Zürich, dur die unterzeichnete Landespolizeibehörde verboten worden ift. Cöln, den 15. April 1884. Í Königliche Regierung, Abtheilung des Jnnern. von Guionneau.
Die Königliche Kreishauptmannschaft als Landespolizei- behörde hat die nihtperiodische Druckschrift: „Das Recht auf Faulheit.“ Von Paul Lafargue. Aus dem Französischen. Hottingen-Zücih. Schweizerische Genofsenschaftsbuchdruckerei 1884, auf Grund von 88. 11 und 12 des Reichsgeseßes gegen die gemei::;efährlihen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 91, Oíïtober 1878 verboten. Leipzig, den 16. April 1884. i Königliche Kreishauptmanns\caft. von Seckendorff.
340%/ Anlehen der vormals Freien Stadt Frankfurt a. M. von 5000000 Fl. vom 12. Mai 1846.
Bei der am 8. d. Mts. stattgefundenen 31. Verloosung des An- lebens der vormals Freien Stadt Frankfurt a. M. vom 12, Mai 1846 wurden nachverzeichnete Nummern gezogen:
A. zur Rück zahlung auf den 1. Juli 1884.
Litt. E. à 1000 Fl. = 1714 A 29 S Nr. 119 206 290 292 375 481 516 596 691 716 774 789 813 857 916 952 982 1040 1174 1239 1263 1323 1447 1451 1464 1487 1528 1589 1651 1711 1784 = 31 Stück über 31000 Fl. oder 53142 M 99 S.
Litt. E. à 500 Fl. = 857 Æ 14 S Nr. 1829 1832 1857 1877 1884 1887 1934 2008 2232 2316 2378 2440 2450 2560 2583 9727 = 16 Stück über 8000 Fl. oder 13714 M 24 4.
itt. E. à 300 Fl. = 514 A 29 S Nr. 2854 2905 2962 3094 3195 3261 3275 = 7 Stück über 2100 FI. oder 3600 A 3 -.
Tátt. E. à 100 Fl. = 171 A 43 S Nr. 3329 3358 3398 3418 3496 3508 3530 3555 = 8 Stü über 800 Fl. oder 1371 M 44 S. Litt. E. Summa 62 Stück über 41 900 Fi. ober 71 828 M 70 .
B. zur Rü ckzahlung auf den 1. Januar 1885.
Litt. F. à 1000 Fl. = 1714 M 29 „S Nr. 104 125 140 182 185 242 243 318 358 659 683 713 738 878 944 1106 1152 1166 1193 1237 1349 1355 1356 1365 1367 1451 1486 1538 1591 1604 1745 = 31 Stück über 31 000 Fl. oder 53 142 4 99 .
Litt. F. à 500 SI. = 857 M 14 S Nr. 1950 1961 2012 2020 9074 2101 2150 2270 2286 2348 2398 2513 2700 2719 2747 2785 = 16 Stück über 8000 Fl. oder 13 714 M 24 S.
Litt. F. à 300 ßI. = 514 A 29 S Nr. 2811 2914 2917 3071 3129 3212 3289 = 7 Stüdck über 2100 Fl. oder 3609 M 3 „S.
Litt. F. à 100 Fl. = 171 A 43 4 Nr. 3397 3416 3435 3442 3454 3580 3590 3649 3708 = 9 Stück über 900 Fl. oder 1542 M 87 S. Litt. F. Summa 63 Stück über 42000 Fl. oder 72000 A 13 S. : ;
Die Inhaber dieser Obligationen werden hiervon mit hem Bemerken benachrichtigt, daß sie die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum betreffenden Rückzahlungstermin stattfindet, bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., bei der König- liven Staats\chulden-Tilgungskasse in Berlin, sowte bei jeder Königlichen egierungs- und Bezirks- Hauptkasse gegen Ua Oe der Obligationen mit den vazu gehörigen nicht verfallenen Zinsscheinen und der Zins\chein-Anweisungen und zwar bei den Obligationen Litt. E. nur mit Zinsschein-Anweisung und bei den Obligationen Litt. F. mit Zinsscheinen Reihe IT, Nr. 2 bis 8 und Zinsshein-Anweisung erheben können. :
Der Geldbetrag der etwa fehlenden, unentgeltlich zurüczugeben- den Zinsscheine bei den Obligationen Litt. F, wird an dem Kapital- betrage zurückbehalten. | | i i
Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen nicht bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., oder bei der Königlichen Medi erung n Da in Wiesbaden, son- dern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so find _ die be- treffenden Obligationen mit Zinsschein-Anweisung bei Litt. E., mit Zinsscheinen und Zinsschein-Anweisung bei Litt. F. vierzehn Tage vor dem Verfalltermin bei diesen Kassen einzureichen, von welchen dieselben vor deren Auszahlung an den Unterzeichneten zur Prüfung einzu-
senden sind. E Rückständig sind noch aus der
17. Verloosung Litt. E. Nr. 3798.
22. Verloosung Litt. F. Nr. 1818.
23, Verloosung Litt. F. Nr. 139.
24, Verloosung Litt. V. Nr. 2536 3645,
95. Verloosung Litt. E. Nr. 2677 3026, Litt. F. Nr. 1129 2178, 2923
26. Verloosung Litt. F. Nr. 2217 2807 3262. 27. Verloojung Litt. E. Nr. 2102 2804, Litt, F. Nr. 915 1958, Tiátt. F. Nr. 2095 2594 2986 3001 3205.
98. Verloosung Litt. E. Nr. 1803 1859 3072 3735 3766, Látt. F. Nr. 146 1754 1895 3642 3719.
99. Verloosung Läitt. E. Nr. 1457 2655 3618 3709 3800, Litt. F. Nr. 1449.
30. Verloosung Litt. E. Nr. 1149 1565 1862 2072 2552 3730 3768, Litt. F. Nr. 885 895 1428 2151 2182 3137 3156 3634 3659 3689. i
Die Inhaber dieser Obligationen werden wiederholt zu deren Einlösung aufgefordert. L Wiesbaden, den 12. März 1884.
Der Regierungs-Präsident : von Wurmb.
Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 17. April. Se, Majestät der Kaiser und König nahmen im Laufe des heutigen Vor- mittags die Vorträge des Kriegs-Ministers und des Chefs des Militärkabinets entgegen.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag 11 Uhr militärische Meldungen entgegen und empfing .um 12 Uhr den Unter- Staatssekretär im Ministerium für Landwirthschast, Domänen und Forsten, Wirklichen Geheimen Rath Marcard.
_— Der Kaiserliche Botschafter am Königlih groß- britannischen Hofe, Graf zu Münster, hat einen ihm Aller- höchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von London fungirt der Botschafts-Sekretär Graf Vitthum von Eckstädt als Geschäftsträger.
— Der General-Lieutenant von Hartrott, Direktor des Militär-Oekonomie-Departements im Kriegs-Ministerium, hat eine 14tägige Dienstreise nah den Provinzen Preußen und Pommern angetreten.
Sachsen. Dresden, 16. April. Der König beabsih- tigt ih, wie das „Dr. J.“ meldet, zum Gebrauch einer Badekur am 19. Mai zu einem mehrwöchigen Aufenthalt nah
Ems zu begeben.
Baden. Karlsruhe, 13. April. (Allg. Ztg.) Jm Ministerium der Justiz, des Kultus und Unter- richts ist die Stelle eines Ministerialdirektors geschaffen und die- selbe dem vorsißzenden Rath von Seyfried übertragen worden. Zur aushülfsweisen Verwendung mit Siß und Stimme im Kol- le; iun. wurde diesem Ministerium Ober-Schulrath Becherer unter Beiassung in seiner dermaligen Stellung als Geheimer Regierungs: Rath beigegeben. Die seit mehreren Jahren nur fommissarish beseßte Stelle des Steuerdirektors ist wieder definitiv bejeßt worden, da es sih gezeigt E daß diese Direktion mit ihrem umfangreichen Geschästskreise nicht gut dur einen Rath des Finanz - Ministeriums ver- sehen werden kann. Zum Steuerdirektor wurde der Geheime Referendar von Teuffel im Finanz-Ministerium ernannt. — Jn den leßten Wochen wurèen die Kreisver- sammlungen abgehalten, deren Geschäfte sehr umfänglih sind, namentli hinsichtlich der Armen- und Krankenpflege, der Hebung der Landwirthschaft und der Obstbaumzucht. Die Verhandlungen halten sich jeweils fern von Politik und haben nur das Interesse der Kreisbewohner im Auge. Darum ist diese Einrichtung sehr segensreih, was auch in der Kammer allgemein anerkannt wurde. — Das Lahrer Reichs- waisenhaus wird dur Aufbau eines dritten Stockwerkes für 100 Waisen eingerihtet und die Eröffnung der Anstalt voraussichtlich im Herbst d. J. stattfinden. Es werden nur so viele Zöglinge aufgenommen, wie aus dem Ertrag des vorhandenen Kapitals unterhalten werden können.
E Darmstadt, 17. April. (W. T. B.) FJhre Majestät die Königin von Großbritannien is mit der Prinzessin Beatrice heute Vormittag 9!/4 Uhr hier ein- getroffen. Die Hohen Herrschaften wurden von Sr. König- lichen Hoheit dem Großherzog und der Großherzoglichen Familie auf dem Bahnhofe empfangen und in das Palais geleitet, wo Dieselben Wohnung nehmen werden.
Elsaß: Lothringen. Straßburg, 15, April. (Els.- Lothr. Ztg.) Durch Allerhöhste Verordnung vom 10. d. M. werden die Bezirksvertretungen der Bezirke Unterelsaß, Ober- elsaß und Lothringen zu außerordentlihen Bezirks- tagen berufen, welche am 28. d. M. eröffnet und spätestens am 30. d. M. geschlossen werden.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 15. April. Die „Poli- tishe Correspondenz“ bezeihnet die Meldung der „Buda- pester Correspondenz“, daß der Statthalter von Nieder- österreih die Ordre bezüglich seines, den Schlacht vieh- verkehr zwishen Ungarn und Niederösterreic betreffenden Erlasses direkt von dem Ackerbau-Minister Falken- hayn erhalten haben soll, der diesen Auftrag ohne Wissen seiner Ministerkollegen und allem Anschein nach ohne Antrag seines Fachreferenten gegeben habe, {hon des- halb als unrichtig, weil der Erlaß der Statthalterei aus veterinärpolizeilihen Rülsichten erflossen sei, die Handhabung der veterinärpolizeilihen Vorschristen aber zunächst nicht ins Ressort des Akerbau-Ministers fällt, daher von einer Aktion des Ackerbau-Ministers, wie sie die „Budapester Correspondenz“ darstellt, keine Rede sein kann. Weitere Erörterungen der Bemerkungen der „Budapester Correspondenz“ könnten der Sache nicht dienlich sein, da die diesbezüglichen Verhandlungen vollständig abgeschlossen seien.
Schweiz. Bern, 15, April, Wie der „Bund“ ver- nimmt, hat der Bundesrath von den Regierungen der Kantone Bern und Neuenburg nicht bloß Mittheilung des Thatbestandes in Betreff der Exzesse gegen die Heil sarmee verlangt, sondern dabei auch die Erwartung ausgesprochen, daß die Strafjustiz gegen die Schuldigen ein- schreiten und daß die staatlichen Polizeiorgane eine Wieder- holung solher Vorfälle zu verhindern wissen werden. Jm Kanton Neuenburg ist auf Begehren der Staatsanwaltschost die gerihtlihe Untersuhung im Gange. Eine Klage war ron feiner Seite eingereiht worden. Der Staatsrath hat seiner- seits enecgishe Maßregeln zur Verhütung weiterer Unruhen ergriffen. Der „Bund“ bezweifelt nicht, daß der Kanton Bern diesem Beispiel folgen werde.
Belgien. Brüssel, 15. April. (Köln. Ztg.) Der Senat is heute zusammengetreten, um das allgemeine Staatsbudget in Berathung zu nehmen. Zugleih mußte die Geschäftsordnung mit dem neu eingeführten Verfahren bei der Abstimmung über die Einzel-Etats und über das Ge- sammte in Einklang gebraht werden. Solvyns beantragte, daß in jedem Falle, wo keine Einmüthigkeit vorhanden sei, unter Namensaufruf abgestimmt werden solle. Die Versamm- lung beschloß aber, darauf nicht einzugehen, sondern als Regel festzustellen, daß die Mehrheit dur Aufstehen und Sigen- bleiben ermittelt werde. Nur auf bestimmten Antrag soll der Namensausfruf eintreten. :
Der neue Erzbischof von Mecheln, Goossens, hat am Sonnabend vor versammeltem Kapitel seinen Goa ein- genommen,. um seinem Nachfolger auf dem Bischofssige in Namur, Belin, am Ostersonntage die canonishe Weihe ertheilen zu können. Diese Weihe ist in großer Feierlichkeit zu Namur erfolgt. Der festliche Einzug des Erzbischofs in seine Metropolitanstadt Mecheln findet am 29. d. Mts. siatt.
Großbritannien und Jrland. London, 15. April. (Allg. Corr.) Ein großer Theil des Raumes der heutigen Londoner Blätter ist den Oster-Freiwilligenmanövern gewidmet. Die große Parade bei Portsmouth hat viel Befriedigung erregt.
— 17. April. (W. T. B.) Jn einem heute veröffentlichten Schreiben der Königin aus Windsor-Castle, vom 14. d. M., spricht M Majestät ihren Unterthanen in allen Theilen des Reiches ihren wärmsten Dank aus für die der Königin und der Herzogin von Albany anläßlih des Todes des Herzogs von Albany bewiesene Theilnahme. Die Königin fügt hinzu: obwohl sie durch die zahlreihen s{hmerzlihen Prüfungen der leßten Jahre sehr erschüttert sei, werde sie doch nicht den Muth verlieren, sondern vielmehr bemüht sein, so lange wie möglich für das Wohl des Landes zu arbeiten. Die Königin spricht sodann der Herzogin von Albany, welche den \chweren Schicksalsshlag mit bewundernswerther Resignation getragen habe, ihre Anerkennung aus. Das Schreiben schließt
mit dem Wunsche der Königin, ihren Dank auch allen anderen Ländern für deren Theilnahme auszusprechen, insbesondere dem FEGREEs in welchem der Herzog den leßten Athem- zug
Der Staatssekretär des Jununern, Harcourt hielt estern in Derby eine Rede, in welcher er erklärte: unvor- Lergesehene Ereignisse hätten die Regierung verhindert, die Truppen aus Egypten zurückzuziehen. Was die Frage wegen einer Annexion angehe, so habe England nicht das Ret, Egypten zu annektiren, da dort auch noch andere Mächte Rechte hätten. Eine dauernde Verwaltung Egyptens durch England würde zu unausgesezten Verwickelungen mit den übrigen Mächten führen und die Erhaltung einer Armee in Egypten nothwendig machen, deren Kosten die egyptishe Regierung niht tragen könne.
Frankreih. Paris, 16. April. (W. T. B.) Die Nachricht englischer Blätter, daß die französische Flotte sh nah Amoy begebén und von diesem Orte Besiß ergriffen habe, als Garantie für die Zahlung der Entschädi- gungssumme von Seiten Chinas, entbehrt, bestem Vernehmen nach, jeder Begründung.
Türkei. Konstantinopel, 14. April. (Allg. Corr.) Server Pascha, Adjutant desSultans, und JFbrahim Bey begaben sih heute an Bord der Kaiserlichen Yacht „Jzzedin“ von hier nah Varna zum Empfange des öster- reihishen Kronprinzlihen Paares, dessen Ankunst hier am 17. d, M. erwartet wird.
— 16. April. (W. T. B.) Der Minister des Aeußern, Aarifi Pascha, hat seine Entlassung er- halten und ist durch Assym Pascha erseßt worden.
Numänien. Bukarest, 16. April. (W. T. B.) Der Kronprinz Rudolf von Oesterreih und Ge- mahlin trafen heute Morgen 8 Uhr in Smarda ein und wurden in einer Yacht des Fürsten von Bulgarien über die Donau geseßt. Die Weiterreise nah Varna erfolgte im strengsten Jnkognito um 8 Uhr 40 Minuten mittelst Extra- zuges.
Schweden und Norwegen. Christiania, 13. April, (Hamb. Nachr.) Gleih nach Ostern gehen der Staats- Minister Lövenskiold und die Staatsräthe Johansen und E. Herzberg nah Stockholm, um die dortige norwegishe Staatsraths-Abtheilung zu bilden. Der ‘konstituirte Staatzrath Lehmann übernimmt dann nah dem Staatsrath Johansen das Marine- und Postdepartement, bis der zehnte Ministerposten beseßt ist.
Amcri?a. (Allg. Corr.) Aus Philadelphia meldet man der „Times“ u. d. 14. April: Die Ernennung von De- legirten für die Nationalkonventionen, welche die Präsidentschaftskandidaten aufstellen sollen, tritt be- reits stark in den Vordergrund. Die Konventionen ‘werden im Laufe des Juni in Chicago tagen. Auf Seiten der Republikaner kommen Mr. Blaine, Mr. Arthur, Mr. Logan und Mr. Edmunds in Frage. Neuerdings wird auch der Versuch gemacht, General Grant als Kandidaten vorzuschieben. Mr. Robert Lincoln, der jeßige Kriegs-Minister, ist als Vize- Präsident ins Ruge gefaßt worden. Der leitende Kandidat der Demokraten ist Mr. Tilden. Es wird sich hauptsählih um den Gewinn der zweifelhaften Staaten New-York, Dhio und Jndiana für jede Partei handeln.
Afrika. Egypten. Kairo, 16. April. (W. T. B.) Der General-Konsul Baring empfing eine Depesche des Generals Gordon, vom 8. d. M. nah welcher ein Spion von Saleh Pascha, der sich am Blauen Nil be- finde, von dort angekommen sei und aussage, daß daselbft Alles gut stehe und daß Saleh 500 Reiter um sich habe und bec 57 Schiffsladungen Getreide verfüge. Jn Folge von inneren Uneinigkeiten in Kordofan sei die von dem Mahdi organisirte Expedition gegen Khartum aufgegeben und befänden sich anscheinend zwei Parteien in Ausflehnung gegen den Mahdi. Der Versu Saleh Paschas, den Scheik von El Obeid gefangen zu nehmen, sei miß:ungen. Die Pläße Kassala und Sennaar seien gesichert.
— 16. April. (W. T. B.) Zebehr Pascha erhielt heute Nachmittag nachsteyendes Telegramm des General Gordon, vom 7. d. M.: „Jh habe Sie zum General- Gouverneur-Adjunkten des Sudan ernannt. Machen Sie mir von Jhrer Ankunft in Berber Mittheilung; wenn es möglih is, werde ih zwei Dampfer \chidcken, welhe Sie mit zwei anderen, gegenwärtig in Berber befindlihen mit eisecner Schanzbekleidung zum Schuß der an Bord befindlichen Truppen versehen wollen. Nehmen Sie auch möglichst viele Leute vom Stamme der Galyieen und liefern Sie häufiger kleinere Gefechte, ohne fih jedo größeren Gefahren auszuseßen.“ Diese Depesche wird hiex als unverständlih angesehen, weil der Stamm der Galyieen sih gegenwärtig im Aufstande befindet, und aus der Depesche nicht hervorgeht, ob die Nichtgenchmigung der Ernennung Zebehrs von Seiten der englishen Regierung dem General Gordon bekannt war.
Zeitungsfstimmen.
Die „Pfälzer Presse“ bringt die Rede, welche der Ober-Bürgermeister Dr, Miquel auf dem Parteitage der Nationalliberalen Süd- und Südwéstdeutshlands zu Neustadt a. d. H. am 14. d. M. gehalten hat. Wir entnehmen daraus die folgenden Stellen : :
. ._…. In der nationalliberalen Partei hat es immer Schußzöllner und Freihändler aus Prinzip gegeben, aber die große Mehrheit der Partei erblickte in diesen Interessenfragen keine Haupt- und Staats- fragen eines werdenden deutschen Staates, ihre große Aufgabe als einer Vertreterin deutschnationaler Staaten entsprechend hielt die
roße Mehrheit der nationalliberalen Partei stets an dem Grundsa test, daß au die wichtigsten Zoll- und wirth\chaftlichen Fragen do nur Tages- und Zweckmäßigkeitöfragen seien, die heute so und morgen so na den veränderten wirthscaftlihen Verhältnissen entschieden werden müßten.
Wir bedauern von ganzem Herzen, daß langjährige Kampf- genossen diese Dinge anders ansahen als wir, daß sie ein entscheiden» des Gewicht auf diese Interessenfragen legten, denn hierin liegt der entscbeidende Grund, der sie von uns trennte, allerdings um gerecht zu sein, müssen wir anerkennen, daß hier eine tiefere Scheide zum Vorschein kam. Jh werde später noch darauf zurückommen. Es ist grundsäßlich die verschiedene Anschauung von den Pflichten, Rechten und Aufgaben der modernen Staatsgewalt, die uns von diesen alten Freunden trennt.
Meine Herren! Nun scheint diese Scheidung durch die Ver- einigung zur neuen freisinnigen Partei eine definitive geworden ¿u
sein. Vis dabin konnte man noch immer ein Einbiegen na uns zu hoffen. Freilich, denn wir wollen im vollen Maße gereckt sein, giebt es aub in der neuen freisinnigen Partei, wie das natürlih ist bei rg denkenden Deutschen, viele Nuancen in den Anschauungen e na der periönlichen Stimmung und der historishen Vorbildung. Mit manchen Elementen würden auch wir uns wohl verständigen fönnen, jedenfalls hoffen wir dies für die Zukunft, aber wir wissen doch alle, was die leitende dominirende Stimmung in einer Fraktion bedeutet. Wir kennen die leitenden Männer und das macht uns be- denklib. (Lebhafter Beifall.)
Ich rede hier niht — absichtlich nicht — von den aus anderen politischen Kämpfen hergekommenen politishen Gewohnheiten, von gewissen verleßenden Formen politishen Auftretens (Beifall), ih rede au nit, meine Herren, von einer unangemessenen Verketzerung selbst nahestebender politisher Anschauungen.
Das Alles ist do nur sekundâr, aber ein Oppositionsgeist, ein negativer Geist, wie wir ihn kennen gelernt haben seit langen Jahren, der ets in Gefahr ist, das Schwergewicht des großen Ganzen, die entscheidenden Dinge für cine Nation über Einzelheiten, die ihm ge- fallen, zu vergessen (Beifall), der stets in Gefahr ift, jeden Anders- denkenden, der unter Erwägungen aller gegenüberstehenden Mactver- bâältnisse das zeitweilig Mögliche, wenn auch nicht immer ideal Beste, nie sein letztes Ziel vergessend, durchzuführen sut, für einen \chwäch- lihen Kompromißmacher erklärt.
Ein negativer Geist, welhec von diesem Standpunkt aus die norddeutshe Reichsverfassung, unsere deutsche Reichsverfassung, unsere Justizgeseße, unsere Heeresorganisation verworfen hat, unsere Heeres- organisation, diese Grundlage unseres nationalen Seins und Werdens, ein solcber Geist flößt in weiten Kreisen Mißtrauen ein. (Stür- misher Beifall.) L
So ist denn die Heidelberger Erklärung, denn sie ift kein Pro- gramm, zur rechten Zeit gekommen. Es galt zu diejen Neubildungen nicht_blos, sondern zu der veränderten politischen Lage in Deutschland feste und bestimmte Stellung zu nehmen.
Die Heidelberger Erklärung ist kein Zukunftsprogramm. Sie beschränkt sih verständigerweise — und das sollten alle politischen Programme thun — auf eine bestimmte Stellungnahme zu den brennenden politishen und sozialen Tagesfragen von heute. Die Heidelberger Erklärung ist keine süddeutshe separatistishe Partei- auffassung, sie steht voll und ganz auf dem Boden des Programms der nationalliberolen Partei des Jahres 1881 und \{ließt sich in allen Punkten an dieselbe an. - Aber sie nimmt zu den in der
* Zwischenzeit \cärfer und bestimmter heroorgetretenen Fragen natur-
gemäß auch bstimmtere und deutlichere Stellung.
Die Heidelberger Erklärung ist kein Akt der Feindseligkeit gegen irgend eine andere Partei, noÞþ weniger aber die Einleitung zur Verschmelzung mit anderen Parteien. (Lebhafter Beifall ) Sie be- deutet, daß die nationallibcrale Partei des Jahres 1867, der 70er Jahre, auch heute noch dieselbe bleiben will und unabhängig (Beifall) nah oben und nah unten, fest nah rechts und nach links.
eifall.) .
Die Zoll- und Wirtb sckaftsfragen, ob Schußzzoll oder Freihandel, erklärt mit Recht die Heidelberger Erklärung für eine vorläufig für die näbsten Jahre entschiedene Frage. Jeder von uns mag seine per- \sönlihen Meinungen haben über die Richtigkeit dieses oder jenes Zollsaßes. Ja dem Saße jedoch — das können wir verlangen und verlangt die Heidelberger Erklärung mit Recht — müssen sich ver- ständiger Weise beide Anschauungen vereinigen: die Mehrheit des Reichêtages, die Reichsregierung und di? Regierung der «inzelnen Staaten hat nun- einmal vor wenig Jahren dies neue Zollsystem acceptirt. Es ist in vollster Geltung, es hatte noch kaum Zeit gehabt, sich zu bewähren oder nih1 zu bewähren. Ein falscher Zollsayz ift weniger naczheilig als ein ewiger Wesel im System. (Stürmischer Beifall.) Ruhe ror Allem und Sicherheit der Kalkulation thut der Industrie noth. Weles also auch frühec unsere persönliche Mci- nung war, wir müssen doch zuerst zusehen, ob das System \ich be- währt, und deshalb lassen Sie uns die Zolfrage für die näcsten Fahre von der Tagesordnung seßen, Meine Herren, ein grundsäß- liher Standpunkt {ließt viht aus die Beachtung in der Zwischen- zeit neu hervortretender Erfahrungen im Einzelnen, Wo Korrek- turen im Einzelnen erforderlih sind, nah oben oder nah unten, da werden wir gewissenhaft und unbefangen erwägen. Nur keinen Mes zur Zeit gegen das System; Friede vorläufiz in den Prin- zivien
Wir verlangen eine billige, mäßige Berücksichtigung der Inter- essen der Gesammtheit und aller einzelnen Klassen von jeder einzelnen Klasse, ohne die ein friedliches, ruhiges Forileben in keinem Staate möglich ist. Meine Herren! Wenn ich vorhin gesagt habe, wir scllten die Zollfragen ruhen lassen, so glaube ih sagen zu dürfen, mit Fhrer Uebereinstimmung. Diese Erklärung bezieht sih nicht nur auf die gewerbliden und industriellen Zölle, sondern au auf die Agrar- zôlle, Viele von uns haben {were Bedenken getragen, der Herstellung eines Korn-, Fleish- oder sonstigen Agrarzolles zuzustimmen. Sie hatten darin eine unberectigte Belastung anderer, der konsumirenden Klassen durch die zu befürchtende Steigerung der Preise für die noth- wendigsten Lebensmittel erblickt. Aber diese Befürhtungen sind auf der einen Seite do in Wahrheit, wenn wir aufrichtig sein soUen, nicht etngetreten.
Die Konkurrenz billiger yroduzirender Länder hat \{on dafür gesorgt, daß troy mäßiger Zölle die Korn- und Weizenpreise heute so niedrig stehen, wie fast niht seit einem Jahrhundert, und eben diese gewaltige Konkurrenz billiger produzirender Länder und un- geahute Verbesserung der Verkehrsmittel hat die Lage der Land- wirthschaft so gefährdet, daß es nach meiner Ueberzeugung unver- antwortlih sein würde, an eine plößlihe Wiederaufhebung eben erst votirter, höchst mäßiger Zölle zu denken. (Lebhafter Beifall.)
Fc für meinen Theil ullerdings kann au dies nur als meine persönliche Ansicht bezeihnen. J glaube, daß für die Landiirth- \{aft, und namentli für den mittleren Srundbesig, die Einzelstaaten mehr thun können und mehr thun müssen als das deutshe Reih. In wie viel deutshen Staaten hat man es noch fehlen lassen an der Herstelung von Kreditinstituten, welche auch den niedrigen gegenwär- tigen Zinsfuß der Landwirthschaft zu Gute kommen lassen!
Kann man nicht in einer Reihe von Staaten endlih beginnen, in stärkerer Wetse wenigstens es fortseßen, zu Landesmeliorationen überzugeben, von denen Niemand bestreitet, daß auch für sie der Staatésäkel vorhanden sei? Sollte nicht durch die Verwaltung und zweckmäßige Einrichtung das landwirthschaftlihe Assoziationswesen in den einzelnen Staaten mehr als bisher gefördert werden können ? Hat man genug gethan für die landwirthshaftlihen Schulen? Hat man die Verfeinerung der Landwirthschaft, den Uebergang von der bloßen Ksrnerprodufktion auf Produktion von Handelsgewächsen, Obst- fultur u. dgl. genügend gefördert ?
Und endlich, meine Herren — ih wage au das offen auszu- spreben — wenn es wahr sei oder wahr werden sollte, daß dauernd, von vorübergehenden Konjunkturen und Verhältnissen abgesehen, der Reinertrag namentlich des Kleingrundbesitzers fällt oder gefallen ift, dann muß au mit voller Bestimmtheit und Unbefangenheit erwogen werden, ob die in den Einzelstaaten bestehenden Besteuerungssysteme die Staats- und Konimunalsteuer, welche auf dem Grundbesiß lastet, den heutigen Reinerträgen des Bodens noch entspricht. (Bravo.) ….
Meine Herren! Die landwirthscaftlide Produktion — ih sehe nit ein, warum es anders sein soll — hat mindestens do den- selben Anspru auf Schuß als die Industrieprodukte, denn die Industrie ist viel beweglicher, sie ist niht an Sonne, Wetter und Bodenbeschaffenheit gebunden. Sie kann neue Erfindungen und Ein- ribtungen viel \chneller sich aneignen, wie die Landwirthschaft. Jhr stehen ganz andere Kapitalien und Kreditverhältnisse zur Disposition. Wenn der Staat sagt, ih muß die Industrie {üßen und ihr helfen, so môcbte ih wissen, wie er verantworten könnte, dies für die Lande wirthschaft abzulehnen. (Beifall.)
__ Wenn der Wohlstand — wie unzweifelhaft — in Deutschland im Wachsen ist, wenn der Reichthum in vielen Theilen Deutschlands rasch gestiegen ist, das mobile Kapital hat daran den Löwenantheil genorr men. Wenn es also gälte, neue Mittel für die gesammten
Aufgaben der Staats- und Reichénothwendigkeit fordern zu müssen, dann allerdings \präde ih aus: die erste Stelle, an welche man si wenden muß, ist nicht der Grundbesitz, sondern das mobile Kapital, das fundirte Kapital, in welchen Gütern es auc steckt, unter Frei- lassung des Erwerbes ‘ des lebenden Menschen, der nichts weiter hat als sein Eigenes blos, mit dem er stirbt und das nit ver- erblich is. Wenn die Heidelberger Erklärung auf die Börsensteuer hinweist, so glaube ih, hat wohl der eben ausgesproWene Gedanke dem vorzugsweise zu Grunde gelegen. E
Meine Herren! Unsere Freunde haben niemals grundsäßlich die Reichsregierung bekämpft in ihrem Bestreben, das Verhältniß der indirekten Steuern zu den direkten zu Gunften der erfteren zu ver- ändern. Wobl sind wir eben in Differenzen mit dem Reichékanzler
erathen in Betreff des Zweckes der neuen Besteuerung und vor allem in Betreff der Objekte. .…. .
Vorerst ist aber die Steuerfrage keine bringende, denn die neuen Zollsäße und Zölle und indirekten Steuern haben \ich noch nit in ihrer vollsten Ertragsfähigkeit zeigen können. Vor Allem würden wir in entsheidendem Falle den Bedarf nach neuen Steuern zu prüfen haben uad würden in Erwägung zu ziehen haben, ob die Reform der einen Steuer zur Beseitigung der anderen führen könne. t
Meine Herren! Ih wage die Ketzerei auszuspreben, daß die Frage nach den Reichs-Ministerien nach einer parlainentarischen Re- gierung im Reiche, ob sie na den Verträgen unmöglich ist mit unserm deutschen Bundesratb, ob sie nicht die Stellung des Bundesraths völlig verkehren würde ins Gegentheil, ob daraus mit Nothwendigkeit der Einheitsstaat folgt — diese Frage wage ih fketzerisb gerug zu sein für die momentane Gegenwart für eine Doktorfrage zu erklären. (Stürmischer Beifall.) Wenn wir sie aufwürfen, so würde da- bei fein greifbares Resultat herauskommen, höôöcbstens un- nöthige Erregungen und unnöthiges ECchauffement des Einen oder Andern, selbst wenn es der hohe Bundesrath wäre. (Beifall und Heiterkeit.) Wir stehen auf dem Boden der Reichsverfassung; allerdings gebietet es die Ehrlichkeit und Offenheit zu sagen, daß wir die Reichsverfassung keineswegs für unabänderlih für alle Zeiten halten. Wir glauben, daß die Entwickelung aber beruhen muß auf einer friedlihen Behandlung, welche aud Achtung vor den Rechten der Einzelstaaten zeigt. Nachdem einmal die Reichs- verfassung si verpflibtet hat, au die Stellung der Einzelstaaten im Reich zu beshüßen und anzuerkennen, ift Gewalt nit mehr möglich im Deutschen Reiche. AUc3 muß in friedlicher, geseßlicher Entwike- lung weiter gehen
Meine Herren, ih komme nun an das andere Fundament deut- {er Einheit, das zugleich ver nothwendige Gerant nationaler V.nab- hängigkeit ist, an das dzutshe Heer und unsere Heeresorgani-
.. . , Alle militäriswen Werkzeuge, Ausrüstungsgegenstände, Kasernen, Festungen, Offiziere, alles beruht auf Geseß, daran kann das Parlament von Jahr zu Jahr nichts ändern, jedes Votum würde der Zustimmung der Reichsregierung und des Bundesraths bedürfen. Wie wollen wir anders cine große Volksarmee organisiren mit etner Stärke von 490 000 Mann im Frieden und 1 200000 im Kriege; hat ja doch die Schweiz und die französish: Republik nichts anderes thun fönnen.
Es find so und so viele Bataillone, Regimenter und Brigaden und zu jedec Compagnie gehört eine bestimmte Anzahl von Sol- Ma damit die nur nöthigen militärishen Uebungen gemacht werden önnen. . ..
Meine Herren! Die Herren von der freisinnigen Partei {lagen eine dreijährige Bewilligung der Präsenz vor. Jch weiß nicht, wenn einmal auf 3 Jahre bewilligt werden soll, was es für ein schreckliches reaktionäres Verbrechen vorfstellt, dann glei auf 7 Jahre zu bewilligen.
. _. Glauben Sie, meine Herren, daß bei der jeßigen Lage Europas irgend cin Parlament mit Zustimmung des deuten Volks eine etwaige Verminderung unserer Heereskraft durhsetzen könnte? (Rufe: netn !)
Meine Herren! Wenn die Lage der Dinge einmal eine andere sein wird, wenn die Völker nicht mehr bewaffnet gegeneinander stehen, wenn jeder im fciedlichen Mitbewerb mit dem Andern leben wird — wir wissen nit, wann und ob diese Zeit kommt — dann wird keine Mat der Welt das Verlangen des deutswen Volkes verhindern fönnen, die militärischen Lasten, die dann entbehrlich sind, zu" erleich- tern und herabzuseßen. Meine Herren! Wir betrachten es bei den vielen \{wierigen Aufgaben im Deutschen Reich sür eine Wohlthat, daß wir die militärishe Frage einmal aus dem Mittelpunkl des Streites heraus haben, und ih glaube, wir finden uns nicht \{chlecht dabei, es ist zwar ein s{chwerer Panzer zu tragen, das if aber nicht Willkür der Reg'erung, und es ist nicht das reine militärische Jn- teresse, es ist unser eigenstes Interesse, unser eigenes Gut kommt in Frage. (Lebhafter Beifall.)
Meine Herren, die Rohe, welche uns wenigstens einige Jahre gegenüber den Verfassungs- und Militärfragen gegönnt zu sein sheiat, die wollen wir benußen, soweit an uns is, au den inneren Frieden herzustellen und zu befestigen. Dies bringt mich auf die Stellung unserer Partei zu der sogenannten Sozialpolitik des Reichskanzlers und ih fürchte, daß hier eine schr bedeutende Grenzsceide ist, zwischen uns und der neuen freisinnigen Partei. Jh habe {hon an- gedeutet, daß mit der gesammten Auffassung dieser Partei — gewiß muß i Einzelne ausnehmen — wie si: uns jeßt erscheint, beträcht- liche Widersprüwe bestehen. . ..
Diese Verschiedenheit der Auffassung trat ja nicht blos bezüglich des Krankenkassengeseßes und Unfallversicberung8geseßes — demnächst
vielleicht auch des Învalidengeseßzes — hervor, wir haben sie kennen |.
gelernt bei den Debatten üker die Fragen, ob die großen Verkehrs- mittel de:n Staate oder Privatgesellshaften gehören, insbesondere, ob die Eisenbahnen verstaatliht werden sollten, Sie is hervor- getreten in dem von jener Partei aufgestellten Saße, welcer den ein- zelnen auf die Selbsthülfe anweist und in der Kolonisationspolitik gegenüber dem Verhalten und dem Bestreben, die Auswanderung nit dem Zufall zu überlafsen, sondern unsere auswandernden Brüder dauernd ans Vaterland zu fesseln. :
Auf vielen andera Gebieten sind wir diesen verschiedenen Auf- fafsungen begegnet. . h
. . Meine Hecren! Ob das Sozialistengeseß da is oder nicht, die jeßt fraglichen Organisationen müssen wir machen, weil wir heute sehen, daß die Naturnothwendigkeit es fordert und das Verhältniß der Klassen zu einander und die Stellung des Staates zu diesen Klassen. Es ift dies nicht blos ein zukünftiges Moment, sondern eine naturgemäße nothwendige Entwidelung.
Meine Herren! Auch wir wollen die Selbstverantwortlihkeit und die Selbsthülfe niht abshwächen bei den einzelnen, wir wollen nicht haben, daß der Staat wie ein Vormund überall auftritt und den einzelnen auf allen Wegen und Schritten begleitet. Auch wir sagen, die Hauptsache ift, was du selber leistest. Jeder ist in diesem Sinne seines eigenen Glückes Schmied. Ic protestire ausdrücklih gegen die Mißdeutung, als wenn ih den hohen Werth der persönlichen Verantwortlichkeit niht in vollem Maße anerkenne. Was wir aber behaupten, ist dies, daß es Gebiete giebt, wo der einzelne sih nicht helfen kann, wo die Frage, ob er sich hilft, gar oft vom Zufall ab- bângt, und wir wollen in diesen Dingen die arbeitenden Klassen nicht auf den Zufall verweisen, sondern du!ch Feststellung einer Organisa- tion sicher stellen. (Lebhafter Beifall.)
Sie sehen, meine Herren, wir stehen in wesentlihen Dingen auf dem Boden der jetzigen Reichsregierung und billigen die Stellung des Reichskanzlers in wichtigen und entscheidenden Fragen. Meine Herren, nichts desto weniger sind wir keine Regierungêpartei Wir freuen uns, wenn wir mit dem Fürsten Bismarck in vielen Bld Fragen zusammengehen können. (Lebhafter Beifall.) Wir sind ihm niemals feindlich, wenn wir Nein sagen müssen, aber wir reserviren uns do, wie wir als unabhängige Partei das Recht und die Pflicht dazu haben, Nein zu sagen, wenn wir uns nicht über- zeugen können, von der Richtigkeit seiner Rathschläge. Cape
Meine Herren! Wir sind dem Fürsten Reichskanzler gewiß alle dankbar für seine Großthoten und für seine unübertroffenen Ver- dienste um das Deutshe Reih und das deutsche Volk und es freut
;
mi, daß die leidige Furt verschwunden ist, für einen Shwächling oder servilen Mann gehalten zu werden, wenn man diese Schuld nationaler Dankbarkeit einmal offen abträgt. (Stürmischer Beifall.)
Meine Herren! Jh sehe, Sie sind mit mir einve: standen (Bei fall), wir freuen uns und sind stolz auf die herrliche Macbtstellung, die unsere Nation jeßt in der Welt hat, wir find auch stolz auf den Mann, der die hohe Autorität in Europa hat und sie am wenigsten mißbrau@t (stürmisher Beifall). Wir freuen uns und sind stolz dar- über, aber selbständig wollen wir doch prüfen und entscheiden und das wissen auch unsere Vertreter im Parlament. .
Wir hoffen, daß gegenüber den gematbten Erfahrungen, gegez- über der Thatsache, daß mächtige Differenzpunkte inzwischen erledigt sind, in Zukunft si ein besseres Verhältniß des Reichskanzlers zu den Mittelporteien anbahnen werde.
Wir hoffen, daß eine energievolle Entschlossenheit eintreten und der Mittelpartei eine Mehrheit im Parlament bringen roerde, welche gewillt und entschlossen ist, wenn irgend möglich im Einvernehmen mit Bismarck an den Gesammtaufgaben der Nation zu arbeiten, Positives zu hafen und niht immer nein zu sagen, sondern dies nur dann zu tbua, wean es nicht anders geht, aber selbst dann eine mögliche Verständigung zu suchen.
m
Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 17. — Inhalt: Verfügungen: vom 6. April 1884. U-ebergangsscheine zu den im Durchgange dur Bay:rn zu befördernden alkoholhaltigen Parfümerien.
Kuuft, Wissenschaft und Literatur.
Non dem in der Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft (rormals Friedrich Bruckmann) ¿zu München vor drei Jahren erschienenen Prachtrerk: „Die Hohenzollern und das Deutsche Vaterland* von Dr. R. Graf Stillfried-Alcániara und Professor Dr. Bernhard Kugler, illustrirt von den ersten deutschen Künstlern, erscheint jeßt eine dritte durchgeschene Auflage, eine wohl- feile Pcachtausgabe. Diesem nationalen Pcachtwerk hatten sich die Königlihen Slösser und Archive mit ihren sonst unzugänglichen Scbäten erschlossen, und mit Ret ift es allgemein anerkannt worden, daß dieses vaterländische Ehrenbuch es verdiene, nicht nur den Salon- tisch zu zieren, sondern seine Verbreitung auch in den breiteren Sichten des Volkes zu finden. Es is daher dankend an- zuerkennen, daß die Verlagshandlung dies durch Veranstaltung einer wohlfeilen Ausgabe — dieselbe roird nur ungefähr den vierten Theil der ersten Ausgabe kosten — ermögliht. Die wohlfeile Prachtausgabe soll, wie der Prospekt verspricht, in 32 wöchentlichen Lieferungen zu je 50 - erscheinen und, da Text und Jllustrationen bereits fertig vor- liegen, bis Weihnachten dieses Jahres vollständig sein. Die neue Ausgabe is} in einem etwas kleineren Format als die Luxusausgabe gehalten und dadur bandlicher geworden, im Uebrigen aber, wie die bereits vorliegende erste Lieferung beweist, ebenso reich aus- gestattet wie jene.
— Die in Leipzig, den 19. d. M. erscheinende Nr. 2129 der Fllustrirten Zeitung enthält folgende Abbildungen: Bäuerin aus dem Sc{bwarzwald. Originalzeibnung von Frit Reiß. — Zum 150 jährigen Jubiläum des 1. Königl. Sächs. Husaren-Regiments Nr. 18 zu Großenhain. Originalzeihnung von F. W. Heine. — Franz Pulszky. — Eisberge im Atlantischen Ozean. Nach einer Zeichnung von Charles Graham. — Aurora, Nach Guido Reri's Fresco- gemälde im Palast Rospiglion zu Rom. — Ignaz Kuranda, f am 3, April. — Gustav Richter, f am 3, April. — Der langhaarige Hühner- bund Mylord (im Besitze des Hrn. Borchers in Braunschweig). Aus Vero Shaw's „Illustrirtem Buch vom Hunde“ (Leipzig, E. Twiet- mcyer). — Die relative Zeit der fünf Zeitzonen Nordamerikas. — Von der deutscten Polarstation im Cumberlandsund 1882 bis 1883. 15 Abbildungen, nah Pphotographishen Aufnahmen eines Theil- nehmers ver Expedition: Astronomishes Observatorium. — Die Station von Süd-Südwest — Inneres des Observato.iums — Die Germania am 20 August — Die Station kurz vor dem Verlassen derselben — Observatorium für absolute magnetische Beobachtungen — Der Eisfuß des Vorlandes — Universalinstrument — Hunde- {litten mit Kabelrolle — Segelmacher beim Fischräubern — Familie Jack vor der Hütte — Pegel Nr. 11] und IV — Wimpel- berg — Eingeborene — Der Zimmermann der Expedition im Kostüm. — Polytecnische Mittheilungen: Die Anwendung des Oels zur Beruhigung der Meereëwellen im Hafen von Folkestone.
Land- und Forstwirthschaft.
P est, 12. April. Der ungarische amtliche ,„volkswirih\caftliche Anzeiger“ Nr. 15 vom 10. d. M. veröffentliht den nachsteßend in Ueberseßzung wiedergegebenen Bericht über den derzeitigen Stand der Saaten:
„Die Herbstsaaten stehen im Allgemeinen befriedigend und an vielen Orten gut. Die leßten Frofttage haben dem Reps einigen Schaden zugefügt.
Die Frühjahrssaaten sind in Folge der regnerishen Witterung im Allgemeinen gut aufgekeimt und entwickeln sich \ch{ön.
In einigen namentlich overungarishen und sebenbürgischen Gegenden ift der Anbau noch im Gange.
Ueber die durh Insekten, Mäuse und Maulwürfe verursachten Schäden sind aus mehreren Komitaten Klagen eingelangt.
Der Anbau von Kartoffeln und Rüben hat an vielen Orten bereits begonnen.“
Gewerbe und Handel.
Fn der Aprilnummer 18. Jahrgangs 1884 der Monatshefte „Kunst und Gewerbe, Zeitschrist zur Förderung deutscher Kunsft- industrie“, herausgegeben vom Bayerischen Gewerbemuseum zuNürnberg (redigirt von Dr. O, von Schorn ; Druck und Verlag von G. P. J. Bieling (G. Diet) in Nürnberg) seßt Dr. Franz Bo seinen Beitrag zur Geschitte des Goldfadens in alter, neuerer und neuefter Zeit mit der Schilderung des mittelalterlihen Goldgespinnstes fort. Daran reibt sch ein 4. Artikel der illustrirten Arbeit ,„Bronzestudien“. Den Beschluß der größeren Aufsäge bilvet die Fortseßung der Ab- handlung von C. Friedri über die Venetianergläser in der Muster- sammlung des Bayerisben Gewerbemuseums; der zweite, die Krysftall- gläser beschreibende Abschnitt, ist mit einer Rethe sorgfältiger Abbil- dungen ausgestattet. — Von den drei Kunstbeilagen reproduzirt die erste in ganz ausgezeihnetem Farbendruck einen holländischen Fayence- Teller aus der Sammlung des Germanischen Nationaltnuseums in Nürnberg z auf der zweiten Tafel bietet F. D. Schulze eine Kollektion von Ornamenten dar. für welhe der Löwe als Motiv çedient hat; die dritte zeigt die Aufnahme eines prächtigen sizilianishen Seiden- \toffs aus dem Museo artistico-industriale in Rom, mit dem heiligen Baum des Lebens der altpersischen Religion und den Gazellen und Vöd-
eln, Sinnbildern des Guten und Bösen, welche ihn bewachen (13. Jahr- hundert). Aus den mannigfachen Text-JUlustrationen sei die Aufnahme des pracbtvoller Chorgestühis der Sta. Giustina in Padua hervorgehoben. — In Nr. 6 der „Mittheilungen® des Museums wird u. A. be- rihtet, daß bezüglih der beabsihtigten Gründung eines Erport- musterlagecs in München die Handels- und Gewerbekammer für Mittelfranken nacbstehenden, dem Bayerischen Gewerbe-Museum mit- getheilten Beschluß an die Handels- und Gewerbekammer für Ober- bayern hat gelangen lassen: „Die beabsichtigte Gründung eines Export- musfterlagers in München gelangte in heutiger Sißung unserer Kammer zur Berathung und wurde in Folge derselben nachstehender Bescbluß einstimmig S Die Gründung eines Exportmusterlagers an einem anderen Plaße als Nürnberg ist nicht veranlaßt und wünschenswerth, da die Vorausseßungen und Anfänge eines solchen bereits in dem dahier bestehenden Bayerischen Gewerbemuseum ge- e sindz es kann demna nur der Weiterentwiccklung dieses leßteren
nstitutes nah obgedahter Richtung hin mit Unterstüßung des Handelsvorstandes Nüraberg und der fonft noch hierbei in Betracht