1884 / 69 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Mar 1884 18:00:01 GMT) scan diff

die sich durhaus auf geseßlihem Boden hielten, sellten unterdrückt werden. Fast gewinne es den Anschein, als ob Gewaltthätigkeiten von gewisser Seite gewünscht würden, um die große Kulturbewegung, die durch die Sozialdemokratie vertreten werde, in einem Blutbade zu erstiden. Der Widerstand der Sozialisten gegen die Reformgesezgebung der Regierung fei begreiflich; man mache ja dem Kapital den Pelz nicht naß. Da sei der konservative Sozialist Rodbertus konsequenter gewesen. Daß die Sozialdemokraten die bestehende Gesellshastszordnung ändern wollten, sollte ihnen doch von der Regierung nicht zum Vorwurf gemacht werden ; denn der konsequenteste Vertheidiger der bestehenden Gesellschastsordnung fei der Abg. Bamberger, der Vertheidiger der freiesten Konkurrenz, der Ausbeutung der Arbeiter durch das Kapital. Gegen diese Ausbeutung mache ja auch die Regierung, wenigstens ihren Worten na, Front; deshalb sollte sie gegen die Sozialdemokraten diesen Vorwurf nicht erheben. Gegen die Anarchisten hätten die Sozialdemokraten sich stets energisch aus- gesprochen. (Redner verlas ein darauf bezügliches *Flugblatt.) Den Wirrkopf Most sollte man doch nit ernst nehmen ; da- mit könnte man doch Niemand mehr graulich machen. Das Gescß habe die \{limmste Korruption zur Folge gehabt. Der Verlängerung des Geseßes ständen die Sozialdemokraten mit dem Gefühle absoluter Wurstigkeit um ein Wort des Reichskanzlers zu gebrauchen gegenüber. Dem Anarchismus würden sie nicht in die Ame fallen, aber sie würden sich au nit unterwerfen. i

Der Abg. Grillenberger führte aus, daß gerade er zuerst gegen die Anarchisten und deren Versuche, Mit- glieder seiner Partei zu verdächtigen, öffentlich auf-

etreten sei. Der Versuch, den Zusammenhang der Anarchisten mit den deutschen Sozialdemokraten durch gekaufte Werkzeuge künstlih zu fkonstruiren, werde auch in Zukunft mißglücken; übrigens habe ja auch die konservative Partei ihren Anarhismus in der Stöckerschen Propaganda, die Neustettiner Vorgänge seien die natürliche Folge der von diescr Seite geleiteten anarchishen Bewegung.

ie Reformbestrebungen der gegenwärtigen Regierung seien für die Sozialdemokratie {on deshalb unannehmbar, weil die Av führung der beabsichtigten Geseßvorschristen wiederum in »ie Hände der Polizeiorgane gelegt werden solle. Jm Wi. ‘teren verwahrte sich Redner gegen den Vorwurf, als ob er 1nd die übrigen Führer der Arbeiter gegen das Kranken- kassengeseß agitirt hätten, und führte lebhafte Klage über die Willkür der Polizeibehörden bei der Verhinderung und Auf- lösung von Arbeiter-:Versammlungen und über die Maßrege- lung der Fathvereine.

Eine weitere Besprehung knüpste sich an den Rechen- schastsberiht nicht.

Das Haus ging dann zu der ersten Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Verlängerung derGültig- keitsdauer des Geseßes gegen die gemeingefähr- lihen Bestrebungen der Sozialdemokratie, vom 21. Oktober 1878, über.

Der Abg. Dr. Marquardsen erklärte sich mit dem Geset- entwurf einverstanden; die Begründung desselben sei zwar in der Vorlage etwas knapp gehalten, die Gründe für die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Sozialistengeseßzes seien indeß notorisch. Die einzelnen Mißstände, welche sich heraus-

gestellt hätten, habe man abzuschaffen versucht : namentlich habe man die Wiederkehr der Konfiskation von sozialdemo- kratishen Stimmzetteln verhindert, Die nationalliberale Partei

werde für die Berathung in einer Kommission stimmen, obgleih sie sie niht für nöthig halte; die Mehrzahl der anderen Parteien habe sih aber dasür erklärt.

Bei Schluß des Blattcs \sprah der Abg. Bebel.

Das Herrenhaus hielt heute seine 9. Sißung, welcher die Staats-Minister Maybach und Dr. Friedberg fowie zahl- reie Regierungskommissare beiwohnten, und welche der Prä- sident Herzog von Ratibor um 12 Uhr 15 Minuten mit einer Reihe von geshäftlihen Mittheilungen eröffnete, Die Mit- glieder Graf Usedom und Graf von Flemming sind seit der leßten Sißung gestorben. Das Haus ehrte das Andenken derselben dur Erheben von den Pläßen. Neu in das Haus wurden berufen der Ober-Bürgermeister Adickes auf Präsentation der Stadt Altona und Herr von Goeh auf Präsentation des alten und befestigten Grundbesißes sür Cammin und Hinter- pommern. Das Haus beauftragte sein Präsidium, Sr. Majestät dem König zu Allerhöchstdessen Geburtstage die Glüdckwünsche des Hauses darzubringen, und trat hierauf in die Tagesordnung ein. Der erste Gegenstand derselben war die einmalige Schlußberathung eines Gesetzes, betreffend die Aufhebung verschiedener baupolizeilihen Bestimmungen im Gebiete der Stadt Frankfurt a. M. Der Berichterstatter Dr. Miquel empfahl, dem Geseßentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen, und das Haus trat diesem Antrage ohne Debatte bei.

Zweiter Gegenstand der Tagesordnung war die einmalige Schlußberathung über den Rechenschaftsbericht über die Ver- wendung der flüssig gemachten Bestände der im 8. 94 der Hinterlegungsordnung vom 14. März 1879 bezeihneten Fonds und der im §. 95 Acs. 3 daselbst erwähnten Gelder für die Zeit vom 1, Januar bis 1. Dezember 1883. Der Bericht- erstat!er Freiherr von Tettau beantragte, die Rehnungslegung durch den Bericht für geführt zu erachten, und das Haus trat diesem Antrage ohne Diskussion bei.

Es folgte die einmalige Schlußberathung über den Gesch- entwurf, betreffend die Bestimmung des Zinsfußes für die nach einzelnen Geseßen auszugebenden Staatsshuldverschrei- bungen, Der Referent, Herr von Dechend, empfahl die unver- änderte Genehmigung des Gesetzes, welchem Antrage \ich das Haus ohne Diskussion anschloÿ.

Vierter Gegenstand der Tagesordnung war die einmalige Schlußberathung über den Geseßentwurf zur Ergänzung des Geseßes vom 13. März 1878, betreffend die Unterbringung verwahrloster Kinder. Der Berichterstatter Dr. Dernburg empfahl die unveränderte Annahme des Gesezes. Dagegen beantragte Freiherr von Winßingerode-Knorr, das Gesetz zur Vorberathung an die Justizkommission zu überweisen. Das Gesey enthalte ja Verbesserungen, so führte Redner zur Begründung seines Antrages aus, allein es werde dadurh doch nicht das Hauptübel, die erhebliche Belastung der Kommunen, beseitigt, Man werde auch durch dieses Gesey nicht verhindern, daß die Hälfte der zur Zwangserziehung verurtheilten Kinder auf Kosten der Kommunen erzogen werden müßten. Darum empfehle es sich, in höherem Maße das Widerspruhsreht dec Gemeinden gegen die rihterlihen Entscheidungen in dem Geseße zum Ausdruck

zu bringen. Dies könne aber nur in den Berathungen der Kommission zwecfentsprehend geschehen.

Herr von Kleist-Reßow erklärte, das Geseß sei eines der besten Geseße der Neuzeit und habe auch seither sehr segens- reih gewirkt. Daß einzelne Mängel sich an den bisherigen Bestimmungen gezeigt hätten, wolle er zugeben, und denen würde die gegenwärtige Vorlage abhelfen; was aber der Vor- redner hier gegen das Geseß angeführt habe, sei nicht zu- treffend, beziehe sich vielmehr auf die Armengesetgebung, die mit der im Geseß behandelten Materie niht vermischt werden dürfe. Er bitte deshalb, dem Antrage des Vorredners nicht zuzustimmen, vielmehr das Geseß, wie es von der Staats- regierung vorgelegt worden, anzunehmen. ;

Graf Ziethen-Schwerin und Graf von Pfeil {lossen \sich im weiteren Verlauf- der Diskussion dem Antrage des Frhrn. von Winßtingerode auf kommissarishe Berathung an.

Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode erklärte, er könne wohl dem Geseße so zustimmen, wie es von der Regierung vorgelegt worden, mit Rücksicht auf die hier laut gewordenen Bedenken werde er aber auch für kommissarishe Berathung stimmen, und zwar beantrage er, die Vorlage an eine be- sondere Kommission zu verweisen.

Der Regierungskommissar, Geheime Ober - Regierungs- Rath Zlling, gab Aufschluß über einige Spezialbestimmungen des Geseßes und theilte hierbei mit, daß von der Gültigkeit des Geseßes an bis zum 31. März 1883 5987 verwahr- loste Kinder sich auf Staats- und Provinzialkosten in Er- ziehungsanstalten befunden und die Ausgabe von 1960140 M erfordert hätten. Nach einigen Repliken der Herren Frhrn. von Winßzingerode-Knorr und von Kleist-NRezow und einem Schluß- wort des Berichterstatters Dr. Dernburg wurde das Geseß an eine besondere Kommission von 15 Mitgliedern verwiesen.

Es folgte die einmalige Schlußberathung über den im Abgeordnetenhause abgeänderten Geseßentwurf, betreffend Aenderungen des Pensionsgeseßes vom 27. März 1872.

Der Berichterstatter Herr Lindemann stellte den Antrag, der Abänderung des Abgeordnetenhauses zuzustimmen und den Geseßentwurf anzunehmen.

Der Regierungskommissar Geheime Ober- Finanz - Nath Germar erklärte sich gegen den Beschluß des Abgeordneten- vauses, welcher dem Geseß bekanntlih den folgenden §8. 9 hinzugefügt :

„Bei jeder Pension werden nicht durch 3 theilbare Mark-

betiäge und überschießende Markbrüchke auf den nätst höheren dur 3 theilbaren Betrag von vollen Mark abgerundet. : und bat, diesen §. 9, der nur eine formelle Aenderung des jeßt bestehenden Zustandes sei, zu streichen.

Das Haus lehnts hierauf den §. 9 ab und änderte dem- entsprechend den Eingang des Gesetzes.

Der leßte Gegenstand der Tagesordnung war der münd- liche Bericht der Budgetkommission über die Petition der Ver- messungsbeamten der General-Kommission zu Cassel, Albrecht und Genossen, wegen Erwirkung der Fixirung ihres Ein- kommens.

Der Berichterstatter Herr von Tettau beantragte Namens der Kommission den Uebergang zur Tagesordnung. Herr Dr. Weigel dagegen beantragte, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Der Mrg oar, Geh. Ober-Regierungs-Rath Rommel bat, dem Antrage der Kommission zuzustimmen. Ñ

Graf Udo zu Stolberg war der Meinung, daß von den Petenten der Jnstanzenzug noch nicht erschöpft sei, und bean- tragte deshalb mit Rücksicht hierauf die motivirte Tages- ordnung. Nachdem noch Graf zur Lippe den Kommissions- antrag zur Annahme empfohlen hatte, wurde dieser Antrag angenommen.

i aud der Sißung 23/4 Uhr. Nächste Sißung morgen E V;

Der Schlußbericht über die gestrige Sißzung Ses der Abgeordneten befindet sih in der Ersten

eilage.

Die Fnternationale Entshädigungs-Kom- mission in Alexandrien hat ein fünfzehntes, die Beit vom 15, Februar bis 1. März d. J. umfassendes Ver- zeihniß der Entschädigungen, welche den anläßlich der Wirren in Egypten im Jahre 1882 Geschädigten zuerkannt worden sind, veröffentliht. Dasselbe befindet sich in der Ersten Beilage.

Submissionen im Auslande. I, Spanien.

26. März d. J. Stadt Barcelona. Anlage eines Tele- phonneßes von 15 Linien mit einer Centralstelle sür 50 Linien. Dieser Anlage werden dort voraussichtlih bald weitere folgen. Näheres an Ort und Stelle.

IÉE Sévbten.

26. März /7. April d. F., Mittags. Sanitätsabtheilung im Königlich serbischen Kriegs-Ministerium zu Belgrad. Lie- ferung von Medikamenten und Apotheker:Utensilien im unge- fähren Werth von 10 000 Fr. Kaution 20 Proz. Die nähe- ren Bedingungen : Expedition des Deutschen Reichs: Anzeigers.

11T. Niederlande.

1) 28. März d. J., Mittags. Direktion der Artillerie-, Stapel- und Konstruktions-Viagazine zu Delft, Lieferung von 2550 kg Messingplatten D, 0,0023 und von 950 kg Messingplatten D. 0,0013 für den Dienst des Marinedeparte- ments 1884. Nähere Bedingungen von dem Direktor der obengenannten Magazine zu beziehen.

2) 9. April d. J, Mittags 2 Uhr. Reichs-Magazin von Arzneimitteln (s Rijksmagazijn van Genees-middelen) im Haag. Lieferung von 250 kg Sulphas Chinini. Nähere Bedingungen von der genannten Behörde zu beziehen.

IV. Ungarn.

31. März d. 5F., Mittags. Direktion der Alföld-Fiumaner Eisenbahn in Budapest. Herstellung von 2 Land- und 1 Mittelpfeiler, pneumatish fundirt, für eine eiserne Fahwerk- brüdcke über die Schnelle Körös bei Großwardein von 2 Oeff- nungen zu je 50—50 m zusammen 100 m Lichtweite, sammt den nöthigen Nebenarbeiten, sowie Herstellung der Eisen- kfonstruktion von zusammen 101,70 Trägerlängen. Kaution für die Pfeiler 3500 Fl., für die Eisenkonstruktion 2500 Fl. Nähere Bedingungen einzusehen bei der genannten Direktion, Budapest V., Akademiegasse 12.

Jn Betreff der formellen Behandlung von Ne- flamationen Militärpflichtiger wird insofern nicht nach übereinstimmenden Sra gen verfahren, als einzelne Ersaßkommissionen die von ihn getroffenen Entscheidungen niht in allen Fällen, sondern nur dann den Ober: Ersaß- fommissionen zur endgültigen Entscheidung vorlegen, wenn

dieferhalb erneute Anträge der Betheiligten eingehen.

Mit Bezug hierauf bemerken der Minister des Jnnern und der Kriegs-Minister in einem Cirkularerlaß vom 23. v. M. Folgendes :

Nach §. 30, 7 des Reiche-Militärgeseßes bezw. §. 2, 8 der Ersaßordnung arbeitet die Ersaßkommission der OÖber-Ersaßz- kommisfion vor. Abgesehen von den nah dem Gesetze zu- lässigen Zurückstellungen, unterliegen die Beschlüsse der Ersatz- kommission der Revision und endgültigen Entscheidung dur die Ober-Ersaßkommission. Eine der Fests. zung des 8. 108, 5 der Militär-Ersaßinstruktion für den Norddeutschen Bund vom 26. März 1868 entsprehende Bestimmung, wonah gegen die abweisende Entscheidung der Kreis-Ersaßkommission die Reklamation an die Departements-Ersaßkommission gegeben war, ist in die Ersaßzordnung niht übernommen worden. Vielmehr wird im §. 34 a. a. O. nur die Ober-Ersaßkommission als diejenige Behörde bezeichnet, gegen deren Entscheidung Rekurs erhoben werden kann.

Es hat danach nicht in der Absicht gelegen, der Ersat- kommission bei der Behandlung von Reklamationen die Be- fugnisse einer selbständigen Jnstanz einzuräumen, und müssen demgemäß alle, sei es im erften, zweiten oder dritten Militär- pflihtjahre von der genannten Kommission als unbegründet befundenen Reklamationen ohne Rücksicht darauf, ob Seitens der Betheiligten dagegen Einspruch erhoben wird oder nicht, fo wie alle im dritten Militärpflichtjahre als begründet aner- kannten Reklamationen der Ober-Ersaßkommission vorgelegt werden. Es {ließt dies niht aus, daß bei der Prüfung und Entscheidung über die von der Ersaßkommission als unbde- gründet zurückgewiesenen, Seitens der Betheiligten nicht an- gefohtenen Reklamationen ein mehr summarisches Verfahren eingeführt, und damit einer Ershwerung oder Verzögerung des Geschäftsganges der Ober-Ersaßkommission, möglichst vor- gebeugt werde.

Nah dem Anhangsparagraphèn 79 zum Preußischen Allgemeinen Landreht kann dem Vater, welcher sih nah dem Tode seiner Ehefrau mit seinen minorennen Kindern aus- einanderseßt, das Eigenthum des ‘auf seinen Namen einge- tragenen Grundstücks, gegen Einwerfung seines Erwerbungs- preises in die zu theilende Masse, unter dem auf das Grund- stück einzutragenden Vorbehalt (sogenanntes Surplus- Reservat ), daß ber einem höheren Verkauf dieses Grundstücks das Mehrere der gemeinschaftlihen Masse zuwachse, ohne gerihtlihe Abshäßung oder Subhastation überlassen werden. Dieses Surplus-Reservat gewährt nah einem Urtheil des Reichsgerihts, 1V. Strafsenats, vom 11. Februar d. Fs., gegenüber den nacheingelragenen Gläubigern volles Hypothekenre(t, gleichviel ob es in der III, oder 11, Abtheilung des Grundbuchs eingetragen ist, Dieses Reservat ist ferner nicht beshränkt auf den Fall des freihändigen Verkaufs, sondern es kommt auch voll zur Anwendung bei der Subhastation des betreffenden Grund- stücks. Während aber vor dem Jnkrafttreten des Eigenthums- erwerbs-Geseßes vom 5. Mai 1872 die Angabe einer be- stimmten Summe bei der Eintragung des Surplus-Neservats nicht erforderlich war, ist jegzt, seit dem Jnkrafttreten des gedachten Geseßes, bei der Eintragung des Surplus-Reservats die Angabe eines höchsten Betrages, bis zu welchem das Grundstü haften soll, erforderlich.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Kaiserliche Unter-Staatssekretär Dr. von Mayr ist von Straßburg hier eingetroffen, und der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürst: lih s{chwarzburg-sondershausenshe Staats-Minister Rein- hardt von hier wieder abgereist.

Se, Durilauht Heinrich XIIl. Prinz Reuß, General-Major, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 11. Kavallerie-Brigade, ist auf einige Tage hier eingetroffen.

Wiesbaden, 17. März. Jn der heutigen 1, Sizung des 16. Kommunal-Landtages wurde zunächst die Wiederwahl der früheren Schriftführer durch Akklamation vorgenommen, und sodann die bisherigen Eingänge mitgetheilt. Es wurden darauf wie bisher üblih vier Kommissionen: 1) eine Finanz-

Kommission, 2) eine Eingaben-Kommission, 3) eine Wegebau- .

Kommission, 4) eine Rehnungs-Prüfungskommission beschlossen, und soll die Wahl der Kommissionsmitglieder morgen Vor- mittag 10 Uhr vorgenommen werden.

__— 18. März. Nach Verlesung des Protokolls der vorigen Sißung wurde in der heutigen mit der Wahl der Finanz- Kommission begonnen und in dieselbe die Herren: Bertram, Münch, Bied, Graßmann, Schoen, Flügel, Schirm gewählt. «In die Wegebau: Kommission wurden die Herren Schellenberg, Aumüller, Bott, Körner, Kröck, Baldus, Raabe gewählt. Aus der Wahl für die Rehnungs-Prüfungs-Kommission gingen hervor die Herren Graßmann, Ernst, Bott, Grimm, Müller, Grün, Graf Leiningen. Jn die Eingaben-Kommission wur- den die Herren Bertram, Stumpff, Schirm, Stricker, Schmitt; Grimw, Böhner gewählt. Sodann wurden die bisherigen Eingänge an die betreffenden Kommissionen vertheilt.

Sachsen. Dresden, 19. März. (Dr. J.) Die Erste Kammer erledigte heute den größten Theil der Differenzen, welche zwishen den Beschlüssen beider Kammern über den Geseßentwurf, betreffend die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung unbewegliher Sachen, und den Entwurf eines dazu gehörigen Kostengeseßes sih herausgestellt haben, dur Beitritt zu den jenseitigen Beschlüssen und beschloß auf Antrag ihrer 2. Deputation, sämmtliche Petitionen um Er- bauung von Eisenbahnen 2c. der Staatsregierung zur Kenntniß: nahme zu überweisen.

Die Zweite Kammer nahm in ihrer heutigen Sißzung den Bericht über die Resultate des Vereinigungsverfahrens bezüglih mehrerer Differenzpunkte in den Beschlüssen beider Kammern entgegen, wobei hervorzuheben ist, daß sie mit Be- zug auf den Antrag des Abg. Starke, das Polytechnikum zu Dresden den Studirenden der Pharmacie zu eröffnen, auf ihrem frühern Beschlusse stehen blieb. Ferner genehmigte die Kammer einstimmig den Antrag des Abg. Müller (Coldiß), welcher im Auftrage des Abtheilungsvorsißenden Bericht über die bei den Wahlen zum Landtage vorgekommenen Unregel- mäßigkeiten erstattete, Der Antrag lautete: Die Kammer wolle zu Protokoll den Wunsch aussprechen: daß die König- lihe Staatsregierung die Wahlkommissare anweise, nach Schluß der Wahlen zum Landtage die Wahlakten nah der Richtung hin einer Prüfung zu unterziehen, ob den geseß- lichen Vorschriften allenthalben genau nachgegangen worden sei, und die etwa wahrgenommenen Unregelmäßigkeiten zu den Akten zu bemerken.

19. März, Nachmittags. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat das Gesetz, betreffend die Befugniß zur Aus -

\chließung säumiger Abgabenpfslihtiger von öffentlihen Vergnügungsorten, mit den von der Geseßgebungskommission vorgeschlagenen Abänderungen in der Schlußberathung ohne Diskussion angenommen.

20. März, Vormittags. (W. T. B.) Das heute früh 71/7 Uhr ausgegebene Bulletin über das Befinden des Prinzen Georg besagt: Der Prinz hat die vergangene Nacht unruhig verbracht ; das Fieber ist ziemlich hoh, und die nervösen Krankheitsersheinungen dauern fort. Seit einigen Stunden hat sich jedoch ein Aus\s{lag auf Gesicht und Hals angedeutet und ist dadur die Möglichkeit nicht ausgesclo}sen, daß die nervösen Krankheitsersheinungen und das Fieber als Vorläufer einer Hautkrankheit zu betrachten sind.

Braunschweig. Braunschweig, 20. März. (W. T. B.) Der Großherzog von Oldenburg ist heute früh hier eingetroffen und wird morgen die Reise nach Berlin fort- seßen. -

Anhalt. Dessau, 18. März. (Anh. St.-A.) Auf der Tagesordnung der heutigen (7.) Sißung des Landtages stand u. A. die zweite Lesung des Geseßentwurfs, die Abänderung des Domanial-Auseinanderseßungsgeseßes betreffend. Der Reterent , Abg. von Biodersee, bezog sih in feiner Aus- führung auf die bei Gelegenheit der Domanial-Auseinander- seßung gepflogenen Verhandlungen. Es sei damals im Land- tage der „Verbesserungsantrag“ des Abg. von Braunbehrens zur Annahme gelangt, dessen Schlußsat in Artikel X1: „sowie um dem Lande eine weitere Erleichterung zu gewähren, vom Aussührungstermine ab einen jährlihen Zu- \{chuß von 10000 Thalern zur Bestreitung der Kosten der Landesverwaltung aus den Einkünften Unseres VerMögens in vierteljährlihen Raten postnumerando zur Landesfasse zahlen zu lassen“, jedoh die Höchste Landesherrliche Sanktion nicht gefunden habe. Eine Belastung des Herzoglichen Privat- vermögens habe durch die Annahme des ersten Theils dieses Antrags hinsihtlich des auf 8 Prozent der Ercgänzungs- steuer geshäßlen Zuschusses nicht herbeigeführt werden sollen und empfehle er deshalb den einzigen Paragraphen des vor- liegenden Geseßentwurfs: „Jn Artikel XI. des Gesctes Nr. 194 vom 28. Juni 1869, die Auseinanderseßzung des Herzoglichen Hauses und des Landes wegen des Domaniums betreffend, kommt der zweite Saß, welcher lautet: „Diese Steuerpflichligkeit des inländischen Grundbesißes Unseres Herzoglichen Hauses ruht jedoch in Beziehung auf die Staats- steuern so lange, als Wir und Unser Herzogliches Haus die gegenwärtigen Souveränetätsrechte betreffs der Steuer- Hoheit ausüben werden, und versprechen Wir dagegen für Uns und Unser Herzogliches Haus, jo lange dasselbe zur Regierung des Landes berufen sein wird, alljährlich 8 Proz. derjenigen Summe, welche nach dem festgestellten Haupt-Finanzetat als Ergänzungs- steuer nah den Vorschristen der Geseße vom 24. April 1866 und 1. Mai 1868 oder künftig etwa durch andere in geseh- lihem Wege an deren Stelle tretende Besteuerung für das jedesmalige Etatsjahr zu erheben is, aus den Einkünften Unseres Vermögens in vierteljährlihen Raten postnumerando zur Landeskasse zahlen zu lassen“ in Wegfall‘7 zur Annahme. Der Korreferent Abg. Lezius erklärte sih mit den Ausfüh- rungen des Referenten einverstanden, worauf der vorliegende Geseßentwurf in feinen einzelnen Theilen ohne weitere De- batte mit großer Mehrheit angenommen wurde.

Neuß j. L. Gera, 19. März. (Th. Corr.) Der Fürst ist von einer längeren Reise nah Wien hierher zurück- gekehrt. Von dem Kaiser von Oesterreich ist Sr. Durchlaucht das Großkreuz des Stefans-Ordens verliehen worden.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. März. (Wien. Abdp.) Im Abgeordnetenhause wurde heute die Debatte über den Etat des Ministeriums für Kultus und Unterricht fort- geseht. An der Diskussion über Titel 2, „Schulaufsicht“, be- theiligte sich auch der Unterrichts-Minister Dr. Freiherr von Conrad-Eybesfeld, welcher in längerer Rede den Standpunkt der Regierung in der Unterrichtsfrage überhaupt und in den einzelnen bisher zur Sprache gebrachten Fächern insbesondere erörterte. Die Ausführungen des Ministers wurden von der Majorität beifällig aufgenommen.

Pes, 198 Malz, (Wien, Kg) Die Gewerbe- Novelle wird gegenwärtig auf Grund der acceptirten Aus- shußanträge textirt und, sobald die Textirung fertig ist, im Hause eingebracht werden. Dieselbe dürste in der nächsten Woche auf die Tagesordnung gelangen.

Schweiz. Bern, 19. März. (W. T. B.) Der Bundesrath hat sich dahin s{lüssig gemacht, die Hand- lungen, wegen w/°lcher die Anarchisten zur Untersuchung ge- zogen sind, als gemeine Verbrechen anzusehen, deren Erledizung in das Gebiet der fantonalen Strafrehtspflege falle. Dieser Beichluß is dadurch hervorgerufen worden, daß in jüngster Zeit von Seiten der österreichishen Polizei an ver- schiedene Kantonsbehörden in vertragsmäßiger Weise das Be- gehren um Vornahme von Untersuchungen gestellt worden war, welche sich auf Verbrechen bezogen, die in Wien und anderen Orten von Anhängern der anarchistishen Partei begangen worden waren. Der Bundesratb hat von den Requisitionen und der Erletigung derselben Kenntniß genommen und theilt den betreffenden Kantonsregierungen mit, daß die Handlungen, welche den Gegenstand der Untersuchungen bilden, gemeine Delikte seien und den Charakter politischer Verbrechen in keiner Weise an sih trügen. Die Erledigung derselben gehöre demnach nicht in das Gebiet seiner Strafrehtspflege, sondern falle der kantonalen Justiz anheim. Abgesehen von der straf- rechtlichen Seite liege auch ein großes Jnteresse für den Bund vor, und der Bundesrath könne in die Lage kommen zu prü- fen, ob niht von Bundeswegen Maßnahmen zum Schuße der inneren und äußeren Sicherheit der Eidgenossenschaft zu treffen seien. Die Kantone werden daher aufgefordert, den Bundes- rath von allen an die kantonalen Polizeibehörden gerichteten Gesuchen und von den Ergebnissen der in der Schweiz ge- führten Untersuhungen auf das Genaueste zu unterrichten.

—- Die „N. Zürch. Ztg.“ \{chreibt: Nachdem nunmehr der Nationalrath es abgelehnt hat, auf das Wahlgesetz einzutreten, wird voraussihtlich überhaupt nihts Wichtiges mehr in dieser Session erledigt werden. Den Zolltarif hat der Ständerath auf eine andere Grundlage gestellt, als der Nationalrath, und obwohl die Mehrheit der national- räthlihen Kommission sich s{hon im Dezember v. J. damit einverstanden erklärt hat, so kann doch der Nationalrath nicht sofort die ständeräthlichen Beschlüsse berathen, ohne daß die nationalräthlihe Kommission dieselben im Einzelnen geprüft

hat. Jn der Junisession wird also der Zolltarif noch einmal zur Berathung kommen.

Belgien. Brüssel, 18. März. (Köln. Ztg.) Haute fam in der Deputirtenkammer der von Houzeau gestellte Antrag, die vom Unterrichts-Minister für die Wähler- prüfungen vorgeshriebenen Fragen zu vereinfachen, zur Entscheidung. Paul Janson hatte den Antrag noch dadurch verschärft, daß er alle Fragen nach den philosophishen und religiösen Ansichten der Prüf- linge aus der Liste gestrihen wissen wollte, was aber Hr. Frère Orban im Namen der Regierung ent- schieden bekämpfte. Bei der Abstimmung über die drei ver- schiedenen Fassungen des Tagesordnungsbeschlusses traten für die Jansonsche 61 Deputirte und ebensoviel dagegen ein. Dieser von der Regierung als ein Mißtrauenszeugniß betrachtete Antrag wac somit grade nur knapp abgelehnt ; 8 Deputirte hatten sich dabei ihrer Stimme enthalten, und zwar 2 von der Rechten und 6 von der Linken, unter diesen Houzeau, Buls und Goblet. Die 61 Nein kamen von der liberalen Seite; von den 61 Ja gehörten 7 der äußersten Linken (nur Guillery trat für die Regierung ein) und der Rechten an. Die zweite von Houzcau befürwortete Fassung, wonach die Kammer der Zusage der Regierung, den ¿Fragebogen zu revidiren, vertrauen und die Ausscheidung der Fragen auf Moral und Metaphysik erwarten solle, wurde mit 104 Stimmen gegen 23 (der Linken) ver- worfen, Schließlih ging die von Jamme Callier vorge- \hlagene Fassung, wonah die Kammer von den Erklärungen der Regierung und von deren Uebereinstimmung mit den früheren Erklärungen einsach Aft nahm, mit 65 Stimmen der Linken gegen 54 Stimmen der Rechten durch; die 7 Vertreter der äußersten Linken enthielten sih der Stimmabgabe.

Großbritannien und Jrland. London, 19, März. (W. T. B.) Der Premier Gladstone ist heute Nach- mittag nah Coombe abgereist, woselbst er bis Montag bleiben und absoluter Nuhe pflegen wird.

Das vor einigen Tagen in Newcastle angekommene hinesishe gepanzerte Widderschiff „Nanking“ welche dort Armftronggeshüße an Bord nehme1 sollte, ist auf Anordnung der Behörden wie es heißt, im Hinblick auf A Es zwischen Frankreih und China angehalten worden.

(Allg. Corr.) Die Dritishe Kriegsmarine zählt, nah einem soeben veröffentlihten Blaubuch, 283 Schiffe. Davon sind 62 Panzerschiffe (7 im Baue), 51 Kreuzer (5 îm Baue), 18 Scaluppen, 30 große Kanonenboote, 74 Kanonenboôte, 3 Torpedoboote, 11 Truppentransporlschiffe, 12 Dampfer für besonderen Dienst, 6 Avisodampfer und andere dem Verkehre dienende Fahrzeuge. Im Jahre 1884—85 sollen Schiffe mit einem Gehalte von 20 679 t der Marine hinzugefügt werden, wovon 16055 t auf den Regierungs- und 4624 t auf Privatwerfien zum Bau gelangen.

Frankreih. Paris, 17. März, (Fr. Corr.) Der Präsident der Republik empfing heute Morgen den russishen Botschafter, Fürsten Orloff, in feierlicher Abschieds-Audienz. Fürst Orloff blieb darauf zum Frühstück im Elyseepalast. E

19, Marz: (W. T. B) _ Dié Kommisston für die Gesezvorlage, betreffend die Zulassung von fremdem gesalzenem Fleish, genehmigte den Entwurf des Handels-Ministers Hérisson vom hygienishen Gesichtspunkt aus; aber, bevor sie die Einzel- bestimmungen desselben gutheißt, will sie au die wirthschast- liche Seite prüfen und den Ackerbau-Ministec darüber hören. Die Kommission wird sih niht nur mit der Einfuhr gesalze- nen Fleisches aus Amerika, fondern auch mit der Frage dec Einfuhr lebendigen Schlachtviehs, namentlih aus Deutschland, beschäftigen.

Italien. Rom, 19. März. (W. T: B) Bei der heutigen Präsidentenwahl in der Deputirtenkam- mer erhielten bei 434 Votanten Co ppino 228, Cairoli 145 Stimmen ; 54 abgegebene Wahlzettel waren unbveschrieben und 7 Stimmen zersplitterten sich, Coppino is sonach ge- wählt. Die Errichtung eincs Monuments für Sella wurde in geheimer Abstimmung mit 267 gegen 130 Stimmen genehmigt.

19. März, Abends. (W. T. B.) Die Zeitungen kon- statiren den lebhaften Eindruck, welchen das heutige Votum der Kammer bezüglih der Präsidentenwahl hervorzehoben hat. Die „Opinione“ bezeichnet die Lage als eine ernste, und der „Diritto“ erwähnt unter Reserve der Gerüchte, daß Coppino die Wahl ablehnen und das Kabinet demissionircen werbe,

20. März, Vormittags. (W. T. B.) Der Minister- rath tritt im Laufe des Vormittags zusammen, um über die gegenwärtige Lage zu berathen.

Numáänien. Bukarest, 19. März. (W. T. B.) Die Gerüchte von einem angeblich bevorstehenden Kabinets - wechsel sind sicherem Vernehmen nah vollkommen unbe - gründet. Weder mit dem rumänischen Gesandten Fürsten Ghika in London, noch mit einer anderen politishen Perfön- lihkeit werden diesbezügliche Verhandlungen gepflogen.

Serbien. Belgrad, 19, März. (W. T. B.) Die Nachricht, daß die Regierung bezüglih des russischen Minister-Nesidenten Persiani Reklanationen erhoben und die Abberufung desselben verlangt habe, wird für völlig unbegründet erklärt. Der Minister-Präsident hat die Vierzehner-Kommission mit den Vorbereitungen zu dem fesilihen Empfange des Kronprinzen und der Kron- prinzessin von Desterreih-Ungarn beauftragt.

Schweden und Norwegen. Christiania, 20. März. (W. T. B.) Der König ist gestern Abend nah Stockholm abgereist, von wo Se, Majestät in der nähsten Woche zurück- erwartet wird. Während dieser Abwesenheit des Königs ist der Kronprinz zum Vizekönig vonNorwegen ernannt worden. Der General-Kriegskonmmissar Bull und der ehe- ne Staatsrath Haffner sind zu Staatsräthen ernannt,

Amerika. Washington, 19. März. (W. T. B.) Jm Senat wurde heute von dem Ausschuß für die aus- wärtigen Angelegewheiten eine Bill eingebraht, welche die Prüfung des für den Export bestimmten Fleisches an- E E die Einfuhr gefälschter Nahrungsmittel verbietet.

Afrika. Egypten. Suakim, 17. März. (Allg. Corr.) Morgen in aller Frühe werden 600 Mann des 75. Regiments, 200 Mann des 19. Husarenregiments, 100 Mann berittene «Jnfanterie und ein Detachement Genietruppen unter dem Befehl des Generals Stewart nah Handub ausrücken um diesen elf Meilen von Suakim gelegenen Ort zeitweilig zu beseßen und in Vertheidigungszustand zu verseßen. Gerüchts- weise verlautet, diese Streitmacht werde aller Wahrscheinlich- keit Befehl erhalten von Handub nach Berber vorzustoßen. Kundschafter melden, daß Osman Digma im Gebirge, ncun Meilen von seinem ehemaligen Lager, bemüht ist, ein neues Heer auf die Beine zu bringen, um die engliscen Truppen zu bekämpfen. E

Der „Times“ wird aus Suakim unter dem 17. März geschrieben :

Die Gordon-Hochländer und die 19, Husaren mar- \ciren morgen früh na den 16 Meilen am Wege nach Berber fituirten Brunnen von Handub. Der Scheih Morghani und der Scheich Mahmud Ali, die Führer der freundlihen Stämme, werden die Truppen begleiten. Die Expedition bezweckt, neue Anhänger unter den Stämmen zu gewinnen Da Handub für viele Meilen im Umkreise in diesem Theile des am Wege nah Berber gelegenen Landes die einzigen Brunnen besitzt, o \trôömen dort stets viele Eingeborene zusammen. Die Araber, welhen die Kavallerie dot begegnete, waren freundlich gesinnt, und den Berichten der Spione ‘nah haben sich in Handub große Schaaren der Eingeborenen zusammengefunden, durch welche wir hoffen im ganzen Lande größeren Einfluß zu gewinnen. Es ift \chwer zu fagen, welchen Eirfluß die Niederlage Osman Digmas auf seine Nacbfolger haben wird. Viele behaupten, daß der Rebellen- führer nod nicht gesclagen sei und daß der Mahdi zwei große Nieder- lagen prophezeit habe, tenen jedoch ein entschiedener Sieg und die Vernichtung des Feindes folgen werde. Andere glauben, daß die Araber nicht wieder kämpfen werden und daß Digma seinen Einfluß über sie verlieren werde. Zu gleiher Zeit wird aber die Ausschreibung eines Preises auf den Kopf Oëman Digmas als unpolitisch bezeicnet ; man glaubt, daß er dadur zu einem verfolgten religiösen Märtyrer gestempelt würde, was seine Anhänger veranlafsen dürfte, sich neuer- dings um ihn zu s{haaren, um ihn zu vertheidigen und neue Erfolge für ihn zu erringen. Etwas muß aber gethan werden; wenn Osman Digma sich in Unterhandlungen nicht einlassen will, dann erübrigt nur das gewaltsame Auéeinandertreiben seiner Anhänger. Dem Re- bellenführec selbst ist {wer beizukommen. Sollten weitere Kämpfe nothwendig fein, so müssen die Truppen verstärkt werden, und ebe diese Verstärkungen ankommen können, wird die große Hitze an- gebrochen fein. Ein Marsh nach Berber wäre ausgezeichnet; mit den zur Verfügung stehenden Truppen geht dies aber nicht an, und in vier Wochen wird es für englis{e Truppen ganz unmöglich fein.

Zeitungsstimmen.

Dem „Schwäbischen Merkur“ wird aus Erlangen, 18, März, geschrieben :

_ Heute Nachmittag fand im hiesigen Redoutensaale eine Wähler- versammlung ftatt, in welcher der Reichstagsabgeordnete von Stauffen- berg über die Thätigkeit des Reichstags und die neu gegründete deutsch-liberale Partei berichtete. Dazu hatten sih etwa 350 Wähler aus Erlangen und Umgebung, insbesondere auch aus Fürth, einge- funden Der Bericvt Über die Leistungen dcs Reichs- tags in der laufenden Wahlperiode war in wenigen Mi- nuten erledigt. Dagegen verbreitete \sich Hr. von Stauffen- Lerg in etwa einstündiger Rede üver das Unfallgeseß und gab seinen vielfachen Bedenken Ausdruck, um zu beweisen, wie noth- wendig die Opposition gegen die Regierungsvorlage set.

Der Vorstand des liberalen Vereins in Fürth ergriff nun das Wort, um dem ReiHstags-Abgeordneten den Dank der Wähler für feine aufopfernde Thätigkeit und ihr Vertrauen geg:n seine Person auszudrücken. Dasselbe erstreckt {i& aber nicht auf die neue Parteibildung, was aus einer am Vorabend in einer Vertrauensmänner-Versammlung berathenen und heute zur allgemeinen Annahme gelangten Resolution hervorgeht, nach welchec die von Hrn. von Stauffenberg angedeutete Entwicklung ab- gewartet wird und der Anschluß erst auf Grund sorgfältiger Prüfung ersolgen kann. Ein Hoch auf Hrn. von Stauffenberg {loß nah 13stündiger Dauer die Versammlung, welche troß dem neuen Cinigungêversuch den \{merzlichen Eindruck echt deutscher Zersplitte- rung machte. Hier eine neue Partei, welche si „deutsch-freisinnig“, dort eine alte Partei, welche sich gleihbedeutend „nationalliberal“ nennt. Hier ein talentvoller und energischer ehemaliger Führer der nationalliberalen Partei, jeßt das Haupt der neuen Partei; dort eine Versammlung von Wählern, welcve bei allem persönlichen Vertrauen zu ihrem Ab- geordneten sich nicht über dessen entscheidenden Schritt \{lüsfig machen. Und mit Recht. Wenn wir mit von Stauffenberg über den Begriff „deuts“ einig sind, und über „politisch-freisinnig“ einig werden können, über „wirthschaftlich freisinnig“ ist eine Verständigung zwischen den alten NationaUiberalen und den Vertrauen8männern des Hrn. von Stauffenberg, welche das Manchesterprinzip vertreten, unmöglich. Gerade auf diesem Gebiete sind die näcbsten Entscheidungen zu erkänipfen. Leider wurde aber hierüber in der Ver- sammlung nit gesprochen. Ein Grundzug der national gesinnten Wählerschaft ift bisher das Vertrauen zu Bismarck gewesen. Die Erfolge feiner Frieden8politik konnten bis heute dieses Vertrauen nur steigern; nicht minder die Erfolge seiner Wirthschaftépolitik, welche, wie es sich von Tag zu Tag deutlicher herausstellt, die Probe bestanden und die Prophezetiungen der Fortscbritts- und Freihandelspartei zu Schanden gemadt hat. Die Getreidezösle haben keine Vertheuerung des Brodes gebracht, das Getreide ist sogar wesentlich billiger als früher. Der Export ist nit gesunken, fondern in stetigem Steigen begriffen. Die Verminderung der auswärtigen Konkurrenz hat nicht zu einer Erclahmung unsercr Industrie geführt, ihre stetigen Fort- \chritte find von aller Welt anerkannt. Der - prophezeite Rückgang unserer Industrie ist niht eingetreten; dagegen sind große, durch die Zollfreiheit höchlich gefährdete Branchen erhalten geblieben und leben€- fähig geworden. Die Arbeitsgelegenheit und der Verdienst sind nicht ge- mindert, sondern um viele Millionen von Arbeitsstunden vermehrt worden, und wenn dur alle diese Erfolge der Unternehmergewinn gleic- falls gestiegen ist, so ift dies gewiß niht unerwünsht und muß in vielfacher Hinsicht aub dem Arbeiter zu gut kommen. Diesen Thatsachen gegenüber ist cs bezeichnend, daß die Freihandels- partei den Kopf in den Sand fsteckt und sich weigert, das Un- bestreitbare anzuerkennen. Ihre Ausrcde, mit der sie si felbst richtet, daß cs sich hier um eine Interessenpolitik der Arbeit- geber handle, glaubt heutzutage kein Ünbefangener mehr. Wenn nun in der Kette, welche die großartige Staatékunst Bismarcks geschmiedet hat und deren mächtige Glicder sind: die Schaffung des Deutschen Reichs, die Weltiteüung defselben, sein politischer Auébau, die Frieden8politik, die Wirthschaftspolitik, das leßte Glied, die Sozialreform, eingeschaltet werden soll, d. h. wenn die auf jene ehernen Grundlagen gehobene und gesicherte Erwerbsthätigkeit des deutsden Volks das Mittel bilden foll, um, Angesichts erbarmungs- würdiger Nothstände, bis zum Aermsten herunter gesicherte und erträglihe Verhältnisse anzunehmen, dann is es die noth- wendige Folge des begründeten Vertrauens der National- gesinnten Bismark gegenüber, auch an diese Aufgabe mit Vertrauen und Bereitwilligkeit heranzutreten. Dabei ist es niht nur wünschenêwerth, sondern eine ernste Pflicht, sorgfältig zu prüfen, das Erreichbare vom Unmöglihen zu trennen und den Weg zum Ziele suchen zu helfen. Das ift der Standpunkt, welchen die nationale Richtung unbedingt einhalten muß, wenn sie nicht ihre Entwicklung und ihre Denkweise verleugnen will. Die neue Partei

aber verwirft die Prüfung und die Mitwirkung. Mit ihrem klaren.

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T P Ur n Mea U RTEI M H E T N R A S E H