1927 / 48 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Feb 1927 18:00:01 GMT) scan diff

über diesen neuen Schwurgerichten ist, wle man hier anzunehmen sheint. Fm Gegenteil: es ist doch von vielen Seiten durchaus anertannt worden daß sie eine bessere Regelung gebracht haben als die alten Shwurgerichte. (Sehr richtig! rehts.) Die Reichs- regierung verfolgt diese Frage fortgeseßt weiter. Es ist, wie gesagt, im August 1926 die entsprehende Anfrage an die Länder gerichtet worden; die Antworten sind eingegangen. Einzig und allein Hamburg hat sih die Entscheidung vorbehalten; alle anderen Länder ih komme auf Preußen noch besonders haben er- klärt, daß die Besserung unzweifelhast sei. Und auch Preußen ih möchte das besonders sagen hat exklärt, daß zwar mit Rücksicht auf die kurze Zeit der Wirksamkeit der neuen Organi- sation ein abschließendes Urteil noch nicht abgegeben werden könne, daß aber die eingegangenen Aeußerungen durhaus günstig lauteten (hört, hört! rechts) und beachtlihe Klagen von feiner Seite unterbreitet worden wären. (Hört, hört! rechts.)

Diese ganze Frage utuß natürlih noh einmal geprcüpft wer- den. Aber zu diesex Prüfung, ob sich die neuen Shwurgerichte bewährt haben, ist doch selbstverständlih die Veranlassung ge- geben, wenn wir uns mit den neuen, großeu Gesehen, dem Strafgeseß, dem Strafvollzugsgesey und im Zusammenhang damit auh mit den Vorschriften der Strafprozeßovdnung, beschäftigen. Dann werden wir das erforderlihe Material in ershöpfender Weise vorlegen, dann kann sich das hohe Haus ein endgültiges Urteil“ bilden. Eine Vorwegnahme, wie sie in dexr Resolution der Herren Sozialdemokraten gewünscht wird, würde, scheint mir, außerordentlich gefährlich, auf jeden Fall überflüssig sein. (Sehr richtig! rehts.) Fch bitte also, die Resolution abzulehnen.

Zux zweiten Lesung kommt in Betracht der Antrag bezügltch dex Simultanzulassung der Anwälte. Ueber diese Sache ist nun hon seit Jahren und hiex in diesem hohen Hause so viel hin und her gesprochen worden, daß es genug sein dürfte. (Sehr wahr! rechts.)

Gestern ist mit Recht auch shon von den Herren Rednern anerkannt worden, daß hier ein gewaltiger Riß durch unsere An- waltschaft hindurhgegangen ist, und daß es die vornehmste Ausf- gabe für uns alle sein muß, diesen Riß sich nun nit erweitern und vertiefen zu lassen, sondern diesen Riß endlih einmal wieder zusammenzubringen, damit die Einheitlichkeit des Anwaltstandes wieder hergestellt wird. Fm übrigen kann ih als Reichsjustiz- minister nur erklären: bei allen Maßnahmen, die hier vorge- shlagen sind, die getroffen werden sollen, kann nah meinex Auf- fassung nicht irgendwelhe Rücktsiht auf Juteressen einzelner in Betracht kommen, sondern aus\{chließlich die sahlihe Rücksicht auf die Rechtspflege selbst. (Sehr wahr! rets.) Das ist der Aus- gangspunkt, von dem aus ih die ganze Angelegenheit betrachtet habe, und da muß ih nun sagen: es kam nux ein Kompromiß in Betracht, mehr war nicht möglih. Der Antrag Schulte und Ge-= nossen, der jeßt vorliegt, scheint mir die bestmöglihe Lösung im Sinne eines solhen Kompromisses darzustellen. Jch habe wenigstens selbst keine Möglichkeit gefunden, irgendeine andere Kompromißlösung dem hohen Hause vorzulegen, Die Lösung wird gewiß uit auf allen Seiten befriedigen, fie wird auf beiden Seiten doch angefochten werden; sie kommt aber dem Erreichbaren am nächsten. Sie ist deshalb auch für die Regierung durchaus annehmbar. E

Es ist mix in den leßten Tagen noch von manchez Seite eiit gewisses Mißtrauen entgegengebraht worden, ob nicht das, was dieses Kompromiß nun für die Gesezgebung will, auf einem anderen Wege, nämlih durch die Art der Ausführung des Ge- feves, illusorish gemacht werden könnte. Man hat mix gegen- über davon gesprochen, daß ein gewisses Mißtrauen bestehe ih will den Ausdruck, der da gebraucht wurde, auch hier gebrauchen —. als ob im Wege der weiteren Durchführung die gute Absicht des Geseyes etwa sabotiert oder ins Gegenteil verkehrt werden fönnte. Jh möchte als dexr Verantwortliche für diese Reihsgeseßgebung erklären, daß solhe Bedenken nah meiner Meinung völlig unbe- gründet sind. Jm § 9 Absay 1 ist der Grundsay des Geseßes zum Ausdruck gekommen, der lautet: Die Zulassung der Amtsgerichts- anwälte bei den übergeordneten Landgerithten ist vorzunehmen. Dieses bleibt unbedingt der Grundsay troy der zeitlihen Streckungsmöglichkeit und der Entscheidungen des Präsidiums des Oberlandesgerihts. Jch halte es für völlig ausgeschlossen, daß durch die Ausführung seitens der Landesjustizverwaltungen etwa der Grundsaß, der Wille ‘des Geseßes in das Gegenteil verkehrt werden könnte ih möchte meinen, daß so ein Gedanke doch über- haupt nicht auftauhen kann —, und noch weniger, möchte ih sagen, können Bedenken bezüglih der Tätigkeit des Präsidiums beim Oberlandesgericht bestehen. Dieses Präfidium ist mit unabhän- gigen Richtern beseyt; Anweisungen seitens der Justizverwaltung auf diesem Gebiete gibt es nicht, diese kommen absolut nicht in Betracht. Die Mitglieder dieses Präsidiums treffen do ihre Entscheidung über die Frage, ob Jnteressen der Rechtspflege etwas verlangen oder nicht, nah reinen Rehtsgrundsäßen. Dem- gegenüber können nach meiner Ueberzeugung solhe Bedenken, wie sie hier geäußert worden sind, durhaus niht in Betracht kommen. Jch darf daher aus voller Ueberzeugung die Annahme dieses Kompromißantrages Schulte (Breslau) und Genossen empfehlen und möchte nur folgendes wünshen. Jch habe in meiner Eingangsrede auch anerkennende Worte für den An- waltstand gefunden und die hohe Bedeutung des Anwaltstandes anerkannt. Aber nun is es auch Pfliht des Anwaltstandes, die ganze Streitfrage, die seine Leistungsfähigkeit von Grund auf zu zerstören geeignet war (sehr richtig! rechts und im Zentrum), nun auf sich beruhen zu lassen und wieder zu der Einheit zu kommen, die notwendig: ist, wenn der Anwaltstand, wie ih es ausgedrückt habe, nicht bloß „auch“ ein Organ der Rechtspflege, sondern cin notwendiges Organ der Rechtspflege darstellt. (Wiederholte Zustimmung.)

Nun komme ih zu den Anträgen, die uns heute nux in erster Lesung beschäftigen. Ein einziges Wort zu den: Antrag Dr. Ffscher (Köln), der die Zulassung zur Rehtsanwaltschaft in jedem deutshen Lande herbeiführen will. Dazu habe ich lediglich zu erklären, daß wir Rückfragen bei den Ländern und bei dem Anwaltsverein gehalten haben. Diese Rückfragen sind noch nit, wenigstens niht alle, beantwortet, das Material ist noch nicht zusammen. Unter diesen Umständen wird eine Durchberatung dieses Antrages in allernächster Zeit noch niht möglich sein, das wird also für den Ausschuß zurückgestellt werden müsseu,

Die drei lehten Anträge, die sämtlih von den Herren Müller (Franken) und Genossen stammen, betreffen Fragen der künftigen Strafgeseÿgebung selbst oder auch der künstigen Strafprozeß- ordnung. Hierzu habe ih generell unter Vorbehalt der Auss führungen im einzelnen im Ausshuß folgendes geltend zu machen. Nach der Erklärung der Regierung is in wenigen Monateu die Vorlage des Strafgeseubuches und unmittelbar daran anschließend die des Strafvollzugsgeseßes und im Ein- führungsgesey zum Strafgeseßbuh die Neuregelung der Straf- progeßordnung zu erwarten. Js es unter diesen Umständen wirklich erwünsht oder möglih, daß wir einzelne Ausschnitte herausnehmen? Gestern shon hat Herr Abgeordneter Dr. Kahl mit Recht gesagt, daß es doch eine ganze Menge solcher Einzel- bestimmungen gibt, deren Abänderung uns unter Umständen aus der oder jener Rücksiht am Herzen liegen würde. Das alles ist mit gutem Grund von “den Herren Abgeordneten zurüdckgestellt worden, und ih meine, auch die drei Anträge, die uns hier beshäftigen und die den Landesverrat oder den § 86 des Straf- geseßbuches, Hochverrat, oder die Urteilsgründe betreffen, können heute niht von diesem großen Werke der Zukunft in separato behandelt werden, sondern die Behandlung dieser Fragen muß noch bis dahin aufgeshoben werden. Es vergeht ja keine lange Zeit mehr. Der Reichstag hat sih meiner Erinnerung nah selbst hon in seiner Mehrheit auf den Standpunkt gestellt, daß nunmehr solche Novellen übex Einzelausschnitte nicht mehr in Betracht kommen sollten. Meine Damen und Herren! Es gilt, Zersplitterungen auf Teilgebieten in der Zwischenzeit zu ver- meiden. Es gilt, uns alle frisch zu halten für die große geseßz- geberishe Arbeit, auf die ih in meiner Einführungsrede hin- gewiesen habe, und die uns, wie gesagt, in wenigen Monaten beschäftigen wird. (Bravo! rets.)

278, Sißung vom 25. Februar 1927, nahmittags 3 Uhr. (Bericht des Necbrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.) Vizepräsident Esse r eröffnet die Sizung um 3 Uhr.

Die zweite Lesung des Haushalts des Reichs- justizministeriums wird fortgeseßt.

Zunächst nimmt sächsischer Gesandter Dr. Gradnauex Bezug auf eine Ana rung des sozialdemokratishen Abg. Fleißner im Rechtsauss{uß, der erklärt hatte, eine neue Amnestie sei au notwendig, um den Opfern der tig des Rachejustiz Hilfe. zu bringen, die nah dem Einmarsch der Reichswehr in Sachsen ein- geseßt habe. Der Redner erklärt, daß diese Behauptung nicht zutreffend ist; vielmehr sind alle Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Einmarsh der Reich8wehr begangen worden sind, er- ledigt, und zwax entweder durch die sächsische Ee vom April 1926 oder durch die Reichsamnestie. Niemand, derx sich aus Aulaf des Einmarsches irgendwie strafbar gemacht hat, befindet sih no in Strafhafi.

Abg. Em mingeux (Bayr. Vp.) spricht dem Justizminister

und seinem Staatssekretär das Vertrauen aus. Der Redner stellt fest, daß er noch nie einen gewissenhafteren und zuverlässigeren Beamten kennengelernt habe, als den Staatssekretär im Reichs- a eran, Joël. (Lebhafter Beifall rechts.) Dem Wunsche des Abg. Kahl, den neuen Strafgeseßentwurf möglichst bald dem Rechtsaus\{uß e Pr schließe er sich durchaus an. Das Thema „Vertrauenskrise“ fei Mode, geradezn Schlagwort gewordeu. Er verhehle es nicht, daß er im vergangenen Fahre eine ganze Anzahl Urteile ziviler wie strafrehtlicher Art in die Hand bekommen ee: bei denen er den Kopf geshüttelt und eine andere En eidung für richtig gehalten habe. Troudem seien die Angriffe des Abg. Levi ungerechifertigt. Die erwei- terten cit fas erihte und die jeßigen Schwurgerichte könnten jeder Kritik standhalten. Unter Tausenden von Mitgltedern eines Standes könne auch einmal ein räudiges Schaf sein. Wenn man einen ebenso strengen Maßstab an das Parlament anlegen toollte, so würde man auch zu scharfer Kritik Anlaß haben. Der Redner warnt vor zu umfangreicher Geseßgebungstätigkeit. Lieber ein etwas mangelhaftes Geseß, an das man sich do halten könne, anstatt alle Augenblicke ein neues Gesey. Den neuen erweiterten Schöffengerichten sei seinerzeit auch von den Sozial- demokraten. zugestimmt worden. Der Redner weist auf seine Beobachtung als Verteidiger wie als Staatsanwalt bei den alten Schwurgerihten hin. Da seien die Geschworenen auch nicht imstande gewesen, troy der Rechtsbelehrung die zahlreichen Fragen zu beantworten. Die Fragestellung sei oft ein Kreuz für alle Beteiligten gewesen. Der Redner gibt g Hls Beispiele aus der Praxis. Bei den korrekt durchgeführten {worenen- urteilen habe die Revisionsmöglichkeit sogar nur auf dem Papier gestanden. Das alte wurgericht habe nah dem Ausspruch eines angesehenen Münchener Juristen die Schuld und die Strafe, damit auh die Tätigkeit der Richter und der Laien unnatürlih aus8einandergerissen. Fn dem Prozeß über den Fall emariGuer in dem das Geheimnis des Beratungszimmers einmal gelüstet worden sei, de die Kernfrage in der Presse nirgends berührt worden. e e f zwischen Verstand, Gewissen und menshlihem Mitgefühl seien da \{chwer zu lösen. Der Eid werde im modernen Prozeß noch viel u viel und ohne die nôtige ierlihkeit abgenommen. Wegen Meineids werde oft ohne stihhaltigen Grun Anklage erhoben. Wer bestreite, daz eine Verständigung zwishen Richter und Laien überhaupt möglich sei, der müsse aud die R en- gerichte und die Gerichte überhaupt aufgeben. Die Rehtsprehung müsse sich selbst bei Gewissensbedenken der Richter stets auf den Boden der Geseßgebung stellen, sonst trete eine völlige Auf- lösung der Verhältnisse ein. Sogar der Reichsgerichtspräsident. abe ih auf ein Schreiben des Richtervereins, etr. die Recht- ps in der V ca a dahin geäußert, daß die Recht- sprehung der Nachkriegszeit sih leider vie los in der Lage sehe, anstatt Reht Unrecht sprechen zu aen. er Redner wendet sih gegen den von den Abgeordneten underlich und Kahl für notwendig erklärten Uebergang der Justizhoheit der Länder auf das Reich. Die Justizhoheit bedeute doch eines der höchsten Rechte der Länder. Vor dem Kriege sei es doh mit der Justizhoheit der Länder vorzüglich gegangen. Wenn die Dentsche Volkspartei überhaupt den Einheitsstaat wolle, so werde sie da bei der Bayeri- hen Volkspartei auf Granit beißen. Die geseßgebende und die richterliche Gewalt e nicht gegeneinander arbeiten, sondern zusammenarbeiten zum Wohle des Volkes und des Vaterlandes,

Damit ist die allgemeine Aussprache erled1gt:

Jn der Einzelberatung wendet sich

Abg. Höll ein (Komm.) gegen die Tätigkeit des Staats- ekretärs Joël, der als Vertreter der reaktionären Bestrebungen ür zahlreiche Verfolgungen die eigentlihe Verantwortung habe.

m vorigen Jahre hat der Reichstag eine Milderung der Ee für Abtreibungssachen beschlossen, in der Praxis find die Strafen aber fkeineëwegs gemildert worden. Die armen Frauen werden geradezu in dîe Krmce der Kurpfuscher getrieben. Mit Straf- paragraphen kann man die Abrreibungsfälle überhaupt nit ein- dämmen. Man muß vielmehr die psychologishen Ursachen der Abtreibungen prüfen. Die Abtreibungen müssen den ge- s{hulten Frauenärzten überlassen werden, dann wird wenigstens die Gesundheit der Frauen niht gefährdet. Man kann die Frauen niht zwingen, elende Kinder in die Welt zu seyen. Weil man nicht dafür sorgt, daß die Eltern wenigstens das Existenzminimum haben, muß der Echandparagraph 218 fallen. Jn Ru land hat die Bevölkerung zugenommen troß der Zulassung der Abtreibung

ben abgenommen. Der § 218 is ein Kla roletariat. Für die Bourgeoisie gibt es shehene wieder ungeschehen machen.

engeseß gegen das erzte, die das Ge-

mit Hilfe der Aerzte, und die 218 is etn Massen und Sterbefälle

In der Abstimmung werden die fommunistishen Anträge

auf Streichung des Gehalts des Staatssekretärs und auf

Bereitstellung der Mittel für Gefangenenfürsorge, auch für die

„Rote Hilfe Deutschlands“ abgelehnt. Die Besoldungen des Ministeriums werden bewilligt. :

Bei den Ausgaben für das Reichsgericht veructeilt

Abg. Höllei n (Komm.) die Klassenjustiz des Reich3geri ts, durch die die grit g Gesinnung betraf: ee Co Erde es i utshland niht weiter ehen. gen Hochverrats würden auch Leute bestraft, die nur riften verbreitet hätten, die nah der Konstruktion des Reichsgerihts vorbereitendg- Handlungen ian Hochverrat darstellen jollen. Auch Drucker, Sêser und selbst Druckereiboten seien auf diese Weife bestraft worden, obwohl man doch diese Leute niht zwingen könne, alle die Schriften zu lesen, die sie fertigstellien und verbreiteten. Wenn diese Leute alle S ries lesen sollten, müßten sie ja Gehirnakrobaten sein. Die „Frank- urter Zeitung“ "habe gegen die Rehtsprehung in einem langen rtifel Stellung genommen. Dieser Justiz müßten die Etats- mittel verweigert werden.

Unter Ablehnung des kommunistishen Streichungs4 antrages werden die Positionen für das Reichsgericht bewilligt,

Jm übrigen wird der Justizetat ohne Debatte bewilligt,

Die sozialdemokxatishen Anträge auf Aenderung des Strafgeseßbuches und dev SirafytelldSGnuiia in bezug auf die Milderung der Strafen für Hochverrat und Landesverrat und auf Urteilsverkündungen unter Angabe der Stimnten- mehrheit werden an den Rechtsausshuß überwiesen.

Für die eiena der Rechtsanwälte wird nah dem vom Rechtsausshuß angenommenen Kompromißantrag bestimmt, daß der bei einem Amtsgericht zugelassene Rechtsanwalt auf einen Antrag bei dem Landgerichte und bei den Kammern ür Handelsfachen desselben Bezirks zuzulassen ist, daß aber ie Zulassung unterbleibt, wenn das Präsidium des Ober= landesgerichts der Zulassung im FJnteresse der Rechtspflege widerspricht. Diese Regelung soll am 1. Januar 1928 in Kraft treten, die Landesjustizverwaltungen sollen jedoch Vora schriften erlassen können, nach denen mit Wirkung bis zum 31. Dezember 1935 die neue Regelung auf einen Teil der bei den Amtsgerichten zugelafsenen Rechtsanwälte beschränkt wivd. Der demokratische Antrag, wona das Präsidium des Oberlandesgerihts nur aus Gründen widersprechen kanu, die nicht in der Person des Antragstellers liegen, wird abgelehnt. Damit ist die Beratung des Fustizetats erledigt.

_Es folgt die Beratung des Etats des Reichsarbeits« ministeriums.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns ergreift das Wort, Seine Rede wird nah Eingang des Stenogramms veröffent- licht werden. 5

Der Ausschuß hat in den Etat unter den einmaligen Ausgaben. neu eingestellt einen Beitrag des Reichs von 50 000 Mar für eine Vermittlungs- und Beratungsstelle für Ans wärter auf das landwirtschaftlihe Siedlungswerk und beans tragt cine Reihe von Entschließungen, in denen u. a. verlangt werden eine Denkschrift über die finanzielle Lage der Sozial- Sa Erhöhung der Beziehung der Fnvaliden= versicherung, ein Reichszusuß von 50 Mark für jeden Wochenfürsorgefall, angemessene Vertretung und Gleichs berechtigung der deutshen Sprahe im Fnternationalen Arbeitsamt, Maßnahmen zur- Abhilfe für den gewerblichen E für Knaben und Mädchen, sozialer und wirtschaftliher Schuß der werktätigen landwirischaftlihew Pächter.

_ Aus den Parteien liegen zahlreihe Anträge zu diesem Etat vor. Die Abgeordneten Dr. Scholz (D. Vp.) und Ges nossen verlangen die Vorlegung eines Gesetzes zur Regelu

der Tariffähigkeit der Berufsvereine der Arbeitnehmer un

Arbeitgeber, wodurch auch eine Haftung der Berufsvereine für die Durchführung der Tarifverträge herbeigeführt wird, und eines Gesetzes, das den Krankenkassen die Eigenversorgung mit Heil- und Korrektionsmitteln untersagt. Die Abgeord neten Sparrer und Genossen (Dem.) wünschen die Eins führung der Sozialversicherung für die Aerzte, Apotheker, Anwälte, Schriftsteller, Künstler, Krankenpflegepersonal usw. Die Kommunisten Stoedcker und Genossen beantragen viele Aenderungen der sozialpolitishen Geseugebung, wie Schuß des Koalitionsrechts, Verschärfung des Betriebsrätegeseßes, Er höhung der Säße der Erwerbslosenunterstüßzung, Zurüls ziehung der preußischen Verordnung über die Freilassung deu

gewerblichen Räume aus der V ohnung8zwangswirtschaft„

Verbot der Ueberstunden im Bergbau, Srwerbslosenunters Ens für ausgesperrte Arbeiter, iederherstellung des Acht- tundentages,

Zu der Denkschrift über das Arbeitsb ungss programm beantragt der Volkswirtschaftlichhe Ausschuß Ent- [Vlehuugen für eine stärkere und s{chnellere Durchführun ieses Programms, namentlich bei der Eisenbahn und Po und N Ohm nige usw. Die Demokraten LemmeLr und Genossen beantragen die Aufnahme des Oderbrücenbaues bei Garß in das Arbeitsprogramm. Die Deutschnationalen Menzel und Genossen beantragen die Berücksichtigung des selbständigen Handwerks und Gewerbes und der Reichs Ee ardnnlg bei der Durchführung des Arbeits= beshaffungsprogramms.

Abg. H o ch (Soz.) wirft zunächst in eingehenden Darlegungeæ einen Kuli Tue die Eniwiltne der Sozialpolitik seit bèn Zeiten des Fürsten Bismarck. Seine Partei habe damals von vornherein ein starkes Mißtrauen gegen die Bismarckshe Sozial- pat gehabt. Als der Kaiser die Arbeitershußgeseßgebung ein- ühren wollte, wagten die Unternehmer zunächst nicht zu wider- prehen. Später traf der damalige preußishe Handelsminister reiherr von Berlepsch auf heftigen Widerstand. Die bürgerlichen Parteien hätten die Regierung selbst bei zahmen Pape [Neu Maßnahmen im Stich gelassen. Es sei E daß” das Zentrum in diesen Fahren und auch nach der Revolution ih bemüht habe, einen Ausgleich zu finden. Die unverantwortliche Wirtschaft, daß keine Rücksiht auf das Wohl des arbeitenden Volkes genommen wurde, Ua sih im Kaiserreih immer mehr aus. Wer ernst für den Ärbeitershuß eintrat, mußte ver- shwinden, weil die Großunternehmer das nicht duldeten. zglid, der Revolution ist es den Seitee weteE zunächst mögli gewesen, die Fnteressen der Arbeiter wahrzunehmen. äter aber wagte si die Unternehmerschaft wieder hervor und arbeitete da- gegen. Wenn es sich darum handelte, die Fnteressen der Arbeiter wahrzunehmen, so war es stets die Sozialdemokratie, die es getan hat. Die Arbeiter brauchen niht nux politische, sondern auch wirtschaftlihe Freiheit. Ob der Sachlohn der Arbeiter in nennenswerter Weise erhöht worden ist, erscheint dur e gweifel- ie Die höheren Löhne werden den Arbeitern durch höhere

teten wieder abgezogen. Febßt sind große L ORBEE im Gange, weil die Unternehmer gar nicht daran denken, dem Drange der Arbeitershaft nah geregelten Arbeitsverhältnissen nachzus- geben. Das Ueberstundenunwesen ist zu besestigen, so lange noch

it hecrscht. Ob die Jeÿige wird, ist sehr die der Rechten, rte müssen bare Kämpfe er Linie dafür gesorgt werden, en und einen ausr 8minister muß ein urufe rechts: Wollen 8 kommt ni ndern auf - das Können an. Die Sozialdemo- ets mit allen Kräften (Lebhafter Beifa

in beträhtlihem Maße Arbeitslosi Rechtsregierung die Satt nen Ar m au Taten folgen. Sollen der Arbeiters erspart bleiben, so m _ der Arbeiter h seiner Arbeît hat. Der Arbeiter, niht geaen upten, daß er gegen die

win m B Gel m mit er zu können? Auf

rbeiter ist?)

rx einen ausrei

au He Joiry bei den Sozialdemo-

Arbeits\{huyz Davrauf werden die Beratungen abgebrochen.

Nächste Sißung: Sonnabend 1 Uhr. Gai Etat des Arbeits8ministeriums.

gegen 7 Uhr.

-türkischer

Prenßischer Landtag. 254. Sißung vom 25. Februar, mittags 12 Uhr, (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Ju einer Erklärung außerhalb dexr Tagesordnung weist

Abg. Hillge Lx - Spiegelberg (D. Nat.) die pr: A BeectnaiE A gestellten Behauptungen, ev ätte Erwerbslose aus Neustadt (Dosse) füx tunde beschäftigt, als in vollem U chlih habe er auf ausdrüdlihen iht otstandsarbeiten durhgeführt und den dabei beschäftigten Er- werbslosen, die ihre Erwerbslo cinen Stundenlohn von 20 Y Er habe auf diese Weise aus cigenex Tasche ü l Erleichterung der Lage der Neustädter Erwexrbskosen beigesteuert und die Löhne gezahlt, die die zuständigen Stellen von ihm ver- (Hört, hort! rechts und Zurufe links.)

Das Haus erledigt dann eine Reihe kleinex Vorlagen und stimmt dabei einer Entschließung des U, die das Staatsministerium ersucht, mit dem Reich in Ver-

ndlungen über eine Revision der Besoldungs- ordnung einzutreten und diese so zu beshleunigen, daß mit dex Verabschiedung des endgültigen ¿Finanzausgleichs ‘auch die Revision der Besoldungs8ordnung abgeschlossen ist.

Weiter fanden Anträge des Beamtenausschusses An- nahme, die das Staatsministerium ersuchen, vor dem 1. April 1927 Maßnahmen zu treffen, durch welche Härten und Unstimmigkeiten des Volksscchullehrer- Diensteinkommensgeseßes mit rückwirkender Kraft vom 1. April 1926 beseitigt werden, den Grundsay dex S e ch - telung bei den Philologen endlih durchzuführen; lanmäßigen zu den außerplan- i den Provinzialschulkollegien durch Stellenumwandlung noch durch den Ha"shalt für 1927 Das Staatsministerium wird ferner ersucht, mit der Reichsregierung s{leunigst in Verhandlungen einzu- gleichzeitig mit der neuen Besoldungsreform auch orm der Ruhegehalts- und Hinterx- bliebenenfürsorge-Geseße in Kraft tritt.

n der dann fortgeseßten allgemeinen Besprechung zux ( Landwirtschaftsetats

stern von dem

10 Pfennige die nge unwahr zurück. unsch dex Reichsbehörden

en-Unterstüßung vo

außerdem no Pfennigen

Hauptausschusses

die vorhandenen

8 große Mißverhältnis der mäßigen Bürobeamten

zu beseitigen.

treten, da

Beratung

Abg. Möricke (Komm.) den Landwirtschastsministex Steiger als Generalsekretär des Reichslandbundes. die Rationalisierun Staate würden auch die Landarbeiter {wer / die stärkere maschinelle Ausgestaltung der Landwirts viele Landarbeitskräfte entbehrlih und das erwerbslose Land- arbeiterproletariat noch vermehrt. ) ders für die Jnteressen der kleinen und mittleren Bauern ein. Landwirtshaftskammer von | langeuden Klein- und Mittelbauern mit, daß fie ihnen nichts eben könne, weil sie nux 1,4 Million bekommen habe. ört! bei den Kommunisten.) Die Roggen-Rentenbank, iun deren Aufsichtsrat Landbündler und preußishe Regierungsvertreter jäßen, verlange 35 Prozent Zinsen. n diesen Wucher getan. öllig leere Regierungsbank Ostpreußen solle nur besiede

(Sehr wahr! bei den

im fkapitaliftishen etroffen, denn dur aft würden

Kommunisten.)

Der Rednex seßt sih beson-

Ostpreußen teile kreditver-

Die Regierung habe nichts (Abg. Bartels [Komm.}, auf die eigend: „Die Anklagebank ist leer!“) werden, damit die dortigen Groß- grundbesizer, denen wegen der Hungerlöhne die Landarbeiter entflohen seien, wieder in den Söhnen und Töchtern der Siedler bodenständige Landarbeiter Shalb müßte vor der Ansiedlung in (Sehr wahr! bei den Kommunisten. fei auch die Not der Flüchtlingssiedler, - die sich bei den i ten darüber beklagt hätten, daß sie Zeit Tausende an Zinsen bei den Landgesell weil sie bewuchert würden. tishe Anträge zugu ührten Bauernor urchgreifen der

bekämen, die sie dann aussaugen

warnt werden.

Der Redner nsten der Fischer, greift die demokratish t endlihes energisches usbeutung derx Land- kleinen Pächter,

und Kapita ommunisten.)

Abg. Mein ck e (Dem.) hebt hervor, daß die nüchtern-sachliche Betrachtungsweise seines Fraktionsfreundes ‘Heesh immex mehr Anklang finde und dartue, daß leßten Endes Verbraucher und Bauern gleiche Fnteressen zu vertreten hätten. Ex wolle nun die en Hindernisse dartun, die einèr Föcderung ünden. Gott sei Dank ma auernbewegun

egründet n

anisationen an, verla egierung gegen die

arbeiter und erklärt, die Klein-, Mittelbauern, Siedler und Landarbeiter müßten sich mit den meinsamem Kampfe Jammenshließen.

rechtlichen und politis der bäuerlihen Produ ih immer stärker die fortschritiliche * en Rückschritt und dem Landbund eine Absage erteile. ritts aber machten, wie der Fall Keudell beweise, 2, um in die Regierung zu kommen. i hätten 1925 die politisch Rechts wiegen, als immer stärkere Zölle auf die landw elegt worden seien. Notwendig fei auch eforderte Einführung einer Ein- Weiter sei die Viehzucht, in Schlesien, zu weil die Pächter einen t darstellten.

tion im Wege f

treter des Rück wesen der weib alle möglichen Reichswirtschafstsrat

edarfsartifel lls vom Breslauer Bauerntag eitésteuer für die Landwirts in den Gebirgsgegenden, z. B. ahts{chuy sei auszubauen andteil der Landwirtscha iejenigen Pächter, deren Familienmitglieder Pacht zahlen könnten, weil och für das Land bezah ie Demokraten würden weiter dafür in die Landwirtschaftskammern andere, Abg. Kauf- Herr Kaufhold, Sie werden Jhren Berliner Im Osten werde hen Schulwesens fast gar nichts en dex s{lechten Wegever- l Auch ‘in Pommern sagten die zwar Beiträge zur Landwirtschaftskammer zahlten, r Organisation hörten, n Fortbildungs\{hule "1 atsbürgerlihe Unter- müsse, Meliorationen und Kultivierungen

namentlich au

wesentlichen Best assung, daß d i teten, mehr

beiteten. Die Pacht w bei den Demokraten.) sorgen müs fortshrittli hold [D. Nat.]}; So sich von der La Hausbesiß zurückziehen müssen.

sür die Ausgestaltung des ländli getan, hon weil dort die Lehre hältnisse gar niht vorwärts kämen. Bauern, daß ste im übrigen abe wendig sei die Ernführung de auf dem Lande, wo be richt gefördert werden

ie billiger ar- t. (Sehr wahr!

siehst du aus!) ndwirtshaft immer mehr auf

(Heiterkeit.)

r nicht8 von diese r obligatorische sonders auch der ta

seien in vielen Fällen wirtshaftliher als übertriebene Kanal- rojekie Sicdlung, Wegebau und Absaß gehörten zusammen. Sied- ungen müßten, wie Dr. Schiftan ganz richtig ausgefü rt habe, auch mit Hilfe des Privatkapitals aufgeführt werden. Vielleicht wäre es sogar richtig, diese Fe der allgemeinen Landesverwaltung zu übertragen. Die Bedeutung der Kreistage sei heute shon ganz anders als früher und werde noch ganz anders als jeßt werden, wenn Landarbeiter und Bauern erst sehen würden, daß sie auf dem Wege über den Kreistag ihre Land- wünsche durhseßen könnten. Für die Si erung der Rentabilität der Ir di sei eine vernünftige Zollpolitik notwendig, keine übertriebene und nur dem Großgrundbesiß zugute kommende Schutzzollpolitik. Bei Besprehung der Landarbeiterfragen ver- langt der Redner, daß die Ministertalreferenten, die die Wiederein- ührung der Gesindeordnung verlangt und gar kein Herz für die andarbeiter gezeigt hätten, zurehtgewiesen würden. Die Demo- kraten unterstüßten die Forderung der Breslauer Bauernversamms- lung auf gleihberehtigte Behandlung der Anliegersiedler im Osten (andauernde Zurufe des Abg. Kaufhold [D. Nat.}). Jn der Versammlung der 2000 Bauern in Breslau war leider Herr Kauf- hold nicht vertreten, sonst hätten wir einige Fragen an ihn ge- rihtet. Fn Breslau sei auch Rei 8StagSpräsident Löbe für diese Forderung eingetreten. Unter dem Beifall großer Teile des Hauses gibt der Redner dabei der Hossnung Ausdruck, daß der Reihstags- präsident . Löbe von seiner shweren Erkrankung bald wiederher- gestellt sein werde. Sehr bedauerlich sei, daß die aus Polen ver- drängten Flü R ler noch immer niht angesiedelt seien. Im Kreise Obersdorf habe man dafür einem Großgrundbesitzer große Länderstrecken gegeben und ihm, in der Repub it, im Amts- latt noh feierlih den Titel „Rittergutsbesißer“ verliehen. Jm einzelnen wünscht der Rednex noch Errichtung eines Dauer- renteninstituts für Landtwoirtschaft.

Landwirtschaftsminister Dr. Steiger nimmt das Wort zu einer Entgegnung, die im Wortlaut mitgeteilt werden wird.

…_ Abg. Flögel (D. Hannov.) meint, die Steuerquellen wÜürden= in diesem Jahre s{lechter fließen, und der Minister werde dahex wegen seiner Siedlungswünsche auf den Anleiheweg verwiesen werden müssen. Siedlungen vom Hofe müßten be- sonders betrieben werden. Die ganze Debatte über den Land- wirtschafts8etat habe gezeigt daß die Landwirtschaft das Spiegel- bild der ganzen deutschen Wirt haft sei. Das Wort: „Hat der Bauer Geld, hat's die ganze Welt!“ habe N als absolut richtig herausgestellt. Dex Bauer habe eben fein Geld. Wenn das, wa3 im Landtag von ‘den verschiedenen Rednern gewünscht worden ei, auch nux halb zur Ausführung käme, könnte die Landwirt- ast e sein. Natürlich müsse sie auch selbst für ihre

iedergesundung arbeiten. Ju den ländlihen Fortbildungs- [Pen müsse wieder ein positiver Religionsgunterricht erteilt iverden.

Abg. Bacgzew ski (Pole) bezeihnet es als auffallend, daß jeßt Reih und Preußen geräde im Osten siedeln wollten, der eine so große He Bevölkerung habe. Angehörige polnischer Minderheiten seien bei der Siedlung im Osten nicht berücksihtigt worden. Der Minister habe ihm mitgeteilt, daß keine polnishen Siedlungsbewerber vorhanden geweien seien. Die Deutschen würden in Polen besser behandelt als die Polen in Deutschland. (Gelächter u Das komme von der polnishen Gutmütigkeit. (Erneutes Gelächter.)

Abg. Witti ch (Soz.) weist die Angriffe dex Rechten gegen den preußishen Finanzminister als unberechtigt zurück. Zu „den Steuern trage die Landwirtshaft nur wenig bei. Die Preise, die die Landwirtschaft erzielte, seien durhaus nicht als s{lecht zu bezeihnen. Die olt Landwirtschaft dürfe niht immer nux an sih denken. Die Landwirtschaftskammern arbeiteten mit zu vielem Beamtenpersonal. Die Präsidenten der Kammern er- hielten vielfah noch erheblihe Nebenbezüge, und die Gehälter der Geschäftsführer seien teilweise viel zu o. Die Reite wolle die kleinen Landwirte vor ihren Wagen spannen. Der Aufbau dex Man müsse im Rahmen der gesamten Wirtschaft exfolgen. Bedauerlich sei, daß das Zentrum einen Antrag auf Herabseßung des Kontingents dexr Gefrierfleischeinfuhr gestellt abe. Dieser Anirag sei rein tehnisch schon nicht durchführbar. Notwendig sei die Umstellung der Landwirtschaft. Redner fordert Vermehrung der Anbaufläche und Siedlung nah individuellen Gesichtspunkten. Dex kleine Landwirt müsse verhältnismäßig viel mehr Steuern zahlen als dec große, dem auch seine Buch= führung zu Hilse komme, die der kleine niht habe. Die Welt- Cu Rid en im nächsten Fahre bringe hoffentlih die europaische Zollunion, die die Zollmauern niederreiße. :

Abg. Diel (Zentr.) bespriht die Lage des deutschen Wein- baues und weist auf die schweren Krisen der leßten Fahre hin. In der zweiten Hälfte des iei enen Jahres habe sih die Lage etwas gebessert, als durch die Aufhebung der Weinsteuec und die Unterstübung der Propaganda der Verbrau deutscher Weine stieg, als die Vorräte aufgebrauht waren und das leßte Fahr eine geringe Ernte brachte. Die Not sei aber keineswegs behoben; den BVorteil habe in der Haupte Handek und Spekulation ge= habt. Ausreichende Schußzölle Bien notwendig. Die Reichs- regierung dürfe ihre Trümpfe niht aus der Hand geben. Frank- reich versuchte bereits bei dem sun die günstigsten Be- dingungen zu exhalten für die ai hen Rotweine. Die Praxis, wie sie der frühere Reihsfinanzminister Reinhold geübt habe mit seinem Entgegenkommen egen Frankrei, dürfe nicht fortgeseßt werden. Ferner müsse für die Hebung des Konsums gesorgt werden. Leider bestehe die Gemeindegetränkesteuer noth. Da der Finanzausgleih doch geändert werde, müsse auch diese Steuer En werden. Sie müsse von Reichs wegen aufgehoben werden: den Einzelländern könn- ja die Einführung mögli emacht werden, wenn auch die gänzlihe Beseitigung mei gte d ei. Die

uckersteuer sei zu ermäßigen. Die Bravagun a für deutsche Weine müsse weiter vom Staate unterstüßt werden. Schließlih v die Produktion zu heben. Hierbei sei von besonderer Be-

utung die Ausgestaltung der preußischen Domänen zu Muster» betrieben. Hoffentlich seten dem Ministerium weitere Erwer- bungen möglih. Jn der Reblausbekämpfung müßten z. B. für die untere A Nachweisungen gefordert werden über die Ver- mehrung der Reblaus und über die Kosten der Schädigung einer- seits und der Entschädigung dez Winzer anderseits. Der Ministex möge auf seinem Wege fortschreiten, damit auch für den deutschen Weinbau eine bessere Zeit komme Abg. Hen Deuts ch (D. Nat.) bespricht das Fortbildungs- eiblihen Jugend auf dem Lande. , Es müßten noch mehr Fortbildungsshulen geschaffen werden; die Deutschnatio- nalen lehnten aber die obligatorische D OeN ule ab. Der Staat müsse zwei Drittel der Kosten dex Fort ildungsshulen übernehmen. Die Lehrerinnen der landwirtschaftlihen Haus- Aan müßten auch in Preußen eine Si E ihrer Zukunft erfahren. Einheitlich zu regeln sei au die Urlaubsfrage sür das landwirtshaftlihe Lehramt. Die unier großen Ln entstandenen Schulen gien jorautend unterstüßt werden. Das gesamte landwirtschastlihe Unterrichtswesen auf dem Lande müsse dieselbe Förderung elen wie das städtische Fortbildungs- und Werkschulwesen. Die kinderreihen Familien müßten unter- stüßt werden. Das Land sei die Quelle alles Segens! ___ Abg. Graf gu Stolberg (D. Vp.) geht auf die Aus- Irunan des Ne eLIn e Baczewski ein, die er als ungeheuer- ich ReFe Res, Was sage der Abgeordnete Baczewski dazu, daß die Polen 40 000 mittlerer und kleinerer deutscher Landwirte von Haus und Hof vertrieben haben? Die polnische Liquidations- lommission habe den deutshen Abgeordneten im Sejm schriftli geantwortet, daß eine Ansiedlung von Deutschen, auh wenn sie polnische Staatsbürger wären, gegen den Sinn des polnischen Siedlungsgeseßes verstoße. Der Redner sprach dann über die Zollpolitik, Ein Butterzoll e nötig; das ergebe sich schon daraus, daß die Großeinkaufsge{ellsc aften immex noch mehr N Butter einkaufen. Das geschehe nicht, weil diese Butter besser als dentsche Ware sei, sondern weil sie billiger sei, Gegenüber dem sozialdemokratishen Antrag ant Aufhebung des Roggenzolles wveist dex Redner auf die Auslassung des „Berliner Tageblatts“

hin, ivo gesagt wird, daß eine Aufhebung des Roggenzolles “uit pom Buen der deutschen Konsumenten, sondern nur zum Nutzen ausländishen Spekulanten auss{hlagen werde. Von

Werten, die der deutshen Landwirtschaft verloren gingen oder erhalten blieben, bingen au die Löhne der Arbeiter ab. Deutschland könne im stärksten ahe du einer erfor ting kommen, wenn die Landwirtschaft geshüßt und auf der Höhe der Produktion gehalten werde. (Zurufe links.) Die Zölle für die O rodukte wie Eier, Butter usw. seien noch nicht ausreichend. T edner spriht dann über die Steuerbelastung der Landwirtschaft, besonders wendet er sih gegen die ungeheuer gestiegenen Ge- meindeabgaben, Die Lage des Landarbeiters sei nicht {lechter als die des kleinen, unter {werer Steuerlast arbeitenden Land wirts. Das landwirtschastlihe Schulwesen müsse noch stärker ausgestaltet werden. a a fordert der Redner die cer stellung der landwirtschaftlihen Lehrer und Lehrerinnen. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.)

Abg. C Lr (Komm.) verliest ein vertrauliches Rundschreiben des Reichslandbundes, in dem um Le nag von Mitteln gebeten wird, damit der Landbund nicht „au Mangel an Mitteln seine Tätigkei einstellen müsse“, Daraus ergebe si, daß viele Klein- und Mittelbauecn aus dem Land- bund ausgetreten scien, well sie dessen falshe Zollpolitik nicht mitmachen wollten. Der Landarbeiier leidet noch heute untex dem mittelalterlihen Me, Fm Paradies des Grafen zu Stolberg in Östpreußen Ge ein Landarbeiter ¡jährlih ein Deputat im Werte von 7,19 Mark und dazu no einen Barlohn von jährlich 125 Mark. (Lebhaftes Hört, hört! bei den Kommunisten.) Aus dem Arbeitslojenversiherungsgesesg, das jeßt im Reichstag verhandelt werde, seien die Landardeitec Can lossen, weil die Kapitalisten ein Fnteresse daran hätten, die Arbeiter zu Palten, um sie so besser zu unterjohen. Die Kommunisten verlangten Einbeziehung der Landarbeiter in die Erwerbslosenfürsorge und forderten weiter Maßnahmen zun Schuße der Landarbeiterx gegen die noch immer zahlreich, tiroßdent die Gesindeordnung aufgehoben sei, vorkommenden Mißhandlun=- gen. Der Redner zählt dafür unter Namensnennung eine Reihe von Einzelbeispielen auf, in denen n. a. auh' von der Mißhandlung shwwangerer Landarbeiterinnen durh Gutsinspektoren und Guts=- dens die Rede ist. (Zurufe bei den Kommunisten.) Der deutshnationale Landtagsabgeordnete Boës habe kurzerhand einen Landarbeiter, der berehtigterweise die Bezahlung von Ueber- stunden verlangte, entlassen. Fn Abwesenheit des Mannes habe dieser scgenannte Volksvertreter die Frau des Entlassenen, die erst drei Wochen vorher entbunden hätte, und ihre vier Kinder durch den Gerichtsvol ever und den Polizisten aus der Wohnung herausfeyen lassen, (Lebhastes Hört, hört! links; Rufe bei den Kommunisten: Und dieser Lump sißt im Landtag! Ordnungs- ruf.) Herr Boës soll ein fleißiger Kirchenbesucher sein. (Rufe bei den er A9 Der Lümmel muß doch Ablaß für jeine Sünden erhalten!) Dann müsse er doch das Wort kennen, daß jeder Arbeiter seines Lohnes wert sei. Zum Schluß verlangt deë Redner u. a. Beseitigung der Landarbeitsordnunag.

_ Ein Antrag Jürgensen (Soz.) auf Schluß dex allge- meinen Tue rane wird bei dem nur sehr shwah beseßten Hause mit den Stimmen der Sozialdemokraten und einiger Zentrumsabgeordneter angenommeir, obwohl noch fünf Redner vorgemertt waren.

Nach 5% Uhr vertagt sich das Haus auf Sonnabens 10 Uhr. Kleine Vorlagen und Einzelberatung des Landtvirk- schaftsetats,

Parlamentarische Nachrichten.

Der Haushalt8ausschuß des Reihstags bégang am 24. d. M. unter dem Vorsiv des Abg. Heimann (Soz.) bei der Fortseßung der Beratung des Heeresetais 1927 zunächst die Besprehung des Haus8halis der Marine. Berithterstatter Abg. Stücdlen (Soz.) gab, dem Nachrihtenbüro des Vereins - deutscher Zeitungsverleger zufolge, eine Uebersicht über die Mehr- anforderungen gegen das Vorjahr in Höhe von 25 Millionen Mark, die in der Hauptsache auf die notwendigen Erneuecungs- bauten usw. entfallen. Wie hoch im Beharrungszustand diejer Etat anwachsen werde, sei heute noch niht zu übersehen. Daß die uodern eingerihtetien Schiffe teure Baukosten verursachten, sei verständlih. Er habe sich zum Beispiel über die Unterkunss für die Mannschafsien auf der „Emden“ reht gefreut. Ob wir aber in dem Tempo fortfahren könnten, sei doch zu überlegen. Bedenklih sei, daß ein Teil der ersten Anschläge doh viel zu niedrig angeseßt worden wäre und nun jehr star? erhöht werdem müßte. Da habe die Kalkulation doch schwer versagt. Redner bezeichnete einige neugeforderte Stellen als entbehclih, zum Bei- spiel seien doch zwei Ministerialdirektoren für die fleine Marine nicht nötig, wo in der Reihswehr sogar der eine Staatssekretär abgelehnt jei. Wozu bedürfe die Marine 253 Pferde? Fw der Marine würden Nationalvereine im Gegensaß zu den Gewerk-

* schaften gegründet, die anscheinend von der Marineverwaliung

gefördert würden. Der Verdacht antirepublikanischer Bestrebungen müsse zerstreut werden. Abg. Ersing (Zentr.) bemerkte, ein Vergleih mit dem Etat von 1914 sei niht zulässig. Die scha Kritik an der Gesamthöhe der Ausgaben sei bei genauer Na prüsung nicht berechtigt, wenn man au die Höhe mit Sorge betrachten möge. Die Frage sei doch: Jst die jeßige Organisatior der Marine rihtig? Ein Urteil maße er sich mcht an. Bedenk- lich stimme ihn die überaus große Zahl der Störungen der Maschinen der diensttuenden Schiffe. Sei es nicht rationeller, solche überalterten Schiffe lieber außer Dienst zu siellen, stati sie immer wieder instand zu seven? Die Pferde, die Herr Sälen jeßt bemängele, habe er seinerzeit mitbewilliat. Bekanntlich joliten sie in der Hauptsache mit zu den Zwecken des Küstenschußes dienen. Was die Zahl der hohen Offiziere anbelange, so seien überflüssige Stellen natuürlich nicht zu bewilligen. Aber eine Verbindung mit der Reich38wehr müsse aufrechterhalten werden. Der amtenapparat im Ministerium ersheine ihm zu hoc. Verwaltung müsse möglihst knapp gehalten werden,

den Soldaten komme es ihm auf eimnige Köpfe nicht Reich8wehrminister Dr. Geßlerx teilt mit, was er bezügli der angeblihen Vorkommnisse bei der Marinestation in Kiel 1923 und 1924 getan habe. Man habe zwar durch die Polizei eine Un? suchung eingeleitet, die über das preußische Ministerium des Jnnern bis an den Oberreih8anwalt gelangt sei. Das ReihEwehrminif

a Dp 5%

rium habe man aber nit unterrichtet und ihm auch troy wi holter Bitten die Einsicht in die Akten nicht gestattet. Die beteiligt

Marineangehörigen bestritten die Beshuldigungen; es müsse allo das Resultat der Untersuhung abgewartet werden. Verboten hade dexr Minister ferner, der Schaffung von gelben Organisationen irgendeine positive Förderung zuteil werden zu lassen; im übcigen könne ex sih in die Verhältnisse der Arbeiterverbände nicht einmischen. Mit zur Beratung gestellt wurden die beiden schon veröffentse lihten Entschließungen der Demokraten zum MWMilizsystem und egen das Monopol der Waffen- und Munitionsfabriken, die vom lbg. Freiherrn v. Richthofen (Dem.) eingebraht wurden. Abg. Egger stedt (Soz.) behauptete, daß Leute, die sich Atten- tate hâtten zushulden kommen lassen, noch von dexr Marine be- schäftigt würden. Das trage sicherlih nt zur Hebung des Ver- trauens zur Marine bei. Ebenso habe der Boykott des Gewerk- shaftshauses böses Blut gemacht. Redner fragte, ob der Reèch® wehrminister dergleichen billige. Der Marineetat bedeute sicderltck eine hohe Belastung des Gesamtetats, zumal ex jährli weiter steige. Der Rednex stellte Vergleiche mit den Vorkrèicgsiahren Uber gewisse Kosten an. Eine Flotte, die die Heimat sehüten solle, brauche doch nit ausgedehnte Auslanddreisenz genügt, wenn ein Kreuzer auf Reisen gehe. Das Verrrauen in Vote werde fich stärken, wenn es die Zuversicht gewinne, dak unsère Wehrmacht auch die Republik verteidigen werde. Ads. Cre s d -