1904 / 254 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Oct 1904 18:00:01 GMT) scan diff

tem Erkenntnis des preußishen Gerichtshofs in Saarbrücken | Erkenntnis mi beziehen; ih fann Ihnen leider niht ersparen, diese | mundung der Arbeiter." Meine Herren, dieser Teil der Anklage ;

ausgesprohen ist. Die Einzelheiten, auf die der Herr Vor- | Stellen zu verlesen. Erledigung gefunden in dem Resumé, von dem ih Ihnen den eri, redner eingegangen ist, kann ich in der Tat nit alle persönlich Es heißt hier zunähst ih lese nur die prägnanten Stellen | Teil bereits verlesen habe. Jh habe aber noch hinzuzufügen, d, beantworten; ih werde das den rehtsgewandten Mitgliedern | in dem Urteil im Prozeß Lebnen vom 31. Oktober : dieses Nesumé an der Stelle, wo es heißt: „Daß bei rund 45 meines Ressorts überlassen müssen, soweit es sch im Einzelfall noch als nôtig erweist. Jch darf mi hier nur auf einige allgemeine Be- merkungen beschränken. Das ist das erste Resumé; dann folgen gleihgültige Dinge, und | einzelte Fälle in Betracht kämen, daß von dem Nachweis i,

Der Herr Vorredner hat ganz richtig ausgeführt, daß der Prozeß | es heißt dann weiter in den Gründen : Systems der Entrechtung, Vergewaltigung und Bevormundung yfy Wi D 5 4. Kraemer, um den es sich bier handelt, und an den sich die Inter- Es läßt sich zwar nit verkennen, daß bei einer Reihe dieser | keine Rede sein könne“ fortfährt mit den Worten: e/1-. Vorkommnisse verschiedene Obersteiger, Steiger und andere nicht und gerade in der Betonung eines bei der Bergverwaltung kz : ; ; s ; L ; j „höhere“ Beamte (z. B. der S{hlafhausmeister Bremer) ihnen stehenden Systems einer folchen Behandlung der Arbeiter liegt J (Sé&luß aus der Ersten Beilage.) | Zeuge : i Meine Herren, „Kont li Me cet n N s unterstellten Bergleuten wegen ihrer mutmaßlihen Haltung bei der Schwere der inkriminierten Vorwürfe. : i Mein: Privilegium aus E: p gela pat Z E abu Wahl ungebörige Vorhaltungen, bisweilen auch gehässige Be- Auf eine Erörterung und Würdigung der Aussagen der weit Nun noch einen ganz kurzen Schlußsaß am Sthlufse dieses Er- | Dann fragt Rechtsanwalt Lanser : billigen Preise, was allein eine staatliche Aufwendunz, eins

Zweite Beilage

A ies 2 dn ad ieine aki | B n 1 2 n Se “J zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Siaalsanzeiger. s

Berlin, Donnerstag, den 27. Oktober

pellation knüpft, nur eine Fortseßung is von zwei anderen Prozessen, die im vorigen Jahre in Saarbrücken verhandelt wordên find, im Oktober und im Dezember, und die hier den Anlaß zu der Inter- pellation gegeben haben, die im Februar d. I. hier stattgefunden hat.

é H . ; D Q ; 2 C* . L at fo en N ; Z Y r E f L E V Ç _ | n ; Tag dagewesen, der, als der Wakbl- | von nit weniger als 563 839 4 im Jahre erfordert. Dazu komm Wenn in dem Geritsverfahren zahlreihe Angriffe auf den Herrn merkungen gemaht und vereinzelt f: vielleiht in mißbräuchlicher noch zu der ersten Gruppe von Vorwürfen vom Angeklagten yy Fes bezügli der Strafbemefsung: Ist nicht ein Herr den ganzen Lag 9ag! : E 3 : 6 E R a: vit’ ben Aus Intervellanten gefallen sind, so sind sie meines Grcbitent zum großen Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse Verlegungen oder Lohn- mittelbar geladenen Zeugen und der diesbezüglichen Gegenzeugz feantnif bezügli E E fung aft ges{lofsen war, gesagt hat, hier ift alles in Ordnung gewesen, | die Hausbauprämien, von denen ich {hon |pr ch; mit den Ausgaben

: Straf: wurde als strafvershärfend berüd- fürzungen vorgenommen haben. Und aus der Ausfage des Zeugen Bei der Strafausmefsung wurde a fver

Teil deshalb gefallen, weil der Herr Interpellant damals nit im i : y D S Wilding gewinnt es sogar den Anschein, als ‘ob bei den

Besitz des authentishen Materials über die Verhandlungen war und sihlediglih an Zeitungsberichte gehalten hat. Ich habe aus diesem Grunde die Beantwortung der Interpellation im Juni dieses Jahres, als sie hier gestellt war, abgelehnt mit der Begründung, ih müsse die authen- tishe Niederschrift des stenographishen Berichts und des Erkenntnifses abwarten. Meine Herren, beides liegt jeßt in authentisher Form vor, und ih werde demnächst ein Exemplar ‘der stenographishen Aufs- zeihnung, die durch mich veranlaßt worden ist, auf den Tisch des

einzugeben, erübrigt fi, wenn auch diese Zeugen nah den YV»z : e c L F - i x S der E ad Ebel 2s iy d sihtigk, van Me R, A E A

Beamten der genannten Klasse ein gemeinsames, auf ausdrüdck- die in ihre Wissenschaft gestellten Tatsachen find, wie oben ber: geichenen A T L iluatertenheik, licher oder ftillshweigender Uebereinkunft berubendes Bestreben auêgeführt, vom Gericht grundsäßlich als unerheblich eradtz der großen E T und Haß gegen ihre Vorgeseßten zu er- bestanden babe, die Arbeiter ihres Dienstbereihes wegen ihrer worden. Und auch dieser Teil der Beweisaufnahme hat nig E, G bi bal der Grubenbetrieb, das Wohl der zentrumsfreundlihen Haltung im geheimen unter dem Deckmantel ergeben, was zu einer Aenderung dieser grundsäßlihen Auffafyr uge En E Cf r die öffentliche Sicherheit gefährdet war. dienstliher Anotdnung zu schädigen. Für die Feststellung jedo, hâtte führen können. M Arbeiter selbst und ]oga |

daß dieses Vorgehen auf eine Weisung oder ein Einverständnis Der zweite Teil der Vorwürfe, die von dem Angeklagten in de ihrer höheren Vorgejeßten zurückzuführen ist, worauf es nah | Flugblättern erhoben worden find, ist zusammengefaßt unter dz Hauses niederlegen, um dort zur Verfügung der Mitglieder zu stehen. dem Inhalt des Artikels allein ankommen fann, hat die münd- Gruppe: „Systematishe Ausbeutung der Bergarbeiter zu Gunsten de Der Herr Vorredner hat in Frage gestellt, ob der stenographishe liche Verhandlung greifbare Anhaltspunkte nicht ergeben. 4 Fiskus durch Zahlung bon Hungerlöhnen und Vernachläfsigung de Bericht, den er seinen beutigen Bemerkungen zu Grunde gelegt hat, Hier geht der Gerichtshof noch sehr scharf ins Geriht mit einer | Fürsorge für ihre Sicherheit und Gesundheit.“ Meine Herren der seitens der sozialdemokratishen Partei angefertigt ist, authentisch Reibe von unteren Beamten: im Erkenntnis vom 23. Dezember heißt | bezüglih dieser Klagen kann ih mich kurz fassen; ih brauche bier ry sei. Ich bin nicht in der Lage gewesen, eine Kontrolle dieserhalb ein- die betreffende Stelle:

für die Shulen werden insgesamt etwa Î Millionen im Jahre für derartige Woblfahrtseinrihtungen aufgewendet.

Dann möchte ih noh auf eins zu guterlegt hinweisen, auf eine Einrichtung, die au althergebraŸht ist und die dafür spricht, ein wie enges persönliches Verhältnis zwishen Beamten und Arbeitern besteht, und die zeigt, daß, wenn auch dur politische Streitigkeiten ftellen-

ih kann meinem Chef nihts berihten ? Darauf fagt der Zeuge: Ja.

Darauf wird gefragt:

Wer ift denn Ihr Chef? und darauf wird geantwortet :

Der Herr Kaplan Dasbach! E af u : (Große Heiterkeit.) Sie seben, meine Herren, gewisse komische | weise heftige Differenzen zwischen Arbeitern und Beamten vorkommen, Episoden sind hier au vorgekommen. (Heiterkeit) im allgemeinen doch das Verbältnis ein im besten Sinne patriarda-

Meine Herren, ih möchte meine Bemerkungen noch mit der Bitte lisches ist: die Leute wohnen überall auf dem Lande; bie eri \{ließen, die sharfen Gegensäte im Saarrevier nah Tunlichkeit ih ennen ihre Leute zum großen Teil E ift ine Ns E E nit weiter entwideln zu lassen. Ih hoffe, daß bei beiderseitigem | Arbeiterbevölkerung, wie das in vielen anderen Arbetiterbeztrten

Mildernde Umstände konnten ibm daher nit zugebilligt werden, und dies umsoweniger, als er dur die ihm bekannten Urteile in den Lbnenprozefsen gewarnt war. Andererseits war dem Angeklagten feine bisherige Straflosigkeit sowie der Umstand zugute zu halten, daß er niht der eigenilihe Verfasser der Flugblätter war, sondern eine

E S c E AUEO daß Scärfen ve versönlihes Verbältnis Egebì ieses persönliche Ver weise nicht ganz übershaut haben mag. Hiernah erschien wegen | Kampfes dieser in Zukunft so geführt werden kann, daß Schärfen ver- | persönliches Verbältnis herausgebildet, und dieses persönliche BVer-

C

treten zu laffen. Mir ist aber berihtet worden, daß der Bericht im Nichtsdestoweniger wird in Zweifels8-

wesentlihen zutreffend sei. fällen wohl auf das hier von mir zu deponierende Eremplar zurück- gegriffen werden müssen. Meine Herren, die Verhandlungen, die hier im Februar d. I. stattgefunden haben, haben im Saarrevier, wie nicht añders zu er- warten war, großes Aufsehen erregt und große Aufregungen ge- zeitigt, und so sind die Verhandlungen, und vor allen Dingen auch die Aeußerungen des Herrn Abg. Marx wohl mit eine Ursache ge- wesen für den Versuh des sozialdemokratisen früheren Bergmanns Kraemer, durch Flugblätter, in denen er teil- weise den Wortlaut der Verhandlungen dieses Hauses mit anführt, für seine Partei und für seinen Gewerkverein Propaganda zu maten. Diese Flugblätter sind die Ursache der erhobenen Anklage gewesen, und fo stellt ch die Gerichtsverhandlung über den Prozeß Kraemer sowohl, als die heutige Verhandlung lediglih als éine Fortsetzung der Verhandlungen im ersten Teil der Session bier da, Der Wortlaut des Erkenntnisses ist, wie ih vorhin hon gesagt babe, für mi allein maßgebend. Die Lektüre der Verhandlungen allein und darauf möchte ich auch den Abg. Marr besonders bins gewiesen haben gibt eben kein lebendiges Bild von dem wirklichen Vorgange der Gerichtsverhandlungen. Das ift eine alte Erfahrung, und so wird auch der Abg. Marx dadur, daß er ih lediglih auf die Lektüre der \tenographishen Niederschrift beschränkt hat, au manchmal verführt worden sein, die Gesamtbeurteilung des Ver- fahrens \chärfer für sich vorzunehmen, als es ter Richter getan hat, der den Gesamteindruck der mündlihen Verhandlung gehabt hat.

Meine Herren, die Fälle, die in dem Prozeß Kraemer verhandelt worden sind, sind zum großen Teil dieselben, die {on in dem früheren Prozesse Lehnen vorgekommen \ind. Der Gerichtshof hat ih freilih darauf beschränkt, nur diejenigen Angriffe, die in die Geschäftsführung8zeit des Herrn Geheimrats Hilger fallen, in Betracht zu ziehen: die Fälle, die vorher pasfiert sind, in den 90er Jahren, find daher von dem Gerichtshof niht berücksihtigt. Der Herr Vor- redner hat aber auch diese Fälle wieder herangezogen.

Meine Herren, die enorm scharfen politischen Gegensäße, die im Saarrevier überhaupt herrschen, müfsen bei der Beurteilung der Gesamtfrage berücksihtigt werden. Jede derartige Gegensäßlichkeit verführt auf beiden Seiten zu einer gewissen Einseitigkeit. Das \spiegelt sih meines Erachtens auch klar in den Aussagen der ver- schiedenen Zeugen wider, die fich bäufig in der auffallendsten Weise widersvrehen. Obwohl die Vorgänge, über die die Zeugen ausfagen, zum Teil lange Jahre zurückliegen es sind Fälle vorgekommen, die i0 und 12 Jahre zurückliegen —, wollen sih die Zeugen teilweise noch ganz genau des Wortlautes der Aeußerungen entfinnen und sagen nach dieser Richtung in der positivsten Weise aus.

Meine Herren, jedermann, der Gerihtêverhandlungen häufig zu lesen gezwungen ist, weiß, wie s{chwer es ist, überhaupt aus Zeugenausfagen die Wahrheit zu ermitteln; aber um wieviel \{werer ist es, wenn sie ih auf Vorgänge beziehen, die so weit zurückliegen. Bei Erregung der Leidenschaften wird die Phantasie in erhebliher Weise angeregt. IH könnte eine Reihe von Fällen anführen, wo augenscheinlih ledig- lih die Phantasie die Zeugen zu Auéfagen vermocht hat, die nah ihrer Auffafsung richtig, tatsählih aber falsch find. So ist mir ein Fall in der Verhandlung aufgefallen, wo der Zeuge behauptete, er sei bei der Lohnauszahlung im Juni unmittelbar nach der Wahl în seinem Lohn geschädigt. Es ist aber sofort nahweisbar, daß es gar niht möglich gewesen ist, daß die Wakl irgend einen Einfluß auf die Lohnbemefsung hat ausüben können, weil der im Juni bezahlte Lohn hon im Mai verdient und festgestellt worden, im Juni nur die Abrechnung erfolgt ist. Ein anderer Fall! Ein Bergmann fühlt sch auch angeblih durh einen Beamten geschädigt und wirft sofort ein: das ist wohl wegen der Wahl für Fuchs geshehen. Darauf wird dem Mann nah- gewiesen, daß er überhaupt Bayer und in dem Wahlkreis, in dem Herr Fuchs gewählt ist, gar nicht wahlberechtigt gewesen ist. So sehen Sie, wie in vielen Einzelfällen die Phantasie die Leute zu Aus- sagen verführt, die an \sih vollständig unhaltbar sind.

Der Saarbrücker Gerichtshof ist übrigens bei dieser ganzen Frage in den verschiedenen gerihtlihen Verhandlungen nah meiner Auf- fassung fortshreitend ¿u einer milderen Auffassung in der Beurteilung der Beamtensck{aft von Saarbrücken gekommen und immer mehr zu der Auffassung, daß bei dem ganzen Vorgehen die Parteileidenschaft

Es läßt sch auch feine Feststellung treffen, daß Bergleute wegen ihrer bei der Wahl bekannt gewordenen zentrumsfreundlihen Gesinnung \sich Nachteile zugezogen hätten. Allerdings kann, wie bier besonders hervorgehoben werden foll, nicht verkannt werden, daß sih Bergleute in einigen Fällen durch Aeußerungen bon Beamten, welche sih auf die Wahl bezogen, wegen ihrer politischen Haltung be- einträhtigt oder in ihrem religiösen Empfinden gekränkt fühlen mobten. Nach dem Eindruck, den das Gericht von der Perfönlih- feit des Zeugen Schlafhausmeister Bremer in der“ mündlihen Ver- handlung gewonnen hat, {einen von seiten diefes Beamten solche Aeußerungen häufiger vorgekommen zu sein. Ob auch die von ihm vorgenommene Verlegung der 3 Bergleute nah der Stube Nr. 28 ihren Grund in einer chifkanösen, dienftlich niht zu rechtfertigenden Anordnung hat, konnte mit Rücksiht auf den Widerspruch seiner Aussagen mit denjenigen des Zeugen Gebhard nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Faßt man aber au alles zusammen, so kommen immerhin im Verhältnis zu der über 300720 Mann zäblenden kfatholishen Belegshaft nur so wenige und vereinzelte Fä[le in betrat, daß von dem Nachweis einer \systematischen Bedrückung (Zuruf im Zentrum: systematif{!)

niht die Nede sein kann.

Ih ebe hierin {on eine entschieden mildere Beurteilung der Be- amten. Dies seßt sih aber fort in dem neusten Erkenntnis vom 13. Juni. Da beißt die betreffende Stelle. Nach alledem gelangte das Geriht zu dem Ergebnis, daß die für erbeblich erahteten Punkte der Bewei8aufnahme nicht geeignet find, die in der ersten Gruppe zusammengestellten Vorwürfe oder einzelne derselben zu rechtfertigen. Wohl mögen, wie ohne weiteres zugegeben ist, in einzelnen Fällen (z. B. im Falle Ruffing, Obri, Huwig), ungehörige, auf die Wahl bezüglihe Bemerkungen von Steigern gefallen sein, die das Ehrgefühl von Untergebenen ver- leßen konnten. Es mag auch in dem einen oder anderen Falle ein Beamter noch in anderer Beziehung den ihm unterstellten Arbeitern gegenüber niht einwandfrei gehandelt haben. Jedenfalls kommen aber, selbst wenn man in manchen Punkten der Beweisaufnahme ein dem Angeklagten günstigeres Ergebnis feststellen wollte, als es oben angenommen ift, immerhin im Verhältnis zu der großen Belegschaft von rund 45 000 Mann und 1200 Beamten sowie bei dem zu berüdcksihtigenden Zeitraum von 3 Jahren ins- gefamt nur so vereinzelte Fälle in Betraht, daß von dem Nach- weise eines Systems der Entrechtung, Vergewaltigung, Bevor- mundung usw. niht die Rede sein kann.

Meine Herren, ih dárf hierbei zu der Verlesung aus dem Erkenntnis vom 23. Dezember, in dem ausdrücklich der Schlafhausmeister Bremer erwähnt ist, einshalten, daß ih in bezug auf diesen Beamten ein sehr sharfes Reskript erlassen habe und fofortige Entlaffung angedroht habe, wenn ähnlihe Fälle fich wiederholten. Das nur nebenbei.

Meine Herren, unter den Eindruck dieser Beurteilung des Gerichts- hofs muß ich mich nach wie vor stellen troß der Kritik des Herrn Vorredners. Der Herr Vorredner bat allerdings lobend für meine Verwaltung hervorgehoben, daß wir von dem Vorgehen, welches wir noch bei den ersten Prozessen, den Lebnen-Prozessen, nah alter Ges pflogenheit der preußischen Verwaltung eingehalten haben, Beamten in Verwaltungs\sahen Ausfagen vor Gericht niht zu gestatten, abge- gangen sind, daß wir mit diesem sonst feststehenden System in dem Prozeß Kraemer gänzlih gebrohen haben. Ich habe lediglich dem Gerichtshof freigestellt, zu entscheiden, welhe Bernehmungen er für erheblich hält, und allen Parteien anheimgegeben, bezüglihe Anträge bei mir zu stellen. Da der Verkehr mit mir zu weitläufig gewesen wäre, habe ih den Herrn Oberberghauptmann, der damals in Saarbrücken anwesend war, ausdrücklich bevollmächtigt, an meiner Stelle sofort und umgehend die Entscheidung zu treffen, und in jedem Falle ist die Entscheidung getroffen: Der Mann kann vernommen werden. Der Staatsanwalt hat in dem Prozesse das Bild gebraucht, daß die Verwaltung sh einer Röntgendurchstrahlung unterworfen bätte, und ich glaube, daß das auch zutreffend ist; wir haben nichts ver- heimliht. Das Ergebnis aber dieser Verhandlungen, meine Herren, ist das Erkenntnis vom 13. Juni, von dem ih Ihnen einen kleinen Teil bereits verlesen habe. Aus diesem Erkenntnis muß ich noch einige weitere Teile zur Verlesung bringen.

Zunächst hat der Herr Interpellant {hon ganz rihtig aus- geführt, daß der Gzrihtshof die Anklagen, die von dem Bergmann Krämer in den Flugblättern gegen die Bergverwaltung erboben

den kurzen Schluß des Resumés zu verlesen:

Nach dem Gesagten konnte das Gericht unbedenklich die Fes stellung treffen, daß die in der zweiten Gruppe zusammengefaßt ehrverleßzenden Behauptungen der Flugblätter unwahr find.

Dann fährt das Erkenntnis fort und da muß ih um Jhri Entschuldigung bitten, wenn ih etwas länger verlese, aber es ift zy allgemeinen Verständnis notwendig —:

Es bedarf nunmehr der Prüfung der Frage, ob und inwiewei der Angeklagte bei der Verbreitung der in den Flugblättern ent haltenen infriminierten Behauptungen in gutem Glauben gehandelt habe. Diese Frage hat das Gericht hinsihtlih der ersten Gruy von Vorwürfen bejaht, bezüglih der zweiten dagegen verneint Hierbei wurde von folgenden Erwägungen ausgegangen : Jedenfall hat der Angeklagte, wie bei dem Interesse, das die Bergbevölkerur des Saargebiets im allgemeinen und zweifellos auch der Angeklagis als abgelegter und damals um seine Wiederanlegung noch bemüht gewesener Bergmann den sog. Lehnen-Prozeffen entgegenbradtz; anzunehmen ift, die Ergebnisse dieser Prozesse genau ver folgt. Nun find in diesen Verhandlungen, welche au ir den Flugblättern berührt sind, Einzelheiten zur Erörterung gelangt, die der Darstellung des Angeklagten in Beziehung auf di Vorwürfe der systematishen Entrehiung, Vergewaltigung usw wobl eine gewisse Stütze bieten konnten. Zudem handelt es sd um Verhältnisse, die wegen ihres politishen Charakters nicht gerad leiht zu beurteilen waren, zumal ihre Besprehung, wie gerichts bekannt ist, in der Tagesprefse, in Broshüren und auch in den Verhandlungen des preußishen Abgeordnetenhauses sh nah mander Richtungen hin im Sinne der Flugblätter bewegte.

Wesentlich anders ist dagegen die Schuldfrage binsihtlih de ¡weiten Gruppe der Vorwürfe zu beurteilen. Als vor kurzem ab- gelegter Bergmann stand der Angeklagte zur Zeit der Veröffent- lihung der Flugblätter noch mitten im Leben der bergmännisen Bevölkerung des Saargebiets, der er 18 Jahre hindur angehört hatte. Wie unbedenklich anzunehmen ist, kannte er die in Betralh kommenden SVerbältnifse ganz genau: er wußte, daß der Lohn der Bergleute ein auskömmliher sei, und daß die Angaben der Flugblätter über die Wohnungs- und Ernährungsverhbältnifse der Wahrheit niht entsprähen. In dieser Auffassung konnte er auch durch die zifernmäßigen Angaben der Flugblätter nicht bes einflußt werden, da er auf Grund seiner langjährigen Erfahrung und tägliten Anschauung sich sagen mußte, daß die in die Flug- blätter aufgenommenen Zahlenreihen die Lohnverhältnisse, wie son oben bervorgehoben ift, wenn auch ziffermäßig richtig, so doch tat- \ächlich unvollständig, einseitig und in ihrem Ergebnis unrichtig be- [leuchteten. Um so frevelmütiger erweist sich danach die in dem ersten Flugblatt aufgestellte und vom Angeklagten verbreitete Behauptung, im Prozeß Lehnen hätten einige Pfarrer bekundet : „Brot, Kaffee und ungeshmälzte Kartoffeln seien die Nahrung der Bergleute“, eine Bekundung, “ie, wie bereits oben gesagt, in dieser Ver- allgemeinerung au von den Geistlihen weder in den Ver- handlungen gegen Lehnen noch in dem gegenwärtigen Projzefse gemacht worden ist. Weiterhin war dem Angeklagten als intelligenten Menschen ohne Zweifel auch bewußt, daß seitens der Grubenverwaltung das Mögliche zur Erhöhung der Sicherheit und zur Vermetdung von Unfällen getan wird. Ist er doc selbst nit in der Lage, au nur einen Fall anzuführen, in welhem von einer Verunglückung von Bergleuten durch Verschulden eines Beamten oder infolge mangelhafter Betriebsleitung gesprochen werden kann.

Unter Berücksichtigung aller dieser Gesichtspunkte gelangte das Geriht unbedenklih zu der Feststellung, daß der Angeklagte gewuß! hat, daß die in der zweiten Gruppe zusammengestellten ehrenrübrigenz Behauptungen wahrheitswidrig seien. Ferner muß die in dew zweiten Flugblatt mit besonderer Betonung hervorgehobene Bes merkung, die „hiesigen Zustände“ seien dazu angetan, auch weit über das Saargebiet hinaus „Entrüstung“ und „Empörung“ zu erregt?

als unbegründet gelten. Eine solhe Wirkung hervorzurufen erschein!

viel eher die Handlungsweise des Angeklagten geeignet, der die Lohn“,

Ernährungs-, Wohnungs- und Gesundheitsverhältnisse der Bergarbeil

bewußt wahrheitswidrig in ganz verallgemeinernder Weije a

{lecht und entseglih darstellt und die wider besseres Wissen aus

ein Verschulden der Bergbeamten zurückgeführt wird.

der ersten Tat eine Gefängnisstrafe von zwei Monaten usr. das hat der Herr Interpellant hon vorgetragen angemefsen. : | r wurde zu einer Gesamtstrafe von drei Monaten verurteilt.

Diese Schlußerwägung des Gerichtshofs, die icble Wirkung, die die Flugblätter und die verbhezenden Verhandlungen auf die große Bergarbeitershaft hatten, möchte ich auch hier hervorheben und dringend bitten, mit möglichster Nuhbe die weiteren Verhandlungen îattfinden zu laffen, um keinen Schaden in der großen Arbeiterschaft anzurihten. Ich leugne ebensowenig wie das Erkenntnis, daß einzelne Beamte und besonders Unterbeamte i in der Hitze des Gefehts besonders handelt es sich um Wahlaktionen, in denen die Leidens haften aufs äußerste erregt find zu unbedachtsamen Aeußerungen, ja zu Handlungen sich haben hinreißen Lafsen, die besser nit gefallen, befser niht gesheßen wären. Das habe ih bereits früber bei Einzelfällen, die hier verhandelt worden sind, anerkannt,

tas erkenne ich auch beute wieder an. Aber ih sage mit dem |

GerihtShof: was will es heißen, wenn man bei leidenschaftlihem Suden mit einer Armee von Gegnern der Bergverwaltung nicht mebr anbängen konnte, als es gesheben ift! Das rechtfertigt nicht, von cinem System der Unterdrückung, von einem System der Aus- deutung zu sprechen. :

Auch weiter wiederhole ih früher Gesagtes. Wo im einzelnen Falle Klagen über Beamte berechtigt schienen, habe ih für Abhilfe gesorgt und habe Ihnen den Fall Bremer als Beispiel bereits mits- geteilt. Ich darf auch weiter mitteilen, daß bereits mein Herr Amts- vorgänger wiederholt in ähnlicher Weise scharfe Verfügungen hat angehen lasen. Und, meine Herren, wenn Sie immer wieder erwägen, daf wir es mit einer Beamtenshaft von 1200 Mann zu tun haben, i es weiter nicht wunderbar, daß gelegentlih nebenhber gehauen wird, gelegentlih gefehlt, gelegentlih au grob gefehlt wird, An Abhilfe und Ermahnungen zur Besserung hat es diesseits nicht gefehlt und wird es auch für die Zukunft idt fehlen. Aber eins muß ih auch hier wiederholen, s ich früher {on ausgesprochen babe: ich muß die zablreihe Beamtenkörvershaft, die im Saarrevier ist, dagegen in Schuß nehmen, daß mit einer gewissen Leidenschaftlichkeit von gegnerishen Parteien von ihr verlangt wird, sie solle si jeder Einwirkung auf die Wahlen enthalten. Ih muß meinen Beamten ibre volle Wablfreiheit auf- recht erbalten (sehr rihtig! bei den Nationalliberalen), auf wen sich ihre Wabl au lenken möge. Aber selbstverständlich und das habe ih im vorigen Jahre hier aufs strengste betont und habe es vor der legten Wahl auh den Beamten aufs strengste eingescärft haben sie sih streng an die Geseße zu halten, sie haben die geseglichen Vorschriften nicht zu übertreten; wo das geschehen ift, wo mir in zu- verlässiger Weise Nachricht darüber zugebt, werde ih einschreiten und werde dafür sorgen, daß Ordnung herrscht.

Meine Herren, daß bei der leßten MWakbl auch eine erhebliche Besserung gegen das eingetreten ist, was früher hier wiederholt vor- getragen worden ift, ergibt sih, meine ih, au aus den Verhand- lungen. E8 sind mir- aus den Verhandlungen zwei Fälle im Ge- dihtnis. Da ift eine Aussage von einem Pfarrer Didier, die etwa dabin lautet: bei der Wahl im Jahre 1903 waren die Einrichtungen im Isolierkasten bei uns ganz gut, da konnte jeder unbeobatet wählen, wie er wollte. Meine Herren, dies auch als Erwiderung auf ketreFende Bemerkungen des Herren Intervellanten, der eine Reihe von Zeugenaussagen herangezogen hat, die das Gegenteil behaupten. Jedenfalls kennzeihnet si die Aussage des Herrn Pfarrer Didier als eine auch für den Herrn Interpellanten durchaus zuverlässige, insofern als Herr Didier einer derjenigen gewesen ift, die von jeher in hervorragender Veise für die Interessen der Zentrumspartei eingetreten sind; er würde eine derartig unbedingt freisprehende Aeußerung nicht getan haben, wenn er seinerseits Bemerkungen gehört hätte, die das Gegen- teil behaupten. i |

Dann ist noch eine weitere Aussage des Zeugen Simon nicht uninteressant, da sie beweist, daß die Beobachtung der Wähler, von der der Herr Vorredner wiederholt geredet hat, niht nur von seiten der nationalliberalen Partei, die in hervorragender Weise allerdings durh die Beamtenschaft vertreten gewesen ift, sondern gerade so gut von der anderen Seite stattgefunden hat. (Hört, hört !) Denn hier wird ein Zeuge gefragt :

Ist es Ihnen aufgefallen,

mieden werden, wie sie zu den hier verhandelten Prozessen führten, und die {ließli nur der Umsturzpartei zugute kommen, die wir bier im Hause samt und sonders doch sicherlih nit vertreten. i

Meine Herren, die Verwaltung in Saarbrücken hat, was ich meines Erawtens auch hier und an dieser Sielle lobend hervorheben muß, mit großem Geschick und mit großem Erfolge die sozialdemo- fratishe Bewegung dem Saardistrikt bisber im wesentlichen fern ges balten (sehr rihtig!), zum Glück der dortigen Arbeiter und zum Glüd der ganzen Gegend. Tragen wir nicht dazu bei, eine gegenteilige Bewegung zu fördern!

|

|

|

hat fsih ei | l n f L E E A ift, son! sie ist ständig. Es Hat sich ein

porgesobene Person, und daher die Tragweite seiner Handlungs- | guten Willen der streitenden Parteien, bei aller Lebhaftigkeit des | der Fall ist, sondern he Ut 6: S at sid

|

|

|

|

|

|

|

Meine Herren, dann zum Schluß möchte ih noch aus einer vor- treflihen Erklärung, die seitens des bier vielangegriffenen Herrn Geheimen Bergrats Hilger in diesem Prozeß über die soziale Lage der Bergarbeiter abgegeben ist, meinerseits bier wenigstens kurz einige Hauptzahlen rekapitulieren. Im übrigen darf ih für die- jenigen Herren, die \ich dafür interessieren, auf den steno- graphishen Beriht verweisen, der gleich auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden wird. Meine Herren, ih lege Wert darauf, au bier von dieser Stelle aus noómals zu bekunden, daß in der Tat die sozialen Verhältnisse an der Saar nicht ledigli be- messen werden dürfen an der Lohnhöße, sondern daß sie gemessen werden müssen an den gesamten sozialen Zuständen. Ich abstrahiere dabei von den volitishen Gegensäßen. Meine Herren, bei den Saar- gruben sind im ganzen zwischen 44 000 und 45 000 Arbeiter im Jahre 1903 besdäftigt gewesen. Von diesen waren 23 091 verheiratet, von diesen wiederum hatten 16 163 Eigenbefiß an Haus und Feld; das ist 70 9/6 der gesamten verheirateten Belegschaft. Meine Herren, ih glaube nit, daß irgendwo in Deutschland ein ähnliches Beispiel an- geführt werden kann. In den meisten Gegenden strebt man dana, nur einen kleinen Prozentsaß des Verhältnisses von Saarbrücken zu erreidhen. Dazu kommt, daß im Gegensaß zu dem, was von mehreren Zeugen in früheren Prozefsen auêsgesagt worden ist, in diefen 16 000 Wohnungen 81 620 bewohnbare Räume sich befinden, d. h. etwa 35 bewobnbarer Raum pro Wohnung. Meine Herren, wer den Ber- handlungen des leßten Wohnungskongrefsses gefolgt ist, wird sich auch da sagen: das sind ungewöhrnlih günstige Verbältniffe. In den 667 dem Fiskus gehörigen Häusern es gehören ihm nur wenige Häuser, weil er das Meietssvystem niht anwenden will, wenn er es vermeiden kann —, in diesen Häusern, die allerdings zum Teil von Unterbeamten bewohnt sind, sind je 5 bewohnbare Räume. Es werden, um die Errichtung eigener Häuser zu fördern, seit langen Jahren Bau- prämien in Höhe von 900 # für jedes Haus gezahlt. Dabei werden unverzinslihe Darlehen, die nah etwa 10 Jahren amortisierbar find, gegeben in Höhe von je 1500 bis 2100 4, und diese Einrichtung gerade ist es, die dazu geführt hat, daß in so hohem Maße Eigenbesiß besteht. Denn durch diese Einrichturg werden bis zum Schluß dieses Jahres niht weniger als 6565 Häuser errichtet sein.

Meine Herren, außerdem sind 29 Schlafhäuser mit 4755 Betten vorhanden, die allerdings vorwiegend nit für junge, unverheiratete Arbeiter, sondern vorwiegend für Arbeiter bestimmt sind, die aus dem Gebirge die Woche über zur Arbeit in das Revier kommen und die Sonntags nah Hause gehen. Aber meine Herren, auch diese Schlaf- bäuser vermindern das s{ädliche und leider auch dort noch nit ganz abgestellte Schlafgängerwefen und sind meines Erachtens auch vom sozialen Standpunkte aus in hohem Grade zu begrüßen. Daneben ist durch zahlreiche Kaffeeküchen eigentlih auf jedem Bergwerk dafür ge- sorgt, daß die Leute, wenn sie auf ihrem weiten Wege von der Heimat zur Arbeit kommen, \sih wieder erfrishen können.

Es sind Industrieshulen, es sind Haushaltungsshulen in großer Zahl für die Töchter der Bergleute vorhanden, niht weniger als 73 Werkschulen, d. h. obligatorische Fortbildungss{ulen, die die jungen Leute bis zum 18. Jahre besuchen können, überall eingerihtet. Weiter- hin sind bei fast jeder Inspektion Arbeiterbibliotheken und Lesezimmer vorhanden.

Dann sind äußerst günstige Zahlen zu berihten über die Klein- wirtschaft der Eigenbesizer. Die Belegschaft, die Eigenbesiy hat, hat einen Viehbestand von nicht weniger als 95 Pferden, 10 716 Stüd Rindvieh, 10 626 Ziegen, 10134 Stück Schweine. Meine Herren, das bedeutet auf jeden der Haushalte mehr als ein Stück Vieh, und wenn sie das reduzieren auf die gesamte Belegschaft: auf jeden zweiten Mann je eine halbe Kuh, eine halbe Ziege und ein halbes Schwein. Meine Herren, das sind ganz ungewöhnlich günstige Verhältnisse.

Die Spareinlagen werden nur zum Teil vermittelt dur

bältnis findet alle zwei Jahre auf allen Bergwerken seine Betätigung in einem großen Bergfest, welches gefeiert wird, und an dem Beamte wie Arbeiter mit Kind und Kegel teilnehmen, und bei dem ein äußerst berzlihes Verhältnis zwischen Arbeitern und Arbeitgebern fch abspielt. Meine Herren, ih will Ihre Geduld nicht weiter in Anspruch nebmen: i bitte um Entshuldigung, daß ich Ihnen diese Ausfüh- rungen etwas länger gemaht habe. Sie gehören aber entschieden zur Beleuhtung des Gesamtbildes, und waren notwendig, um zu zeigen, daß, wenn über Bedrückung der Arbeiter geklagt wird, fo viel glänzende Seiten auf der anderen Seite vorhanden sind, daß die eins zelnen Fälle, wie sie vom Gerichi auch angenommen sind, in der Tat nicht ins Gewicht fallen können gegenüber der Gesamtlage, die im Saarrevier berrscht. Ih darf nohmals {ließen mit der dr Verbandlung hier die Gegensäße im Saarrevier niht weiter unnüß zu vershärfen; der tertius gaudens steh fommen, wenn wir bier nit vorsihtig find.

dringenden Bitte, durch die Ÿ

Auf Antrag des Abg. Dr. Bachem tritt das Haus in die Besprehung der*Interpellation ein.

Abg. Dr. Röchling (nl.): Der Abg. Marx b ordentlicher Vorsicht und Zurückhaltung befleißigt, feine Schärfe in die Debatte hineinbringen. Abe e! Marr den Vorwurf nit ersparen, daß er sih die Sache etwas leiht gemaht hat; er hat die Zeugenausfagen, die zu Jetnen Gunsten iprechen, angeführt und mitgeteilt, wie das Gericht _ diese Aussagen gewürdigt, aber er hat sh die Mübe geschenkt, die Zeugenaussagen von der Gegenseite vorzutragen. Aus diesen ergibt sh aber gerade in dem Fall Höh, daß der Steiger David sich diesem direkt als Nationalliberaler vor- gestellt kat. (Der Redner verliest die stenographischen Aufzeichnungen úber diese Aussagen im Saarbrücker Prozeß.) Danach gewinnt die Aeußerung: „Da können Sie ja nätstens zeigen, day Dle wascheht find* doch eine ganz andere Bedeutung. Auch eine ganze Reihe anderer Zeugen hat im gegenteiligen Sinne zu den Ausführungen

es Abg. Marr ausgesagt; so bat der Zeuge Heinri Simon über die Wablvorgänge von 1902 bezügli der Wahlkontrolle au®ge]agt, daß er festgestellt habe, daß von der Tür aus im Wahllokal gar nichts gesehen werden fonnte, und daß ibm auch nit aufgefallen sei, daß Beamte Beobachtungen bei der Wabl angestellt hätten, daß vielmehr im Wahllokal niemand anwe]end gewelen sel. Ebenso bat auch ein anderer Zeuge ausgesagt. Es ist ferner be- bauptet worden, daß die Bergleute zitternd vor ihren Vorgeseßten zur Wahl gegangen seien. Der Vorsigende des Kriegervereins hat aber na seinen langjährigen Erfahrungen als soelher festgestellt, daß ein besseres famerad\scaftlihes Verhältnis als zwishen den Bergarbeitern und Beamten nicht zu denken sei. Wie unvollständig die Bericht- erstattung des Abg. Marx war, zeigt sih auch aus dem Fall des Bergmeisters Adams, der fonfessionelle Gegensäge in die Bergarbeiter- schaft hineingetragen, und von dem das Gericht festgestellt bat, daß seine Versetzung aus nicht zu beanstandenden Gründen erfolgt fei. Gewiß find Wahlkontrollen durhaus zu verwerfen, und wir als Liberale wollen die Freiheit der Wabl nit antasten und halten es nicht für zulässig, gegen den Willen des Wählers zu eruieren, wem er seine Stimme gegeben hat. Aber das Landgericht in Saar- brüden sagt in seinem Erkenntnis, es sei nicht einzusehen, weshalb der Bergverwaltung verwehrt werden solle, ebenso wie andere Privatbesizer Aufklärung unter die Arbeiter zu bringen. Es sei jedoch nicht festzustellen, daß Zentrums[eute dur ihre Wabl sich Nacteile zugezogen haben. Man spricht viel von_einem Svstem in Saarbrüden. Herr Marx hat zwar das Wort „System abgelehnt, aber es do so dargestellt, als ob eine inveterata consuetudo be- stebe, die Arbeiter zu entrechten. Wir halten es für ein großes Glüd, daß durch die energishe Stellungnahme aller Beteiligten es dort ge- lungen ist, eine aktive sozialdemokratishe Betätigung bintanzuhalten. Das Gericht ist zu der Ueberzeugung gekommen, daß es sich um be- rechtigte Abwehr der Sozialdemokratie, aber nicht um eine Be- \{ränkung der politischen Freiheit handle. Das Zentrum sagt, es handle sich um einen Kampf gegen das Zentrum. Nun, die Presse ist der beste Barometer der öffentlichen Anshauungen und der Spiegel der Partei, sie ist aber auch dazu da, zu belehren und auf die Parteigenossen zu wirken. Sage mir, was Du liest, und ih will Dir sagen, was Deine Gefinnung ist. Vie Lendenz mancher Prefse ift aber auf die Vernichtung der staatlichen Autorität gerichtet. Das Gericht hat ausgesprohen: Es ist gerihtsbekannt, daß die sogenannte Dasbach-Presse die Beamten der Bergverwaltung und einzelne ganz be- sonders în verlezender Weise angegriffen hat, und die Abwehr dagegen liegt im Interesse der Wahrung. der Autorität. Das „System“ hat aljo vor den unparteiischen Richtern so gut wie gar niht bestanden. Das Gericht billigt die Maßregeln der Verwaltung. Die Interpellation beklagt sich über Wahlbedrückung und Wakhl- fontrolle. Wer sich darüber beklagt, muß doch erft selbst ein reines Gewissen haben. Aber nehmen Sie mir niht übel: ist denn die Zentrumspartei wirklich so absolut [rei von Wakblbeeinflufsungen ? Aus der früheren Zeit läßt sich eine ganze Menge von Beispielen für folhe anführen; ih erinnere nur an den Fall Adams und an den Fall des Kaplans Thies, der mit allen möglichen Mitteln von einem Berg-

t sih außer- id will auch

r fann Herrn ck u

14

ul

B27

I

fragt Subé : 2 er „4 | mann Gebeimnifse herausbekommen wollte, und ferner an die Akten über Es eine große Rolle spielt und man daher von den gesamten Aussagen | waren, in zwei Gruppen zusammengefaßt hat. Er hat die Zusammen- daß R O Beamten dort beobahtet worden wären oder | Betriebskafsen. Den Arbeitern ist es t ong r t My von E frühere anr rage 0 Ma E fh über alte Wabl- L Erheblihes abziehen müsse. Jh darf Ihnen wvielleiht ins | fassung in diefe Gruppen im wesentlihen auch als berechtigt seiner- (Séhluß in der Zweiten Beilage.) daß man den Versu gemacht hat, sie zu beobachten ? Löhnen Geld zurückhalten zu lasen FELE ie Werks 8 eg L haben es L g g 0s een hien, and über die Wahl bon 1908 “e Gedähtnis zurückcufen, was bereits bei der vorigen Inter- | seits anerkannt. Da ift zunächst die erste Gruppe, bei der behauptet Ver Zeuge sagt: E O S in (B 2A Vie Werksk da wollen wir uns* im Reichstag unterhalten. Wir find darauf an- Y pellation hier v-rlesen ist; ich darf auf die Erkenntnisse | wird: „Systematische Unterdrückung der Bergarbeiter in den ihnen zus G3 waren nur Beamte da, die wählten; im Wahllokal hat \sich | Statistik. Aber diese g j a s die e E a c gewiesen, mit dem Zentrum wirtschastlihe Zebeit im ene É in dem ersten und zweiten Lehnen-Prozeß vom Oktober und | stehenden Rechten, insbesondere Vergewaltigung derselben zu Gunsten niemand aufgehalten, das war fast den ganzen Tag leer. gehen, haben im vorigen Jahre 69 b D, h. apa s 5 aterlandes zu, [eisien. eide Dar ee O frühere Interpellation A f Dezember 1903 und auf eine entsprehende Bemerkung aus dem lehten | einer politishen Partei sowie systematische Mißachtung und Bevor- Vorsitzender: als im vorigen Jahre, betragen. Die agen sind in ftarker Zu- L Da hem Zentr): cini selihere Jute nien dees V Was draußen geschehen ist, wissen Sie niht ? nahme begriffen.