1884 / 79 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 01 Apr 1884 18:00:01 GMT) scan diff

D E E E E

D A E I R E

¿R R C R E E R R u 5 Las 5

Werkes werden in der vorliegenden Abtbeilung folaende Themata erörtert: Der deutsde Bauer im 16., 17. und 18. Jahrhundert. Die Aufhebung der Leibeigensaft in Deutscbland vor dec franzôsi- schen Revolution. Die Aufbebung der Leibeigenscbaft in Deuts{- land seit der französiswhen Revolution. Dcr Adel und seine Stel- lung zum Bauernstand. Liberalismus, Kapitalismus und (;risilih-konservatire Soziallehre. Die Auêwucherung des Grund- besites in Folge der modernen röômis{-libe-alen Gesetzgebung. Sozialpolitisbe Gefahren der römisc-liberalen Agrargesegebung. Die Grundlagen des Agrarrechts. Kapital;ins oder Grundrente. Bodenkredit, Grundsculd und Rentenprinzitz. Die landscbaft- lide Organifation des Bauernstandes mittelst der Grundrente. Der Verfasser hat in- der Schrift innerhalb der vorstebend aufgefübrten Themata ein reicbes historisches und statistisckcs Material ¡usammen- g. stfft.llt, Die Schäden, an welcben die Landwirtbschaft zur Zeit lcidet, werten eingehend erörtert und bieran Vorfcbläge zur Abbü!fe dieser Schäden angeknüvft. Die richtige Lösung der Grundscbuldfrage erblickt der Verfass:r in der „Ein- führung des . Renterprinzips auf Grundlage förperscbaft- liber Organisation der Landwirth\chaft in fogenannten Landschaften. Diese Organisation wird zurä&st jederfalls freiwillig scin müssen, aber dur die Erlaubniß, unter Staatsaufsidt Rentenkriefe auszu- geben, welce der jeßigen Rentabilität der Landwirthschaft entsprecen, jowie mit Hülfe sonstiger geset:geberisWer Vorthcile wobl bold den größten Theil des landwir:bs{aftliben Grundbesißes umfassen.“ (S. 293 ) Der Verfasser nimmt ay, daß nab Einführung der von ihm vorgescblagenen Geseßgebung der landwirths{aftlicbe Zinéfuß auf eine dem wahren Ertrag der Landwirthschaft angemessene Höbe, also von 9—6 9% allmählid auf 3—49% kerabgeseßzt wcrden könne, wodur die Landwirthschaft um sehr bedeutende Summen na seiner Be- rech1ung ciwa 100 Millionen Zinsen für das Jahr entlastet und die steigende Verschuldung in Folge überhohben Zinfes abgeschnitten werden würde, Der S@&luß der vorliegenden Darstellung enthält eine Abhantlurg über die Bauernvereine, in welchen der Verfasser cincn Haupt-Anknüpfungépunkt für die vorges{lagene landschaft- libe Organisation erblickt. Die auf forafältigen Studien beruhende Scrift zeugt von der warmen Liebe des Verfassers zur vaterländi)chen Landwirthschaft und ersbeint durd ibre ge- meinfaßlide Darstellung geeignet, das Interesse für die er- örterten Fraçcen in weiteren Kreisen des Publikur1s anzuregen. Der Slluß des Werkes, die III. Abtheilung, wird voraussichtlich im“ Lcufe des bevorstehenden Sommers ersceinen; er [ell die Heims- stättengeseßgebung mit ihrer Beziehung zum Wucher, die Verthx«ilung des Grundeigenthums, die Frage der freien oder gebundenen Agrar- versaîtung und das Perfonalkreditwesen behandeln.

Unmittelbar vor dem 22. März erschien eine Biographie des Kaisers von dem als Volfks\criftsteller bekannten Straßburger Bibliothekar Dr. Hottingez (Dr. Hottingers Schriftenverlag in Straßburg). Dieselbe scildert das Leben des Kaisers meist mit dessen cigenen Worten oder wit Worten von Zeitgenossen, bält \ich von allem konfessionellen oder politisben Hader fern und hat 37 Jülustra- tionen. Der Preis beträgt 30 „9, für 50 Exemplare 10

Von der im Verlage von Carl Krabbe in Stuttgart scheinenden Ausgabè von F. W. Hacländers Soldaten- geschichten, illustrirt von E. Rumpf, liegen die Lieferungen 2—5 vor, in denen die unterhaltenden „Wachtstubenabenteucr“ fortgeführt werden, die hier dur die charafkteristiswen Illustrationen noch be- sonders an Reiz gewonnen haken. Der Preis der Lieferung (3 Bogen) dieser ges{mackvoll autgestatteten Ausgabe stellt ih auf 40 d

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e näbftcn zur Ausaake gelangenden Nuw mern der „Con- cordia“, Zeitschrift des gleibnamigen Vereins zur Förderung des Wobles der Arbeiter, werden die von dem Bundesratl) ausgearbeitz-

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ten Musterftatuten für Ortékrankenkassen und für Fabrikkrankenkafsen

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enthalten. Veterinärwesen.

Nach einer amtliden Bckanntmachung in der „Lodéer deuten Zeitung“ vom 22, d. Mts. ist in dem zum Stadtbezirk Lodz ges hôrigen Vorwerk Jagodnica-Zlota, Gouvernement Petrifau, unter den Pferden die Rotkrankheit auêgebrocen.

Um ciner Verbreitung der anstcckenden Krankheit im Bezirk der Stadt Lotsé vorzubeugen, ist der An- und Verkauf, sowie die Aus- fubr von Pferden, Häuten und dergleihen Produkten, welce zur Ber- reltung der Scuche beitragen können, verboten. Z

Gewerbe und Haudel.

(W., T. B.) An der gestrigen Generalversammlung der Diskonto-Ge]sellschaft nahmen 21 Aktionäre Theil, welch: 09 St. vertraten. Der Beribt und die Bilayz wurden ohne De- batte genehmigt ; die aus dem Verwaltungsrath aus\ceivenden Mits- glieder wurden wiedergewählt

rant. M, 1 Miu (W. T B) Dex „Frank- furter Börfen- und Handels-Zeitung“ wird aus Mainz gemeldet: Die Dividende der Hessischen Ludwigsbahn wird am 4. April festgeseßt werden. Dieselbe wird wesentlih mehr als 4% betragen. Der Gec\cäftéberibt dürfte zeigen, daß die Situation der Bahn si gebessert und ein der böheren Dividende entspretendes Erträgniß: ges sichert bâtte, wenn nit für die vorjährigen Wassershäden bedeutende Abfcreibungen vorgenommen worven wären.

Nürnberg, 26. März. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held ) Der Umsaß der leßten drei Tage beträgt 250 Ballen: es waren dies meistens Miltel- und bessere Hopfen zu 174—190 Der Preisfstand ist gegenüber der ersten Wocbenkälfte voll- ständig unveräntert. Der Lagerbestand bleibt klein. Stim- mung i fest. Die Notirungen lauten: Württemberger prima 185—190 M, do. mittel 170 --180 Æ; Hallertauer prinia 185—190 M, do. mittel 170—180 Æ; Polen prima 185 , do. mittel 170 —180 Æ; Elsäfser prima 180—185 M, do. mittel 165--175 b; Gebirashopfen 180—185 4; Marktmaare 165—180 4; Aischgründer 170—182 M

Wien, 31. März. (W. T. B.) Die heutige Generalversamm- lung der Kreditanstalt genehmigte einstimmig ohne Debatte den Geschäftsbericct sowie die Anträge des Verwaltungsraths, von dem nach 5 prozentiger Verzinsung des Aktienkapitals verbleibenden Ge- fammterträgniß von 2111206 Fl, 419 070 dem Reservefonds zuzuweisen, 167 628 Fl. als fstatutermäßige Tantieme zu verwenden, 1 500 000 oder 6 Fl. per Aktie als Restdividende zu vertheilen (wonach der Maicoupon vom 1. April ab mit 14 Fl. cinlösbar ist) und den Rest von 24 507 Fl. auf die neue Rechnung vorzutragen. Die ausscheiden- den Berwaltungsräthe wurden wiedergewählt und der Direktor Horn- bostel, welcher seine Entlassung genommen hatte, neu in die Ver- waltung gewählt. Derselbe erklärte si vereit, äls Delegirter des Verwaltungsraths die Funktionen des Direktors einige Zeit stell- vertretend zu versehen. Der Gescüftshericht fonslatirt den durch- s{chlagenden Erfolg der letzten ungarishen Goldrentenoperation.

Gothenburg, 31, März, (W. T. B) Die Türzlih emit- tirte 4prozentige Anleihe ift von der Hamburger Konmerzbank zu 91 überaommen worden; der Zeihnungécours beträgt 943, der Ge- winn der Bank abzüglih der Spesen 319/,

Washington, 31, März, (W. T. B.) Die Abnahme der Staats\@uld während des Monats März wird auf 14 Millionen Dollars geschätt. Wie verlautet, dürften vorausficbtlich morgen 10 Millionen Dollars der 3 proz. Bords vom Schaßsekretär zur Rük- zahlung einberufen werden.

Verkehrs-Anstalten. . Frankfurt a. M., 31. März. (W. T. B.) Die „Frkf. Zta. * schreibt: Die Verhandlungen der Me P j M zösishen Eisenbahn - Verwaltungen DetverTs - Des Arlbergverkehrs kamen am 29. Abends zum Abschluß. In der Quotisirung des Verkehrs konnte eine vollständige Einigung zwischen der sÜddeutshen Bahngruppe und der Arlberggruppe zwar nicht erzielt werden, die noch bestehenden Differenzen lassen aber für die nähsten Verhandlungen, welwe am 2. Mai in Wien stattfinden sollen, eine Verftändigunz erhoffen. Rücksichtlich der ge-

| gienischen Anf

schäftliden Behandlung der Vecrkeßrsangelecenheiten wurde vorläufig vereinbart, daß der Verkehr zwischen Ocsterreih- Ungarn einerseits und Frankrci andererseits aus dem bisheriger [üddeutsch- franzöfishen Verbande ausscheide und daß hierfür unter Ein- beziehung ciner neuen Route via Arlbera-Delle ein neuer österreichis- ungarischer Verbard unter der Geschäftsführung der K. K. Staatseisen- bahn-Direktion in Wien aegründet werde, während für die engeren Be- ziehungen der deutshen Bahnen mit Frankreih der ältere Verband unter der Geschäftsführung der Kaiserlihen Gencraldirektion in Straßburg bestehen bleibt Weiter meldet die „Frkf Ztg.“, daß bei Gelegeuheit der Frankfurter Arlberg-Konferenz der Vertreter der ba- dishen Bahn zu Gursten der Arlbergroute, resp. der Route Bergenzs- Trajcct Konstanz auftrat. Die französische Ostbahn erklärte, daß dieselbe bci den Routen via Deutschland-Avricourt, via Scbroei:-Delle volle Neutralität entgegenbringe und ferner, uz etne unabhängige Ver- bindung mit Oesterreich zu baben, zur Aufftell»yng besonderer tirekter Tarife über die Scbweiz bereit ci. Hofrcth von Steingraber er- klärte, daß man, gleichviel ob eine Vereinigung mit der \üddeutsten Route zu Stande komme oder nit, mit der Feststellung neuer Verband- tarife über den Arlberg nit länger warten könne, da die Eröffnung der Arlbergbahn für den 18. August in Ausficht genommen set.

Paris, 1. April. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Suez-Karal-Gesellschaft bes&loß auf den Antrag von Lesseps gestern cinstimmig, daß bis auf Weiteres rom 1. Ulli d, L ab die Erbebung der Spezial-Lootsentare für die Schiffe aller Nationen, welche den Suez- Kanal passiren, nit stattfinden foll.

Verlin, 1. April 1884.

Siebenter Beriht des Leiters der deutschen wissenshaftlihen Kommission zur Erforschung derCholera, Geheimen Negierungs-RathsDr. Koch.

Eurer Excellenz beehre ih mich über die von der Cholera- kommission erreihten weiteren Resultate gehorsamst Bericht zu erstatten.

Es ist eine auffallende Thatsache, daß die Cholera auch in ihrem endemischen Gebiete sich sehr oft an bestimmte Loka- litäten g bunden zeigt und daselbst unverkennbare und deutlich abgegrenzie Epidewien bildet, Besonders häufig werden der- artig lofkalisirte kleine Epidemien in der Umgebung der #0: genannten Tanks beobachtet. Zur Erläuterung muß ?2rwähnt werden, daß die über ganz Bengalen in unzähliger Menge verbreiteten Tanks kleine, von Hütten umgebene Teiche oder Sümpfe sind, wel@e den Anwohi:ern ihren sämmt- lichen Wasserbedarf liefern und zu den verschiedensten Zwecken, wie Baden, Waschen der Kleidungestücke, Reinigen der Haus- geräthe und auch zur Entnahme des Trinkwassers benußt werden.

Daß bei so mannigfaltigem Gebrauch das Waser im Tank verunreinigt wird und keine den hy-

focderungen entsprehende Beschaffenheit haben kann, ist seli stverständlih. Schr oft kommt aber hierzu noch, daß Latrinen, wenn Einrichtungen der primitiviten Art fo genannt werden dürfen, sih am Rande des Tanks befinden und ihren JRhalt in den Tank ergießen, und daß überhaupt das Tankufer als Ablagerungsstätte für allen Unrath und insbesondere füt menshliche Fäkalien dient. Die Tanks enthalten deswegen in der Regel ein stark verunreinigtes Wasser, und es is unter diefen Verhäitnissen erklärlich, daß die hiesigen Aerzte solche um einen Tank gruppirte Cholera-Epidemien mit der schlechten Beschaffenheit des Tankwassers in Zusammenhang brinzen. Diese Tank-Epidemien sind keineëwegs seiten, und fast jeder Arzt, welcher eine große Ecfahrung über Cholera hat, fennt eine mehr oder weniger große Zahl von Beispielen. Jch habe des- wegen schon von Anfang an meine Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gerichtet und dcn Sanitary Commissioner with the (Government gebcten, mi davon in Kenntniß zu seßen, wenn eine solhe Epidemie in leiht erreihbarer Entfernung von Calcutta vorkonimen würde. Dieser Fall ist nun in den leßten Wochen eingetreten. Aus Saheb Bagau, zu Baliaghatta, einer dec Vorstädte von Calcutta, gehörig, wurden während weniger Tage ungewöhnlich viele Cholera- fälle gemeldet. Die Erkrankungen beschränkten sich aur3- shließliÞh auf die rings um einen Tank gelegenen, von einigen hundert Personen bewohnten Hütten, und es starben von diescr Bevölkerung 17 Personen an Cholera, während in einiger Entfernung vom Tank und im ganzen zugehörigen Polizeidistrikt die Cholera zur selben Zeit nicht herrshte. Bemerkens8werth ist, daß derselbe Plat in den lezten Fahren wiederholt von Cholera heimgesucht ist, Ueber den Beginn und Verlauf der Epidemie wur- den nun von der Kommission sorgfältige Untersuchungen angesieilt, wobei sich herauëstellte, daß der Tank in der gc- wöhnlichen Weise von den Anwohnern zum Baven, Waschen und Trinken benußt wird, und daß auch die mit Cholera- dejektionen beschmußten Kleider des ersten tödtlih ver- laufenen Cholerafalles im Tank gereinigt waren. Es wurde dann ferner eine Anzahl Wasserproben vor verschiedenen Stellen des Tanks und zu verschiedenen Zeiten entnommen, mit Hülfe der Nährgelatinekültur untersucht und die Cholera: bacillen in mehreren der ersten Wasserproben ziemlich reihlich gefunden. Unter den späteren Proben, welche am Ende derx

Epideraie . geshöpfi waren, enthielt nur noch eine, welche |

von einex besonders stark verunreini„ten Stelle des Tanks herstamnite, die Cholerabacillen und zwar auch nur in sehr geringer Zahl. Wenn man berücksichtigt, daß bis dahin ver- geblih in zahlxeihen Proben von Tankwasser, Sewage, Flußwasser und sonstigem, allen Verunreinigungen aus- geseßten Wosser nach den Cholerabacilen gesucht wurde, und daß sie zum erten Male mit allen ihren harakte- ristishen Eigenschaften in einem von einex Cholera- epidemie unishlossenen Tank gefunden nd, dant muß dies Resultat als ein höht wichtiges angesehen werden. Es steht fest, daß das Wasser im Tank infizict wurde durch Cholerawäsche, welhe nah den früheren Be- obahtungen die Cholerabacillen besonders reihlich zu enthalten pflegt; ferner ist konstatirt, daß die Anwohner des Tanks dieses infizirte Wasser zu häuslihen Zwecken und namentlich zum Trinken benußt haben. Es handelt sich hier also gewissermaßen um cia dur den Zufall herbeigeführtes Experiment am Menschen, welches den Mangel des Thier- experimentes in diesem Falle erseßt und als eine weitere Be- stätigung für die Richtigkeit der Annahme dienen fann, daß die spezifishen Cholerabacillen in der That die Krankheits-

| ursache bilden.

Bis jeyt steht dieses Faktum allerdings noch vereinzelt

| da, aber immerhin zeigt uns dasselbe einen der Wege, auf

welchen das Choler. gist in den menschlichen Körper gelangen kann, und ih zweifle niht, daß auch in anderen ähn!ichen Fällen der Nachweis der Cho!lerabacillen im Wasser oder sonstigen Vehikeln des Jnfektionsstoffes gelingen muß.

Seit meinem leßten gehorsamsten Berichte sind ferner 20 Choleraleihen und die Dejektionen von 11 Cholerafkranken untersucht, und es beträgt somit die Gesammtzahl der in Jn- dien zur Untersuhung verwertheten Fälle: 42 Choleraleihen und 28 Cholerakranke. Neue Resultate haben diese leßten Fälle allerdings nit ergeben. Sie glichen den früheren in jeder Beziehung, namentlich auch in Bezug auf das Verhalten der Cholerabacillen

Außerdem sind noch eingehende Untersuhungen über den Einfluß vershiedener Substanzen, wie Sublimat, Karbolsäure und anderer desinfizirender Stoffe auf die Entwickelung der Cholerabacillen in Nährflüssigkeiten, ferner über das Verhalten derselben in Kohlensäure und beim Abschluß von Luft angestellt, Auch wurden die Versuche, welhe dazu dienen sollten, eine Dauerform der Cholerabacillen aufzufin- den, unermüdlih fortgeseßt. Doch ist bis jeßt nichts Derartiges aufgefunden. Die einzige Möglichkeit, die Cholerabacillen längere Zeit lebensfähig zu erhalten, besteht darin, daß man sie vor dem Eintrocknen bewahrt. Jn Flüssigkeiten bleiben sie wochenlang entwickelungsfähig und es-s{eint Alles darauf hinzuweisen, daß sie nur in feuhtem Zustande vershleppt und dem menschlichen Körper wirksam einverleibt werden können.

Leider mußten die weiteren Untersuchungen über diesen Gegenstand wegen der in diesem «ahre schon frühzeitig ein- getretenen heißen Witterung aufgegeben werden. Jn den leßten Wochen wor die Temperatur schon so hoh, daß nur unter großen Schwierigkeiten im Laboratorium gearbeitet werden konnte. Aber seit einigen Tagen it es fast unerträg- lih beiß geworden und es bleibt nichts anderes übrig, als die Arbeiten vorläufig abzubrechen.

Calcutta, den 4, März 1884.

Dr, Rod, Geheimer Regierungs-Nath.

An den Staatssekretär des Jnnern, Herrn Staats-Minister yon Boetticer, Excellenz.

Denjeaigen, welcke im Frühjahr in einem Badeorte Ruhe, Er- bolung , schöne Luft und herrlihe Gegend suchea und zugleich einen alfalishen Säuerling benutzen wollen, bietet Neuenahr das Ge- wünschte. -Abseits der großen Heercsstraße, welce längs des Rhein- stromes dahinführt, liegt es in dem romantischen NAkbrthale. Vom Ufec des Flüßichens zieht sh der Ort mit setnen Villen vnd Gast- häusern, fenen Anlagen, Wiesen und Wäldern, langsam ansteigend, den Fuß des dicht bemnaldeten, 360 m hohen Basalkegels Neuenahr hinan, der majestätisch den eine halbc Stunde breiten Thalkessel, in welchem der Ort liegt, kleherrsht. Wildniß und Kultur bieten sich dem Besucher in einem Rahmen dar. Auf dem rechten Ufer der Ahr {rofe Felsen, mit Wald und Gestrüpy bedeckt, links ebenfalls \chroffe Felsen ; aber zierlid gcordnete Weinberge, über deren \chwind- lige Höhe der Wanderer staunt, {enken den perlenden Rothwein, der wegen feincs Feuers und seiner Kraft weithin Freunde zählt. Wenngleich seitwärts von dem rauschenden Getreibe des Ver- lehres, bringt uns eine kurze Bahnfahrt von einigen zwanzig Minuten direkt an die große Puls8ader desselben, an den Rhein, und zehn Mi- nuten später in das Siebengebirge mit seiner herrlichen Umgebung.

Nach einem aus Agram eingetroffenen Lelegramm vom 91, März ist die Einweihung der neuen evangelischen Kirche daselbst unter außerorventlider Theilnahme der ganzen Be- vöôllerung in Anwesenheit der Spitzen der politischen, milttärischen

und kommunalen Behörden in der erhebendsten Weise verlaufen.

Deutsches Theater. Frl. Haverland, welche wegen ihres Obrenleidens gezwungen war, die ganze Zeit ibres Urlaubes in Berlin zuzubringen, ist jeßt völlig wieder hergestellt und spielt in der morgigen Vorstellung des „Probepfcil“ wicder zum ersten Mal die Horten: se. -

-— Für die bereits angefündigten, in diesem Sommer stattfindenden deutshen Opernvorstellungen im Theater Royal Cov2ut Garden in SYLondon ift nun auch das Künstlerpersonal angevorben. Hr. Direktor Hermann Franke hat, wie ein uns zugegangener zweiter Prospekt ergiebt, für dieselen gewonnen die Damen: Mme. Albani von der Rzyal TItalian Opera Covent Garden, Frl. Therese Maltcn von der Königlichen per in Dreéden, Frl. Louise Schaeruack, Greßherzogliche Hof- opernsängerin aus Weimar, Frl, Thoma Boers vom Königlichen Theater in Hannover, Frl. Meta Kalmann vom Stadttheater in Cöln, Frl, Caroline Raff, Frl. Franciska Eckmann, Frl. Pauline Cramer und Frl. Mathilde Mayer; ferner die Herren : Heinri Gudehus von der Königlichen Oper in Dreéden, Albert Stritt vom Stadttheater in »çranktfurt a. M, Schrödter vom Stadttheater in Prag, Theodor Heimann und H. Wiegandt, Beide von der Kaiserlichen Oper in Wien, Carl Scheidemantel vom Großherzoglicben Theater in Weimar, Bernhard Nöldecben von der Herzoglichen Oper in Braunschweig, ZShristian Thate und M Lorent. Mit anderen bedeutenden Künstlern ¡ind die Verhandlungen noch im Gange. Der Chor ift ebenfalls aus den Perfonalen der besten deutshen Opernbühnen ausgewählt und wird gegen 100 Mitglieder zählen. Das Orchester wird dasjenige der italienischen Oper des Coventgarden- Theaters .sein und von Orn. Hans Richter dirigirt werden. Die Regie führt Hr. Albert Peter- mann, und den Chor leitet Hr. Carl Armbruster. Die durchweg neuea Dekorationen sind von den brauns{weigischen Hoftheatermalern Klippel und Rüger und den Malern des Covent-Garden-Theatersi, Dayes und Caney, ausgeführt. Das Programm für die 12 Aufführungen ift jekt definitio fest- geseßt worden. Zur Darstellung gelangen die deutschen Opernwerke : „Der fliegende Holländer“, „Lohengrin“, „Tannhäuser“, „Die Meister- finger“ und „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner, „Fidelio“ von Beethoven, „Der Freishüß“ von Weber und ferner „Savonarola“" von Stanford, einem wohlberufenen jüngeren englishen Komponisten. Die Vorstellungen finden in den Monaten Juni und Juli d. I. statt, und zwar am Mittwoch uyd Freitag jeder Woche. Sie beginnen am Mittwoch, den 4. Juni und enden am Freitag, den 11. Juli. An einem Sonnabend Nacbmittag im Jult endlich ist (ebenfalls im Covent- Garden-Theater) eine Aufführung des Oratoriums „Die Heilige Elt- sabeth“ von Liszt in Ausficht genommen. Die Abonnementspreise für sämmilihe 12 Aufführungen variiren von 60 Guineen für den vornehmsten (Pit and Grand Tier Boxes) bis 1 Pfd. Sterl. 5 Sh. für den Gallerieplaß.

Concerthaus. Am morgigen Symphonie-Abend kommt die 7. Symphonie (A-dur) von Beethoven zur Aufführung. Auf dem Programm des Gesellschafts-Abends, am nächsten Donnerstag, stehen Solo-Borträge von Frl. Elise Jansen, Hrn. Charles Molé und Hrn. Hugo Türpe.

Redacteur: Riedel. Derlin : - Berlag der Expedition (S olz), Druck: W. Elsner. Sechs Beilagen (cins{ließlich Börsen: Beilage).

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M D.

Nichtamfklicßes.

Preußen. Berlin, 1. April. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (69, ) Sizung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Ent- wurfs einer Jagdordnung fortgeseßt.

Es kam zunächit folgender Antrag Sc@mieder-Dirichlet zur Verhandlung:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

einen 8. 71a 2 einzuschalten:

„Befindet sich in einer Entfernung, auf welche die Wildgattung, von der der Schaden herrührt, zu webseln xflegt, ein zu einem er- heblihen Theil mit Holz bestandenes Grundstück von mindestens 500 ha Umfang, und kommt die in Rede stehende Wildgattunç dort als Standwild vor, so gilt die Vermuthuzg, daß das Wild, weles den Schaden verursacht hat, aus diesem Grundftück aus- getreten is. Sind mebrere solcher Grundstücke vorhanden, fo haften die Besißer dersclben für den angerichteten Schaden na Maßgabe der einem Jeden derselben gehörenden mit Holz beftan- denen Fläche.“

Der Abg. Dirichlet befürwortete seinen Antrag. Nach- dem die Regreßpflicht statuirt worden sei, werde es sich darum handeln, sie auch wirksam in Scene zu seßen. Die Frage werde komplizirt, wo mehrere Wälder in Frage kämen, aus denen das Wild auszebrochen sei. Es könne sehr wohl nit einer bloßen Vermuthung dem einzelnen Walobesißer Unrecht geschehen. Fm Laufe der Jahre werde es fich aber ausgleihen. Sein Antrag sei übrigens nicht fortschrittlich revolutionär, denn derselbe sei in der Subkommission nit allen gegen eine Stimme angenommen, und auch die Nechte habe einen ähn- lichen gestellt. Man habe gegen den seinigen juristische Be- denken geltend gemacht und gemeint, nah dem Prinzip dessel- ben müßte auch jeder betreffende Grundbesizer für Mäuse und Maikäfer verantwortlih sein. Wenn man Maikäfer und Mäuse zu jagdbaren Thieren mache, und für ihre Männchen und Weibchen besondere Schonzeiten cinführe, dann könnte man solche Argumente gebrauhen. Es entspreche aber den: Rechtsbewußtsein des Volkes, daß der Staat Diejenigen ihüße, welche si selbst nicht {ütßen könnten. Darum bitte er, seinen Antrag als Konsequenz der früheren Beschlüsse an-

Zunehmen.

Der Antrag wurde abgelehnt.

Es folgte der dritte Titel: Polizeilihes Verfahren bei Feststellung und Geltendmachung des Anspruchs auf Vergütung ¡Ur Wildschaden, welcher die von der Kommission eingeschalte- ten 88. 71b bis 71h umfaßt.

8. 71 b lautet nah der Fassung der Kommission :

Sb

In Ermangelung gütlicher Einigung kann der Anspruch auf Vergütung des Wildscadens entweder sogleih im ordentliche: Nechtswege oder zunächst bei der Ortspolizcibehörde, in deren Amtsbezirke das beschädigte Srundstück gelegen is, geltend gemacht werden. Diese hat alsbald, erforderlichen Falls durch cinen Sach- verständigen (§. 71 c), unter Zuziehung der Parteien die nöthige Ermittelung anzustellen und na deren Nesultat über den Ersatz des Schadens und die Tragung der entstanvenen Kosten schriftlichen Bescheid zu ertheilen. Der Jagdberecbtigte hat, wenn er nicht im Jagdbezirke wohnt, einen Bevollmächtigten im Bezirke zu bestellen, an welcen die Benachrichtigungen der Ortspolizeibehörde zu er- lassen sind. :

Hierzu beantragte der Abg. Schmieding :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

Den leßten Saß des §. 71b in folgender Fassung anzunehmen:

„Der Jagdberechtigte hat, wenn erc nicht ira Jagdbezirke wohnt,

auf Erfordern einen im Bezirke der zuständigen Ortspolizet- beb örde wohnenden Bevollmächtigten zu bestellen, an welchen diefe die Benachricbtigungen zu erlassen hat.“

Der Abg. Wessel beantragte :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: den 8. 71 b, wie folgt, zu fassen: S

„Fals nicht eine freie Vereinbarung unter den Betheiligten stattfindet, kann der Anspruch auf Vergütung des Wildscadens entweder sogleich im ordentlihen Rechtswege oder zunächst bei der ODrts»olizeibehörde, in deren Amtsbezirke das beschädigte Grundstück gelegen ist, geltend gemacht werden. Diese hat alsbald, erforder- lichen Falls durch cinen Sachverständigen (8. 71e) unter Zuziehung der Parteien die nöthigen Ermittelungen anzustellen. Gelingt eine Einigung der Parteien niht, so haben der Beschädigte wie der Iagdberechtigte sich darüber zu erklären, ob sie eine nochmalige Schäßung kürz vor ter Ernte verlangen.

Auf einen folchea Antrag des Beschädigten oder des Jagd- berechtigten hat die Ortspolizeibehörde tie Ertheilung de3 Bescheides bis zur erfolgten zweiten Schäßung auszuseßen. Der Beschädigte hat alsdann der Octspolizeibeßörde rectzeitig davon Änzcige zu machen, wann er mit der Ernte der beschädigten Frucht zu beginnen gedenkt; untcrbleibt cine solche Anzeige, so erlisht der Ansprucz auf Scadensersaß. Wird ein solcher Antrag vor Aberntung der

beschädigten Frucht nicht gestellt, so erlisht der Anspruch auf Schadenßsersatz, , -

Der Abg. Wessel erklärto, in den Kommissionsbeschlüssen fei ein Zeitpunkt nicht angegeben, bis zu welchem eine zweite Schäßung des Shadens stattfinden solle resp. könne. Es sei darauf Nücksiht zu nehmen, daß die Beamten der Selbstver- waltung und der Polizei niht mit unnöthigen Schreibereien belastet würden. Bei gutem Willen würde in ben meisten Fällen eine Einigung erzielt werden können. Lo das nicht

elinge, werde es an dem jeweiligen Kulturzustand der Feld- rüchte liegen. Es seien nach der ersten Schäßung drei Fâlle möglich: entweder gelinge die Einigung, oder die Entscheidung werde ausgeseßt, oder der Entscheid der Ortspolizeibehörde werde endgültig, und dagegen könne der Rechtsweg beschritten werden. Das regele seine Anträge, deshalb bitte ex um An- nahme derselben.

Der Abg. Günther bemerkte, er habe sih dur die Aue- führungen des Vorredners nicht überzeugen können, daß dessen Vorschläge besser seien, als die Kommissionsbeshlüsse. Er bitte deshalb um die Ablehnung der Wesselschen Anträge.

Der Abg. Rintelen hielt die Kommissionsbeshlüsse von dem Standpunkte der Reichsgeseßgebung aus für unaus- führbar. Es sei nirgends der Polizei cin Entscheid in rein bürgerlichen Streitigkeiten aufgegeben. Die Beitreibung des Ersaßes auf dem Wege de Verwaltungszwangsverfahrens sei auch sehr bedenklih. Er beha!te sih vor, Vorschläge in der dritten Lesung zu machen, wenn \ih der Justiz-Minister zu der Sache erklärt haben werde.

Erste Beilage -

Berlin, Dienstag, den 1. April

É G. F

Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, er ziche die Polizci- N vei Rechtswege vor, und sei deshalb für die Kommissions: beshlüsse.

Die Anträge Wessel wurden abgelehnt, der Kommissions- paragraph mit dem Antrage Schmieding angenommen.

Die 8. 71e bis h wurden in der Kommissionsfassung angenommen.

_ Nunmehr wurde zur Abstimmung über den neuen 8. 71cc ge}chritten. Derselbe wurde nach dem Antrage der Abg. Götting-Ludowieg mit dem Amendement Bödik-r in folgender Fassung angenommen:

„Sind in den Fällen der 8. 7la, 7laa, 71bb mebrere Pâtter erfatzpflictig, so haften dieselben dem Beschädigten jeder aufs Ganze, unter sich zu gleichen Theilen; sind in den genannten Gâllen mehrere Grundbesißer ersaßpflihtig, so haften diese dem Beschädigten und unter sich nah Verhältniß ihrer betheiligten &Flâden (8. 34). Die Grundbefißer werden in dem polizeilicen Stlapversahren (Z. 71b) durch den Gemeindevorsteher (8. 22) ver- reten.“

Der Präsident ging nunmehr auf die Paragraphen des 1. Titels des 6. Abschnitts „Verhütung des Wildschadens“ (F. 62a u. ff.), deren Berathung am Sonnabend zurückgestellt war, zurü.

Der Abg. Günther beantragte, mit Nücksicht darauf, daß der zum §. 62 angenommene Untrag Conrad in der dritten Lesung voraussihtlih wieder abgelehnt werden würde, jegliche Amendirung der 88. 62a—71 zu unterlassen und dieselbe eventuell der dritten Lesung vorzubehalten.

Mit diesem Verfahren erklärten si die Abgg. von Nauch- haupt und Bohß einverstanden und zogen mit dem Vorbehalt, daß die andern Parteien dasselbe thäten, ihre zu diesen Paragraphen gestellten Amendements zurück.

Der Abg. Dirichlet widersprah einem solhen Verfahren. Die Beschlüsse der zweiten Lesung bildeten ein Ganzes. Des- wegen müsse man aus dem in feierliher Form gefaßten Beschluß zum §8. 62 die nöthigen Konsequenzen ziehen.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte sich aus prafttischen Gründen für den Antrag Günther.

Da aber der Abg. Diznichlet auf seinem Widerspruch VEDALIIC, 10 wude in die Berathung der ausgeseßten Paragraphen eingetreten.

_Die S. 62a, 63—65 wurden ohne Debatte nah der Fassung der Kommission angenommen.

5. 66 lautet nah der Fassung des Herrenhauses, der sich die Kommission angeschlossen hatte :

«Sind Grundstücke erheblicher Beschädigung durch Wild aus- gescßt, so kann die Aufsichtsbehörde ven Jagdberechtigten des dem Wildschaden aufgeseßten Grundftütes, sowie die Jagdberechtigten der an dasselbe grenzenden Jagdbezirke für etne bestimmte Zeit zum Abscbusse des Wildes während der Schonzeit ermächtigen.“

Der Abg. Günther beantragte hinter das Wort „AU}f- sichtsbehörde“ die Worte cinzuügen : „Wut. Antrag“:

Die Abgg. Rintelen-Günthzr beantragten statt der Worte : „Der an dasselbe grenzenden Jagdbezirke“ zU fouen: „DE J„agdbezirke, in welchen die beshädigende Wildart ihren regel- mäßigen Aufenthalt hat“.

Der Abg. Rintelen trat füx seine Unträge ein unter dem besonderen Hinweise darauf, daß er sih für verpflichtet balte, für die Landwirthschaft einzutreten gegenüber der Absicht der Herren von der reten Seite, cinen möglihst hohen Wild- stand zu halten.

Der Regierungskommissar, Land-Fortmeister Donner bat demgegenüber, die Regierungsvorlage gemäß den Kommissions- beschlüssen anzunehmen.

Der Abg. von Rauchhaupt wiederholte dem Abg. Rinte- len gegenüber, daß er und feine politishen Freunde den zwangéweisen Abshuß des Wildes sür zweckmäßiger hielten, als den Prozeßweg. Hierbei verwahre er ih gegen die Unterstellung, als wolle ex und seine Partei im Znteresse eines möglichst hohen Wildstandes den Grundbesitz gegen den Wildschaden niht in Shuz nehmen. In dieser Beziehung sei es erstaunlih, was in den liberalen Zeitungen der legten Tage geleistet worden sei. Lese man vorn die Leitartikel, was seiner Partei in den Mund gelegt werde, und dann weiter hinten im Bericht, was sie wirklich gesagt habe, so sei es geradezu unerhört, wie die liberalen Zeitungen seiner Partei das Wort im Munde umdrehten.

Ein fernerer Antrag des Abg, Rintelen wollte dem §8, 66 folgenden Saß hinzufügen :

„Auf Antrag der Beschädigten hat fe die Jagdberechtigten R Ie selbs während der Schonzeit aufzufordern und an- zuhalten.“

S. 66 wurde mit beiden Amendements Rintelen ange- nommen.

S. 67 wurde mit geringer redaktioneller Aenderung ange- nommen.

S. 68 wurde nah dem Antrage Rintelen in folgender Fassung angenommen :

„Wird die Beschädigung durch El-, Roth- oder Damwild verursacht, und wird der, dur die in §. 67 bezeibnete Maßregel, weiteren Beschädigung nit vorgebeugt, fo hat die Aufsichtsbehörde auf Antrag des Bescbädigten die Jagdberectigten der in der Nähe belegenen Forsten zur Abminderung des Wildstandes binnen einer bestimmten Frist, selbst während der Schonzeit, aufzufordern. Fall8 der Aufforderung nicht in genügendem Maße Folge geleiftet wird, hat die Aufsichtsbehörde die Abminderung durch geeignete Personen bewirken zu laffen.

Der Erlös für das auf Anorduung der Behörde erlegte Wild ist, soweit derselbe nicht zur Deckung der durch die Änordnung und die Ausführung derselben verursachten Koften erforderlich ist, nach den Bestimmungen der Bchörde entweder zur Remunerirung der mit der Abminderung des Wildes beauftragten Forst- und Jagd- beamten zu verwenden, oder an die Ortsarmenkaßse des Wohnortes des Beschädigten abzuführen.

Soweit die Kosten der Anordnung und der Ausführung der- selben dur den Erlôs für das erlegte Wild nicht gedeckt werden, fallen sie der Staatskafse zur Last,“

Die S8. 69 und 70 fielen nah dem Beschlusse der Kom:

mission fort.

S. 71 wurde unverändert nah dem Kommissionsbes{hluße angenommen.

Es folgte der 7. Abschnitt „Staatsaufsicht“.

S. 72 lautet nah der Fassung der Kommission ;

S. 72

Die Aufsidt des Staates über die Ausübung des Jagdrecbtes und die Beschlußfaffung in Jagdpolizeifahen steben in erster In- stanz ¿u: dem Landrath (Amtshauptmzann, Ober-Amtmann L Bs Stadtkreisen der Ortèpolizeibehörde, in den Fällen der SS, 68 und 74 dem Regierungs- Präsidenten (Landdroften).

__ Auf Antrag von Rauchhaupt wurden die beiden leßten Zeilen des Paragraphen gestrichen.

Der Antragsteller glaubte, durch diefen Antrag einen weiteren Beweis dafür gegeben zu haben, wie sehr ihm und einen Freunden eine Entschädigung für exlittenen Schaden am Herzen liege.

S. 73 wurde unverändert angenommen.

5. 74 lautet nah der Fassung der Kommisson :

S. 74.

__ Die AussiHtsbehörde ist befugt, auf Antrag der zur Jagdaus-

übung Berccbtigten die gerichtlih beeideten Focst- und Jagdbeam-

ten des Staates und anderer Waldeigenthümer mit deren Zustim- mung zu Jagdscbußbeamten für bestimmte Bezirke zu bestellen

Der Jagdschubßbeamte hat innerhalb des ihm zugewiesenen Bes

zirks die Befolgung der jagdpolizeilihen Vorschriften zu überwachen

und Zuwiderhandlungen zur Anzeige zu bringen.

Gr muß bei Ausübung seines Amtes ein Dienstabzeichen bei

nch führen und auf Verlangen vorzeigen.

__ Der Abg. Diriclet bezeichnete es als eine Anomalie, daß die staatlichen Beamten gewissermaßen in den Dienst der privaten Jagdberechtigten gestellt würden.

__ Der Abg. von Rauchhaupt hielt die Befürchtungen des Vorredners tür übertrieben. Man könne doch den JFagd- berechtigten niht verwehren, die zuverlässigen staatlichen Jagdschußbeamten mit der Aufsiht in den «Fagdbezirken zu betrauen. Die Regierungsvorlage könnte allerdings dazu führen, daß neben dem Gensd'arm noch besondere cFagdpolizei- beamte eingeführt würden. Die Kommission habe aber aus- drüdlih in den Text die Worte: „auf Antrag des Jagd- berechtigten“ aufgenommen. :

Der Abg. Dirichlet wies darauf hin, daß ihm die Vor- {rift deshalb niht behage, weil die «Fagdberechtigten diese Jagdschußbeamten auch gegen den Widerspruch der betreffenden Grundbesißer anstellen könnten.

S. 74 wurde jedo unverändert angenommen.

Es folgte der 8. Abschnitt „Strafbestimmungen“ :

__Die 59 75 und 76 wurden unverändert nach dem Kom- mitonsbe)chlusse angenominen.

S 77, welcher nah der Fassung der Kommission lautet:

_ Mit Geldstrafe von zwanzig bis einhundert Mark wird be-

straft:

1) wer auf seinem Grundstücke die Jagd ausübt, wiewohl sie na den Bestimmungen dieses Gesetzes ruht ;

2) wer innerhalb des um ein Festung#werk, ein Pulvermagazin oder eine ähnliche Anstalt abgegrenzten Sicherheitsrayons die Iagd mittels Schußwaffen ausübt (§. 21);

N 3) wer eiren Jagderlaubnißshein gegen Entgelt ertheilt

S a!

4) wer auf Grund eines gegen Entgelt ertheilten Erlaubniß- \cheines die Jacd ausübt;

5) wer (Friaubnißscheine über die geseßliche Zahl hinaus er- theilt (8. 41 Abs. 3): i

6) wer, ohne einen Jagdscein erhalien zu haben, die Jagd ausübt ;

7) wer von cinem, niht auf seinen Namen ausgestellten oder: von einem abgelaufenen oder von einem gemäß S. 50 für ungültig erklärten Jagdscheine zum Zwecke der Jagdausübung wissentlihß Ge- brau macht ;

S) at Fort!

9) wer den Vorschriften der §8. 58, 60 und 60a zuwider Wild oder Kiebitz- oder Möveneier versendet, zum Verkaufe umher- trägt oder ausstellt, feilbietet oder verkauft, oder zum Zwecke der Weiterveräußerung ankausft ;

10} wer an Sonn- und Festtagen die Jagd den Vorschriften des 8. 42a zuwider augübt.

Neben der Geldstrafe oder der Freiheitsstrafe ift in den Fällen zu 9 unh 10 das den Gegenstand der Zuwiderhandlurg bildende Wild einzuzieheu, ohne Unterschied, ob der Schuldige

Eigenthümer ist oder nicht. : wurde mit einem Zusaß nah dem Antrag Nintelen zu Nr. 9: „Undbeschadet der Vorschrift des L. 366 Nr. 1 des Reichs-Straf- gesezbuches“ angenommen.

S. 78 lautet nah der Fassung des Herrenhauses, dem sih die Kommission angefsch{lossen hatte :

Wer dea Vorschriften dieses Geseßes oder den gemäß S, 56. ergangenen Festseßungen zuwider Wild während der Schonzeit er- [egt oder einfängt, oder wer der Vorschrift des S, 55 zuwider Wild in Swlingen fängt, wird bestraft:

1) für ein Stück Elchwild mit ciner Geldstrafe von 150 Á.,

2) für ein Stück Rothwild mit ciner Geldftrafe von 100 M,

3) {ür ein Stück Damwild mit einer Geldstrafe von 609 4,

4) für cin Stück Rehwild, einen Biber, ein Stück Auerwild, einen &Fafan oder einen Schwan mit einer Eelditrafe von 30 M,

5) für einen Das, einen Hafen, eine Trappe, ein Stücf- Birkwild oder ein Stück Haselwild mit einer Geldftrafe von 10 M.

6) für ein Rebhahn, eine Wathtel, eine Scbneyfe, eine Ente oder cin Stück anderen Sumpf- oder Wassergeflügels mit einer Geldstrafe von 4 Sind mildernde Umstände vorhanden, o kann auf geringere als die vorstehend bestimmten Geldftrafen tr« kannt roerden; jedoch muß die Geldstrafe in den Fällen zu 1 und 2 mindestens 30 %, in den Fällen zu 3 und 4 mindestens 10 M, in den Fällen zu 5 und 6 mindestens 3 A betragen

Bei einer Zuwiderhandkung gegen den 8. 5d sind neben der: Geldstrafe die zur Anweudung gebrachten Schlingen einzuziehen, ohne Unterschied, ob sie dem Schuldigen gehören oder nicht.

Dieser Paragraph wurde mit einem Zusaß nach deux Antrage von Tiedemann-Bomst, als leßten Absag einzuschieben:

„Mit Geldstrafe bis einhundert Mark wird bestraft, wer den Vorschriften des §. 55 zuwider Schlingen stellt, *

angenommen, ebenso unverändert 8, 79. i i Die 88. 80—89 enthalten als leßten Abschnitt des Geseßes, die Uebergangs- und Schlußbestimmungen.

Die §8. 80—82a wurden ohne Debatte angenommen.

S. 82b wurde in folgender Fassung nah dem Antrage Bödiker wie folgt angenommen : E

„Die provinzialgeseßlihen Bestimmungen Über die Befugniß der Grundeigenthümer, auf ihren Grundstücken in hohhängenden, Dohnen den Dohnenstrih auszuüben, werden aufrechterhalten.“

Dem entsprechend wird dem §. 45, welcher von der Ertheilung des Jagdscheins handelt, fol;ç¡eader Absatz hinzugefügt:

e Diese Verpflichtung erstreckt si nicht auf Diejenigen, welchs