1904 / 271 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Nov 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Erfte Beilage

s eniwischen, bevor deren Widersacher, zu denen auch der nun-

vergangene Kunftepoche wieder vor Augen führt, die uns in der O November. (W. T. B.) Heute früh 4 Ubr

patbeti}/ch-dramatishen Form ihrer Texte sowie ihrer Musik heute | mehr ernühterte Xaver Singlspieler gehört, sie erreihen fönnen. | brannte das hnwärterb äus der Nürnber t i, ; : 7 e G A ¿ recht fremd anme Allerdings bedarf es dieses historisden | Das ift in Kürze der Vorgang, der“ zuerst lebhaft inter- | nieder. Der krank im Bette, lirgerie Babnwärter Tee iets um Deu en Nei [:/ N î T d Köôni li reu î cin Staatsan ci cer Interesses, um der ganzen Vorstellung mit Aufmerksamkeit | essierte, dann aber, ‘als die humoristishen Züge der ge- | sehzehnjähriger Sohn kamen in den Flammen um, zwei j a ze ge un 0 zu folgen. Das Gefüge der Handlung ist oberflählich und nicht | zeihneten Gestalten sh zusehends zur Karikatur vergröberten, | andere Kinder und die Ehefrau erlitten erheblihe Verleßungen. Die d 17 N b

Berlin, Donnerstag, den 17. November

von Nürnberg kommenden Züge mußten wegen der über den Babhns

frei von öden, unfruhtbaren Strecken. Die Musik, die manche | die gleihartigen Sitrationen sich häuften, die Tendenz zu körper s{lagenden Flammen umgeleitet werden.

reizvoll liebenéwürdige Stelle aufweist, errei&t mit der Hand- | dick unterstrihen wurde und auch das Spiel in unerträglihen Lärm lung zusammen erst im_leßten Akt eigentlihe Kraft und s{wung- | ausactete, auf beftigen Widerspruch stieß. Um die Darstellung machte vollen Ausdruck. Die Szene spielt hier Nachts auf dem Kirchof | sich vor allem Fräulein Fehdmer als Lola Montez verdient, die das

1902.

eines Klosters. Ein junger Mann (Fernando) hat soeben das Mösörch8gelübde abgelegt. Da erscheint sein wverlafsenes Weib, das den Tod nahen fühlt, ihn noch einmal zu sehen. Fernando getamer Xaver, war nämlich vor seiner endgültigen Abkehr von ter Welt um dieses Weibes willen, das ihn bezauberte, dem Kloster entronnen. Sie war die Favoritin des Königs. Sie veranlaßte Fernändos Bestallung zum Feldherrn, als welcher er die Feinde des Königs besfiegte. Zurüd- ekehrt, erbat er vom König Leonores Hand, ohne zu ahnen, in weldem erbältnis jener zu ibr stand. “Der König rächt sih für Leonores Unireue, indem er sie Fernando antcauen und diesem erst nah der Eheschließung | Na

diable fehr glaubhaft zeichnete.

gute Einzelleistungen hervor.

Last zu legen

allen Männern gefährliche, verführerishe Wesen dieser beauté du

mer 7, Frau Wangel als derbe Wirtin, Herr Steinrück als [chwülstiger Bierbankrhetoriker, ferner Fräulein Höflich, die Herren Reinhardt, Engels, Pagay, Klein, Waßmann u. A. taten sich durch i Daß das Zusammenspiel, wie son ewährt, auf einen zu lauten Ton gestimmt war, ift der Regie zur 0 i Einen überaus carakteristis hen Rahmen zu den Vor- gängen lieferten dagegen die Wirtshaus- den erften Aften wurde der anwesende Verfasser mehrmals

Herr Kayßler als jugendlich un- | Berlin—

und Salondekorationen.

Stuttgart, ürnberg—Stuttgart hausen und Goldshöfe entgleift. Verlegt ist niemand.

Offenburg (Baden), 15. November. wesenheit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden fand heute der fünfte Tuberkulosekongreß hier statt. Der Medizinalrat Battlehner betonte das Entgegenkommen der Regierung in den Bestrebungen kei der Bekämpfung der Tuberkulofe,

Der zwischen

16. November. (W. T. B.)

Eil if: béute ne

West -

(W. T. B.) In Ans-

die Augen über seine Gattin öffnen läßt. Der Getäuschte flieht | hervorgerufen. Der Oberstabsarzt MRiedner-Berlin besprah die Notwendig- zurück ins Kloster und sein Weib, das ihm sterbend dahin folgt, E P keit der Ergänzung der Heilstätten und machte ent- haucht dort in seinen Armen den Geist aus. Die Aufführung 4 : ? : spre{ende Vorschläge. Der Oberregierungsrat Lange wies kann man diesmal nit uneingeshränkt loben. Herr Rodmann müßte Im Königlihen Opernbause geht morgen, Freitag, | ftatistsch nach, daß die Sterblichkeit an Tuberkulose in als Regisseur komish wirkende Einzelheiten, wie z. B. die ein winziges | Otto Nicolais komische Oper „Die lustigen Weiber von | Baden seit 1890 abgenommen habe, und bemerkte, daß Baden über Häuflein Sand dicht an der Bühnenrampe bearbeitenden Totengräber, | Windsor“ in der Neueir.studierung unter der musikalischen | das Dur{scnittsmaß von Tuberkulose heimgesucht sei. Nachdem noch vermeiden. Fräulein Rado (Leonore) fällt zwar dur ihr schónes | Leitung tes Kapellmeisters von Strauß in Szene. Die | einige Fragen Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin, die die Er- Material auf, läßt aber zuglei bedauern, daß es so schleckt geschult | Damen Herzog, Rothaufer, Dietrih, die Herren Knüpfer, | fahrungen der einzelnen Bezirtksauss{ü}sse in der Bekämpfung der

ist; dagegen zeihnet sich Herr Luria (König) durch seire wobllautende Baritonstimme und vortreffliße Gesangsfkfunst aus, die auch frühere Unmanieren abgelegt hat. Ebenso sind Herr Reinhardt (Fernando), dessen Stimme besonders in der Höhe glänzt, vnd der {öne Baß des Herrn Wissiak zu loben. Die musikalishe Leitung der Oper ift Herrn Erben anvertraut, der mit ebensooiel Umsicht wie Geshmack dirigiert. gesehen, die erste “Vorstellung Neues Theater. „MVaskerate“ auf Dienstag, den 22. Ioseph Ruederer, auf dessen dramatishes Scaffen man nach

der Bekanntschaft mit seinem Erstling8werk „Fahnenweihe“ cinige Hoffnung seßte, hat diese mit der Komödie in fünf Akten „Die orgenrôte“, die am Dienstag auf der Bübne am e, Sein Talent

karten Dienstag umgetauscht werden. Sonntagabend „Don Carlos“ und 1 glieder" zur Aufführung.

damm ihre Erstaufführung erlebte, bieher nit erfüllt.

Hoffmann, Mödlinger, Naval, Lietan, Krafa sind in den Haupt- rcllen beschäftigt. Herr Wittekopf, der seit länger als zwei Monaten erkfranft war, wird gelegentlich der Gesamtaufführung von Nichard Wagners Bühnenfestspiel „Der Ring des Nibelungen“ fe cm Sonnabend in der Rolle des Fa}clt wieder aufnehmen.

Die Direktion des Deutschen Theaters hat sch genötigt

abend, den 19., für die Erstaufführung des Stücks gelösten Eintritts- fönnen heute und morgen Am Sonnabend gelanzt „Dagland*“,

Das Lustspielhaus bringt am Sonntag (Totenfest) Dreyers

ine Tätigkeit bon Ludwig Fuldas Schauspiel d. M., zu versbieben. Die zu Sonn- gegen die gleichen Pläße für am Montag die Komödie „Ketten-

Braunschweig, 16. November. oO0jährigen Schriftstellerjubiläums Wilhelm fand gestern unter reger Teilnahme ein Festmahl stait. der Tafel lief ein Glückwunschtelegramm von Seiner König- lihen Hoheit dem Verlesung der Jubilar ein Hoh auf den Regenten ausbrahte. Aus allen Teilen Deutschlands waren Glückwunschdepeshen eingegangen.

London, 15. Nevemker.

Tuberkulose betrafen, ihre Erledigung gefunden hatten; waren die Ver- bandlungen beendet. Die Großherzogin kehrte sodann nah Baden zurück.

(W. T. B.) Zur Feier des Naabes Während

rinz-RNegenten von Camenz ein, nach dessen

(W. T. B.) Das 99. Jahres feft

ift noh . ungeklärt und unentwickelt, aber vielleilßt gibt der | dreiaktiges Drama „Drei“, sowie Otto Eri Hartlebens Einakter | des Komitees der St. Georgshulen wurde heute feierli sich absurd gebärdende Most doch einmal einen genießbaren | Abschied vom Regiment“ Ion bude Freitag, den | begangen. Dazu hatten sich viele Gönner und Freunde der Wein. Das Maulheldentum der Mitläufer, die sich allen | 55, d. M., findet die Erstaufführung des neuen dreiaktigen Lustspiels | Schulen unter dem Vorsißge des Botschaftssckretärs Graf

großen Bewegungen anschließen, die Revolutiönhen, die nebez den Revolutionen gleihsam als deren Parodie entstehen und sich zu iónen verhalten wie etwa die von demselben Sturmwind erregten Wellen

„Der Familiertag“ von Gustav Kadelburg statt.

von

von Bernstorff eingefunden. Vernstorfff einen Trinkspruch auf Seine Majestät den König Eduard aus, der sich weit über die Grenzen seiner Länder hinaus

Bei dem Mahle brachte der Grafen

der Pfüße zu den Wogen des Ozeans, sollten wohl Zweck und Inhalt Jagd. die Verehrung und das Vertrauen aller Völker erworben habe, seines im Jahre 1848 zu München spielenden Stückes bilden, dem die weil er ihnen als Personifizierung einer fricdlieberden und bekannte Lola Montez-Episode zu Grunde liegt. Aber diese Tendenz Morgen, Freitag, den 18. d. M., findet Königliche Par- | völkervereinigenden Tendenz erscheine. Sodann teastcte Graf fommt recht unflar zum Ausdruck, vielmehr hat es den Anscein, als forcejagd statt. Stelldichein: Mittags 123% Uhr am | von Bernstorff auf Seine Majestät den Deutschen Kaiser, den er als

ob der einem gesunden Volksempfinden entiprungene Unwille gegen die

Bublerin, die ihren Einfluß politisch in unheilvoller Weise geltend mate, verbößnt und die ganze durhaus ernst zu nehmende Bewegung, die zur Vertreibung der Montez führte, zu einem Bierulk herabgewürdigt werden sollte.

So wenigstens nehmen \ich die unter Kuleurstudenten und einigen Kleinbürgern in der Bierftube der Kreszenzia Lunglmayer spielenden Revolutionsszenen ab, in denen lTungenkräftize Phrafenhelden das Wort führen und den „Ckerusker* Xaver Singlspieler, der von Peißner, j im dem Günstling der Montez und Senior der zu ihrer Partei gehörigen eAlemannen“ angerempelt wurde, dazu anstaheln, vor die Berbaßte hinzutreten und ihr, anstatt Abbitte zu leisten, roie sie verlangt, die Wahrheit ins Gesicht zu \{chleudern. Xaver geht darauf ein, aber in

Berlin, den 17.

Restaurant „Gardestern“ am Barackenlager.

Mannigfaltiges.

Wie alljährlih, veranstaltet der Verein „Berliner Presse“ Neichstagsgebäude ein Wohltätigkeitsfest, Freitag, den 25. d. M., ftattfindet. Es wird dur ein Konzert ein- geleitet werden, für das eine Reibe hervorragender Künftler und Künstlerinnen ihre Mitwirkung zugesagt hat.

November 1904.

das am Prato in

genommen.

dem Auftritt im Palais der Lola Montez wird das Herz diefes deuishen Jünglings der fremden Abenteurerin gegenüber, welche si nit mit dem ganzen Stolze ihres Englands umgürtet, sondern ihn mit Künsten umgarnt, die sie in Paris gelernt hat, wankend, sein Haß verwandelt sih im Handumdrehen in glühende Liebe und bald nimmt er in ihrer Gunst die Stelle des von ibm nunmehr aus-

Thorn, 17. November. (W

gestohenen Peißrer ein. FInzwishen aber ist draußen, dur Frankfurt a. M., 15. November.

die dem Einfluß der Montcz zugeschriebene Schließung der | „Frankfurter Zeitung" aus New York meldet, gerieten die Vieh- Universität veranlaßt, der Aufruhr losgebrochen, das Schloß | höfe in dem New Yorker Stadtteile Jersey City in Brand. wird gestürmt und Lola, die es bereits verlassen hat, bis |} 3000 lebende Schweine verbrannten, ebenso 4C00 geshlachtete Tiere,

in die Schenke der Frau Lunglmayer, wohin fie sich flüchtei, verfolgt. Die Wirtin, welche die ganze „saudumme Revaluzion“, wie sie sich aus- drückt, für einen Spaß ansieht, läßt Lola aber durch eine Hintertür

Stadt stürmten.

; / . T. B.) Auf der Weichsel ift bei 9 Grad Kälte starker Eisgang eingetreten.

während 40000 Tiere wild durch die

Geestemünde strandet.

(W. T. B,) Wie die

Viehböfe und die

Trelleborg, 15. November.

UE Deute 1 et. Das Schiff ist mit Holz beladen. E dampfer „Neptun“ ist zur Hilfeleistung abgegangen.

Vertreter der nationalen Einheit und Hort der Volksmacht feierte. Hierauf gedahte der Redner ter Verlobung Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen. jungen Paare die Fortsetzung seines eigenen Lebens und seiner Hof- nungen febe, so erblicke in ihm auch das deutshe Volk die Bürgschaft einer glüdlihen Zukunft für spätere Geslehter. Zum dritten Male ergriff später Graf von Bernstorff das Wort, indem er auf die St. Eeorgschulen selbs ein Hoh auêtbra@te.

Wie Seine Majeftät in dem

Tosfkana, 17. November. (W. T. B.) Heute

- - W. früh nach 6 Uhr wurde hier eine starke Erdershütterung wabr-

. Der Shuner ,„ Johann“ aus racht nördlih von Sandhammer ge- Der Bergungé-

(Fortseßung des Nichtamilichen in der Ersten und

Zweiten Beilage.)

Sonnabend, Abends 8 Uhr: Kricg im Fricden. Sonntag, Abends 8 Uhr: Medea.

N. (Friedri G T

Theater. Königliche Schauspiele.

Freitag: Opern-

Abends Uhr: Die

haus. 215. Vorstellung. Die lustigeu Weiber | Freitag, ends Die Jüdiu von von Windsor. Komis{-vhantastisGe Over in | Toledo. Historisches Trauerspiel in 5 Aufzügen

4 Akten nach William Shafkespeares gleiGnamigem | von_Franz Grillparzer.

Lustspiel von H. S. Mosenthal. Musik von Otto Ino, Abends 8 Uhr: Tyrannei der Nicolai. Musikalisbe Leitung: Kapellmeister von | Dranen. ¿ i: Strauß. Regie: Oberregisseur Droescher. Choreo- | _ Sonntag, Abends s Uhr: Die Jüdin von

graphishe Einrichtung: Ballettmeister Graeb. An- Toledo.

fang 7{ Uhr. Neues Opverntheater. 196. Vorstellung im Abonne- Sonderabonnement B

t. 198. Billettreservesat Theater des Westens. (Kanistraße 12. Bahn-

ment. 128. Billettreservesaß. 1bonnement B | hof Zoologisher Garten.) Freitag (9. Vorstellun

30. Vorstellung. Wintermärchen. Schauspiel in | im Freitags-Abonnement): Die Dugenolae, An-

5 Aufzügen von William Shakespeare, nah der | fang 74 Uhr.

Ueberseßung von Franz von Dingelstedt und | Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Zu ermäßigten

Shlegel-Tieck. Musik von Friedri von Flotow. | Preisen: Iphigenie auf Tauris. Abends

Tanz von Emil Graeb. Anfang 7# Uhr. 74 Uhr: Gafsispiel von Francesco d'Andrade. Sonnabend: Opernhaus. 216. Vorstellung. Der | Der Maskenball.

Ring des Nibelungen. Bühnenfestspiel von Sonntag, Abends 72 Uhr: Undine.

Richard Wagner. Vorabend: Das Rheingold. | Montag: Rigoletto.

Anfang 7 Uhr.

Neues Opernthbeater. 197. Vorftellung irs Abonne- ment. 129. Billettreservesaßy. Flach8maunn als Erzieher. Komödie in 3 Aufzügen von Otto Ernst. Anfarg 7F Uhr.

Deutsches Theater. Freitag, Abends 7# Uhr: Kettenglieder.

Sonnabend, Abends 7} Uhr: Dagland.

Sonntag, Abends 7 Uhr: Don Carlos.

Nationaltheater. (Direktion: Hugo Becker. Weinbergsweg 12a—13b.) Freitag: Gastspiel von Fräulein Prevosti. La Traviata.

Sonnabend: Der Freischüt.

Neues Theater. Freitag: Die Morgeuröte. Sonnabend: Die Morgeunröte.

Lustspielhaus. (Friedrihstraße 236.) Freitag: Biederleute.

Sonnabend, Nachmittags 34 Uhr: Marinernütter. Abends 8 Ubr: Biederleute.

Berliner Theater. Freitag: Zapfenstreich. Anfang 7} Uhr. Sonnabend: Soldaten. Anfang 74 Uhr. Sonntag: Soldaten. Anfang 7F Uhr. Montag: Zapfenftreih. Anfang 7{ Uhr.

Residenztheater. (Direktion: RichardAlexander.) Freitag: Eine Hochzeitsnacht. (Uno nuit de noces.) Shwank in 3 Akten von H. Kéroul und A. Barrs. E Durosel : Richard Alexander.) Anfang 8 Uhr.

Sonnabend: Eine Hocharitonas!.

Totensonntag, Abends 8 Uhr: Nora, (Einmalige Aufführung.)

e und folgende Tage: Eine Hochzeits- na .

Thaliatheater. (Dresdener Straße 72/73. Di-

Cessingtheater. (Direktion: Otto Brahm.) Freitag: Traumulus. Anfang 7# Uhr. Sonnabend: Zum erften Male: Die Siebzehn- jährigen. Schauspiel in 4 Akten von Marx Dreyer. onntag : Die Siebzehujährigen.

Schillertheater. O0. (Wallnertheater.) Wallensteins Lager.

eitag, Abends 8 Uhr: Saab cel in 1 Aufzuge von Friedri von Schiller. Hierauf: Die Piccolomini. Schauspiel in 5 Auf-

abend, Abends 74 Uhr: Der Weiberkönig. Große Ausftattungsposse mit Gesang und Tanz in 4 Akten von Jean Kren, Alfred Schönfeld und Leov. Ely. Musik von Julius Einödshofer. _ Totenfonntag: Einmaliges Gastspiel des Theaters des Westens. Der Troubadour. (In allererster Beseßung.)

Montag und folgende Tage: Der Weiberkönig.

Beniraltheater. Freitag: Orpheus in der Uutertvelt. Operette ia 3 Akten von Offenbach. Anfang 8 Uhr.

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Kintervorstellung. (Halbe Preise, 2 Kinder cin BVillett.) Däumelinchen. Neues Märchenspiel in 6 Bildern mit Tanz und Gesang. Abends: Der Geueralkonsul.

Sonntag, Abends 77 Ubr: Die Glocken von Corneville. Operette in 3 Akten von Planquette.

Belleallianceiheater. (Bellealliancestraße 7/8. Direktion: Kren u. Schönfeld.) Freitag und Sonn- abend, Abends Uhr: Letzte Vorstellungen von: Wer ? Hierauf: Die Tugeudgloke.

G Totensonntag und folgende Tage: Der Millioneu- auer.

In Vorkereitung: Fröhlicße Weihnachten.

Trianontheater. (Georgenstraße, zwischen Friedrih- u. Universitätsstraße.) Freitag und Sonn- abend: Gaftons Frauen. Schwank in 3 Akten von Victor de Cottens und Pierre Veber. Anfang 8 Uhr.

Sonntag, Abends 8 Uhr: Das elfte Gebot.

Konzerte.

Singakademie. Freitag, Abends 8 Uhr: Konzert von Georg Bertram (aven mit dem Philharmouischen Orchefter (A. Scharrer).

—— O

Philharmonie. Freitag, Abends 74 Uhr: I. Liederabend von Lilli Lehmann.

Philharmonie (Oberlichtsaa. Freitag, Abends 8 Uhr: Konzert von Antonie Geiger (Klavier) und Carl Hugo Müller (Gesang).

Saal Bechstein. Freitag, Abends 74 Uhr:

¿ügen von Friedrich von Schiller. rektion: Kren u. Schönfeld.) Freitag und Sonn-

x7. Klavierabend von Osfip Gabrilowitsch.

Beethovensaal. Freitag, Abends 8 Ubr: Konzert von Frit Kreislerv.

Zirkus Schumann. Freitag, Abends präzise

73 Uhr: Das neue große Programm. U. 0.: Neu: Mlle. Priami. Neu: Mons. Proserpi. Neu: Agube Gudcow, der unübertroffene Dschigittreiter 2c. Ferner: Ein musikalisches Phänomen Mr. Franco Piper. Sämtliche Spe- zialitäten und die größte Senjation Berlins: Münftedts Liliputaner - Zirkusvorftellung. Zum Schluß: Der Courier des Zaren. __Da am Sonntag (Totensonntag) nur eine Vor- stellurg, so findet morgen, Sonnabend, Nachmittags 33 Uhr, eire Galamatinee statt mit Münstedts Liliput - Zirkus. Marokko, Ausstattungé- pantomime 2. Nachmittags auf allen Pläßen ein Kind frei. Jedes weitere Kind bis 12 Jahren halbe Preise (außer Galerie).

Familiennachrichten,

Verlobt: Minna Gräfin Platen zu Hallermund mit Hrn. Kapitän z. S. a. D. Frhrn. von Erhardt (Schleswig—Eutin). Frl. Luise Feuerbake mit Hrn. E C A Botho Hinderfin (Rheydt— Blankenburg a. H.).

Verehbeliht: Hr. Regierungsassessor von Heyden mit Frl. Irmgard Stach von Goltheim (Spor- witten). as Manfred Frhr. von Wolff-Dickeln mit Frl. Irene von Mohl (S{loß Arnshaugk bei Neustadt a. O.). :

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Grafen YVorck von Wartenburg (Klein-Oels) Eine Tochter: Hrn. Oberförster Eberhard von Groote (Dannen- berg a. Elbe).

Verantwortlicher Redakteur Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlagt- Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.

* Fünf Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage).

Statistik und Volkswirtschaft.

Ueber die Finanzpolitik der Schreckensherrschaft in der Zeit der ersten französishen Revolution

hat Raymund de Waha in den Heften 2 bis 4 des ersten Bandes der inhaltsreihen neuen „Vierteljahrss{rift für Sozial- und Wirt- \haftägeshihte“, die Professor Dr. St. Bauer in Basel, Professor Dr. G. von Below in Tübingen und Dr. L. M. Hartmann in Wien herausgeben (Verlag von C. L. Hirschfeld, Leipzig), eine erschöpfende Darstellung veröffentlicht, die auch für weitere Kreise viel Interefsantes tetet. N Der französishe Staatshaushalt hat das ganze 18. Jahrhundert hindurch Jahr für Jahr mit einem Defizit geschlossen; fünf Teil- bankerotte batten unter Ludwig XV. stattgefunden, verschiedene Ver- suhe, die Steuern vorübergehend oder dauernd zu erböben, batten niht zum Gleigewiht der Einnahmen und Ausgaben geführt, und die Staatsschulden waren, insbesondere durch die zur Führung des 7 jährigen und des nordamerifkfanishen Krieges aufgenommenen Anleihen, immer bedenkliher angewachsen. Die Ungleichheit in der Verteilung und die Willkür in der Erhebung der Steuern erschwerten jede weitere Erhöhung; am meisten stand einer solchen die unter Ludwig XVT. von Tag zu Tag mächtiger werdende öffentliße Meinung entgegen, die niht nur jede Steuererhöhung entshieden verwarf, sondern immer aebieterisher Ermäßigungen verlangte. Das Scheitern aller unter Ludwig XV1. gemachten Versuche zur Gesundung der Staatsfinanzen und das stetige Ansteigen der Staatsschuld führten zu dem leßten Mittel : der Einberufung der Ständeversammlung von 1789, aus der die große französis&e Revolution bervorging. Diese war in erster Linie ein Werk dec Bourgeoisie, der jedoch die Gründung einer konstitutionellen Monarchie nur mit Unterstüßung der unteren Volks- klassen, besonders der unteren Klassen der Pariser Bevölkerung, ge- lungen war. Als nun immer klarer wurde, daß das BVürgertum keineswegs gewillt war, aus der Deklaration der Menschenrehte alle volitischWen und sozialen gleihheitlißen Folgerungen zu ziehen, entstand im ganzen Lande einz gewisse Spannung zwischen dem niederen Volk

und dem Bürgertum. Der Aristokratenhaß begann sich zum Haß gegen die Reichen zu entwickeln. Am 10. August 1792

entthronte die siegreihe Pariser Kommune den König und zwang

die „geseßgebende Nationalversammlung“, die Berufung eines aus allgemeinem Wahlrecht Hervorgehenden Nationalkonventes zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu dekretieren. Mit

diesem Tage, dem 10. August 1792, begann die Terrorisierung der nationalen Vertretung dur die Pariser Jakobiner, deren radî- falite Elemente bald im Konvent die Herrschaft ausübten und sich bis ¿um Sturze Nobespierres in dieser Stellung behaupteten, und die Geschichts\chreiber bezeichnen diese Periode der demokratisch-jakobinishen Republik vom 10. August 1792 bis zum 9. Thermidor des Jahres Il (27. JIuli 1794) als die der Schreckensherrschaft. Schon am 21. September 1792 trat der Nationalkonvent zusammen; er wählte sogleih cine Reihe von parlamentarischen Ausschüssen für verschiedene Zweige der Staatsverwaltung, deren Aufgabe in der Initiative und Vorbereitung der zu fassenden Beschlüsse bestand. Bereits zur Zeit der Nationalversammlung hatten die Aus\{üsse die Einbringung von Vorlagen nicht mehr den Ministern überlaffen, fondern ziemli - aus\{hließlich felbst in die Hand genommen. Unter dem Konvente geschah dies in verstärktem Maße; zunächst behielt man allerdings das von der gesetzgebenden Nationalversammlung nah der Entthronung des Königs gewählte Ministerium bei Clavière war Minister der Finanzen und der öffentlihen Arbeiten —, aber im Januar 1793 wurden die Minister unter die Aufficht des Ausschusses für allgemeine Verteidigung gestellt, und vom 6. April 1793 an waren sie nur noch Ausführungsbeamte des Wohlfahrtsaus[{husses. Am 1. April 1794 wurde das Institut der Minister überhaupt abs geshaft und durch zwölf parlamentarische Kommissionen erfeßt, die dem Wohlfabrtsaus\{uß unterstanden, der ein tatfächliches, verant- wortlihes Ministerium war. Von den parlamentarischen Ausschüssen, die sich mit finanziellen Dingen zu befassen hatten, war der Finanz- ausshuß der bei weitem wichtigste; er zählte zeitweilig 42 Mitglieder, sein regelmäßiger Berichterstatter und der eigentliche Leiter der Staats- finanzen unter der Schreckensherrshaft, besonders seit Januar 1793, war Gambon. : S Am Tage nah seinem Zusammentritt verfügte der National- fonvent, daß alle eingeführten Steuern weiter erhoben werden sollten. Das damals bestehende Steuersystem war von der Nationalverfammlung in den Jahren 1790 und 1791 geschaffen worden. Veranlagte Steuern waren: die Grund-, die Mobiliar- und die Patentfteuer sämtlich Ertragsfteuern, denen die Prinzipien der Proportivnalität und der Veranlagung nach äußeren Merkmalen zu Grunde lagen ; an tarifierten Steuern hatte man: Registrierungs- und Stempelgebühren, sowie die Grenzzôlle. Die Grundsteuer war eine Steuer vom Reinertrag aus allem Grundbesitz oder besser von dem einem jeden Grundbesiß, au dem nicht kultivierten, supputierten Reinertrag. Leßteren definierte das Gesetz in physiokratishem Sinne als den nah Abzug der Kultur- (Ausfaat- und Ernte-) Kosten vom Bruttoertrag verbleibenden Ueberschuß. Die Instruktion lief darauf hinaus, daß in der Praxis der Reinertrag dem durhschnittlihen Pachtwert der Grundstücke, aus den leßten 15 Jahren berehnet, gleih zu halten sei. Vom Reinertrag des bebauten Gigentums war ein Viertel, bei Fabriken und Werkstätten ein Drittel für Reparaturen usw. freizulassen. Die Grundsteuer follte nur vom Besißer, nicht vom Pächter erhoben werden. Sie war eine NRepartitions\teuer, deren Höhe jährliÞ dur die geseßgebende Körperschaft zu bestimmen und die in Geld zahl- bar war. je auf die einzelnen Depariements entfallenden Beträge waren von der geseßgebenden Versammlung festzufegen; die Departementalversammlungen hatten die auf die Distrikte und deren einzelne Gemeinden fallenden Kontingente zu bestimmen. Die Veranlagung hatte, entsprehend dem in der Deklaration der Menschenre(te sowie in Art. 51 des Dekrets über die Gemeinde- verfassung ausgesprochenen Grundreckt aller Bürger, sich selbst oder dur ihre gewählten Vertreter zu besteuern, in jeder Gemeinde dur eine Kommisfion zu geschehen, die aus Mitgliedern des Gemeinderats und ad hoe gewählten Steuerzahlern bestehen sollte. Die Erhebung der Grundsteuer war ebenfalls den Gemeinden überlaffen, die die er- bobenen G:lder abzuliefern hatten. Ein Dekret vom 16. März_ 1791 bestimmte, daß die auf den einzelnen Steuerzahler entfallende Quote ’/e des Reinertrages aus seinem Grundbesiß nit übersteigen dürfe. Dieser Say wurde durch Gesez vom 30. Juli 1792 auf !/; erhöht. Zur Grund- wie zur Mobiliarsteuer durften die Departements und Gemeinden ags henern zur Deckung ihrer Ausgaben erheben. Die Mobiliarsteuer sollte zuächst alles nicht aus Grundbesiß stammende Einkommen treffen. Sie umfaßte fünf vershiedene Steuern: Die erste war eine fünfprozentige von allem, nah dem Mietwert der Wohnung des Steuerzablers zu vräfumierenden Einkommen desfelben, abzüglih des Einkommens aus Grundbesiß, das durch die Grundsteuer Mirelen wurde. Wirtschaftsräume waren bei der Schäßung des i2twerts nit mit einzubegreifen. Das steuerpflihtige Einkommen wurde nah einem 18 stufigen, progressiven Tarif berehnet, dem der Gedanke zu Grunde lag, daß geringe Mieten einen höheren Prozentsatz des Einfommens der betreffenden Wohnungéeinhaber ausmachen als teurere. So wurde bei einem Mietwert bis 100 Liv.

ein Einkommen in doppelter Höhe präsumiert, bei Mietwerten von 100—500 Liv. ein 3 fahes, von 500—1000 Liv. ein 4faches usw., bei M'etwerten von 12 000 Liv. und darüber ein 121/, faches.

Für alle

so ermittelten Einkommen galt der einheitliche, fünfprozentige Steuer-

saß. Steuerzahler mit mebr als drei Kindern waren in der näcst- E Stute als der, welche sich aus dem Mietwert ibrer Wohnung ergab, Junggesellen in der nächsthöheren einzushäßen. Zu dieser ersten Mobtliarsteuer famen eine zweite auf die Dienstbotenzahl und eine dritte auf Lurxuspferde und Maulesel, also zwei Luxuüssteuern. Die vierte Mobiliarsteuer war eine Personalsteuer gleich dem Werte von drei Arbeitstagen, die nah Aufhebung der Fronden jeder Bürger der Nation \chuldete. Diese Steuer war alfo ebenfalls in Geld zahlbar ; befreit davon blieben alle Bürger, die außer dem täglihen Normal- arbeitsverdiens fein Einkommen hatten. Die fünfte Mobiliarsteuer endlid, Wohnungésteuer genannt, war nah derselben progressiven Skala, wie die erste, auh nah dem Mietwert der Wohnungen zu veranlagen. Sie traf das Gefamteinkommen, ohne Abzug des Ein- kommens aus Grundbesiß. Ihr Saß war !/z°%/9; diese allgemeine Einkommensteuer war damit begründet worden, daß man nicht wisse, ob die vier anderen Teile der Mobiliarsteuer ergiebig genug sein würden, um die festzusezende Repartitionshöhe der Mobiliarsteuer zu erreihen. Repartition, Veranlagung und Erhebung sollten in ähn- liher Weise wie bei der Grundsteuer geshehen. Eia Dekret vom 29. November 1793 seßte die Personal-, Dienstboten- und Pferde- steuer auf die Hälfte, die Hauptmobiliarsteuer auf !/;3 und die Wohnungssteuer auf !/4 der früheren Säße herab, und 1794 kamen die fünf Mobiliarsteuen ganz in Wegfall. Die dritte direkte Steuer, welche die Nationalversammlung geschaffen hatte, war die „Patentsteuer“, eine Steuer tes Handels- und Gewerbebetriebes. Das Einkommen aus Handel und Gewerbe wurde {on durch die Mobiliarsteuer getroffen; diese wiederholte Belastung rechtfertigte man damit, daß erstens die Patentsteuer von den Betroffenen abgewälzt werde und zweitens diese ein billiger Preis sei für die große Wohltat, welhe die Abschaffung der Zünfte und Meisterrehte für Handel und Gewerbe bedeute. Die Patentsteuer war, wie die Mobiltarsteuer, nah dem Mietwert der Wohnungen, aber einshließlih der Wirtschaftsräume, zu veranlagen. Sie betrug für einen Mietwert bis 400 Liv. 10 9/0 des\elben, von 400 bis 800 Liv. 121/290 und för alle höheren Mietwerte 15%. Der Charakter der Propocrtionalität wurde dadurch gewahrt, daß man, wie bei der Mobkiliarsteuer, von dem Gedanken ausging, daß geringe Mieten cinen größeren Teil des betreffenden Einkommens aus- machen als höhere. Durh Dekret vom 22. März 1793 schaffte der Konvent die Patentsteuer ab, weil sie ein Hemmshuh für Handel und Gewerbe sei. Was die indirekten Steuern betrifft, fo war die Abschaffung der großen Mehrzahl derjenigen des ancien régime 1789 den Abgeordneten zu der Ständeversammlung zur Pflicht gemaht worden. So wurden denn auch Salz-, Getränke-, Tabak-, Papier-, Oel-, Seifen-, Spielkarten- usw. Steuern beseitigt, ebenso die noch bestehenden Binnenzölle. Dagegen wurden beibehalten bezw. fortgebildet: MRegistrierungs- und Stempelgebühren , sowie die Grenzzölle. Sämtliche notariell und gerichtlihen Urkunden, die privaten Besiz- und Nußzungsurkunden mußten, wenn fie vor Gericht vorgelegt werden sollten usw., seit Jahrhunderten in öffentliche Negister eingetragen werden, und bei Gelegenheit dieser Eintragung wurden Gebühren erboben, in deren Tarifen die Gesetzgebung von 1790 gleihfalls das Prinzip der Proportionalität streng durchführte. Der Stempelgebühr wurden sämtliche Urkunden unterworfen, von denen Registrierung8gebühren zu entrihten waren, außerdem die Aktien, Wechsel, Order- und Inhaberpapiere, Geschäftsbücher, Quittungen über den Empfang von Stkdaatsrenter, sowie solche über Zahlung von Zöllen und aller Gebühren. Endlih würde nah langwierigen Debatten der Zolltarif von 1786 in \{chugtzöllnerish-erzieherishem Sinne fortgebildet.

Seit der Erstürmung der Tuilerien durch die jakobinische

Pariser Kommune (am 10. August 1792) zogen \ich viele be- güterte Bourgecis von der Revolution zurück. Die „Patrioten“

verurteilten eine solhe Handlungëweise um so \châärfer, als Franfreih seit April 1792 mit Oesterreich und Preußen în Krieg verwickelt war. Dazu kam das steigende Elend, das sich infolge von Revolution, Krieg und \{lechter Ernte in breiten Kreisen der Bevölkerung einstellte: alles das mehr als genug, um die obnebin schon aus der Unzufriedenheit mit dem Bourgeoisregime erstandene Erbitterung der Sansculotten gegen alle „Reichen“ mächtig zu fördern. Dieser Erbitterung kam im weitesten Maße der Gleichheitsgedanke entgegen. „Außerordentliche Besteuerung der Reihen“ und „Gleich- machung des Besitßzes* wurden ¿zu populären Schlagworten. Ende September 1792 führten die „Révolutions- de Paris“, damals eine der verbreitetsien und einflußreilhsten Zeitungen, aus: „Es ist notwendig, die möglihste Gleihbeit der Vermögen hberbeizuführen, um \o das feblerhafte Prinzip des Uebergewihts der Reichen über die Armen zu zerstören. Es muß ein Verbot erlassen werden, daß kein Bürger mehr als eine bestimmte Anzabl von Morgen Land in einem Kanton besißen darf. Bis zur Durchführung der absoluten Vermözensgleih- beit, die in der Gleihheit der natürlihen Bedürfnisse und deren Befriedigung ein einigendes Band um uns alle {lingen wird, muß jeder, der niht 400 Liv. Einkommen hat, von aller Steuer freibleiben ; seine Schuld ‘an den Staat wird er zahlen durch seine Arbeit, seinen Konsum, durch den Fahnendienst oder die Zahl seiner Kinder. Wer aber wird für die Bedürfnisse des Augenblicks aufkommen? Die Gerechtigkeit gebietet, eine außerordentliche Steuer zu erheben von den Feinden der Freiheit und Gleichheit. Alle Ueberfluß Besitßenden sind in Revolutionszeiten als heimliche oder erklärte Feinde der Regierung des Volkes anzusehen.“

Die Forderung einer außerordentlihen Besteuerung der Reichen faßte festen Fuß in der öffentlihen Meinung; sie wurde immer klarer und bestimmter: sie- bildete den breiten Unterbau, auf dem dann nah und nach das ganze System einer progressiven Einkommensbesteuzrung sich eniwickelte. Auch der radikale Gedanke der Gleichheit des Besitzes mate seinen Weg, bis ihm am 18. März 1793 von seiten des Konvents die \{ärfite Verurteilung widerfuhr. Das Eigentumsrecht wollten die Jakobiner nicht beseitigen. Daher an jenem 18. März die feierlide Erflärung Barères im Namen des WVerteidigungs- und Sicherheitsauss{usses im Konvente: „Ein Gegenstand der Besorgnis für die Departements sind die Deklamationen, die man \ih gegen das Eigentumsrecht erlaubt hat. Es ist Pflicht des Konvents, kund- zugeben, taß er auch nit den g:ringsten Angriff auf das Eigentums- recht, von welcher Art er fei, dulden wird.“ Und sofort wird das Dekret erlassen: „Jeder, der es versuchen follte, das Agrargeseßz *) oder ein anderes Geseg oder eine Maßnahme einzuführen, welche dem Eigentumsrecht entgegensteht, ist der Todesstrafe verfallen." Bei dem damaligen Gleichheitsfatanismus wäre es aber undenkbar gewesen, einer solden Erklärung niht zugleih ein der Gleihheit Genüge [leistendes Gegengewicht zu geben. Fortfahrend verlangte daher Barère den Entwurf des Finanzausshu}ses zu einer progressiven allgemeinen Einkommensteuer. Man unterbrah den Redaz:r, um diese sofort mit überwältigender Mehrheit im Prinzip zu dekretieren.

Der Grundsaß der progressiven Einkommensteuer fand eine tat- sählihe Verwirklihung zunächst als Veranlagungsform mebrfah durh- geführter Zwangsanleihen. De Waha berichtet eingehend über einige dieser Ziwangéanleihen und teilt mit, daß nach dem Geseg vom 3. Sep- tember 1793 die Kortrollausshüsse bei Junggesellen ein Existenz- minimum von 1000 Liv. freizulassen und von dem deklarierten Ein-

*) Unter Agrargesetß verstand man damals die gleihe Aufteilung des Bodens unter alle Bürger.

kommen in Abzug zu bringen hatten, bei verheirateten Männern 1500 Liv. für diese selbs und je 1000 Liv. für die Frau, für jedes Kind und jeden sorstigen Angehörigen und jeden vom Haushalts- vorstand unterhaltenen Angehörigen von im Felde stehenden Bürgern, und daß im übrigen die folgende Progressiontskala festgeseßt war: Vom ersten Tausend, um das ein Ein- fommen das freigelassene Existenzminimum übersteigt, werden 10% für die Zwangsanleihe erhoben, vom zweiten Tausend 20 %%o, vom dritten 309%/% usw. bis zum neunten Tausend, von dem 90 9/9 erhoben werden. **) Das heißt also, daß von 1000 Liv, die von der Zwangsanleibe getroffen werden, 100 Liv. zu zahlen sind, von 2000 Liv. 300 Liv. (nämli 100 Liv. vorn ersten Tausend und 200 Liv. vom zweiten Tausend), von 3000 -Liv. --600 - (100 und 200 und 300) Liv., von 4000 Liv. 1009, von 5000 Liv. 1500, von 6000 Liv. 2100, von 7000 Liv. 2800, von 8900 Liv. 3600 und von 9000 Liv. 4500 Liv. Alle Einkommensteile über das neunte Tausend hinaus, um das ein Einkommen das freigelassene Erxistenzminimum übersteigt, sind zum vollen Betrage in die Zwangsanleihe einzulegen. Man batte also den Gedanken, das eine bestimmte Grenzsumme übersteigende Einkommen ganz einzufordern, beibehalten. Ramel sagt darüber: „Wir haben uns gefragt, ob es nit besser sei, den Steuerzahlern immer noch einen Teil ihres Einkommens, foweit dasselbe auch das neunte Tausend über das Existenzminimum übersteigt, zu lassen. Wenn es sich um eine dauernde Einkommensteuer gehandelt bätte, so hätten wir nicht ezôögert, das zu tun; denn dem Erwerbsfleiß der Bürger will die

evolution feine Schranken seßen. Sie will nur durch weise Geseßze die Vermögen, die das Niveau der Gleichheit überschritten haben, auf sanften Bahnen zu demselben zurückführen.“

Der reichtumsfeindliche Gleichheitsgedanke, der uns bei den Zwangs- anleihen als leitendes Motiv entgegentritt, lag auch einer Reihe anderer Steuern der Schreckensherrshaft zu Grunde, so den fo- genannten „revolutionären Lofalsteuern*. Ihren Ausgangëpunkt hatten diese Steuern in einem Dekret des Konvents vom April 1793, das den Besitz der woblhabenden, nicht jakobinishen Bürger der Willkür jakobinisher Behörden preisgab. Dieses Dekret bestimmte, daß in jeder Gemeinde eine Steuer von den großen Vermögen zu erheben sei, um allen Gemeinden die nötigen Mittel zu vershaffen, die Preise der Lebensmittel der Höhe der Löhne anzupassen. Den Gemeinden blieb die nähere Bestimmung über Höhe, Veranlagung und Erhebung dieser Steuern überlassen. Die folgenschwerste revolutionäre Lokal- steuer dürfte wohl die im Mai 1793 in Lyon erhobene gewesene sein. Die jakobinishe Gemeindevertretung von Lyon bes{chloß am 14. Mai, eine außerordentlihe Steuer von den Kapitalisten, den reihen Grund- und Hausbesißern und den reihen Kaufleuten des Lyoner Distriktes zu erheben. Auf Betreiben von Kommissaren des Konvents wurde die zu erhebende Summe auf 6 Millionen Livres festgeseßt und zur Aus- beburg und Ausrüstung einer revolutionären Garde bestimmt. Der Lyoner Wohblfahrtsausshuß erhob aber in Wirklichkeit über 30 Millionen Livres. Vielfach »erzwangen die Gemeindebeamten unter Drohungen und mit den Waffen in der Hand die verlangten Zahlungen. Durch dieses Vorgehen der jakobinis{en Machthaber wurde die Bevölkerung aufs äußerste erbittert; sie griff zu den Waffen und inszenierte den befannten Lyoner Aufstand, dem nach langwierigen und hartnäckigen Kämpfen die Eroberung Lyons durh die Truppen der Republik ein Ende machte.

In vielen Fällcn* verlieren übrigens die von den Kommissaren des Konvents usw. verfügten Gelderhebungen den Charakter der Steuer oder selbst der s: sie erscheinen lediglih als Strafe die den Reichen für ih1en Reihtum auferlegt worden sind. Ein Erlaß von St. Just und Lebas, Abgesandten des Konvents in Stu vom 10. brumaire des Jahres 11 belegte 193 namentlich aufgeführte Bürger mit einer Steuer von 9 Millionen Liv. Auf die Einzelnen verteilte fie sih in Beträgen von 6000 bis 300 000 Liv. Wer binnen 24 Stunden seinen Teil nicht gezahlt hatte, sollte an den Pranger der Guillotine gegenüber gestellt werden. Einige Zeit später vers urteilte die Gemeindeverwaltung von Straßburg die Bierbrauer

in der Erwägung, daß der Goldhunger f\tets das treibende Motiv all ihres Handelns gewesen sei, zur Zahlung von 290 000 Liv. Bon den Bäcktkern wurden aus dem- selben Grunde 300000 Liv. verlangt. Am 18. brumairs II

ließen die Abgesandten Milhaud und Guyardin in Straßburg alle Bankiers, Wetsler und Notare einkerkern und deren Gelder beschlag- nabmen. Das Gleiche geshah auc an vielen anderen Orten.

Die ungeheuren Ausschreitungen, zu denen das den représentants en miszion sowohl als auch den fommunalen Bebörden verliehene Necht der außerordentlihen Besteuerung der Reichen führte, ver- anlaßte den Konvent troß allen Reichenhasses zu Gegenmaßregeln. Dur Dekrel des Wohlfahrtsaus\husses vom 9. April 1794 wurden alle revolutionäâren Steuern endgültig verboten.

Zur Arbeiterbewegung. In Frankfurt a. M. beschlossen, der „Frkf. Ztg." zufolge, die

Buchbinder in einer Versammlung, den Meistern eizen Tarifvertrag zu unterbreiten. Die wichtigsten Forderungen find: neunstündige Arbeitszeit, Mindestlöhne von 18 Æ# im

ersten Jahr nah der Lehrzeit, 21 # im zweiten, 24 6 im dritten Fahr, für Arbeiterinnen 14 #4, für Ueberarbeit ein Zuschlag von 331/, 0/0, für Sonn- und Feiertagsarbeit von 509%%/. :

In Görliy sind, wie die, „Köln. Ztg.* erfährt, sämtlihe Tischler der photographischen Anstalten in den Ausstand eingetreten. Sie fordern eine Lohnerhöhung von 10%.

In Havre beschlossen, wie „W. T. B.“ meldet, die Hafen - arbeiter, die Arbeit niederzulegen (vgl. Nr. 270 d. Bl.).

Zum belgischen Bergarbeiterausstand (vgl. Nr. 270 d. Bl.) teilt die „Frkf. Ztg.“ mit, daß der Streik" im Kohlengebiet von La Louvière bis auf wenige Ausständige als beendet anzusehen fet.

Literatur. Statistishes Jahrbuch für das Deutsche Neich, herauss

gegeben vom Kaiserlihen Statistishen Amt. 25. Jahr- gang 1904. XX u. 315 S. mit 9 graphishen Beilagen. Berlin, Berlag von Puttkammer u. Mühlbreht. Kart. 2 « Der

25. Jahrgang des Statistishen Jahrbuhs für das Deutsche Reich, das in Gestalt eines für weiteste Kreise wertvollen, knappen Hand- bus die wichtigsten und neuesten Ergebnisse der Reichsstatistik in kurzen, leihtverständlihen Uebersichten und meist in vergleihbaren Jahreêreihen zur allgemeinen Kenntnis bringt, {ließt sich in Form und Inhalt den früheren Jahrgängen im wesentlichen an. Die bisher gegebenen Nachweisungen sind dur die neuesten Daten fortgeführt und ergänzt, einzelne der früheren Uebersihten erweitert und neue Gegen- stände, die eine gleihmäßige und zusammenfassende Darstellung für das Neich zuließen, hinzugefügt. Die {hon im vorigen Jahrgang

, mitgeteilten Ergebnisse der Volkszählung von 1900 haben bis auf tie

**) Bei der Rechtfertigung dieser Geseßesvorlage teilte Namel mit, daß das Nationaleinkommen Frankreihs fih_ auf höchstens 3 Milliarden beziffere (Cambon hatte es am 22. Juni 1793 auf 3,7 Milliarden Liv. ges{äßt). Ein Blick auf die Steuerrollen zeige, daß die Hälfte davon, auf die Bürger entfalle, die weniger als 1000 Liv. Einkommen baben. Von der anderen Hälfte entfielen F auf die Ein- fommen unter 6000 Liv