1884 / 78 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Mar 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Anmerkung. Die Anleihesheine sind außer mit den Unter- T(riften des Landraths und zweier Mitglieder des Kreisaus\{hu}ses mit dem Siegel des Landraths zu versehen.

Provinz Slesien. Regierungsbezirk Oppeln. ZinsfsGern

¿ ¿ + Os zu dem Anleiheschein des Kreises Rosenberg O.-S(l. . . . Ausgabe, Buchstabe . . . Nr. . . . über Mark . . . Prozent Zinsen über . . . Mark . . . Pfennig.

Der Inhaber dieses Zinsscheins empfängt gegen dessen Rückgabe in der Zeit vom 2. Januar (bezw.) 1. Juli 18 . . ab die Zinsen des vorbenannten Anleihescheines für das Halbjahr vom . . …. bis... mit M... A bei der Kreis-Kommunalkafse zu Rosen- berg O.-Swl.

Rosenberg O.-S{[., den E.

Der Kreisaus\{uß des Rosenberger Kreises. (Untershriften.) :

Dieser Zinsschein if ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit erhoben wird. i E

Anmerkung. Die Namenëêunterschriften der Mitglieder des Kreisaus\ufses können mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jeder Zinsschein mit der eigenhändigen Namens- unterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.

Provinz Swlesien. Regierungsbezirk Dppeln. Anweisung zum Kreis-Anleiheschein des Kreises Rosenberg O.-Schl. . . . te Ausgabe, Buchstabe . 4 R arf.

Der Jnhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem obigen Anleihescheine die . . te Reihe von Zinsscheinen für die fünf Jahre 18 . . bis 18 . . bei der Kreis-Kommunalkasse zu Rosenberg O.-Schl., sofern nicht rechtzeitig von dem als solchen sih ausweisenden Inhaber des Anleihescheines dagegen Widerspruch erhoben wird.

Rosenberg D.-S[., den i; 18...

Der Kreisaus\{chuß des Kreises Rosenberg O.-Schl. (Unterschriften) :

Anmerkung. Die Namensunterschriften der Mitglieder des Kreisaus\husses können mit Lettern oder Facsimileftempeln gedruckt werden; doch muß jede Anweisung mit der eigenhändigen Namens- unterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden. i

Die Anweisung ist zum Unterschiede auf der ganzen Blattbreite unter den beiden leßten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nachstehender Art abzudruen :

. ter Zinsschein. . ter Zinsschein.

Anweisung.

Ministerium der öffentlihen Arbeiten.

Der Regierungsbaumeister Ernsst|st Fuchs in Labiau ist als Königlicher Kreis-Bauinspektor daselbst angestellt worden.

Der Berg: Assessor und bisherige Berg-zFnspektor der Königs- grube in Oberschlesien, Behrens, ist zum Bergwerks-Direktor ernannt und mit der Direktion der fiskalischen Steinkohlen- Bergwerke bei Borgloh und Desede im Ober-Bergamtsbezirk Dortmund betraut worden.

Ober-Rehnungskammer. '

Die bisherigen Hülfs - Revisoren, Eisenbahn - Sekretär Thié aus Straßburg i. E. und Eisenbahn-Sekretär Richt - mann aus Frankfurt a. M. sind zu Geheimen revidirenden Kalkulatoren bei der Königlichen Ober-Rehnungskammer er- nannt worden.

Nichtamlliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 31. März. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen im Laufe des gestrigen Vormittags Se. Königlihe Hoheit den Prinzen Heinrich, den General - Adjutanten , General der Kavallerie Grafen von der Golß, den Vize-Dber-Stallmeister von Rauch, den Oberst-Kämmerer Grafen zu Stolberg-Wernigerode und den Obersten von Lindequist, Commandeur des 1. Garde- Regiments z. F.

Nachmittags machten Se. Majestät eine Spazierfahrt.

Heute Vormittag 11 Uhr nahmen Se, Majestät mili- tärishe Meldungen und darauf den Vortrag des Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski entgegen.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte gestern dem Gottesdienst in der Kapelle des Augusta- Hospitals bei.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern Mittag 1 Ühr den Reichskanzler Fürsten von Bismarck.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sißung des At es der Abgeordneten befindet sich in der Ersten eilage.

In der heutigen (69.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums, Staats-Minister von Puttkamer, der Minister für Landwirthschast, Domänen und Forsten, Dr. Lucius und der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten, Dr. von Goßler, nebst mehreren Kommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Verlesung der Jnterpellation des Abg. Dr. von cZJazdzewski und Genossen, betreffend die Wiederaufnahme der Leistungen aus Staatsmitteln für den Umfang der Érz- diözese Gnesen und Posen.

Die Interpellation lautet:

Durch Beschluß des Königliden Staats-Ministeriums ift für den Umfang der Erzdiözese Cöln die Wiederaufnahme der einge- ftellten Staatsleistungen angeordnet worden.

Wir stellen an die Königliche Staatsregierung die Frage: ob dieselbe gesonnen ift, eine gleihe Anordnung für den Umfang der Erzdiözesen Gnesen und Posen zu treffen ; wenn nicht, was für Gründe vorliegen, welche ihre dies- bezügliche ablehnende Haltung rechtfertigen.

Auf die Anfrage des Präsidenten von Köller erklärte der Staats-Minister Dr. von Goßler, daß die Staatsregierung bereit sei, die Jnterpellation sofort zu beantworten.

Der Abg. Dr. von Jaédzewski begründete die von ihm

allen Diözesen si bereit finden lassen, die Härten des Kultur- kampfes zu lindern. Nur die Erzdiözesen Posen und Gnesen seien von dieser Wohlthat ausgeschlossen geblieben, obschon die katholischen Priester in diesen Diözesen sih keiner befon- deren Vergehungen s{huldig gemacht hätten.

i ierauf ergriff der Staats-Minister Dr. von Goßler as Wort:

Die Interpellation seßt sich aus zwei Fragen zusammen. Auf

die erste Frage: : j L ob die Regierung gesonnen ist, eine gleihe Anordnung für den

Umfang der Erzdiözesen Gnesen und Posen zu treffen ? : habe ich im Namen der Staatsregierung zu antworten: die Regierung ist nicht gesonnen, die Wiederaufnahme der Staatsleistungen in der Diözese Gnesen-Posen anzuordnen. Auf die zweite Frage: . L E

wenn nicht, was für Gründe vorliegen, welche ihre diesbezüg- liche ablehnende Haltung rechtfertigen © ; habe ich Namens der Staatsregierung zu antworten: Die Regierung unt es ab, die Gründe für ihre bezügliche Entschließung dar- zulegen. ; S Der Abg. Dr. von Stablewski hob hervor, daß sih wieder eininal zeige, daß das Haus dur parlamentarische Rücksichten niht verwöhnt werde. Der Minister scheine auch kirchen- politishe Fragen nach militärisch-strategischen Gesichtspunkten behandeln zu wollen. Er suche den Feind zu theilen, um ihn dann zu s{hlagen. Wozu solle die Eximirung der posenschen Erzdiözesen dienen? Vielleicht wolle man einen Druck auf Rom ausüben, daß dieses sich in der Bischofsfrage gefügiger erweise. Die Erfahrungen des Kulturkampfs schienen ohne Belehrung vorübecgegangen zu sein. Fahrelang seien von den Polen hier Klagen vorgebraht worden. Aber nicht ein- mal in einem Punkte wolle man denselben Rechnung tragen. Die Polen würden nur für gut genug gehalten, Steuern zu zahlen und Militärdienste zu leisten. Jm Uebrigen bleibe für Ph U Sat, daß alle Preußen gleihberehtigt seien, eine

rase. Der Abg. Dr. Frhr. von Schorlemer-Alst meinte, daß die Antwort, die der Minister ertheilt habe, {wer shädigend für die Jnteressen des Staats und der Monarchie sei. n der Nactheit, in welcher sie ausgesprochen, könne die- selbe überall nur das Gefühl erwecken, daß die Staats: regierung berechtigten“ Klagen herzlos gegenüberstehe. Wenn jüdishe Unterthanen verleßt seien, so sei die Regie- rung sofort zu jeder Auskunst bereit. Aber wenn Ka- tholiken klagten, so schweige man, und doch seien in dem, was der Abg. von Jazdzewski vorgetragen, alle Katholiken soli- darish. Einen Zweck werde die Spekulation, welche die Re- gierung verfolge, bei der Aufrechthaltung der Sperre in Posen niht haben, es müßte denn sein, daß thörihte Hoffnung und Wünsche, die man oftmals den Polen zugeschrieben habe, aufs Neue Nahrung erhielten.

Der Abg. Dr, Windthorst hob hervor, daß die Antwort des Ministers nah Ferm, Jnhalt und Ton, in welchem die- selbe vorgetragen sei, verlezend habe wirken müssen. Noch mehr habe ihn empört, daß diese Erklärung von ein- zelnen Abgeordneten mit Beifall begrüßt worden sei. Seine Partei werde nach dieser Antwort ihr Benehmen einzurihten wissen. An die Polen rihte er die Bitte, auch bei dieser harten Behandlung die Geduld niht zu verlieren. Y Í ; sie gemeinsam das vorgesteckte Zuel verfolgen. Mkhr als ein- mal dürfte sih ihnen und seiner Partei die Gelegenheit bieten, eine ähnlihe Sprache zu führen, wie sie heute der Minisier von Goßler angeschlagen habe. Man habe mit dieser Maßregel vielleiht Eindrul machen wollen an der Stelle, wo noch niemals die Fahne gesenkt worden sei, wenn es gelte das Recht zu schüßen. Er jei überzeugt, daß auch diesmal der Angriff der Regierung machtlos an dem Fels der Kirche, die 2000jährige Kämpfe ruhmreich bestanden, abprallen werde. Auch seine Partei werde nicht müde werden, bis sie in diesem Kawpf entweder Siegerin geblieben oder ruhmvoll untergegangen sei. Damit war die Jnterpellation beendigt.

Es folgte bei Schluß des Blattes die Fortsezung der zweiten Berathung des Entwurfs einer Fagdordnung.

Se. Majestät der Kaiser und König haben, unter Abänderung des §8. 40 des Geldverpflegungs- Reglements für das preußische Heer im Frieden, bestimmt : Die Offiziere der militäcishen Jnstitute (Anstalten) ausschließlich der Jnvaliden-Jnstitute sind ebenso wie die regimentirten Offiziere zu Einzahlungen in eine Offizier - Kleiderkasse verpflihtet bezw. berechtigt. Auf das Militär-Waisenhaus zu Potsdam, sowie auf das medizinish-chirurgishe Friedrih-Wilhelmns-JFnstitut findet diese Bestimmung Anwendung. Ferner sollen die Zeug- und Feuerwerks-Offiziere sowie die Zeugfeldwebel und Zeug- sergeanten zur Entrichtung von Kleiderkassen-Beiträgen ver- pflichtet sein und diese mindestens bei ersteren vierundzwanzig, bei [leßteren zwölf bezw. sechs Mark monatlich betragen. Die Einzahlungen finden, sofern die betreffenden Jnstitute (An- stalten) eine eigene Kassenverwaltung besißen, bei dieser, anderenfalls bei der Kasse desjenigen Truppentheils 2c. statt, dem die betheiligten Personen in ökonomischer Beziehung attachirt find, sofern niht eine andere Kasse hierzu besonders bestimmt wird.

Submissionen im Auslande.

1) 15. April d. J. zu Rotterdam im Timmerhuis, Lieferung gegossener eiserner Röhren im Gewichte von 373 612 kg für die Trinkwasserleitung. Submissionsbedin- gungen einzusehen im „Timmerhuis“, au in der Buchdruckerei von P. van Waesberge en Zoon in Rotterdam, Houttuin Nr. 73, für 10 Ctz. käuflich.

2) 12, April (31. März) d. J. Nationalbank von Ru- mänien zu Bukarest, Fundamentirungsarbeiten für 0as neue Bankgebäude, Lastenheft bei der Baudirektion daselbst, Hanu Serban-Vodà. Kaution: 20 000 Frs.

Jn diesem Jahre werden Generalsiabs-Uebungs- reisen bei dem Garde-Corps, dem I., I, IIT, IV, V, VI, XI,, XIV, und XV, Armee:Corps stattfinden.

Das Garde - Schützen - Bataillon wird am 30. September d. Y von Berlin nah Lichterfelde verlegt werden, ferner nach den diesjährigen Herbstübungen das 2, Bataillon 4. Westfälischen Fnfsanterie-Regiments Nr. 17 von Neu-Breisah nach Mülhausen i. E. und das Füsilier-Bataillon desselben Regiments von Mülhausen i. E. nah Neu-Breisach, endlih die reitende Abtheilung 1. Pom- merschen Feld-Art illerie-Regiments Nr. 2 zum 31. März 1884 von Gary a. O. nach Belgard.

Der Kaiserli russische Botschafter Fürst Orloff hat

Auf parss„mentarishem Wege möchten '

Dauer seiner Abwesenheit fungirt als Geschäftsträger der Botschafts-Rath von Koßebue.

Der Chef der Admiralität, General-Lieutenant «s 0 K Caprivi hat sich zu Jnspizirungen nach Wilhelmshaven geben.

Der General-JFnspecteur der Artillerie, General- Lieutenant von Voigts-Rheßt, hat sich behufs Musterung des in Glogau, Glaß und Neisse garnisonirenden Schlesischen Fuß: Artillerie-Regiments Nr. 6 auf Dienstreisen begeben.

Der General-Lieutenant Bogun von Wangen- heim, Commandeur der 9. Division, ist zu einem 8tägigen Aufenthalt mit Urlaub aus Glogau hier eingetroffen.

Wiesbaden, 27. März. Jn der heutigen 5. Plenar- sißung des Kommunal-Landtags kamen nah Verlesung des Protokolls, Mittheilung und Vertheilung der neuen Ein- gänge, zunächst Berichte der Finanzkommission zum Ver- trage: 1) wurde die ministerielle Genehmigung des Reglements nebst Hausordnung für die Corrigenden- anstalt zu Hadamar mitgetheilt, und erklärte sich der Landtag mit den getroffenen YAenderungen ein- verstanden; 2) das Gesuch der Gemeinde Sossenheim um Bewilligung einer Beihülfe zu den Kosten der Nidda- Regulirung wurde durch den in dieser Angelegenheit bereits gefaßten Beschluß für erledigt erklärt; 3) dem Bienenzucht- verein im Regierungsbezirk Wiesbaden wurde eine Beihülfe von 150 M zu Vereinszwedlen bewilligt ; 4) das Gesuch des Direktoriums des Vereins Nafsauischer Land- und Forstwirthe um Bewilligung einer jährlihen Beihülfe von 5—600 # aus ständishen Mitteln zur Errichtung einer Saamenkontrole an der agrikulturhemishen Versuchsstation wurden dem kont- munalständishen Ausschusse zux Beschlußfassung überwiesen.

Auf die Berichte der Wegebaukommission wurden die Veräußerungsvorshläge von verschiedenen Abschnitten von Chausseegrundstücken genehmigt und sodann über einen An- trag des Gemeinderaths zu Steeten um Unterhaltung der im Zuge des Vicinalwegs Dehrn-Runkel belegenen Ortsstraße zu Steeten auf ständishe Kosten zur Tagesordnung über- gegangen.

Die Eingaben- Kommission s{lägt vor, den Bericht des ständishen Verwaltungsausschusses über die Ergebnisse der ständishen Verwaltung vom 1. April 1882 bis 31. März 1883 zu den Akten zu nehmen und dem Verwaltungsaus- {usse seinen Dank für die gute Verwaltung auszusprechen. Dies geschah. Ueber das Gesuch des Philipp Diehl zu Hattersheim um Erhöhung einer Brandentshädigung ward zur Tagesordnung übergegangen.

Dasselbe geshah mit einem Gesuch gleiher Art des Friedrih Meuer in Rüdesheim.

Das Gesuch des Lorenz Keller zu Glashütten um Dis- pensation vom Wiederaufbau abgebrannter Gebäude und Aus- zahlung der Brandentschädigung hierfür wurde dem ständischen Verwaltungsauss{huß zur Beschlußfassung überwiesen.

Bayern. München, 28. März. (Allg. Ztg.) Der König hat sich bewogen gefunden, die bisherige Selbstän- digkeit der Königlichen Pagerie vom 1. April d. J. an auf- zuheben und diejelbe dem Königlichen Oberst-Kämmererstabe unterzuordnen."— Zur gestrigen Hoftafel bei Sr. Majeftät war auch der Commandeur der Festung Jngolstadt, General- Major Freiherr von Schleitheim, geladen.

Hessen. Darmstadt, 29. März. (W. T. B) Jn Folge des Ablebens des Herzogs von Albany ist die Hochzeit des Prinzen von Battenberg und der Prin- zessin Victoria vershoben und Hoftrauer bis zum 25. April angeordnet worden.

Waldeck. Arolsen, 29, März. (W. T. B.) Die Fürstin ist heute Mittag nah England abgereist.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 29. März. (Wien. Abendp.) Heute waren beide Häuser des Reichsraths versam- melt. Das Herrenhaus erledigte sämmtlihe Gegensi ände der Tagesordnung ohne Debatte im Sinne der Aus\{huß- anträge. Jm Abgeordnetenhause wurde von den Abgg, Fuerth und Raab eine Fnterpellation darüber eingebracht, ob der Minister-Präsident bereit sei, darauf hinzuwirken, daß das Auswärtige Amt bei der egyptishen Regierung die erforderlichen Schritte thue, damit die ca. 7 Millionen Frs. betragenden, den österreichisch: ungarishen Staatsangehörigen zuerkannten Entschädigungen thunlichst rasch und im vollen Umfange ausbezahlt würden.

Großbritannien und Jrland. London, 29. März. (W. T. B.) Anläßlih des Ablebens des Herzogs von Albany ist für den Hof, das Heer und die Marine Trauer vom 30, März bis 11. Mai und eine allgemeine Landestrauer für 3 Wochen vom 30. März ab angeordnet worden. Der Prinz von Wales begiebt sih heute Abend nah Cannes, “p die Leiche des Herzogs von Albany nach England zu geleiten.

830, März. (W. T. B.) Der „Observer“ melde: in einer Extra-Ausgabe aus Kairo, von heute: General Gordon habe aus Khartum einen Ausfall auf die Auf- ständishen gemacht. Die unter seinem Befehl stehenden egyptischen Truppen hätten aber in Folge einer unter ihnen entstandenen Panik die Flucht ergriffen; General Gordon sei deshalb genöthigt gewesen, sih zurückzuziehen und nach Khartum zurückzukehren (vergl. Egypten). i i

31, März, Vormittags. (W. T. B.) Die Bei- seßung des Herzogs von Albany soll am nähsten Sonnabend im Mausoleum von Frogmore stattfinden. Gestern traf der Prinz von Battenberg in Windsor ein, um der Königin persönlich seine Theilnahme zu be- zeigen. Ein Telegramm der „Times“ aus Khartum be- stätigt die Niederlage der Truppen des Generals Gordon in allen Stücken. Angeblich soll dieselbe durch die Verrätherei zweier egyptischen Offiziere herbeigeführt worden sein. Wie verlautet, wird Suakim eine Garnison von 2 Bataillonen der egvptischen Armee erhalten, die von englischen Offizieren kommandirt werden; außerdem soll ein englisches Kriegsschiff bei Suakim stationirt werden.

Frankreich. Paris, 29. März. (Köln. Ztg.) Der unter dem Vorsiß des Präsidenten Grévy heute im Elysée abgehaltene Ministerrath beschloß die Beibehaltung der Einrichtung des Einjährig- Freiwilligen - Dienstes nux für Schüler der höheren Normalschulen. Die jungen

eingebrahte Jnterpellation. Die Staatsregierung habe in

einen ihm bewilligten Urlaub angetreten. Während der

Leute, die sich nur zu den freien Berufsarten vorbereiten,

find zu dreijähriger Dienstzeit verpflichtet. Die Regierung ließ der Königin von Tahiti zur Erinnerung an ihren Besuch in Paris eine goldene Denkmünze überreihen. Der englisheBotschafter ist nahCannes geeilt, um Anordnun- gen zur Ueberführung der Leiche des Herzogs von Albany nach England zu treffen. Aus Cannes wird die Ankunft des Generals Duprat gemeldet, der von der Königin Victoria abgesandt wurde. Heute Abend erfolgt die Einsargung der Leiche. Der Sarg wird morgen in Begleitung des Generals Duprat, des Kapitäns Perceval und des Arztes Dr. Royle nach England befördert werden.

(Fr. Corr.) Die „Liberté“ schreibt : Die Nachrichten aus Hanoï sind gut; der Gesundheitszustand des Expeditions- Corps ist ausgezeichnet. Die Truppen concentriren sich nach und nah um die Citadelle, und man bereitet sich auf den Marsch gegen Hung-Hoa vor, dessen Einnahme nit lange auf sich warten lassen dürfte. Berichte von Spionen melden, daß unter den Shwarzflaggen große Entmuthigung herrsche. Die Einnahme von Bac-Ninh und die Anwesenheit eines so starken Expeditionsheeres hat fie in völlige Zerrüttung verseßt. Der Gedanke an eineEvakuirung vonHung-Hoa undan einen Rück- zug auf den Oberlauf des Flusses, bis nah Lao:-Kaï, wurde zu wiederholten Malen in den Berathungen der Häuptlinge der Schwarzflaggen angeregt. Die Einnahme von Hung-:Hoa ist sehr wichtig; es wäre wünschenswerth, daß sie vor Ende April geschehen könnte, da um jene Zeit die s{hlimme Jahres- zeit beginnt. Sie würde dem General Millot gestatten, \ich sicher in den Festungen des Deltas niederzulassen „und mit der Heimsendung von 3—4000 Mann zu beginnen.“

Der „Nattonal“ britigi folgende Note: „Der Marine-Minister arbeitet augenblicklih an einem Bericht, der als Anhang zu der Nachtragskreditforderung für Tongking dienen soll. Die Ziffer des Kredits wird natür- lich im Verhältniß zu dem Effektiv des Expeditionscorps sein, welches leßtere augenblicklih an 14000 Mann beträgt. Wir glauben zu wissen, daß dieses Geseßesprojcekt, betreffend die Bewilligung der Kredite, von dem Marine-Minister erst nah den Osterfe rien eingebhraht werden wird.“

31. März, früh. (W. T. B.) Die „République rantatie Tore Das Ministerium auf. der großen republikanischen Majorität des Landes durch eine festere Haltung in der allgemeinen Verwaltung Genug- thuung zu gewähren. Fn einem zweiten Artikel bezichtigt die „République française“ die Orleanisten der Conspiration; der Graf von Pari8ertheile niht gerade ausdrüdcklihen Befehl, der Regierung Hindernisse und Ershwerungen zu bereiten, aber er rege sie doch unaufhörlih dazu an. Die Regierung müsse Maßregeln gegen die Orleanisten ergreifen.

Nach einer Meldung aus Lille dauert die Strike - Bewegung in Anzin noch immer fort. Heute wurden zwei Häuser, in denen Grubenarbeiter aus Wallers wohnten, welche die Arbeit wieder aufgenommen hatten, von den Stri- kenden in Brand gesteckt und vollständig niedergebrannt.

Spanien. Madrid, 30. März. (W. T. B.) Am

Dienstag wird das Dekret, betreffend die Auflösung der Cortes, erscheinen. Die Wahlen sollen am 27, April stattfinden. ____ gn hiesigen Blättern wird konstatirt, daß die gesammte spanische innere Schuld, sowie 331/z Proz. der äuß eren Schuld si in spanishem Besiß befinden, und daß hieraus % i steigenden Wohlstand des Landes geschlossen werden ürfe.

__Das jür Fhre Kaiserliche Hoheit die Kronprin- zessin bestimmte Album is nunmehr fertig gestellt; alle größeren spanishen Maler sind in demselben vertreten ; die hauptsächlichsten Bläiter sind auf Wunsch Sr. Kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen noch nicht gebunden, damit dieselben auf der Ausstellung spanischer Kunstgegenstände in Berlin einzeln ausgelegt werden können. Nein Reuß XXVII. ist hier eingetroffzn.

Italien. Nom, 30. Matz. (W. D. B) Das Ministerium hat sich nunmehr konstituirt und wird noch heute Abend den Eid leisten. Als neue Mitglieder treten in dasselbe ein: Brin (Marine), Coppino (Unterricht), Grimaldi (Ackerbau) und Ferracciu (Justiz), Depretis, Mancini, r A Genala und Ferrero bleiben auf ihren bisherigen

osten.

__ Vei Gelegenheit der Ernennung der beiden neuen Kar- dinäle erinnerte der Papst an seine bei jedem neuen Angriff auf die Rechte des Papstthums formulirten Proteste und sagte : man screite auf der Bahn dieser Angriffe vorwärts und suche dur alle erdenklichen Mittel sih in dem Besiß Roms zu befestigen. Er verurtheile alles, was zum Nachtheil der Kirche unternom- men worden sei, und wolle alle Rechte derselben, niht aus Ehrgeiz, sondern seiner Pflicht gemäß vertheidigen. Er sei einem wandelbaren, unsihtbaren Schiedsreht preisgegeben, wie beispielsweise in der Angelegenheit der Propaganda. Er sehe noch ernstere Heimsuhungen voraus, sei aber bereit, dieselben zu ertragen; die Feinde des Papstthums hätten ge- s{woren, dasselbe womöglih zum Aeußersten zu treiben. Wahre Patrioten würden sicherlih nit derartig vorgehen.

31. März. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer, deren Session voraussihtlich bis Anfang Mai verlängert werden wird, soll am Donnerstag zusammentreten. Eine der ersten Maßnahmen des Ministeriums dürste die Ecnen- nung von Unter-Staatssekretären an Stelle der General- Sekretäre sein.

Griechenland. Athen, 29. März. (W. T. B.) Der Minister-Präsident Trikupis hat der Kammer einen Geseßentwurf, betreffend die Revision des allgemeinen Tarifs, vorgelegt. Die hier verbreiteten Gerüchte über Unruhen auf Kreta werden für unbegründet erklärt.

_ Serbien. Belgrad, 31. März. (W. T. B.) Radovic, früher Justiz-Minister im Kabinet Pirotschanat, ist zum Prä- fidenten des Kaffationshofes ernannt worden.

Nußland und Polen. St, Petersburg, 30. März. (W. T. B.) Wie die „Nowosti“ erfahren, ist bei ban Zolldepartement eine Kommission eingeseßt worden, welche die Frage neu zu entwerfender Reglements, betreffend die Frachtdokumente für aus dem Auslande mittelst der Eisenbahnen einzuführenden Waaren, berathen soll. Diese Frage war im vergangenen Jahre in einem Eisenbahnkongreß angeregt worden,

Von Seiten der Reichsbank wird bekannt gemacht, daß auf Grund des Kaiserlichen Ukases vom 24. Januar 1884 nun mehr mehrere ihrer provinziellen Filialen zur Dar-

_ Schweden und Norwegen. Stocckholm, 27. März, (Hamb. Corr.) Der König is vorgestern Abend mittel Extrazuges nach Christiania abgereist. Auf dem Bahnhofe befanden sih außer den Mitgliedern der Königlichen Familie, den Spißen der Behörden, einer großen Anzahl von Reichs- tagsmitgliedern 2c. ungefähr 600 Arbeiter Stockholms, die Sr. Majestät vor einigen Tagen eine Zustimmuhgsadresse übersandten. Die Verabschiedung gestaltete sih zu einer eben so sywpathishen wie der neulihe Empfang. Die Regierung ist bis zum 2. April dem Minister des Aeußern, Freiherrn Hochschild, sowie den Staatsräthen Lovén, Freiherr von Otter und Reichert, und später den Staats-Räthen Lovén, von Otter und Richert übertragen worden.

__ Christiania, 29. März. (W. T. B.) Das Reih s- geriht hat heute den Staatsrath Johansen, auf den fi der erste Punkt der Ministeranklage nicht mit erstreckt, zu einer Geldstrafe von 8000 Kronen und zu den Prozeß- fosten im Betrage von 200 Kronen verurtheilt.

Dánemark. Kopenhagen, 29. März. (W. T. B.) Der Handelsvertrag mit Spanien is von dem Mi- nister des Auswärtigen und dem hiesigen spanischen Gesandten unterzeichnet worden.

Amerika. Washington, 30. März. (W. T. B.) Der Handelsausschuß des Repräsentantenhauses hat die Bill, welche die Prüfung des für den Export bestimmten Fleisches anordnet und die Einfuhr gefälschter Nahrungsmittel und Getränke untersagt, der Hauptsache nah in der vom Senat beschlossenen Fassung angenommen, jedoch die Bestimmungen über die Repressalien fallen gelassen.

Cincinnati, 28. März. (W. T. B.) Jn Folge eines sehr milden Erkenntnisses in einem Mordprozesse sammelte sih ein Volkshaufen um das hiesige Gefängniß, in welchem noch mehrere des Mordes Angeklagte inhastirt waren, so daß zur Verhütung weiterer Ausschreitungen Militär requirirt werden mußte. Dasselbe machte von den Waffen Gebrauch, wobei mehrere Tumultuanten getödtet wurden. Der Volkshaufen vergrößerte sich hiernach, bemächtigte sich aller Waffen und Munitionsvorräthe des Zeughauses und bedroht fortgeseßt das Gefängniß. Einem Gefangenen, welcher inzwishen nah einer benachbarten Stadt gebraht werden sollte, gelang es unterwegs, aus dem Eisenbahnzuge zu ent- ommen,

29. März. (W. T. B.) Bei den Unruhen sind 21 Personen verwundet worden und haben 4 {were Ver- leßgungen davon getragen; eine Person ist an den erhaltenen Verwundungen gestorben, Der ent\sprungene Verbrecher ist wieder in Haft gebracht worden. Die Unruhen haben fi nicht wiederholt. __— 30. März. (W. T. B.) Jn der vergangenen Nacht ist es zu neuen Ruhestörungen gekommen. Die Volks- menge umringte das Gefängniß, welches Polizei- und Militär- mannschaften beseßt hielten, steckte das Gerichtsgebäude und andere Gebäude in Brand und verhinderte die Feuerwehr am Löschen, bis das Militär leßtere unterstüßte. Von der Volks- menge wie vom Militär wurde von Schußwaffen Gebrauch gemacht, wobei über 50 der Ruhestörer getödtet wurden. Die Volksmenge erbeutete eine Kanone, jedoch ohne Munition ; die Polizei nahm die Kanone später wieder und zerstreute die Tumultuanten.

_„New-Yor?, 30. März. (W. T. B.) Die Ruhe- störungen in Cincinnati erregen aller Orten in der Union großes Aufsehen. Jn einer Depesche aus Cincinnati wird die Zahl der Todten auf etwa 100, die Zahl der Ver- wundeten auf etwa 300 angegeben. Die Truppen sollen mit einem Gatlinggeshüß auf die Menschenmasse geschossen haben. Als Ursache der Ruhestörungen wird wiederholt angegeben : in dem Gefängnisse von Cincinnati sei eine größere Anzahl von Personen detinirt gewesen, die wegen mehrerer Mord- thaten angeklagt gewesen seien; die Bevölkerung habe im Hinblick auf ein in einem früheren Prozesse ergangenes Ur- theil gefürchtet, daß die Angeklagten nit die Strafe erhalten würden, die sie verdienten, und sie habe dieselben deshalb lynchen wollen.

Nach hier . eingegangenen Nachrichten fällt das Wasser des Mississippi unterhalb Greenville und Missis- sippi wieder.

_ Süd-Amerika, Peru. Lima, 29. März. (W. T. B.) Die Rati fikationen des Friedensvertrages zwischen Chile und Peru sind gestern formell ausgetauscht worden. Die Nationalversammlung von Peru wird am nächsten Montag geschlossen werden.

Æfrika. Egypten. Alexandrien, 30. März. (W. T. B.) Nach aus Khartum eingegangenen Nachrichten ver- ließ General Gordon Khartum am 16. d. M. mit 3000 Mann Jnfanterie, 2 Geschüßen und einigen berittenen Bashi- boshuks, um die Aufständischen zu zerstreuen , die die Stadt bedrohien. Jn der Nähe von Halfiyah stieß Gordon auf den Feind ; seine Bashiboschuks wurden von etwa 60 Reitern der Aufständischen angegriffen und flohen eilig davon; die Jnfanterie Gordons, von einer Panik ergriffen, begab sih unter Zurücklassung der Geschüße gleihfalls auf die Flucht und wurde von den Reitern des Feindes verfolgt. Dieser Schlappe ungeachtet sol General Gordon erklärt haben: für Khartum fei durchaus keine Gefahr.

Zeitungsfstimmen.

Naq einor, der „Volks- Zeitung“ zugehenden Privat- mittheilung rihteten Bürger der Orte Freinsheim und Herx- heim a. B. an den Reichskanzler folgende Adresse:

Sr. Durchlaucht dem Reichskanzler, Fürsten Bismarck, Berlin. Die unterzeichneten Nationalliberalen, Bürger von Freinsheim und Herxheim a. B., Wahlkreis Landau-Neustadt, Pen fals, bei gemeinschaftliher Geburtstagsfeier unseres allverehrten Ka sers die Reichstagsdebatten vom 20. März über das Sozialistengeseßz be- spreend, fühlen sih gedrungen, Eurer Durclaucht ihre vollfte An- erkennung auszuspre{en für Ihr energishes Eintreten für diese An- gelegenheit und Ihnen die Versicherung zu geben, daß trotz aller fortsrittliben Wühlereien und Aufheßereien doch der überwiegende Theil des cigentlihen Bürgerstandes mit Ihrer Finanz- und Zoll- politik fowohl als auch mit Ihren sozialen Reformbestrebungen voll- kommen einverstanden is. Möchten Sie noch lange Jahre Jhren schweren Dienst im Interesse des Vaterlandes versehen können. Hoch- ahtungsvollft 2c.

Die „Kölnische Zeitung“ schreibt zur Lage im Innern :

lehnsertheilung an Grundbesi ermähtigt A 9 sißer gegen Solawechsel

waren alsbald nah ihrem Austritt aus der nationalliberalen arie, um do wenigftens ein anderes Programm zu haben als diese, ge- nöthigt worden, mehr und mehr die Freihandelslehre und die wirth- schaftlibe Selbfihülfe zum Parteiprogramm zu nehmen. Damit aber waren sie in den beiden Hauptfragen, an denen des Fürsten Bismarck Stellung und Leben bängt, zu dem leitenden Manne in cbenso ent- schiedenen und unversöhnlihen Widerspru getreten, wie die Fort- \chrittêpartei. :

._. . « Um nun nit beim Wahlkampf in doppeltes Feuer von links und rechts zu kommen, ¿ogen die Sezessionisten vor, zum Gegner nach links überzugehen und mit diesem zusammen dem Gegner nah ay A den ursprünglichen Partei- und Fraktionsgenossen die Stirn zu bieten.

Vielfach is nun gemeint worden, eine solche entschiedene Front- stellung sei nit nôthig, sogar politis fehlerhaft; es könnten sehr wohl National-Liberale und Freisinnige, wenn auch nit einig zu- sammen, jedo in Frieden nebeneinander gehen. Es ist nothwendig, sih über die Möaglickeit oder Unmöglichkeit einer solchen Stellung der beiden liberalen Fraktionen klar zu werden.

__ Wâre das Ziel und Trachten der auf der äußersten Nechten unserer Parlamente sißenden Konservativen zuglei au das Pro- gramm unserer Regierungen, so würden au wir sagen, um jeden Preis sei ein Vertreter der Opposition zu wählen. Äber die Regierun- gen widersetzen sich den extremen Anforderungen der Kreuzzeitungéleute ebenso bestimmt wie wir. . . . Zu einer Politik des nur verneinen- den Pessimismus is sonach kein Grund vorhanden. Wo aber die Reaktion ; Anforderungen erhebt, die vom Standpunkte au des gemäßigten Liberalismus unerfüllbar sind, da steht auf der Seite des leßtern auch die Regierung. Hier bleiben sona sachlich die gemäßigt Liberalen und die Fortschrittlichen eines Sinnes, Wäre damit das Programm der leßtern ers{höpft, so würde nichts die Liberalen gemäßigter Richtung hindern, der Fusion beizutreten; dann hätte aber auch nichts die Sezessionisten genöthigt, als Männer von Ueber- zeugungstreue aus der nationalliberalen Partei auszutreten. Wenn die Zumuthung an die Nationalliberalen gestellt wird, der neuesten Ver- \chmelzung auf der linken Seite unserer Parlamente beizutreten, fo muß die Gegenfrage gestellt werden: warum denn die Sezessionisten seinerzeit aus der Partei ausgetreten sind, statt daß die Fortschritts - partei eintrat. Wenn sich die Nationalliberalen nit geändert haben und die Fortshrittler ebensowenig, so ift es Widersinn, wenn die- jenigen eine Vereinigung aller Liberalen befürworten, die vordem innerhalb des Verbandes der größten liberalen Fraktion nit zu blei- ben vermochten.

Und die Nationalliberalen haben sich in der That nit geändert ;

au die Fortschrittspartei niht; ebeasowenig wie die Sezessionisten. Denn das muß anerkannt werden: die Gründe des Austritts der letz- tern aus der nationalliberalen Fraktion sind in der leßten und eigent- lien Wurzel glei mit den einzigen Programmpunkten, welche die Sezessionisten von ehedem mit den Fortschrittlern verkittet haben ; es ist die Festseßung der Heeresstärke dur das Parlament während jeder Legislaturperlode, also höchstens auf 3 Jahre, welcher Frhr. von Stauffen- berg das Wort redete; es ist die Freibantelepoliti? und die Gegner- schaft gegen den neuen Zolltarif, die namentli die liberalen nord- deutschen Abgeordneten aus der national-liberalen Partei trieb, als diese die Zollfragen für kein trennendes politishes Pa: teimerkmal er- klärte; es ist endlich die Aufstellung des unbedingten Grundsatzes der wirthschaftlichen Freiheit und Selbsthülfe des Individuums und Ein- \{ränkung der Thätigkeit des Staates auf den Nachtwächterberuf der Sicherung vor Raub und Ueberfall, die Stellungnahme gegen den sogenannten Staatsfozialismus. __ In allen diesen drei Punkten sind wir Gegner de-s fortscritt- liben Standpunktes und kommen dem Standpunkte des MReichs- kanzlers in der Sache bereitwillig entgegen; jeder dieser drei Punkte aber auch würde uns, wenn eine Mehrheit des Reichstags in unserm und des Kanzlers Sinne nit zustande käme oder gesichert bliebe, un- abwendbar in einen Konflikt hineinbringen, von welch leßterm wir für unfer wirthschaftlihes wie politisches Leben durchaus kein Heil erwarten können.

Die Wehrkraft des Deutschen Reichs ist zur Zeit der oberste Grund des europäischen Friedens und wird es, so hoffen wir, auf lange Jahrzehnte hinaus bleiben. Die Erhaltung derselben liegt den vor der ganzen Welt bewährten Männern ob, zu denen wir das Zu- trauen haben, daß sie mit ängflliher Gewissenhaftigkeit und sorg- samster Berechnung jede Mark Geldes, die ihnen anvertraut wird, in der zweckmäßigsten Weise verwenden. Wie ftark aber die wehr- bereite Mannschaft unseres Heeres der Zahl nach sein muß, um mindestens jeder andern europäishen Armee als gleichkräftig begegnen zu fönnen, das vermögen allein nur unsere militä- rishen Größen zu beurtheilen; zudem aber ist durch Art. 60 der Bundesverfassung zunächst bis 31. März 1871 die Friedensftärke des Heeres auf 1% der Bevölkerung festgeseßt worden. . . ... Es bleibt nur ein Grund denkbar, der die Freisinnigen veranlassen kann, die Bewilligung des Reichsheeres alle drei Jahre dem Reichs- tage zur Entscheidung vorzulegen. Sie wollen öfter als bisher Ge- legenheit habea, die Regierung dur die Drohung, das Heereserforder- niß abzus{chwäcen oder abzulehnen, williger zu machen für die poli- tischen Focderungen der Opposition. Und das ift gerade, w18 wir unter allen Umständen vermieden sehen möchten.

. . . « Die Freihandelspolitik war recht eigentli das Partei- merkmal der Sezessionisten. Und die Opposition gegen den neuen Zolltarif wird immer das leßte Ziel der Herren Bamberger, Riert, Barth u. st. w. bleiben, Wir sind die leßten, welhe die großen Schädigungen verkennen, die dem deutschen Handel und der deutschen Schiffahrt, namentli also unseren Seestädten, durch die neue Zollgeseßgebung zugefügt worden sind; wir haben bis zum leßten Moment gegen diese Politik gekämpft. Das aber kann ehrliherweise nicht geleugnet werden: der allge- meine Rücckgang unserer Voltswohlfahrt, den man vielfa von dem neuen Tarif besorgte, ist niht nur nicht eingetreten, fon- dern immer breitere Schibten der Bevölkerung haben sich der Meinung zugewandt und zubekannt, daß die gemäßigte Scutzoll- politik man könnte sie au cine eingeshränkte Freihandelspolitik nennen zur Zeit für Deutschland angezeigt sei. Wenn die Regierung in die Nothlage gebracht würde, einen Reichstag auf- zuiösen und Neuwahlen anzuordnen, bei denen es i für oder gegen den Zolltarif handelte fo würde sie heute zuverlässig eine größere \{ußzöAnerische Mehrheit bekommen als im Jahre 1878. Ein Kon- list mit der Reichsregierung also wegen des Zolltarifs wäre nit nur ungere{tfertigt, sondern gänzli aussihtslos. Die Frage des Zolltorifs hat unseres Erachtens zu ruhen, bis \sih unzweifelhaft herausgestellt hat, daß er einen Rückzang unseres Volkswohlstandes verursabt hat. Bis jeßt kann das ehrlicherweise, wie gesagt, nit behauptet werden.

Das Wort Staatssozialismus hat für uns nichts erschreckendes, Und was Fürst Bismarck unter dem Namen Sozialreform erftrebt, das sind liberale Forderungen Gerade vom Stand- punkte des Liberalismus müßte man in den Zielen der Sozial- reform mit dem Fürsten Bismarck gehen. Gelingt es, diese Ziele auf dem richtigen Wege zu gewinnen, so wird eine der edelsten libe- ralen Bestrebungen verwirklicht: die Hebung der Lage und somit der persönlichen Freiheit der wirthscbaftlid Schwachen gegenüber dem Ggoismus und der Gleichgültigkeit der Besißzenden. Wir verstehen nit, wie es eine liberale Partci zum Grundsaß nehmen kann, diese Politik, die in gangbare Wege einzulenken eben begonnen hat, dadur zu bekämpfen, daß man dem abg-lebten Schlagworte der Selbfsthülfe zu Liebe mit einem eigenen Programm nachhinkt, welches saclich dasselbe will. Auch in der Sozialreform können wir uns zur unbe- dingten Opposition gegen den Reichskanzler gerade vom liberalen Standpunkte aus nicht bekennen.

Das Programm der neuen freisinnigen Partei ist also in seinen sämmtlichen wesentlichen Forderungen das des Konflikts; es ift das „Fort mit dem Fürsten Biömarck“ der Fortschrittspartei, in drei einzelne Punkte auseinandergelegt. Weil wir den Fürsten Bismarck

. . « Ueberdies war wenig Unterschied zwisben dem politis Programm der Fortschrittêpartci und der Sejessioniften. Sala

an der Spiße unseres Staatslebens noch lange erhalten sehen möchten, weil wir jeden Konflikt überhaupt für cin Unglück“ halten und in

E R Sa S A SE

i E E T E E E S, D T V T T T T U M N E

C E R G A R E R O R S S ede s

E L E E R A