1884 / 59 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Mar 1884 18:00:01 GMT) scan diff

T h 7 # j memer dpa galten grbaeni ae E O

delt. Es darf vorausgeseßt werden, daß ein großer Theil der in solher Weise im Laufe der Jahre 1874 bis 1877 nahregistrirten, bezw., weil nit zum Erwerb dur Seefahrt bestimmt, gestrichenen Fahrzeuge (meist Segelschiffe des Nordseeaebiets) bereits am 1. Ja- nuar 1873 vorhanden war. Berücksibtigt man dies, so muß man die wirkliche Bestands8abnahme im Laufe der 10 Jahre zu etwa 400 Schiffen annehmen, und die Zunahme in der Gesammtladefähig- keit um etwa 10000 Reg.-Tons niedriger bemessen, als oben ange- geben. Bei den Dawpfsciffen hat der Registerbestand im ge- dachten Zeitraum um 299 Fahrzeuce und 181 683 Reg.-Tons zuge- nommen, auf die Seglerflotte entfällt daher eine Abnahme der Swiffe um rund 700, der jedoch immerhin noch cine Zunahme der Gcsammtladefähigkeit der Segelschiffe um etwa 3600 Reg.-Tons gegenübersteht. Im O f f e egebiet bat eine Zunahme der Dampf- [iffe um 151 und des Gesammt-Tonnengebalts derselben um 61 799 Reg.-Tons (148,0 bezw. 299,3 0/6), eine Abnabme der Segel- [iffe um 514 und des Raumgehalts derselben um 92 475 Reg.- Tons (25,6 bezw. 21,3 9%) stattgefunden. Im Nord eegebier hat si die Zabl der Dampfer um *148 (129,8 9/4), die Ladefähigkeit derselben um 119 884 Reg.-Tons (110,1%/) vermehrt, wogegen die Zahl der Segel scbiffe dieses Gebiets um etwa 150 Sctiffe abgenommen hat. Was speziell Hamburg und Bremen anbelargt, so ist die Zahl der hamkurgisben Schiffe von 399 auf 487, die Zahl der bremischen von 252 auf 342 gestiegen, und hat der Tonnengehalt der ersteren von 179 409 auf 287 724 Reg.-Tons, der letztere von 174 229 auf 297 519 Reg.-Tons si vergrößert. Jn Hamburg kommt diese Ver- mehrung fast aus\cließlich auf die Dampferflotte, welde um 99 Schiffe und 95 623 Reg.-Tons zugenommer hat, wogeaen in Bremen au die Seglerflotte cine Zunahme um 42 Schiffe und 100 330 Reg.-Tons aufweist. Die regelmäßige Besaßung der deutsben Kauffahrtei- \diffffe belief sib nah der Bestandéaufnahme am 1. Jaruar 1873 auf 40 239 Mann und am 1. Januar 1883 ouf 39031 Mann: die Ab- nahme im Laufe dieser zchn Jahre vergrößert sib jedoch auf etwa 2000 Mann, wenn man, wie oben, annimmt, daß ein großer Theil der in den Jahren 1874 bis 1877 mit einer durcbs{nittlicben Besabung von 2 bis 3 Mann nacbregistrirten und gestribenen Fabr- ¿euge {on zu Anfang 1873 vorhanden war. Die durcsnittliche regelmäßige Besaßung berechnet sich am 1. Januar 1873 für 1 Segelscbiff auf 7,8 Mann, für 1 Dawpfs(iff auf 30,6 und sür 1 Seeschiff überhaupt auf 9,0 Mann, am 1. Januar 1883 auf bezw. 7,3, 212 und 8,9 Mann. Auf 1 Mann kerechnet sib der Nettoraumgehalt bei einem Segelshif am 1. Januar 1873 zu 26,0, am 1 Januar 1883 zu 326 Reg.-Tons, bei einem Dampf- {chiff zu 19,5 bezw. 28,5 und bei cinem Seeschiff überhaupt zu 250 bezw. 31,4 Reg.-Tons. Theilweis hängen diese Veränderungen mit dem gestiegenen Raumgehalt der Schiffe zusammen, da als Negel an- geschen worden, daß, je größer das Fahrzeug, un so geringer im Verhältniß zum MRaumgekalt das Crforderniß an WBedienungs- mannscbaften sich ftellt. Nur bei Pasffagierdampfern erleidet diese Regel des nothwendigen Aufwartungsper]onals wegen eine Ausnahme. Die dur{\ch{nittliche Ladefähigkeit cines deutschen Kauffahrteischiffes betrug am 1. Januar 1873 221 Reg.- Tons, am 1. Januar 1883 281 Reg.-Tons, und zwar im Oftsee- gebiet 215 bezw. 243 und im Nordseegebiet 225 bezw. 306. Bei den Segelschiffen ist die Zahl derjenigen Fahrzeuge, deren Ladc- jähigkeit zwisden 50 und 500 Reg. -Tons liegt, entschieden in der Abnahme begriffen, wogegen die Zahl derjenigen mit einem Raumgehalt von über 500 Reg.-Tcns în den 10 Jahren von 260 auf 480, d. h. um 84,6% zugenowmen hat. Dampf- [ciffe von mehr als 1009 Reg.- Tons Ladefähigkeit zählte der Bestand am 1. Januar 1873 43 mit zusammen 79 402 Reg.-Tons, am 1. Ja- nuar 1883 122 mit zusammen 190 328 Reg - Tons, die Zunahme hat also 183,7 bezw. 139,7 9/9 betragen, Was das Alter der Schiffe anbelangt, so waren unter 10 Jahre alt von 100 Dampf\schiffea am 1, Januar 1873 69,0, am 1. Januar 1883 63,7, von 100 Segelscbiffen 40,2 bezw. 24,7, und über 20 Iabre alt von den Dampfern 23 bezw. 9/0, von den Seglern 226 bew, . 21 / der Be- trachtung der Bestandesveränderungen zeigt V, dal der Zugang im Laufe der 10 Jahre entstanden ist bei 1461 Swiffen mit 527 807 Reg.-Tons durch Neubau, und zwar bei 1274 Schiffen mit 364 318 Reg.-Tons dur Neubau auf deut- schen Werften, ferner durch Ankauf aus dem Auslande (abgesehen vom Neubau) bei 603 Sciffen mit 317803 Reg.-Tons. Der Ab - gang is erfolgt bei 78 Schiffen mit 11 767 Reg.-Tons durch Abwrackung (Abbrub), bei 2070 Schiffen mit 460 640 Reg.-Tors dur Streichung in Folge ron Verunglückung auf See, Kondemnirung, Verbrennen und anderen Unfällen, bei 618 Schiffen mit 191 403 Reg.- Tons dur Verkauf nah dem Auslande (abgesehen von den auf deutschen Werften sür fremde Rechnung erbauten, nicht registrirten Schiffen). Hier- aus ergiebt sih, daß der Abgang von Seeschiffen zum größten Theil in Folge von Verunglückungen auf Sce bezw. S cbiffsunfällen stattge- funden hat, und daß durcschnittlich jâhrlich 207 Scbiffe mit rund 46 0C0 Reg.-Tons (4,4496 bezw. 4,119/6 deé mittleren Schiffsbestandes) als total verloren vom Bestande baben abgesetzt werden müssen.

Gewerbe und Handel.

Nah eincr weiteren Verfügung*) der spanischen Regierung vom 15, v. M. darf die Einfuhr von Kartoffeln zugelassener Pro- venlenz nunmehr auch in Huelva stattfinden.

Der Verwaltungsrath der Preußischen Hypotheken- Versicherungs-Aktiengesellschaft genehmigte die von der Direktion vorgelegte Bilanz und seßte die Dividende für das Jahr 1883 auf 59% fest.

E Der _Brulttogewirn der Ravensberger Spinnerei, Aktiengesellschaft, für 1883 beträgt circa 730000 A Davon werden 270 000 H oder ‘circa 62% zu Abschreibungen verwendet, während die Aktionäre cine Dividende von 119% (gegen 1009/9 im Vonjahr) erhalten. Der Reservefonds der Gesclls®aft ist bereits voll und hat bei cinem Aktienkapital von 4 200 0C0 M die Summe von 1 900 000 M oder 459/10%/9 erreiht. Nach den sämmtlichen bis- ber veröffentliten Berichten der vereinigten Rheinisc-Westfälischen Spinner und. Spinnereien entwicdelt sih das Geschäft in diesem Jahre in günstiger Weise.

_ Wien, 8, März. (W. T. B.) Die Prioritätenkonver- tirung der Rudolfbahn und der Vorarlberger Bahn foll, wie die „Presse“ wissen will, gleidz-itig durcgeführt werden. Von der Kaiser: Ferdinants-Nordbahn wird zur Bescblußfassung über die mit der Negterung aus Anlaß des Ablaufs des Privilegiums ge- troffenen Vereinbarungen eine auß rordentliche Generalversammlur g auf den 7. April c. einberufen, nach Genehmigung der Vereinbarungen dur die Generalversammlung soll die Vorlegung derselben an den Reisrath erfolgen.

London, 7. März. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll - auktion waren Preise unverändert.

New-York, «G Mun (V. T B) Baumwollen- Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 69 000 V Ausfuhr nah Großbritannien 57 000 B., Ausfuhr nah dem Konti- nent 49 000 B., Vorrath 901 000 B.

Verkehrs-Anstalten.

L Auf den Linien der Großen Berliner und der Großen HZnternationalen Pferde - Eisenbahn - Aktien -Gesell- \chaft sind im Monat Februar 1884 4 961 175 Personen befördert und dafür 606 296 A oder dur{schnittlich vro Tag 20 906,76 Tas A F L pogelommen, Die Einnahme im Fécbruar 3 belie auf 522 731 M. d ittli 4 18668.09 oder durchschnittlich pro Tag BDAmbUrs, 1 Mar (W. T B) Die Dividende. der

Hamburg - Amerikanisch{en Padcketfahrt - Aktiengesell-

\chaft ift auf 4% festgeseßt worden. *) confr. „R. A.“ Nr. 30 von 1884.

Verïlín, 8. März 1884.

In Em. Ph. Meyers Kunstsalon is soeben das neueste große Gemälde von Henri Siemiradzki in Rom, die für das Museum zu Moskau gemalte „Bestattung eines altrussischen Häuptlings“, zur Ausstellung gelangt. Die ihm voraufgegan- genen Zeitungsberibte kündeten ein Meisterwerk an, das cine ähnliche Sensation zu erregen berufen sien, wie sie seiner Zeit das Er- scheinen der vielbesprohenen „Fackeln des Nero* begleitete. Dur das Bild selber wird indeß die hocgespannte Erwartung enttäuscht. Von der Originalität und der effektvollen Wirkung jencs früheren Gemäldes weist es \o wenig auf wie von der pikanten kolozuistishen Feinheit des seitdem entstandenen „Scwerter- tanzes“ und der ihm weiterhin gefolg*en Scenen im Kostüm des flassiswen Alterthums. Ein Interesse, das freilich mit dem rein fünstlerishen wenig zu schaffen hat, vermag höchstens der cigenartige Vorgang der Darstellung zu erregen, für welche der Bericht eines arabiscben Reisenden dem Maler das Motiv, ein im Einzelnen {wer fkontrolirbares antiquarishes Studium den äußeren malerischen Apparat darbot.

Die Scilderung verseßt den Beschauer in das asiatishe Ruß- land des 10. Jahrhunderts und führt ihm, genau nachþ dem Wort- laut jenes Berichts, einen scauerliden Brauch der Leichenbestattung vor Augen, wie er übrigens au anderweit bei Völkern verschiedensten Stammes \ich{ findet. Dem Gestorbenen wird das, was im Leben ibm werth war, im Tode mitgegeben, aber niht blos Wehr und Waffen, Schmuck und Geräth, sondern au sein nächster lebendiger Besiß. Auf dem hocgescbichteten Sceiterbaufen ragt, am Vorderbug mit einem von der Art und Säge des Zimmermanns hergerichteten, grell roth bemalte» Pferdekopf und sonstigem farbigen Ornament ges{müÜückt, cin weitbauhiges Sciff empor, das fasi die ganze Breite des Bildes füllt. Im hinteren Theil dcsselben is aus Baumstämmen das Gerüst für cinen darüber gebreiteten gelbroth \{immernden Baldachin herge- stelt. Unter ihm hat man den Todten in seinem roth und goldig gemusterten Gewande auf kostbaren Teppichen gebettet und ihn mit Blumen, mit blinkendem Prunkgeräth und mit den bunt verzierten Waffen, dem Bogen und Köchher, dem Schwert und Schild umgeben. Das weiße Streitroß des Häuptlings, dem man die Kehle durbschnitten, ist mit Riemen und Stricken an das Scchbiffff festgebunden, an dessen Seite es nun hecabhängt, und neben ibm haben ein zweites Pferd und cin Rind den Holzstoß mit ihrem Blute gefärbt Auf dem Rand des Bootes aber fißt thränenden Auges, die Füße auf einen Schemel gestütt, in der seitwärts fort- gestreckien Rechten den widerwillig ergriffenen Giftbecher haltend, in weißem, rothgesäumten Kleide das Weib des Todten, das gleichfalls mit ihm zu sterben hat. Klagend ringt ihr zur Seite cine Sklavin die Hände, indeß eine andere, zu den Füßen der Herrin knieend, ihr Muth zuzuspreten s\ch{eint, und hinter der Unglücklichen, im Innern des Schiffes stehend und von zwci männlichen Henkersknehten umgeben, eine megärenhafte Alte in s{warzem Mantel mit dem Dol(messer in dec Hand si vorbeugt, um die vergeblib gegen ihr Sciksal sih Sträubende mit sicherem Stoß oder Schnitt zu tödten. Drei Klagewciber, die unten am Rande des Scheiterhaufens mit wilden Geberden die Hände ringen, und eine Gruppe von Kriegern, die ihnen gegenüber mit ihren Schwertern, Aecxten und Streitfolben gegen die met.llenen Scilde \ch{lagen, über- tönen mit lautem Lärm das Jammecn des unglücklichen Opfers. Ein greiser Sänger inmitten der letzteren Gruppe rührt daza die Saiten seines Instruments, während vor ihm eti Mann sih wie von Schmerz üÜberwältigt zu Boden geworfen hat und ein an der Erde kauernder Knabe zu dem sich abspielenden grausen Vorgang empyorshaut. Noch weiter nach links hin erblickt man endlich eine Gruppe zuschauenden Volkes, Männer, Weiber und Kinder, über deren Köpfen groteske, phantastisch mit Maskea und Hörnern aufgepußtte Göuenbilder in die atendlihe Luft aufragen, und neben einem an der Erte alimmen- den Feuer, von einem Krieger gehalten, der den kraftlos Dasftehenden unterstüßt, einen fast neckten, nur mit einem um die Hüften gerounde- nen Schurz bekleideten Mann, einen Verwandten des Todten, dem die Aufgabe zufällt, mit der ihm bereits in die Hand gegebenen Fackel den Holzstoß in Brand zu setzen.

So fremd und abstoßend der Vorgang an si dem modernen Empfinden gegenübersteht, so schr ließ sich doch von der künstlerischen Gestaltung des cinmal gewählten Stoffes cine malerisch wirkungs- volle und zugleich dur die Schilderung gesteigerter Affekte ergreifende Komposition erwarten. Statt des vollen, packenden Lebens sindet der Beschauer indeß einen mühsam zusammengebrachten Aufbau conven- tionell bewegter, gleibgültiger Figuren, von denen kaum eine von einer wiflihen Bese:lung zu Überzeugen vermag. Unbedeutenden Formen und inhaltlofen Köpfen gesellt sich der gewohnte Apparat nictssagender pathetisher Geberden, und so läßt das Bild, weit entfernt davon, zu ersüttern und Mitleid und Entsectzen hervor- zurufen, in feiner Ausdruckslosigkeit überhaupt keine innere Bewegung aufkommen, Daß es dabei aud in der rein malerischen Erscheinung nicht entfernt an fiühere Leistungen des Künstlers heranreicht, mag wesentlich der ihm ungewohnten Technik der Malerci in Wachsfarben und der ihr zu Grunde liegenden Absicht zuzuscreiben scin, dem Bilde mit Nücsiht auf den als monumentalem Wandschmudk ihm zugewiesenen künftigen Platz eine freskoartige Ge- fammthaltung zu geben, Damit if der gesammten Malerei jedoch der lebendige finnliche Neiz der Farbe, die leuchtende Kraft des Tons, die Zartheit und Energie der Stimmung genommen, ohne daß dafür eine ernste und große, geschlossene monumentale Haltung an die Stelle trâte. Jn der Behandlung der ungewobnten Technik aber macht nch überdies eine vielfah empfindlich \törende Unsicherheit bemerkbar, und in einzelnen Portien, wie namentlich in dec Belksgruppe am linken Rande des Bildes, sind Zeichnung, Modellirung und Vortrag flau und kraftlos.

(A. Woldts Wissenschaftl. Correspondenz.) Ein fkunstvoll geschnißter Hauswappenpfahl der Haida-Indianer ist soeben im Lichthofe der Königlichen landwirthschaftlichen Hoch- [chule aufgestellt worden. Dieser hölzerne Pfeiler besteht aus einem einzigen, riesengroßen Baumstamm und bildet das räumlih größte Stück der Sammlungen des Königlichen ethnologischen M u- seums. Da sich, mit Auënahme der Rotunde, kein cinziger Naum des Königl ichen Museums im Lustgarten als groß genug erwiesen hatte, dieses umfangreiche Produkt der Holzbildhauerei aufzunelmen, so hat dieser Hauêwappenpfahl einstweilen seine jeßige Aufstellung erhalten. Als Kapitän Jacobsen, der Reisende und „Gthnologist“ des Ber- liner Königlichen Museums im Herbst 1881 den Königin-Charlotte- Archipel an der Nordwestküste Amerikas durch eine kühne Sahrl im offenen Canoe quer über die (ca. 40 Seeméilen breite Meeresstrecke erreicht hatte, sucte er alle Dörfer der dortigen Haida-Indiarer ab, um Gelegenheit zum Ankauf eines solchen Pfeilers zu erhalten. Nach viclen vergeblichen Bemühungen gelang es ihm endlich, in dem nördlihsten Indianerdorfe Masset den betreffenden Pfahl zu kaufen. Kapitän Jacobsen giebt über diese ethnologische. Méerkwürdigkeit In seinem binnen Kurzem im Verlage von Mox Spohr in Leipzig erscheinenden „Reiscwerk“ eine intercssante Schilderung :

An der Herstellung eines folchen Pfeilers betheiligt sih in der Regel eine ganze Dorfgenossenschaft, da bei den Haidas fast JIeder- mann ein Künstler ist. Je ein Indianer übernimmt die Ausführung einer der zahlreihen Relteffiguren, die die einzelnen Abthei- lungen einnehmen. Alle Arbeiten an dem Pfahl werden nab einheitlidem Plan unter Spezialoufsiht eines Ober- fünstlers auêgcjührt. „Viele fleißige Hände rühren sih, und unter dem unablässigen (Heklopf der einfachen Werkzeuge die În- dianer-Handäxte und ein Paar Stemmeisfen sind Alles, was diese Künstler benußen entsteht jene \cheinbar so bizarre Komposition von mensclihen und thierisben Figuren.“ Auf Kapitän Jacobsfens Bitten sandte ihm der Vorsteher dcs Handelépostens der Hudsonë- Bai-Comp. in Masset, Hr. Mackenzie, cine Beschreibung des betr. Pfahles : „Ein solcher Pfahl, als Sie bekommcn haken, heißt in der Haidasprache Kee-ang, d. h. geshnißter Hauswappenpfahl. Dics ist die Bezeichnung eines Pfahles im Allgemeinen, aber jeder Pfahl hat

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außerdem noch einen individuellen und untersheidenden Namen. D Name des für das Berlinec Museum gekauften Pfahbles bei „Quee-tilk-keh-ßoo“, d. h. cin Seher oder Wächter für d Komrnenden oder ein Gesichtépunkt und Merkzeichen für die, welche i nähern. Welche Bedeutung die richtige ist, kann ih wirkli nih sagen, da meine Kenntniß der Haidasprahe nur eine geringé ist. Der Pfahl wurde vor 6 Jahren auf der Stelle errichtet, wq Sie ihn gekauft haben, und zwar von einem Haida - Häuptling) Namens Stilta, als derselbe den Entshluß faßte, ein neues Haus zu bauen. Dieses Ereigniß wurde, wie gewöhnli, dur eine große Vertheilung von Eigenthum Seitens des Stilta aus gezeihnet. Hunderte von wollenen Decken und andere werth- volle Dinge wurden an alle Diejenigen geschenkt, welche si bei der! Anfertigung des Pfahles betheiligt hatten. Stilta stand unter der „Adler“-Gottheit, und nah ihren dortigen Gebräuben mußten alle Empfänger von Geschenken unter einer anderen Gottheit stehen Nicht lange na Errichtung des Pfahles wurde Stilta krank und starb, bevor sein Haus erbaut war. Sein Bruder, von welhem Sie den Pfahl gekauft haben, folgte ikm in seiner Stellung als Häuptling und nabm feinen Namen an. Zugleich errichtete er einen anderen Pfahl zum Andenken an den Tod seines Bruders und an seine eigene Besißnahme der Stelle desselben. Es muß hier bemerkt werden, daß ein Begräbnißpfahl anders aussieht als ein Hauswappenpfahl.

Die Swniterei am Fuße des für das Berliner Museum gekauften Pfahles repräsentirt den „Walfish“, welcher mit dem „indianischen Medizinmann* übernatürlihe Unterhaltungen hat. Oberhalb des Wallfiscbes is eine Haida „Medizinfrau“ dargestellt. Diese Embleme wurden ron Edensaw, dem Oberbäuptling des nördlicsten Theils des Königin Charlotte-Archipels gesbnitzt. Das oberhalb des Wales befindliche Medizirweib pflegte den Indianern diescs Stammes vorherzusagen, wenn ein Wal an der Nordküste stranden würde. Es war dies mögli durch obengenannten Walfish, in dessen Gestalt fih ein Zauberer verwandelt hatte. Hierdurch erhielt sie die Macht, andere Walfische ins flache Wasser zu treiben.

Mit dieser Darstellung des Hrn. Mackenzie is nur die untere Gruppe der figürlihen Darstellungen des betr. Pfahles erklärt; es befinden sich darüber einschließlich des die Spitze der Säule cin- nehmenden Adlers noch 7—8 Sktulpturen, in denen ih die Figur des indianischen Medizinmannes und des Walfishes wiederholt. Es muß späteren wissenschaftlichen Untersucbungen vorbehalten bleiben, eine genüge:de Erkiärung des ganzen Pfahls zu geben.

Der Stolze’ {Ge Stenographenverein (Vorsitzender: Par- laments-Stenograph Max Bâckler, 80. Engelufer 6) eröffnet am Montag, den 10. d. M., Abends 8x Uhr, im Restaurant Reimann, Leipzigerstraße 14, einen einmal wöchentlich stattfindenden Fort- bildungsfursus zur theoretishen und praktishen Einübung der Stolze’shen Stenographie.

Im Deutschen Theater geht am Sonnabend, den 15,, Shakespeare's Trauerspiel „Romeo und Julia* neu in Scene. Außer- dem bringt das Repertoire dieser Woche Wiederholungen von „Don Carlos“, „Richter von Zal2mea" und „Probepfeil.“

Am Freitag, den 14. März, Abends 74 Uhr, findet in der Dreifaltigkeits-Kirche ein Geiftliches Concert des Li turgis chen Chors der Dreifaltigkeits-Kirche, unter Mitwirkung der Fr. Katharina Müller-Nonneburger sowie des Hrn. Friedrih Franke (Orgel), untec L.itung des Hrn. Ernst Wolff statt. Zur Aufführung gelangen: 1) Orgelpräludium, C-moll, J. S. Bad, Hr. Franke. 2) a Miserere (Doppelchor), Gr. Allegri. b. Wir loben Christum (4 stimmig), Fr. Suriano. c. Ih weiß, daß mein Erlöser lebt (5 stimmig), Cantus firmus im Sopran «Christus, der ift mein Leben“, J. M. Bach. 3) Ave Maria, L, Cherubini, Fr. Müller - Ronneburger. 4) Zwei geistlike Männer Chöôre, op. 115, &. Mendelsfohn. a. Beati mortni, b. Periti Autem. 5) a. Wie lieblih ist Deine Wohnung, b. Macht auf die Thor’ der G'’recbtig- keit, von B. Klein, sür gem Chor bearb. von Palme. 6) Osterlied, ep. 128, Jos. Rheinberger, Frau Müller-Ronneburger. 7) Pialm 100. Jauchzet dem Herrn (8ftimm.), F. Mendelssohn. 8) Orgel fuge, C moll, F. Händel, Hr. Franke. Billets zu 1 A sind vorher zu haben in der Hof-Musikalienhandlung von Bote u. Bo, Leipziger- straße 37 und Unter den Linden 3, bei dem Küster Scneider, Kanonierstraße 5, und am Concertabend an den Kirchthüren, Der Ectrag des Concerts ist für die Zwecke des liturgishen Chorgefangs an der Dreifaltigkeitskirhe bestimmt.

Am Mittwoch Abend 7 Uhr giebt Hr. Adolf Friedrich in der Marienkircbe unter Leitung seines Lehrers, des Kgl, Musik- Direktors Dienel ein Concert, Er spielt in demselben Thiele's die auëgebildetste Technik verlangenden Concert- Variationen in As-dur, Bachs E-mo!1-Präludium und den Finalsat aus der D-moll-Sonate für Orgel von Dienel, Die Mitwirkenden, Frau Natalie Schröder, Frau Clara Bindhoff und Hr. Jul. Sturm singen ein Terzett, cin Duett und mehrere Arien. Bei Bote und Bock und an der Kirche sind Billets zu 1 4 zu haben.

Frl. Cornelia Kirchoff, eine Schülerin des Königlichen Musikdirektors Dienel, giebt am Dienstag Abend 8 Uhr in der Louisenkirce zu Charlottenburg ein Wohlthätigkeits- Concert, in welchem dieselbe den 1, und 2. Saß ciner Symphonie für Orgel und großes Orchester unter Mitwirkung des von Hrn. Heinrich Urban geleiteten Berliner Dilettanten-Orchester- Vereins zur ersten Aufführung bringen und außerdem Bachs Pastorale auf der Orgel spielen wird. Ferner wird Frl. A ug. Hohenschild eine Händelsche Arie aus „Jephta“ und eine Arie aus dem 8tabat water von Pergolesi, und Hr. Senfft von Pilsach eine Arie aus Bachs Weihnachts-Dratorium und „Es ist genug“ aus Mendelssohns „Elias“ singen und das Orchester die Ouverture ¿um „Paulus“ von Mendels- fohn vortragen.

__ Der Zoologische Garten hat neuerdings eine werthvolle Acquisition gemacht in cinem seit einigen Tagen dort angekommenen, der Gattung der Halbaffen angehörigen , Nonnenmaki“ (lemur macaco). Dieses äußerst seltene Exemplar mit einem Fucbskopf und langem s{warzen Scbwanz hat font ein vorwiegend weißes Haarkleid. Die Makis wurden früher den eigentlihen Äffen zugezählt, doch mußte inan sie auf Grund neuerer Forshungen von diesen trennen. Ießt bilden fie eine eigene Ordnung, welche zwischen Affen und Nagern steht. Jhre Heimath ist Madagaskar und die gegenüberliegenden Theile Afrikas. Sie werden dort als heilige Geschöpse betrachtet, und die Eingeborenen machen dem wißbegierigen Reisenden viel Schwierigkeiten, wenn er Makis jagen oder nur beobachten will. Deshalb is auch ihr Freileben nur wenig bekanut. Außerdem macht die starke Veränderlihkeit ihres Haarkleides der

Systematik Schwierigkeiten, und erst seit Bestehen der 3z00-

logishen Gärten bat man über manchen dunklen Punkt Aufklärung erhalten. Die Halbaffen sind Nachtthiere und wohnen in dichten Wäldern, die reich an Früchten sind. Sie beginnen ihr näht- liches Treiben mit einem grunzenden Chorgesang, der jedem Neuling Grausen einflößt. Staunenswerth sind ihre Sprung- und Kletter- künfte, die man au an gefangenen Exemplaren beobachten kann. Sie übertreffen darin die eigentlihen Affen bei Weitem. Bei den Hühnern des Zoologischen Gartens ist neuerdings aus Südamerika ein Schakuhuhn angekommen.

DA

Redacteur: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W, Elsner,

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußishen Staats-Anzeiger. M 59.

Erste Beilage

Berlin, Sonnabend, den §. März

1584,

Neichstags - Angelegenheiten.

Entwurf eines Gesetzes über die Unfallversicherung der Arbeiter. (Schluß) V, Feststellung und Auszahlung der Entschädigungen. Anzeige und Untersuchung der Unfälle. S. S1

Von jedem in einem versicherten Betriebe vorkommenden Unfall, durch welchen eine in demselben beschäftigte Person getödtet wird oder cine Körperverletzung erleidet, welche eine Arbeitsunfähigkeit von mehr

ls drei Tagen oder den Tod zur Folge hat, ist von dem Betriebs- anternehmer bei der Orctspolizeibehörde s\chriftlihe Anzeige zu

erstatten: : 2 | Dieselbe muf binnen zwei Tagen nah dem Tage erfolgen, an

welchem der Betriebsunternehmer von dem Unfall Kenntniß er-

langt hat.

Für den Betriebsunternehmer kann derjenige, welcher zur Zeit des Unfalls den Betrieb oder den Betriebstheil, in welem si der Unfall ereignete, zu leiten hatte, die Anzeige erstatten; im Falle der Abwesenheit oder Behinderung des Betriebsunternehmers ift er dazu

verpflichtet, : i : i as Formular für die Anzeige wird vom Reichs-Versicherungs-

festgestellt. 7 E Feha Vorstände der unter Reich8- oder Staatsverwaltung stehen- den Betriebe haben die in Absay 1 vorgeschriebene Anzeige der vor- geseßten Dienstbehörde nah näherer Anweisung derselben zu erstatten.

& 52.

Die Orts8polizeibehörden, im Falle des §. 51 Absaß 5 die Be- triebsvorstände, haben über die zur Anz:ige gelangenden Unfälle cin Unfallverzeichniß zu führen. s 53

0B.

Jeder zur Anzeige gelangte Unfall, durch welchen eine versicherte Person getödtet ist oder cine Körperverlezung erlitten hat, die vor- ausfichtlih den Tod oder eine Ermerbsunfähigkeit von mehr als drei- zehn Wochen zur Folge haben wird, ist von der Ortspolizeibehörde sobald wie möglich einer Untersuhung zu unterziehen, durch welche estzustellen find: :

vi h die Veranlassung und Art des Unfalls,

92) die getödteten oder verleßten Personen,

3) die Art der vorgekommenen Verleßungen,

4) der Verbleib der verletzten Personen, O M

5) die Hinterbliebenen der durch den Unfall getödteten Personen, welche nach S. 6 dieses Gesetzes einen Eutschädigungsanspruch erhebe: können. i : E

Vertreter der Genoffenschaft, der Vertreter des Arbeiteraus\{u}ses bezw. der Aus\hußgruppe (8. 45 Absfay 3) und der Betriebsunter- nehmer, leßterer entweder in Person oder dur einen Vertreter, kön- nen an den Untersuchung8verhandlungen theilnehmen. Zu diesem Zweke ist dem Genossenschaftsvorstande, dem Vertreter des Arbeiter- ausschusses bezw. der Ausshußgruppe und dem Betriebsunternehmer von der Einleitung der Untersuchung rechtzeitig Kenntniß zu geben. Ist die Genossenschaft in Sektionen getheilt, oder sind von der Ge- nossenschaft Vertrauensmänner bestellt, so ist die Mittheilung von der Einleitung der Untersuchung an den Sektion8vorstand bezw. an den Vertrauensmann zu richten. L

2 Außerdem sind, so weit thunli, die sonstigen Betheiligten und auf Antrag und Kosten der Genossenschaft Sachverständige zuzuzichen. S. 55. :

Die Festseßung der Vergütung, welche dem bei der Unter- suchung des Unfalls zugezogenen Vertreter des Arbeiterauss{usses bezw. der Aus\chußgruppe gemäß §. 44 Absatz 4 zusteht, erfolgt durch

ie Ortspolizeibehörde. E E “Ben dem über die Untersvuchung aufgenommenen Protokolle, so- wie von den sonstigen Untersuchungsverhandlungen ist den Betheilig- ten auf ihren Antrag Einsiht und gegen Erstatiung der Schreib- gebühren Abschrift zu ertheilen. ¿a

e. U

Bei den in §. 51 Absatz 5 bezeichneten Betrieben bestimmt die vorgesetzte Dienstbehörde diejenige Behörde, welche die Untersuhung nah den Bestimmungen der S8. 53 bis 55 vorzunehmen und die Vergütung für den Vertreter des Arbeiteraus\chusses festzuseßen hat,

Entscheidung der Vorstände. S C

Die Feststellung der Entschädigungen für die dur Unfall ver- letzten Versicherten und T die Hinterbliebenen der durch Unfall ge- tödteten Versicherten erfolg I

1) L Ge O haft in Sektionen eingetheilt ift, durch den Vorstand der Sektion, wenn es sih handelt

a. um den Ersatz der Kosten des Heilverfahrens, -

b. um die für die“ Dauer einer vorausfichtliÞ vorübergehenden

Erwerbsunfähigkeit zu gewährende Rente,

c. um den Ersatz der Beerdigungskosten ; :

2) in allen übrigen Fällen durch den Vorstand der Genossenschaft.

Das Genossenschaftsftatut kann bestimmen, daß die Feststellung der Entshädigungen in den Fällen der Ziffer 1 und 2 durch einen Ausschuß des Sektionsvorstandes oder durch eine besondere Kom- mission oder durch örtliche Beauftragte (Vertrauens8männer) und in den Fällen der Ziffer 2 auch durch den Sektionsvorstand oder durch cinen Ausschuß des Genossenscbaftsvorstandes zu bewirken ist.

Vor der Feststellung der Gatscädigung ist dem Entschädigungs- berechtigten durch Mittheilung der Unterlagen, auf Grund deren die-

selbe zu bemessen is, Gelegenheit zu geben, fh binnen einer Frist

von einer Woche zu äußern. 5 8. 98.

Sind versicherte Personen in Folge des Unfalls getödtet, so haben

die im §, 57 bezeibneten Genossenschaftsorgane sofort nah Abschluß der TnteetuSuna (88. 53 bis 56) oder, falls der Tod erst später ein-

tritt, sobald se von demselben Kenntniß erlangt haben, die Fest-

tellung der Entschädigung vorzunehmen. E G Sind versicherte Personen in Folge des Unfalls körperlich ver-

o ist sobald als möglich die ihnen zu gewährende Entschädigung

feftiaftellen

ür diejenigen verleßten Perfonen, für wel{e noch nach Ablauf von dreizehn Wochen eine weitere ärztlihe Behandlung behufs Hei-

Iung der erlittenen Verletzungen nothwendig ist, hat sih die Fest-

stellung zunächst mindestens auf die bis zur Beendigung des Heil- verfahrens zu leistenden Entschädigungen zu erstrecken. Die weitere

Entschädigung ist, sofern deren Feststellung früher niht möglich ift, nach Beendigung des Heilverfahrens unverzüglich zu bewirken.

S. 59, A

Entschädigungsberechtigte, fur welche die Entshädigung nicht von Suite festgestellt ist, haben ihren Entschädigungsanspruch bei Vermeidung des Ausschlusses vor Ablauf eines Jahres nah dem Ein- tritt des Unfalls bei dem zuständigen Vorstande anzumelden

Wird der angemeldete Entschädigungsanspruch anerkannt, so ist die Höhe der Entschädigung sofort festzustellen; anderenfalls ift der Entschädigungs8anspruch durch schriftlichen Bescheid abzulehnen.

Ereignete sich der Unfall, in Folge dessen der Entshädigungs- anspruch erhoben wird, in einem Betriebe, für welchen ein Mitglicd- sein von einer Genoffenschaft nicht ertheilt war, so bat die An- meldung des Entschädigungsanspruchs bei der unteren Verwaltungs- bebörde zu erfolgen, in deren Bezirk der Betrieb belegen ist. Die- selbe hat den Entschädigungsansprub mittelst Bescheides zurückzu- weisen, wenn sie den Betrieb, in welchem der Unfall sich ereignet hat, für niht unter den § 1 fallend erachtet; anderenfalls hat sie die Fest- stellung der Genossenschaft, welcher der Betrieb angehört, nad Maß- gabe der S8. 34 bis 37 herbeizuführen, und, nachdem diese Feststellung erfolgt ist, den angemeldeten Extschädigungsanspruh dem zuständigen Vorstande zur weiteren Veranlassung zu überweisen, auch dem Ent- schädigungsberehtigten hie:von {chriftlich Nachricht zu geben.

8. 60. : Die Mitglieder der Genossenschaften sind verpflichtet, auf Erfordern der Behörden und Vorstände (Vertrauenêmänner) (§8. 57) binnen einer Woche diejenigen Lobn- und Gehaltsnachweisungen zu liefern, welche zur Feststellung der Entschädigung erforderlich sind.

S. 61. i Ueber die Feststellung der Entschädigung hat der Vorstand (Aus- \chuß, Vertrauensmann), welcher dieselbe vorgenommen hat, dem Ent- \cädigungsberechtigten einen schriftlichen Bescheid zu ertheilen, aus welchem die Höhe der Entschädigung und die Art ihrer Berechnung zu ersehen ist. Bei Entschädigungen für erwerbsunfähig gewordene Verleßte ist namentlich anzugeben, in welchem Maße die Erwerbs- unfähigkeit angenommen wocden ist.

Berufung gegen die Entscheidung der Behörden und Genofsenschafts- organe. 8. 62.

Gegen den Bescheid der unteren Verwaltungsbehörde, durch welchen der Entschädigungtansprub aus dem Grunde abgelehnt wird, weil der Betrieb, in welchem der Unfall sich ereignet hat, für nit unter den §. 1 fallend erachtet wird (8. 59 Absatz 3) steht dem Ver- leßten und seinen Hinterbliebenen die Beschwerde an das Reichs- Versicherungëamt zu. Dieselbe ift binnen vier Wochen na der Zu- stellung des ablehnenden Bescheides bei der unteren Verwaltungs- behörde einzulegen.

Gegen den Bescheid, durch welchen der Entscädigungsanspruch aus einem anderen als dem vorbezeihncten Grunde abgelehnt wird (S. 59 Absatz 2), sowie gegen den Bescheid, durch welchen die Ent- schädigung festgestellt wird (§8. 61), findet die Berufung auf \{hied2- richterlihe Entscbeidung itatt.

Die Berufung ift bei Vermeidung des Aus\{lu}es binnen vier Wochen nach der Zustellung des Bescheides bei dem Vorsitzenden desjenigen Schied®gerichts (§. 47) zu erheben, in dessen Bezirk der Betrieb, in welchem der Unfall si ereignet hat, belegen ift.

Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung.)

Entscheidung des Swiedsgerichts. Rekurs an das Neichs- Bersicherungsamt. 8. 63.

Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist dem Berufenden und demjenigen Genofsenschaftsorgane, welches den angefochtenen Bescheid erlassen hat, zuzustellen. Gegen die Entscheidung steht in den Fällen des §. 57 Ziffer 2 dem Verleßten oder dessen Hinterbliebenen, sowie dem Genofsenschaftsvorstande binnen einer Frist von vier Wochen nach der Zustellung der Entscheidung der Rekurs an das Reichs- Veïrsiberungsamt zu, Derselbe hat keine aufshiebende Wirkung.

Bildet in dem Falle des §. 6 Ziffer 2 die Anerkennung oder Nichtanerkennung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Getödteten und dem die Entschädigung Beanspruchenden die Vorausseßung des Gnt- schädigungsanspruchs, so kann das Schiedsgericht den Betheiligten auf- geben, zuvörderst die Feststellung des betreffenden Rechtsverhältnisses im ordentlichen RNechtswege herbeizuführen. Jn diesem Falle ist die Klage bei Vermeidung des Ausschlusses des Catschädigungsanspruchs binnen einer vom Schiedsgericht zu bestimmenden, mindestens auf vier Wotben zu bemessenden Frist nach der Zustellung des hierüber ertheil- ten Bescheides des Schiedsgerichts zu erheben. :

Nach erfolgter rechtskräftiger Entscheidung des Gerichts hat das Scbiedsgericht auf erneuten Antrag über den Entischädigungs8anfpruch zu entscheiden.

Berechtigung8ausweis, 8. 64,

Nach erfolgter Feststellung der Entschädigung (§. 57) ist dem Berechtigten von Seiten des Genofjenschaftsvorstandes eine Beschei- nigung über die ihm zustehenden Bezüge unter Angabe der mit der Zahlung beauftragten Postanstalt (§. 69) und der Zahlungstermine auszufertigen. E : |

Wird in Folge des sciedsgerichtlichen Verfahrens der Betrag der Entschädigung geändert, so ist dem Entschädigungsberectigten ein anderweiter Bere&tigungs8ausweis zu ertheilen.

Veränderung der Verhältnisse. 6 60,

Tritt in den Verhältnissen, welbe für die Feststellung der Ent- schädigung maßgebend gewesen find, eine wesentliche Veränderung ein, so kann eine E Feststelluxg derselben auf Antrag oder von Amtswegen erfolgen. ai Jst der Mrlette, für welchen eine Entschädigung auf Grund des 8, 5 festgestellt war, in Folge der Verleßung gestorben, so muß der Antrag auf Gewährung einer Entschädigung für die Hinterbliebenen, falls deren Feststellung nicht von Amtswegen erfolgt ist, bei Ver- meidung des Ausschlusses, vor Ablauf eines Jahres nah dem Tode des Verleßten bei dem zuständigen Vorstande angemeldet werden. Im Uebrigen finden auf das Verfahren die Vorschriften der §8. 57 bis 64 entsprewende Anwendung. n

Eine Erhöhung der in §. 5 bestimmten Rente kann nur für die Zeit nah Anmeldung des höheren Änspruchs gefordert werden.

Eine Minderung oder Aufhebung der Rente tritt von dem Tage ab in Wirksamkeit, an welchem der dieselbe aussprehende Bescheid (8. 61) den Entschädigungsberechtigten zugestellt ift.

Fälligkeitstermine, 8, 66.

Die Kosten des Heilverfahrens (S. 5 Ziffer 1) und die Kosten

der Becrdigung (8. 6 E 1) sind binnen acht Tagen nach ihrer eftstellung (§8. 57) zu zahlen. 7

G Vi L ibäviatmcareritn der Verleßten und der Hinterblie-

benen der Getödteten sind in monatlichen Raten im Voraus zu

zahlen. h N i: Ins Ausland verzogene und ausländische Entschädigungsberetigte.

S: Ol, E Die Berechtigung zum Bezug der Entschädigungsrenten ruht, fo lange der Berechtigte nicht im Inlande wohnt. Ist der Berechtigte cin Ausländer und verläßt derselbe dauernd das Reich8gebiet, so kann ihn die Genossenschaft für seinen Ent- scbädigungsanspruch mit dem dreifahen Betrag der Jahresrente

abfinden,

Unpfändbarkeit der Entschädigungsforderungen. &. 68.

Die den Entschädigungsberechtigten auf Grund dieses Gesetzes zustehenden Forderungen können mit rechtlicher Wirkung weder ver- pfändet, noch auf Dritte übertxagen, noch für andere als die im 8 749 Absatz 4 der Civilprozeßordnung bezeichneten Forderungen der Ehefrau und ehelichen Kinder und die des ersaßberechtigten Armen- verbandes gepfändet werden.

Auszablungen durch die Poft. 8, 69.

Die Auszahlung der auf Grund dieses Gesetzes zu leistenden Entschädigungen wird auf Anweisung des Genoßfienschaftsvorstandes vorshußweise durch die Postverwaltungen und zwar in der Regel durch dasjenige Postamt, in dessen Bezirk der Entschädigungsberechtigte zur Zeit des Unfalls seinen Wohnsitz hatte, bewirkt.

Verlegt der Entschädigungsberechtigte seinen Wohnsitz, so hat er die Ueberweisung der Auzzahlung der ihm zustehenden Entschädigung an das Postamt feincs neuen Wohnorts bei dem Vorstande, von welchem die Zahlungsanweisung erlassen worden ist, zu beantragen.

Liquidationen der Post. 8. 70.

Binnen acht Wochen nach Ablauf jedes Recbnungsjahres haben die Central-Postbehörden den einzelnen Genofsenschaftsvorständen Nachweisungen der auf Anweisung der Vorstände geleisteten Zah- lungen zuzustellen und gleicbzeitig die Postkassen zu bezeichnen, an welche die zu erstattenden Beträge einzuzahlen sind.

Umlage- und Erhebungsverfahren. S (L

Die von den Central-Poftverwaltungen zur Erstattung liquidirten Beträge sind von den Genofsenschaftsvorstänten gleichzeitig mit den Verwaltungskosten unter Berücksichtigung der auf Grund der §8, 29 und 30 etwa vorliegenden Verpflichtungen oder Berechtigungen nah dem festgestellten Vertheilungsmaßstab auf die Genossenschaftsmit- glieder umzulegen und von denselben einzuziehen.

Zu diesem Zweck hat jedes Mitglied der Gen offenshaft binnen vier Wochen nah Ablauf des Recnungsjahres dem Genossenschafts- vorstande eine Nachweisung einzureiben, welche enthält:

1) die während des abgelaufenen Rechnungsjahres im Betriebe beschäftigten versiderten Personen und die von denselben verdienten Löhne und Gehälter, :

2) eine Berechnung der bei der Umlegung der Beiträge in An- rechnung zu bringenden Beträge der Löhne und Gehälter,

3) die Gefahrenklasse, in welche der Betrieb eingeshäßt worden

it (S; 28): Für Genossenschaftsmitglieder, welche mit der rechtzeitigen Ein- sendung der Nachweisung im Rückstande sind, erfolgt die Feststellung der leßteren durch den Genofsenschafts- bezw. Sektionsvorstand auf Vorschlag des etwa bestellten Bertrauensmannes.

S C2)

Von dem Genossenschaftsvorstande wird auf Grund der ihm vorliegendèn Nachweisungen (§. 71) eine summarische Gesammtnach- weisung der im abgelaufenen Rechnungsjahre von den Mitgliedern der Genossenschaft beschäftigten versicherten Personen und der von denselben verdienten anrechnungsfähigen Gehälter und Löhne aufge- stellt und demnächst für jedes Genofsenschaftsmitglied der Beitrag berechnet, welher auf dasselbe zur Deckung des Gesammtbedarfs (S. 71 Absaz 1) entfällt. 5 : : /

Jedem Genossenschaftêmitgliede ift ein Au8zug aus der zu diesem Zwedcke aufzustellenden Heberolle mit der Aufforderung zuzustellen, den festgeseßten Beitrag zur Vermeidung der* zwangsweisen Beitreibung binnen zwei Wochen einzuzahlen. Der Auszug muß diejenigey An- gaben enthalten, welche den Zahlungspflihtigen in den Stand seyen, die Nichtigkeit der angestellten Beitragsberehnung zu prüfen.

S Ci

Die Mitglieder der Genossenschaften können gegen die Feststellung ihrer Beiträge binnen zwei Wochen nah Zustellung des Auszuges aus der Heberolle unbeschadet der Verpflichtung zur vorläufigen Zah- lung Widerspruch bei dem Genofsenschaftsvorstande erheben. Wird demselben entweder überhaupt nicht, oder niht in dem beantragten Umfange Folge gegeben, so steht ihnen innerhalb zwei Wochen na der Zustellung der Entscheidung des Genofsenschaftsvorstandes die Beschwerde an das Reichs-Versicherung8amt zu. /

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn dieselbe sh entweder auf Rechenfehler, oder auf die unrichtige Feststellung des anrechnungs- fähigen Betrages der Löhne und Gehälter, oder auf den irrthümlichen Ansaß einer anderen Gefahrenklasse, als wozu der Betrieb eingeschäßt ist, gründet. i L ; /

Aus den letzteren beiden Gründen ist die Beshwerde jedo nicht zulässig, wenn die Feststellung in dem Falle der von dem Genossen- \cbaftsmitgliede unterlassenen Einsendung der Nachweisung durch den Vorstand bewirkt worden war (S. 71 Absay 2).

Tritt in Folge des erhobenen Widerspruch8s oder der erhobenen Beschwerde eine Herabminderung des Beitrages ein, so ift der Ausfall bei dem Umlageverfahren des nächsten Rehnungsjahres zu decken.

S. T4,

Rüdkständige Beiträge fowie die im Falle ciner Betriebsein- stellung etwa zu leistenden Kautionsbeträge (§. 17 Ziffer 7) werden in derselben Weise beigetrieben, wie Gemeindeabgaben. Dasselbe gilt von den Strafzushlägen in dem Falle der Ablehnung von Wahlen (8. 24 Absatz 3). : |

Uneinziehbare Beiträge fallen der Gesammtheit der Berufs- genossen zur Last und sind bei dem Umlageverfahren des näcften Rechnungsjahres zu berüctsichtigen,

Abführung der Beträge an die Postkafsen. gs

Se (9, “äd

Die Genossenschaftsvorstände haben die von den Central-Pofstk- behörden liguidirten Beträge, abzüglich der Ausfälle (§8. 73 Absaß 4 und 74 Abfay 2) innerhalb drei Monat nach Empfang der Liqui- dationen an die ihnen bezeihneten Postkafsen abzuführen. Die Aus- fälle find bei der nähften Abrechnung zu deten. L

Gegen Genossenschaften, welche mit der Erstattung der Beträge im Rüdtstande bleiben, ift auf Antrag der Central-Postbehörden von dem Reichs-Versicherungsamt, vorbehaltlich der Bestimmungen des §. 33 das Zwangsbeitreibungsverfahren einzuleiten.

Das Reichs-Versicherungsamt ist befugt, zur Deckung der An- sprüche der Postverwaltungen zunächst über bereite Bestände der Ge- nossenschaftskassen zu verfügen. Soweit diese nit ausreichen , hat dasselbe das Beitreibungsverfahren gegen die Mitglieder der Ge- nofsenshaft einzuleiten und bis zur Deckung der Rückstände durchzu- führen. |

Rechnungsführung. 8, 76. Die Einnahmen und Ausgaben der Genossenschaften sind von

allen den Zwecken der letzteren fremden Vereinnahmungen und Ver-