1905 / 21 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Jan 1905 18:00:01 GMT) scan diff

die Absicht, duch Gesey in_ der allernächsten Zeit den achtsiündigen Arbeitstaa infl. der Ein- und Ausfahrt für den Berg- bau einzuführen, das Wagennullen zn verbieten, die Bergwerkéaufsicht auch dur Arbeiter einzuführen und uns des näheren mit der Ver- staatlihung des Beraktaues zu beschäftigen Leute wie Stinnes, Tkyßzen, der ein jährliches Einkommen von 90 bis 30 Millionea haben foll, würden dann. ret fleinlaut geworden scin. Freilih hätte man dem vreußiscen Handelsminister dann nahgesagt, er sei auf dem besten Wege, Sozialdemokrat zu werden. Eine parlamentarische Unters \uchungékommisficn wäre nur notwendig zur Prüfung der Lobnfrage, nidt der übrigen Punkte, die sckleunigft erledigt werden sollten. Möge die Regierung sh der Bergarbeiter gründlich annehmen. Mit dem Poli-eiprügel wird man diesmal die Arbeiter nit zur Arbeit treiben Éönnen. Wenn der Streik nicht zu Gunsten der Arbeiter ausfällt, so werden niht 15 Jahre vergehen, ehe ein neuer Streik ausbricht. Reformen sollten einer solhen Eventualität vorbeugen. Was die Ruhe und Ordnung betrifft, so scheinen immer mebr Polizeimanr schafter, zuleßt noch aus Berlin, nah dem Ruhrgebiet ges{ick zu werden. Ich bekam beute ein Telegramm, nah dem gerade musterhafte Ruhe dort herrsche. Revierbeamte haben dagegen Streikerde aus dem Beit zur Arbeit geholt; Streikpolizisten haben einen Arbeiter mit dem Revcelverkolben zu Boden g:shlagen. Die Negierung follte dagegen einschreiten, wenn Schlimmeres verhütet werden foll. Man hat auch sogenannte Z-&enwebhren eingerihtet, und zwar auf Veranlaffung von oben, also der vreußishen Regierung, nach ciner Aeußerung des Bürgermeisters von Witten. Alle diese Mittel sind überflüssig. Derselben Meinung ist der Bürgermeister von Essen, wie 1889 auch der Bürgermeister in Witten. Dieser bat der Bergarbeiterschafi in Mitten sein volles Vertrauen ausgesprohen, daß sie Rube und Ordnung bal‘en werde. Leider hat der Oberbürgerrneister von Gelfen- kirhen, gestüßt auf eine Kabinettéorder von 1346, eine Bekannt- machung erlafsen, in der er Zuchtbhauéstrafe wegen Zusammenrottung androht. Jn Dortmund hat der Oberbürgermeister Shmieding die Polizei sogar in Shuß genommen, obwobl die Beamten, wie festgestellt worden ift, ihre Befugnisse überschritten haben. Der größte Teil der Arbeitzwilligen besteht zum großen il aus moraliich defekten Moa: die in rubigen Zeiten gewöhnlich nicht arbeiten. as Merkwürdige ift, daß man heutzutage binter jeden einzigen Arbeitswilligen einen Polizisien ftellt. Nur Drohungen gegen Arbeits- willige is die Polizei zu unterdrüdcken befuat. Was soll man dazu sagen, wcnn man den Arbeitéwi!lligen einmal Knúüttel und Revolver in die Hände gab? Neuerdings hat man in Dortmund 65 Totschläger anfertigen laffen für die Arbeitêwilligen. I hake einen solchen bier und werde später Gelegenheit nebmen, ihn auf den Tish des Hauses niederzulegen. Es ist das bezeichnend für die Art und Weise, wie man beute votgeht. Auf unsere Frage ist uns mitgeteilt worden, daß in Dortmund nichts davon bekannt sei, daß der Chef der Polizei diese Mordinstrumente zurücgefordert bat. Man follte dafür sorgen, daß nicht dur die Mafnahmen der Bekörten die Unruben herbeigeführt werden. Die Polizeibeamten stammen meist vom platten Lante her, die bei jeder Kleinigkeit duinfahren, weil sie die Verhältnisse der Industriebezirkz nicht kennen. Ih richte aa die Negterung die dringende tabnung, tiz Zeteawahe fo {nell wiz mögli zu beseitigen und die Polizeib-amten anzuweisen, daß sie nur dann eingreifen, wenn un- gesetzliche Handlungen vorgeno:nmen werden. Den Füßbrern der Gewerk\&aften wuß, wie biéher, die Möglichkeit geboten scin, au) das Richtige zur Ordnung beizutragen. Möôze man es machen wie der Bürgermeistec von Witten und mit den Leuten ein vernünftiges Wort reden. Im Interisse der Bergarbeiterschaft und der Allgemein- heit ecsuhe ih die Regierung, Maßregeln zu treffen, um diese Frage auf gütiidem Wege zu lösen. s Abg. Dr. von Heydebr der Lasa (d. konf.): Ich will am Ente dieser auscedebnten De iht auf Einzelheiten eingeben. Jch würde wi damit au in Gegensaß zu der vom Abg. von Nor- mann abzegebeznen Erklärung segen. Ich muß mich aber über diese Erklärung dcch noch auéîpre weil bier einige mißverftändliche Auffassungen zu Tage? getreten sind, und weil es so dargestellt ist, als wenn wir, weil ein Kontrafkttruch vorlieat, der ganzen Sade überbaupt nit näkec treten wollten. Dies liegt niht in der Erflärung Fat auc nicht in ibr ligen sollen. Wir wollen nur niht, so lan er nab unserer Auffassung vorliegende Rechts- bruch fortbeft i igen úber diese Frage eintreten. „Summum jus, sum njuria“. Œs gibt allerdings Verbältnifse, wo man über : es Privat- und öffentlichen Rechts binweggehen fann und ih nämlich auf der etnen Seite um Fragen des ( auf der anderen um Rects- verletzurgen bandelt. gegeben. Wir haben nicht d seitens der Grubenbesigec di ind. Es ift gewiß g î

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1e torauésetzungen find in diesem Falle niht ie Ueberzeugung gewinnen fTönnen, daß refte Kontrakiwidrigfkeiten vorgekemmen gar Frage, daß die Arbeiter sh mit vollem

echte übzr manhes deshwer was in der [eßten Zeit, be- scnters in den legten Iabren, vorgekommen ist. Jch kann auch un- umwmunden anert taß inébzsondere das Stilllegen der Zehen au von seit-zn meiner volitiiden Freunde nicht gebilligt werden kann. Wir seben in vielec Beziehung ein Vergeuden von rationaien Gütern, deren wir dringend bedürfen, mit denen wir sparsam im Interesse unseres garzen Volkes umgehen müfsen. Wir finden es nicht rihtiz, wenn durch den Standpunkt des reinen Geldinteresses, des Reingeminrs, das groß: Arbeiterinteresse gefährdet wird. Wir b:sigen alio auch Richturg das Verständnis, daß die Arteiter mit gr g Kummer der Weiter-

entwickelung diefer V onnten. Aber das lange ni stehente Verträge

rehtfe:tigte noch ge ni E hinwegsezte. (Unrabe bei en Sozialdemokraten. Zurufe des Abg Bebel. Glcde des Präfitenten.) s if è Was die Arbeiter ver- langt habez, die beute oder morgen ent- \hiedin werden müßten, ätten entschieden werden können, als daß man uh der teslehenten Verträge zu arbz:iten aufhörte. Es wärz gut gzwesen, wern diz Srubenbesiger ihrerseits an den fei Staats ecizrgeleiteten Verhandlungen teilgenommen hätten. / 2s diz ganze Entwidelurg der An- gelegenheit gönst'g beeinflußt, fie und der Frage zum

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Teil die Schâärse genommen haben. Ater man muß sih au auf den Standpunkt des anderen Teiles versezen. Die Grubenbesizer sollten ja nicht mit ihren Arbeiten allein in Verhandlung treten, sondern es trat thnen die ganze organisierte Arbeitershaft gecerüber und forderte eine kontradiktorische Verhant lung, die sie bätte haben können, wenn sie nicht den Kontrakibru begangen hätte. Die Arbeiterschaft hat aber zum Streik gegriffen, und da kann i bis zu einem g-wissen Punkt die Stellungnahme der Arbeitgeber verstehen, daß sie eist die Rückkehr zur Arbeit verlangen. Dafür muß man Nerstäntnis haben, wenn man Verständn1s hat für das Recht. Darum haben wir in unserer Erklärung diesen Say vorangest:llt. Nicht den Standpunkt des Arbeitgebers, jondern den des Nechts be- tonen wir damit. Die andere Seite unserer Erklärung ift die, daß wir turchaus bereit sind, in cine wchlwollende Erörterung der An- gelegenheit tinzutreicn. Kein Verwurf ist ungerehter als der, daß wic für die Lage der Bergarbeiter kein Verständnis hätten. Man würde ja feia Mensch sein, wenn man für die Gefahren und die un- günstigen Bedingungen, unter denen der Bergmann seinem Berufe obliegt, fein Herz hätte. So weit vor,esritten sind nic auch, d wir die Erferntn!s i »

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als cine Errungenschaft der modernen Zeit be- traten, daß es nichts Edleres und nicbts Besseres als tiz Arbeit gitt. Aus diesem Stantpunkt waden wir aah diz nêôtigen Konsequenzen zizhen. Herr Stcecker hat auf das Vertältnis der Gnt- wickeiurg des vierten Stantes hingewiesen Jch hate tafür Ver- fläadnis. Ler vie:te Stand ater soll ih auch seiners. its hüten, auf politis&e Dince überzugre:fen, sollte sich auf wirtschafilide und soziale Dinçe b-schränfea, dann würde er leichter Arerk-nnurg finten. (Wiede holte Unterbrechungen kei den Sozialdemekcraten. Präfitent Graf von Balleftrem: Als Jhre Redner fpracken, siad Sie niht perœanert unteibrocken worden; geben Sie doch auh jeyt dem R dner fonfervativen Partei Sehr!) Auch die anderen V-rtreter des viertem, Stantes im

n V- t Lande möchte ih darauf aufmerifsam maten, ta es ihren Ansprüchen schadet, ten

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Arbeitgeber immer als den Ausbeuter binzustellen, daß es schadet, wenn man vergißt, daß doch der Arbeitgeber der Vermittler der Arbeit ist. Mit diesem Vorbehalt stehen wir den Ansprüchen des vierten Standes sehr wohlwollend gegenüber. So ist es niht, wie Herr Stoecker sagt, daß wir den Arbeitern gewissermaßen eine Kon- stitution zugestehen müssen. einem wüirklih fkonstitutionellen

Staattwesen sollte das sein; aber heute liegt die Sache fo, daß son fast ein Absolutismus der Arkeiter eingetreten ist. In dem Ausbau der Organisation der Arbeiterschaft kann und muß noh unendlich viel ge- seben in unserem Staate; man wird alfo dazu wohl übergeben können, diese Organisationen der Arbeiter auszubauen. Tun wir dies, dann darf aber die Rüdksiht auf diejenigen, die niht in der Organi- sation sind, niht ganz aus der MWelt bleiben; die nidtorganifierten Arbeiter dürfen nit ganz rehtlos gelaffen werden. Wenn die Organisation der Arbeiter zum Terrorismus fübren würde, dann machen wir sie unserseits nicht mit. Schwere Bedenken haben wir auch gegen die Organisationen“ der Arbeitgeber ; gegenüber den Auswüchsen der Organisation ter Kapitalmächte müssen wir die Hilfsmittel des Staates eintreten laffen. Bezüglich des Stilllegens der Zechen verlangen auch wir cin fräftiges Ein- greifen des Staates. Nur gegen einen Vors{lag muß ih mi wenden, gegen den Vorschlag der parlamentarischen Enquete über die Bergbauverbältnisse, wie sie Herr Spahn vorgeshlagen hat. Das wêre doch cin Mißtrauen gegen den Bundeërat, zu dem wir keine Veranlaffung haben. Die Erklärungen des Kanzlers und des Hantelsministers sollten Ihnen do die Ueberzeugung geceben haben, daß Wohlwollen und der feste Wille zur Abhilfe vorhanden sind. Zum Sch{luß muß ih noch gegen eine Erklärung des Kollegen Stoecker das Wort nehmen. Ih habe die größte Hochachtung vor diesem großen Oraanisator; er ist €s gewesen, der das Céristentum als den Faktor bezeichnet und eingeführt bat, der die Lösung der sczialen Frage günflig zu beeirflussen berufen ist. Diesem großen Gedanken fann man nur jeden Fortshriit wünschen. Aber vielleicht au vom chrisilihen Standpunkt aus wird in der é(ristlich-sozialen Bewregurg nit oft genug beiont, daß auch die Arbeit eine gottgewollte Tätigkeit ist. Enthält das Kapital eine Pflicht, dann enthält aug die Arbeit cine Pflicht, nicht allein çezen sich, sondern au gegen das Sanze. Die mecanishe Scheidung des Herrn Stoecker zwischen Arbciter und Arbeitgeber kann ih dana nit anerkennen. Von diescm Standpunkt aus wollen wir an die Ordnung dieser aroßen sozialen Frage berangeken 1 it vollem, wahrem, echtem Wohlwollen und mit Serechtigkeit nach beiden Seiten. Nur auf dem Wege wird \s{ließlich der Friede gefördert, und diescs Ziel müssen wir alle wollen.

Darauf wird Vertagung beschlossen. Persönlich bemerkt der

Abg. Dr. Beumer (rl.): Meine Zahlen über die Brotpreise waren der amtlichen Statistik entnommen; darin kommt die Zabl 16 für die Bâtereigenofssenscast „Volkäwohl“ nicht ein einziges Mal vor. Fh halte also meine Behauptung aufre(t. Daß die Bâäerei ter Konsum- anstalt Krupp 7 # weniger Lobn zabklt, bezweilfle ih. Daß ih arößtenteils dur Arkteiterstimmen in ten Reichétag gewählt bin, diese Feststellung ist mir sehr argenebm.

Abg. Brejski (Pole): Ich hatte geglautt, der Minisier sei für die Arbeiter eingetreten. Die Aucführungen des Ministers baben mih eines anderen belehrt; ic bedauere, daß ich ihn übershäßgt habe. (Präsident: Diese Bemerkung war feine pverfönlide.)

Abg Korfant y (Pole) bedauert, durch den Slvß der Debatte um das Wort gekommen zu sein, wird aber vom Präsidenten bedeutet. daß ihm das Woit richt abgeicknitten, die Debatte vielmehr vertagt ill. s

Schluß 8, Uhr. (Jnterpellation Büsing, hältnisse betreff.nd.)

Nächste Sißung: Dienstag 1 Uhr. die mccklenburgischen Verfa}sungsver-

Prenßzisher Landtag. Haus der Abgeordneten. 123. Sißung vom 23. Januar 1905, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegrapbiscem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die dritte Beratung des Gesegzentwurfs, beireffend die Beteiligung des Staats an der Bergwerksgesellshaft Hibernia zu Herne.

Nach dem die Generaldiskussion eröffnenden Abg. Schmie- ding (nl.), über dessen Ausführungen bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berictet worden ift, nimmt das Wort der

Minister für Handel und Gewerbe Möller:

Meine Herren! Ih glaube annehmen zu dürfen, daß ein Be- dürfnis für eine schr eingehende Erörterung der vorliegenden Frage bei ter Mehrheit des Hauses niht mehr vorliegt. (Schr richtig! reis.) Ich werde mi daßer sehr kurz fafsen.

Meine Herren, der Herr Vorredner hat mir zum Vorwurf ge- mat, daß ich mi in der Budgetkommission in bezug auf meine Stellung zaum Syndikat unklar ausgesprochen hâite. Ih bin mir dessen ni&t bewußt. Ih habe in der Budgetkou:mission klar zum Auëdruck gebra#Ët, daß g?genüber denjenigen Erklärungen, die ih im Jahre 1992 in bezug auf den Eintritt in das Svndikat in der Kom- mission und hier im Plenum abgegeben hätte, ih mich für gebunden erahtei hätte, den Anträgen de3 Syndikats, mit den Zechen Gladkeck in das Syndikat einzutreten, nicht stattzugeben. Wenn der Herr Abg. Schmieding der Meinung Ut, Die M-ehréeit des Hauses bätte keine Bedenken gegen den Eirtritt in das Syndikat au für die jcht {on im Besiß des Fiskus befind- lien Zehen, so möge Herr Schmieding veranlafsen, daß mir dies als ein Auêdruck der Mehrheit des Hauses entgegengebraht wird ; alsdann werde ich meinerseits prinzipielle Bedenken gegen den Eintritt in das Syndikat auch für diese Zeche niht mehr haben. (Hört, hört! bei ten Nationalliberalen.)

Dann hat der Herr Abg. Schmiedirg si des weiteren geäußert über cine Denkschrift des Herrn Syndikus Tille in Saarbrücken. Meine Herren, ih glaube in der Tat, wir verquicken diese Frage nicht mit der Hiberniavorlage; sondern wenn Klagen gegen meine Ver- waltung da zu erheben sind, geschieht das befser beim Etat.

Bezüglich der Preiëstellung in Saarbrüdcken gegenüber der Preis- stellung des Syndikats habe ih mich am Sonnabend bereits furz im Reichstag gcärßzrt. Meine Herren, das Syndikat hat seine Preisftellung im Jahre 1900 nit ganz freiwillig so niedrig gehalten, wie er es getan hat. Das Syndikat hatte am Schluß des leßten Jakrhunderts die Gewohnheit, auf Jahre hinaus seine Preise festzustellen, und dur diese Gewohnheit ist es gewollt oder ungewollt allerdings dahin gefcmmen, sehr mäßige Preise im Jahre 1203 aufre(htzuerhalten, viel niedr’gzre Preise als irgend ein anderer Bezirk. Wir in Saarbrücken sind dieser Gzwobnheit, jahrelange Verträge zu machen, nicht gefolgt, sondern die Saarbrüdcker Berwaltung, die damals befanntlih noch nit unter mir stand, hat immer nur auf furze Termine verkauft, und selbstverständlich ist sie nun mit cemzifsen Quartitäten Kohle im Jahre 1X0 in die Hoh-

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forjunftur gefommen; und fie bätte, wie ih im Reichétag {hon aus- geführt, cinfach gewifsenlos gegenüber den fiskalischen Inter-fsen, die

sie zu vertreten haite, gehandelt, wenn sie billiger verkauft hätte, als der Markipreis gewesen ift. Meine Herren, man hat sich damals um die Kohle geradezu gerissen, man hat Preise bezahlt, die um 50% höher waren als wie die Liftenpreise des Kohblenfiskus. Alîo daraus einen Strick zu drehen, ist ein ganz vergeblihcs Bemükben.

Dann is Herr Abg. Schmieding jx auch noch zurück- gekommen auf die Debatte im Reichstag. Ich habe bei der Unruhe des Hauses nicht vollständig verstehen können, was er gesagt hat. Jch darf aber meinerseits zur Ergänzung dessen, was ih am Sonnabend im Reichstag ausgeführt habe, hier vielleicht noch eiwas weiteres äußern. Ih kabe um deëwillen die ablehnende Haltung des bergbaulihen Vereins für einen sckchwercn politischen Fehler erklärt, weil cs sich bei den Verhandlungen, die von uns an- geregt sind, um nichts anderes hat banteln sollen als um Klarftellung derjenigen Anklagen, die von seiten der Bergarbeiter gegen die Zehen erboben worden sind. Der Herr Abg. Dr. Beumer hat im Neichs- tage bereits in danken8werter Weise den Inhalt eines Briefes wider- legt, der hier am Freitag von dem Herrn Abg. Brust zum Vertrag gebraht worden ist. Meine Herren, das, was ih von dea Vertretern des Bergkaues erwartet habe, ift nichts anteres, als daß sie in kontra- diktoris&er Verbardlung miiwirkten zur Klarstellung der erhobenen Anklagen. Das hâite zur alifeitigen Klarstellung und zur allfeitigen Beruhigung beigetraçen. (Lebhafter Beifall links.) Ich wiederhole meine Bedauern darüber, daß man €s abgelehnt hat, diese Tontra- diftorishen Verhandlungen ftatifinden zu lassen. (Bravo!)

Abg. Brust (Zentr.): Jch bin der Ansicht, daß die Regicrung beim Erwerbe der Hibernta-Aktien niht anders verfabren fonnte, als gesehen ist, und daß die bieraus abgeleiteten Vorwürfe unzutreffend find. Wenn die Regierung mit diejem Erwerbe ivre Stellung als Arbeitgeberin im Bergbau auszudehnen im Beguiff steht, so sollte fie sih auch ihrer sozialen Pflichten den Arbeitern gegenüter erinnern, inébesondere auch was die Löbne der Bergarbeiter teirifft. Der Abg. Hirsch-Essen hat hier eine Lobnstatistik gegeben, w-lche nachweisen sollte, daß die Löbne der Bergarbeiter dochþ niht so niedrig seien. Diese Statistik leidet an mehrfachen großen Mängeln. In den ein- zelnen Lohnklassen find die Gehälter ter Beamten mit eingerechnet, und daraus entiteht ein ganz fals%es Bild über die L-hnbôbe der Ar- beiter selbst. Die Grubenbeamten sind aud Mitglieder ter Kranken- fassen und in die Lohnklassen einrangiert. Schon am Sonnabend hat Kollege Golds{midt auf die falschen Stlüfse hingewiesen, welche Herr Hirsch aus diesen statistiihen Anaakten gezogen hat. Auch die Hinweise auf das hohe Lebensalter, welches die Bergleute erreichen, haben feinen Wert; es fann ledigli auf das durhschnittlihe Arbeits- und Dienstalter der Beraleute antemmenr, und wie niedrig dieses ift, babe ih bereits früber mit Zahlen belegt. Bei den Angaben des Abg. Hirsch sind au hier wiederum die Grubenbeamten, Maschivisten und andere Kategorien nidt eigentlider Bergarbeiter cingerehnet. Die Regierung soÎte uns kaldigít eine Statistik, welche nur die wirk- liden Bergarbeiter umfaßt, aufmachen, dann wird sich deutlich zeigen, wie die Arbeitsfraft des Bergmanns verkältnizwäkig sehr früh ver- braucht ist. Ferner muß die Regierung als Arbeitgeberin darauf binwirkzn, daß das Nullen auf der „Hibernia“ und allen Staatëwerk:n verschwirdet. Ueber tas Nullen hat Herr Hirsch ebenfalls, wobl der „Rheinisch - Westfälischen Zeitung“ folgend, insofern eine irrige Auffassung zum besten ge- geben, als der genullte Wagen feineéwegs aut ließli - den Arbeitern für die Unterstüzungsfkafse zugute kommt, fontern auch tem Arb-itgeber. Wenn dem böcksten Reichsbeamten so unrichtige In- formationen über ten Charakter der chrisiliden Bergarbeiter- orgarifation gegeben werden, dann wundere ih mich nit, daß {ließli auch an den oberiten Stellen fo falsde Auffafiungen über die Stellung und Halturg ter Bergarbeiter bestehen Die Arbeiter baben tod erflärt, unterhantesn zu wollen; darin allein liegt {on begründet, daß ihre Forderungen nicht alle auf einmal durgefeßt werden tönnen. Die Preisrolitik für die Saarkchlen fann ih niht fo sebr verurteilen, wie das von anderer Seite geschehen ift; E haben auch die dortigen Bergarbeiter ihren Anteil daran gehabt. ;

_ Abg. Hirsch-Effen (nl): Es bedarf keines Beweises mebr, daß die Regierung den Zwedck, ten sie mit der Vorlage veifolgt, nicht errcihen wird. Der Aftienerwerb wird ihr weder Einfluß auf die Preispolitik des Syndikats, noch auf die Organisationen gewähren. Das wäre auch nicht der Fall, wenn fie die ganze Hibernias Unternehmung erwürbe; cinen zwingenden Einfluß erlangte sie au dadurch niht. Die Regierung bat ridts erreiht, als Mißtrauen und Zweifel waczurufen. Das wird böchstens die Fusßons- bestrebungen und damit den Widerstand gegen die etwaigen weiteren _Verstaatlicbungsabfichten fräftigen. Die Beschwerden der Arbeiter, soweit sie berehtigt sind, müssen auch nah meiner Meinung abgestellt werden; es laufen aber dabei un- gebeure Uzbertreivungen unter. Bei einer bunterttausendkövfizen Be- legshaft ift es kein Wunder, daß auch cinmal von ciner s{lechten Behandlung eines Bergarbeiters gesprohen werden kann; aber im aligemcinen ist gerade auf diesem Gebiet die Uebertreibung unvers antwortli, und das S@&limmste if, daß eine große Anzahl Blätter alle diefe unverantwertliven Uebertreibungen für bae Münze nimmt und die späteren Berichtigungen ignoriert. Wie in dieser Richtung gearbeitet wird, das Tebrt ja das Beispiel des Briefes des Herrn Effertz, den Herr Brust hier vorgetragen bat, und der vom Kollegen Beumer im Reichstage ganz und g2r entfcäfiet werden fonnte. Die meisten Behauptungen in diesem Briefe sind unwahr. Es liegt eine unverzeiblihe Spekulation auf den gutea Glauben der Merge vor; von allen Dingen, die der Arbeiterführer Efferz Hercn Bruît mit- teilte, und die dieser so gutgläub'‘g aufnahm, ijt nihts übrig ge- blicken; wobl aber ist dadur cine Stimmung erzeugt worden, die den Zehenverwaltungen nit günftig war. Ich würde es für den allers&limmsten volitishen Febler gebalten haben, wenn der berabau- lihe Verein au nur einen Augenblick Zweifel über seine Stellung zur Sache gelaffen bätte. Zucht und Ordnung auf den Bergwerke; wären auf immer dahin gewesen, wenn der Verein über den Kortraktbrub einfa binweggegangen wäre. Wer die Verkältnisse kennt, wird die ablehnende Haltung des Vereins verstehen. Der Abg. Brust hat mir vorgeworfen, daß in meinen Angaben über die Lobn- höhe der Bergleute die Gebälter der Beamten mit eingerednet feién. Aber den 280 000 Bergarbeitern steben nur 7090 Beamte gegenüber, w:l&es Verhältnis also ohne Bedeutung ist Tatsache ijt, daß 17 000 Arbeiter über 5,80 F und 68 000 über 5 #4 Lohn haben. Wenn Herr Hue sagte, daß die Essener Handelskammer na oben blickte, so bâtte diese viel weriger Anlaß dazu, als Heir Hue und die anderzn Arbeiterführer, nah unten auf die Massen zu blicken.

Minister für Handel und Gewerbe Möller:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat ánscheinend éberhört, was, wie ih glaube, von mir eben far gelegt worden ift, daß es fih bei meiner Aeußerung im Reichstage, daß der bergbauliche Verein einen \chweren politischen Fehler begangen bâtie, es sich lediglich darum gehandelt hat, zu konstatizren, daß ter berzbauliche V-:rein in keiner Weise seine prinzipielle Stellung p: eigegeben hätte, w:znn er mit- gewirkt hätte, um die Beschwerden fontradikftocisch zu unterfu&en, die erhoben worden sind. (Sehr richtig!) Nur auf diese Weife ift eine Grundlage zu Verbandlungen zu finden (sehr rihtig!), und ih kann mich von diesem Wege nit abbringen lassen. Wollen die Herren nit mitwirken, so muß ih sehen, wie wir es allein machen. (Sehr gut! bei den Freisianigen.) /

* (Sgluß in der Zweiten Beilage.)

M 21.

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Zweite Beilage zum Deutschen Reichsanzei

ger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

1905.

Berlin, Dienstag, den 24. Januar

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(Sé{luß aus der Ersten Beilage.)

Darauf wird die Diskussion geschlossen. Persönlich be- merkt _ . Abg. S mieding, daß seine Ausführungen über politische Ein- gúfse in den Arbeiterorganisationen fih vollkommen decken mit den Ausführungen des Reichskanzlers. Zu der unfreundlihen Art, wie der Minister ibm geantwortet habe, hate er keine Veranlassung gegeben, denn er habe lediglih sahlich gesprochen. : 7

Abg. Oeser (frei. Volkêp.) : Fch möhte nicht, daß a

[tung meiner Frafti rf gemacht wird.

spitant der freisinnigen Volkéêpartei. Ich bin den Herren sehr pankbar, daß sie mich aufgenommen haben, obwohl in sozialen Fragen unsere Stellung abweicht. ;

Fn der Spezialberatung wird die Vorlage ohne weitere Debatte im einzelnen und darauf auch im ganzen mit großer Mehrheit angenommen.

Das Haus beginnt nunmehr die_ zweite Beratung des Staatshaushaltsetats für 1905 mit der Besprechung des Spezialetats der landwirtshaftlihen Verwaltung.

Abga. Graf - zu Limburg-Stirum (fkons.) zur Geichäft8s t s) getroffénen Vereinbarungen mit dem Bureau besteht der Wunsch, den Etat bis zum 18. März fertig zu stellen. Wir wollen zwar die einzelnen Nedner nicht beschränken, aber die meisten

inge, die hier gesagt werden, sind nit neu. Deshalb bitten wir, die Geschäfte des Hauses in diesem Sinne zu behandeln.

Abg. Dr. Friedberg (nl.) ließt fich

namens seiner Freunde diesem Vorschlage grundsäßlih an, es werde aber notwendig lein, ih in einzelnen

Fällen darüber noch näher zu verständigen. Abg. Dr. Por ch (Zentr.) stimmt namens des Zentrums eben- falls zu und spricht die Hoffnung aus, daß sogar nocch ein Tag an der genannten Zeit gespart werden m. : Abg. Fischbeck (fr. Volksp.) will für seine Partei gern den vor- geshlagenen Versuch unterstüyen. hofft aber von der Loyalität der anderen, daß die Minorität nicht zu sehr beschränkt werde. Es werde zweZmäßig sein, durch Kürze bei der Etatsberatung au die Schwerinstage wieder mehr zu ihrem Recht kommen zu lassen. Abg. Broemel (fr. Vag.) stimmt in längerer Ausführung dem

V age des Abg. Grafen Limburg zu. A

e von Zebl id und Neukirch (freikons.) glaubt im Sinne des Vorschlazes zu bandeln, wenn er ganz kurz die Zustimmung seiner Freunde ausspricht.

Präsid:-nt on Krö er erklärt seine

allseits abgegebenen Sa und wird,

ien, nôtigenfa endsißungen an}eßen. H E Berichterstatter ‘amdg as en bwirtschaftlichen Etat ist der Abg. von Arnim- Züsedom.

u dem Titel der Einnahmen bei den General- fommissionen berichtet der Referent, daß im nächsten Jahre vorausfichtlich eine Vorlage wegen Aenderung , des Geseßes iber die Generalkommissionen fommen werde, und zwar des erfien Abschnitts über die Grundprinzipien bezüglich Zuziehung des Laienelements, Beschleunigung des Verfahrens und Ge- staltung der leßten Jnstanz. i

Abg. Wallenborn (Zentr.) bringt die Beshwerden zur SprawWe,

wele im Rheirlande anläßlih einer ü

Ministerialverfügung bezüglich der Erhebung eines Pauschquantums bei den Zufammenlegungen ent- standen seien. Es werde jeyt ein

Durchschnittssaß von 12 # für das Hektar erhoben. Dies hindere aber besonders in den wirtshaftlih ¡urückgebliebenen Gegenden die Zusammenlegungen ganz

} erbeblich. Er bitte den Minister, in solchen Gegenden wiederum eine Ermäßigung eintreten zu laffen.

Berithterstatter von 1 : eines Gutes für die landwirtsaftlihe Akademie Bonn zur Anlage einer Baumschule.

Abg. Wallenborn weist darauf hin, daß ‘im Westen son seit Jahren die Aufhebung der Trichinenshau gefordert werde. Viele

orderung werde unterstüßt turch amilihe Erhebungen, welhe vom Ln bis September 1904 veranstaltet worden sind. Das Ergebnis sei, daß tie rheinischen Schweine so gut wie trichinenfrei befunden worten jeien, indem bei 355 485 Schweinen nur ein einziges trichinôs befunden worden sei. Er bitte deshalb den Minifter, auf Aufhebung des Trichinenshauzwanges in der Rheinprovinz Bedacht zu nehmen.

Abg. Heckenroth (fons.) bittet gleihfalls um Freigabe der Haus- s{lahtungen, weil die Kosten zu groß seien und die Leute zu lange auf den Fleishbeschauer warten müßten, wie es in der Rheinprovinz vorgekommen sei.

Minister für Landwirtschaft, Podbielski: H

Bereits im vorigen Jahre habe ih den Herren, die zu diejer Position gesprohen haben, zugegeben, daß die Fälle, in denen -bei Schweinen in der Rh-inprovinz Trichinen gefunden find, äußerst seltene sind. Aber ih glaube au heute noch, wiederholen zu müssen, daß ih den Zeitpunkt noch nit für gekommen erachte, diese Unter- suchungen aufzuheben. :

Ich darf in diesem Augenblicke gerade darauf binweisen, daß in einem Lande, in dem man immer hervorgehoben hat, daß die Trichinen dort gar feine Rolle spielten, jeßt wieder ein solcher Trichinenfall vorgekommen ift: nämlich in Schwabach in Bayern. Daselbst besteht keine Untersuhung, und es ift dort ein s{chwerer Trichinenfall ih glaube, bis in die dreißig Personen sind \{hwer erkrankt vor- gekommen. Hierdurch, meine Herren, wird man doch zum mindesten sehr zur Vorsicht ermahnt. Man hat immer gesagt: in Bayern wird fein ungekohtes Fleisch gegessen usw. Es hat keine Untersuhüng ftattgefunden. Und was ift die Folge? Sofort führt die Stadt sie ein. Meine Herren, das würde uns in diejelbe Lage bringen, und das würde ih bedauern, denn nah meiner Ansicht ist die Verwaltung seiner Zeit wegen der Regressivsperre mit Recht angegriffen worden. Genau dasselbe Bild hier! Erst wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, kommt man mit der Verordnung hinterher. Jet werden in Schwabach vielleiht wieder 50 Zahre vergehen, bis fih das Unglüdck wiederholt. Ih, meine Herren, kann jedenfalls nicht die Verant» wortung übernehmen von dem abzugehen, was für die Gesundheit unserer Bevölkerung zur Zeit noiwendig ift.

; i t alls die Höhe der Gebühren

14 Abg. Kale (Zentr) Don aer pte vere h Summen könnten die kleinen Landwirte besser verwenden. Es sei hohe Zeit, Wandel schaffen in den Poli ordnungen, wo sie sih als überflüssig

Befriedigung über die um die Absicht zu unter-

Arnim referiert ferner über den Ankauf in Poppelsdorf bei

Domänen und Forften von

für die Rheinprovinz aufgehoben Provinz Hessen-Nassau notwendig sein würde.

Abg. Wolff- Biebrich (nl.) meint, werden

D wenn die Trichinenshau ollte, dies auch für die

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski} Meine Herren! Jh glaube, daß die beiden Herren Vorredner fi in einem Irrtum befinden. Für Hausshlachtungen besteht im Re- gierung8bezirk Wiesbaden kein Zwang zur Trichinenshau. Ih bitte mir, das nahzuweisen; ih habe eben noch nahgeschen und glaube, daß Ihre Voraussetzung nicht zutrifft. i Weiter muß ih dem Herrn Vorredner noch speziell erwidern, daß die Tierärzte nit die Trichinenshau vorzunehmen haben, sondern bekannterwiise haben wir dazu Trichinenuntersucher. Also die Vor- ausfezung, von der die Herren ausgehen, trifft nit zu. (Abg. Cabensly: Hauss{lahtungen!) Ich habe das ausdrüdcklih gesagt : es war das Wort „Hausshlahtungen“ gewählt. Abg. Dr. Lotichius (nl.) bemerkt, daß die Trichinenshau do in Wiesbaden angeordnet worden fei. Die Landwirischaftskammer babe ausdrüdcklih den Beschluß gefaßt, daß die Hausshlachtungen von der Trichinenschau frei bleiben möchten. Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski: Meine Herren! Wir müssen die Trichinenshau und die Fleis“ beschau augeinanderhalten. Das find zwei ganz getrennte Gebiete, und ich möhte das Gebiet nicht zu weit verfolgen; aber nah den mir bis jet vorliegenden statistischen Daten aus dem Regierungsbezirk Wiesbaden glaub? ih zu dem Wunsch berehtigt zu fein, diele Hauss- \{lahtungen auch fernerhin unter Kortrolle zu halten. Vir haben, glaube ih, alle den Wunsch und müssen den Wunsch verfolgen, daß na jeder Richtung hin, betreffs der Shlachtungen, gute Verhältnisse im Vaterlande vorliegen, und je beffer sie find, umso weniger kann von anderer Seite der Vortwourf erhoben werden, daß auf dem Lande etwa \chlechtere Verbältnifse vorliegen als in den Städten. Ins- besondere mêhte ih den Herrn Vorredner bitten, seinen Einfluß im Bezirk Wiesbaden dahin geltend zu maten, daß man dort aufhört der Kontrolle der Hauss{hlachtungen ih verkenne durchaus nicht das Vorliegen einer gewissen Belästigung denjenigen Widerstand entgegenzuseßen, den sie zu meinem Bedauern dort gefunden hat. Abg. von Pappenheim (konf.): Die Beschwerden. in Hefsen- Naffau “ibblcs ih dagegen, daß die alte Polizeivorsrift von 1893 über die Kontrolle der Hausshlachtungen stehen geblieben ist, obwobl inzwischen ein allgemeines Geseg ergangen ist, welhes die Haus- \{lahtungen befreit. In Hessen-Nafsau wird es natürlich unangenehm emvfunden, daß man dort durh die ältere Polizeiverordnung s{lechter gestellt ist als die übrigen Landesteile. : E. :

An der weiteren E beteiligen fi die Abgg. Swhaffner (nl.) und Hofmann (nl.). f : : |

Berichterstatter von Arnim berichtet ferner über die Ergebnisse der Kornlagerhäuser. Die Versuche damit seien noch nicht als abge- {losen zu betrachten. Die Denkschrift über die Verwendung der für die Grrihtung landwirtschaftlicher Getreidelagerhäuser bewilligten Geldmittel sowie über den Fortgang und Stand der betreffenden Bauten beantragt die Kommission durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären. 7 Abg. Meyenschein (fonf.) führt aus, daß die Befürchtung der Gegner der Kornhäujer, daß der Erfolg ein miserabler [ein werde, ih nicht erfüllt habe. Das Fiasko der Kornhäufer, wie es im vorigen Jahre in der Presse auspofaunt worden sei, sei nicht eingetreten. So habe das „B. T.“ berichtet, daß nur das Machtwort des den Korn- bäusern freundli6 gefinnten Landwirtshaftêministers die hessischen Kornbäuser vor fläglihem Verfall bewahrt habe, der dem Staate gehörige Grund und Boden sei auf weitere 10 bis 20 Jahre zu recht annehmbarem Preise weiter verpachtet worden, bei welhem die Genosen beffer als bisher bestehen könnten. Tatsache ist dagegen, fäh1t der Redner fort, daß kein einziges Kornhbaus în Hessen sh in fläglihem Verfall befinde. Die Pachtsumme beträgt 4,26 9/6 des Gestehungswertes. Zu den G:nossen der Kornhäuser gehören nicht bloß die großen Besißer,

feine Summe eingestellt wäre, Es ist sehr interessant für mich, und es bat fih auch bei den Aus- einandersezungen in der Budgetkommission gezeigt, eine wie eigen- tümlihe Stellung ter Entshuldungéfrage gegenüber von mancher Seite angenommen wird, wie dieselben Herren, die politischen sprechen, also eine Verkleinerung des Besitzes und die Bildung von

um diese so wichtige Frage zu fördern.

oft in ibren partei- Blättern fh für eine Aufteilung des Grundbesitzes aus-

wie diese Herren mit einem Mal bei der Entshuldungsfrage immer entgegenhalten: das ist etwas anderes! Meine Herren, die agrarpolitishe Entwickelung aller Länder hat gezeigt, eine wie große Gefahr darin liegt, wenn die kleinen und mittleren Betriebe si nicht halten können, finmer fsefer verschuldet werden und immer tiefer in die Abhängigkeit des Kapitals geraten. Denn diese Entwickelung führt zur Latifundienbildung. Sehen Sie die agrarpolitishe Entwickelung an von den Zeiten des römischen Reichs bis auf die heutige Zeit in SFtalien und Irland! Sie sehen immer dasselbe: die steigende Vershuldung und die ‘zu- nebmende Abhängigkeit vom Kapital führt ¡ur Vernichtung dieses Besizes, an seine Stelle tritt der Latifundienbefiß. Darum, meine Herren, gerade Sie, die Sie also der Aufteilung immer fehr zugeneigt sind, die Sie immer der landwirtischaftlichen Verwaltung und der ganzen Lantwirtsaft gegenüber hervorheben : ja, Ihr kauft Guern Befiy zu teuer, gerade Sie müsen, wenn Sie konsequent sein wollen, ¿weifellos für die Eintragung der Ver» \{uldungsgrenze sein. (Abg. Graf Prashma: Sehr richtig !) Denn, meine Herren, nihts ist geeigneter, den Grundbesitz billiger ¡u machen, als wenn eine Verschuldungégrenze eingetragen wird. Nun, meine Herren, wer sih aber dieser Vershuldungêgrenze unterwirft, also ge- wissermaßen dazu beiträgt, daß der Verkaufëêwert seines Besitzes ver- ringert wird, der muß do etwas dafür eintauschen, d. h. ihm muß die Möglichkeit gegeben wetden, daß in nicht zu ferner Zeit die Ent- s{uldung seines Befsiyes durGgeführt wird. Meine Herren, auf welhe Rectsgelehrte und Nech sverständige Sie sh auch immer be- rufen wollen, ein Saß bleibt testeken: wollen Sie entschulden, so gehören ¡wei Sachen dazu, erstens billiges Geld und zweitens starke Amortisation. Ohne diese Vorbedingung ist jede Ent- \huldung ein Unding, und ih meine, gerade die Herren, die für die Ausfteilung plädieren, müßten besonders die landwirtihaftlißhe Ver- waltung mitunterstüßen in dem Bestreben, eine Verschuldungs8grenzie einzutragen, damit die Preise beim Verkauf niht zu hoch werden; Sie müßten meiner Anficht nach mich darin unterstüßen, daß wir billiges Geld mit starker Amortisation diesem mittleren landwirtschafts lihen Besig zur Verfügung stellen können; denn nur fo fönnen wir unserem Vaterlande wirklich cinen gesunden Bauernftand erhalten. Meine Herren, es ift ein Unding, aufzuteilen und bloß aufzuteiken, damit die Leute nach einiger Zeit wieder ihren Besißstand verlieren- Wir haben das wesentlihste Interesse, das wir zunächst, ehe wir aufteilen, uns einen gesunden Bauernstand erhalten. (Sehr gut rechts und im Zentrum.) Meine Herren, nach dem Erhalten fommt die zweite Frage, die Schaffung weiterer Stellen ; eben darum halte ich es für so notwendig und muß es immer wieder als eins der ersten Postulate der landwirtschaftlichen Verrealtung hinstellen: wir müssen auf dem Wege der Entschuldung und der Zulassung der Vershuldungêgrenze vorwärts gehen, damit der Bauernstand auf seiner Scholle erhalten wird.

Hinsichtlih der Einführung der Vershuldung8grenze stehen fh ¡wei Ansichten gegenüber, die eine, der ih persönlich für den Fall der Anstellung eines Entschuldungsversuhes den Vorzug gebe, ist die ver- tragsmäßige, d: h. der betreffende Besizer übernimmt dem die Ent-

bäuerlichen Stellen wollen,

sondern gerade die Zahl der kleinbäuerlihen Befißer von 2 bis 5 Hektar vermehrt {ih immer mebr in diefen Genossenschaften. Wenn hier und da eine Genoffenschast niht gut gestanden hat, jo liegt das niht an der Idee, sondern an_der Neuheit der Einrichtung. Man wirft ferner den Kornhausgenofsenshafter den Vertrieb land- wirtschaftliher Betriebsmittel, von, Awsaat 2c. vor und verlangt deshalb die Entziehung der Staatébilfe. Aber die Landwirte müssen do ihre Produktionskosten zu verbilligen, suhen. Das können sie nur durch den Massenbezug der Bedarfsartikel. Handelsgeschäfte treiben aber die Genofsenshaïten nit; die Gegner haben ihnen ja auh wieder vorgeworfen, sie erzielten feinen Gewinn. Die Kornhaus- gencssenshaften arbeiten natürlih ¿war mit ihren Mitgliedern, aber sie müssen auch ausländishes Getreide u Sihung beziehen. Wir meinen, daß der Staat ein großes Intere}te daran at, die Hundert- tausende zu unterstüzen, die sich zu diesen Kornhausgenofsenschaften zusammenges{lofsen haben. Die landwirtshaftlichen Genossenschaften sind privatrechtliher Natur, aber sie tragen den Keim in sich, einmal öffentliche Institute zu werden. Die Gegner verwerfen die Staats- hilfe. Machen wir uns doeh keine Wippchen vor. Wozu haben wir denn den Staat, wenn er nit alle Erwerbsstände in gleiher Weise

ftügen soll ? És ist nur zu wünschen, daß die Kornhausgenofsen- schaften das ländliche Genofsenschaftêwesen vervollkommnen und stüßen mögen. : Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei den Ausgaben, und zwar des Ministers“, referiert zunächst

Berichterstatter Abg. von Arnim über die Kommissionsverhand- lungen, namentli über das Projekt der Errichtung eines neuen Dienstgebäudes für das Ministerium, und den Plan eines Gesetzes zur Entschuldung der Landwirtschaft.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

Der Herr ¡Berichterstatter ift bereits auf einige Fragen ein- gegangen, die nah meiner Ansicht für die Landwirtschaft im Vorder- grund des Interesses stehen, und ih halte mich für verpflichtet, hier vor dem hohen Hause meine Stellung klar darzulegen und ungefähr die Wege zu zeigen, auf denen wir nah meiner Ansicht in den folgenden Jahren vorwärts gehen müfsen. Meine Herren, es werden der Regierung oft Vorwürfe darüber gemacht, daß diese oder jene Sache nicht so {nell der Verwirklihung entgegengeführt wird, wie die beteiligten Kreise glauben hoffen und erwarten zu dürfen. So ift in einer der wichtigsten Fragen, die uns beschäftigt, in der Frage der Gntschuldung des ländlichen Grundbesizes der Regierung und mir persönli in einem Blatt, welches die Interessen der Landwirtschaft

bei dem Titel „Gehalt

: Cahensly (Zentr.) ftimmtLdieser Klage au für die Landes zu.

vertritt, zum Vorwurf gemacht worden, daß im diesjährigen Etat

\{huldung vornehmenden Kreditinstitute gegenüber vertragsmäßige Ver- | pflihtungen, die in ibrer Wirkung im wesentlichen auf diejenige einer im Grundbuch eingetragen?n Bershuldung®grenze binauslaufen. Zur Sicherung dieser Verpflichtungen würde die Bestellung einer Kautions- bypothek zu erfolgen haben. - Der andere Weg ist der der geseßlichen Verschuldungsgrenze, d. h. durch Gese wird dem Grundbesißer die Möglichkeit gegeben, eine solche Vershuldungsgrenze im Grundbuch eintragen zu lassen. Für diesen Weg haben \sih gewichtige Stimmen ausgesprochen und ihrer Ueberzeugung dahin Ausdruck gegeben, daß dieser Weg der richtige sei, um das erstrebie Ziel zu erreichen. In Anerkennung der vielen für diese Art der Regelung anzuführenden Gesichtspunkte bin ih bereit und habe es in der Kommission {on erklärt sofern das Königliche Staatsministerium meiner Absicht zu- stimmt bereits in diesem Jahre ein Geseh einzubringen, daß den Grund- besizern die Möglichkeit des Antrags auf Eintragungeiner Verschuldungs8- grenze eröffnet, und ih kann hier vor dem hohen Hause nur jagen : ih bin der märkishen Landschaft dafür dankbar, daß sie bereit ist, sofern die Eintragung der Vershuldungs8grenze gesezlich zugelassen wird, eine Million Mark aus eigenen Mitteln zur Durhführung eines Ent- \{huldungsversuchs zur Verfügung zu stellen. Hoffentlih gelingt der Versuch und liefert den Beweis dafür, daß auf dem in Ausficht genommenen Wege in der Tat eine Befreiung des Grundbesitzes von einem gewissen Maße unwirtshaftlicher Schulden zu erreichen ist. Hervorheben will ich nur dem Hause gegenüber: wir dürfen diese Sache nicht {lafen lassen —, und- ih hoffe noch immer, daß au die Herren, die heute namentlich in ihrer Presse sich dem ganzen Vorgehen immer noh abgeneigt gegenüberstellen, doch aus meinen Ausführungen entnehmen werden: wir können nur der Bildung von Latifundien auf die Dauer widerstehen, wenn wir erstens den vors handenen Bauernstand uns dur die von mir angegebenen Mittel erhalten und wenn wir zweitens dur Aufteilung eines Teiles des Großgrundbesißes neue bäuerlihe Stellen schaffen.

Diese Frage der inneren Kolonisation ftebt mit der Entschuldungsfrage in engem Zusammenhange. Ich habe mir er- laubt, in der Budgetkommission darauf hinzuweisen, daß verschiedene Austeilungsgenofsenschaften bestehen, und wie die Pommersche An- siedelungsgesellshaft in der Aufteilung größerer Besitztümer sehr gute Erfolge erzielt hat. Meine Herren, ih muß das hier in den Vorder- grund ftellen: ih möchte von seiten der landwirtschaftlihen Ver-