1884 / 66 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Mar 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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2) 24. März d. J, 2 Uhr Nachmittags. Direktion des Vilitär-Kommissariats der Division von Florenz Lieferung von: 45 300 m Militärtuch, 500 Seidensammt, 422 000 Leinen- und Halbleinen, 1 000 Fez für Bersaglieri, 3000 Hüte n 6 000 Paar Schuhe, 2 000 Tornister für Festungsartillerie, im Gesammtwerth von 904 060 Lire. 3) 24. März d. J.,, Nachmittags 2 Uhr. Direktion des Militär-Kommissariats der Division von Neapel. Lieferung von : 44 500 m Militärtuch, 416 000 Leinen und Halbleinen, 2 000 Fez für Bersaglieri, 7 000 Paar Scuhe, zum Gesammtwerth von 825 400 Lire. E 4) 24. März d. J., Nachmittags 2 Uhr. Direktion des Militär-Kommissariats der Division zu Turin. Lieferung von : 62 500 m Militärtuh, : 511 000 Leinen und Halbleinen, 2 000 Fez für Bersaglieri, 3000 Hüte S 7 000 Paar Schuhe, zum Gesammtwerth von 1 088 400 Lire. S Nähere Bedingungen der bei IT. erwähnten Submissionen liegen in unserer Expedition zur Einsicht aus.

Na einer Mittheilung des Finanz-Ministers an die Provinzial-Steuerdirektoren, vom 14. d. M., sind die nach- benannten Bodenerzeugnisse, nämlih Kartoffeln, Rüben, Möhren, Sellerieknollen, Meerrettig, Rettige, Radieschen, Speisezwiebeln, Lauch, Knoblauch, Champignons und Trüf- feln, den Vorschriften im §8. 4 der Kaiserlihen Verordnung vom 4. Juli v. Js. niht unterworfen, vielmehr zum freien Verkehr zuzulassen.

Das Bestätigungsschreiben eines Geschäfts- mannes an seinen Geschäftsfreund, welche beide mit einander in 'aufender Geschäftsverbindung stehen, über die Richtigkeit eir 5 den Ersteren in einer bestimmten Summenhöhe be- las n1den Konto-Auszuges sür einen vergangenen FJahre8- ab\-¡nitt, ohne darin eine Verpflichtung zur Zahlung aus- zusprechen, unterliegt nah einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 3. Januar d. J. niht dem preußischen Schuldverschreibungsstempe l.

Der Königliche Gesandte in Darmstadt, Legations-Rath Stumm, welcher gleichzeitig mit der interimistishen Wahr- nehmung der Funktionen des Gesandten in Karlsruhe betraut las hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub ange- reten.

Der Chef der Admiralität, General-Lieutenant von Caprivi ist von der nach Kiel unternomnænen Jnspizirungs- reise hierher zurüdgekehrt.

Das „Marine-Ver.-Bl.“ veröffentliht folgende Nach- rihten über Schiffs8bewegungen (das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunst daselbst, nach dem Orte Abgang von dori). S. M. Knbt. „Albatroß“ 9./12. 83 Punta Arenas 13./12, 83. 14./12, 83 Port Tamar 15./12. 83. 17./12. 83 Molyneux Sound 18./12. 83 und in den Brazo del Norte ge- steuert; 27,/12. 83 wieder herausgedampft ; 5./1, aus dem Picton Kanal gedampft ; 13./1. Rückfahrt nah dem Molyneux Sound angetreten. 14./1. Molyneux Sound. (Poststation : Sidney [Australien].) S. M. S. „Freya“ 20./1. Kingston (Jamaica) 26./1. nah La Guayra. (Poststation : bis 23./3. Havanna, vom 24/3. bis 27./3. Bermuda- nen, von 23/3, ab Norfolk [Virginia]) S. M: Kibli „Hyante“ 21/11. 83: Apia 1/12: 83 ‘nách Saluafata. (Poststation: Sidney [Australien].) S. M. Knbt. „Jltis“ 19./1. Shanghai. (Poststation: Hongkong.) S. M.

S. „Leipzig“ 12/.1 Hongkong 21./1. nach der Mirsbay zur Abhaltung von Torpedoschießübungen, 26./1. Hongkong. (Poststation : Singapore.) S. M. Av. „Loreley“ 19./12. 83 Malta. Leßte Nachriht von dort 4./3. (Posistation: Malta.) S. M. S. „Marie“ 26./11. 83 Val- paraiso. Lette Nachricht von dort 7./1. (Poststation : Panama) S M Knd, „Nautills® 3/2 Kapstadt. 5/2. nah Singapore. (Poststation: Hongkong.)

S, M. S. „Olga“ 8./2., Rhede Horta (Fayal) 13./2. 21./2. Plymouth 6./3. 10/3. Frederikshaven. 13 /3. Kiel. Conn: Sid) C S uns 2lbalbert 26/2. Kapstadt. 4./3. (Poststation: Hongkong.) S. M. S. „Sop“ie“ 27./2. Porto Grande (St. Vincent) 2./3. (Poststation : Ply- mouth.) S. M. S. „Stosch“ 6./9. 83 Hongkong. Lette Nachricht von dort 4./2, (Poststation: Hongkong.) S. M. Knbt. „Wolf“ 28./12. 83 Canton. Leßte Nachricht von dort 8./1. (Poststation: Hongkong.)

Wiesbaden, 17. März. (W. T. B.) Jhre Majestät die Kaiserin von Desterreich und Jhre Kaiserliche Hoheit die Erzherzogin Valerie sind heute früh 8 Uhr mittels Extrazuges hier eingetroffen und am Bahnhof von dem Regierungs-Präsidenten von Wurmb und dem Polizei- Präsidenten von Strauß empfangen worden. Bei der Fahrt vom Bahnhof nah dem Hotel „Zu den vier Jahreszeiten“ wurden die Allerhöchsten Herrschoften von der Bevölkerung lebhaft begrüßt.

(TLTel.) Heute Mittag 12 Uhr fand die Eröffnung des Kommunal- Landtages des Regierungsbezirks Wiesbaden im Sizungssaale des Regierungsgebäudes dur den stellvertretenden Landtagskommissarius, Regierungs-Prä- sidenten von Wurmb statt.

Sachsen. Dresden, 15, März. (Dr. J.) Die Erste Kammer berieth in ihrer heutigen Sißzung die von der Staatsregierung gemachten Vorlagen, betreffend die Er- bauung mehrerer Secundärbahnen. Bezüglih des Pro- jekts Geithain-Lausigk-Leipzig wurde der Antrag, dieses Projekt abzulehnen, nah 31/stündiger Diskussion mit 23 gegen 17 Stimmcn angenommen. Das Projekt Potschappel- Wilsdruff fand gegen 4 Stimmen, die Projekte Mosel-Ort- mannsdorf und Wilischthal-Ehrenfriedersdorf nebst Zweigbahn Herold-Thum einstimmig die Genehmigung der Kammer. Dem Beschluß der Zweiten Kammer, jeßt {hon die Ausführung der Projekte Stollberg-Zwöniß und Schönfeld-Schwarzenberg nebst Zweigbahnen für die nächste Finanzperiode zu bewilli- gen, stimmte die Kammer nicht zu; sie be)chloß vielmehr auf Anrathen der Deputation, die Regierung zu ersuchen, die Er- örterungen wegen Herstellung von Bahnverbindungen in die-

sen Landestheilen fortzustellen und das Resultat derselben der nächsten Ständeversammlung mitzutheilen.

16. März. (W. T. B.) Die Finanzdeputation der Zweiten Kammer hat die Bewilligung von 2 567 700 F. zur Erbauung eines neuen Kunstakademie- und Kunstausstellungsgebäudes auf der Terrasse in Dresden beantragt.

Baden. Karlsruhe, 15. März, (W. T. B.) Bei der heutigen Berathung der Zweiten Kammer über den Unterrichts-Etat richtete der Abg. Schneider (Mannheim) bezüglih der Federshen Motion über die Organisation des Mittelshulwesens die Anfrage an die Regierung, ob dieselbe dem nächsten Landtage ein eins{hlägiges Geseh vor- ulegen beabsihtige. Der Präsident des Kultus-Ministeriums, Not, erwiderte: die Regierung wolle erst abwarten, wie sich die in den leßten Jahren erlassenen Verordnungen erprobten, ehe sie zu einer geseßlihen Neuregelung schreite, indeß sei keinerlei Verschleppung beabsichtigt.

Samburg, 11. März. Nach hier eingegangenen Nach- rihten hat Hr. Hilary Richard Wright Fohnson am 7. Ja- nuar die Präsidentschaft der Republik Liberia übernommen und Hrn. Moore Thomas Worrell zum Schaßsekretär, Hrn. Shadrack Nathaniel Williams zum Sekretär des Jnnern, Hrn. James Thomas Wiles zum General-Post- meister und Hrn. William Mc. Call Davis zum Staats- sekretär und interimistishen Attorney-General ernannt.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 15, März. Die „Els.-Lothr. Ztg.“ veröffentlicht folgende Verordnung zur Ausführung des Reichsgeseßes vom 15, Juni 1883, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter:

Mit Bezug auf die 8. 44 und 84 des Gesetzes vom 15. Juni 1883, betreffend die Krankenversiherung der Arbeiter (Reichs-Gesetz- blatt S. 73) wird Folgendes bestimmt :

1) Unter „Gemeindebehörde“ \ind die Bürgermeister, unter „höhere Verwaltungsbehörde“ find die Bezirks-Präsidenten, unter „weiterer Kommunalverband“ find die Bezirke zu verstehen.

2) Die Aufsicht über die Gemeinde-Krankenversicherung führt der für die Gemeinde, in deren Bezirk die Verwaltung der Versicherung ihren Sitz hat, zuständige Kreisdircktor, in den Städten Straßburg und Mey der Bezirkspräsident. :

Die Aufsicht über die Ortskrankenkassen, Betriebskrankenkafsen und Baukrankenkafsen, deren Bezirk über den Bezirk einer Gemeinde nicht hinausgeht, führen in Gemeinden von mehr als zehntausend Einwohnern die Bürgermeister, im Uebrigen die Kreisdirektoren.

Für gemeinsame Ortskranfkenkassen mehrerer Gemeinden und für Betriebs- und Baukrankenkafsen, deren Bezirk sich über den Bezirk einer Gemeinde hinaus erstreckt, ist, sofern uicht in dem speziellen Falle etwas Anderes bestimmt wird, der für die Gemeinde, wo die Kasse ihren Sit hat, zuständige Kreisdirektor die Aufsichtsbehörde.

In Betreff der Aufsicht über solde Betriebs- und Bau- krankenkassen, welche aus\chließlich für Betriebe des Reichs oder des Landes errichtet werden, bleibt besondere Bestimmung vorbehalten.

Straßburg, den 14. März 1884.

Der Kaiserliche Statthalter in Elsaß-Lothringen : Freiherr von Manteuffel.

Dasselbe Blatt publizirt eine ausführliche Versügung an die Bezirkspräsidenten, betreffend die Ausführung desselben Reichsgeseßes.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 15. März. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute Vormittag den Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, welher darauf auch von der Kaiserin empfangen wurde. Später fuhr der Groß- herzog auch bei dem Kronprinzen und der Kronprinzessin vor, traf die Herrschaften aber nicht an.

Schweiz. Bern, 15. März. (N. Zür. Ztg.) Der Nationalrath nratifizirte heute die Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Desterreih-Ungarn, betreffend die gegenseitige Gewährung des Armenrechts in Civil- und Strafsachen, ebenso den Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag mit der Republik Salvador, sowie den Auslieferungsvertrag mit dem nämlichen Staate, und ferner die Uebereinkunft zwishen der Schweiz und dem Deutschen Neich über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze domizilirten Medizinalpersonen zur Berufs- ausübung.

“GrofßFßbritannien und Jrland. London, 15. März. (W. T. B.) Jn der heutigen Sitzung des Unterhauses theilte der Staatssekretär des Krieges, Lord Har- tington, mit, daß seit den gestrigen Telegrammen keine weiteren Nachrichten vom General Graham eingetrof- fen seien. Auch aus Chartum fehle es an Nach- rihten; anscheinend sei die telegraphishe Verbindung zwischen diesem Orte und Shendy seit zwei oder drei Tagen unterbrochen. Auf einen Dampfer, welcher gestern von Khartum in Shendy eintraf, sei geschossen worden. Ver- muthlih hätten sihch einige Stämme jener Gegend erhoben. Die leßten Nachrichten von Gordon datirten vom Donnerstag. Aus Assuan lägen keine Nachrichten vor; fo viel er wisse, sei dort nihts Neues vorgekommen. Das den Nil aufwärts geshickte Bataillon englische Fnfanterie sei nach Affuan abgegangen. Labouchère beantragte eine MReso- lution, in welcher ausgesprohen wird, daß die Noth- wendigkeit des großen durch die militärischen Operationen im Sudan verursahten Menschen- verlustes niht erwiesen sei. Der Unter-Staatssekretär des Auswärtigen, Lord Fißmaurice, erklärte unter Zurüdlweisung einer bezüglihen Behauptung Bart- letts: die Beziehungen Englands zu Deutschland und Oesterreih seien niemals herzlicher und freundlicher als gegenwärtig gewesen, und die Ausrechterhaltung dieser freundlichen Beziehungen sei für England von der größten Wichtigkeit. Lord Fißmaurice bemerkte dann weiter: der nördlih von Khartum erfolgte Angriff auf einen Dampfer und die Unterbrehung der telegraphischen Verbindung zwishen Khartum und Shendy seien zwar geeignet, Besorgniß zu erregen; er halte es aber für eine Uebertreibung, zu sagen, daß General Gordon sich in extremis befinde, Dem General Graham sei nah den ihm bis jeßt ertheilten Jnstruktionen nicht gestattet, einen Vorstoß auf Berber zu macwen. Bei der freundlihen Haltung des Königs von Abessinien werde es nicht {wer sein, die Garnison von Kassala im gegebenen Momente ihren Rückzug nah Egypten bewerkstelligen zu lassen. Zur Regelung der zwischen dem König von Abessinien und der egyptishen Negie- rung bestehenden Differenzen sei eine Mission an den König von Abessinien abgegangen. Lord Fißmaurice wies endli darauf hin, daß die Küste des Rothen Meeres behufs Unterdrückung des Sklavenhandels untex der Kontrole einer civilisirten

Macht stehen müsse, und Lord Hartington betonte dabei, daß, als er jüngst sich über diese Frage geäußert, niht von der britishen Macht, sondern von einer civilisirten Macht ge- \sprochen habe. Für England liege dabei aber mit Rücksicht auf seine Verbindung mit Jndien allerdings ein besonderes Jnteresse vor. Sir Ch. Dilke, Präsident des Lokal-Government- Board, gab dem Bedauern Ausdruck, daß der Premier Glad- sone noch nicht wiederhergestellt sei; aber die Minister hätten ihn vor dem heutigen Kabinetsrath gesehen. Unstreitig sei das Klima von Suakim derartig, daß es niht erwünscht sei, dort eine große britishe Streitmacht einen Tag länger zu belassen, als nothwendig sei. Was denSklavenhan del betreffe, so habe General Gordon die Regierung benacrihtigt, daß falls ihm die Regierung dies gestatte, er die Räumung des Sudan vollenden möchte, um nach dem oberen Laufe des Congo zu gehen und den Handel mit Sklaven in dessen Hauptquartier zu unterdrücken. Er (Dilke) glaube nicht, daß das Land Willens sei, eine Sklavenmacht an der Küste des Rothun Meeres etablirt zu sehen; aber der Schuß der Häfen sei niht so schwer, als Manche vermutheten. Die Regierung werde ihr Bestes thun, die Geschäfte des Landes so lange’zu führen, wie es ihr möglich sei, aber wenn ihr diese Aufgabe durch die Opposition unmöglih gemacht würde, so werde sie ihre Be- rufung an bas Land nicht nur auf ihre egyptische Politik stüßen. Northcote erklärte: er werde für Labouchère's Antrag stimmen. Das Land habe das Recht, die Politik der Regierung kennen zu lernen. Redner fragte, ob die jüngsten Schlahten den Zweck gehabt hätten, den Weg von Suakim nach Berber frei zu machen. Lord Hartington erklärte: die Regierung habe keine Kenntniß von der Absicht gehabt, heute eine ernste Debatte über die egyptishe Frage anzuregen; es scheine sich um ein Ab- fommen zwischen Labouchère und dem Führer der Opposition zu handeln. Labouchère's Antrag verlange keine Jnformation, sondern sei ein Tadelsvotum, was das Land in Betreff des Votums der Opposition zu würdigen wissen werde. General Graham habe mwahrscheinlich einen Hauptzweck erreicht und Suakim und die Häfen des Rothen Meeres auf bedeutende Entfernung hin jeßt ziemlich gesichert. Aber es sei nöthig abzuwarten, ob nit eine feindliche Ansammlung Suakim aufs Neue bedrohen werde. Der Vormarsh auf Berber sei nicht in General Grahams «Fnstruktionen einbegriffen, aber wenn man ihn, den Redner, frage, ob Grahams Streitmacht unter keinen Umständen in jener Richtung vorgehen werde, so sei dies eine Frage, auf welche er eine Antwort bestimmt verweigere. n Betreff HZebehr Paschas sei noch kein Beshluß gefaßt.

Va - der nun solgenden Absümmung wurde der Antrag Labouchère’'s mit 111 gegen 94 Stimmen abgelehnt. Die Parnelliten stimmten mit der Minorität.

Der Abgeordnete Beach erklärte sodann: als das Re- sultat der Abstimmung verkündet worden, habe er den Staatssekretär des Jnnern sagen hören: „Dieser s{chmuztige Streich ist niht gelungen.“ Er frage an, ob eine folhe Sprache erlaubt sei. Der Sprecher erklärte, wenn jener Ausdru in öffentlicher Debatte gebrauht worden wäre, würde er ordnungswidrig sein. Harcourt erklärte: er würde einen folhen Ausdruck in der öffentlihen Debatte niemals gebraucht haben, aber er beanspruche die Freiheit, seine Worte in privater Unterhaltung mit seinen Frevnden wählen zu dürfen. Northcote bcmerkte: der fraglih Tus- druck sei den Oppositionsführern ziemlich peinlich gewesen, worauf Harcourt die Erklärung abgab, er habe diesen keine Pein verursachen wollen und bedauere, dies gethan zu haben.

Das Kriegs-Ministerium erhielt folgende De pesche des General Graham aus S uakim, von heute Abend : Alle Stämme zwischen Sinkat und Tokar waren in der Schlacht bei Tamanieb vertreten; einige Rebellen waren aus der Gegend von Kassala gekommen. Osman Digma hatte den Oberbefehl, zeigte sih aber niht. Drei vornehme Scheiks und mehrere kleine Anführer sind getödtet worden. Unter den Arabern herrsht die Meinung, daß die friedlichen Stämme ihr Vertrauen zu Osman Digma verlieren und bald bereit sein werden, zu_ unterhandeln. Wie es heißt, hätte Osman Digma etwa 150 Frauen von Sinkat fortgeschleppt, und dieselben befänden sih gegenwärtig im Gebirge.

16. März, Morgens. (W. T. B.) Die Sitzung des Unterhauses, welche gestern Mittag begonnen hatte, ist erst heute früh 59/, Uhr geschlossen worden, weil man in derselben die Nachtragskredite sür das laufende Finanz- jahr erledigen wollte,

Ein - Telegramm des „Observer“ aus Kairo, vom gestrigen Tage, meldet, daß man wegen des Generals Gordon besorgt ist, weil der aus Khartum in Berber fällige Dampfer ausgeblieben ist. Der sofortige Rückzug der Armee des Generals Graham wird als ein Fehler angesehen , weil derselbe die Rebellen im Centralsudan veranlassen dürfte, die Beunruhigungen der Straße nah Berber fortzuseßen. Von Berber ist ein Schiff in der Richtung nah Khartum zur Rekognoszirung abgesandt worden.

17. März, früh. (W. T. B.) Eine Extra- Au s- gabe des „Observer“ meldet aus Kairo, von gestern : Der von Berber in der Richtung nah Khartum ausgesendete Dampfer ist zurückgekehrt, ohne irgendwo an den Ufern des Flusses Aufständishe wahrgenommen zu haben. Die telegraphishe Verbindung zwischen Berber und Shendy ist wiederhergestellt, zwishen Shendy und Khartum is dieselbe aber noch unterbrochen.

Frankreich. Paris, 14, März. (Fr. Corr.) Der gestrige Ministerrath beschäftigte sich u. A. mit dem Ge- seßentwurf über die Wiedereinführung der Ehescheidung (divorce), welcher demnächst im Senat zur Debatte gelangen foll. Der Ministerrath bes{chloß, das Projekt des Senators Eymard-Duvernay, welches die Senatskommission angenommen hat, und das eine Art von beschränkter Ehescheidung zulassen will, durch den Justiz-Minister Martin-Feuillée energish zu bekämpfen und einfah die Wiederherstellung der betreffenden Artikel des Code civil über den divorce, welche das Geseß von 1816 aufgehoben hatte, zu verlangen; allerdings mit Aus- nahme des Falles der gegenseitigen Zustimmung.

(Köln, Zt1.) Der „Temps“ schreibt: „Frankreich ist jet Herr des Deltas, aber um die Schlüssel zum Delta gegen die cinesishe Provinz Quangsi in der Hand zu haben, muß Frankreich sih in Thai-Nguyen am Song:Cau und am Song-Hoa festsetzen.“

15. März. (Köln. Ztg.) Seit drei Tagen wirbt man eine größere Anzahl von FJngenieuren, Mechanikern, Sdlossern, Bergleuten u. \. w. sür Tongking an. Die Gesellschaften, welche sih für die Ausbeutung der neuen fran- zösishen Kolonie gebildet haben, erhielten die vertrauliche

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Mittheilung, daß der Augenblick gekommen sei, wo sie ihr Personal ærganisiren könnten.

15. März. (W. T. B.) Der Sena t votirte heute auf Antrag des Grafen St. Vallier den französischen Truppen in Tongking wegen der errungenen Erfolge seine Glückwünsche. i, Í ;

Jn der Kammer der Deputirten hielt der Präsident Brisson eine kurze Ansprahe zu Ehren der Armee von Tongking. Der Senat nahm das Munizipalgeseß mit eirigen Abänderungen an. :

Eine Depesche des General Millot aus Bacninh, vom 13. d. M., meldet, daß die französishen Truppen 100 Kanonen und eine große Anzahl Gewehre und Munition er- beuteten. Jhre Verluste am 12. d. M. betrugen 6 Todte und 25 Verwundete. Zwei Kolonnen leihter Truppen find vor- geschickt, und zwar die eine in der Nihtung auf Thaingnuyen, die andere in der Richtung auf Langson.

Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Saigoon, unter dem 15. März: Gestern wurde bei Haiphong ein kleines Handels#\chiff von Piraten genommen und der französishe Kapitän nebst elf Mann der Schiffsmannschaft ge- tödtet. Es ist eine Expedition behufs Verfolgung der Piraten ausgesandt worden.

Der „Temps“ äußerst sih höchst unzufrieden, daß der Kriegs-Minister Campenon die Vorschläge der Kom- mission für die Refrutirungsvorlage, dur welche jedes Privileg zu Gunsten gewisser Berufsarten aufgehoben wird, angenommen habe. Das Blatt sagt: die nationale Kultur werde dadurch ohne Vortheil für die Armee geschädigt, und es spricht die Hoffnung aus, daß der Kriegs-Minister hier nur seine persönlihe Meinung, die das Kabinet keineswegs theile, ausgedrückt habe.

16 Ma (W. D B) Dent „Journal des Débats“ wird aus Bourg Madame vom heutigen Tage gemeldet: die nah Andorra entsandte französische D e- legation, welche sih dort einer sehr zuvorkommenden Auf- nahme Seitens der Behörden zu erfreuen gehabt habe, sei nach Frankreich zurückgekehrt. Wie es heißt, hätte der Bischof von Seu d’Urgel die Abrüstung verweigert, und man glaubt, das diese Weigerung die Blockade von Andorra Seitens Frankreichs nah sih zichen werde.

Eine Versammlung der Anarchisten, welche heute in dem Elysée Montmartre stattfinden sollte, wurde dadurch verhindert, daß der Eigenthümer des betreffenden Lokals die Hergabe desselben verweigerte.

Nachrichten aus Bacninh zufolge ist General Négrier zur Verfolgung der Chinesen aufgebrochen und wird sich nah Langson begeben, während General Brière auf dem Wege nach Thainghuyen vorrüdlt, welches er beseßen soll. Die di- rekte Straße von Hanoi nach Bacninh is} frei.

Spanien. Madrid, 15. März (W. T. B.) Die von Castelar vorgeshlagene Koalition der Republikaner mit der monarchisch-liberalen Partei ist an dem Widerspruch der leßteren gescheitert. Die Organe der Regie- rung machen darauf aufmerksam, daß die Presse der Opposi- tion anläßlih der gleihgültigen Haltung des Publikums ihre Angriffe zu mäßigen beginne.

Die Verhandlungen zwischen Spanien und England über den Handelsvertrag nehmen einen günstigen Verlauf. Beide Regierungen haben bei diesem An- laß ihre Anschauungen über die afrikanishen Verhältnisse aus- getauscht.

Heute Abend wurden General Velarde und einige Unteroffiziere verhaftet, Es wird diesem Vorgange jedoch keine weitere Bedeutung beigelegt; derselbe dürfte vielmehr ledigli disziplinarer Natur fein. Wahrscheinlih handelt es sih um in verbotenen Gesellshaften geh"ltene Reden.

O (W. L. B) E Selvetar Des 20- rilla:-Comités und der Priester Defroque sind wegen agitatorisher Umtriebe gegen die Regierung verhaftet und mehrere von Zorilla herrührende Briefe und Schriftsiücke mit Beschlag belegt worden. Die gerichtlihe Untersuhung is in vollem Gange.

Italien. Rom, 15. März. (W. T. B.) Die De- putirtenkammer hielt heute zum Gedächtniß Sella's eine feierlihe Sißung ab, welcher die Deputirten in großer Anzahl beiwohnten. Das Präsidium beantragte, nah der Gedächtnißfeier zum Zeichen der Trauer die Sißung der Kammer aufzuheben und die Berathungen bis zum nächsten Mittwoch zu suspendiren. Ferner stellte das Präsidium den An- trag, eine Büste Sella's auf dem Monte Citorio aufzustellen und einen Bronzekranz für das Grab des Verstorbenen nah Oropa zu fenden. Von Seiten der Regierung wurde beantragt, auf Kosten des Staates, welcher hierfür 100 000 Lire widme, dem Ab- geschiedenen in der Academia dei Lincei, deren Präsident er gewesen, ein Denkmal zu errichten. Crispi beantragte, sämmt- lihe Reden Sella's auf Kosten der Kammer zu veröffentlichen. Die Anträge des Präsidiums und Crispi's wurden einstimmig und der Antrag der Regierung wegen Ecrichtung eines Mo- numents mit einem Amendement Baccarini's angenommen, das Denkmal vor dem Finanz-Ministerium zu errihten. Das Leichenbegängniß Sella's in Oropa gestaltete si troß der von dem Dahingeschiedenen und seiner Familie ge- wün)chten Einfachheit und Prunklosigkeit zu einer imposanten Feier. Die Zahl der Leidtragenden war fehr groß.

Nußlaund und Polen. St. Petersburg, 16 März. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ erklärt die Meldung des „Standard“, daß nah der Annexion Merws auch noch andere Turkmenen-Stämme Ruß- land ihre Unterwerfung angeboten hätten, für unbe- gründet. Jn gleiher Weise roiderspriht das genannte Blatt der Behauptung der „Daily News“, daß die russische Re- gierung eine Kommision mit dem Studium der französishen und englishen Gesehgebung, betreffend die Muhamedaner, beauftragt habe. In Bezug auf Egypten werde Rußland keine Jnitiative ergreifen. Uebrigens sei der europäische Charakter der Frage von Eng- land jeder Zeit anerkannt worden, und es folge daher die definitive Regelung der Frage nur als das Ergebniß des Einvernehmens sämmtlicher Mächte.

17, März. (W. T. B.) Das Finanz-Ministerium hatte in Folge zahlreicher Gesuche von russishen Montan- industriellen um Erhöhung des Eingangszolls auf aus- ländishes Gußeisen die Börsencomités zur gutachtlihen Acuße- rung aufgefordert ; die Leßteren haben nunmehr, mit Ausnahme des Börsencomités in Odessa, Riga und Libau, si dafür ausgesprochen, daß das unbearbeitete Gußeisen mit einem Eingangszoll niht unter 15 Kopeken Gold pro Pud belegt

und daß dem entsprechend auch für Maschinen und bearbeitetes Gußeisen der Zollsaß erhöht werde.

Schweden und Norwegen. Christiania, 16. März. (W. T. B.) „Morgenbladet“ bezweifelt die von hiesigen Blättern gebrachten Meldungen über bevorstehende Aenderungen im Ministerium und meint : es werde fein neues Ministerium gebildet werden, bevor der vor dem Reichs gericht {webende Prozeß beendet ist.

Afrika. Egypten. Kairo, 15. März. (W. T. B.) Baker Pascha ist hier eingetroffen. Die] telegraphische Verbindung jenseits Berber ist unterbrohen. Die Auf- ständischen schossen auf einen von Berber kommenden Dampfer.

Alexandrien, 16. März. (W. T. B.) Jn einer heute Vormittag abgehaltenen öffentlihen Versammlung wurde eine Resolution angenommen, in welcher die sofortige unverkürzte Auszahlung der von der internationalen Kom- D genehmigten Entschädigungssummen gefordert wird.

Suakim, 15. März. (W. T. B.) Heute wurden hun- dert Mann Kavallerie zu einer Rekognoszirung in nördlicher Richtung bis Handuk ‘entsendet, woselbst sich Brunnen befinden. Es wurcke Alles ruhig gefunden. Bis jeßt ist über künftige Bewegungen der Truppen nichts be- kannt; dieselben werden, wie es heißt, einen Monat hier bleiben. Admiral Hewett begiebt sih in der nähsten Woche nach Massovah auf dem Wege nah Abessinien.

Zeitungsstimmen.

Punkt 111 des Programms der „Deutschen Freisinnigen Partei“ hat den folgenden Wortlaut :

„Förderung der Volkswohlfahrt auf Grund der bestehen- den Gesellschastsordnung.

__ Vei voller Wahrung der Gleichberehtigung, der Selbst- thätigkeit und des freien Vereinigungswesens der arbeitenden Klassen Eintreten für alle auf Hebung derselben zielenden Bestrebungen.

Bekämpfung auch des Staatssozialismus, sowie der auf Bevormundung und Fesselung des Erwerbs- und Verkehrs- tre der Gewerbefreiheit und Freizügigkeit gerichteten Maß- regeln.“

Punkt IV: Jm Steuersystem Gerechtigkeit und Scho- nung der Volkskraft ; Entlastung der nothwendigen Lebens- bedürfnisse; keine Zoll- und Wirthschaftspolitik im Dienste von Sonderinteressen; keine Monopole; Geseßgebung und wirksame Aussicht des Reiches im Eisenbahnwesen.“ Die „Deutsche volkswirthschaftlihe Correspondenz“ bemerkt hierzu:

Gegen die Fassung des Punktes IIT wäre wenig einzuwenden, wenn es lediglich auf den Wortlaut ankäme. Wer aber den Eifer kennt, mit welhem die Fortschrittspartei und ihre Anhänger gegen die Prinzipien anfämpft, welhe der vom Kaiser und der Regierung verfohtenen sozialen Reformarbeit innewohnen, der wird sib nicht verhehlen können, daß die anscheinend unbedenklihe Fassung in Wahr- heit höchst bedenkliber Art ist. Denn die Fortschrittspartei will zwar anscheinend die bestehende gesellshaftlibe Ordnung erhalten, aber auch jene Faktoren großziehen, deren Wirksamkeit die gesell- \haftlide Ordnung bedrohen. Die Gefährlichkeit dieser Faktoren wird von ihr geleugnet, nibt so sehr aus Ueberzeugung, sondern weil diese Faktoren der Nußen ihres eigenen politishen Einflusses sind, auf dessen Erhaltung es also weit mehr ankommt, als auf die Er- haltung der Gesellschaft in ihrer heutigen Form. Die Negierung und ihre Freunde andererseits erstreben mit ernster Thatkraft die Sicherung und Befestigung der gesellscaftlihen Ordnung, und da sie zu der auf- rihtigen Erkenntniß gekommen sind, daß niht alle Elemente und Faktoren in derselben fo fungiren, wie sie dem Gesammtwohl entsprechend fungiren follten, so sind sie darauf bedacht, die Schäden auszumerzen und solche Einrichtungen zu “treffen, welche der Siche- rung der gesellsbaftlihen Drdnung wirkli dienlih sind. Jn diesem Punkte ftollidiren ihre Absichten mit den Zwecken der Fortschritts- partei, wie wir das in der Frage der Steuerreform, des Versicherungs- wesens und auf demn Gebiet der Zölle gesehen haben. Vor allen Dingen vertritt die Fortschrittspartei das Interesse des Kapitals in einer Weise, welche über die Grenzen des Berechtigten weit hin- ausgeht Wollte man in diesem Punkte ein Element zur Erhaltung der gesellshaftliben Ordnung erblicken, so müßte man blind sein für die deutlihsten Erscheinungen der Vergangenheit und Gegenwart, nicht nur in Deutfland, sondern in allen Ländern. War es do die einseitige Pflege und Begünstigung der Kapitalmacht, welche die

anaristishen Agitationen eine fo furchtbare Ausdehnung gewinnen ließen. Seitdem Guizot den Franzosen sein berühmt gewordencs „Enrichiesez - vous“ zurief, bis auf

den heutigen Tag, lassen sich in Frankreih die Folgen dieser einseitigen Entwicklung deutlih nachweisen. Die Freiheit des Indi- viduums, wie sie von der Fortschrittspartei verstanden und vertreten wird, ist in Wahrheit nichts anderes, als das Recht des Stärkeren, wie es sich auf vielen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens thatsächlich entwickelt hat. Von diesem Standpunkt aus {ind die Klagen der minder begünstigten Mitglieder der mensclichen Gesellschaft aber nur allzu be- gründet, und wenn Angesichts diefer Klagen die Fortscyrittspartei von einer Erhaltung der bestehenden gesellshaftlihen Ordnung |prict, so kann fie darunter keineswegs die Festigung des Staates, der auf das Wohl aller seiner Angehörigen ernstlih bedacht ist, verstehen, sondern sie versteht darunter die erbarmungslose Herrschaft des Kapitals und seiner Affiliirten über die wirthschaftlich Schwachen. So gelangen wir day, in dem Punkt IlT nur eîne Beschönigung der wirklichen Ziele der Fortschrittspartei, oder, wie wir jeßt sagen müssen, der „Deutschen Freisinnigen Partei", zu erblicken; darauf berechnet, die Leichtgläubigen zu täushen und die Menge zu bethôren Jn Wirklibkeit begünstigt die Fortschritts- partei in unzulässigem Maße die Herrschaft einer Klasse von Staats- bürgern über die andern, ohne auf die Milderung des traurigen Looses der Armen und Schwachen Bedacht zu nehmen. Sie befindet sih auf diesem Wege im offenbaren Gegensatz zu allen Freunden der sozialen MReformarbeit , welhe den Schuß des wirthschaftlic Schwachen gegen die Uebermacbt des Kapitals anstreben, ohne die vollkommen und in weitem Sinn berechtigte Sphäre des Kapitals zu Verlieben, ¿s No bedenklicher erscheint der Punkt TV des Programms, wenn er auf seinen wahren Gehalt geprüst wird. Hinter dehnbaren und unverfänglihen Worten birgt sih hier die Kriegserklärung gegen die Wirthschaft8spolitik, gegen die {ützenden Zölle, welchen die deutsche Industrie eine allenthalben anerkannte und im Auslande mit unver- hohlenem Neid betrachtete Blüthe verdankt. Es ist auffallend, daß das Programm nit mit klaren Worten „Bekämpfung der shützenden Zölle“ sagt. Daß man sich vorsichtiger ausdrückt, erscheint uns als ein Berweis, daß man im fortscrittiliben Lager die Folgen einer offenen Sprache fürhtet. Man weiß auc dort, daß die s{hützenden Zölle längst die große Mehrheit des Volkes für sih haben. . . .., Ein sonderbarer Freisinn, welcher auf allen Gebieten die Interessen des Volkes bekämpft. __— Die französische Deputirtenkammer hatte vor einiger Zeit eine Kommission zur Prüfung des Antrages Ballue auf die Ersezung einer Anzahl indirekter Steuern durch direkte

niedergeseßt. Der dieser Tage der Kammer vorgelegte Bericht dieser Kommission empfiehlt die Annahme des Antrages und enthält detaillirte Vorschläge zur Ausführung des Ballue'schen Steuerreform-Programms. Diese Vorschläge und ihre Be- gründung wurden im „Journal des Débats“ von dem früheren Finanz-Minister und Vertrauensmann Rothschilds, Léon Say, einem Manchestermann, der jedoch an dem in Frankrei seit lange bewährten, vorwiegend auf indirekte Ab- e basirten Steuersystem nicht gerüttelt wissen will, einer carfen Kritik unterzogen, welche die „Schlesische Zeitung“, wie folgt, zusammenfaßt :

Herr Say ist der Ansicht, die Kommission würde klüger gehan- delt haben, wenn sie, anstatt der angeblich größeren Gerechtigkeit der direkten Steuern das Wort zu reden, sih die Frage vorgelegt hätte, in welcher Weise diejenigen Nationalökonomen, deren Ideal in der Theorie die direkte Besteuerung gewesen war, sich verhielten, sobald sie Milglieder der Regierung geworden waren und die Verantwortung für die Finanzlage des Landes zu tragen hatten. Herr Say erinnert daran, daß während der französishen Revolution ver Freihändler Dupont de Nemours die geseßzgebende Versammlung zuerst zur Abschaffung der indirekten Steuern veranlaßt und später „unter Thränen zwar, aber mit Entschiedenheit“ diese parlamentarishe Versammlung gebeten habe, ihren früheren Besluß wegen dessen gänzliher Undurführbar- keit aufzugeben. Die Begründung, welche Dupont de Nemours für seine Meinungéänderung gegeben, sei die beste Motivirung der indi- rekten Steuern: es ift unmögli, ohne sie auszukommen! Hr. Léon Say weist alsdann na, daß die Abschaffung der Getränksteuer, womit die Kommission den Anfang zu machen gerathen hat, nur Naththeile und keine Vortheile bringen werde, da von der Aufhebung nit die Konsu- menten, fondern lediglich die Zwisbenhändler, welche 400009 an der Zahl find, profitiren würden. Im Jahre 1880 hat eine Herabsetzung der Weinaccise um 709 Millionen Francs stattgefunden, ohne daß die Preise im Einzelverkauf dadurch gesunken wärenz nur die Detail- verkäufer haben den Gewinn eingezogen. Auf 100 Einwohner kfowmt in Frankreih ein Spirituosenverkäufer der größte Theil dieser Leute muß augenscbeinlih am Nande des Hungers stehen; erläßt nun der Staat einen Theil der Auflagen, welwhe bis dahin die Geschäftsunkosten des Detaillisten ver- mehrt hatten, so wird derselbe zunächst diese Ersparniß dazu ver- wenden, fich und seine Familie besser zu ernähr-n: das Publikum aber wird keinerlei Vortheil daraus ziehen. Wollte man jeut die 150 Millionen betragende Getränksteuer erlassen, se würde man ein- fach damit den Kneipwirthen ein Geschenk machen und wäre ge- zwungen, die Steuerzahler, die nichts durch jenen Steuernachlaß ge- wannen, mit einer neuen direkten Steuer von gleichem Betrage zu be- lasten. Say scilt den blinden Eifer der Theoretiker, die gänzli unfähig seien, zu begreifen, daß große Budgets nur bei Anspannung der indiredten Steuerkraft des Landes aufrecht zu erhalten seien. Eine Herabseßung der indirekten Steuern wird, Hrn. Say zufolge, si mit Gewißheit in der Praxis als unmögli erweisen.

Marineverordnungsblatt. Nr. 6. Inhalt: Erste Seeoffizierprüfung. Swiffsverpflegung. Landungéübungen. Wischstôke für Jägerbüchsen M./71. Weiße Mützcabizüge.

Uebungsberichte. Ausbildung von Swiffsjungen. Strafvoll- streckungsreglement. Wehrordnung. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Beihcft zum Marineverordnungsblatt. Nr. 50. Inhalt: Betheiligung der französischen Marine an der tunesischen Expedition. Nachrichten vermischten Inhalts. Literarische Be- nachrichtigungen.

Statistische Nachrichten.

Von den deutschben Schiffsvermessungs-Revisions- behörden sind im Jahre 1883 337 Meßbriefe ausgefertigt worden: 301 über deutsbe Schiffe (123 Segel- und 178 Dampfschiffe) und 36 fremde (18 Segler und 15 Dampfer). Die meisten Meßbriefe wurden ausgefertigt in Schleswig 89, Hamburg 61, Stade 31, Aurich und Bremen je 30, Stettin 28 u. \. w.

Von den Scwiffsvermessungs-Behörden wurden 465 Meßbriefe ausgeftellt: 109 für deutshe Swiffe (85 Segler und 24 Dampfer) und 356 für fremde Schiffe (1 Segler und 355 Dampfer). Bei diesen Meßbriefen stand Hamburg mit 150 obenan; es folgten Stettin mit 44, Altona mit 38, Bremerhaven mit 36, Geestemünde mit 28, Swinemünde mit 24, Danzig mit 22 u. \. w.

Kunft, Wissenschaft uud Literatur.

Als Separat-Abdruck aus „Gruchots Beiträgen zur Ecläute- rung des deutschen Rechts“, 28. Jahrgang, ift kürzlih von Professor Dr. Birkmeyer eine „Zusammenstellung der gesammten bis jeßt zur Reichs-Civilprozeßordnung erschienenen Literatur, geordnet nach der Reihenfolge der Gesetßes-Paragraphen“, im Verlage von Franz Vahlen, Berlin, heraus8aegeben worden. Der Verfasser hat bereits im Jahre 1881 in der Mecklenburgischen Zeit- chrift für Rechtspflege und Rechtswissenschaft eine Zusammen- stellung der Reichs-Civilprozeßliteratur veröffentliht, welche in der votliegenden Schrift bis auf die Gegenwart fortgeführt worden ift. Die Schrift gewährt eine Uebersibt über die einzelne Materien der C. P. O. betreffenden Bücher und Abhandlungen, welche in thun- lidster Vollständigkeit aufgeführt worden sind. Insbesondere hat der Verfasser eine große Anzahl der verschiedenen partikulären deutschen Zeitschriften, Sammlungen von „Vorträgen“, „Beiträgen“ 2c. sowie die in Zeitschriften veröffentlichten Mittheilungen aus der Praxis, soweit dieselben durch kritishe Bemerkungen des Einsenders oder Zusäße der Redaktion über den bloßen Abdruck von motivirten Entscheidungen hinausgehen, berücksihtigt. Eine Sichtung der einzelnen Schriften rach ihrem inneren Gchalt und ihrer Brauchbarkeit vorzunehmen, erschien hierbei nicht angängig; der Verfasser hat indessen auf vor- handene Besprehungen, der aufgenommenen Abhandlungen 2c. sowohl fritifirende als blos referirende, verwiesen, da diese häufig neues Material zur Auslegung des Gesetzes beibringen und dem Leser die Orientirung über den Inhalt längerer Abhandlungen erleihtern. Nach Vorstehendem gehört die Aufführuvg der Kommentare, der {\ystematischen Darstellungen, der Formulariensammlungen, der tabella- rishen und lerikographisben Darstellungen des neuen Pcozeßrehts, sowie der bloßen Mittheilungen von Urtheilen und Entscheidungs- gründen, welche die Schrift über den beabsichtigten mäßigen Umfang ausgedehnt haben würde, nicht in den Plan derselben. Troß dieser Einschränkung repräsentirt die zusammengestelite Literatur ein beträbt- liches wissenschaftlihes Material, für welches ein Hülfsmittel, wie das vorliegende, Behufs Grleichterung seiner Verwerthung ein drin- gendes Bedürfniß ist. Die mühevolle, mit großer Umsicht abgefaßte eve des Verfassers wird diesem Bedürfniß in vollem Maße ente precen.

Ein Rheinisches Provinzial-Handbuch (25 Druck- bogen stark, Preis gebunden 6 X) ist soeben im Verlage der Fr. Linsen Buchhandlung in Trier erschienen. In demselben ift fehr reiwhaltiges Material verarbeitet und durh zweckmäßige Eintheilung und Zusammenstellung zu einer Uebersichtlichkeit auf verhältnißmäßig knappem Raume gebracht worden. Die Vollständigkeit des Buches er- giebt sich aus den tabellarishen Verzeicbnissen aller vorhandenen Be- hörden und Korporationen. Dank amtliher Mitwirkung und sorg- fältiger Redaktion des Buches ist neben der Reichhaltigkeit auc die Korrekiheit des Inhalts errei{t worden. Einen besonderen Werth erhält das Werk durch die von dem Regierungs-Rath Grotefend gegebene kFonzise Darstellung der behördlihen Organisationen. Auf 63 Seiten ist die Zusammensetzung, Erneuerung, Wirkungssphäre, Kompetenz-