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befugniß aller Behörden, sowie der politischen und kirhlihen Ge- meinden nebft allen darauf bezügliwen Geseßen und Erlassen 2c. im Auszug für Jedermann klar und verftändlih dargestellt worden. Den größten Theil des Buchs, ca. 300 Seiten, nehmen die Per- sonalien ein. Die Nachrichten über die Provinzialverwals- tvng dehnen \sich bis zu den Sparkassen aus. Beim Bildungêwesen wird neben allen hohen und niedern Schulen, Fonds und Stiftungen für dieselben, s{ließlich des Konservatoriums in Cöln, der Gesellshaft für Rheinishe Geschichtskunde mit den betreffenden Personalien und der rheinishen Theater gedacht. Einen breiten Raum nehmen die verschiedenen landwirthschaft- lihen Behörden, Anstalten und Vereine ein. Bei Handel, Gewerbe und Industrie finden wir nit nur die bestehenden Handels- kammern , Privatvereine, Gerichte, Konsulate 2c., sondern selbst alle bisher ins Leben getretenen Innungen und gewerblihen Ver- bände. Daß das Personal der Berg-, Strombaus-, Eisenbahn-, Post- und Telegraphenverwaltung nicht fehlt, ist selbstredend. In 8 Kapiteln wird das rheinische Unterstüßung8wesen behandelt, während 27 Privat- versierungsgesellsbaften der Provinz mit ihren Agenten 2c. dafür sprechen, wie blühend dieser Zweig gerade am Rhein vertreten ift. Die zweite Abtheilung beschäftigt ih mit den Justizbehörden, bei welchen ebenso wie bei der Verwaltung auch die angestellten Subaltern- beamten sämmtlich berüsichtigt sind. Der nächste Theil beschäftigt sich mit dem Militärwesen und bringt alle Offiziere und Beamten der Linie, Landwehr und Reserve auf dem Boden der Rheinprovinz. In der vierten Abtheilung sind die kirhlichen Verwaltungen der ver- schiedenen Bekenntnisse eingehend behandelt, während in der leßten die Jahrmärkte, statistishe Angaben aller Art, die parlamentarischen Ver- treter 2c. Plat gefunden haben. Ausführlihe Sachregister zu dem Personalien- sowohl wie zu dem erläuternden Theil erleihtern das Nachschlagen irgend eines gewünschten Gegenstandes. — In Nr. 1 der diesjährigen „Mittheilungen von F. A. Brockhaus in Leipzig“ werden aus dem neuesten Verlag der genannten Buchhandlung cinige 20 Werke verschiedenen Inhalis mit ‘kurzen Besprehungen oder Inhaltsangaben aufgeführt, darunter Perrot und Chipiez, Geschichte der Kunst im Alterthum; von Ujfalvy, Aus dem westlihen Himalaja; mehrere Schriften über verschiedene Sprachen (englische, französische, deutsche); Rosenthals Internationale wissexschaftlihe Bibliothek; von Gottschalls Unsere Zeit und Blätter für literarishe Unterhaltung; Brockhaus Konversations-Lexikon, 7. Bd. der 13. Aufl., u. \. w. Außerdem verzeichnen die „Mitthei- lungen“ 12 verschiedene Kommissionsartikel sowie 5 neue Kataloge von Brockhaus Sortiment und Antiquarium Den Schluß der „Mittheilungen“ bilden ausführliche Besprehungen über das Wissen- schaftliche Supplement zu Nordenskiölds Reisewerk, den 7. Bd. von Brockhaus’ Koxversations-Lexikon, von Gottshalls Unsere Zeit und Blätter f. liter. Untechaltung, Martins fIllustrirte Naturgeschichte der Thiere und über Wilh. von Humboldts Briefe an eine Freundin.
Gewerbe und Handel.
(W. T. B.) Die heute stattgehabte Generalversammlung der Berliner Handelsgesellschaft war von 11 Aktionären be- sucht, welche mit 12556 Aktien 6275 Stimmen vertraten. Die Ge- neralversamm!lung genehmigte die Bilanz und Gewinnvertheilung pro 1883 und ertheilte der Verwaltung die Decharge. Die ausscheidenden 4 Mitglieder des Verwaltungsraths wurden wiedergewählt und die vorgeschlagenen Statutenänderungen dur Akklamation genehmigt.
— Nach dem Jahresberiht der Deutschen Hypotheken-
bank in Berlia pro 1883 sind 538 Anträge über rot. 28 Mill. Mark cingegangen, von denen 369 im Betrage von mehr als 21 000 000 Æ abgelehnt worden find. Die Summe unkündbarer und kündbarer Hypotheken betrug (abzüglih der noch zu zahlenden Valuten- beträge) ultimo Dezember 1882 21 490337 Æ, es traten hinzu 1883 7 357 370 M, es wurden zurückgezahlt 2931 797 M, \o daß ein Be- stand von 25915 910 M. verblieb; derselbe hat si gegen ultimo Dezember 1882 um 4425 573 A vermehrt. Es waren ultimo De- zember 1883 beliehen 767 Grundstücke und zwar: 170 Hausgrund- stücke in Berlin, 23 Hausgrundstücke bei Berlin, 57 Hausgrundstücke in Städten mit mehr als 50 000 Einwohnern, 309 Hausgrundstücke in Städten unter 50000 Einwohnern, 208 ländlihe Grundstüdte mit landwirths{aftlidem Betriebe. Die Beleihungen bleiben daher durscnittliÞ um 9% (gegen 10% in 1882, 6# 9% in 1881) hinter der statutenmäßigen Bceleihungsgrenze zurück. Gegen Verpfändung von Hypotheken waren ausgeliehen: ultimo Dezember 1882 1131934 M, es wurden neu bewilligt 2838 166 4, dagegen zurüd- gezahlt 1798107 M, fo daß Bestand verblieb 2171993 Von den vierprozentigen Pfandbriefen waren am 31. Dezember 1882 im Umlauf 3 678 000 #, es wurden in 1883 begeben 3706 800 M, so daß am 31. Dezember 1883 cirkulirten 7384800 A Der Gefsammtumlauf von Pfandbriefen betrug ultimo Dezember 1883 23 648 600 M, gegen ultimo Dezember 1882 18 449 000 M, also Ende 1883 mehr 5 199 600 (A Von den ‘ von der Bank beliehenen Grundstücken find im Jahre 1883 15 (gegen 19 in 1882) zur Zwangê- versteigerung gestellt worden. Hierzu treten zwei im vorjährigen Geschäftsberiht erwähnte Grundstücke, welche bereits 1882 zur Zwangsversteigerung standen. In vier Fällen is das Zwangs- versteigerungsverfahren vor dem Bietungstermine eingestellt worden. In weiteren eilf Fällen ist die Bank herausgeboten worden. In zwei Fällen hat die Bank, da von anderer Seite Gebote, welche ihre For- derungen deten, nicht abgegeben wurden, die beliehenen Grundstücke felbst erworben.
— Die Dividende der „Nordstern“, Lebens-Versiche- rungs-Aktiengesellscchaft zu Berlin, pro 1883, is vorbehalt- lih der Genehmigung durch die Generalversammlung auf 149/96 gleich 84 # pro Aktie an die Aktionäre, 18%/9 auf die Versicherungen mit Gewinnantheil und 28 9/0 auf die Versicherungen mit Gewinnantheil und steigender Versicherungssumme festgeseßt. — Die Dividende der eNordstern, Arbeiter - Versicherungs - Akt iengesell - \chaft“ pro 1883, ist vorbehaltli® der Genehmigung durch die Generalversammlung auf 49/9 der Baareinzahlung gleih 24 M pro Aktie festgeseßt. :
_— Die Kölnische Privatbank hat, nah dem Geschäfts- berichte pro 1883, im verflossenen Jahre niht so günstige Resultate erzielt wie in den Vorjahren. Wie die Gewinnberechnung ergiebt, ftellt sich die Dividende für das verflossene Jahr auf 5} %/,, 64 %/9 in 1882. Diese Schmälerung der Rente findet, da Verluste die Bank nicht betroffen, ihre Erklärung einzig und allein in dem andauernd flüssigen Geldstande und dem niedrigen Bank- und Privatdiskont der abgelaufenen Geschäftsperiode. Die Geschäftsumsäße mit Cins{luß des Verkehrs auf Girokonto bei der Reichsbank und auf Noten-Einlösungskonto in Frankfurt a M. beziffern sich in Einnahme auf 108 137 124 4, in Ausgabe auf 108 211 378 M, zu- sammen auf 216 348502 ; pro 1882 betrugen dieselben
2295 383 091 M Die Einnahme an Zinsen und Provisionen stellt sich wird.
auf 302 805 M gegen 347 392 M pro 1882. Davon kommen in Abzug: die Verwaltungsunkosten inkl. 9534 A für Steuern mit 43 839 H, Zinsen der Depositenkapitalien mit 84 378 4 Von dem Reste von 174587 4. bezieht der Aufsichtsrath eine Tantième von 6% mit 10 475 MÆ, den hiernach verbleibenden 164 112 M werden
vom Konto der unvertheilten Dividende 887 6 zugeschrieben, so daß | lichen Behagens wünschenswerthen Einrichtungen miethsweise zu ge- 165 000 6 oder 52 °%/% = 8250 M pro Aktie zur Vertheilung | währen, hat ein Jahr ruhiger Weiterentwickelung hinter sh. Das Tommen. in Groß - Lichterfelde in der Lankwißstraße belegene Heim, das
Srantsutt a. M, 15, Matz. (W. %, B) Na einer
offiziellen Mittheilung des „Frkf. Aktionär“ hat das Rothschild- | wesen. Die vom Verein geschaffenen Einrichtungen haben fi Konsortium 100 Millionen Gulden 4% ungarische Goldrente | fortgesezt gut bewährt. An Miethen, die pro Jahr und Wohnung fest Übernommen, wogegen der entsprehende Betrag 6% ungarischer | zwischen 60 und 210 M variiren, find insgesammt 1243,75 A. ein-
Goldrente (ungefähr die Hälfte der noch ausftehenden 166 405 200 Fl.) zur Einlösung gebracht wird. Bei der Subskription werden sowohl
Zeichnungen in baar als auch der Umtausch gegen 6 °/% Rente zuge- | sich 4 Damen befinden, die durch Zahlung eines Kapitals sich ein lassen. Keinesfalls soll hierbei im Ganzen mehr 4%/ Goldrente aus- | lebenslängliches Miethörecht gesichert haben. Z h
gegeben werden, als das Konsortium jeßt fest übernommen hat.
Nürnberg, 15. März. (Hopfenmarktbericht von Leopold | unter Hinzurehnung einer zurückgezahlten Leibrente, auf 5060 K
Held). Bei unverändert fester Tendenz wurden in den leßten 3 Tagen
diefer Woche ca. 300 Ballen zu den bisherigen Preisen verkauft. Die | 20116 M
waren alle Sorten. Die Notirungen lauten: Württemberger prima 183—188 Æ, do. mittel 170—180 4; Hallertauer prima 183—185 M, do. mittel 170—177 Æ; Polen prima 183 Æ, do. mittel 170 —177 Æ; Elsäfser prima 178—180 Æ, do. mittel 165—172 M; Spn 175—184 Æ; Marktwaare 165—172 #; Aischgründer — M Dresden, 17. März. (W. T. B.) Die heutige General- versammlung der Sächsishen Bank war von 40 Aktionären, welche 5880 Aktien mit 556 Stimmen vertraten, besucht. Der Jahres- abschluß und die vorgeschlagene Dividende von 5§9%/, welcbe von morgen ab zahlbar ift, wurden einstimmig genehmigt nnd die aus- u 7E 4 Mitglieder des Verwaltungsraths einstimmig wieder gewählt. Mannheim, 15. März. (W. T. B.) Die Generalversamm- lung der Aktionäre der Rheinischen Hypothekenbank beschloß die Vertheilung einer Dividende von 7% gleich 21 Æ per Aktie. Wien, 15. März. (W. T. B.) Das zwischen der Regie- rung und der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn abgeschlossene Uebereinkommen bestimmt, wie die „Presse“ meldet, Folgendes: Die Nordbahn erhält an Stelle des Privilegiums cine Betriebs- konzession bis zum Jahre 1966. Das Einlösungsrecht des Staates beginnt {on im Jahre 1904 unter den in den neueren Kon- zessions - Urkunden sftipulirten Modalitäten. Die Nordbahn zablt dem Staate die von diesem an die Mährisch- Stlesishe Nordbahn geleisteten Garantievorshüsse sammt Zinsen im Betrage von 10200000 Fl. zurück, wverzihtet auf jede weitere Subvention und verpflichtet sih zum Ausbau einer Eisenbahn- linie von einem Punkte der Mährischen Transversalbahn nah Bielit, sowie zur Herstellung einer Reihe von Lokalbahnen. Die Tarife der Nordbahn werden auf das Niveau der Staatseisenbahntarife herab- gesezt. Die Negierung verpflichtet fich, bis zum 30. Juni 1884 die legislative Genehmigung dieses Uebereinkommens zu erwirken. Wien, 15. März. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath des S Bankvereins beshloß, cine Dividende von 6 °/9 vorzu- agen. Brüssel, 15. März, (W. T. B) Die Nationalbank hat den Diskont von 3# auf 3 9% herabgeseßt. London, 15, März. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll- auktion waren Preise unverändert. Glasgow, 15. März. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 593 900 Tons, gegen 588 600 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 94 gegen 113 im vorigen Jahre. New-York, 19. Marz (W. T. B) Dex Werth der Produk tenausfuhr in leßter Woche betrug 8023 000 Doll., wo- von 2636 000 Doll. auf Manufakturwaaren kommen. Der Werth der Ausfuhr der Brodstoff e im Monat Fe- bruar betrug 10 100 000 Doll.
Verkehrs-Anstalten.
Bremen, 1). V ŒW. L) Dex Damvfer bes Norddeutschen Lloyd „Donau“ ist gestern Nachmittag 4 Uhr in New-York eingetroffen. — Der neue Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd „Eider“ passirte auf der Reise von Glasgow nach Bremen heute Nachmittag 1 Uhr St. Catherinces Point. Die durch{chschnittlide Geschwindigkeit bis dahin betrug 18 Knoten.
Bremen, 17 Mirtz. (W. T. B) Dex Dampfer des Norddeutschen Llod „Nürnberg“ ist am Sonnabend in Bal- timore und der Dampfer „Werra “ derselben Gesellschaft ist gestern Nachmittag 4 Uhr in New-York eingetroffen.
Hamburg, 16. März. (W. T. B.) Die Postdampfer „Bohemia“ und „Lessing“ von der Hamburg-Amerikani- \chen Packetfahrt-Aktiengesellschaft haben, von New-York kommend, heute früh Kap Lizard, der erste um 2 Uhr und der letzte um 8 Uhr passirt.
Berkin, 17. März 1884.
KonsulatsberiGte.
Verlauf der Wollsaison in Süd-Australien.
Adelaide, den 16. Januar 1884. — Die Wollsaison von 1883—1884 für Süd-Australien nähert sich jeßt ihrem Ende ; bis jeßt sind seit September 1883 94 000 Ballen Wolle im Werthe von 1 400 000 Pfd. Sterl. nah London abgesandt worden. Nach dem Kontinente von Europa wurde in dieser Saison keine Wolle direkt gesandt. Ein Theil des obengenannten Exportes, ungefähr 8000 Ballen, wurde hier auf Rechnung kontinentaler Käufer aufgekauft, jedoch nah London verschifft, theils wohl um den dortigen Markt nah Belieben zu benußten, theils um nah Ankunft in London weiterbefördert zu werden.
Die südaustralishe Wolle erreicht dieses Jahr eine weit bessere Qualität wie im vorigen Jahre. Die Wolle ist reiner und stärker, von guter Länge und Dichtigkeit, und auch das Gewicht der Fließe ist befriedigend ausgefallen. Die Schaf- züchter haben der Packung und Bereitung der Wolle für den Markt größere Aufmerksamkeit geschenkt und europäische Käufer haben si in dieser Hinsicht lobend ausgesprochen. Der größere Theil des Exportes wurde von den Schaf- züchtern selbst verschifft ; ungefähr 35 000 Ballen wurden auf dem hiesigen Markie öffentlih verkauft, hiervon, wie {hon be- merkt, 8000 Ballen auf Rechnung kontinentaler Käufer. Preise beliefen sich von sieben bis elf und dreiviertel Pence (7—11%/4) per Pfund je nach Qualität und für gereinigte (gewaschene) Wolle von vierzehn bis auf zweiundzwanzig Pence (14—22) per Pfund.
Außer den Verschiffungen nach London wurden von hier ungefähr 2000 Ballen im Werthe von 30 000 Pfd. Sterl. nah dem Markte von Melbourne gesandt.
__ Der Wollexport bis zum heutigen Datum, 96 000 Ballen, ist etwas unter dem vorjährigen geblieben. Die Ursache liegt darin, daß noch keine Wolle von den Gegenden des Flusses Darling (wo große Schafzuchten bestehen) angekommen ist. Die tropischen Regen sind spät und genannter Fluß ist noch nit s{ifbar. Während des nächsten Monats wird jedoch erwartet, daß auch diese Wolle zur Verschiffung ankommen
Der Verein „Frauenheim“ hielt gestern Mittag seine 9. Jahresversammlung ab. Der Verein, welcher bezweckt, achtbaren, allein- stehenden Frauen eine ihrer gesells{aftlihen Stellung entsprechende Wohnstätte mit allen zur Wahrung der Sittlichkeit und des hâus-
13 Damen Wohnung bietet, ist das Jahr über stets beseßt ge-
gegangen ; die Beiträge der 73 Mitglieder brahten 814 (; außerdem stehen 40 ständige Mitglieder dem Verein zur Seite, unter denen
( pes Piel Die Gesammteinnahme belief sich, einshließlih 6873 ( Bestand, auf 9516 4, die Ausgabe,
Das Vermögen beträgt nah Abzug von 30 000 /6 Hypothekenschulden
Zufuhr betrug im gleichen Zeitraume gegen 200 Säcke, Gefragt
Der 3. Deutsche Rudertag ist gestern hierselbst in dem mit Klubflaggen reih ges{chmüdckten Festsaal des Kaiserhofes “ zusammen- getreten. Von ‘den zum Verbande gehörigen Klubs haben 33 Dele- girte entsandt. Der Verband umfaßt 66 Klubs mit 1999 Mit-
liedern; davon entfallen auf Norddeutshland 760, auf Süddeutsch- and 1239. Die größte Mitgliederzahl (446) weist Hamburg auf; es folgen dann Frankfurt a. M. mit 161, Wien mit 147, Mannheim mit 104 und Berlin mit 98 Mitgliedern. Die Verhandlungen hatten lediglih internes Interesse.
Im Deutschen Theater hat die erste Aufführung von „Romeo und Julia“ bei prachtvollster Ausstattung und vorzüglicher Darstellung am Sonnabend einen großen Erfolg gehabt. Wir kommen auf dieselbe noch eingehend zurück. — Von morgen ab be- ginnen die Vorstellungen dieses Dramas übrigens ftatt um 64 Uhr erst um 7 Uhr. Durch rascheren Fortgang der Verwandlungen fo- wie durch einige unwesentlihe Streichungen ist es ermögliht worden, die Dauer der Vorstellung so weit abzukürzen, daß dieselbe troß ihres späteren Beginns doc bereits kurz nach 10 Uhr beendet ift.
Im Neuen Friedrih-Wilhelmstädtishen Theater bewies die gestrige Aufführung des „Bettelstudenten“ von Neuem die unverwüstlice Zugkraft dieser mit Ret beliebten Operette. Das Haus war auêverkauft, und das Publikum zeichnete die Damen Schmidt, Collin und Grünfeld sowie die Hrrn. Steiner, Szika und Wellhof in der \{chmeicelhaftesten Weise aus.
Die Sing-Akademie führte am Sonnabend in ihrem dritten Abonnements-Concert „Die Jahreszeiten “ auf, Haydns bekann- testes und beliebtestes Werk, das, wie die , Schöpfung“, wohl schon fast ein ganzes Jahrhundert hindur an dieser Stelle gepflegt worden ist. Daß bei diesem Kultus des Edelsten und Schönsten der klassischen Meister doch auch den besten Kompositionen der Neuzeit gern Zeit und Kräfte gewidmet werden, is in den Concerten dieses Winters wieder dargethan worden, und beweist zuglei, wie die Direktion ihrem Chor die vielseitigsten Aufgaben zu tellen im Stande ist. In den nie zu oft gehörten „Jahreszeiten" traten wiederum als besondere Glanzpunkte hervor: die Begrüßung des Frühlings, der Bittgesang an die Sonne und der so erhebend wirkende Schlußchor: „Ewiger, Maäcbtiger“, im Sommer die Gewitterscene, im Herbste die Jagd mit dem sich anschließenden Trinkcbor und im Winter die trauliche Scene der Spinnerinnen, endlih der großartige Shluß{bor. Wenn- gleich die musterhafte Ausführung dieses umfangreihen Werkes dur die Sing - Akademie längst bekannt ist, fo verdient doch noch besonders hervorgehoben zu werden, daß Szenen, wie die Jagd, in der au das Orchester so mächtig in den Chor eingreift, wo durch die cinander jagenden Violinpassagen die eigenartigen Rythmen der Jagdhörner ertönen und die Chöre bald getheilt, bald zusammen wirken, eine Virtuosität der Gesammtkräfte erfordern, die, Dank dem ficheren Dirigenten und dem sih treflich bewährenden Philharmoni- \cen, Orchester hier mit Recht gerühmt werden kann. Die Soli waren trefflih beseßt. Frl. Hel. Oberbeck sang die Hanna mit edlem Wohlklang der Stimme und besonderer Sicherheit in den freien Ein- säßen der höchsten Soprantöne. Als Lucas wirkte Hr. Dierich, Hof- opernsänger aus Weimar, mit; er hat eine wohlgeschulte Tenor- stimme, der nur etwas mehr Wärme des Ausdrucks zu wünschen wäre. Der Simon des Hrn. Bet war eine Leistung von hohem io Werth. Der Saal schien bis auf den leßten Platz gefüllt.
Am Sonnabend, den 5. April, Abends 6#—94 Uhr, wird die Sing-Akademie Seb. Bachs Passionsmusik nah dem Evangelium St. Matthäi unter solistischer Mitwirkung des Frl. Helene Ober- beck, Frl. Hermine Spies, der Herren Hauptstein und Eugen Hildach aus Dresden aufführen. Einlaßkarten zu 4,50 4 (Loge 3,50 4. Balkon 2 46) sind schon jeßt bei dem Hauswart zu haben.
Literarische Neuigkeiten und periodisheSchriften.
Zur Umgestaltung des preußischen Landtages. Von einem preußishen Beamten. Lindau und Leipzig, 1884. Verlag von Wilh. Ludwigs Buchhandlung.
_Preußisbes Verwaltungs-Blatt. Nr. 23. — Inhalt: Arbeiterkolonien und Verpflegungsstationen. — Krankenversicherung der Arbeiter. — Polizeilihes Einschreiten in Betreff der Funda- mentirung bei einem Neubau. — Polizeilihes Verbot, den angefan- genen Bau fortzuseßen, wegen Gefährlihkeit des Baues — auf Grund des §8. 10 11 17 A. L. R. — Selbständiger Erwerb des Unter- stüßungêwohnsißes durch die Ehefrau. — Unterstützungspflicht des Armenverbandes des Dienstorts. — Hülfsbedürftigkeit , sowte Unterstüßung im armenrechtlichen Sinne. — Erstattungs- anspruch der Armenverbände. Begräbnißkosten. — Ver- rebnung des vom Unterstüßten oder von anderen Privat- verpfliwteten gezahlten Betrages auf den Gesammtunter- stüßungs8aufwand mit Einschluß der allgemeinen Verwaltungskosten. — Erstattungspflicht der Landarmenverbände. Jn welchem Zeitpunkte und in welchem Bezirke die Hülfsbedürftigkeit als eingetreten zu betrachten ist? — Nichterftattbarkeit der dur die Ermittelung des ersaßpflihtigen Armenverbandes entstandenen Kosten. — Erstattbarkeit der dur die Anmeldung des Erstattungsanspruchs entstandenen Kosten. — Gegenstand der Klage im armenrechtlihen Streitverfahren. — Streitige Organisation bezw. Abgrenzung der Armenverbände. — Befugniß des Prozeßbevollmächtigten zur Empfangnahme von Urtheilen im armenrechtlichen Streitverfahren.
Centralblatt für allgemeine Gesundheitspflege. 2, und 3 Heft, — Inhalt: Die Kurrentschrift. Ein Beitrag zur Frage von der Normalscrift und Normal-Heftlage. Von F. Staffel. (Mit 1 Abbildung.) — Ueber Trinkerasyle. Von Dr. Pelman. — Bericht über die am 20. Oktober 1883 in Düsseldorf stattgehabte Generalversammlung des Niederrheinishen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege. (Mit 5 Abbildungen.) — Nachweisung über Krankenaufnahme und Bestand in den Krankenhäusern aus 54 Städten der Provinzen Westfalen, Rheinland und Hessen-Nassau pro Monat Dezember 1883 und Januar 1884. — Sterblichkeits-Statistik von 57 Städten der Provinzen Westfalen, Rheinland und Hessen-Nassau pro Monat Dezember 1883 und Januar 1884. — Nachweisung über Krankenaufnahme und Bestand in den Krankenhäusern aus 54 Städten der Provinzen Westfalen, Rheinland und Hessen-Nassau während des Jahres 1883. — Ssterblichkeits - Statistik von 57 Städten der Provinzen Westfalen, Rheinland und Hessen - Nassau während des Jahres 1883. — Kleinere Mittheilungen. Die Cholera. Cin Fall von Fütterungstuberkulose beim Menschen. Fälle von geheilter Lungentuberkulose — Literaturberichte.
__ Monats\ch{rift für das Turnwesen, mit besonderer Be- rüdcksichtigung des Schulturnens und der Gesundheitspflege. Dritter Jahrgang. Heft 3. — Inhalt: Abhandlungen: Vom Befehligen. Vortrag, in einer freien Vereinigung von Turnlehrern gehalten von J. C. Lion. Die Ordnung der Braunschweiger Schulspiele im Sommer 1883. Von Oberlehrer Dr. K. Koh. Ein Gymnasial- Turnverein mit Ruderabtheilung nah dem Prinzip der Selbstleitung. Eingesandt von Oberlehrer Dr. C. Lampe. — Verordnungen: Mi- nisterial-Erlaß, die Beschaffung von Turnplätßen, Betreibung von Turnübungen und Turnspielen im Freien 2c. betreffend. Neuer Kursus zur Ausbildung von Lehrerinnen für den Turnunterricht zu Karlsruhe. — Beurtheilungen und Anzeigen. — Vermischtes.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druckt W, Elsner. Fünf Beilagen (eins{chließlich Börsen-Beilage). (340)
Berlin:
¿ GG-. Nichtamtliches.
reußen. Berlin, 17. März. Jm weiteren Ver- iz un vorgestrigen (6.) Sißung des Reichs- tags wurde die erste Berathung des Entwurfs eines Gesebes über die Unfallversiherung der Arbeiter fortgeseßt.
Zunächst ergriff der Reichskanzler Fürs von Bismarck
Wort:
s Wenn i in der Generaldebatte über den vorliegenden Gegen- stand das Wort nehme, so kann es nicht meine Absicht sein, in er- \höpfende Aeußerungen über das ausgedehnte Gesammtgebiet des Gegenstandes, der uns beschäftigt, einzugehen, und noch weniger der Spezialdebatte über die aroße Anzahl von Artikeln, die die Vorlage hat, in irgend einer Weise vorzugreifen. Ich balte aber doch für nothwendig, über die Stellung der verbündeten Regierungen zu der Genesis der heutigen Vorlage und zu den Absichten, welche sie mit derselben verbinden, einige Worte zu sagen, die ich wohl am bcsten an eine Besprechung derjenigen Cinwendungen knüpfe, welcbe in der bisherigen Debatte gegen das Prinzip des Geseßes im Allgemeinen ge- macht sind, um dadurch einen Leitfaden zu erhalten.
Fch wende mich zuerst zu“ den Aeußerungen des ersten Herrn Redners, des Abg. von Vollmar, die i vorgestern zwar gehört, aber doch im Augenblick nur gegenwärtig habe nach Maßgabe eines Auszuges, der sich in meinen Händen befindet, da id mit zu vielen anderen Geschäften in den ersten Tagen meines Hierseins überhäuft bin, um die Sache so gründlich zu prüfen und zu beleuchten, wie es
1 meine Pflicht sein würde. J :
A ch Tito von Vollmar hat zuerst eine gewisse Genugthuung, die nicht freî von Schadenfreude war, darüber ausgesprochen, daß die hofliegenden sozialistishen Pläne, die der ersten Einbringung dieser Vorlage zu Grunde gelegen hätten, vers{wunden wären. Ja, meine Herren, das ist doch nur scheinbar der Fall. Die Aehnlichkeit unserer dreimaligen Vorlage mit den sibyllinisben Bücvern ist keine voll- ständige; dasjenige, was wir heute niht mit vorlegen, ist nit dem Feuer überantwortet, sondern nur zurückgzelegt. Wir habèn eine terra incognita zu erforschen. Das Feld dieser Gesetzgebung is zuerst mit der Hastpfliht im abre 101 von Deutschland betreten worden Und von den übrigen Regierungen bisher nur im Anschluß an die mehr theoretischen als praktischen Vorgänge der diesseitigen Gesetzgebung angescnitten wor- den — von einigen mehr, von anderen weniger. Da haben wir uns {ließli überzeugt, daß die Schwierigkeiten um so größer sind, je breiter die Front ist, in der wir zuerst auftreten und dur die enge Pforte Ihrer Zustimmung zu marschiren versucen. Wir haben uns — und zwar auf meinen eigenen Antrag, und deshalb gerade halte ih es für meine Pflicht, mich darüber auszusprechen E haben uns zunähst auf den engsten nothwendigen Rahmen beschränkt. Mein Kollege von Boetticher hat gestern {on ausein- andergesetzt, daß wir damit nicht die Absicht verbinden, die übrigen Berusszweige fallen zu lassen und niht zu berücksichtigen, fondern daß wir uns nur vor den Gefahrea in Acht nehmen wollen, auf die das Sprüchwort hinweist, daß das Bessere des Guten Feind ist, und daß, wenn man zuviel im Einzelnen versucht, man Gefahr läuft, gar nichts zu erreichen. Jch möchte, daß wir und der gegenwärtige Reichstag das Verdienst hätten, wenigstens Etwas, wenigstens den ersten Anfang auf diesem Gebiete zu machen, und auch darin den übrigen europäishen Staaten vorauszugehen. Die Beschränkung ist geboten durÞ die Betrachtung, daß, je breiter und um- fassender die Vorlage ist, desto mehr Interessen berührt sind, desto mehr Widerspruch sie bei den Trägern dieser Interessen nah der einen oder andern Richtung hin wachrufen und hier zur Sprache bringen muß, daß also die Annabme desto schwieriger ift, Das Maß der Beschränkung war meiner Ueberzeugung nach durch das Maß des Haftpflichtgeseßes geboten, denn ih betrachte es als die erste Aufgabe eines Schrittes auf diesem Gebicte, die Mängel, die si an den ersten Versuch von 1871 an das Haftpflichtgesey geknüpft haben, zu beseitigen. Der Hr. Abg. von Vollmar hat si dahin aus- gesprochen, daß man das Haftpflichtgeseß früher nicht {let genug machen konnte und nun doch an dieses Hasft- pslichtgesez anknüpfte. Aber gerade dadur, daß das Hasft- pflichtgeseß viele Mängel hat, ist ja die Anknüpfung an dasselbe geboten. Die Geseßgebung muß sich damit beschäftigen, Durchsührungsmängel zu beseitigen, ehe sie neue Eroberungen auf dem Gebiete der Nüßlichkeit zu machen bestrebt ist. Damit ift die An- knüpfung des Haftpflichtgeseßes gegeben. Die Klagen darüber, die uns zugekòömmen sind, sind ziemlich allgemein, jedenfalls allgemein genug bekannt, um mi einer Rekapitulation derselben hier zu über- heben. Das Resultat ist für uns gewesen : das Haftpflichtgeseß hat nicht zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Arbeiter und Arbeit- geber, wie wir es anstreben, beigetragen. In welcher Art seine Mängel ließlich zu beseitigen sind, ob es nüßlich sein kann, die Ungewißheit und die Chancen der Prozesse, die Veranlassung zu Verstimmungen, die das Haftpflichtgesez geboten hat, auf alle Betriebe auêézudehnen, das will ih hier nit erwägen, dazu werden wir später Beit haben.
Der Hr. Abg. von Vollmar hat darüber scine Verwunderung ausgesprochen, daß wir nicht vorwärts geöommen find mit dieser Gesetzgebung seit mehreren Jahren, daß wir neue und andere Vor- lagen macben. Ja, meine Herren, unsere Schuld ist das ja nicht. Der Hr. Abg. Bamberger hat gestern den Beruf der Regierung ver- glihen mit dem eines Schusters, welcher die Scuhe anmißt, die er danach beurtheilt, ob sie ihm passen oder nicht, und danach annimmt oder zurücschickt. Jh bin durbaus nicht unzufrieden mit diesem bescheidenen Vergleich, durch den Sie die ver- bündeten Regierungen auf den Standpunkt eines für Hrn. Bamberger maßnehmenden Schuhmachers stellen. Der Beruf der Regierung im Sinne Friedri des Großen ist, dem Volke zu dienen, und sei es auch als Schuster; der Gegensatz ist, das Volk zu beherrshen. Wir wollen dem Volke dienen. Aber ih mache an Hrn. Bamberger den Anspruch, daß er mein Mitschuster sei, um zu verhüten, daß Jemand im Volke barfuß gehe, um dazu zu gelangen, daß dem Volke ein passender Schuh auf diesem brennenden Gebiet gemacht werde. Das vermisse ih bisher. L :
Der Hr. Abg. von Vollmar ist dann übergegangen auf den Zu- sammenhang, in welchen er diese unsere Vorlage mit dem Sozialisten- geseß bringt. Das ist so, wie er es auffaßt, nicht richtig, daß wir die Vorlage machten, um dadurch mehr Stimmung für das Sozia- listengeseß zu gewinnen. Ein Zusammenhang ist ja da, aber er ist cin anderer. Bei Einbringung des Sozialistengeseßes hat die Re- gierung, und namentlich Se. Majestät der Kaiser, und wenn ih nicht irre, auch der Reichstag in seiner Majorität gewisse Wechsel für die Zukunft unterzeihnet und Versprechungen gegeben dahin, daß als Korelat dieses Sozialistengeseßzes die ernsthafte Bemühung für eine Besserung des Schickfsals der Arbeiter Hand in Hand mit demselben gehen solle. Das is meines Erachtens das Kompliment für das Sozialistengeseß, und wenn Sie dauernd ent- {lossen sind, die Lage der Arbeiter nit zu verbessern, dann begreife ih, daß Sie das Sozialistengeseß ablehnen. Denn es ist eine Un- gerechtigkeit, auf der einen Seite die Selbstvertheidigung einer zahl- reichen Klasse unserer Mitbürger zu verhindern und auf der anderen Seite ihnen nicht die Hand entgegenreichen zur Abhülfe desjenigen, was unzufrieden macht. Daß die Führer der Sozialdemokratie diesem Gesetze keinen Vortheil wünschen, das begreife ich; sie brauchen
Erste Beilage | zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Anzeiger.
1884,
Berlin, Montag, den 17. März
eben unzufriedene Arbeiter, Ihre Aufgabe i es, zu führen, zu herrshen, und die nothwendige Vorbedingung dafür sind zahlreiche unzufriedene Klassen. Jedem Versuch der Regierung, diesem Zuftand abzuhelfen, mag er noch so gut gemeint sein, müssen sie natürlich ent- gegentreten, wenn sie die Herrschaft über die von ihnen irregeleiteten Massen nicht verlieren wollen. 2
Also auf die Einwendungen, die von den Führern der Sozial- demokratie kommen, lege ih keinen Werth; auf die Einwendungen, die von Arbeitern im Allgemeinen kommen, würde ih einen sehr hohen Werth legen. Unsere Arbeiter sind, Gott sei Dank, nicht alle Sozial- demokraten und sind nicht in dem Maße unempfänglih für die Be- strebungen der verbündeten Regierungen, ihnen zu helfen, vielleicht auch niht für die Schwierigkeiten, denen diese Bestrebungen auf dem parlamentarischen Gebiete begegnen. Das Parlament hat ja das Ret, jeden Fortschritt in unserer Gesehgebung zu hindern; Sie haben das unbedingte Veto in der Gesetzgebung, und durch unbeschränkte Ausübung dieses Vetos, sei es, indem Sie die Regierung prinzipiell, sei es, indem Sie sie nur angebrahter- maßen, aber în jedem einzelnen Falle regelmäßig abweisen, können Sie die Gesetzgebung natürlicherweise lahm legen. Aber es fehlt dem Parlament dabei noch ein anderes Element, was ih für die Sicher- heit unserer Zukunft ganz unentbehrlih halte. Das parlamentarische Element, wenn es nur als Hemmshüh benußt wird, wenn der Beweis dem Volke geliefert wird, daß es wohlwollenden Absicbten der Regierung seine Mitwirkung versagt, daß es nur ein einfaches Nein hat, daß es keinen Versuch macht, der Regierung zu helfen, — das muß sich natürlih in hohem Maße abnüßen und ab- s{wächen, was ich für cin großes Unglück halten würde, denn ich weiß nicht, wie wir das erseßen sollen. Jh bin in keiner Weise für eine absolutistishe Regierung, ih halte eine richtig geübte parlamen- tarische Mitwirkung für ebenso nothwendig und nüßlich, wie ih eine parlamentarische Herrschaft für schädlich und unmöglich halte.
Das Parlament soll Uebel verhindern können; es foll den Ge- fabren, die bei einer monarchischen Regierung und bei jeder Regierung mit Versbwendung, mit bureaukratisher Beschränktheit und Auf- fassung vom grünen Tisch, mit Protektionswesen, männlibem und weiblichem, verbunden sein können, — denen soll es sein Veto ent- gegenseßzen können. Es soll verhindern können, daß s{chlechte Gesetze gemacht werden, es {U verhindern können, daß das Geld des Landes vershwendet wird ; aber regieren, meine Herren, kann es nicht. — Jch will darauf nicht eingehen; es wird sich noch andere Gelegenheit finden, eine Vorlesung über die fundamentalen Auffaÿungen in dieser Beziebung zu halten. | :
Ich weiß auch nit, was man an die Stelle eines Parlaments seßen würde, um den Gefahren, mit denen eine unparlamentarische, eine Regierung ohne Oeffentlichkeit, ohne Preßfreiheit, verbunden wäre, vorzubeugen. J meine das vollständig ernsthaft. Jch bin überhaupt fein Parteimann und kein Parteikämpfer — und wenn ich in dergleichen verfalle, so kommt das davon, weil der Widerspru gegen mich immer vom Parteistandpunkte geführt wird; deshalb muß ih nothwendigerweise mih auf diese Basis stellen. Meine Be- fürhtung füc die Zukunft ist, daß das Deutsche Reich, das die verbündeten Fürsten und Freien Städte, das das Heer und das die preußishe Dynastie geschaffen haben, wenn wir die Unterstützung des Parlaments, deren wir bedürfen, nicht erreichen können, wenn sie überhaupt nicht zu haben ist, für Niemand und für feine Seite im vollen Maße einer Majorität, — daß das Deutsche Reich wirklich Gefahr läuft, daß es durch Reden und Presse, durch Nichtvertrauen wieder auseinanderfalle oder wenigstens do in seinen Bestandtheilen so locker werde, daß keine fehr großen europäischen Krisen dazu gehörten, um dem Bau, auf dem Sie Kämpfe ausführen, als ob Sie auf Felsengrund, der in der Natur gewachsen ist, ständen — Risse und Erschütterungen beizubringen. Ich hoffe meinerseits, die Ver- wirklichung dieser meiner Befürchtung nicht zu erleben. Aber wir sind, wenn wir auf diese Weise fortfahren mit dieser Leidenschaftlicbkeit der Parteikämpfe untereinander, mit dieser Zerrissenheit der Parteien, auf dem besten Wege, den cementirten Bau, den die Thaten unseres Heeres und die Politik unseres Kaisers geschaffen haben, zu er- \hütternz wenn wir ihn auch niht zertrümmern, so \{chwächen wir ihn doch in einer Weise, daß er die imponirende Stellung, die er jeßt in Europa hat, und das Vertrauen verliert, und ich kann nicht unterlassen, meine warnende Stimme vor der Fortsetzung dieses Krieges zu erheben. Ich werde ja nit mehr lange dazu im Stande sein; denn ih bin nur unter der Bedingung dauernd gesund, daß ih dem Beruf, den ih bisher vertrete, Valet sage. Aber ih fann das niht ungesagt lassen. /
? Der S Abg. von Vollmar hat auch seinerseits beklagt, daß wir ret geähclihe Betriebe, deren Aufnahmen er dringend wünscht, nicht in diese Vorlage aufgenommen haben. Ich habe nun die Gründe auseinandergesetzt, die uns zu dieser Beschränkung veranlaßt haben. Ich will aber die Zusage für die Zukunft geben, daß, soweit ih auf das Geschäft Einfluß habe, wir sofort nah Annahme dieses Gesetzes, ohne Sie mit einer Sommersißung zu belästigen, aber sokort nach Annahme von irgend einer haltbaren Substanz dieses Gesetzes, mit der Erweiterung und mit der Ausdehnung des- selben auf andere, Und zwar Lriter Linie auf die Bau- gewerbe, und auch wenn die Interessenten sih nicht entschieden dage- gen wehren, auf das landwirthschaftlihe Gewerbe kommen, und Ihnen Vorlagen in dieser Beziehung machen werden. i A
Das ist eine Zusage, die, wenn ih noch im Dienste bin, jeden- falls eingelöst werden wird, sobald diese unsere jeßige Vorlage nur eine entgegenkommendere und fruchtbarere Aufnahme bei Jhnen findet, als die bisherigen, Wenn sie sie nicht findet, nun, dann bleibt nichts anderes übrig, als dasselbe Spiel einer erneuten Vorlage, vielleicht in einer anderen Gestalt, zu wiederholen. Jch würde mich nicht ermüden lassen dadur, daß wir hier nur Kritik finden. Die Kritik ist ‘bekanntlich leiht, und die Kunst ist \s{wer. Die Politik ist keine Wissenschaft, wie viele der Herren Professoren sich einbilden, sie ist eben eine Kunst. Sie ift ebenso wenig eine, Wissenschaft, wie das Bildhauen und das Malen. Man kann sehr scharfer Kritiker sein, und doch kein Künstler, und selbst der Meister aller Kritiker, Lessing, würde es nie unternommen haben, einen Laotoon zu machen. Ih möhte die Herren doch bitten, die die Fähigkeit zu etwas mehr, als zur sterilen Negation in sich fühlen, sih zu er- innern, daß auch der Reichstag die Jnitiative zur Gesetzgebung hat, damit Sie nicht blos zu allem „Nein“ und, wie zu einer s{chlechckt gemahten Ferienarbeit, sagen: sie taugt ni{ts, noch cinmal machen! sondern Jhrerseits mehr als bisher thun, um sie fo zu korrigiren, wie Sie glauben, auf der Basis, die Ihnen die Regie- rung bringt, und die die Regierung für annehmbar hält, die Sache mundreht machen zu können. Auf die entgegengeseßte Basis wird die Regierung, aber unter Angabe ihrer Gründe, nicht eingehen kön- nen, worauf ih nachher kommen werde. Bedenken Sie, daß auf die Dauer im Volke man sih doch auch fagen muß, die Regierung giebt sih alle mögliche Mühe, auf diesem in der That schwierigen und sehr brennenden Gebiete irgend etwas zu Stande zu bringen, sie findet aber keine Gegenliebe „dafür im Reichstage, Alles, was sie bringt, wird einfa verworfen. Die Klage von Hrn. von Vollmar, daß si das son Jahre lang unfruchtbar hinzieht, wird sich vielleiht noch ebenso viele Jahre wiederholen. Aber ih konstatire vor dem Volke und vor den Wählern, daß die Regierung an dieser Versbleppung unschuldig ift, und daß sie, um vorwärts zu kommen, nicht die nöthige Unterstützung
Also die Ausschließung von einigen Gewerben, welche Hr. von Vollmar gehässig nennt, i|ff nur eine provisorische und vorübergehende. Es wird vrellciht nüßlich sein, wenn diese Vorlage wieder abgelehnt wir oder angebrachtermaßen abgelehnt wird, Ihnen eine noch kleinere Front zu stellen bis auf ein Minimum, damit wir endli den Punkt der Einigung finden, an dem wir dann krystallifirend weiter bilden können, bis zu dem großen Umfange, den wir früher in den ersten Vorlagen erstrebt haben. In dieser Beziehung stimme ich vollständig überein mit dem, was der zweite Redner, Hr. von Malgzahn, darüber sagte, indem er als sein Ziel die möglihft auskömmliche Versicherung der Arbeiter, und zwar in Zukunft aller Arbeiter, hinstellte. Damit stimme ic vollstärdig überein. Er wirft dabei den anderen Parteien vor, die Herren wollen die Privatversiberungsgesellshaften nicht aufgeben und wollen den ftaatlichen Behörden nicht das nöthige Maß von Ein- fluß bewilligen. S i
Ich nehme hier Gelegenheit, sofort das Thema der Konkurrenz der PrivatversicherungsgeseUschasten zur Sprache zu bringen. Der Hr. Abg. Bamberger hat namentlich in diesem Punkte Anklagen Jegen die Vorlage erhoben; ih komine auf die Auëdrücke, die er ge- braucht hat, nachher zurüdck, aber i will hier das Prinzip aus- sprechen im Namen der verbündeten Regierungen, daß wir Unfälle und Unglücksfälle überhaupt nicht für eine geeignete Ope- rationsbasis zur Gewinnung hoher Zinsen und Dividenden halten, daß wir dem Arbeiter die Versicherung gegen diese und andere Uebel so wohlfeil verschaffen wollen, wie es irgend mögli ist, und daß wir es für unsere Pflicht halten, den Preis der Versicherung so weit als möglich herunter zu drücken im Interesse der Arbeiter und der In- dustrie, der Arbeitgeber ebenso wie der Arbeiter. Nun, glaube ih, giebt es Niemand, der den Preis so wohlfeil stellen kann, wie er durh die Gegenseitigkeit der Versicherung, die jede Verzinsung perhorreszirt, durch den Staat, durch das Reih, gemaht werden kann. Sie haben den Reichszushuß verworfen und ih habe mich, um nur etwas zu Stande zu bringen, dieser Nothwens- digkeit gefügt — oder ih will richtiger sagen: die verbün- deten Regierungen haben fich der Nothwendigkeit gefügt, diese ihre Absicht fallen zu lassen und Ihnen so weit entgegenzukommen, daß der Reichszushuß aus dem Geseß entfernt ist. Daß jemand eine Privatversicherungsgesellshaft bildet, halte ih nicht für unmoralish, und ich halte es menschlich auch für ganz natürlich, daß er in diesem Geschäft die Verzinsung seiner Kapitalien erstrebt, wenn es sein kann, au einen erheblichen Ueberschuß, eine möglichst hohe Dividende. Aber die ungeheuerlihen Dividenden, welche einige Feuerversiherungs- Aktiengesellshaften — 38 bis 50, oder wie viel Prozent jährliche Dividende — verdient haben, halte ih in der That mit den Grund- säßen der öffentlichen Moral nicht vollständig vereinbar; wenigstens kann der Staat auf diesen Gedanken nicht eingehen.
Etwas anderes aber ist es, ob der Staat das Ret hat — unter „Staat“ hier immer das Reih gedaht — ob der Staat das Necht hat, die Ecfüllung einer staatlichen Pflicht, nämlich der, den Arbeiter vor Unfall und vor Noth, wenn er geschädigt oder wenn er alt wird, zu s{üßen, dem Zufall zu überlassen, daß sich Aktiengesellschaften bilden, und daß diese von den Arbeitern und den Arbeitgebern so hohe Beiträge nehmen, wie sie nur_irgend erreichen können. Ob er sich diefen Erscheinungen, diesen Schäden gegenüber der Erfüllung der Pflicht, seinerjeits zur Verbesse- rung der Lage etwas zu thun, entziehen will oder nicht, ist eine andere Frage. Sobald aber der Staat überhaupt diese Sache in die Hand nimmt, — und ich glaube, es ist seine Pflicht, sie in die Hand zu nehmen, — so muß er die wohlfeilste Form erstreben und muß seinerseits keinen Vortheil davon ziehen, sondern den Vortheil der Acmen und Bedürftigen in erster Linie im Auge behalten. Man könnte ja sonst die Erfüllung von bestimmten Staatspflichten, wie es also unter anderen die Armenpflege im weitesten Sinne des Wortes is, wie es die Schulpflicht und die Landesvertheidigung find — man fkönnte ja die Erfüllung aller dieser Staatspflichten mit mehr Recht Aktiengesell haften überlassen und sih fragen,“ wer es am wohlfeilsten thut, und wer es am wirksamen thut. Ist die Fürsorge für den Bedürftigen in höherem Maße, als die jetzige Armengesetßzgebung es thut, eine Staatspflicht, dann muß der Staat sie auc in die Hand nehmen, er kann sih nicht damit trösten, daß eine Aktiengesellschaft das übernehmen wird, Es kommt dabei dasselbe zur Sprache, wie bei den Privateisenbahnen, denen das Ver- kehrsmonopol ganzer Provinzen in Ausbeutung gegeben wurde. Ebenso kann man au weiter glauben, daß die gesammte Staatspflicht \{ließlih der freiwilligen Bildung von Aktiengesellschaften überlassen werden müsse. Das Ganze liegt in der Frage begründet : hat der Staat die Pflicht, für seine hülflosen Mitbürger zu sorgen, oder hat! ex fle nit? Q behaunte, er yar diese Pilicht, und zwar nicht blos der christliche Staat, wie ih mir mit den Worten „praktishes Christenthum“ einmal anzudeuten erlaubte, sondern jeder Staat an und für sich. Diejenigen Zwecke, die der Einzelne erfüllen kann, wäre es Thorheit für eine Korporation oder gemeinsam in die Hand zu nehmenz diejenigen Zwecke, die die Ge- meinde mit Gerechtigkeit und Nutzen erfüllen kann, wird man der Gemeinde überlassen. Es giebt Zwecke, die nur der Staat in seiner Gesammtheit erfüllen fana, ich will über die über der Gemeinde liegenden Korporation der Provinz oder des Einzel- staates hinweggehen. Zu diesen leßten Zwecken gehört die Landes- vertheidigung, gehört das allgemeine Verkehrswesen, gehört alles Mögliche, was in der Verfassung in Artikel 4 besagt ist. Zu diesen gehört auch die Hülfe der Nothleidenden und die Verhinde- rung solcber berechtigter Klagen, wie sie das wirklich nußbare Material zur Ausbeutung dur die Sozialdemokratie ja in der That giebt. Das ift die Staatsaufgabe, der wird sich der Staat nicht auf die Dauer entziehen können. : f )
Wenn man mir dagegen fagt, das ist Sozialiêmus, so sheue ih das gar nicht. Es fragt si, wo liegt die erlaubte Grenze des Staatssozialismus? Ohne cine folhe können wir überhaupt nicht wirthshaften. Jedes Armenpflegegeseß ist Sozialismus. Es giebt ja Staaten, die sich vom Sozialismus so fern halten, daß Armengeseße überhaupt nit bestehen; — ih er- innere Sie an Frankrei. Aus diesen französischen Zuständen erklärt sih ganz natürlich die Auffassung des ausgezeichneten Sozialpolitikers, den der Hr. Abg. Bamberger zitirte, Léon Say; in diesem spricht sih eben .die französishe Auffassung aus, daß jeder französische Staatêsbürger das Recht hat, zu verhungern, und pas der Staat nicht die Verpflichtung hat, ihn an der Ausübung diejes Rechtes zu verhindern. : J N j
Sie schen au, daß dort die fozialen Zustände seit Jahren, seit der Regierung der Julimonarcie, niht vollständig haben zur Ruhe kommen können, und ih glaube, daß Frankreih nit auf die Dauer umhin können wird, etwas mehr Staatssozialismus zu treiben, als es bisher getrieben hat. War nicht z. B. auch die Stein-Harden- bergshe Gesetzgebung, gloriosen Angedenkens, an deren staatsreht- liber Berechtigung, an deren Zweckmäßigkeit beut zu Tage Niemand mehr zweifeln wird, staats\ozialistisch? Giebt es einen stärkeren Staatésozialismus, als wenn das Geseg erklärt: ih nehme dem Grundbesißer einen bestimmten Theil des Grundbesißes weg und gebe denselben an den Pächter, den er bisher darauf gehabt hat, und zwar nicht nach Maßgabe des Bedürfnisses dieses Pächters, wie es beispielsweise in Rußland. ge-
gefunden hat.
{ehen ist, sondern nah Maßgabe der Größe des Pachtobjektes, wie