1905 / 12 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Jan 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Gesegz, betreffend Abänderung des Gesetzes, das christliche Volks\hulwesen brieoffeab: Hannover, den 26. Mai 1845

(Hannoversche Gesezsamml. S. 465).

Vom 2. Januar 1905.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtags, was

folgt: Einziger Paragraph. Der S 5 des Gesezes, das christlihe Volks\{hulwesen be- Sn Hannover, den 26. Mai 1845, erhält folgende asung: Das s\chulpflihtige Alter endet mit demjenigen Zeit- punkte, welcher dafür in den einzelnen Landesteilen und für die verschiedenen Konfessionen vorgeschrieben ist. Wo dieser Zeitpunkt niht mit dem vorgeschriebenen allgemeinen Schul- entlassungstermine zusammenfällt, kann der Minister der geist- lihen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten anordnen, daß diejenigen Kinder, deren Schulpflicht nach den bestehenden Bestimmungen im Laufe des Schuljahrs (:halbjahrs) vor dem allgemeinen Schulentlassungstermin enden würde, ver- pflichtet sein sollen, den Schulbesuch bis zu diesem Termine fortzuseßen. : Da, wo überhaupt keine Vorschriften über die Beendi- gung der Schulpflicht bestehen, kann sie der Minister der 1 mde Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten er- lassen. ; Urkundlich unter Unserer e artaaa O Unterschrift und beigedrucktem Königlichen FJnsiegel. Gegeben Berlin im Schloß, den 2. Januar 1905. Wilhelm.

Schönstedt. Graf von Posadowsky. Freiherr von Rheinbaben. Möller.

Graf von Bülow.

von Tirpib, STUdL

von Podbielski. Freiherr von Hammerstein. von Einem.

Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.

Der bisherige Gymnasialoberlehrer Hermann Strauß aus Lyck ist zum Kreisschulinspektor in Dirshau ernannt worden.

Der Kreisassistenzart Dr. Boretius aus Waldenburg ist zum Kreisarzt ernannt und mit der Verwaltung. des Kreisarzt- bezirks Kreis Rybnik beauftragt worden.

Dem Kustos des Pathologishen Museums, Privatdozenten in der medizinishen Fakultät der Friedrich Wilhelms-Uni- versität zu Berlin Dr. Karl Kaiserling 1st das Prädikat „Professor“ beigelegt worden.

Am katholishen Schullehrerseminar zu Bromberg ist der bisherige Präparandenanstaltsvorsteher Milde aus Lande als Seminaroberlehrer und

am fkatholishen Schullehrerseminar zu Bromberg der bis- herige Präparandenanstaltslehrer Peßelt aus Lobsens als ordentlicher Lehrer angestellt worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Dem Nebenzollamt T zu Strälen ist zur Aus- führung von Pflanzenuntersuchungen der Handels- gärtner Anton Hendrix als Sachverständiger und der Gärtner Heinrich Hendrix als Stellvertreter des Sah- verständigen beigegeben worden.

Vetanntmamung

Alle diejenigen jungen Männer, welche in cinem der zum Deutschen Reich gehörigen Staaten heimatsberehtigt und 1) in dem Zeitraum vom 1. Januar bis einschließli 31. Dezember 1885 geboren sind, 2) dieses Alter bereits überschritten, aber sich noch nicht bei ciner Ersaßgbehörde zur Musterung gestellt, 3) sih zwar gestellt, über ihr Militärverhältnis aber noch keine endgültige Entscheidung erhalten haben und gegenwärtig innerhalb des Weichbildes hiesiger Residenz fich aufhalten, werden, soweit sie niht von der persönlichen Gestellung in diesem Jahre entbunden find, hierdurch auf Grund des § 2 der Deutshen Wehrordnung angewiesen : sich behufs ihrer Aufnahme in die Rekru- tierungsstammrolle in der Zeit vom 15. Ja- nuar bis 1. Februar d. J. bei dem Königlichen Polizeileutnant ihres Reviers persönlich zu melden und ihre Geburts- oder Losungsscheine und die etwaigen sonstigen Atteste, welche bereits ergangene Entscheidungen über ihr Militärverhältnis enthalten, mit zur Stelle zu bringen.

Die Geburtszeugnisse werden von den Standesämtern ausgestellt.

E diejenigen hiesigen Militärpflichtigen, welche zur Zeit abwesend sind (auf der Reise begriffene Handlungsgehilfen, auf See befindlihe Seeleute 2c.), haben die Eltern, Vor- múünder, Lehr-, Brot- und Fabrikherren die Anmeldung in der vorbestimmten Art zu bewirken.

Wer die vorgeschriebene Anmeldung versäumt, wird nah Le des Reichsmilitärgesches vom 2. Mai 1874 mit einer

eldstrafe bis zu 30 oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.

Reklamationen (Anträge auf Zurückstelung bezw. Be- freiung von der Aushebung in Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse § 32 2 a—g der Deutshen Wehrordnung —) find bezüglih aller Militärpflichtigen, auch der Einjährig- freiwilligen, vor dem Musterungsgeschäft, spätestens aber im Musterungstermine anzubringen; nah der Musterung ange- brachte Reklamationen werden nur dann berücksihtigt, wenn die Veranlassung zu denselben erst nah Beendigung des Musterungsgeschäfts entstanden ift.

Berlin, den 10. Januar 1905.

Die Königlichen Ersaßkommissionen der Aushebungsbezirke Berlin. Frommel.

Bekanntmachung.

Auf Antrag der ierfabrik Ulrich u. Co. bei Nieder- marsberg (Westfalen) f des unter Nr. 60 der Wasserzeichen- liste eingetragene Wasserzeichen Ulri & Comp. Niedermarsberg Normal gelösht worden. Groß-Lichterfelde-West,- den 10. Januar 1905. Königliches E a rnfungsaumi,

NüUdeloff.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 1 der Geseßsammlung enthält unter Nr. 10 568 das Gesetz, betreffend Abänderung des Geseßes, das christlihe Volksshulwesen betreffend, annover, den 26. Mai 1845 (Hannovershe Geseßzjsamml. S. 465), vom 2. Januar 1905, unter Nr. 10569 die Verfügung des Justizministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Teil des Bezirks des Amitsgerichis Frankfurt a. M., vom 23. Dezember 1904, und unter Nr. 10570 die Verfügung des Justizministers, be- treffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Teil der Bezirke der Amtsgerichte Dillenburg, Höhr - Grenzhausen, Königstein, Marienberg und Rüdesheim, vom 27. Dezember 1904.

Berlin W., den 14. Januar 1908. Königliches Geseßsammlungsamt.

Schwarß.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 14. Januar.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag die Vorträge des Staatssekretärs des Reichs- marineamts, Staatsministers, Admirals von Tirpiz und des S des Marinekabinetts, Admirals Freiherrn von Senden-

ibran.

Seine Durchlaucht der Fürst Alexander zur Lippe ist gestern nahmittag in St. Gilgenberg bei Bayreuth sanst enishlafen. Ein shweres Leiden hat den Heimgegangenen von dex Regierung ferngehalten und verhindert, daß er der Bevölkerung seines Landes näher treten konnte. Sein Hinscheiden bewegt zu Empfindungen menschlicher Teil- nahme an dem s{hweren Lose, das ihm z (gefallen war. Die Regentschaft Seiner Erlaucht des Grafen Leopold im Fürsten- tum Lippe und die zur Entscheidung des Thronfolgerehts ge- troffenen Abmachungen und Anordnungen werden durch diejen Todesfall niht ber; -xt.

Ti Der Ausf{huß des Bundesrats für Zoll- und Steuer- wesen und die vereinigten Ausshüsse für Zoll- und Steuer- wesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sißungen.

Nach Mitteilung zu Dortmund waren am 13. d. gesamt 51500 Mann ausständig. Am 13. wurden außer den bereits gestern genannten Zechen vom Ausstand betroffen: Preußen IIL, Neu-Cöln, Roland, Viktoria Mathias, Hagenbeck, Mathias Stinnes, Julia, von der Heydt, Constantin Ill bis V und Herkules TII. Am 14. dehnte sich der Ausstand auf die Belegschaften der folgenden Zechen aus: Werne, Zollern IL Zulius Philipp Sprockhövel, Carolinenglück und Königin Elisabeth (Schächte Wilhelm und Hubert). _ Dagegen fuhr auf der Zeche ver. General und E rb- stoll n, deren Belegschaft sih am 13. d. M. dem Ausstande angeschlossen hatte, die Morgenschicht vollzählig wieder an. Am 12. d. M. trat in Essen - Nuhr die Delegierten- versammlung der Bergarbeiterverbände zusammen, in der bestimmte Forderungen gestellt wurden, welche betreffen: Dauer der Schicht, Beschränkung der Uebershihten, Wagen- nullen, Wahl von Wagenkontrolleuren (Wagenmeister), Lohnhöhe, Errichtung von Arbeitsausschüssen, Verabfolgung von Deputat- tohlen, Strafenwesen, bessere Behandlung durh die Beamten, Anerkennung der Arbeiterorganisationen. Diese Forderungen sollten am 13. d. M. dem Vercin für die Méabauliten Interessen überreiht werden mit dem Ersuchen, bis zum 16. d. M. Mittags der Kommission Antwort zukommen zu lassen. Erginge eine völlig ablehncnde Antwort, so habe am 17. d. M. die ganze Bergarbeitershaft die Arbeit niederzulegen. Eine erneute Versammlung soll am 16. d. M., Nachmittags, statt- finden, die weiteres beschließt. Anträge auf Vermittelung ständigen und den Zechenverwaltungen sin Oberbergamt nicht gestellt worden. _In zahlreihen Fällen wurden Arbeitswillige von den ausständigen Arbeitern von der Aufnahme der Arbeit ab- gehalten und mehrfach von den Ausständigen Gewalttätigkeiten gegenüber Arbeitswilligen verübt.

des L Len Oberbergamts . im Ruhrbezirf ins-

zwishen den Aus- bisher beim

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Torpedo- boot „S 127“ am 12. Januar in Elbing vom Stapel gelaufen. i

S. M. S. „Falke“ ist am 11. Januar in Coquimbo Chile) eingetroffen und geht am 17. d. M. von dort nah ‘alial (Nordchile) in See. /

S. M. S. „Hertha“ ist am 12. Januar in Kalkutta angekommen und set am 18. d. M. die Reise nah Colombo (Ceylon) fort.

Der Transport der abgelösten ang von S. M. S. „Möwe“ ist mit dem Reichspostdampfer „Gneisenau“ am 13. Januar in Adelaide (Süd-Australien) eingetroffen und seßt heute die Reise nah Fremantle (West-Australien) fort.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Ueber das Befinden Jhrer Königlichen Hoheit der Groß- herzogin ist, wie die "Beim, Ztg.“ meldet, am Donnerstag abend folgendes Bulletin ausgegeben worden :

Oertlihe Erkrankung seit gestern etwas fortgeschritten, mebr Husten, Temperatur 39 Grad. Puls Ene aber gut. Nahrungs- aufnahme ausreihend. Kräftezustand befriedigend.

Dr. Stinting. Dr. Pfeiffer.

Das gestern früh ausgegebene Bulletin lautet:

Die Nacht war durch Husten etwa3 weniger gestört. Das Fieber hat noch nicht nahgelafsen. Allgemeinbefinden zufriedenstellend.

Dr. Stintzing. Dr. Pfeiffer. __ Bei Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog nimmt die Influenza einen günstigen Verlauf. Gestern früh betrug die Temperatur 375 Grad nach bestens verbrahter Nacht.

Lippe.

__ Seine Durchlaucht der Fürst Carl Alexander zur Lippe ist gestern nahmittag in St. Gilgenberg bei Bayreut an einer Serilähining veritbiobint. Vor drei Tagen hatte si eine leichte Herzshwäche mit Luftröhrenkatarrh eingestellt, der indes zu keiner Besorgnis Anlaß bot. Der Fürst und trank gestern noch mit gleihem Appetit wie sonst und las seine gewohnten Zeitungen. Plô lih überfiel ihn eine Herzshwäche, und der Fürst entshlief alsbald sanft und shmerzlos. Er war seit 33 Jahren in der Nervenheilanstalt des Dr. Greither und erfreute sih stets der besten körperlihen Gesundheit, sodaß der Tod ganz überraschend kam.

Deutsche Kolonien.

Nach einer Meldung des Generalleutnants von Trotha

aus Windhuk in Deutsh-Südwestafrika traf, wie „W. T. B.“ berichtet, der Oberst Deimling am 10. Januar mit den ver- einigten Abteilungen Lengerke und Ritter inStampriet- Pee bei der Abteilung Meister ein. Es haben tegreih gefochten: die Abteilung Ritter am 83. Jas nuar bei Haruchas gegen 200 Simon Kopper-Leute und Witbois, die vereinmgten Abteilungen Lengerke und Ritter am 5. bei Gochas gegen den gesamten Simon Koppers Stamm und am 7. Januar bei Zwartfontein gegen die ge- samten Witbois unter Bens rik Witboi, der unter dem Druck der anmarschierenden Südtruppen von Meister abließ und si gegen Deimling wandte. Der Auob-Abschnitt ist vom Feind völlig gesäubert, die Hottentotten sind zersprengt und haben im ganzen 150 Tote, bei Zwartfontein 22 Ochsenwagen ver- loren. “Bur Widerstand war in allen Gefehten ein außer- ordentlih zäher. Unsere Truppen haben troß größter An- strengungen mit hervorragender Tapferkeit gekämpft, was nah einer Meldung des Obersten Deimling namentlich auch von der Abteilung Meister gilt, die ihren 50 Stunden langen Kampf mit einem fiegreihen Sturmlauf abshloß.

Jn den Gefechten bei Gochas am 5. und bei

Nein am 7. Januar sind gefallen: Oberleuinant

hristian Ahrens, geboren am 11. April 1873 zu Hullersen, früher im Pionierbataillon Nr. 19, und 6 Mann; \{chwer verwundet wurden: Oberleutnant Wilhelm Groos, ge- boren am 14. Juni 1872 zu Wunstorf, früher im Feld- artillerieregiment Nr. 22, Leutnant Alexander Effnert, eboren am 18. Februar 1875 zu Villih, früher im Pionier- ataillon Nr. 21, Leutnant Freiherr einrich von Malßahn, geboren am 27. Januar 1 zu Köslin, früher im Königin Elisabeth Gardegrenadierregiment, Ober- veterinär Adolf Jangze, geboren am 4. September 1873 zu Oldau, früher im AEROIS arenregiment, und 8 Mann; leiht verwundet wurden 1 Offizier und 12 Mann.

An Typhus ift weiter der Unteroffizier Adolf Bergander, geboren am 21. Oktober 1881 P Peterkashüß, früher im Leibkürassierregiment Nr. 1, am 4. Januar auf dem Kranken- transport in Orumbo gestorben.

Oesterreich-Ungarn.

___ Wie das „Ungarische Korresp.-Bureau“ meldet, wurden in der vorgestrigen gemeinsamen Ministerkonferenz die s{chwebenden Fragen des Handelsvertrages mit Deutschland beraten und Beschlüsse gefaßt. În diesem Sinne wurden den Delegierten, die sich behufs Fortseßung der Verhandlungen nah Berlin begeben, Instruktionen erteilt.

Großbritannien und Frland.

Eine Abordnung von Vertretern der Se ver- arbeitenden Jndufstrien wurde gestern nahmittag, wie „W. T. B.“ erfährt, von dem Schatßkanzler N usten Chamberlain empfangen und bat um Abschaffung der Zucker- steuer. Sie erklärte, Taujende feierten infolge der Preissteigerung des Zukers. Die Schwierigkeit sei hauptsächlich auf die Brüsseler Konvention Mr C GI O Der Schatkanzler antwortete, die Regierung 4 age vor, die Steuerfrage zu einer der Hauptfragen für die allgemeinen Wahlen zu machen man dürfe dem Urteile der Wähler vor Beendigung der gegen- wärtigen Parlamentsperiode nicht vorgreifen. Sonst sei es angesihts der Lage der Staatsfinanzen unmögli, auf die Steuer zu verzichten.

Frankreich.

In der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer inter- vellierte der Deputierte Lhopiteau (radik. Republikaner) über die allgemeine Politik des Kabinetts bezüglih der Realisation feines Programms, warf dem Kabinett vor, keine Reform bezweckt zu haben, beshuldigte den Ministerpräsidenten, Spionage gegen die Deputierten ins Werk gesegt zu haben, und sagte, der Rücktritt des Kabinetts sei notwendig, denn es habe die Majorität desorganisiert. Der Deputiere Deschanel erklärte, der erbitterie Streit unter den Republikanern müsse aufhören, zur Herbeiführung von Reformen sei Einigkeit notwendig. Die Politik der Regierung stehe in Widerspruch mit den vitalen Interessen des Landes. Der Redner wandte ps gegen die Angebereien und beglückwünschte den Rat der Ehren- egion zu der Streihung eines Angebers aus seinen Listen. Er be- sprach sodann den Bericht des Generals Négrier, in dem es heißt, daß die Negimenter an der Grenze nicht ihre vorgeshriebene Stärke bätten, und bedauerte, daß man endgültig Aegypten und Neu- fundland aufgegeben habe, um in aroflo die Rolle eines Gendarmen von Europa zu übernehmen. Er kritisierte hierauf die t fe der inneren Politik des Kabinetts, bezüglih deren Uneinig- keit herrshe, und die der äußeren, wo die Lage Aer ernst sei. Man müsse das Land zum wahren parlatentarishen egime zurüd- führen und eine Regierung berufen, die nicht den Einflüssen der Tyrannei von Unbekannten unterworfen sei. Der Deputierte Zevaes LS0) verteidigte das Kabinett und sagte, die Obstruktion allein habe

eformen verhindert. Der Deputierte Vaillant (Soz.) erklärte,

die Kammer selbst sei verantwortlich für die Verzögerung der

.

Reformen, und ersüuhte die Regierung, ganz bestimmnie Er- flärungen bezüglih der Reformen abzugeben. Der Prä- sident Dovmer lug dann vor, die Weiterverhandlung auf heute zu oectagen. Dieser Vorschlag wurde mit 303 gegen 228 Stimmen angenommen. Der Deputierte Lannes de Montebello kündigte hierauf an, er werde die Regierung über einen in den Fier Blättern vecöffentlihten Brief des Generals Peigne interpellierea, in dem e den Generalsekretär Vadecard vom Grand Orient benah- ihtige, er werde den Kampf gegen die klerikalen Offiziere des X. Armeekorpys kräftig fortsezen. Die Sitzung wurde dann aufgehoben.

Für die heutige Sizung is von dem Deputierten Bienvenu Martin folgende Tagesordnung eingebraht worden: „Die Kammer, entshlossen die Einkommensteuer, die Vorlagen, betreffend die Trennung von Staat und Kir(e, und die Altersversicherung der Arbeiter zum Abschluß zu bringen, sowie jede Obstruktion zurückzuweisen, eht im Vertrauen, daß die Regierung ihr Programm dur- ühren wird, zur Tageordnung über." Der Deputierte Etienne weigerte sih im Namen des demokratischen Verbandes, diese Tagesordnung zu unterzeihnen, da die Mitglieder des Verbandes be- {lossen hätten, sich volle Handlungsfreiheit zu wahren. Au solle ein Teil des Verbandes der Trennung von Staat und Kirche ab- geneigt fein.

Der „Temps“ veröffentliht eine von dem Prinzen Georg von Griechenland als Oberkommissar für Kreta dem Minister des Aeußern Dekcassé überreihte Denkschrift, in der abermals als einzige Lösung der schwierigen Lage die Vereinigung Kretas mit Griechenland bezeihnet wird. Falls der geringste Zweifel über die Gesinnungen der Kreter bestehe, möchten die Großmächte unter Kontrolle und Leitung ihrer Vertreter ein Plebiszit über die E veranstalten.

Der General Peigne hat über seinen gestern veröffent- lihten Brief an den Sekretär der Freimaurerloge Grand Orient Vadecardò erklärt, er. habe die Aufgabe unter- nommen, von seinen Untergebenen eine vollständige Neutralität in politishen und fkirhlihen Fragen zu verlangen; diese Aufgabe habe er zu erfüllen ge- suht. Des Freimaurerordens, dem er seit 40 Jahren ange hóre, habe er sich behufs Kontrolle der erhalieznen Auskünfte bedient; er habe in diesem Sinne dem Kriegsminister ge rieben. Der Nationalist Lasies hat eine Juterpellatien über den Brief Peignes in der Kammer ang&@ündigt.

Nufziand.

Ein Tagesbefehl des Kaisers an die Armee und Flotte lautet: :

Port Artbur ging in die Hände des Feindes über. Elf Wonate währte der Verteidigungskampf; über sieben Monate war die ruhm- reiche Garnison von der Außenwelt abgeschnitten. Der Hilfe be- raubt, wbne Murren die Entbehrung und die moralischen Qualen währerd der Gatwidckelung der Erfolge des Gegners ertragend, Leben und Blut nicht schonend, hielt eine Hand vol russisher Leute in der festen Hoffnung auf Entsaß die wütenden Angriffe des Gegners aus. Mit Stolz ‘verfolgte Nußland ‘ihre Heldentaten, die ganze [t beugte sh vor ibrem heldenhaften Sinne. Doch täglich lihteten fi ihre MNethen. Die Kampfmittel gingen unter dem Andringen stets neuer feindtiher Kräfte aus, sie mukten, ihre H-ldentat vollendend, der Uebermacht erliegen. Friede der Asche unv ewiges Andenken den unvergeßlihen Russen, die bei der Verteidigung von Port Arthur umkamen! Fern von Rußland starbt Ihr für Rußlands Sache, er- füllt von «der Liebe zu Kaiser und Vaterland. Euch Lebenden fei RNuh:n! Gott heile Eure Wunden und {enke Euch Kraft und Ge- duld, die auferlegte neue schwere Prüfung zu tragen! Unfer Gegner ist bn und stark, unsäglih {wer ist der Kampf mit ihm 101900 Werst fern von denDQuellen unserer Kraft. Aber Nußland ist machtvoll. In seinem tausendjährigen Leben :gab es noch \{chwerere Präfungen und no@ drohendere Gefahren, und jedesmal ging es aus dem Kampf neugeftärkt und mit neuer Macht hervor. Unsere Mißerfolge find \{wer. Indem wir unsere Verluste beklagen, wollen wir uns nicht verwirren laffen. Mit ganz Rußland vertraue Ich, daß die Stunde des Sieges bald anbriht; Ich bitte zu Gott, daß er die Mir teuern Truypen und die Flotte segne, damit sie vereint den Feind nieder- werfen und die Ghre und den Nuhm Rußlands stüßen.

Der Generalgouverneur von Moskau, Großfürst Sers gius Alexandrowitsch is, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, frankheitshalber seines Postens enthoben und gun Ober- kfommandierenden des Moskauer Militärbezirks er- nannt worden. : Ï e: E

Der Ee des Kaukasusgebietes Fürst Galißin ist seiner Stellung enthoben worden. E

Durch Kaiserliche Erlasse find der Sroßfürst Michael Nikolajewit{ch als Präfident und von Frisch, Ger- hard, Ss\olski und Tshichatschew als Departements- präsidenten des Reichsrats bestätigt worden. Jn den Reichsrat berufen wurden das Konsfeilsmitglied des Ministe- riums des Jnnern Bala scho, der Gesandte in Madrid S che- with, der Gehilfe des Finanzministers Romanow und der Gehilfe des Generalgouverneurs von Moskau Buligin. Der Finanzminister Kokowzew is unter Belassung auf seinem An zum Staatssekretär, der Gouverneur des Distrikts des Schwarzen Meeres Wolkow zum Stadthauptmann von Moskau ernannt worden. fu y

Ein Kaiserlicher Ukas bestimmt, daß die Posten des Moskauer N LNLt p Lene und seines Gehilfen unbesegzt bleiben sollen. Statt dessen wird der Posten eines Stadthauptmanns und Gehilfen nah St. Petersburger Muster geschaffen. Die Funktionen des General- gouverneurs gehen auf den Minister des Funern über, an den sih der Gouverneur von Moskau und der Stadt- +7 vis in allen geseglih vorgeshriebenen Fällen zu wenden

aben.

Der Oberpolizeimeister von Moskau, Generalmajor Trepow, der sih, wie gemeldet, nah Ostasien begibt, ist feines Postens enthoben und zur Verfügung des Generals Kuropatkin gestellt worden. : Í

Das Ministerkomitee hat gestern ‘seine Beratung über die Aufbesserung der Lage der Presse abgeschlossen und dann die Beratung der Kompetenzen und der Zusammen- seßung der landshaftlihen und städtishen Selbst- verwaltungsorgane begonnen. s füh Der Voranschlag zum Staatsbudget für 1905 ührt auf:

Obentlige Einnahmen 1977 045 618, außerordentliche Einnahmen 17 588 638, hiervon aus den Barmitteln der Staats- rentei 14 838 638 Rubel; ordentlihe Ausgaben 1916 065 571, außerordentlihe Ausgaben 78568685; der Etat balanciert in Einnahmen und Ausgaben mit 1 994 634 296 Rubel. Die ordent- lien Einnahmen übersteigen die ordentlißen Ausgaben um 60 980047 Nubel. An Einnahmen werden erwartet: direkte Steuern 139361354, indirekte Steuern 8399838 500, Ge- bühren 105 324 374, Staatsregalien 592 791 300, Staatseigentum und Kapitalien 579 994 897, diverse 159 735 193 Rubel. Von den ordentlihen Ausgaben entfallen für Staats\{chulden 303 018 190, höchste Staatsinstitutionen 3 418 035, für den Heiligen Synod 28 952 790, Hofministerium 16 127 920, Ministerium des Aeußern 5704055, Kriegsministerium 8367 054867, Maarineministertum 116 637 050, Finanzministerium 341640895, Ministerium für Alerbau und Domänen 47 322933, Ministerium des Innern

d r I

108 603 833, Unterrit8ininisterium 43 068 486, Verkehröministerium 448 299 104, Secehandeléshiffahrt und Häfen 12 346 668, Justiz- ministerium 49 854 629, Staatskontrolle 9 173 326, Gestütswesen

1 832810 Rbl. Für den Fall einer Preissteigerung für Proviant und Furage sind Po e besondere Bedürfnisse 10 000 000 Rbl. vorgesehen. Bei den außerordentlichen Ausgaben find an- geseßt: zum Bau der sibirishen Bahn 11780000 und zum Bau

anderer Bahnen 60 801 685 Rbl.

In Czenstohau veranstaltete am 8. d. M. die Sozialistenpartei Straßendemonstrationen, indem | sie unter Vorantragen einer roten Fahne revolutionäre Lieder sang. Als Militär eintraf, feuerten einige Demon- stranten Revolverschüsse ab; der Gendarmerieunteroffizier, der die Fahne fortnehmen wollte, wurde getötet. Bei der Pecson, die diesen Schuß abgefeuert hatte, wurden bei der Verhaftung drei Revolver und dreißig Patronen, außerdem Proklama- tionen gefunden. Die Demonstranten wurden später zerstreut.

Dänemark.

Der König hat, dem „W. T. B.“ zufolge, folgende Ministerliste genehmigt: Christensen, Ministerpr ästdent sowie Kriegs- und Marineminister; Graf R aben-Leoegau, Mi- nister für auswärtige Angelegenheiten; der bisherige Justiz: minister Alber ti bleibt auf seinem Posten, eber.so der bisherige Landwirtschaftsminister Ole Hansen; der bisherige Minister des Innern Soerensen wird Kultusmiuister: der Abg. und Anwalt beim Höchsten Geriht Svend Hoegsbro wird Minister für öffentlihe Arbeiten; der Abg. und Redakteur Sigurd Berg wird Minister des Jnnern; der Abg. und Redakteur Wilhelm Lassen erhält das Finanzportefeuille. Sämtliche Mitglieder des neuen Ministeriums gehören dem Zentrum oder dem rechten Flügel der Reformpartei der Linken an und nd, mit Ausnahme des Ministers des Acußern, Mitglieder des Foltething.

Amerika.

Das „Reutershe Bureau“ meldet aus Washington, der Präsident Roosevelt habe einen Assistenten des General- posimeisters dazu bestimmt, als Sonderkommissar die Häfen Amerikas aufzusuchen, um die Handelsverhältnisse zu Gunsten der Srleichterung des Warenverkehrs über die Panamaeisenbahn zu ftudieren. 8

Der Präfident der südlichen Eisenbahnen erklärte vor dem HandelEaus\huß des Repräsentantenhauses, ein Versuch der Regierung, die Frachtpreise plößlich gleihmäßig zu Elassifizieren, werde zu einem allgemeinen kommerziellen Uresfturz fahren: er sprehe für 75 Prozent der Eisenbahnen, wenn er sage, daß ein Geseß, das den Rabatt verbiete, nicht durhgreifend genug gemacht werden könne. Aus den Mißbräuchen des Rabattsostems ergäben sich neun Zehntel der aus den Frachtpreisen erwachsenen Schwierigkeiten. Der Präsident der Eisenbahnen wies ferner darauf hin, wie un- geeignet es fein würde, eine Kommission zu schaffen, die gleich- a rechtsprehende und oesezgebende Funktionen habe. Ein Ippell dürfe niht über die Bezirksgerichte hinaus gestattet fein, außer wenn es sih um geseßlihe Fragen Ee

Der „New York Herald“ meldet aus Wa)hington, es scheine siher zu sein, daß das Repräsentantenhaus in dieser Session das Gese annehmen werde, die Befugnis der Kommission für den zwishenstaatlihen Handel so zu erweitern, daß sie Eisenbahntarife aufstellen könne, die der Nachprüfung durch die bestehenden Gerichte oder dur ein neu zu bildendes Gericht für Transportwesen unterlägen. Das Geseß werde wahrscheinlich im Februar an den Senat gelangen.

Der amerikanische Gesandte bei der Regierung von R hat, dem „Reutershen Bureau“ zufolge, erklärt, die

ereinigten Staaten erkennten die Berechtigung der gegen einen Amerikaner ausgesprochenen langen Gefängnisftrafe niht an. Dieser Amerikaner war in dem Prozesse wegen betrügerisher Ausgabe von Bonds der Regierung und der Bank von Haiti als Mitschuldiger ver- urteilt worden. Die Vereinigten Staaten verlangen unter Androhung von energischer Anterümtión Annullierung der Strafe. Jn Haiti solle große Aufregung herrschen.

Afien. Dem „Reutershen Bureau“ wird aus Tokio vom irgen Tage berichtet : ussishe Kavallerieabteilungen entfalten s\üdwestliGh von Liaujang eine lebhafte Tätigkeit; fie wollen offenbar die Eisenbahnverbindungen abschneiden und die Armee Nogis, die Oyamas Armee verstärken soll, ermüden. Ein Bericht des Hauptquartiers in Liautung vom 12. d. M. melde: Am Mittwoch Vormittag um 10 Uhr sei eine japanische Kavallericabteilung westlih von Tangmasas und südwestlich von Liaujang auf vier russishe Kompagnien gestoßen, es habe sich ein heftiges Gefeht eñtsponnen, das bis 24 Uhr Nachmittags gewährt habe, die Nufjen seien mit starken Verlusten zurückges{lagen worden. Am Mittwoch gelangten die Russen bis zur Eisenbahn und zerstörten die Strecke zwischen Antschantshan und Hait- \cheng und zwishen Inkau und Tatschitschao. Nachdem die Strecken sofort ausgebessert worden waren, wurde der Ver- fehr am Nachmittag wieder aufgenommen. Gleihfalls am Miüit- woch griffen 2000 Mann russisher Kavallerie Ntiutshwang an. Die Japaner zogen sich zunächst zurück, griffen aber, nahdem sie Ver- stärkungen erhalten hatten, die Russen an und verfolgten sie. Eine Abteilung von 500 Kosaken hat die japanishen Vorräte in Kaspanze bei Niutschwang zerstört. Es Bericht des japanischen Hauptquartiers in Liautung meldet:

_ Russische, offenbar zur Kavallerie Mistshenkos gehörige Abteilungen mit dem zweiten Gardeinfanterieregiment und zwölf Geschüßen hätten das japanische Eisenbahnkommifsariat in Niutschiatung angegriffen, seien aber zurückgeshlagen worden.

__ Das japanische Hauptquartier in Korea erhielt gestern eine Ua wonach die japanishe Garnison in Ham- heung eine Abteilung der sibirishen Kosaken in der Nähe von Sotptasn besiegt habe. Das Datum des Kampfes werde nicht angegeben. Die Hen hätten sich in Unordnung s edogen und neun Tote, Offiziere und Soldaten, zurück- gelassen. | |

Der japanische Kreuzer „Tokiwa brachte den englischen Dampfer „Ros ce der mit Kohlen nah Wladiwostok be- stimmt war, am Mittwoch in der japanischen See auf. Das Jjapanishe Torpedoboot Nr. 72 hat vorgestern den englishen Dampfer „Lethington“, der mit Kohlen nach Wladiwostok bestimmt war, in der Tsuschimastraße be- ai tra: und nah Sascho gebracht.

ie „Daily Mail“ meldet aus Tokio vom 13. d. M.:

eute morgen um 10 Uhr erfolgte der feierlihe Einmarsch der Japaner in Port Arthur. Eine aus Infanterie, Kavallerie und Pionieren bestehende Abteilung marschierte von Norden her in

breiter Marschformation unter Hörnerklang durch die alte und neue Stadt. Die Mannschaften waren tief bewegt, als die zershossenen

und blutbeflecten Regimentsfahnen an der Front vorbeigetragen wurden. Dis, ‘russishen und chinesischen Einwohner gehen jeßt friedlich ihrer Beshäftigung nah.

Parlamentarische Nachrichteu.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißzung des Rei hs- tags befindet sih in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (118.) Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staatsminijter Dr. Graf von Posadowsky-Wehner und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding beiwohnten, stand zu- nächst díe Interpellation der Abgg. Auer (Soz.) un d Genossen, betreffend den Ausstand der Bergarbeiter im Ruhrrevier, auf der Tagesordnung. 4 :

Auf die Frage des Präsidenten Grafen von Ballestrem erklärte namens des Bundesrats der j S j .

Staatssekretär des Innern, Skäatsminister Graf von Pofa- dowsky-Wehner, daß der Reichskanzler bereit sei, die Inter- pellation zu beantworten, soweit sie si auf die Au?führung von Reichsgeseßen beziehe. Die Beantwortung werde dur den preußischen Bundesratsbevollmächtigten, Minister für Handel und Gewerbe Möller erfolgen. Dieser sei indessen heute dur die Verhandlung des Abgeordnetenbauses verhindert. Infolgedessen könne die Be- antwortung der Interpellation erst in den nächsien Tagen erfolgen. Er werde stch erlauben, dem Herrn Präsidenten mitzuteilen, an welchem Tage der Handelsminister Möller ¡ur Beantwortung in der Lage sein werde. :

Präsident Graf von Ballestrem: Ih werde nach Eingang dieser Mitteilung dem Hause weitere Vorschläge machen; für heute verlassen wir diefen Gegenstand.

Darauf wird die zweite Lesung des Reichshaushalts- etats für 1905 bei dem Spezialetat der Reich sjustiz- verwaltung fortgeîeßt. i . l

Abg. Stadthagen (Soz.) betont, daß die gestern hier vot- gebrachten Beschwerden zumeist früher {hon von feiner Partei Ee worden seien. Das Zentrum habe keinen Anlaß, sib hier aufs hohe Pferd zu segen, da seine Refolutionen in den Landtagen 2on den elgen©a Parteigenoffen verleugnet würden. So sei das z. B. im baveris& ew Landtage bezüglih der Oktrois geschehen, wo nur der "(bg

Heim feft geblieben sei. Ebenso steht es, fährt er daun : Fort, mit der Haltung 4des Zentrums zur Frage der Gef angnis- : arbeit, ganz besonders aber mit seiner Haltung în der ® rage des

Kontraktbruhs ländlicher Arbeiter; da hat das Zentrum (m preußi- : hen Abgeordnetenhause die prinzipielle Stell!.-cg, die €s } im Neichatage einnizunt, keineswegs innegehalten. Wenn Herr Lenz- | mam die Klafsenjustiz niht seht, wenn er rcht sieht, daß wir * mitten darin find, fo ist ibm nicht zu helfen. Er meinte, unsere Darlegungen fkrankten an Uebertreibung und Entstellung. Selten habe ih eine so dreëte Behauptung fo fselbstbewußt vortragen hören wie téese; den Beweis dafür ift er schuldig geblieben. Alles, was wir Hier anführten und anführen, auch im Punkte des Hüssener- Bildes, zift im wesentlichen bestätigt worden. Was er seinerfcits Uber den Fa Pückler ausführte, hätten wir aus seinem Munde nicht erwartet; er hat hier, was er bei jedem „anderen mit großer sitt- licher Entrüfvang perborre8ziert, felbst getan, n ämlih einen Wehrlofen angegriffen. Er bätte draußen folche Angri, fe gegen den Grafen Pücklee rihtea soüen. Was uns an dem Ma; 1n iateressiert, ist, daß er mit diesea seinen Anschauungen zehn Z 1hre stellvertretender Amtsxorsteher, also Inhaber einer obrigkeitl, chen Stellung, ge- wesen it. Wenn darüber Beschwerde geführt wu xde, daß der Graf Pückler zu der Sinweihung eines sogenannten pat: iotishen Denkmals von der Festung beurlaubt wurde, so kann ich das“ niht verstehin; der Mann gehörte dahin, er befand sich da in der Sesellshaft, in der er sich wohl fühlen konnte und wohl fühle. © durfte. Aber angeklagt werden muß die Polizeiwillkfür, die (S garantierte Vereins- und Bersammlungsreht zwar dem Grafen ler gegenüber respektiert, aber den Arbeiterkreisen auf diesem Gebi, te immerfort die {limmsten Chbikanen bereitet und dieses Necht ga illusorish macht, wenn die Anarchisten eine Versammlung einberufe; !-

Bei Schluß des Blattes spricht der Redner fort.

Das Haus der Abgeordneten begann in der heutigen (117.) Sigung, welcher der Präsident des Staats- ministeriuums, Reichskanzler Graf von Bülow, der Justiz- minister Dr. Schön. stedt, der Minister der geistlihen, Unter- rihis- und Medizinalangelegenheiten Dr. Studt, der F inanz- minister Freiherr von Rheinbaben, der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Podbiel Ski, der Minister des Jnnern Freiherr von Hammerstein Und der Minister für Handel und Gewerbe Möller beiwohn ‘en, die erste Beratung des Geseßentwurfs, betreffend die Fe |t- stellung des Stiaatshaushaltsetats für das Etat: }- jahr 1905.

Abg. Graf zu \{chwer verständlich): so will ih nur auf eirz Wunsch ausgesprochen, d Diesem Wuniche kann

urg-Stirum (kons., auf der Triktüne "

Las die Etatsrede des Finanzministers betrifft. 1e Punkte eingehen. Er hat zunächst den das der Etat rechtzeitig fertig«estellt werde. } a id mich nur vollfommen anschließen. Ich finde, daß von den Rednern viel zu viel gesagt wird, daß das, was gesagt fann, teilweise wiederholt wird, daß die Redner fi selbir wiederholen und daß mehrere Redner nadh- einander dasselbe sagen. Ih finde, daß das Gedankenmaterial sebr gut fonzentriert werden fönrte, und glaube, daß in diesem Sinne eine Verständigung sehr wobl möôzlich wäre, daß wir alles Ueberflüssi:e ausscheiden fönnen. Mit diesem Wunsch bin ih weit entfernt davon, den einzelnen Parteien etwa die Nedefreiheit verkümmern zu wollen. Ich kann darauf hinweisen, wie kurz, präzis und wirksam einzst{lre Nedner sprehen. Ich nenne da den Herrn Abg. Wiemer. Ich babe immer seine Methode bewundert, wie kurz und wirkîam er das sagt was notwendig ist. Was die Autorität, die Würde, den Anstand und das Ansehen dieses Hauses betrifft, so können wir darauf stolz setn, daß wir darin alle anderen Parlamente übertreffen. Es

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l Es mâre aber gut, wenn wir dies aub durch eine kurze und präiie Geschäfts- erledigung tun fönnten. Was nun den Etat selbst betrifft, so springt zum ersten Male die Aenderung des Namens der Seebandlung in die preußishe Staatsbank in die Augen. Bei der Konzentration des Großkupitals und bei der Gefahr, die zadurch entsteht, daß das Großkapital nicht allgemeinen, sondern Privatinterefsen dient und zum Teil auch auswärtige Interessen dabet in Frage kommen, ist es notwendig, dieser Gefahr durch ein Staatzeinstitut entgegenzutreten, das dessen wirtschaft. lien und politischen Interessen gerecht wird. Eine solhe starte Waffe in der Hand der Regierung ift die preußishe Staatsbank. Bet der Bergwerksverwaltung it ein Minderübersh1ß zu bemerken; bei der Eisenbahn dagegen gehe ih wohl nit fehl, wenn i eine dreiprozentige Zunahme der Einnahmen annehme. Unsere Eisenbahnverwaltung ist das großartigste Institut der Welt. Wir haben 31858 km vollfpurige Bahnen. Auf den Personentran#port muß natürlih die größte Sorgfalt gelegt werden. Ich kann es nur billigen, daß der Eiseobabnminister, der zu meinem Bedauern krank ift und dem ih baldige Genesung wünsche, mit großer Energie erklärt hat, daß für einen Sozialdemokraten in der Eisenbahnverwaltung kein Play sei; ebenso ist s nur zu billigen, daß er eine Fürsorge für seine Beamten eintreten läßt. Darum billigen wir "die Erhöhung der Ausgaben für scziale Zw-cke. Die Betriebsmittelgemeinschaft der deuishen Eisentahnve. waltungen, über die jeßt Verhandlungen s{weben, wird allerdings große Er sparnisse an Geld und Material ermöglichen, aber von meinen Freunden

habe ich den Auftrag, darauf hinzuweisen, daß wir diese Gemeinschaft als ersten Schritt für die Einführung von Reichseisenbahnen ansehen