1927 / 46 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Feb 1927 18:00:01 GMT) scan diff

Absay, und für Luxusfisché, wie Forellen, fehli die Kauskraft. {Rufe: Na, na! bei den Kommunisten.) Ja, es ist so. Fufolge- dessen ist es gerade mit diesen Fischern sehr schwierig bestellt. Oder essen Sie immer Forellen? (Zuruf bei den Kommunisten: Nein, aber es gibt Leute, die sie essen!) n

Der Fischereiunterriht ist in der Zunahme be- griffen. Die erste Fischereishule wird im Laufe der nächsten Monate in Lögzen in Ostpreußen eröffnet. Wir sind dabei, Fischereischulen zu errichten, um auf diese Weise eine rationellere Ausnubßung herbeizuführen. Wir veranstalten serner besondere Kurse in der staatlichen - Lehrwirtshaft Jägerhof am Sakrower See in Uferpflege und in Entlandungsarbeiten.

Eine ganz ‘besondere Sorge’ maht uns Ostpreußen auf dem Gebiete der' Fischerei. (Sehr rihtig!) Fnfolge des Handels- kriegs mit Polen haben die dortigen Fischer für Massen?ische keinen Absay mehr. Berlin: nimmt dieses Angebot niht auf. Aus diesem Grunde ist ‘die Lage äußerst shwierig. Jch habe der Ostpreußischen Fischereigenossenschaft ein Darlehn gegeben, damit sie zwei Eisen- bahn-Fischtransportwagen anschaffen kann, um damit die Fische nach: Berlin, Dresden und Leipzig zu bringen; aber in diesem Zu- sammenhange habe ih wiedex meinem Bedauern darüber Ausdruck zu. geben, daß die Reichsbahn unseren Bestrebungen, für frische Fische Frachtermäßigung zu gewähren, keine Folge gibt. (Hört, hört! rehts.) Es ist doŸH ganz selbstverständlich, daß man aus Ostpreußen nah Berlin, Dresden und Leipzig keine lebenden Fishe bringen kann. Wenn wix also auf der einen Seite gewillt snd, den Fiscbern dort durch die Anschaffung von Eisenbahn- Fischtran8port-Spezialwagen “die Möglichkeit zu geben, ihre Ware nah Mitteldeutshland zu bringen, dann muß auch die Reihsbahn die Verpflichtung in sich fühlen, diese Bestrebungen zu begünstigen.

Zur Erleichterung der Haff-Fischerx sind dann Mittel aus dem Ostfonds bewilligt worden.

Der O stfonds hatte ja au für die Landwirtschaft einige Erkeichterungen gebracht. Jnsbesondere hat Ostpreußen einen Betrag von rund 34 Millionen Reichsmark für verschiedene Zwecke bekommen, und kleinere Beträge haben die übrigen Teile ander Grenze erhalten. Fch habe vor wenigen Wochen Anfang «kanuar bei dem Herrn Reic-sinnenminister den Antrag gestellt, diese Beihilfen für 1927 wesentlih zu erhöhen. Dazu is das Reih meines Erachtens verpfliGtet; denn was wir da an dev Grenze haben, sind Folgen des Krieges und der Jnfurgenten- aufstände, und das Reich muß dafür eintreten, daß diese Folgen wieder beseitigt werden. (Sehr wahr! rechts.)

Neben dem Rohertrage kommt der Preis in Betracht, der sih nicht allein nach der Menge, sondern vor allem nah der Güte rihtet. Jh hoffe, daß ih Jhnen im nächsten Jahre an einer Reihe von Beifpielen zeigen kann, wie wir auch auf die Erzeugung einer besseren Qualität hinwirken. Zweisellos spielt aber auch der Schhubzoll eine Rolle für die Bildung des Preises. Wir brauchen den Schußzoll einerseits als Schutz gegen die Einfuhr aus Gegenden, die durch Natur und Klima begünstigt sind, andererseits aber auch ganz besonders als Schuy gegen jene Gegenden, die eine niedrigere Lebenshaltung haben, und das is der Osten. Meine grundsäßliche Stellungnahme, sowohl den Nährfruhtbau als auch die Ver- edelungstwirtschaft zu s{üben, findet durch die Entwicklung ihre volle Bestätigung. Würde man sich nur auf den Schutz dex Ver- edelunoswirtshaft beschränken, dann würde unsere Brotversorgung eine die Jnteressen der Verbraucher höchst s{ädigende und schwankende Versorgung sein. (Sehr rihtig! rechts.) Sobald eine geringere Weltgetreideernte vorhanden ist, kann die heimische Ge- treideernte immer noch einen Ausgleih schaffen Dos ist auh dann noch möglich, wenn die heimishe Ernte an sih gering, aber durch entsprehende Anbaufläche noch ein erheblicher Gesamtertrag gesichert ist.

Vird jedo der Nährfruchtbau preisgegeben, und haben wir zudem nur eine geringe Ernte, so muß die Brot- versorgung unter allen Umständen s{hweren Schaden leiden. Die Veredelungswirtshaft aber will ih uiht allein durch den Futter- ban fördern, von dem ih schon gesprohen habe, sondern au dadur, daß Kraftfuttermittel frei eingeführt werden sollen, und außerdem dadurch, daß Futtergerste zu einem niedrigen Zollsaß eingeführt wird. (Sehr richtig! rechts.) Entsprehend einem Be- hlusse des Landtages habe ih daher bei derx Reichsregierung beantragt, daß der Gerstenzoll, der am 31. März erhöht würde, nicht erhöht wird, sondern auf dem gegenwärtigen Stande stehen bleibt.

Nun haben sowohl der Herr Abgeordnete von Plehwe als auch andere Herren Abgeordneten darauf hingewiesen, daß wic gegenwärtig in den Zollverhandlungen mit Polen stehen und dabei gewisse Zugeständnisse gemaht haben. Meine Damen Und Herren, ih bin nicht in der Lage, über diese Materie hiex im einzelnen zu sprehen. Jch bitte aber, versichert sein zu wollen, daß sowoh! ih als auch meine Herren Mitarbeiter nur von dem einen Bestreben exfüllt find, unsere Viehzucht gegen die Ein - shleppung von Seuchen zu shüßen. (Bravo! rechts.)

Die Frage, wie sich unter den bestehenden Zollverhältnijssen der Außenhandel der landwirtshafstlihen Er- geugnisse im leuten Fahre gestaltet hat, ist von arößtem «nteresse. Wir haben im leßten Fahre viele haben das nicht glauben wollen einen Rückgang des Einfsuhrüber- schusses, d. h. wir haben mehr erzeugt. Dabei beträgt der Rückgang des Einfuhrübershusses allein 191 Millionen Mark. Zweifellos müssen wir uns darauf einstellen, möglichst zu Spigenleistungen zu kommen. Beim Getreide ist das sehr einfah. Wir haben das Einfuhrscheinwesen, das uns also die Möglichkeit zur Ausfuhr gibt. Tatsählich ift es ja auch so, daß die leßte Getreideernte niht vom FJnlande, sondern vom Aus- lande finanziert worden ist, und es ist weiter so, daß die Preise, die wir im leßten Fahre bekommen haben, darauf zurückzuführen sind, daß wir mit Hilfe der Einfuhrsheine an das Ausland abgaben; das Ausland wurde langsam Käufer und hat als solcher nun den Preis auch für das Jnland zua bestimmen. Anders liegt die Sache bei allen anderen Erzeugnissen. Da hat man natürlich in der Landwirtschaft ungemein zu kämpfen, um überhaupt eine Vereinigung zusammenzubringen, die sich der Ausfuhr widmen kann. Jch habe diese Bestrebungen durch Staatsbeihilfen unter- stät und hoffe, daß wir langsam auf diesem Gebiete weiter- fommen werden. Soviel wollte ich über den Rohertrag sprechen.

Nun zu den Betriebskosten! Es untexrliegt keinem

: amerikanischen

Zweifel, meine Damen und Herren, daß dle StEeuerkïast für die Landwirtschaft außerge.oöhnlih groß ist. Jch selbst habe mich davon überzeugen müssen, daß vielfach in die Substanz ein- gegriffen worden ist. (Sehr wahr! rechts.) Jch kann nur wünschen, daß das Ausland erkennt, daß wir die hweren Lasten des Londoner Abkommens auf die Dauer nicht tragen können. (Sehr richtig! rechts.) Wenn das Ausland uns eine Erleichterung in dieser Beziehung verschafft, so hoffe ih, daß wir dann auch eine Erleichterung unserer Wirtschaft erfahren werden. Jch habe aber au gehört und dem stimme ih durhaus zu —, daf über eine Zunahme der Beiträge zu den landwirt- shaftlihen Berufsgenossenschasten geklagt wird. Eine Last bilden natürlich auch die Beiträge zu den Land- wirtschaftskammern, die jeßt gestiegen sind. (Sehr richtig! rechts.) Ih habe aber die Hoffnung, daß diese Mittel doch produktions- fördernd angelegt worden sind und daß das, was wir dafür auf- wenden, wieder in Erscheinung kommt. Jm übrigen darf ih bei dieser Gelegenheit ausführen, daß die Meinung, die man ‘immer draußen hört, als hätte Preußen auf diesem Gebiet in der Nach- krieg8zeit seine Pfliht nicht getan und den Landwirtschafts- kammern geringere Beihilfen gegeben als der Vorkriegszeit, durchaus unrichtig ist. Die Landwirtshaftskammern haben im Jahre 1913 im ganzen 4054273 Mark erhalten und im leßtèn Jahre 1925 5 731916 Mark. Jch glaube, daß auch hiex das Landwirtschaftsministerium, soweit es in seinen Kräften stand, für die Förderung der Landwirtschaft eingetreten ist.

Eine shwere Last bildet dann unter den Betriebskosten zwei- fellos die Zinsenlast, Die Zinsenlast ist allerdings in dex jüngsten Zeit geringer geworden. Abex das, was wir im leßten Jahre produziert haben, ift alles unter höheren Zinsen produ- ziert. Das ist bei der Beurteilung dieser Sache wohl in Betracht zu ziehen. Von mix wird vor allen Dingen betrieben, den Grund- kredit, der unkündbar, ein Tilgungskredit zu möglichst niederem Zinssaß sein soll, zu fördern. Zu diesem Zweck habe ih den- jenigen Landschaften, die bereit sind, an Stelle der hoh verzins- lihen Pfandbriefe niedrig verzinslihe herauszugeben, eine Erweiterung der Beleihungsgrenze gestattet. Dabei bin ih so vorgegangen, daß, wenn 8- bis 10%ige Pfand- briefe in 6%ige umgewandelt sind, die Beleihungsgrenze um 20 vH erweitert wurde; wenn sie aber in 7%ige umgewandelt worden sind, habe ih sie nux um 8 vH erweitert. Das ist von dem Grundsay aus geschehen, eben die Last, die auf der Land- wirtshaft ruht, möglihst im ganzen zu vermindern. Jch habe weiter bestimmt, daß, wenn eine Landschaft hiervon Gebrauch macht und auf dem Grundstück noch andere Hypoth:ken von der- selben Landschaft zu höherem Zins'ay ruhen, dann die Landschaft verpflichtet ist, diese Hypotheken in soihe von niederem Zinssaÿ umzuwandeln. Bei den Hypothekenbanken soll nach demfelben Grundsaß verfahren werden.

Vor dem Kriege haben eine besondere Rolle füx den Grund- kredit die Sparkassen gebildet, im Westen noch mehr als im Osten. Die Sparkassen haben früher den größeren Teil, und zwar 66 vH, threr Spareinlagen in Hypotheken angelegt. Jeßt sind es nur noch 25 vH, und von dem Ganzcn, was sie an Spareinlagen haben, haben fie in ländlihen Hypotheken nur noch 5,5 vH an- gelegt. (Hört, hört! rechts.) Wir müssen den dringenden Wunsch aussprecheu, daß die Sparkassen ihren Beschluß, den sie jüngst gefaßt haben, 46 vH der Einlagen in Hypothekeu anzulegen, über- haupt einmal durchführen, und daß ste dabei wie früher au auf die ländlihen Hypotheken entsprehende Rüdcksicht nehmen. Dann glaube ih auch, daß unsere Verhältnisse auf dem Kreditmarkt besser werden.

Die Bestrebungen auf dem Gebiet der Umwandlung von Pexsonalkredit in Realkredit haben doch shon einen großen Erfolg aufzuweisen. Die Pexrsonalkredite sind von einem Fahr zum anderen zurückgegangen, in dem leßten von 2 auf 1,74 Milliarden, die Realkredite sind in derselben Zeit von 1,1 auf 1,8 Milliarden gestiegen. Jm ganzen hat unsere Ver- shuldung dabei immer noch zugenommen, aber immerhin hat eine Verschiebung statigefunden, und der Personalkredit hat eine Abnahme erfahren.

Die shwere Last, die die Roggenhypotheken der Land- wirishaft zufügen, haben schon verschiedene Redner hervor- gehoben. Jh habe bereits vor einem Jahr bei der Reichs- regierung beantragt, sie möchte durch ein Gese bestimmen, daß eine Umwandlung in Goldmarkhypotheken nah einem bestimmten Grundsay erfolgen kann. Jh habe doch die Hoffnung, nachdem wieder ein Jahr darüber hinweggegangen ist, daß man nun endlih diesem Antrag gereht wird. Je länger man es hinaus- schiebt, um jo s{hwierigex wird es. (Sehr rihtig!) Noch vor Jahresfrist hat man die Preußische Regierung damit belastet, daß fie durch ihre Anträge zum Rentenbankkreditgesey die Anfnahme von amerikanishen Anleihen: verhindert habe. Jene Anträge, die tatsählih verwirkliht worden sind, haben sich immer mehr als berechtigt erwiesen. Aber die Landwirtschaft wird sih freuen, daß sie von dem Amrerikakredit nicht noch ‘mehr hat. (Sehr richtig!) Es wax nun in lebter Zeit verlangt worden, der Rentenbankkreditanstalt neue Aufgaben zuzuweisen oder sie mit der Preußenkasse zu vereinigen. Solcher Auffassung muß ih entschieden entgegentreten. Die Anstalt ist im Junteressc der Landwirtschaft in Zukunft dringend notwendig. Niemand sollie aus der Senkung des Zinssaßzes, den wir jeut verzeihnen, etwa den Schluß herleiten, daß infolgedessen in der Zukunft ein Zentralkreditinstitut, das den Grundkredit zu betreuen hat, nicht mehr notwendig wäre. Es darf auch niht gußer aht gelassen werden, daß wir bei sinkendem Zinssay weniger aus dem Aus- land hereinbekommen und dann unter Umständen wieder einmal Nöôte haben können. Aver immerhin halte ih es für notwendig, daß die Rentenbaulkîreditanstalt, wenn sie am 1. November die Abwidcklungskredite erledigt hat, an die Frage herantritt, wie die Rentenbankshuld derx Landwirtschaft verkürzt werden kann. Er- shwerend wirkt dabei die Bestimmung im Amerikakredit, in dem Vertrag mit dem betreffenden Bankhaus, daß die Zuweisungen vom Reich in dem eigenen Kapital der Rentenbankkreditanstalt erfolgen müssen. Jch hoffe aber, daß nach diesex Richtung hin durch Verhandlungen der Rentenbankkreditanstalt mit dem Baukhaus doch eine Vereinbarung getrtossen werden kann, die es ermögliht, jene Zuweisungen zu einer gzeit- lichen Verkürzung der Rentenbankshuld der Landwirtshast zu verwenden.

| Siedlun g gestanden.

Im Henith politisher Diskussion hat i leyien Jahr die Vor Jahcesfrist habe ih mich von dieser Stelle aus grundsäßlih über die Sache geäußert. Jh habe Jhnen eine Denkschrift „Tatjahen zum Siedlungswesen“ zugehen lassen, und Jhr Siedlungsausshuß hat zu meiner großen Freude in ciner Reihe von Sigungen die ganze Materie auf das eingehendste verhandelt. Jnfolgedessen kann ih mich jeßt kurz fassen.

Mit den Reichsmitteln sind bereits 44 Objekte in einex Größe von 104 112 Morgen und einem Kaufpreise von 22 266 618 Mark gekauft. Es handelt si hierbei überwiegend um Objekte im-Osten. Mit den preußishen Mitteln sind 47 Objekte in einer Größe von 58452 Morgen gekauft. Der hierfür bereitgestellte Kreditbetrag beziffert sich auf 9 661 790 Mark. Zusammen sind also 91 Objekte gekauft von 162 564 Morgen Größe, wofür bishex ein Kreditbetrag ‘von 28 877 730 Mark eingeräumt wurde. Hiers mit ist zweifellos eine gute Vorarbeit für die Siedlungsarbeit des fommenden Jahres geleistet. Die Ankaufstätigkeit wird aber fortgesezt. Noch immer hört man, daß fie rascher vor sih gehen müsse. Dabei wird stellenweise die Forderung erhoben, daß jährlich 20—30 000 Bauerpnstellen gebildet werden sollen. Sie zeigt, daß weder über die Mittel, die erforderlich wären, noch über den Einfluß einer solhen Nachfrage nah Land auf den Preis bis zu Ende durhgedaht wird. (Sehr wahr! rechts.) Wer sich der Verantwortung bewußt ist, daß die angeseßten Siedler auch er- halten werden müssen (sehr richtig! cechts), und zugeben muß, daß ex die zukünflige Entwicklung der Landwirtschaft nicht kennt, derx muß auch einräumen, daß nicht ins Blaue, sondecn nur unter Beachtung dêx Rente gekauft werden darf. Das will ih an einem Beispiel für eine spannfähige Stelle von 50 Morgen zeigen.

Preis des Grund und Bodens einschließlich der Siedlungs- zushläge 250 Mark 1e Morgen = 12500 Mark, Gebäudekosten ebenfalls 12 500 Mark, Jnventar- und Betriebskapital .5000 Mark, zusammen 30 000 Mark.

Auf den Grund und Boden werden 90 2 Reichskredit bes willigt. Ex ist mit 3!4.% zu verzinsen und mit 24 % zu tilgen, ergibi: 450 Mark.

Das Hauszinssteuerdarlehen von 6000 Mark ist mit 1 % zu verzinsen 60 Mark. Dazu 90 % Reichskredit für den Nest von 6500 Mark, wieder mit 4% zu verzinsen und zu tilgen gleih 934 Mark. Jährliche Zinsen- und Tilgungsbelastung 744 Mark oder je Morgen 14,88 Mark, Dabei ist ein Verwaltungskfosten= beitrag von zurzeit 4 % unberüdsichtigt gelassen.

Schon diesex Betrag mahnt zur Vorsicht. Er wird sih aber

bestimmt erhöhen, wenn dex Zoischenkredit in Dauerkredit um-

gewandelt wird. Diejex Dauexrkredit wird statt 3/4 % voraus sihtlih 44 % Zius verlangen. Damit erhöht si die Zinsenlast um 171 Mark, je Morgen um 3,42 Mark, beträgt also dann je Morgen 18,30 Mark. Das ist die Last, mit der der Siedler zu rechnen hat. n

Vorausseßung ist dann, daß der Siedler den dur den Reichs- kredit niht gedeckten Betrag wie auch die Junventarkosten und das Betriebskapital selbst hat. Das macht 6900 Mark.

Besonderes Gewicht muß darauf gelegt werden, daß die Hauszszinssteuerhypothek von 6000 Mark, die nur mit 1 vH zu verzinsen ist, dauernd zur Verfügung steht. Die Bereit stellung dieser Mittek für die Siedlung ist ebenso wichtig, wie jür den Wohnungsbau. Hier wird nicht nux ein Unterkommen ges {haffen, sondern auch eine unmittelbare Nahrungsstelle. Die landwirtschaftlihe Siedlung schaft neue Existenzen an sich, sie 1st außer Wohngelegenheit auch noch Arbeits- und Produktionssiätte und Nahcungsquelle für eine ganze Familie

Würde das Hauszinssteuerdarlehen nicht mehr zur Verfügung stehen, dann wäre die Siedlung gweifellos8 int hohem Maße gefährdet. Es würde sih dann weiter die Zinslast nm 324 vH von 6000 Mark = 210 Mark erhöhen, also um 4,99 Mark je Morgen, und die gesamte Zinsenbelastung betrüge nunmehr 22,50 Mark. (Hört, hört! rets.)

Will man abex die Arbeiter des Gutes odex Landarbeitec überhaupt ansiedeln, und das muß auch. geschehen, so wird man von diesen den Besiß des Betrages für Jnventar und Betrieb8- kapital niemals erwarten können. Daher sollen diese Beträge als Einrihtungskredit zur Verfügung gestellt werden. Die Bedingungen, unter denen dies geschchen soll, sind woh nit feste gestellt. Fch vertrete den Standpunkti, daß die Einrichtungskredite 100 Mar? je Morgen bis zur Höchstgrenze von 5000 Mark be- tragen dürfen, daß sie zinsfrei gegeben werden müssen und erst vom fünften Jahre ab eine jährlihe Tilgung von 2 vH verlangt werden darf. Bislang habe ih mtt meinen Forderungen noch feinen Erfolg gehabt, (Hört, hört! im Zentrum und rets.)

Zux Beurteilung der Vorsicht, die man bei der Siedlungs- sache in allem walten lassen muß, nux zwei Zahlen: die bislang aus Reichskredit in Ostpreußen angekauften Siedlungzobjekte be- rehnen sich einschließlich Siedlungszushlägen auf 264 Mark je Morgen, die Zinslast ist also bestimmt noch etwas größer als in dem Beispiel mit 14,88 Mark je Morgen im niedrigsten Fall er- rechnet wurde. Sämtlihe Domänen östlih des polnischen Korridors, 219 604 Morgen, bringen im Durchschnitt 5,2 Mark (hört, hört! im Zentrum und rechts), darunter die besten Domänen, Regierungsbezirk Marienwerder, 21576 Morgen, nur 6,96 Mark je Morgen. Daraus muß man s{ließen, die Zinslast ist herabzuseßen. Jedenfalls dürfen aber die Einrichtungskredite ntcht über das von mir bezeibnete Maß mit Zins und Tilgung belastet werden. Siedeln kostet Reih und Staat Geld, das heißt entsprechend gering verzinsliche Darlehen, wenn die Siedler auf dem neuen Besiß auch erhalten werden sollen.

An Stelle der von Preußen und dem Reich bewilligten Mittel soll ein Dauerkredit tre‘en. Zu dem Zweck wird in der nächsten Zeit der Entwurf eines Geseßes über eine preußische Landesrentenbank eingebracht.

Es ist die Frage aufgeworfen, ob es überhaupt zweckmäßig sei, ein preußishes Realkredit-Fnstitut für die Sied- lung wieder ins Leben zu rufen, oder ob niht mit Rücksicht auf die kleineren Länder ein Reichsinstitut geschaffen werden müsse, Preußen kann mit seinem ungleih größeren Siedlungsbedürfnis auf ein eigenes Jnstitut keinesfalls verzichten. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts.) Ja, es ist sogar eine Pflicht, daß Preußen na seinen Kräften für die Finanzierung der landwirtschaftlihen Siedlung sorgt, denn die Siedlung gehört zur Zuständigkelt der

Länder.

At E R

D

S E S E

Der preußische Rentenbank-Kredii hat sich bewähr|!. Die preußischen Rentenbriefe sind ein altbekäánntes gut ein- geführtes Wertpapier, und alle Siedlungsorganisationen bezeihnen die Wiedereinrihtung dés preußishen Rentenbank-Kredits als eine dringende Notwendigkeit.

Er bringt den Siedlern den großen Vorteil, daß sie keinerlei Verwaltungskostenbeitrag zu zahlen brauchen, denn der Staat trägt die Kosten. Das. Wertpapier ist durch besondere Bonität ausgezeichnet, weil nicht bloß Grund und Boden verhaftet ift, sondern auch der preußishe Staat die Bürgschaft trägt. ;

Um aber die Siedler auch in landwirtschaftlichs-

» technischerHins\icht auf der §öhe zu erhalten, ist eine wirk-

same und ständige Wirtschaft8beratung unerläßlih, Aus dieser Erwägung sind die Landwirtschaftskammern angewiesen worden, der Wirtschaftsberatung der Ansiedler besondere Auf- merksamkeit zu widmen. Die besonderen Mittel für diesen Zweck werden den Landwirtschaftskammern bereitgestellt. (Sehr richtig! und Bravo! im Zentrum und rets.) .

So sehr auch die Siedlung im leßten Jahre Gegenstand politisher Diskussionen . war, ih werde mich niht davon leiten lassen, sondern nur von agrar-, bevölkerungs-, wirtschafts- und nationalpolitishen Ueberlegungen. JFch werde die Siedlung in dem Umfange und mit dem Tempo, aber auch mit der Umsicht betreiben, wie es allen in Betracht kommenden Anforderungen entspricht.

252. Sißung vom 23. Februar, vormitiags 11 Uhr. {Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger. *)

Eine Große Anfrage der Sozialdemokraten übex die Stillegung dex Abendröthe-Grube in Rothen- bah (Waldenburger Revier) wird der Ausschußberatung über- wiesen. N

Es folgt die erste. Beratung der Geseßentwürfe, die die sogenännie Groß-Hamburg-Frage umfassen, und zwar des Geseßentwurfs über die Neuregelung dex kommu- nalen Grenzen im preußishen Unterelbe-Gebiet und des Geseßentwurfs ütbex einen Sonder-Finanzausgleih zugunsten preußisher Randgemeinden (Randkreise) in der Nachbars aft von Stadtstaaten. Der erstere Geseßentwurf verfügt, daß mit der Stadtgemeinde Altona die Landgemeinden Stellingen- E Eidelstedt, Lurup, Osdorf, Groß Flottbek, Klein Flottbek, Nienstedten und Blankenese des Landkreises Pinne- berg vereinigt werden. Mit der Stadtgemeinde Wandsbek werden die Landgemeinden FJenfeld und L Lahe des Landkreises Stormarn vereinigt, mit Ausnahme von Teilen, die der Landgemeinde Alt Rahlstedt dieses Kreises zugelegt werden. Für die Vereinigung ist eine Grenzbeshreibung ‘maßgebend, die dem Geseh- entwurf als Anlage beigegeben ift. Die Stadtgemeinden Harburg und Wilhelmsburg sowie der Gutsbezirk Kattwyk- Hoheschaar des Landkreises Harburg werden zu einex Sladtgemeinde mit dem Namen Harburg vereinigt. Die neue Stadtgemeinde Harburg ist Rechtsnachfolger dex bisherigen Stadtgemeinden Harburg und Wilhelmsburg sowie des Guts- bezirkes Kattwyk-Hoheshaar. Außerdem enthält dieser Gesetz- entwurf noch besondere Vorschriften für die Rückwirkung der (renzänderungen auf andere als kommunale Grenzen, für die Neuwahlen der Vertretungskörperschaften, für das Orts- recht, für Beamte und Angestellte und für Grundsäße bei der Auseinanderseßzung. Das Gesetz soll mit dem 1. April 1927 in Kraft treten. Die Minister des JFnnern und der Finanzen find ermächtigt, die zur Ausführung des Geseßes nötigen Bestimmungen zu erlassen.

Der Geseßentwuxf übex cinen Sonder-Finanzausgleich zu- gunsten Preun er Randgemeinden (Randkreise) in der Nach- barschaft von: Stadtstaaten zerfällt in 6 Paragraphen. Nach der. Vorlage wird ein Betrag in Höhe von 1 vH, jedoch nit mehr als insgesamt 19 Millionen Reichsmark, zugunsten preußisher Randgemeinden (Randkreise) von dem preußischen Anteil des Finanzausgleihs vorab ausgesondert, Von diesem Sonderbetrage erhalten die Randgemeinden des Stadtstaates Lug, laufende Ueberweisungen, und zwar für 1927 in Höhe derjenigen Beträge, die auf sie nah Maßgabe ihrer an der Reichseinkommen- und Körper-

R aE C eR Lee schastsfteuer gemäß den Vorschriften des preußishen Aus-=

Fe ageloges zum Finanzausgleih entfallen. Jedoch ollen diese Beträge nicht als Ueberweisungen aus der Reichs- einkfommen- und Körperschaftssteuer im Sinne des preußischen Ausführungsgesezes zum Finanzausgleihsgesey gelten, viel= mehr eine Sonderüberweisung darstellen. Mindestens ein Drittel des Sonderbetrages soll der weiteren Förderung des Randgebietes dienen, soweit nicht aus den laufenden Üeber= weisungen noch mehr Mittel für diesen Zweck übrig bleiben. Auch G Geseg soll mit dem 1. April 1927 in Kraft treten, und auch hier erlassen die Minister des Jnnexrn und der Finanzen die nötigen Ausführungsbestimmungen.

Ministerpräsident Braun: Meine Damen und Herren! Die bier zur Beratung stehenden Vorlagen über die Negelung der kom- munalen Grenzen im Unterelbegebiet werden die zuständigen Nessort- minister, soweit das über die gedruckte Begründung binaus noch etforde:lich ift, im einzelnen begründen. Jch ehe mih ge- zwungen, der Beratung einige allgemetupolitische Ausführungen voxau&zuschicken.

Am 9. d. M. hat der regierende Bürgermeister von Hamburg, Dr. Petersen, in einer eingehenden Nede das Groß Hamburg-Problem und das Verhältnis ¿wichen Preußen und Hamburg besprochen. Die Hamburger Presse bezeihnet diese Rede als eine General- abrechnung mit Preußen (hört, hört!) und hebt hervor, daß der Bürgermeister mit |chonungsloter Offenheit völlige Klarheit in diefe die Oeffentlichkeit {on mehrere Jahre beshättigende Angeleyenheit gebracht habe. So |chreibt u. a. das „Hamburger Fremdenblatt* :

Noch nie ist eine so fla1e bamburgi\ch-preußische Nechnung and Gegenrechnung autgemacht worden wie gestern, Sie macht dem fautmännischen Geist unserer Staatéleitung alle Ehre (hört, hört! und Heiterkeit), wie sie überhaupt gestern ofen ihre Karten hinlegte. In Prenßen wird man vielleicht über diese Offenherzig- keit, die aus den Gedonfen über die preußischen Absichten und die preußische Taktik kein Hehl machte, verscnupit sein.

Ich möchte demgegenüber erklären, daß tch niht den allergeringsten Anlaß sehe, über diese Rede vershnupft zu jein, (Sehr gut!) Sie scheint mir vielmehr nur ein Beweis dafür zu feln, wie arg man in. Hamburg darüber verschnupft ist, daß die dortigen Expansionsgelüste

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*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

auf preußfishes Gebiet bisher keïnen Erfolg batten. {Erneute Tcb- ba!te Zustimmung.) Indes werden es mir d!e Hamburger Herten nicht verûübeln, wenn auch ich mit voller Offenheit versuche, die Halkung Pienßens in der Groß Hamburz-Frage fklarulegen und vor allem das wieder auf eie Beine zu stellen, was in Hamburg auf den Kopt gestellt worden ist. (Sehr gut! und Heiterkeit). Herr Bürger- mei ‘er Dr. Petersen hat in seiner Nede autgetührt:

Die preußi)che Hamburgpolitik von damals und beute {eint von folgenden Grundgedanfen geleitet zu lein:

Die staatliche Selbständigkeit. Hamburgs läuft den fisfalishen Interessen Preuf:ens zuwider, denn Hamburg belastet die preußischen Nachbargemeinden. Die ftaatlihe Selbständigkeit Hamburgs läuft aber auch den flaatsvolitishen Zielen Preußens zuwider; denn Preußen erstrebt durch die Aufsaugung der norddeutschen Klein- staaten ein Groß-Preußen und glaubt, auf diefem Wege den Ein- heitéstaat herbeiführen zu können.

Weiter führt Herr Petersen an einer anderen Stelle seiner Nede aus :

Das leitet über zu dem eingangs erwähnten zweiten p1reußis{en Grundaedanfen, nämlich das Aufgeben Hamburgs und der übrigen norddeutichen Staaten in Preußen zu erstreben und damit ein Gioß-Preußen zu schaffen.

Ich persönlich, meine Damen und Herren, bin Unitarier und glaube, daß die Entwicklung zum Einheitsstaat führt, aber niemals über G1oß-Preußen.

Meine Damen und Herren, diese Ausführungen des Herrn Lams- burger Bürgermeisters entbehren jeder tatsächlihen Grundlage. Es ist umichtig, daß Preußen die Auf)augung der norddeutschen Klein- staaten erstrebt, diese gar, wie es in Hamburger und von Hamburg impirierten Presseausführungen bieß: durch einen Druck erzwingen wolle. Ich habe bereits mebrfach hier im Landtage erklärt, daß Preußen gar nit daran denke, auf irgendwelhe Kleinstaaten einen Dru auszuüben, um sie zur Aufgabe ihrer Selbständigkeit zw ver- anlafsen und ihren Anschluß an Preußen zu erzwingen.

Indes stebt die preußische Regierung auf dem Standpunkt, daß diese Länder, wenn sie sih ihre staatliche Selbständigkeit erhalten wollen, dies auch mit allen daraus sih ergebenden Konsequenzen tun müßten (tehr richtig! links) und in Zukunft niht mehx darauf rechnen könnten, daß ihnen “Preußen diejenigen Einrichtungen zur Vertügung ftellt, die sie sh aus eigenen Mitteln nmcht erhalten fönnen. (Sebr richtig) Preußen ift daber auch nicht be1eit, es sei denn, daß ihm gleihwertige Gegenleistungen gewährt werden, preußisches Gebiet an solche Kleinstaaten abzutreten ()ehr gut !), um sie-in ihrem jelbständigen staatlichen Eigenleben zu ftärfen. (Sebr gut !) Kommt die Bevölkerung die'er Staaten unter solhen Umständen ichließklih zu der Ueberzeugung, daß es für fie zweckmäßiger ist, h Preußen anzu\{ließen, so wird Preußen sich dem nicht ve1sagen.

Ebento wie Herr Bürgermeister Petersen bin au ih Unitarier. Auch mir \ceint der deutsche Einheitéstaat, insbetondere im Hinblick auf unjere Verarmung, ein erstreben8wertes Ziel. (Sehr richtig! links.)- Wenn Heri Petersen jedoh meint, die'es Ziel könne nit über Groß Preußen erreiht werden, so erwidere ich ihm, über Groß Hamburg erst recht nicht. (Sehr gut! Sehr richtig! und Heiter- keit.) Ich stehe vielmehr aut dem Standpunkt, daß Preußen, das etwa drei Fünttel des Reichs darstellt, und das bereits durch den Friedenövertrag erheblichen Land- und Bevölkerungéverlust gebabt hat, wovon alle anderen deut|hen Länder verschont geblieben sind, in seiner Ge)\chlossenheit und Größe unbeeinträhtigt aufrebter halten werden muß, da cs zweifellos den Kein für einen deutihen CGinheits- staat bilden wird, wenn dieser einmal Wirklichkeit werden sollte. (Sehr, wahr !)

Wenn der Hamburger Bürgermeister nun aber gar erklärt, das Ziel Preußens gehe dahin, Hamburg zum Aufgehen in Preußen zu zwingen, lo ent)pricht auch das fkeineëwegs den Tati\achen, und mix ift uver-

findlich, wie ohne Angabe von Beweisen das Staatsobe1rhaupt dieses |

benachbarten Landes in aller Oeffentlichkeit eine derartige unrichtige Behauptung au!stellen kann. (Hört! hört!) In der Groß-Hamburg- Frage handelt es sicht nicht, wie Herr Petersen jeßt, den Sac:verhalt völlig verschiebend, glauben machen will, darum, Hamburg in Preußen einzuverleiben, sondern es handelt si darum, hamburgishe Expansions- beitrebungen gegen Preußen zurückzuweisen. (Sehr gut!) Denn wenn Herr Peter)]en in seiner Nede erklärt, er lege Wert darauf, festzu- stellen, daß Hamburg seit Jahren völlig darauf verzichtet hätte, irgend- welche Wün|che aut s{leöwig-holsteinishes Gebiet zu vertreten, auf hannove1\des verzichtet er offenbar auh beute noch nit (Heiterkeit) so ift dieses „seit Jahren“ doch nit so lange her, wie es nach diesem Aue)pruch scheinen könnte. (Hört! hört!) Tat)\ächlich ist der Aus» gangopunkt ‘der Groß-Hambu1g-Verhandlungen doch das Bestreben Hamburgs, sich preußisches Gebiet einzuverleiben. (Sehr richtig Daher au die Bezeihnung Groß Hamburg für den ganzen Kompler der Fragen, die damit zu)ammenhängen. L

Lassen Sie mich daher zur Auffrishung des Gedächtuisses der Hambuiger Herren, die ießt gegen e'n Groß Prenßen ausgerechnet an der Unterelbe Sturm lauten, einmal furz auf den Ursprung der Er- önterungen über das G1oß Hamburger Problem zurückgrei'en : Bereits in einer Denfk\chritt vom 7. Dezember 1915 hat Hamburg An)pruch auf erhebliche preußi\he Gebietsteile geltend gemacht. Preußen hat damals, im August 1916, geantwortet, daß einer tolchen Abtretung feine grundsäßlihen Bedenken des Staatsministeriums entgegen- ständen, wenn sie zur Förderung der deut|chen Schiffahrt und anderer gemein!amer preußisch-hamburgisher Interessen unter voller Würdt- aung aller yreußisheu Interessen erfo1derlih erscheint. Die Sache hat dann wähiend des Krieges geruht und ift dann erst 1918 wieder durch eine Denfk\hrift des Hamburger Arbeiter- und Soldatenrats vom 8, Januar 1919 zur Erörterung gestellt worden. Diese an das Reichäministerium des Innern gerichtete Denkichrift fordert preußisches Gelände zur Hafenerweiterung )owie die Eingemeindung von Harburg, Altona, Wandsbek und Wilhelmsburg nah Hamburg. (Hört, hört !) Obwohl sich naturgemäß dagegen in Schleëwigz-Holstein stärkster Wirerspruh geltend machte, ist dann der Hamburger Senat den Spuren des Ai1beiter- und Soltatenrats gefolgt und hat in der Denkschritt vom 7. April 1919 die Unterstellung des ganzen Unter- elbegebiets von Harburg bis Cuxhaven einshließlich der Elbeuter, toweit sie Üeber|chwemmungégebiet sind, unker Hamburg gefordert. (Hört, hört !)

Weiter wird in der Denkschrift verlangt, die-Eingemeindung nach Hamburg, und zwar der Städte Aktona, Wandsbek, Harburg, Wil- he!mêburg und von 9594 Landgemeinden aus dem Kreite Sto marn, 2 aus dem Kieite Pinneberg, 20 aus dem Kreise Herzogtum Lauen- burg, 42 aus dem Kieise Harburg, 11 aus dem Kieise Jork, 6 aus dem Kreise Winsen und 4 au9 dem Kreise Stade, insgejamt an

breußischen Städten und Lantgeme!ndegeblet eine Flähe von 137 238 ha, mit rund !/4 Million preußiicer Einwohner. (Hört, hört!) Das hätte die Vergrößerung Hamburgs um 190% an Fläche und um 33 9% an Einwohner bedeutet. Gleichzeitig wurde im' größten Umfange voh Hambutg aus eine Propaganda für dieses Groß Homburg in Zeitungen, Zeitichrititen, Flugblättern, Frühstuücken, Besichtigungen, Nundtahrten 2e, inizeniert,

Die spätere Denkschrift des Hamburger Senats vom 22. Sey- tember 1921, an die Zent1alstelle für die Neugliederung des Neiches gerichtet, fleckte ibr Ziel schon ganz wesentlih zurü. Jndes auch bier wird noch die. Abtretung wirtscha!tlich sehr wertvollen preußi\chen Gebiets als dringend notwendig für die Entwicklung Hamburgs ges tordert, und zwar niht nur Hakengebiet, )ondern Gebiet sür Wohn- siedlungen und für Jnduftrie. Preußen hat arauf in einer Denk- {rift zur G1oß-Hamburg-Frage vom Dezember 1921 geantwortet, auf deren Jnhalt ich hier niht näher eingehen will, da se dem Land- tage befannt ist.

Das Gutachten der Zentralstelle zur Neugliederung des Netches vom 24 Januar 1922 bezeichnet die Abtretung vom preußischem Gebiet gegen einen Auttau\ch von Hambu1nger Gebiel und volle Ents \hädigung des preußitchen Staates und der beteiligten Provinzen und Landkreise als wünscht.

Es haben dann später unmittelbare Verhandlungen zwi|chen Preußen und Hamburg stattgetunden, au! die hier im einzelnen ein- zugehen mich zu weit führen würde, die aber auch zu feinem Ergebnis getüh1t haben. Mach einer längeren Pause haben sodann Be- sprechungen zwischen dem Herrn Bürgermeister Petersen und mix stattgefunden, die dahin führten, daß die Herren Staatèminister Drews aus Berlin und Graf Nödern aus Hamburg beaut!tragt wurden, ein Gutachten über die Frage îu erflatten. Die beiden Länder sollten sodann dazu Stellung nebmen, ob si dieses Gut- achten als Grundlage für neue Verhandlungen eigne. Dieses Guts achten ift Anfang vorigen Jahres erstattet worden und fommt zu dem Vorschlag, Preußen tolle an Hamburg abtreten: Altenwerder, Finken- wärder, Wilhelmsburg einschließlich Kattroyk-Hoheichaar und Neubof, vom Geestrüccken die Gemeinden Schiffbek, Oejendorf, Kirh-Steinbek, Boberg, Hawighorst, Sande und die togenannten Streicbhölzer. Hamburg sollte als Gegenleistung abtreten WMoorburg jüdlih der Süderelbe und eins der Walddörfer, nämlich Groß Hansdorf. Weiter sollte Hamburg die Landkreise Harburg und Stormarn entschädigen für die ausgefallene Steuerkraft der abgetretenen Gemeinden, und weiter follte ein allgemeiner Finanzausgleih im Broß Hamburg-(Bebiet dahin durchgetührt werden, daß der gefamte Staatsanteil an der Neichéeinkfommen- und Umsaßsteuer den beteiliaten Gemeinden ver- bleiben soll. Soweit der reine Staattanteil dadunh den Gemeinden zufloß, sollten Hamburg und Preußen zu g!eihen Teilen den Schaden tiagen. Weiter sollte zur Durchführung der gemeinsamen Aufgaben, insbesondere des Verwaltungsauégleihs, in dem vornehmlich Ver- fehrs-, Siedlungs- und Hafenfragen geregelt werden follten, ein preußisch-hamburgischer Ausschuß einge!etzt werden.

Aus diesem kurzen chronologi!chen Abriß dexr Entwickung der Groß-Hamburg-Frage wollen Sie ersehen einmal, daß es sih niht wie Herr Bügermeister Peterjen und die Mitglieder der Bürgerschaft, die zu der Frage gesprochen haben, die Oeffentlichteit glauben machen wollen um die Aufj)augung Hamburgs durch Preußen, sondern um ziemlich weitgehende, sväter mehr und mehr einge|chränkte Cxpansions- bestrebungen Hamburgs handelt. (Sehr wahr!) Es ist daher eine Irreführung dex Oeffentlichkeit, wenn jeßt versucht wird, den Spieß umzudrehen, um gegen angebliche großpreußi)cche Fxpanston8bestrebungen Stimmung zu machen.

Wenn Herx Bürgermeister Petersen die Behauptung autstellt, daß die fsachlide Auétsprache über das Drews-Rödern)he Gutachten durch ultimative Forderungen Preußens unmöglih gemacht worden sei, 1o möchte ih demgegenüber feststellen, daß Preußen sich auss drücklih bereit erflärt hat, das Drews-Rödernihe Gutachten frek- lih ohne materielle Bindung in den Einzelheiten, als Grundlage tür weitere Verhandlungen anzuerkennen, und sich nur vorbehalten hat, in materieller Hinsicht Abänderungéevorschläge zu machen.

In Uebereinstimmung mit dem Groß - Hamburg - Auss{chuß des Preußischen Landtags war die preußi|he Negierung der Aut}}assung, daß in dem Drews - Rödernschen (Sutachten die territorialen Gegen- leistungen Hamburgs für die Abtretung. preußischen Gebiets nicht entfernt genügten, und daß auch die Vorschläge für den Lastenausgleih mit den preußischen Nachbargemeindeu den beredchtigten Ansprüchen dieser Gemeinden niht Nehnung trügen, Ich habe daher den Ham- burger Vertretern gegenüber in der erften gemeinfämen Besprechung, die am 11, Mai v. I. in Berlin stattiand, hervorgehoben, - daß eine Abtretung Wuheimsburgs in Preußen auf den größten Widerstand stoßen würde, eine Abtretung Finkenwärders und UAltenwerde1s viel- leiht weniger ftrittig wäre. Vorauege\eußt, daß eiye Abtretung von Wilhelmsburg überhaupt in Frage käme, seien die dafür in den Drerws-Nöderuschen Gutachten gebotenen Gegenleistungen weder terri- toria noch finanziell auéreihend. Ein etwaiger Abschluß auf dieser Basis sei im Preußischen Landtag völlig aussichtslos,

Mit Auesiht auf Erfolg könne dieie Abtretung nur verfolgt werden wenn Hamburg bereit wäre, sämtliche hamburgi)chen Enflaven, die in Preußen vez1streut liegen, abzutreten, also niht nur Moo1burg und Hansédorf, sondern sämtliche Walddöufer und dazu noch CCux- haven. Auch das Norduter der Süderelbe müsse bei Preußen bleiben. Wenn dadur auch territorial das von Hamburg abzutretende Gebiet größer sei als das von Preußen abzutretende, so jei doch die Ein- wohnerzahl, die Preußen verliere, doppelt so groß wie die, die Hamburg verlieren würde, nämlih 56 (00 gegen 27 000 Einwohner. Aufßerdem seien die wirtschaitliche Bedeutung Wilhelmtburgs und die Zukuntftsaussichten dieses Gebiets unendlih wertvoller als die der Hamburger Enklaven. Preußen müsse daher einen vollen finanziellen Lastenausgleich zugunsten der preußischen Außengemeinden auf Kosten Hambungs verlangen mit dem Ziel, diese Gemeinden, die mit Ham- burg ein einheitlihes Wütschattegebiet bilden, auch in kommunal- wirtichaftliher und finanzieller Hinsicht mit Hamburg auf die Dauer agleichzuftellen.

Herr Bürgermeister Petersen hat sich damals diesen Wünschen Preußens gegenüber, inébetondere was die teiritoriale Gegen- forderung Preußens anlangte, entshieden ablehnend geäußert. Auch hat er den Lastenausgleih in dem von Prenßen geforderten Umtange abgelehnt.

In der ersten Besprehung wurde dann vereinbart, die Abe änderungévor|chläge Preußens |chriftlich zu firieren und dem Ham- burger Senat zur Stellungnahme zugehen zu lassen. Bei der Uever- mittlung dieser Vor)chläge ist in dem Begleitschreiben ein von mir