Sondersteuer ab; sie müsse verschwinden. Auch der Finanzminister sei ja unlängst dafür eingetreten (Finanzminister Dr. Höpker-Aschoff: Das stimmt nicht!) Es hat jedenfalls in der Zeitung gestanden! Die Steuer mag. in der Vergangenheit berechtigt gewesen sein, jeßt ist sie es niht mehr. Heute handelt es sich darum, die Steuer wenigstens zu mildern. Zu begrüßen is die Beseitigung der Doppelbesteuerung. Bei der Abzugsfähigkeit der Unkosten sei zu Bb daß die Gehälter der Direktoren der Aktiengesellshaften abzugsfähig seien. Das sei eine Ungerechtigkeit und führe nur zu Hinterziehungen. Ungereht sei auch die verschiedenartige Aus- wirkung bei Gemeinden mit Kapitalsteuer und bei solchen mit Lohnsummensteuer. Die Konsumgenossenshaften dürften als gewerbliche Unternehmer keine Ausnahmestellung haben. Man

ollte die. großen Riesenunternehmungen, die Vernichter der cittelstandsexistenzen, Fteuerlih besonders erfcssen. Die Lohn- gewerbetreibenden müßten gegen eine Doppelbesteuerung geschüßt werden.

Die Beratung wird unterbrochen, um die Abstim- mungen zum Wohlfahrtsetat vorzunehmen.

Anträge der Regierungsparteien über Vermehrung der Mittel zur Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs gehen an den Hauptauss{uß, und dieser Etat-Teil wird vorläufig in seiner gegenwärtigen Gestalt bewilligt.

Annahme findet u. a. ein deutschnationaler Antrag, dex zur Beseitigung der shweren, durch die Besaßung entstande- nen Schäden der sozialkariativen Anstalten des Rheinlandes ausreichende Staatsmittel fordert. Gegen Sozialdemokraten und Kommunisten finden die Ausshußanträge Annahme, die verdienten Aerzten wieder die Möglichkeit der Ver- leihungdesProfessorentitels verschaffen wollen und einen Geseyentwurf zur Bekämpfung dex Kur- pfuscherei verlangen. Gegen die gleichen Stimmen fand auch der Ausschußantrag Annahme, der die Forderung erhebt, daß sämtliche hauptamtlih angestellten Weinkontrol- leure als Beamte mit der ihrer Tätigkeit entsprechenden Besoldung bestellt werden.

Gegen Sozialdemokraten, Zentrum und Wirtschaftliche Vereinigung wurde der Ausschußantrag auf Einrichtung eines ständigen Ausschusses zur Pflege der Leibesübun- gen angenommen. Der sozialdemokratische Antrag, darauf hinzuwirïen, daß die Arbeitszeit im Reih durh Not- gesez gemäß den Forderungen der Gewerkschaften geregelt werde, wurde mit den Stimmen der Linksparteien und des Zentrums angenommen. Schließlich fanden noch die Aus- schußanträge Annahme, die u. a. verlangen die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf eine feste Rente für Klein- rentner und die feste Anstellung der Bezirks- jugendfürsorger. Mit großer Mehrheit wurde der Antrag des Ausschusses angenommen, der die sofortige Durch- führung des Landtagsbeschlusses vom 28. April 1926 auf Aufhebung der kasernierten Prostitution in Preußen verlangt.

Zweifelhaft blieb die einfahe Abstimmung über den Antrag der Wirtschaftspartei, einen Antrag Ladendorff (Wirt- schaftsþ.), der ein Reichsgeseß über die Aufhebung der ganzen Wohnungszwangswirtshaft nebst Uebergangsbestimmungen fordert, dem Wohnungs- und Heimstättenausshuß zu überweisen. Durch Auszählung wurde der Antrag mit 175 gegen 172 Stimmen dexr Kommu- nisten, Sozialdemokraten, Demokraten und Arbeitervertreter des Zentrums angenommen. Abgelehnt wurde gegen Linke und Zentrum der Ausshußantrag, der die unverzügliche Borlegung eines Planes für den Abbau der gesamten Woh- nungszwangstwwirtschaft fordert.

Der Antrag der Wirtschaftspartei, das Wohnungs- mangelgesey in Preußen binnen kürzester Zeit außer Kraft zu seßen, wurde gegen die Antragsteller und einige Ab- geordnete der Rechtsparteien abgelehnt, Die Ausschußüber- weisung des Antrages Ladendorff (Wirtschaftsp.), derx eine Mieterhöhung im JFuteresse der Hausbesiber wünscht, wurde gegen Rechte und Wirtschaftspartei abgelehnt, gleich darauf der Antrag selbst gegen die Antragsteller.

Damit ist die zweite Beratung des Wohlfahrtsetais ab- geschlossen bis auf die für Freitag in Ausficht genommenen Abstimmungen über die Aenderungysanträge zur Verordnung des Wohlfahrtsministers bezüglich der Freigabe der ge-

werblichen Räume usw. aus derx Wohnungszwangs-

wirtschaft. f Das Haus seht die Beratung der G e to er besteuerx ort.

Abg. Meginger (Zentr.) wendet sch entschieden gegen die Angriffe auf die Konsum-enossenshasten und erklärt, daß der Ab- geordnete - Lange nicht für die Zentrumsfraktion, sondern für sich gesproben habe. (Hört, hört! links.) Konsumgenossen\sckaften seien vor dem Kriege schon groß geworden, troy damaliger Sonderbesteuerung (Sehr wahr! links und im Zentrum.) Jn den stürmischen Kriegs- und «FnflationSzeiten hätten die Konsum- genossenshaften mit ihrem Kampf gegen Wu )ecbestrebungen des ‘Handels dankenswertenveise ausgleihend und beruhigend gewirkt. (Beifall links und im Zentrum.) Leider licßen sib noch immer Finanzbeamte dazu mßbrauden, Material geaecn Konsumvereine u beshaffen und herauszugeben. Dex Abgeordnete Lange- ittersbach (Zentr.) hätte wissen können, daß alle Lebensmittel- und Kolonialwarenhändler in Ditiersbach bei größerem Umsatz zusammen noch 400 Reichsmark Gewerbesteuer weniger zahlen als der dort vorhandene einzige Konsumverein. (Lebhaftes Hört, hört! links und im Zentrum.) Der Redner betont zum S{luß., daß es heute nicht mehr genüge, wenn die Massen der Arbeitenden Einfluß in der Wirtschaft haben. Sie müßten in die Wirtschaft hineinwahsen, müßten Mitbesiter der Wirtschaft werden. (An- haltender Beifall links und in der Mitte )

Abg, ie s DteE aue À (Zentr.) wendet sich untex großer Peiterkeit des Hauses gegen seinen Parteifreund Metinger und hebt hervor, daß es sein Recht sei, als selbständiger Kauf- mann, die Fnteressen des gewerblichen Mittelstandes, dex im Konkurrenzkampf gegen die Konsumvereine stehe, zu vertreten. (Unruhe und Zurufe links.) Der Redner verlanat, daf die be- vorzugte Behandlung der Konsumgenossenshoften beseitigt werde, damit die Konsumvereine zeigen könnten ob sie im freien Handel konkurrenzfähig seien, Auch der Abgeordnete Mektinger habe nicht im Auftrage der Zentruméfraktion gesprochen. (Große Heiterkeit.)

Damit schließt die Besprechung.

Jn der Abstimmung wird die Vorlage unter Ablehnung aller Aenderungsanträge nach den Ausschußbeschlüssen ans genommen. Damit ist die zweite Beratung der Gewerbe- steuex erledigt.

Es folgt die Fortseßung der zweiten Beratung des Haushalts der Domänenverwaltung.

Abg. Dr.Stemmler (Zentr.) beschäftigte sich zunächst speziell mit der Lage der Domänenweingüter, die leider infolge der gestiegenen VBewirtsbaftungskosten Dejizitwirtsbaft haben, Dank gebühre de Domänenverwaltung dafür, daß sie in der Bearbeitung der Weine berge und der Kellerbehandlung des Weins dem notleidenden Winzerstande ein nahahmensweries Beispiel gebe mit dem Ziel den Ruf: „Deutsche, trinkt deutschen Wein!“ auch in Zukunst dur beste Qualität der deutshen Weine zu unterstüßen. Es sei n:cht nur eine moralische, sondern auch eine politishe Pfliht der Re- gierung, in ihrer Fursorge für die staatlihen Badeorte die Bäder des bejeßten Gebietes zu bevorzugen. Zum Schluß äußert sih der Redner ausführlih über die notwendige Förderung der staats lichen Mineralwasserwir: schaft. Das Mineralwasser von Nieder- selters sollte man weiter in Tonfkrügen, nicht in Flaschen abgeben ; die Rechte der Krugbäcker müßten geachtet werden.

Abg. Sten del (D. Vp.) stimmt den Ausführungen des Vors redners über die Krugbäcker in Niederselters zu. Bedauerlich sei die ablehnende Stellungnahme des Wiesbadener Regierungs- präsidenten. Die Regierung müsse das Gewerbe erhalten Be- ¿üglich der Selbstbewirtshaftung der Domänen scien die Erfolge nicht überwältigend, darum sei die Absicht der Regierung zu be- grüßen, die Selbstbewirtshaftung niht weiter auszudehnen. Die im fultivierten Moor angelegten Domänen dürften ebenfalls keine Dauereinrihtung werden; man werde an ihnen Gelegenheit haben, den Wert oder Unwert derx Selbstbewirtschastung genau zu prüjen. Der Redner begrüßt die Flüssigmachung größerer Mittel zum Bau von Landarbeiterwohnungen auf den Domänen. Die Be- {lüsse des Hauptausschusses über die Landgewinnung in Schleswig-Holstein seien ersreulih, leider stelle der Staat nicht die genügenden Mittel zur Verfügung. Es sei überhaupt be- dauerlih, daß eine Reihe von ausfihtsreihen Projekten zur Er- haltung guten Kulturbodens, der gefährdet fei, troß der Beschlüsse des Landtags nicht von der Regierung in Angriff genommen werde. Die Erhaltung von Kulturboden müsse allen anderen Kultur- arbeiten vorangehen. Das Landtvirtschaftsministerium müsse hier gegenüber dem Finanzministerium seinen Siandpunkt energischer vertreien. Das gelte au von der Siedlung, die nur dann ZwcdL habe, wenn Geld yineingesteck werde. Die Deutjhe Volkspartei habe beantragt und beantrage von neuem, bis zu 30 % den Siedlern Anschaffungskredite zu geben. Diesen Äntrag hätten die Demos traten, die so viel mit ibrer Siedlungsfreudigkeit agitieren, ab- gelehnt. (Zurufe links, Hört, hört! res.) Die Staatsregierung habe leider nicht verstanden, aus Norderney ein modernes Bad ju machen. Seine Partei halte es aber für cine volk8wirtschaft-

iche Aufgabe, die deutschen Böderbesucher von ausländischen Bädern fernzuhalten und nah deutschen Bädern hinzuziehen. (Beifall rets.)

_ Abg. Kellermann (Komm.) erklärt, der Staat habe die Pflicht, seine von ihm bewirtschafteten Betriebe als Musters anstalten aufzuziehen. Das liege im Interesse der kleinen Land- wirte und der großen Masse. Der Kampf gelte den Großagrariern, die die Kosten der Modernisierung ihrex Betriebe auf die Ge« meinden und kleinen Landwirte abwälzten. Besonders litten die leinen Pächter im Großen Moosbruch durch das rigoroje Vor- gehen der Oberförster. Die Regierung habe hier die Beschlüsse des Landtags noch immer nicht durhgeführt. Die vom Minister zugesagte Bereitstellung von 15 Millionen für den A musse endlich durchgeführt werden. Nur eine Arbeitec- un Bauernregierung nah dem Vorbilde Sowjetrußlands werde in der Lage sein, die Landwirtschaft aufzubauen,

Der Abg. Hoffmann (Komm.) wird wegen eines be- leidigenden Zurufs nachträglich zur Ordnung gerufen.

Die Beratungen werden abgebrochen.

Freitag 12 Uhr: Weiterberatung; vorher kleine Voc- lagen, Abstimmungen über die Anträge zur Hirtsiefer-Verord- nung und über das komnmuni;tishe Mißtrauensvotunt gegen den Minister Hirtsiefer.

Schluß: 5,30 Uhr.

Parlamentarische Naczrichten.

Der Haushaltsausschuß des Reichstags begann am 16. d. M. die Beratung des Haushalts des Reihse wehrministeriums 1927, Der WVorsißende, Abg. Heis mann (Soz.), teilte mit, daß vom Ministerium Nachweisungen Uber die Gesundheiisverhältnisse im Heere, über die Selbstmorde im Heere, über das Veterinärwesen, fernex über die Höhe der Baumittel für 1927 zugegangen sind. Laut Bericht des Nach- rihtenbüros des Vereins deutscher BiiungEberlges wurde zunächst ul Antrag des Abg. Stücklen (Soz.), entsprehend dem Beschluß des Sparausshusses und derx Vefürtwortung durh den Ministerial- direktor Lotholz, die im Etat als „Tünftig wegfallerd“ bes zeichnete Stelle des Vizepräsidenten der Reihs\huldenkommission noh einmal zu beseßen beschlossen, Berichterstatter Abg. Stüdlen (Soz.) legte in seinem Bericht dar, daß die Positionen sich wieder erhöht hätten und daß unbedingt Abstrihe vore genommen werden müßten, Ein Heer, dessen Zahl festgelegt sei, müsse in seinen Ausgaben allmählih einen Beharrungszustand erreichen, Redner kritisierte die Art der Anforderungen des Reichs- wehrministeriums und die Mehrforderungen dieses Etats, wie für die Musikmeister usw. Unhaltbar sei es, daß für unser kleines Heer 127 Standorte und 8 Uebungspläße vorhanden E, die Garnisonen müßten zusammengelegt werden. zu hoh sheine ihm auch der Prozentsaß der Offiziere; z. B. seien beim Regiment jeßt 20 Hauptleute (früher 12). Die Zwebestimmungen einer Neihe Kapitel seien erweitert, Damit verändere sih die Bedeutung der Uebertragbarkeit der Fonds oder der gegenseitigen Deckungs- fähigkeit. Redner fragte, ob es richtig sei, daß ein ganzes Regiment zu den Manövern in Würzburg auf Lastautos geschafft worden sei? Redner bemängelte auch die Verwendung von Schreibmaschinen- damen an Stelle von Soldaten, ferner die Munitionsbeschaffung, die Uebungsgelder, die Vermehrung der Summen für Nachrichten- wesen, die Höhe des Pferdebestandes der Reichswehr. Die Kavallerie habe doh heute niht mehr die Bedeutung wie einst. Eine Ersparnis bedeute der Verzicht des Ministers auf cinen Staatssekretär; aber er, der Berichterstatter, beantrage die Wieder- einftellung des Staatssekretärs in den Etat, dex die politishe Vere antwortung für den Heeresetat in Vertretung des Ministers über- nehmen müsse. Redner fragte nach der Herkunft von Mitteln für gewisse Gasfabriken und berührte auch die russishen Fragen; er [ragte weiter, wie die Verbindung der Wehrverbände von der Reichswehr gelöst werde und wie endlih die Rekrutierung der Reichswehr gelöst werden solle. Mitberichterstatter Abg. E es! n (Zentr.) spra sih gleichfalls für eine genaue Prüfung des Etat aus und verlangte dann eine Regelung des Anwerbewesens für die Offiziersanwärter der Reichswehr, die alle Länder und Stämme des Deutschen Reichs gebührend berüdcsihtige. Zum Schlusse be- tonte der Redner, daß die Kritik an der Reichswehr sich nit in gegenstandêlosen Schimpfereien, sondern in einer sorgfältigen Zrüfung der einzelnen Etatspositionen zeigen solle, daß man aber den guten Geist und Willen, der im allgemeinen in der Reichs- wehr hberrshe durchaus anertennen müsse, WYieichewehtmtnister Dr. Geßler erkläne zu der Kitif, welche die Veihewehr dur die Avétührungen des Berichterstatters und des Miuberichlerstaiters erfah1en tlave, daß lclbstverständlich die Neichèwebr nihts Bollkommnes lein fönne wie es eben au! der Welt nis Vollkommnes gebe. Auch die Neichäregierung vei einer s\täncigen Kritik in der Oeffentlichkeit unterworten und es ließe sih ja nicht venchweigen, daß "ogar auch das Pailament, der Neichstag, manchmal ehr viel Kutik von der

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