1905 / 22 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Jan 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Groftéhandelspreise von Getreide an deutschen und aufßerdeutschen Börsenplätzeu für die Woche vom 16. bis 21. Jauuar 1905 nebst entsprehenden Angaben für die Vorwoche. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt. 1000 kg in Mark. (Preise für greifbare Ware, soweit niht etwas anderes bemerkt.)

Woche| Da-

16./21. | gegen SFanuar Or- 1905 | w ohe

Berlin. Roggen, guter, gesunder, mindestens Weizen, o o o

Hafer, é L L Mannheim. Pfälzer, russischer, bulgariscer, mittel .. fälzer, russisher, amerik., rumän., mittel afer: ha ischer, württembergischer, mittel erste, badishe, Pfälzer, mittel Wien. Roggen, Pester Boden Weizen, Thei - i Hafer, ungariser I erste, slovakische Maís, ungarischer Budapest.

Roggen, Mittelware zen,

Gai, Futter-

Mais,

140,81) 176,50 141,83

140,74 176,83 141,00

712 g das 1 . 755 g das 1 , 450 g das 1

149,83 190,77 150,75 182,50

149,83 190,77 150,75 180,83

gen, Wehen

137,81] 136,05 186,30| 184,52 125,05| 125,84 154,83| 154,75 141/22| 140,30

124,63) 167,38! 118,89) 122,08) 131,86

125,08 168,53 119,13 122,02 132,94

97,73 125,37

j 100,03!

71 bis 72 kg das hl 125,27| j

Roggen,

Weizen, Ulfa, 75 bis 76 kg das 11 Riga.

Roggen, 71 bis 72 kg das hl

Weizen, 79 „»

103,98] 130/53]

103,00 130,64

Paris. magen | lieferbare Ware des laufenden Monats Antwerpen.

130,40 192,23 135,93|

130,78 190,73

135,79

Weizen 156,21] 156,06 150,13} 149,98 128,87| 129,14

139,98| 139,85

Californier Walla Walla Kurrachee, rot. Bombay, Club weiß Amsterdam. | 116,92 116,81 120,95! 120,84 a 153,81| 155,08 169,33 169,18 99,48! 104,47 100,75! 102,39 j j

Afow- St. Od i amerikanischer Winter-

amerikan. bunt La Plata

Roggen Weizen Mais

144,04! 143,90 144,04| 143,90 148,10| 147,95

é Produktenbörse (Mark Lans). li i Weizen ( E { wos Weizen S erste

152,00] 151,85 148,64| 148,50 142,77| 142,24 118,55| 117,24 140,82] 137,87

englishes Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten (Gazette averages)

Liverpool. | 152,69! 151,94

152,09 154,75 136,13| 136,00 142,23| 141,15 158,19| 158,04 118,91| 118,80 100,92| 99,26 98,57| 97,69 134,72| 135,06 90,60| 93,58 101/,86| 101,07 j

Weizen

Australier Hafer, englisch weißer, neu

Odessa Gerste, Futter- ( amerikan. Odessa

Mais | amerikan. bunt, neu La Plata Chicago. |

j 177,13| 179,53

151,14! 152,68

Weizen, Lieferungsware \ 73,88) 73,58

Mais V Neu Yorfk.

roter Winter- Nr. 2 184,61! 188,67

177,10| 179,30 157,44! 158,92

Weizen i 82,82 83,08

Mais o Buenos Aires. | Dur(schnittswcäre

Bemerkungen. i

1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der Londoner Pro- duktenbörse = 504 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Umsaten an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durhschnittiépreise für einheimishes Getreide (Gazette averages) ift 1 Imperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. angeseßt. 1 Bushel Weizen = 60, 1 Bushel Mais = 56 Pfund englis; 1 Pfund englisch = 453,6 g; 1 Laft Roggen = 2100, Weizen = 2400, Mais = 2000 kg. :

Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung find die aus den einzelnen TageSangaben im „Reichsanzeiger“ ermittelten wöchentlichen Durchschnittswecselkurse an der Berliner . Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, (er London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und

eu Vork die Kurse auf Neu York, für Odessa und Riga die Kurse “l St. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze. Preise n Buenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie.

121,16

118,49 79,73.

Weizen 75,73

Mais

Deutscher Reichstag. 126. Sißgung vom 24. Januar 1905, Nahmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die im Wortlaut bereits

mitgeteilte Interpellation des Abg. Staß (nl.), die 11e

mecklenburgischen Verfassungsverhältni betreffend.

Abg. L: ing (nl.) fortfabrend: und die Konservativen hatten Be

auf die Verfassungen der von ihnen machte ein Hehl daraus, fassung eine unabweislihe So erklärte ausdrücklich der Konservativen weit entfernt seien,

um ihre Privilegien; Herr von

lehnte den Antrag angeführten BesWlu burgische Bevollmä

dem Bundesratsbeschlu}se

mehrmals ab,

Ziele zu gelangen. Der

wurde er vom Reichstage e trat von 1848—1850, wo ein fon

in Kraft. iele Verfassun gemeinsam, obwohl jedes der

landesherrlichen

Boden. Außer dem

er Landesherr ist i

nur Erbpacht. Herrscher.

und Besteuerung absoluter

grundherrlihe Stellung einnehmen. gebung, an der Landitandschaft, ift

Gesetzgebung, wohl aber der Fremde, Rittergut kauft. In den Städten obrigkeitlihen Stellung der Magistra kraft eigenen

sind mit Rostock 49 Städte, davon

Mehrzahl aber werden sie einfah also ihre bis 800 Rittergutsbesißer und mecklenburgishen Landtag. Dazu Prinzip der itio in partes; es

gehört zu einem Mie es auf unserem Landtage zuge Ob 700 Mitglieder anwesend sind faffung gleichgültig. Es gibt keine fann zu jeder Zeit beliebig zur V wenn es ihm paßt,

fann Der stimmun {ließli

eine Annahme erfolgt.

Landesberr erklärt einfa,

nicht annehmen. Der

ganzen Landesverwaltung zu tragen. träge zwischen den Ständen und Rechnungêvorlage gibt es nicht. erforderlihenfa

trag beim Landtage, betrages. Schon der 1873 zu, daß die mecklenburgischen eGnung zu legen. Seit 1873

mebr drei felbständige Kassen.

modernen Sinne, sondern nur fugnifse; öfentlicen Zustände find völlig unv der Gegenwart. Widerstand der Stände.

Neichs ist allerdings eine große A auf das Reih übergegangen. Die sonders hoh. Das liegt aber an

gehe darauf nicht weiter ein. Anzahl von Uebertreibungen, Richtig ist, daß eine, als die Lehrerkräfte billig ware Fett wird es diesen \prücben der Lehrer zu genügen. anstalten in Mecklenburg. Es getrieben mit der Errichtung besser werden durch eine ordnet. Ich muß höhere Lehranstalten die bestehende Kontrolle. Eine licher Kräfte ist aus Medlenburg h wesen dagegen liegt im. ar in den Händen der Geistlichen. zulänglih. Den Lehrern kann nah 20 Dienstjahren bält 450 Æ Pension.

wir ein dur gängigen Genehmigung des wir bei unseren Ständen Versammlungsre(cht finden, Stelle, wo die Klagen

burg ist ein für ein wir \chwächsten bewobnte gar feine Industrie. platte Land entvölkert sich, die _ \lossenheit des Großgrundbesizes \{chwung hemmend entgegen. Wie werden? Die Sache könnte im La

M fruchtbares8 tf

sui worden. Willen dazu: überhaupt feine die Hilfe des Reichs. esse daran, da l wird, Die Meichéverfafsung Verfassungen zur notwendigen ein großes Interesse

daß

esse daran, Gleichstimmigkeit

annähernde C

Aus diesen Gründen heraus

Verfafsungsantrag g g as

Ueber den Anfang der Sizung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

eit worden. egte ehrbeit des Hauses es für nicht

denken, die Kompetenz des Reichs Einzelstaaten auszudehnen. Aber niemand

Notwendigkeit für Mecklenburg Abg. von Helldorff,

identifizieren mit dem Kampfe der mecklenburgischen Ritterschaft Maltzahn-Gülß äußerte sich_ später in demselben Sinne und erklärte ebenfalls die baldigîte Einführung einer Verfassung für eine E Ae Der a Wenige Sitzungen darauf erklärte der mecklen- tiate namens seiner Regierung, diese sei mit völlia einverstanden und werde ihre Bes mühungen fortseßen in der Hoffnung, {li sogenannte mecklen wurde dann noch mehrfach im Reichstage eingebraht, das leßte Mal

titutionelles Regiment berrste, ist also bis beute die alte landständishe sogen Verfaffung in Mecklenburg ist für die iden Großherzogtümer völlig souverän ift. Den Inhalt der Verfassung bildet das Eigentum an

und ständisches; ein Bauerneigentum gibt es bäuerlichen Ansässigen und die wenigen

Rittergüter mit 700 bis 800 Besitzern,

fäuflih. Die mecklenburgishe Bevölkerung hat keinen Anteil an der beruht die Landstandschaft auf der

Rechts, ohne Instruktion einzuholen, zum Landtage; es

fleiner Teil davon ist von den Städten frei gewählt, in einem anderen Teile bedürfen fie der landesherrlichen Bestätigung, in der großen vom Landesherrn ernannt, ha

Städte gegenüber dern Landeserns zu vertreten. ie

daß über eine Vorlage gesondert abgestimmt wird, und dann Geseg die Uebereinstimmung

gibt keine Geschäftsordnung, keine Rednerordnung. und häufig \sprehen mehrere zu Man fißt au nicht, sondern steht. Ueber jede abgele immer wieder aufs neve geredet und E werden.

So geht es weiter so viele der Vorlage günstige Leute zugekommen sind, daß Großherzog nahmen des Domaniums die Kosten

dem Landesherrn über Diese Verträge werden aber sehr oft geändert. Ei

3 an die Stände, um ihnen plausibel zu machen, daß ein Zuschuß notwendig ift. Augenblicklich ist wegen eines Vater des gegenwärtigen Reichskanzlers ga Finanzen niht recht zu E fand und daß es nit so weiter gehe; d

ist n geschehen.

Etat haben wir auch keine allgemeine Medcklenburg ist kein Staat im

wir kennen feine Kontrolle der Landesgewalt usw.

Trogdem sind alle Reformen gescheitert an B i _Daß diese Zustände au öffentliches Leben einwirken, ist selbstverständlih. Seit Begründung des

Steuern bei uns sind ja nicht be- t dem demanialen Grundbesig. Das Schulwesen vor allem ist Mecklenburg verblieben. in dieser Hinsicht eine aufsehenerregende Diese und eine Zahl fleiner Städte

kleinen Städten sehr \{chwer, Wir haben viel

böberer Lehranstalten. Bertretung , aber gegen den

den anderen na(sftehen,

vierteljätrlih hat ein Lehrer Anspru Bei unseren jeßigen Lebrer kcin Gehör, und die Regierung 11t machilos. Ferner haben haus rüdständiges Vereins- und Die Abbaltung einer öffentlichen Versammlung bedarf der Großherzoglichen Ministeriums. fein Verständnis für das Vereins- und ist selbstverständlih. Wir haben keine | des Volkes zur Verhandlung kommen. Der Landtag weist alle Anträge auf Aenderung der Vers fa zurück. Darunter leidet au das wirtschaftliche Leben. Mecklen-

aftlihes Gedeihen. Land von ganz Einen Großhandel kennen wir die kleinen Städte gehen zurü.

handlungen zwischen Regierungen und Ständen. Der Großherzog Friedrich Franz II. hatte den bestea seine Versuche sind aber gescheitert; später wurden Versuhe mehr gemacht. : i Dieses hat zweifellos ein großes die mecklenburgische i hat das Bestehen einzelstaatlicher

è daran, daß angehörigen keine politischen Rechte befi in den deutschen *

haben wir und dieser ift vom Reichs Mal wurde er abgelehnt, weil die

Der größere Teil des Zentrums

daß die Einführung der T ei. daß die die konservativen Interessen zu

Bundesrat aber im Oktober 18375 den

lich zu einem gedeihlihen urgishe Verfassungsantrag

Ausnahme der zwei Jahre

beiden Großherzogtümer

Grund und kennen wir rur rittershaftlies überhaupt niht. Die Bauern im Domanium haben m Domanium nach Gesetzgebung

Es gibt 1200 landtagsfähige die eine obrigkeitlihe und Die Teilnahme an der Geseßz- also in Mecklenburg für Geld

der ins Land kommt und sich ein

Die Oberbürgermeister gehen

te. 7 in Streliß. Nur ein ganz

Die 700 Bürgermeister bilden den baben wir noch das alte fann jeder Stand verlangen,

beider Stände. ht, ist wohl den Herren bekannt. oder 10, ist für die Beschluß- Tagesordnung, jeder Gegenstand erbandlung gestellt werden. Es Jeder spricht, [leiher Zeit. nte Vorlage

er fönne den Beschluß der Ab- in infinitum, bis hat aus den Ein- seiner Haushaltung und der Es gibt außerdem einzelne Ver- Zuschüsse. Einen Etat und eine Der Landesberr wendet sich

wieder ein sol n- hon - abgelehnten Pauschale en bsiht der Regierung Tei, ie keinen taatsfafse. «Es gibt viel-

e; die A

ein Komplex persönliher Be- | Diese ereinbar mit der Han Nquung em unser ganzes

nzahl öffentlicher Angelegenheiten

Dr. Schröder hat Broschüre geschrieben. Ich Schrift enthält eine große ihr Ton is sehr gehässig.

in Medcklenburg,

errihtet haben. den gesteigerten An- zu viel höhere Lehr- ein gewifser Luxus Es fann nur die das höhere Lhrwesen Vorwurf protestieren, daß solche das verhütet {on Menge tüchtiger wissenschaft- ervorgegangen. Unser Volkssul- gen. Die Sgulaufsiht ist

Die Gebälter find völlig un- ekündigt werden ; erst auf Pension und er- Ständen finden die

n, Anstalten

wurde also

Yersammlungsrecht. vor- Daß

assung eins Land und hat alle Bedingungen Troßdem ij es das am Deutschland. Es besiyt fast kaum. Das

steht jedem wirtshaftlihen Auf- können nun diese Zustände geändert nde selbst gelöst werden durch Ver- Diesec Weg ift ver-

Ein zweiter Weg ist Inter- Verfassungsfrage endlih gelöst

Einwirkung dies mit diesem Bundesratsbeshlusse haben. Ich hoffe daher, anerkannt werden möge, bar sei, und ih hoffe, daß auch der Kanzler bereit sein wird, diesen Weg einzuschlagen. i

Haus eine Reihe durchaus berehtigter Beschwerden ge fatholishen Kirhe in Mecklenburg find in verhältnismäßig kurzer 3 dadurch, daß Regierungen eingewirkt hat, diesen berehtigten Beschwerden abzuhelfen.

Medcklenburg geschehen ist, erbitte ih der ganzen mecklenburgischen Bevölkerung. daß irgend ein Schritt zum ernstlihen Vorwärts geschieht.

der Einzelstaaten der Kompetenz des Reichs zu unterwersen. Ich kabe daher davon abgeseben, den i einen anderen Weg gewählt. bundesfreundliche Verhandlungen ein Verhandlungen zwischen der mecklenburgishen Regierung - und den Ständen mit ceführt werden. erhoben werden ; machen, weil der und jenz „Erwartung“ ausgesprochen hat. Hierin lag

Antrag bier einzubringen ; ih Jh wünsche, daß der Kanzler dur Einwirken dahin ausübt, daß die

Ernst und Nachdruck wieder aufgenommen und zu Ende Gegen diesen Weg kann ein Einwand von niemandem Kompetenzbedenken kann man hiergegen nicht geltend Bundesrat {on früher selbst diesen ey P wgr: 2 gewi | auf die mecklenburgishen Regierungen die ja über- vollständig einverstanden erkläri

Beprechuüg vou allen Seiten

daß în der enflich und gang-

daß dieser Weg ganz un

Nor vier Jahren brate das Zentrum hier im

den bekannten Toleranzantrag ein; bei der Begründung wurde en die Lage der

vorgeführt. Diese Beschwerden eit abgestellt worden, und zwar

der Kanzler in bundesfreundliher Weise auf die

der wenig zahlreihen Katholiken in beute vom Kanzler im Interesje Es ist absolut notwendig, Ich bin der ältesten Mitglieder im Hause, mit wenigen Unter- ih Mitglied seit 1871, seit der Begründung Reiches, es sind nur noch verschwindend wenige, Jch trat vor 34 Jahren in den Reickstag ein als junger Mann mit der frohen Hoffnung und Zu- versiht, daß das neugegründete Reich au Licht und Luft in mein Heimatland einlassen und mit dem Schutt vergangener Jahrhunderte aufräumen möge. ch habe mi bitter getäuscht, ich bin alt und grau geworden, und noch immer hat sih nichts geändert in Mecklen- burg, noch immer hat die medcklenburgishe Bevölkerung keinerlei politishes Recht, noch immer hat fie zu schweigen und sich ill dem zu unterwerfen, was Ritter- und Landschaft beschließen. Daß ih es noch erleben möchte, daß mein Heimatland aus dem unglücklihen staatsrehtlihen Zustande heraus und zu ftaats8- rechtlichen Einrichtungen gelange, die denjenigen der übrigen deutshen Staaten und der heutigen Zeit entsprehen, wer sollte mir wohl den Wunsch verübeln? Solange meine Kräfte reichen, werde ih nitt aufhören, dafür einzutreten, daß dem mecklenburgi]chen Volke endli sein Recht auf eine zeitgemäße Verfassung gewährt werde!

Präsident Graf von Ballestrem: Meine Herren! Jch bitte, nit zu klatshen; das ift im Reichstage verboten. (Zwischenrufe: Es war auf der Tribüne!) Wenn die Galerie noch einmal flatst,

werde ih sie räumen lassen.

Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von

Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Selbst wenn man persönlich mit den Wünschen

des Herrn Interpellanten die vollste Sympathie hat, so ist man doch,

wenn man an politisch verantwortlicher Stelle steht, verpflichtet,

solhe Fragen fühl staatsrechtlich an der Hand der Grundlage zu

prüfen, der wir alle unsere Existenz und unsere politisce Wirk-

samkeit verdanken, d. h. an der Hand der deutshen Reichs-

verfassung. Der Herr Interpellant hat geglaukt, sein Ansuchen

an den Herrn Reichskanzler, seine Vermittelung zur Aenderung der

meckdlenburgischen Landesverfassung eintreten zu lassen, auf den be-

kannten Vorgang stügen zu können, daß der Herr Reichskanzler in

gewissen konfessionellen Fragen, in bezug auf gewisse kon-

fessionelle Verhältnisse in den Einzelstaaten allerdings vermittelnd

eingegriffen hat. Diese Vermittelung ließe sih aber meines Erachtens

auf Grund der Reichsverfassung rechtfertigen, und zwar auf Grund

des Artikels 3, welher von den staatsbürgerlichen Rechten der deutschen

Staatsangebörigen innerhalb des Reichsgebiets handelt. Anders

liegt es aber mit dem Gegenstand der heutigen Interpellation. Die

deutshe Reich2verfassung erkennt auf Grund des Art. 76 Abs. 2

ein Recht zur Einmischung des Bundesrats in die inneren Verhält-

nisse der Einzelstaaten nur dann an, wenn eine Verfafsungsstreitigkeit vorliegt. Eine solche Verfassungsstreitigkeit kann aber nur vorliegen,

wenn eine Meinungsverschiedenheit ¿wishen Regierung und Landes-

vertretung besteht über die Auslegung und Handhabung der Ver-

fassung. (Sehr richtig! rechts.) Irgend eine Meinungsverschiedenheit über die Handhabung der medcklenburgischen landständishen Verfassung liegt indeß zwishen Landesherrn und Landstandshaft nicht vor; insbesondere liegt aber beim Bundesrat weder seitens des Landesherrn ncch seitens der Landstände Mecklenburgs3 ein Antrag vor, einen zwischen Landesherrn und Landständen be- stehenden Verfafsungsftreit durch einen Beschluß des Bundesêrats güt- lih auszugleichen. (Sehr richtig! rechts.) Das ift meines Erachtens die unerschütterliche staatsrechtlihe Grundlage für die Beurteilung der vorliegenden Frage, und es wäre politisch ret gefährlih, wenn der Bundesrat \ih außerhalb dieser reihsrehtlihen Grundlage irgendwie wirksam in die verfassungsmäßigen Verhältnisse eines Einzelftaats einmishen wollte, solange der Einzelstaat seine Pflichten gegenüber der Reichsgemeinschaft erfüllt. (Zuruf von den Nationalliberalen.) Würde indes ein Bundesstaat scine Verpflichtungen gegen das Reich verletzen oder wegen ungeordneter Verfafsungszustände nicht in der Lage sein, seine bundeërehtlihen Verpflichtungen zu erfüllen, dann würde meines Erachtens der Bundesrat, die oberste Instanz des Reichs, allerdings das volle Ret haben, sh auÿh in die inneren Verhält- nisse eines folchen Einzelstaats einzumischen. Nun komme ich, ab- gesehen von dieser meines Erachtens unumstößlichen Rechtslage, jur Beurteilung der politishen Frage. Das Deutshé Reih wurde zunähst begründet als ein Bund der deutshen Fürsten und Freien Städte; dadurch aber und das möchte ih gegenüber irrtümlihen staatsrechtlichen Ausführungen, die in der lezten Zeit auf- getauht sind, besonders betonen dadurch, daß die deutschen | Volksvertretungen seinerzeit die Verfassung des Norddeutschen Bundes | ausdrücklich genehmigt haben, wurde der Norddeutshe Bund gleih- zeitig au ein Bund der Staaten und der deutshen Stämme. Das Deutsche Reih is] rur eine Fortsezung des Norddeutschen Bundes, indem durch Sonderverträge, die vom Reichstage und den Volksvertretungen der beteiligten Einzelstaaten genchmigt sind, au die süddeutshen Staaten dem Norddeutshen Bunde beitraten und demnächst diescs staatsrechtliche Gebilde den alten geschichtlichen Namen „Deutsches Reich* annahm.

Was damals , im Interesse

eines brechungen bin des Deutschen die damals mit mir hier waren.

Vorauésezung. Das Reich bat nicht ein Teil seiner Reichs- t, es hat ein großes Inter-

den Verfassungen herrscht.

früher den mecklenburgishen an-

rihtig hielt, die Verfafsungsfrage

undeéstaaten wenigstens eine !

| Durch die auf Grund der verfassungsmäßigen Zuständigkeit des | Reichs geübte Gesetzgebung, die zuftande kommt unter Mitwirkung | des Bundesrats und der gewählten Vertreter des deutschen Volïs, wurde die Selbständigkeit der Einzelstaaten auf den allerwihtigsten | politishen und wirtschaftlichen Gebieten wesentlih eingeshränkt, und | es würde allerdings dem Wesen der Sache entsprehen, da die Aus- | führungsgesege zu diesen Reichsgeseyen in den Einzelstaaten beschlossen | werden, wenn auh in allen Einzelstaaten gewählte Ver-

treter des Volkes. an jenen Ausführungs8gesetzen ge- feglih beteiligt wären. (Hört, hört! bei den G en ge: und links.)

Meine Herren, aus dieser Auffassung heravs ift seiner Zeit ter vom Herrn Interpellanten angeführte Beshluß des Bundeêrats hervor- gegangen ; auf diefer Auffaffung beruht die vom Neichêëtage wiederholt beschlossene E:gänzung zu § 3 der Reichsrerfassung, die cine aus Wahlen hervorgegangzne Volkêvertretung der Einzeistaaten als ein allgermein28 deutsches Staatsbürgerr-cht hinstellt; auf diese Auffassung stugte fih die vom Herrn Interpellanten verlesene Erklärung des früheren me@cklenburgishen Bundesratsbevollmächtigten, und diese Auf- fassung hat endli die allerautoritativste Stelle in Mecklenburg, der verstorbene Herr Großher;og Friedrih Franz seiner Zeit beftimmt zum Ausdruck gebracht. (Sehr richtig! links.)

Ih gestatte mir, aus dem „Landtagsabschied" von 1873 wörtlich

jeae Erklärung des verewigten Fürsten vorzulesen; dieselbe lautet folgendermaßen:

. Das Kap. 111 anlangend, so baben Seine Königliche Hoheit

Sich veranlaßt gesehen, von der Fortsezung der Verhandlungen über die besiehende Landeëverfassung auf Grundlage der bisherigen Vorlagen abzustehen, indem Allerhéchs Sie durch den Gang der bereits auf zwei Landtagen gepflogenen Verhandlungen zu der Ueberzeugung geführt worden sind, daß eine Verein- barung über die Verfassungéänterung nur zu erreihen fein wird, wz2nn eine i einheitliche Vertretung des Landes unter Beseitigung des patrimonialen Charafters der bestehenden Verfassung hergestellt wird. Seine Königliche Hoheit erachten es demgemäß für Ihre landesherrliche Pflicht, den demnächst wieder aufzunehmenden Verhandlungen über die Abänderung der Verfaffung eine dieser Allerhöchft Ihrer Ueberzeugung entsprehende Grundlage zu geben, und haben zum Zweck der im Interesse des Landes wünschenswerten baldigen Weiterführung der in Frage slebenden wihtigen Ans gelegenheit die Berufung eines außerordentlihen Landtags in der sicheren Erwartung in Auéësiht genommen, daß die getreuen Stände Seiner Königlichen Hoheit bei der Verfelgung des von Allerhöchst Ihnen nach dem Vorstehenden als notwendig erkannten Zieles der weiteren Verfafsungsverhandlungen in dem ernsten Streben nad) allseitiger Verständigung zur Seite stehen werden.

Das war also die Auffassung des verewigten und in Deutschland allgemein bhohverehrten Großherzogs Friedrih Franz.

Meine Herren, wie mir persönli mitgeteilt worden ift, haben au nach dem Zeitpunkt, den der Herr Interpellant angeführt hat noch vertraulide Verhandlungen in Mecklenburg über die Fortführung der Verfafsungsreform stattgefunden, und ich halte es nah den Ers flärungen, die wiederholt von autoritativster Seite in Medlenburg abgegeben worten find, für ganz aus8ges{lofsen, daß die mecklenburgischen Regierungen es aufgegeben haben follten, und die mecklenburgischen Landstände es auf die Dauer ablehneu könnten, eine den modernen Anforderungen der Zeit ent- spreende Verfassung in ibrem Lande herzustellen. (Hört! hört! Heiterkeit links.) Konservativ heißt nicht unbedingte Ver, neinung der Forderungen einer fortschreitenden Zeit (Sehr richtig! rechts), sondern der wahre Konservatismus suht neue Formen zu finden, um das fstaatlich Not- wendige und Erhaltenswerte im politishen Kampf auch wirkli ch in die Zukunft herüberzuretten (Bravo! rechts. Heiterkeit links.) Ih hoffe, meine Herren, daß die oben dargelegte Auffaffung, welche unzweifelhaft die der Groß- berzoglih Medcklenburgischen Regierung ist, auch die Auffassung der mecklenburgishen Landstände . sein wird. Und wenn der Herr Interpellant an den Herrn Reichskanzler die Aufforderung gerichtet hat, auf die mecklenburgishen Regierungen einzuwirken, daß fie eine entsprechende Verfafsungéänderung nachdrücklich anstreben, so halte ih eine solhe Aufforderung für überflüssig, da an dem ernsten Willen der s diejes Ziel weiter zu verfolgen und ju erreichen, auch nit der geringste Zweifel bestehen kann. ß Heiterkeit links) n s EN

Großherzoglich Mecklenburgisher Bevollmätigt außerordentliher Gesandter von Derßen he n E Zwischen dem Reichékanzler und den einzelnen Regierungen hat stets in ihren Verhandlungen ein bundeëfreundlihes Verhältnis bestanden Unfreundlihe Verhandlungen gibt es nicht. Im übrigen habe ih n Auftrage der mecklenburgishen Regierungen das Folgende zu

flären. Die Großherzoglichen Negierungen balten an der s{on wiederbolt im Reichstage vertretenen Auffassung fest, daß eine Ein- mishung des Reihes in die Landesangelegenheiten eines Bundes- ftaates, abgesehen von dem Ausnahmefall des Artikels 76, verfassungs- Porig und deéhalb zurückzuweisen ist. Wenn die Großherzoglichen egierungen si mit dem vom Bundesrat ara 26. Oktober 1875 ge- faßten Beschluß: „Die Erwartung auszusprechen, es werde den Groß- Frias Mecklenburgishen Regierungen gelingen, eine Aenderung E bestehenden medcklenburgishen Verfassung mit dem mecklen- Euroiiven Landtage zu vereinbaren“, einverfianden erklärt baben, fo 4 en sie ihre Verpflihiungen gegenüber den verbündeten Regierungen dur erfüllt, daß fie wiederholt ernstlich bemüht gewesen D wit den mecklenburgishen Ständen eine Aenderung der be- Ftbenden Landesverfassung zu vereinbaren. Nachdem nun diese Ver- idlungen zu einem Ergebnis nicht geführt haben, müfsen fich die U poiigu ip e Regierungen die freie Entschließung darüber vor- i ten, welchen Zeitpunkt siz für die Wiederaufnahme dieser Ver- Belge in dieser Angelegenbeit für gekommen ecahten. Ih kann quen vur empfehlen, fich in diese Dinge nicht zu mishen. Seiner- E erat der Abg. Lieber an einen Ausspruch des Abg. Windt- p daß bei der Beratung der Nortdeutshen Bundesverfafsung E. sicht bestand, es unmöglih zu machen, daß der Reichstag sih in E inneren Angelegenheiten der Bundesstaaten einmishe. Sie haben piuug mit dem zu tun, was Ihnen hier vorlieat. Einmischungen in Si E egenpelten Her Laa rap niht die Gegenliebe.

ein die Stimmung, in erster Lini ies

Und das wäre im höôöhsten Grade zu bebiagén. E BEIES R DONN

Auf Antrag des Abg. Dr. Sattler (nl.) fi i Ÿ sprehung der Jnterpellation statt. (0 et cue S

Abg. Dr. Herzfeld (Soz.): Die Erklärung des Staatssekretä i eld 4 S)eir p mich in feiner Weise überras{cht. Er hat für 66 die A s bestritten und ih auf das formale Recht berufen. So geht Map r! wenn man Dinge fordert, die durhzusezen man nicht die

SEn Verfassungéfragen sind Machtfragen. Herr Kolle e Büsing vat nen ja eindringlich dargelegt, welhe Fülle von Macht die eihe urgiscte Ritterschaft in Händen at. Nicht durch irgend kat Xe formellen Paragrapter oder bundesfreundlihe Einwirkungen

ie Ritterschaft diese Macht errungen; sie hat in jahrhunderte- nie t fortgesezten Kampfe diese Machtfülle errungen. Es müßte Suter e medcklenburgishe Ritterschaft sein, wenn sie jeßt auf eine E pellation der Nationalliberalen si veranlaßt sehen sollte, auch -

ein Titelhen davon aufzugeben. Aber nit nur ih, sondern s

des früheren Antrazs Büsing anerkannt, daß er die Kompet n 1 en R Selbst Herr von Buchka hat das früher zugegeben, es ftebe ibr L L weiter entgegen als die Verfassungsbestimmung, daß 14 Stimmen im undesrat zur Ablehnung genügen. Aber es ist eine Machtfrage und die liegt beute so, daß Herr Büsing und seine Partei nicht ein: al gewagt baben, ibren früheren Antrag einzubringen. Sie hat riht einmal die Macht, diesen Antrag durhzubringen. er Herr mecklenburgishe Bevollmächtigte sagt Ihnen ja nun ganz gro und deutli, ohne das diplomatische Geschick des Staatssekretärs : raa Sie si niht um das, was Sie nichts angeht! Das ist ie ntwort des Herrn, nachdem die Nationalliberalen so weit zurück- EwiNen sind. Es ist das die rihtige Antwort auf die politischen und parlamentarischen Machtverhältnifie, wie fie jeßt liegen. 1871 bis He hat der mecklenburgische Bevollmächtigte ganz anders geredet. éin ven Vülow senior, der spätere Staatésekretär des Auswärtigen ; p Í s ganz anders. Damals batten die Nationalliberalen L bgeortnete, 7 Abgeordnete hatten sie in Mecklenburg, sie waren dle regierende Partei, hinter ihnen ftand das mecklenburgishe Volk. s sagte ibnen der Herr zuvoerkommend : Wir werden tun, was wir unen. Sie sehen: Verfassungsfragen sind Machtfragen! Die j nterpellation s{chweigt sih ganz aus, wie die Aenderungen der Ver- fassung beschaffen sein sollen err Büsing kämpft seit 34 Jahren für Fine mecklenburgishe Verfassung, er will bis an sein Ende ämp en; glaubt er, mit dieser Interpellation irgend etwas zu ea Der Text sieht ganz so aus, als wenn ih bier Kon- [ervative und Nationalliberale zusammengetan bätten, wie es in Le era bei der lezten Wabl des. Herrn Büsing ge)cheben ift. e ahlkampf führte Herr Büsing unter dem Feldgeschrei: S e ura, Verfassungsstaat! Und der konservative Kandidat E e r. Dade ist in der Stichwahl für Büsing eingetreten. Sau t Herr Büsing wirklich, mit dieser Interpellation Melenburg éine Verfassung verschaffen zu können? Er glaubt es niht. Die Aidesirennes en Verhandlungen, die jeßt gewünscht werden, nahdem ie M eeale Partei aus Mecklenburg fast verschwunden ift ein Nationalliberaler nur noch mit 3 Stimmen Mehrheit gegenüber ée Konservativen in die Stichwahl kommt, werden det Ritterschaft og großes Kopfzerbrehen maten. Als 1848 das Volk sih gegen E estehenden Verhältnisse erhob, erklärte der Herzog, er wolle sich qu nichts einlassen; am 14. März erließ er noch eine Proklamation Petitionen, Verhandlungen über eine Tonstitutionelle Ver- faffung weder von ibm, noch von seinen Beamten überhaupt an- genommen würden. Als aber der 13. März in Wien gekommen war, und am 18. März das revolutionäre Volk den König von Ren besiegt hatte, da erklärte der Großherzog, es liege die otwendigkeit einer Verfassung vor, und der Schritt folle un- verzüglih „geschehen. Damals, als der König von Preußen aufs Haupt geschlagen war, war auch die mecklenburgische Ritterschaft sehr geneigt, darauf einzugehen; sie taten es, weil sie mußten, und sie werden es nie tun, wenn sie nicht gezwungen werden. Mit E veraler Politik aber zwingt man die Ritterschaft nicht dazu. it einer Politik, welhe die Verfassung auf ihre Fahne \chreibt und \ih dann von den Ritterschaftliken unterstüßen läßt, zwingt man die Ritterschaft nicht. Im Reichstage figen vier konservative aae oge, die nur mit Hilfe der Nationalliberalen in den Reilh- ag gekommen sind. Als der König von Preußen die Revolution wieder seinerseits besiegt hatte, die medlenburgische Ritterschaft nichts mehr zu fürchten batte, als er erklärt hatte, die medcklenburgische kon- \titutionelle Verfassung müsse fallen, da fand wieder eine „bundes- freundliche“ Verhandlung statt, die Könige von Sathsen, Hannover any Preußen seßten ein Schicd8geriht ein, es wurden „zuverlässige“ 5 ichter ernannt, die E bei den Königen Instruktionen olten. Auch das war der Ausdruck der Machtverbältnifse. Die konstitutionelle Verfassung wurde abgeschafft, und die alte besteht noch heute. Als 1866 die preußishe Armee Mecklenburg beseßen wollte, wenn es niht in den Norddeutschen Bund eintrat, fügte fih Mecklen- urg und gab einen großen Teil seiner Souveränität auf. - Das sind Erfolge, wenn eine Macht hinter den Forderern steht. 1875 schrieb Herr vou Bülow senior an seine Regierung, daß der Bundesrat sih nicht mit seinem Beschlusse für alle Zeit zum Garanten der mecklenburgischen Zu- stände mache, daß vielmehr alles auf Reformen in Mecklenburg dränge d dieses Drängen stärker als Reichsverfafsungéparagraphen sei. Ee berief der mecklenburgishe Großherzog eine Deputation zur Zeratung einer Verfaffung, und was kam dabei beraus, als der Liberalismus in seiner Maienblüte ftand? Der Großherzog {lug u. a. vor, den biëherigen beiden Ständen das Domanium als dritten unter dem Namen Amtsgemeinden hinzuzufügen. Er wollte bei dieser Gelegenheit ein Drittel der Mat auf Kosten der Ritterschaft für sich in Anspruch nehmen. Ein so siebenfacher. Esel war die Ritterschaft nicht und lehnte den Vorschlag ab. Später wurde wieder verhandelt mit den Ständen, aber die Ritter fürchteten fich nit, denn sie wußten, daß der Bundesrat fich in die Verbältniffe eines Bundesstaats niht einmischen würde. Die „bundesfreundlihen* Verhandlungen waren wobl in der Frage der freien Religionsübung der Katholiken aIeak weil die Ritterschaft recht wobl wußte, daß der Bundeêrat rns machen würde, aber in der Verfassungsfrage lagen die Dinge ganz anders. Es wurde dann 1874 eine Verfassung vorgeschlagen nah der 40 Ritterschaftlihe, 6 Großherzogliße Stimmen und 26 Großherzoglihe Gemeindevorstände den Landtag bilden sollten. Obwohl die Rittershaft dabei nichts rerlor, lehnte sie doch diesen Vorschlag ab. Später wurden die Nationalliberalen von Biêmarck an die Wand gedrückt, daß sie quietschten; der Antrag Büsing ver- s{hwand in der Versenkung. Jett, 1905, da Herr Büsing als leßte Säule des mccklenburgishen Nationalliberalièmus im Reichs- tage sißt, jeßt erwartet Herr Büsing von der bundeêratlichen Eiîn- wirkung, daß sie dem Bürgertum in Mecklenburg zum Siege verhilft. Nicht einmal die liberale Landschaft ift dafür eingetreten, daß ein Verfassungsantrag überhaupt debattiert wurde. Niemand in Mecklen- burg wird glauben, daß Vertrauen zum Bundesrat genüge, um Medcklenburg eine Verfassung zu geben. Die Ereignisse in St. Peters- burg, wo_ der russische Zar die vertrauenéfeligen waffenlosen Bürger niederkartätschen läßt, zeigen, wohin ein solches Vertrauen führt. Wir Sozialdemokraten wissen mehr als andere Parteien, was man in Mecklenburg gebraucht: eine auf dem allgemeinen, gebeimen und direkten Wahlrecht beruhende Vertretung. Verfassungsfragen sind Machtfragen, wir werden den Klassenkampf fortführen. Hier hilft kein Maulsvizen, bier muß gepfiffen werden. Die sieben medcklen- SNRE Ne piûfen nee Sozialdemokratie erobert werden nw! die Aufgabe erfüllt werden, die die i i 7 {mä blich mit Füßen getreten haben. D En

Staatssekretär des Jnnern, Sta ini

Bo Io M eETeE atsminister Dr. Graf von Meine Herren! Der Herr Vorredner hat vorhin eine Bemerkung gemacht, die ih niht ganz unbeachtet vorbeigehen lassen darf. Er hat erklärt: Verfassungsfragen sind Machtfragen. Wenn das rihtig wäre, könnte man mit di:sem Grundsaß jeden Verfassungs- bruch rechtfertigen (sehr rihtig! rech!8), und ih bin überrascht, daß eine solch gefährlibe Aeußerung aus der Mitte dieses hohen Hauses erfolgt ist. Ich habe biéher immer die Auffassung gehabt: Ver- fassungsfragen sind Nechtsfragen. (Sehr wahr! in ter Mitte und rechts.) Im englischen Parlament befteht das bekannte Sprich- wort : das Parlament kann, selbstverständliÞh mit Zustimmung des Königs, alles machen, nur nicht aus einer Frau einen Mann. (Große Heiterkeit.) So kann auch das deutshe Parlament Jnitiativanträge stellen, aber muß stets das Neht des andern Faktors, des Bundes- rats, anerkennen, daß ein Geseß nur zustande kommen kann, wenn der Bundesrat, der andere Faktor, au aus freier Entschließung zustimmt. (Sehr richtig! rechts.) Es hat den Vertretern der nationalliberalen Partei, die seinerzeit den Antrag gestellt haben, daß in jedem deutschen

Reichstag in seiner großen Mehrheit ist über das formale N t anderer Meinung; der M hat dur die wiederholte “M t

Staat eine vom Volk gewählte Vertretung an der Geseßgebung be-

teiligt fein müfse, auch vollkommen fern gelegen, etwa zu behaupten, daß ein solhes Recht cegenüber den Einzelstaaten {ou aus der Neichéverfassung * hergeleitet werden fönnte, sondern man hat damals eben einen Antrag zur Ergärzung des Art. 3 der Reichsverfassung gestellt, wel&er von den allgemeinen ftaatsbürgerlißen Rechten der Deutshen handelt; dieser Antrag ift aber von dem anderen Teil der gesezgebenden Gewalt, dem Bunde- rat, nicht genehmigt worden. Wenn sih sch{ließlich der Herr Vor- redner auf den Vergang beruft, daß der Reichskanzler seine bunde8- freundliche Einwirkung {hon habe eintreten lassen in einer Frage, die das fonfessionelle Gebiet berührt, so Liegt dieser Fall verfafsung3- mäßig anders ; denn diese damalige Einwirkung läßt fih allerdings sehr wohl auf Art. 3 der Reichëverfafsung in seiner gegenwärtigen Fassung stüßen, der von dem gemeinsamen deutsden Indigenat und von dem gleichen staatsbürgerlihen Ret aller Deutschen handelt.

_ Abg. Rettich (d. kors.): Auf die Einzelheiten der Verfassungs frage in Méckl?nburg einzugehen, können mih auch die a Os des Abg. Herzfeld nicht veranlassen. ‘Der Interpellaut hat Neues auch nicht gebraht, sondern nur Altes wiederholt. Jch selbst habe mich 1899 ausfübrlih über die Frage geäußert. Ich nehme das Wort nur, um eine Erklärung abzugeben, zu der sib mit mir die Abgg. von Oerßen von Malyahn und von Treuenfels vereinigt haben: Die An- sichten der Konservativen in Mecklenburg über die Abänderung der Verfassung gehen auseinander; einig aber find sie in folgendem: Da Ns Reich nicht berehtigt ift, sich in Verfafsungéangelegenheiten der Einzelstaaten, abgesehen von Artikel 76 der Verfaffung, einzumischen so müssen wir auch die Aufforderung nach bundesfreundlichen Ver- handlungen als unzulässig erklären, weil darin die Aufforderung zu einer Einmischung des Reichs zu erblicken ist. H |

_ Abg. Kopsch (fr. Volksp.): Den Darlegungen de i ist 1899 von anderer Seite sehr lebhaft bibetipreción E Mus kann allerdings nit viel mehr über die Frage gesagt werden. Schon 1869 wurde der Antrag gestellt, die Bundesregi-rungen möchten auf eine Abänderung der mecklenburgishen Verfassung hinwirken. Damals spielten die Steuerverhältnifse mit und der Umstand, daß etwaige Ueber- fe ungen an die Einzelstaaten in Melenburg nur zur Bereicherung der andes herrlichen Kassen dienten. In Mecklenburg sind politische Rechte nur dasAttribut der privilegierten Stände und an den Brundbesitz gebunden Damals wurde angenommen, die mecklenburgishen Stände würden selbst helfen, diesen Zustand zu beseitigen, da doch die Zeit der Erb- weiskeit und des beschränkten Untertanenverstandes vorüber sei. Das war vor 36 Jahren. Und heute? Nicht die Verhältnisse, nur die Tonart der mecklenburgishen Vertreter hat ih geändert. 1894 {lug der medcklenburgische Vertreter, Herr vou Deren, bereits eine ganz andere Tonart an; seine Regierung lehne aufs entshiedenste Eingriffe in das Landeshoheitsreht ab, und heute war diese Tonart noch ver- shärft. Er hat auch eine drohende Warnung bem Weichstag aus- gesprochen; wenn folhe Anträge kämen, könnte die Stimmung des Volkes gegen den Reichstag erbittert werden. Nun, erbittert können doh hôchstens die einigen hundert Ritter sein. Er hâtte lieber die einigen hundert Ritter warnen und ihnen sagen sollen, daß sie durch ihr \tarres Festhalten an ihren Vorrehten den Reichstag und das deutsche Volk erbittern möchten. Bezeichnend für den Geist in jenen Kreisen ist ein Artik] aus den „Mecklenburgishen Nachrichten“, die ran Büsing und seine Mitunterzeichner für die Interpellation mit ohn und Spott übergießen. Daß ein Antrag Büsing abgelehnt worden wäre, _ sehe ih noch keineswegs ein: denn die gesamte Linke mit 117 Stimmen stebt dahinter, und auch von anderen Seiten des Hauses hâtte er Zuzug erhalten. Selbst Herr von Kardorff hat sih nach- drücklihst für die schleunige Abschaffung der alten Zustände und für eine moderne Verfassung in Mecklenburg ausgesprochen. Ich hätte auch einen Antrag lieber gesehen, in welchem die Richtung der Aenderung der Verfassung angegeben war. Wir verlangen selbstverständlich eine Landeévertretung auf Grund des allgemeinen, geheimen und direkten Wahlrechts. Das mecklenburgish rittershaftliße Blait \pottet über den „lahmen Verfafsungsgaul*, auf dem Herr Büsing in die Arena reitet. Ih bedauere diese böhnishen Worte gegenüber einem Manne der früher Vizepräsident des Reichstags war, der heute mit bewegten Worten für seine noch immer unerfüllten Jugendhoffnungen ein- getreten ist. Schon früher hat der Abg. Richter hingewiesen, wie auf Grund der Verfassung {hon 1869 und 1871 Eingriffe in das mecklenburgishe Verfassungsrecht ftattgefunden haben. Mecklenburg sollte also an diese Vergrößerung der Reichskompetenz {hon gewöhnt sein. Aber auch in den älteren Verfassungen, so in der Frankfurter war die Forderung einer Volksvertretung und eines verantwortlichen Ministeriums enthalten. Das Fürstentum Raßzeburg bekam 1866 eine Verfassung, die freilich auch danah war: sie Dato Gesege nur zu be- gutahten. Dieser Landtag ist durch Staatsbes{hluß unfähig gemacht worden; es liegt also tatsählich ein Verfassungsstreit vor, und die An- wendung des Artikels 76 der Verfassung wäre hier eigentlih geboten. In Preußen hat Friedrich Wilhelm 1. seinerzeit verstanden, etwas anders mit_den widerhaarigen Rittern umzuspringen. 1895 seßte fih Herr von Dergen au auf das hohe Pferd und meinte hôhnish, der arlamentarismus sei im Niedergange begriffen. Ganz ebenfo laffen ih jeßt die „Medcklenburgishen Nachrichten“ aus. Soll das etwa heißen. der gee sei im Aufsteigen begriffen? Die Zustände im öôstlihen Nahbarreiche sind doch wahrhaftig nicht dazu angetan, eine Sehnsucht nah dem Absolutismus aufkommen zu lassen. ie Zeiten des Absolutismus, des l’état c’est moi sind vorüber; kein König, und sei er noch fo gottbegnadet, kann allein Verwalter, Gesetzgeber Lenker seines Reichs sein. Der Fürst hat heute au gar keine Zeit mehr für die Verwaltung übrig; er muß Denkmäler enthüllen Kirchen einweihen, Truppen besichtigen; da muß denn die Verwaltung des Landes in sichere Hände gelegt werden. Daß gerade in Mecklen- burg ein Parlament sehr am Platze wäre, für diese Notwendigkeit E ein Blick auf das Finanz- und das Schulwesen des Landes. Im Domanium wie in der Nitterschaft liegt das Schulwesen furchtbar im argen ; nur die Hälfte der nötigen Schulen ist vorhanden. Die Schul- kinder föônnen {hon mit 11 Fahren beurlaubt werden zu landwirtschaft- lihen Arbeiten, und dann findet nur ein Nachmittagsunterriht von zwei Stunden statt; über das Ganze dieponiert aber nit ein Shulmann sondern der Gutéeherr. Diese Dinge interessieren das ganze Deutsche Reich. Die Bevölkerung in Mecklenburg nimmt nur in sehr geringem Um- fange zu, in der Dichtigkeit der Bevölkerurg nimmt es im Deutschen Reiche die unterste Stelle ein. Steht etwa Mecklenburg in sittlicher Beziehung hoch? In Mecklenburg-Schwerin betrugen die unehelichen Geburten 11,5, in Mecklenburg-Streliy 11,89% gegen einen Durh- {nitt im ganzen Deutschen Reiche von 8,5 9%. Aber, so beißt es Mecklenburg ist zufrieden. Wie falsch das ift, beweisen die Stimmen

für die leßten Reichétagëwablen: F des i e e la ber Orgoiition, 2 ganzen mecklenburgis{en Volks des Landes Medcklenburg endlich berücksichtigen.

Möge das Neich die berechtigten Beshwerden Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Jch kann Bezug nehmen auf die

a die der Abg. Windthorst 1874 in dieser Frage abgegeben nisse eines Einzel staats einzugreifen, und er fügte hinzu, es sei ni berehtigt, an dem Ernst der‘ Aftion zu ¡ivelfesa, die bee Seb eias ia 1 A Weise eingel:itet habe. Dieser Anschauung sind wir uch heute. ift, daß Mecklenburg zu einem konstitutionellen Staatsfystem üb E liegt die Frage, wieweit wir da von Reichs lden M nnen. bedenken. Uebrigens hat sich jeßt rechter Hand, linker Hand alles ver- tauscht._ Als wir unjere Toleranzanträge einbrachten, ee in ber Kommission sogar ein Kommissar zurückgezogen. 1875 hatten wir Bedenken gegen die Kompetenz des Bundesrats in der mecklenburgischen

Er sagte, es gâbe feine Handhabe, um in die inneren Verbält-

Aber das {ließt nit aus, daß der Wunsch berechtigt

er Antrag des Abg. Büsing hat an sich keine Kompetenz-

Der Bundesrat seßte sich darüber hinweg. Der mecklen-

rage. Pra he Vertreter hat uns zwar heute eine Lekti i r ait j e Æktion erteilt, aber dem Mahnung an den Reichstag richtet.

Uebrigens paßt es ih niht, daß er eine solche