1856 / 178 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

114 der Verfassungs-Urkunde (Geseßz-Sammlung Nr. 4412) und yri J, betreffend die ländlichen Orts - Obrigkeäten in den nzen (Geseß-Sammlung Nr. 4413), ergangen find,

bezweckt das gegenwärtige Geseß vom 14. April d. J., betreffend die nbgemeinde - Verfassungen in den sechs öôstlihen Provinzen (Gefep-

f lung Nr. 4414), die im Artikel Z des Gesehes vom 24, Mai 1853

Se ehaltene gorthtung den Lau eer der ers Mugen durch ergänzende

7 ningen zu den darüber bestehenden Geseßzen. gestimuungen Artikel 2. N

Behufs Anwendung der dispositiven Vorschrift im ersten Saß des linea 2 §- 1 des gegenwärtigen Geseßes haben die Regierungen dur

A eandräthe unter Mitwirkung der Orts - Obrigkeiten und Zuziehung

e Schulzen und Schöppen diejenigen Grundstücke, welche bisher noch

findn ‘Hemeinde - oder selbstständigen Gutsbezirke (z. B. Domainengut,

gittergut, Stistsgut, Kämmereigut, Freigut, kölmischem Gut) angehört haben namentlih dergleichen Mühlen, Krüge, Schmieden, Forstgrund- túde, Wüstungen 2c. mit Benußung der landräthlichen Voraften über (e Realitäten, der Orts-Register, Regulirungs - und Separations-Ne-

A Urbarien u. st. v. ermitteln und- nah protokollarisher Verneh-

“ind der Betheiligten, namentlich des Befißers der Grundstücke, der be-

eiden Gemeinden oder Gutsbefißer, fih Vorschläge darüber machen

Artikels

14. April d. s aftlichen Pro

nen, mit welchem Gemeinde - oder Gutsbezirke solche Grundstücke d Lage, Prástations-Verhältnissen u. st. w. am zweckmäßigsten zu ber-

nigen sein werden. |

Sobald eine verhältnißmäßig erhebliche Anzahl solcher Verhand- [ungen mit den nöthigen Beweisstüc’en in dem betreffenden Kreise ge- \anmelt sein wird, hat die Regierung den Landrath zu beauftragen, dem náchsstt anstehenden Kreistage die gehörig vorbereiteten und ausgearbeiteten Vorschläge zur Prüfung und Begutachtung mitzutbeilen.

Von deim Landrathe ist demnächst dieses Gutachten nebst den Akten an die Regierung berihtlih einzusenden, und von dieser der Gegenstand nah ressortmäßiger Prüfung mit ibrem Gutachten zur Entscheidung des Ober-Präsidenten zu bringen. Ueber jedes Grundstüdck, dessen Vereini- qung mit einem Gemeinde - oder Gutsbezirk in Frage steht, ist in der segel ein besonderer Bericht an die Regierung resp. an den Ober- Prásidenten zu erstatten und von diesem besondere Entscheidung zu er-

ilen, M Bei Beurtheilung der Frage, ob ein Grundstü bisher {on einem Gemeinde- oder Gutsbezirk angehört habe oder nicht, ist überall mit gründlicher Erörterung und vorsichtiger Würdigung der bestehenden Ver- jältnisse und ihres Entwickelungsganges in Ansehung der Ausbildung ind Begrenzung der Gemeinde- und Gutsbezirke zu verfahren. Was insbesondere die Kirchen-, Pfarr- und Schulgrundstücke betrifft, so hat

ch deren Verbindung mit den Gemeinde- und Gutsbezirken größtentheils hon dergestalt geordnet, daß hierüber im Allgemeinen von Amtswegen fine weileren Verhandlungen anzuregen sind. Vorkommendenfalls aber hat der Ober-Präsident, bevor über eine für nothwenig erachtete neue Vereinigung solher Grundstücke mit einem Gemeinde- oder Gutsbezirke Entscheidung getroffen wird, mir Anzeige zu erstatten, damit über die hierbei in Betracht kommendenden Parochial- und Patronats-Verhält- nisse mit den Nessort-Behörden in Communication getreten werden fônne.

Jn Ansehung der Bestimmungen in Alinea Z und 4 des §. 1. sind die Anträge Behufs Einleitung von Verhandlungen abzuwarten; jedoch nah Rücksprache mit den Betheiligten wieder aufzunehmen, wenn bezÜg- liche Anträge hon aus früherer Zeit vorliegen, aber bisher blos aus Nüdsiht auf das zu erwartende, nunmehr ergangene Geseß über die andgemeinde-Verfassungen zurückgestellt worden find.

Wird die Vereinigung eines Gemeinde-Bezirks mit einem Gutsbezirke genáß Alinea 3. §. 1. nachgesucht, so is den Behufs Einholung der Allerhöchsten Genehmigung durch Vermittelung der Negierung und des Ober-Präfidenten einzureichenden Verhandlungen gleichzeitig das in diesem Falle nah §. 2. zu errichtende Statut, nachdem dasselbe vom Ober-Prä- sidenten zur Bestätigung geeignet befunden worden, zur diesseitigen Kenntnißnahme beizufügen.

Ueberall ist bei Anwendung der Bestimmungen des §. 1. des gegen- wärtigen Geseßes das Verhältniß zu dem polizei-obrigkeitlichen Bezirke, nah näherer Vorschrift des §. 11. des Geseßes vom 14. April d. J., betreffend die ländlichen Ortsobrigfeiten in den sechs östlichen Provinzen, imgleichen, in vorfommenden Fällen, zu den Stadtbezirken, na G e: der Städte-Ordnung vom 30. Mai 1853, mit zu beachten.

Art ikel 3.

Wenn im §. 2 für gewisse Fälle die Errichtung eines Statuts dis- bositiv vorgeschrieben, ferner in den §§. 4, 7, 8, 11, 13 und 17 beson- dere Bestimmungen über die Ausübung autonomischer Vefugnisse der Ge- meinden gegeben sind, so hat dadurch die den Landgemeinden, unter Mit- virkung der Aufsichts-Behörden, nah älterer Verfassung und Geseßge- bung binsichtlich der inneren Kommunal-Angelegenheiten überhaupt zu- stehende Autonomie nur für einzelne Gegenstände eine Ergänzung durch nühere Präcisirung, resp. Erweiterung erfahren. Es bleiben daher für andere, durch die Vorschriften dieses Gesehes nicht betroffene Gegenstände des Kommunalwesens die statutarishen Befugnisse der Landgemeinden, vie solde fich sonst aus der bestehenden Verfassung und Gesepgebung nther ergeben, unberührt.

Vebrigens entspricht es der Stellung der Ortsobrigkeiten , daß die- lben auch bei Anwendung der §F§. 2, 4, 7, 11, 13 und 17, insbesondere bor bezüglicher Einholung des Gutachtens des Kreistages, mit ihren

lärungen vernommen werden.

Artikel 4.

Jun Betreff des Stimmrechts bildet die an die Spize gestellte Vor- lhrift des §. 3, wonach die Theilnahme an dem Stimmrechte und die B der Ausübung desselben in der Gemeinde - Versammlung durch die „stehende Ortsverfassung bestimmt wird, die Grundlage, gegestalt, daß erst in dem Falle, wenn in einer Gemeinde über das timmrecht neue Anordnungen gemäß §. 4 fih als ein Bedürfniß er- eben und getroffen werden müssen, die in den §§. 5 und 6 enthal-

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tenen Normen über die Zulassung zum Stimmrechte und über die Ver tréfung in der Auoabur g bessiber Un Tas kommen.

Nr. 1 des §. 5 seyt für den Fall solcher neuen Anordnung den Befiß eines Wohnhauses im Gemeiade - Bezirk nur als Grenze fest, von welcher bei Ens zum Stimmrecht nicht abgegangen werden soll, wäs aber nicht ausschließt, nah Befinden der Umstände auch neben dem Hausbesißze noch einen Landbefiß von einem gewissen Umfange als Maßgabe festzustellen. Außerdem bietet aber auch die Vorschrift unter Nr. 5 des §. 5 Hülfsmittel dar, um einen nachtheiligen Einfluß des den bloßen Hausbesißern eingeräumten Stimmrechts, den Besißern von A&er- nahrungen gegenüber, zu vermeiden.

Bei eventueller Anwendung der Nr. 4 des §. 5 find die in der Gegend bereits üblichen Einrichtungen wegen Eintheilung der Gemeindeglieder in Klassen und die sih hiernach und nah den besonderen lokalen Verhält- nissen empfehlende angemessene Vertheilung der Stimmen auf die Ge- meindeglièder nah Quoten (z. B. ganze, halbe, viertel 2c. Stimmen), ferner die Beziehung und Verhältnißmäßigkeit der gewährten Rechte und Vortheile zu dem Maße und zu der Vertheilung der Lasten in dem Ge- meinde-Verbande mit Berücksichtigung der Grundsäße des §. 12 sorgfäl- tiger Erwägung zu unterwerfen.

Die Bestimmung des §. 6., wonach in der Ausübung des Stimm- rets Minderjährige durch ihren Stiefvater, sofern derselbe im Gemeinde- Bezirk wohnt und das zum Stimmrecht befäßigende Grundstück bewirth- shaftet, vertreten werden können , wird der besonderen Aufmerksamkeit im Juteresse des bekannten Verhältnisses der sogenannten „Znterimswirth- schaft“ empfohlen. D __ Die Bestimmungen des §. 7. und, im Zusammenhange hiermit, des §. 13. enthalten insbesondere die im Eingange des gegenwärtigen Gesezes angekündigte Ergänzung der Geseße vom 3. Januar 1845 und vom 24, Mai 1853.!

Artikel 5.

Ergiebt sih das Bedürfniß der Einführung einer dauernden Gemeinde- Vertretung durch gewählte Gemeinde-Verordnete für eine Kommune nach den aus früherer Zeit bereits vorliegenden, in Erwartung des gegenwär - tigen Gemeindegeseßes zurückgestellten Anträgen oder sonst dur bestimmt hervortretende Zustände, und geht zufolge Y. 8 des gegenwärtigen Ge- seßes von selbst ein Antrag der Gemeinde auf Einführung einer gewähle ten Gemeinde-Vertretung nicht ein, so kann die Regierung die Gemeind- durch den Landrath auffordern lassen, gleichzeitig mit dem Vorschlage eines Statuts über die erforderlichen Festseßungen, den Antrag wegen Einführung einer gewählten Gemeinde - Vertretung zum Gegenstande der Berathung und Veshlußnahme zu machen.

Bevor jedoch die Regierung ihrerseits cine solhe Anregung geben läßt, find die betreffenden Verhältnisse einer sorgfältigen Prüfung zu unter- werfen, wobei unter gehöriger Würdigung der in dem Viril-Stimmrecht der Gemeindeglieder von Alters her begründeten Vorzüge des ländlichen Gemeindelebens dex nach Lofkal-Verhältnissen vershiedenen Bedeutung der Vermögens-Objekte der Gemeinden, wie äu der übrigen Beftimmungen des gegenwärtigen Gesezes zum Zweck der Vereinfachung der Kommunal- Verwaltung, ktesonders des §. 5 Nr. 4 und 5, betreffend die Klassen- Eintheilung und Einführung von Gesammtstimmen ( Kollektivstimmen), und des §. 10 wegen Erleichterung und näherer Feststellung der Form schriftlicher Gemeinde-Beschlüsse, Urkunden, Vollmachten u. st. w., die Bes dürfnißfrage einer gründlichen Erwägung zu unterziehen ift.

Artikel 6.

Wegen Einführung der städtischen Verfassung für Landgemeinden in Gemäßheit des 17 in dazu geeigneten Fällen find die desfallsigen An- träge abzuwarten oder, wo dergleichen aus leßterer Zeit etwa bereits vorliegen , hierüber die betreffenden Landgemeinden durch den Landrath anderweitig unter Erwägung der Bedürfnißfrage, mit Rücksicht auf den Einfluß des gegenwärtigen Geseßes auf die Negelung der Kommunal- Verhältnisse des Orts, zu vernehmen.

Hält die Regierung den Antrag wegen Einführung der fiädtischen Verfassung in eine Landgemeinde, durch die Ausbildung eines etwa be- reits eingetretenen überwiegend städtischen Lebens, mit Nü@&sicht auf den Umfang ihrer Bevölkerung, die Blüthe und Bedeutung der vorhandenen gewerblichen und Verkehrs-Verhältnisse, die Lage an Verbindungsftraßen, frühere historishe Verhältnisse u. #. w. für begründet, so hat fie durch den Landrath einen Entwurf der für den Fall der Einführung der Städte - Ordnung vom 30, Mai 1853 etwa erforbértichen Modificationen derselben aufstellen und die betreffende Landgemeinde hierüber näher ver- nehmen zu lassen. Es wird dabei in der Negel nach Analogie der Be- stimmung in §. 1 Alinea 2 der Städte-Ordnung die cinfachere städtische Verfassung ohne kollegialischen Gemeinde - Vorstand in Gemäßheit des Titel VIIL zum Grunde zu legen sein.

Der Landrath hat demnächst die Verhandlungen unter gründlicher Darstellung der statistishen Verhältnisse, dem Kreistage zur gutachtlichen Erklärung vorzulegen , und diese der Regierung einzureichen, welche darüber an den Ober - Präsidenten berichtet. Leßtere hat hierauf den Antrag, so bald derselbe zur Einholung des Gutachtens des Provinzial- Landtags hinreichend vorbereitet erscheint, an den Minister des Jnnern

zu: befördern.

Artikel 7.

Weitere Jnstruction zur Ausführung des gegenwärtigen Gesepes, welches dur den Anschluß an einen bekannten Rechtszustand die Anwendung der in übersichtlicher Form gewährten ergänzenden Bestimmungen erleichtert, bleiben vorbehalten , insofern sich dazu dei der praktischen Handhabung desselben und Entscheidung spezieller Fälle ein Bedürfniß ergeben follte, namentlih in Ansehung der Vertheilung der Gemeindelasten und Be- steuerung der Staatstiener (§§. 11 bis 14); eben so mit Rüsicht auf die besonderen und eigenthümlichen Verhältnisse einzelner Landestheile.

Berlin , den 14. Juli 1856.

Der Minister des Junnern. bon West phalen.