1927 / 46 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Feb 1927 18:00:01 GMT) scan diff

anerfennenswert, dann aber hätte ex nicht für die Regierungs- erklärung stimmen dürfen. Entgegen -der* Behauptung des Abg. Kahl seien doch Urteile gegen Kommunisten nur wegen ihrer kommunistishen Gesinnung erfolgt. So habe- der vierte Straf- fenat des Reichsgerichts erst vor furzem einen Angehörigen der K. P. D. zu zwei Fahren Zuchthaus -verurteilt, weil er eine Ortsgruppe der K. P. D. gegründet und von. der Baufirma, bei der er beschäftigt war, Sprengstoff gestohlen habe. Der Angeklagte habe demgegenüber angeführt, er wolle den Sprengstoff zum Bau eines Brunnen auf seinem Grundstück verwenden. Das S habe aber doch angenommen, er wolle den Sprengstoff zu hoh- verräterischen Zwecken verwenden, weil erx als Mitglied der K. P. D. sich dazu habe verpflichtet fühlen müssen. Auch wegen Besißes bezw. rbreitung sogenannten „Zerseßungsmaterials“ unter den Schupobeamten ufw. seien Lee Zuchthausurteile er- folgt. Sogar ein Exemplar des preußischen BPressedienstes sei als Bers-bungsmaterial bezeihnet worden. Der preußishe Fnnen- minister fei also der Hauptzersezer. Der Redner führt zum Be- weise (ex Behauptungen mehrere Gerichtsurteile an. (Abg. Kahl [{D. Vp.]: Wahrscheinlich sind die Richter in dem betreffenden Fall vonz - der Planung cines Hohverrratsverbrechens überzeugt gewesen.) Diese Sorte Justiz sei niht zu selten. Die bittere

nttäuschung, die den Kommunisten die Aera Bell gebracht habe, müsse sie vorsichtig machen. Gerechtigkeit sei immer ein soziales historisches Produkt. Die Vertrauenskrise gehe von den politischen Senaten des Reichsgerichts aus, besonders der Niedner-Senat sei daran schuld. Er treibe eine besondere Form politischer Recht- sprebung. Die Ehe werde heute nicht durch die Unsittlichkeit zerrissen, sondern durch die Allgeiwalt des Kapitals, das die Frauen in die Fabrik zwinge. Die Geburtenfrage sei eine eminent soziale Frage. Der Reichspräsident der Weimarer Verfassung sei kein Monarch, sondern eine parteipolitische Persönlichkeit. Daher müsse er sih auch gefallen lassen, daß man seine Handlungen in die Debatte zieht. Der Richter sei heute bei den Massen der am meisten gehaßté Mann.

___ Staatssekretär Dr. Joel betont, der Abg. Dr. Rosenberg habe aus dem Zusammenhang herausgerissene Säße aus Urteilen verlesen. Das müsse eine ganz E Vorstellung erzeugen. Zentnerweise, bis zu zwölf Zentnern fei Sprengstoff gestohlen worden und zur Herstellung von Handgranaten verwendet worden, die an die Mitglieder der Kommunistishen Partei verteilt worden seien. (Zuruf bei den Kommunisten: Wo?) HZum Beispiel beim Lörracher Aufstand. Fu weitestem Umfange habe das Reichs- gericht kommunistischen Verurteilten den Charakter der politischen Tat zugebilligt. Es finde cine individuelle, wirkliß wohlwollende Beurteilung der kommunistischen Angeklagten statt. An Zerseßungs- material sei außerordentlih viel und vielerlei bekannt. Der Druck der sogenannten Bürgerkrieghefte sei in ciner Geheimdruckercei erfolgt. Justizminister Hergt sei im übrigen entschlossen, den sogenannten Buchdruckerprozeß genau nachprüfen zu lassen und dann der deutschen Oeffentlichkeit einen Es Bericht zugängig zu machen, aus dem sie schon den wahren Sachverhalt erkennen werde. (Beifall rechts.)

Hierauf wird die Beratung abgebrochen.

Das Haus vertagt sich auf Donnerstag 2 Uhr: Fort-

sezung der Beratung des Justizetats; Etat des Reichsarbeits- ministeriums. S Schluß 6% Uhr.

Breußischer Staatsraîí. Sigung vom 23. Februar 1927. {Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Dex Staatsrat wählte in seiner heutigen Sißung als Staatsratsmitglied zux Staatsschuldenkommission für das ausgeschiedene Mitglied Hallersleben Dr. Steiniger (A.-G.) und stimmte einer Reihe von Gesepßentwürsen zu, ohne Einspruch zu erheben. Sie betreffen zunächst die Er- weiterung des Stadtkreises Königsberg. Nah den Vorschlägen des Ausschusses soll nach dem Fukrafttreten des Gesezes die Stadtverordnetenversammlung sowie der Kreistag des Landkreises Königsberg nicht in drei, sondera erst in sechs Monaten neugewählt werden. Ferner ersucht der Staatsrat die Staatsregierung, darauf hinzuwirken, daß bei ctwa im Fahre 1928 stattfindenden Neuwahlen zu den Gemeindevertretungen von einer Neuwahl für Königs- berg, P r., abgesehen wird.

Graf Keyserlingh (A.-G.) Hob hervor, daß die Aus- dehnung der Stadt nah Nordosten sehr schwach gewejen fei. An der Eingemeindung von Cummerau habe auch die Stadt Königs- berg kein großes Fnteresse. Ueber berechtigte Fnteressen einer Landgemeinde dürfe man nicht ohne weiteres weggehen. Die Arbeitsgemeinschaft sei einstimmig aegen die Eingemeindung von Cummerau.

Dr. -MäVeL - Vorschlag.

Der Vorschlag wurde abgelehnt und dex Vorlage mit den gekennzeichneten Aenderungen zugestimmt.

Die Rundverfügüung vom 31. Dezember 1926 über die Aug dexr Neubautätigkeit wurde zux Kenntnis genommen.

Der Staatsrat beriet sodann über den kommunistischen Antrag auf Einbringung eines Geseßes zur Regelung der kommunalen Grenzen zwischen Stadt und Les MELTEVULA

Der Berichterstätter Koenen (Komm.) erklärte, die wirt- schaftliche Entwicklung des Braunkohlengebiets erfordere die Neu- regelung. Der Ausschuß habe an Stelle des Antrages eine Eut- \chließung vorgeschlagen, wonach die Staatsregierung dringend er- sucht werde mit größter Beschleunigung in eine Prüfung der er- forderlichen Maßnahmen in dem Wirtschaftsbezirk bei Merséburg einzutreten und dem Staatsrat eine entsprehende Vorlage zu machen. Der Berichterstatter machte auf das große Elend in Merseburg aufmerksam. Man stehe einem kommunalen Gegen- einanderarbeiten gegenüber. Für die nächste Zukunft sei bei dem großen Vorkommen der Kohlen mit einem sehr erweiterten andustriebezirk zu rechnen.

Dex Staatsrat trat dem Vorschlag des Ausschusses bei.

Zu dexr förmlichen Anfrage des Staatsratsmitgliedes Dr. Langemafk (A.-G.), betreffend Errichtung einer la n d- wirtshaftlihen Fakultät an der Universität Greifswald, liegt ein Ausshußantrag vor:

Der Staatsrat wolle von der Antwort ‘des Staats- ministeriums, die dahin geht, daß die Regierung der Angelegenheit lympathisch gegenüberstehe, jedoch niht in der Lage fei, weder sür 1927 noch für 1928 irgendeine Verpflihtung für die Durh- Su der gewünschten Errichtung einer landwirtschaftlichen

akultät an der Universität Greifswaid zu übernebmen, Kenntnis nehmen.

Der Staatsrat trat dem bei.

Die Beschlüsse des Ministeriums des Funern über die Verstaatlichung der Polizeivêrwaltungen Tilsit, Ragnit, Elbing und Marienburg, ferner der Polizeiverwaltungen in Schneidemühl sowie in Duis - burg und Hamborn wurden zur Kenntnis genommen, nachdem Meyer - Königsbekg (Komm.) gegen diese Ver- staatlihung sich ausgesprochen hatte,

Königsberg (Komm.) bekämpfte diesen

Ferner stimmte der Staatsrat zu den Entwürfen über [

die Le ATURA von Staatsmitteln zur Erschließung der 0gathaff=Nam pen im Negie= rungsbezirk Marienwerder, zur Wi e erinstandseßung staatlicher Hafenanlagen, zu Neubauten für den Ersay baufälliger staatliher Brüdcen, zur verstärkten Förderung von Maßnahmen der produktiven

Erwerbslosenfürsorge. Bei dem leßtgenannten

Entwurf fordert der Staatsrat, die Staatsverwaltung möge für die gewährten Mittel einen niedrigeren Binsfuß ge- währen und die Rückzahlungsfrist auf 30 Fahre verlängern. Schließlich erklärte sih der Staatsrat einverstanden mit dem L EEE über die Bereitstellung von Staatsmitteln zur NT/FAXMA n lg pas faatliden Mooren und zur örderung de emüsebaues im staatlichen G iesmoor (Ostfriesland). ! 9

Nächste Sitzung: Donnerstag 12 Vhr,

Preußischer Landtag. 291. Sizgung vom 22. Februar 1927,

Nachtrag.

Die Rede, die der Finanzminister Dr. Höpker- Aschoff im Anschluß an die Ausführungen des Abgeord- neten Leinert (Soz.) in der 3. Beratung der Gewerbesteuer für 1927 gehalten hat, lautet nah dem vorliegenden Steno- gramm wie folgt:

Herr Abgeordneter Leinert hat die Frage angeschnitten, ob zivei

Betriebe, die nur in der Rechtsform zwei. verschiedene Betriebe | sind, wirtschaftlih betrahtet aber als ein Betrieb anzusehen sind, ! als zwei Betriebe veranlagt werden müßten. Jch kann Herrn | Abgeordneten Leinert antworten: wenn der Reichsfinanzhof diese beiden Betriebe troy der juristischen Trennung als eine wirtschaft- | liche Einheit betrahten würde, würde ih kein Bedenken tragen, dem Vorsißenden des Gewerbesteuerauss{husses eine Anweisung zu

geben, entsprechend zu verfahren. :

Dann hat Herr Abgeordneter Leinert die allgemeine. Frage aufgeworfen, ob es überhaupt gerechtfertigt sei, diese Novelle Zur Gewerbesteuer. vorzulegen und dadur die Geiverbesteuer zu senken, Es war eine Forderung aller Parteien, nah Möglichkeit die allzu hohen Realsteuern zu senken. Ferner haben alle Parteien mit großem Nachdruck darauf hingewiesen, daß es auf die Dauer ganz unhaltbar sei, Mieten und Pächte in voller Höhe dem Gewerbe- ertrage zuzurechnen, weil bei voller Zurechnung der Mieten und Pächre derjenige, der in gemieteten Räumen sein Gewerbe betreibt, viel s{clechter behandlet würde, als, wenn er Eigentümer wäre. Denn als Eigentümer könnte er vom Mietwert seiner Räume noch die Grundvermögenssteuer, die Hauszinssteuer, die Abschreibungen und die Unterhaltskosten abrechnen, als Mieter hätte er den vollen Betrag zu zahlen. Daß man diesen unhaltbaren Zustand durch die Novelle beseltigt, das wird auch Herr Abgeordneter Leinert mit seinen Parteifreunden begrüßen.

Weiter bestimmt die Novelle, daß in der untersten Stufe, also bei 2400 Mark, wo wir jeßt einen Steuersaß von 1 vH haben, cine Teilung vorgenommen wird und zwei Stufen von je 1200 ge- schaffen werden, und von den ersten 1200 nur "4 vH erhoben wird.

Jh glaube, Herr Abgeordneter Leinert und seine Parteifreunde i

iverden auch das nicht mißbilligen, daß bei den fleinsten Gewerbe- treibenden eine gewisse Ermäßigung herbeigeführt wird. Mit den Grundgedanken der Novelle das kann ih annehmen sind Sie, Herr Abgeordneter Leinert, einverstanden, Sie haben nur Be- denken, ob der Fehlbetrag, der entsteht, von den Gemeinden getragen werden kann. Auf diese Frage bin ich wiederholt im Plenum und im Ausschuß eingangen. Jch habe allerdings gesagt, es wird den Gemeinden nicht ganz leiht werden; sie müssen sparsam wirtschaften. Jh halte ‘es aber au gar nicht für s{lecht, wenn die Gemeinden etwas spcrsamer wirtschafteten, weil auch wir uns im Staate bemühen, aufs sparsamste zu wirt- schaften.

Jh habe darauf hingewiesen, daß dieser Ausfall deshalb von den Gemeinden getragen werden kann, weil sie an anderen Stelle eine Besserung ihrer Einkünfte zu verzeihnen haben. Herr Ab- geordneter Leinert, wenn Sie den Voranschlag zum Haushaltsplan mit dem des Vorjahres vergleichen, werden Sie ihm entnehmen können, daß die Ueberweisungen an die Gemeinden aus der Ein- fommensteuer 60 Millionen mehx betragen als im Vorjahre und die Ueberweisungen aus der Körperschaftssteuer 20 Milliönen mehr. Fun Wahrheit werden diese Beträge von zusammen achtzig Millionen noch höher sein. Nachdem der Reichsfinanzminister Köhler exklärt hat, daß er eine Garantie von 2,6 Milliarden den Ländern uyd Gemeinden geben würde, würden sich ja die Etats- ansäve für die Gesamtheit der Länder um etwa 88, für Preußen also um 56 Millionen Mark erhöhen, und davon würde wiederum die Hälfte den Gemeinden zufließen, so daß ste nicht 80, sondern fogar über 109 Millionen Mark aus der Einkommen- und Körxerschaftssteuer mehr bekommen würden als im vorigen Fahre.

Nun hat Herr Abgeordneter Leinert noch darauf hingewiesen, daß die Gefahr bestände, daß den Gemeinden die Getränkesteuer genommen würde. Jch hobe hier con wiederholt erklärt, daß die Getränkesteuer nah meinem Dafürhalten eine durhaus zweck- mäßige und gerechte Steuer sei (sehr richtig! rechts und bei dex Sozialdemokratischen Partei), und daß gar kein Anlaß bestehe, sie zu beseitigen; es gibt sehr viel s{lechtere Steuern. (Erneute Zustimmung.) Der Reichsrat hat ihre Aufrechterhaltung be- \schlossen, und die Reich8regierung hat diese Vorlage des Reich3- rats an den Reichstag gebraht. Wie also die Dinge jeut stehen, haben wir jedenfalls das unsrige getan, um die Getränkesteuer aufrehtzuerhalten und den Gemeinden nicht zu nehmen. J alaube also, daß die Befürchtungen, die Herr Abgeordneter Leinert ausgesprochen hat, nicht so berechtigt sind, wie es den Anschern haben könnte. (Widerspruch des Abgeordoneten Leinert.) Spar- jam müssen die Gemeinden freilich arbeiten, und das sollen sie audch.

Die Rede des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Steiger in der Generaldebatte über den Landwirtschaftshaushalt hat folgenden Wortlaut:

In Hinsicht ayf die Landwirtschaft standen in jüngster Zeit Rentabikität und Siedlungstätigkeit im Vordergrunde politischer Diskussionen.

Y

Die Rentabilität interessiert nicht bloß wegen der Erhaltung der Landwirtschaft an si, sondern auch wegen der Rolle, die sie für den inneren Markt spielt. Nachdem sich fast alle Staaten durh hohe" Zölle gegen die Einfuhr deutsher Waren \chüyen, wir auch die schweren Lasten des Londoner Abkommens tragen müssen und ein Heer von Erwerbslosen haben, liegt nichts näher als die Entwicklung der Kaufkraft der Landwirtschaft, die einen großen Teil der Erzeugnisse der Industrie aufnehmen soll. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts.)

- Die Kaufkraft entsteht durch einen solchen Uèbershuß des Rohertrages über die Betriebskosten, daß alle Aufwendungen für einen rationellen Betrieb daraus gemacht werden können. Bei der Erzielung der Renten in der Landwirtschaft handelt es sih aber um einen fomplizierten Vorgang. Technik, agrar-,- wirt- schafts- und handelspolitishe Vorgänge wiz?en zusammen.

Das trifft schon für die Bildung des Rohertrages zu. Fhm liegt die landwirtschaftlich benuyte Flähe zugrunde. Die Tatsache, daß die Erhebungen über die Bodenbenußzung im Jahre 1925 gegen 1913 eine Abnahme der Aterfläche, aber Zunahme von Weiden und Oedland ergab, führte Gegner der preußishen Regierung zu dem Schluß, es habe das Preußen der Nahkriegszeit die Bodenkultur vernachlässigt. Dem ist aber nicht so. Aus dem landwirtschaftlihen Vereinswesen und den Land- wwirtshaftskammern hat man mit Recht der Umwandlung nicht- rentierenden Ackerlandes in Weide das Wort geredet. Jh selbst betreibe diese Umwandlung in den gebirgigen Gegenden Schlesiens planmäßig und werde sie auf die übrigen gebirgigen Gegenden Mitteldeutshlands ausdehnen. Was das Oecdland anbelangt, so ist zur Genüge bekannt, was gerade Preußen auf “diesem Gebiet in der Nachkriegszeit getan hat. Niemals sind solhe Mittel für Meliorationen und für die Oedlandurbarmahung bewilligt worden wie in der Nachkriegszeit (sehr rihtig! im Zentrum). Außerdem ist die Grenze zwishen Oed- und Unland einerseits, Weiden und Hutungen andererseits flüssig. Ob ih ‘eine Fläche als Hutung oder als Oedland ansehe, das ist eine reine Sache der Auffassung, und so ist es wohl erklärlich, daß einmal derselbe Besißer aus Erwägungen verschiedener Art im Fahre 1925 zu einer anderen Auffassung kommen kann als im Fahre 1913. Es ist aber noch erklärliher, daß ein neuer Besißer, der im Fahre 1925 vorhanden ist, andere Angaben macht, als sie von seinen

Vorgänger im Fahre 1913 gemacht wurden. Jn keiner Weise

kann man also jene Ergebnisse als eine Belastung derx preußischen Regierung auf dem Gebiete der Bodenkultur ansehen.

Es handelt sih dann weiter darum, auf der Fläche möglichst viel zu erzeugen. Der Förderung dieser Aufgabe dient unser Hochshul-, Unterrihts8- und Beratungswesen. Auch die Hochschulen sind in der Nachkriegszeit erweitert, womit nicht gesagt sein soll, daß niht noch eine Reihe dringender Bedürfnisse zu befriedigen ist. An Forshungsanstalten selbst hatten wir vor dem Kriege zwei, jeßt bestehen sechs; höhere Lehranstalteu für praktishe Landwirte Hatten wir vor den Kriege drei, jeßt zehn, landwirtshaftlihe Schulen 239, jeßt 360, Haushältungsshulen 22, jeßt 45, wirtschaftlihe Frauenschulen T, jeßt 19. (Hört, hört!) Haushaltungsshulen vor dem Kriege 22, jeßt 45, wirtschaftlihe Frauenshulen vor dem Kriege 7, jeßt 19. (Hört, hört!) Diese Zahlen sind zweifellos ein Beweis, daß auch in der Nachkriegszeit auf dem Gebiete des Bildungswesens in der Tat viel geleistet worden ist. Fu diesem Zusammenhang darf ih darauf hinweisen, daß . die Lándwirtschaftskammern im Jahre 1913 1 087 004 Mark an Staatsbeihilfen erhielten, während ihnen im lebten “Jahre 3 185403 Mark überwiesen worden sind. Damit will ich aber nicht sagen, daß auf dem Gebiete des Schulwesens schon alles getan ist. (Sehr rihtigÞ Es liegt nun ein Entschließungsantrag Nr. 5281 vor. Fu diesem Entschließungsantrag sind cine Reihe von Wünschen vorgetragen. Ausschließlih des Wunsches Nr. 11 könnte ih alles ohne weiteres unterstüßen. Nr. 12 verfolgt die Einrichtung einer besonderen Abteilung für das landwirtschaftliche Schulwesen im Landwirt-

-schaftsministerium. - Dem könnte ih auch zustimmen, wenn ih

nicht bestimmt wüßte, daß das nur ein Beschluß auf Vorrat ist. Wenn Sie bedenken, daß es noch nicht gelungen ist, die Ministerialdirigentenstelle der Abteilung V für Seuchenwesen in eine Ministerialdirektorstelle umzuwandeln, werden Sie verstehen, wie schwer es ist, überhaupt eine neue Ministerialabteilung zu bilden. Dann steht weiter da, daß auf das Reich dahin ein- zuwirken ist, daß es den Ländern Dotationen zum Ausbau des landwirtschaftlihen Schulwesens zur Verfügung stellt. Die Antragsteller wissen selbstverständlih, daß sie für die weiter- gehenden Anträge, die sie einbringen, die finanzielle Stüße tin Preußen nicht finden können. Auf den Boden, der hier verfolgt wird, trete ih niht. (Sehr gut!) Fch vertrête den Stand- punkt, daß die Landeshoheit Preußens auf jene Weise geschwächt wird. Es ist bedenklih, Mittel vom Reich anzunehmen, da es dann auf der anderen Seite Grundsäße aufstellt und Forderungen erhebt; das würde einen Eingriff in die Zuständigkeit Preußens oder ein Aufgeben der Rechte bedeuten. (Sehr rihtig!) JFch sehe die Lösung dieser Angelegenheit auf dem Wege, daß der Finanzausgleih so ausgestaltet wird, daß die einzelnen Länder und dabei in erster Linie Preußen ihre Zuständigkeit behalten und so die Aufgaben aus eigenem Recht erfüllen können. (Sehr richtig!) Jh sehe aber am Horizont einen ganz leichten Schimmer, der mir die Hoffnung gibt, daß es möglich sein wird, zu einem fsolhen Finanzausgleich zu kommen. Daher is es auch nicht erwünscht, Anträge anzunehmen, die die Stellung Preußens beeinträchtigen könnten.

(Fortseßung in der Ersten Beilage.)

Verantwortlicher Schriftleiter: J. V.: Weber in Berlin,

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rehnungsdirektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck d i Drudckerei- und Verlags-Aktiengesellschaft. E Breu E Wilhelmstr 32. Fünf Beilagen / (einshließlich Börsen-Beilage) und Erste und Zweite Zentral-Handelsregister-Beilage.

INr.46.

| S Erste Beilage zum Deutschen ReichSanzeiger und

Berlin, Donnerstag, den 24. Februar

(Fortsebung dus dem Hauptblatt.)

Weiter ist der Antrag Nr. 5353 cingebracht, das Staats- ministerium zu ersuchen, in eine eingchende Prüfung über die fünftige Gestaltung des landwirtschaftlihen Bildungswesens ein- zutreten und dem Landtage das Ergebnis vorzulegen. - Diese An- gelegenheit hat mich zu der Entschließung gebracht, die ganze Materie in einex Denkschrift. zu bearbeiten. Erst heute morgen hat mix wieder der Vorsißende einer Landwirtschaftskammer vor- getragen, daß sich ein Teil unseres Schulwesens organisatorisch in einem Zustande befindet, der niht ertragen werden kann. Es müssen also die Landwirtschaftskammern gefragt werden, wie sie sich die Organisation des Schulwesens denken, Ebenso müssen diejenigen aufgefordert werden, ihre Meinung zu sagen, die maß- gebend än der Förderung teilnehmen sollen. Die Direktoren der landwirtschaftlihen Schulen sind zusammengeschlossen im Reiths- verband der akademisch gebildeten Landwirte, weiterhin die Semi- náre, dié die Landwirtschaftslehrer ausbilden, die Höheren Lehr- anstalten für praftishe Londwirte und endlih die Hochschulen. Auch unsere Regierungen müssen gehört werden, denn sie haben Kompetenzen, haben Erfahrungen und sollen auch bei dieser

Frage mitivirken. Jch hoffe also, bis zum nächsten Herbst die

Denkschrift vorlegen zu können. Bis zu jener Zeit wevden wir dèm Reichs-Enquete-Ausschuß die Angelegenheit vorgelegt haben, Vorher abzulehnen, erscheint nicht empfehlens8wert, denn das Reich hat alle Länder gehört, auch einzelne Landwirtschaftskammern, und wird mit seinen Entschlüssen herauskommen. Wenn dem hohen Haus dann eine Denkschrift zu den Vorschlägen des Reichs vorliegt, wird es sich darüber {chlüssig machen können, was für Forderungen mit Rücksicht auf unsere Verhältnisse erhoben wer- den müssen. Nach diesen Erklärungen erscheint mir die Annahme der beiden Anträge nicht mehr dringlih; meine Erklärungen ent-

* sprechen ja dem, was die beiden Parteien, die diese Anträge cin-

gebracht haben, wünschen. Wie der Boden, so hat auch der Viehbestand die Wirkungen des Krieges und der Nachkriegs- geit noch nicht überwunden. Gegen 1913 bleiben wir noch um 7,28 vH bei Rindvieh, 14,45 vH bei Schweinen und 18,66 vH bei Schafen zurück, Nur Zlegen und Federvieh haben zuge- nommen, Auch gegen das Vorjahr 1925 is noch ein kleiner Rück- gang an Rindvich vorhanden. Bei Sthafen is er größer; nur die Schweine zeigen cine wesentlihe Zunahme.

Die Fleischversorgung, die als Folge dieser Erschei- nung immer noch gegen 1913 zurück ist, hat sih aber zusehends gehoben, Seßt man den Verbrauch 1913 = 100, so hat er aus «&FMandsschlachtungen 1924: 71, 1925: 80, 1926 sogar 84 vH ge- braht. Die Zunahme aus den Jnlandsschlahtungen hat den Rückgang des Einfuhrüberschusses an Fleisch nicht nur ausge- glichen, sondern noch zu einer weiteren Steigerung geführt. Der Gesamtverbrauh ist von 1925 auf 1926 von 88 auf 91 vH des Vorkrieg8verbrauchs gestiegen.

Der Anteil, der bei den Schweinen auf die jüngere

Altersfklassen entfällt, läßt mit Sicherheit erwarten, daß im Jahre

1927 diè Zahl der zur Schlähtung gelangenden Schweine. noch erheblich größer. sein wird als im vergangenen Fahre. Wir können also mit einer weiteren Steigerung aus-Fnlandserzeugung rechnen. ' Das veranlaßt mich, darauf hinzuweisen, daß die Be- wegung der Schweinepreise seit August im Rückgang ist, im Januar sogar nur 135,4 vH des Vorkriegspreises betrug, so daß angesichts der Tatsache, daß der Zoll von Shweinefleisch gegenüber der Vorkriegszeit geringer ist, man nicht ohne Be- denken der Zukunft auf diesem Gebiete entgegenschen kann. (Hört, hört!) Das ist um- so mehr zu beachten, als die Schweine- zut und -mast in den Händen des Klein- und Mittelbesives liegt. (Sehr richtig! rechts und links.) Daher wäre die Er- höhung des Zolles für Schweinefleisch von 21 auf 32 Mark, den Saß des schwedischen Zollvertrages, durchaus zu begrüßen. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts.)

Bei dena geringeren Sorten von Rindvieh haben wir noch nit einmal die Vorkriegspreise. Unsere Lage wäre in dieser Beziehung sehr shlecht, wenn niht auch die Futtermittel- preise geringer wären; nur der Preis für Heu ist höher als in dec Vorkriegszeit. Meine Bestrebungen sind darauf gerichtet, mit Erfolg, nit bloß die Zahl, sondern au die Leistung zu ver- größern. Darüber habe ih "mich im Hauptausschuß eingehend verbreitet; ih will mich niht wiederholen. :

Schwer griff dann auch die Maul- und Klauenseuche in unsere Rindvichbestände ein. Wiederholt ist darauf hingewiesen worde, und wir fönnen uns wirklich freuen, ja, ih sage: wir

in Preußen können stolz darauf sein, daß wir in dieser Forshung | Die Er- fahrungen, die wir in Ostpreußen mit der Bekämpfung der Maul- |

an der Spiye maxschieren. (Allgemeiner Beifall.) und Klauenseuche gemacht haben, zeigen, daß wir in dem Serum und in dem Verfahren ein Mittel besißen, um den Seuchenstand möglichst niedrig zu halten. Fh sage nicht: um die Seuche völlig ¿u tilgen. Das wäré nur dann möglich, wenn wir die Grenzen ganz zumachen könnten. (Sehr wahr!) Da wir das abec nicht können, wird es sih eben nur darum handeln können, den Seuchen- stand möglichst niedrig zu halten. Jeyt hon beginnen wir, au in Schleswig-Holstein, das ja îm leßten Fahre so ungewöhnlich unter der Maul- und Klauenseuche gelitten hat, dieses Verfahren durchzuführen. (Bravo! bei der Sozialdemokratishen Partei.)

Von der größten Bedeutung für die Bodenbenußung ist gweifellos eine richtige Regelung der Wasserwirtschaft., Auf diesem Gebiete hat s{hon in der Vorkriegszeit vieles im argen gelegen, das ist uns in den legten Fahren dur die Hoch- wasser ganz besonders ins rechte Licht gerückt worden. Wieder- holt haben die Herren Redner die Zahlen angegeben, die ich im Hauptaus\{chuß genannt habe. Wenn wir einräumen müssen, daß wir allein im leßten Fahre cinen Schaden von 127 Millionen Mark hatten, dann kann es keinem Zweifel unterliegen, daß unbedingt etwas geschehen muß, um diese Schäden zu ‘verhindern. (Sehr richtig!) ¡Daran kann ‘aber nicht ‘gedacht werden, in - allen

Slußgebieten Talsperren herzustellen, so daß auch die größten nach bisherigen Erfahrungen alle 40 Jahre auftretenden Hoch- ivasser abgehalten werden fönnen.

Der Staat kann in dieser Beziehung noch nur beschränkte Maßnahmen durchführen. Er sorgt für ausreichenden Deich- \{ut, für möglichst unschädliche Führung der Hochwasserwelle, für Hohwassershußzräume in Form von Talsperren dort, wo sie durch Elektrizitätsgewinnung und Trinkwasserversorgung auch wirtschaftlih gesichert sind.

Nun find ja aber unsere Landwirte selbst darin nicht immer derselben Meinung mit dem, was die Kulturbauverwaltung für notwendig hält. Denn im Winter wollen sie die Veberflutung in vielen Fällen durchaus haben, und weil in den leßten vier Fahrzehnten alles trocken war, ist man auch in den Gebieten, von denen man wußte, daß sie der Veberschwemmung ausgeseßt sind, zum Ackerbau übergegangen. Jeyt haben wir leider die drei nassen Jahre gehabt und daher einen Schaden, dessen Umfang ge=- ringer wäre, wenn eben die Landwirte nicht Weiden und Wiesen aufgebrochen und zu Ackerland gemacht hätten.

i; Wir müssen uns nun vor allem darüber klar werden, was für sämtlihe Flußgebiete notwendig ist, weiter aber auch über das, ivas an Meliorationen für unsere Ackerländer, Weiden und Wiesen notwendig ist. Dafür haben wir {on cinen Vorgang, für den wohl in Deutshland kaum cin Analogon vor- handen ist, Fm leßten Frühjahr ist auf meine Veranlassung in Ostpreußen eine Erhebung darüber durchgeführt worden, wieviel drainagebedürftiges Land dort vorhanden ist. Nicht weniger als 921 485 ha wurden festgestellt. Für 37000 ha waren bereits Entwürfe aufgestellt mit cinem Kostenanshlag von insgesamt 12 Millionen Mark; aus den Veberschüssen der Reichsgetreide- stelle sind im leßten Zahre beroits 2 Millionen Mark Drainage- kredite zur Verfügung gestellt worden. Wollte man alles drai- nieren, so würde man niht weniger als 168 Millionen Mark nôtig haben. Sie sehen, was noch zu tun übrig ist, besonders in ciner Provinz wie Ostpreußen. Ostpreußen leidet darunter, daß es ein zu spätes Frühjahr und einen zu frühen Winter hat; die Vegetationszeit ist zu kurz. Wir werden sie verlängern, indem wir den Boden entwässern, indem wir ihn wärmer gestalten. Infolgedessen war ih durchaus bereit, für Ostpreußen diese be- sonderen Mittel shon im leßten Fahre flüssig zu machen.

Aber damit nicht genug; wir haben überhaupt eine Melio- rátionstätigkeit, die über das Maß der Vorkriegszeit weit hinaus- geht. Obgleich ja unsere Wünsche, wie es wiederholt ausgeführt ivorden ist, nicht in allem befriedigt sind, schen wir doch in diesem Jahre, sofern wir nur bald das Kreditgese#ß genehmigt be- fommen, besseren Verhältnissen entgegen. Wir wollen cin Kredit- geseß einbringen, das 30 Millionen erbittet. Von diesen sind 6 Millionen {hon im leßten Fahre ausgegeben. Sie erinnern sich, daß sie in dem Etat für 1926 gestrichen wurde mit der Maß- gabe, dàß diese Summe auf Anleihe genommen werden solle. Sèchs Millionen sollen auch in diesem Zahre bereitgestellt werden, ebenso im nächsten; das sind für 1926, 1927 und 1928| zusammen 18 Millionen. Außerdem sind noch 12 Millionen übrig, die als Beihilfen für Meliorationen im Jahre 1927 verwendet werden sollen, Außerdem werden durch Kreditgeseß 15 Millionen Mark für die Meliorationen von Campe-Dörpen-Kraal erbeten. Ein Kreditgejeß für die linksemsishen Moore steht in Aussicht.

Jn das Arbeitsbeshaffungsprogramm ist niht alles das aufgenommen worden, was ih mir wünschte und wozu mir schon alle notwendigen Entwürfe vorgelegen haben. Aber es ist immerhin ein Betrag, mit dem wir auch zufrieden sind, und zwar will uns das Reih 25 Millionen, Preußen selbst auch 25 Millionen das sind 50 Millionen geben. Die Ver- wendung dieser Mittel hat natürlich dort zu erfolgen, wo in der Hauptsache Erwerbslose beschäftigt werden können. Um nun die anderen Gegenden entsprechend zu berückfihtigen, dazu foll das Kreditgesey dienen. Dann werden wir in der Lage sein, nah beiden Richtungen hin das Erforderliche zu leisten,

Sie werdeu cinräumen, daß bei dieser Entwicklung das vor- handene Beamtenpersonal nicht mehr reicht, Schon in den leßten Jahren hatten wir bei unserem Kulturbaubeamten- personal Schwierigkeiten. Jh hoffe, daß es uns möglich sein wird, das Manko zu ergänzen; denn ohne die Beamten is die Sache einfah nicht zu schaffen. (Sehr richtig!)

Jch komme dann auf cine andere Tätigkeit, auf unsere Um - legungstätigfkeit bei den Landeskulturbehörden. Zu meiner Freude muß ih hier feststellen, daß in den beteiligten landwirtschaftlihen Kreisen die Einsicht für diese Sahe im Zu- nehmen begriffen ist. Es sind niht weniger als 532 441 Hektar anhängig, davon wiederum niht weniger als 178 360 Hektar in der Rheinprovinz. Jm Jahre 1926 sind neu anhängig geworden 80 000. Hektar, davon 45 000 Hektar in der Rheinprovinz, ein erfreulicher Beweis für das wachsende Verständnis von dem hohen Wert der Umlegung.

Nun hat auh mein Herr Vorredner auf die Notwendigkeit der Förderung des Weinbaus hingewiesen. Vor Fahres- frist war ja die Sache sehx s{hlimm; allgemein wurde über die Lage des Weinbaus geklagt. Fnzwischen ist die konsumhemmende Reichsweinsteuer aufgehoben worden. Es wurde Propaganda für den Absay gemacht. Unser deutscher Weinbau hat durch den Handelsvertrag, den das Reich mit Spanien abgeschlossen hatte, empfindlihen Schaden gelitten. (Sehr richtig!) Dafür hat dann das Reich dem Weinbau Kredite zur Verfügung gestellt, die aller- dings verzinslih sind und bis Ende 1928 zurückgezahlt werden müssen. Das Reich hat sih weiter entschlossen, einen Teil des Weinsteueraufkommens dem Weinbau unverzinslich zur Ver- fügung zu stellen.

Endlich haben wir noch vom Reich für dié Rebschädlings- bekämpfung Mittel bekommen. Jm ganzen hat der preußische Weinbau 13/540 000 { auf diese Weise bekommen. Nun hat vor oiniger Zeit im Volkswirtschaftlihen Ausshuß des Reichstags

Preußischen Staatsanzeiger

1927

ein Kommunist ausgeführt, er komme eben aus dem Rheinland und habe dort festgestellt, daß alle diese Mittel in der Haupt- sache nur für die Großen zur Verwendung gekommen seien. Das ist ein völliger Frrtum. Nur aus einem Teil der Mittel fonnten Große überhaupt etwas bekommen. Die Erlangung dieser Mittel

war beshränkt, Der einzelne konnte sie nur auf Antrag und

nah individueller Prüfung erhalten. Preußen selbst hat für die Jndividualfürsorge der bedürftigen Winzer durch die Bezirks«

fürforgeverbände 2 Millionen Mark zur Verfügung gestellt, 0

daß den Winzern demnach im ganzen 155 Millionen zugeflossen sind. j Inzwischen ist es auch gelungen, die “in dem deutschs italienishen Handelsvertrag ausgehandelten Weinzollsäße im zweiten deutsh-spanishen Abkommen aufreht, zu erhalten und Stundungen und notfalls Erlaß der Steuern ron Fall zu Fall herbeizuführen. Das alles führte zu einer gewissen Beruhigung.

Freußen hat diese Maßnahmen noch ergänzt durch Bereitstellung. von Mitteln zur Anlage von Wegen für bessere Erschließutg *

des Weinbaugeländes. Es kamen hièrzu 454 686 Mark als ver- lorene Zuschüsse zur Verwendung; sie stellen ein Drittel der Aus- führungsfosten einshließlich Grunderwerb dar. Durch diese Maßnahmen wurde den Winzern Arbeitsgelegenheit aeschaffzn. Das war um so notwendiger, weil der Ertrag der Ernte 1926 infolge von Maifrösten und andauerndem Regenwetter in der

Blütezeit teilweise eine totale Fehlernte war. Es ist daher

cine weitere Million Mark für Weinbergwegebauten bereit- gestellt. Und endlich ist zum Arbeitsbeschaffungsprogramm im Interesse des Weinbaus die Bereitstellung eines Betrages vou 8 Millionen Mark beauatragt worden.

Durch die shlechte Erute im Verein mit deu Vertragszöllen für Wein, der Aufhebung der Reichsweinsteuer und der Wein-

propaganda stieg der Weinpreis erheblich, teilweise um 100 vH, .

aber angesichts der shlehten Ernte und der Gesamtlage der

Berhältnisse hatten Klein- und Mittelbesiy kaum etwas. davon,‘

weil sie ihre Ernte alsbald verkaufen mußten. Mit Rücfsiht auf diese Verhältnisse ist für die Zeit vout 1. Oktober 1926 bis 30. September 1927, soweit Ernteausfälle

entstanden sind, nach dexr Größe des Ernteausfalls Stundung .

bzw. Erlaß der Grundvermögenssteuer gewährt. Der Hecr

Reichsfinanzminister hat dieselbe Regelung für die Reichsver- - mögenssteuer, die ih beantragte, noch nicht vorgenommen, auch

den Antrag auf Erlaß oder wenigsten® Stundung der bis zum 31. Dezembex aufgelaufenen Zinsen der Winzerkredite für die Winzer bis zu 20000 Stock abgelehnt und sich nur mit einer

Stundung in Einzelfällen auf besonderen Antrog bis zunt,

831. Dezember 1927 einverstanden erklärt.

Schwer lastet auf dem deutschen Weinbau die Gefahr, die sich aus der Verbreitung der Reblaus ergibt. Dex Reblaus=- bekämpfungsdienst ist daher intensiver gestaltet. Die Zahl dex 1926 aufgefunden Reblausherde ist von 242 im Jahre 1925 auf 192 im Fahre 1926 zurückgegangen. ‘Zux Nekonstruktion der durch die Reblaus verseuhten Gebiete erfolgt die Einfuhr von

amerifanischem Unterlagsholz. Es sind 1926 493 000 Meter ein-.

geführt ivorden, womit 400 Morgen verscuchtes Weinbaugelände neu bestockt werden können. Die Heranzucht dieses Holzes. in eigenen Anlagen wtrd, um unabhängig vom Auslande zu sein

und Gewähr füx Sortenreinheit und Echtheit zu habeu, mit:

allem Nachdruck betrieben. Die Aufwendungen dafür werden ctiva 865000 Mork betragen. Dazu tritt daun die Beschaffung der zur Pfropfung notwendigen Edelreiser.

Für die Rekonstruktion der Weinberge ist in Oberheimbach ein Musterbeispiel geschaffen worden, inden cine Rebenaufbau- -

genossenschaft errichtet wurde, die im Fahre 1926 bereits 325 Morgen wieder aufstockte, wobei gleichzeitig cine Umlegung deù Weinberge und Neuanlage von Wegen erfolgte.

Verhandlungen über weitere Weinbergsumlegungen s{weben. __ Der Bezug von amerikanishem Unterlagsholz, die eigene Heranzucht folchen Holzes und die Beschaffung der Edelreiser löst aber niht die Frage der Züchtung gesunder und auch den Anforderungen in ' bezug auf Ertrag und Güte entsprechender Sorten. züchtung. '

Die Ertragsunsicherheit nah Menge und Güte ist auf cin Mindestmaß herabzudrücken, und es sind Sorten zu züchten, die den Rebenkrankheiten widerstehen. Durch beides soll die Renta- bilität des Weinbaues gesichert werden. Die Ausführung der Züchtung geschieht zunächst durch Selektion mit anschließender

Nachkommenschaftsprüfung. Die Selektion beruht auf den Ergeb- nissen, die in Geisenheim im Laufe einer langen Reihe von

Fahren gefördert worden sind. Die Sämlingszüchtung is int

leßten Fahre eingeleitet; es dürften in diesem Jahre bereits"

etiva 20 000 Sämlinge zur Verfügung stehen. Das erforderliche Gelände für die nächsten Jahre ist in Geisenheim bereits vors handen. Das Ganze ‘soll als staatlihe Anstalt betrieben werden. Selbstverständlih können Ergebnisse erst im Laufe von Jahren erwartet werden. Bedauerlich bleibt eben, daß diese ganze Arbeit niht s{chon früher vorgenommen isst. Für die Verbindung mit den anderen Stellen, welchen gleichfalls die Sorge für Reben- züchtung obliegt (Weingüter der Domänenverwaltung und Reben«4 veredelungsanstalten), wird Sorge getragen. ;

Es ist endlih ‘auch darauf Bedacht genommen, den frost« gefhädigten Winzern bei der bevorstehenden Schädlings8- bekämpfung zu helfen. Zu diesem Zweck ist in. Ausstcht genommen, ihnen im Frühfahr eine Beihilfe in Form eines Kredits zu gewähren, für die ein Betrag von 125 # je Morgen wird in Aussicht genommen werden können. j

Ein anderer Berufsstand, dem es ähnlich geht wie den Winzern, sind die Fischer. (Sehr richtig!)

Die Fischereiwirtschaft in den Binnen gewässern ist mit cinem Ertrage von 150 Millionen Mark immerhin ein beathtens« werter Wirtschastsfaktor. Aber auch hier machen sich die Folgew der Kriegs- und Nachkriegszeit geltend. Massenfishe haben keinen.

Das soll geschehen durch ein Justitut für Reben4?

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