1857 / 211 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

1748

Der Ober-Präsident der Provinz Posen, von Puttkammer, von Erfurt.

Abgereist: Se. Excellenz der Staats- und Kriegs-Minister, General-Lieutenant Graf von Waldersee, und

Se. Excellenz der General-Lieutenant und General-Juspecteur der Artillerie, von Hahn, nah Halle.

Der Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath und Ministerial- Direktor S ulzer, nah Wiesbaden.

Der Geheime Kabinets-Rath Jllaire, nah der Provinz

Sachsen.

Verlin, 7. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Dem Maurer- und Zimmermeister Vincenz Staß zu Köln die Erlaubniß zur Anlegung des von Sr. Heilig- keit dem Papste ihm verliehenen Ritter-Kreuzes des St. Gregorius-

Ordens zu ertheilen.

Nichtamtliches.

Solstein. Jhehoe, 3. September. (Fortseßung [statt Schluß] des Ausschuß-Berichts über den Entwurf cines VerfassungS- Geseßzes für die besondern Angelegenheiten des Herzogthums Holstein.)

Auf diesem Wege tritt uns zunächst die Verschiedenheit der Nationa- lität in der Monarchie und die Erinnerung an Dasjenige entgegen , was schon die Ständeversammlung des Jahres 1853 hierüber in das Bedenken vom 19. Dezember \. J. bind: Sie bemerkte nämli, daß die Ge- sammtrepräsentation aus verschiedenartigen und ungleihmäßig vertretenen Nationalitäten regelmäßig kein einmüthiges Zusammenwirken zur Folge habe, sondern vermöge der nicht wegzuläugnenden Natur der Verhältnisse eine Neigung zu Uebergriffen von Seiten der Majorität, der die schwächere Nätionalität eine negative verhindernde Thätigkeit entgegenseße. Derselbe Gedanke fand seinen Ausdruck in der allerunterthänigsten Vorstellung an Se. Majestät den König, mit welcher das damalige Ministerium die dem- nächst :püblizirte Verfassung vom 26. Juli 1854 bevorwortete, indem dasselbe bemerkte: „daß eine Unterordnung, zu welcher eins eigentliche konstitutionelle gemeinschaftliche Verfassung unter den gegenwärtigen Ver- hältnissen, so weit ersichtlich, würde führen müssen, mit der Gerechtigkeit DoPI, als mit den von Sr. Majestät verschiedentlich gegebenen Zusagen und mit den Verpflichtungen, welche Sr. Majestät, namentlich in Betreff der Herzogthümer Holstein und Lauenburg dem. Auslande gegenüber ob- Tägen“, nicht würde bestehen können. : Das Ministerium 'bes{hloß daher, die Verfassung des Königreichs Dänemark in einem höchst wichtigen Punkte, nämlih im Steuerbewilli- gungsrecht, zu beschränken und die -desfällige Befugniß des für die Monarchie gemeinschaftlichen Reichsraths zu einer nur berathenden zu machen. Ob ‘dieser Plan si, ungeachtet ‘des Widerstandes des Reichs- tages, hätte durchführen lassen, gehört nicht weiter hierher, da der Wider- stand nicht überwunden wurde und der Plan aufgegeben werden mußte, Nur das wollen wir bei dieser Gelegenheit gerne einräumen, daß der Widerstand, den die Verfassung vom 26. Juli 1854, vermittelst welcher jener Plan durchgeführt werden sollte, bei den Anhängern des dänischen Grundgeseßes_ vom 5. Juni 1849 fand, nicht überraschen konnte. Denn es stand zur Frage, ob man die Hand dazu bieten wolle, eines schwan- kenden, mit geringen Befugnissen ausgestatteten gemeinschaftlichen Ver- fassungswerkes halber, wohlerworbene und mit den Anfichten der Mehr- zahl der Mitglieder ‘des dänischen Neichstages harmonirende Jnstitutionen und Gerechtsame aufzugeben. .Jn den Gang der damaligen parlamenta- rischen Debatten einzugehen, ist nur von historishem Jnteresse, So viel aber ist daraus zu entnehmen und in vorliegender Veranlassung hervor- zuhêben, daß Diejenigen, ‘welche sich ‘damals ‘wider die Einschränkung des dänishen Grundgesezes erklärten, ih nicht auf dem Boden der Gemein- \chaftlichkeit befanden. Denn in ‘dem “Grundgeseße vom 5. Juni 1849 lag, wie {hon wiederholt angeführt worden, die Auflösung des vorhandenen Elements zu sinein. Selgn Ra ge, und es nähert sich folglich auch dex- selben Richtung alles dasjenige, was späterhin geschah, um eine Modifica- tion der ‘Gesammt-Vetfássung unter Analogie des gedahten Grundgesezes u ‘Stande ‘zu ‘bringen. “Daß ‘diesen Béstrebungen die Einseitigkeit in ‘dem- selben Maße zum Grunde lag, in welchem das dänische Grundgéfeß #staats- O e Gerethksame enthalt, welche ‘in ‘den Herzogthümern größten- theils fehlen, daß auf ‘diesem Wege die Grundlage der Gemeinschast, näm- lich ‘das Gleichgewicht ‘der vertretenen Juteressen, um so viel mehr ærshüt- tert wurde, als der Einfluß einer beschließenden Versammlung denjenigen eines berathenden Körpers Üüberragt, bedarf keines Beweises.

“D Verfassung vom 2, Oktober 1855 neigte sih schon wegen der dem Reichsrathe ‘dur ‘dieselbe eingeräumten ‘sehr erweiterten Befugnisse im Vergleich mit der aufgegêbenen Verfassung ' vom 26. Juni 1854 bedeutend zum Nachtheile der Herzogthümer. Betrachtet man aber außerdem die

Ms der gemeinsamen Vertretung nach der Verfassung vom “« Oktober 1855 und das damit E Wahlgeseß, so wird man ‘dem ‘Begründer desselben das Zeugniß nicht versagen können, daß Alles dabei benußt worden ist, was zur gänzlichen Zerstörung der Gleich- berechtigung führen mußte. Dies wurde denn auch im dänischen Neichs- tage vollkommen erkannt, Der Wortführer des Ausschusses im Folkething empfahl die Annahme des Gesezes vom 2, Oktober 1855 mit den Wor- ten: „Wenn man hinsieht auf das durchaus unzweifelhafte Uebergewicht,

/

welches in allen Justanzen nah Recht und Gerechtigkeit dem dänischen Element gegeben. ist, so tstt diese Versammlung der Reichsrath eine solhe, der diese Sachen die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Monarchie nämlich anvertraut werden können.“ Auf diese Empfehlung nahm man feinen Anstand, die Verfassung anzunehmen. ;

Das vorige Ministerium dagegen hatte in seiner allerunterthänigsten Vorstellung bei Vorlegung des Entwurfs der Verfassung vom 26. Juli 1854 in dem {hon oben citirten Passus zugleih darauf aufmerksam ge- macht, daß diejenige Nationalität, welche der Monarchie ihren Namen giebt und die überwiegende Mehrzahl der Unterthanen Sr. Majestät aus- macht, doch der andern an Zahl nicht so überlegen sei, als daß nicht eine Unterordnung der leßteren die größten Gefahren für die Monarchie be- fürchten lassen müsse.

Das neue Ministerium mußte entweder den Zustand nicht für so be- drohlich gehalten haben, oder es mußte die Ansicht hegen, daß die ange- deuteten Gefahren sich dadurch beseitigen ließen, daß man die Repräsenta- tion der schwächeren Nationalität so illusorisch wie möglich einrichtete. Nur einem solchen Zwecke kann es zugeschrieben werden, wenn man, in richtiger Erkenntniß, daß die schleëwigsche Ständeversammlung, ungeachtet alles Desjenigen, was deren Zusammentritt vorhergegangen, dennoch einen überwiegend deutschen Charakter gezeigt hatte, das Herzogthum Schleswig in 5 Wahldistrikte für die gemeinschaftliche Vertretung zerlegte, um we- nigstens in den beiden nördlichen Abtheilungen eines gewünschten Erfolges gewiß zu sein.

Das Herzogthum Holstein hingegen bildet nur Einen Wahldistrikt; von einer ständischen Vertretung ist abgeschen; ein eigener Besiß im Lande ist zur Ausübung des Wahlrechts nicht erforderlich, sondern augenblick- licher Aufenthalt an dem Orte, wo die Wahl ausgeübt werden soll, nebst dem Nachweise eines Einkommens von 1200 Thlrn., oder einer direkten Steuerzahlung an den Staat oder Kommune von 200 Thlrn. im leßtver- flossenen Jahre, genügt. Jm Herzogthum Holstein garnisonirende Militair- personen wurden daher stimmberechtigt für die Vertretung des Herzog- thums im Gesammtstaate und sie haben, bei der geringen Theilnahme der eigentlichen Landesbevölkerung, in Wirklichkeit keinen geringen Bruchtheil der Stimmen zum Neichsrath aus dem Herzogthum Holstein abgegeben. Ein ähnliches Verhältniß kann nah dem Gesetze freilih auch im König- reich Dänemark stattfinden; es reducirt sih aber die Zahl der in der dänischen Armee dienenden stimmberechtigten Holsteiner auf ein Minimum, es wird daher dort böchstens ein oder der andere vereinzelte analoge Fall vorkommen können.

Die übrigen Bedingungen zur Ausübung der Wabl, nämlich die jährliche Anmeldung und Darlegung eines gewissen Vermögens und Steuerquantums, die Berechnungsart bei der Wahl, mittelst Division der Stimmenzahl durch die Anzahl der zu wählenden Vertreter, mithin die Einführung reiner Minoritäswahlen und des reichlichste Spielraums für die Wahlumtriebe einzelner einflußreichen Personen, scheinen alle auf obigen Zweck berechnet zu sein. :

Zieht man neben allem Diesem in Betracht, daß die Mitglieder des Reichsraths aus den verschiedenen Theilen der Monarchie nah Maßgabe der Volkszahl gewäht werden, und daß nach diesem Verhältniß von den 80 Mitgliedern des Neichsraths nur 18 dem Herzogthum Holstein zufallen, mit Einschluß der 4 von Sr. Majestät dem Könige gewählten, und daß die 3 Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg zusammen im Ganzen nur 33 Vertreter stellen gegen 47 des Königreichs, so leidet es keinen Zweifel, daß, statt der Gleichberechtigung des Herzogthums Holstein und der deutschen Nationalität, eine Unterordnung unter das Königreich und unter die dänische Nationalität in möglichster Vollständigkeit herge: stellt ist.

In allen Fragen, in denen die Juteressen der Herzogthümer und die Ansichten und Wünsche ihrer Vertreter von denen des Königreichs diver- giren, müssen jene, wenn sie auch alle zusammenstimmen, unterliegen. Daß aber solche Fragen bei Behandlung der wichtigen und umfassenden Verwaltungszweige, welche der Kompetenz des Reichsraths zugewiesen find, vielfach vorkommen, das kann Niemandem zweifelhaft sein, welcher eine Vorstellung hat von der Wirkung der Verschiedenheit der Nationali- tät auf die Bedürfnisse und Ansichten der Menschen in Beziehung auf ihre öffentlichen Lebensverhältnisse. Einen Zweifel hierüber wird auch eine Erinnerung an die wesentlich verschiedenartigen Verkehrsverhältnisse in den südlichen Theilen der Monarchie und in den nördlichen beseitigen und an die an solche Verhältnisse sich anschließenden Junteressen, nament- lih in Zollangelegenheiten. Selbst die auswärtige Politik ist vom Wir- kungskreise des Neichsraths nicht ausgeschlossen, und nur zu bekannt ist es durch mancherlei Vorgänge neuester Zeit geworden, daß rüdsichtlich derselben im Königreich Tendenzen sich geltend machten, welche hier als mit den Juteressen einer aus deutschen und dänischen Elemeten zusammen- geseßten Monarchie unvereinbar erscheinen. Wer aber sih davon über eugen ivill, daß auch schon jeßt Divergenzen der gedachten Art zum Vor- bein gekommen sind, der wird genügende Belege dafür finden, wenn er unter Anderem die Verhandlungen des Reichsraths nachliest über den Zusaß zu §ÿ. 5 des Verfassungs8gesczes, betreffend die vom Thronfolger zu leistenden Eide auf die verschiedenen Verfassungsgeseße, über den An- trag ferner auf Vorlegung des gemeinschaftlichen VerfassungSgescßes und des Wahlgeseßes an die Ständeversammlungen der Herzogthümer, über die Veräußerungen von Domainen, endlich über die Verwendung der Ab- lösungsgelder für \den Deresundzoll.

Die vernünftige Absicht einer jeden constitutionellen Verfassung kann nur die scin, daß das Volk, welchem dieselbe verliehen ist, berechtigt sein soll, seinen Willen dur scine Vertreter zur Geltung zu bringen. Diese Berechtigung ist aber für die Bevölkerung des Herzogthums Holstein bei der jeßt bestehenden Einrichtung des Reichsraths eine illusorishe. Für Holstein ist mithin die verheißene constitutionélle Verfassung für die gemein- schaftliheu Angelegenheiten nicht zur Wahrheit geworden. Es ist ihm bielmehr aus der betreffenden Gerlnfiuna eine große Gefahr erwachsen.

“Denn ‘anstatt des Willens des Landesherrn, von dem “bet seiner erhabencn

Stellung im Allgemeinen eine unbefangene Würdigung der in Betracht

1749

kommenden Juteressen zu erwarten ist, find die wichtigsten Jnterefsen des Be ati der Einwirkung einer Majorität einer fremden Volks- Repräsentation preisgegebeu. Sollen Länder und Völkerschaften, wie die unter dem Scepter Sr. Majestät des Königs vereinigten, durch eine gemeinschaftliche Verfassung mit einander verbunden werden, \o müssen die Länder als folche ihre Vertretung im gemeinschaftlichen Organe finden. Nur fo kaun ihnen Gleichberehtigung und eine den Verhältnissen entsprehende Wahrnehmung ihrer Juteressen gesichert werden. Eine Ver- tretung nach der Volkszahl mag in einer aus gleichartigen Provinzen mit gleicher Nationalität zusammengeseßten Monarchie zum FZele führen. Das Herzogthum Holstein ist aber keine Provinz des Kömgreichs Dänemark, sondern, gleich wie die übrigen Landestheile der dem Scepter Sr. Majestät unterworfenen Monarchie, ein selbstständiger und gleichberechtigter Theil derselben. Li h

Es bleibt uns nun noch übrig, die Aufmerksamkeit der Versammlung auf den Einfluß hinzulenken, welchen die Entwicklung der Gesammt-Staats- Verfassung auf die Verwaltung des Herzogthums Holstein ausgeübt hat. Schon che die gemeinschaftliche Verfassung vom 2, Oktober 1855 ins Leben getreten war, machte sich der Einfluß des vorwiegenden dänischen Elements bei den die Bildung eines Gefammtorganes vorbereitenden Einheits-Be- strebungen in hohem Grade geltend.

Der Versammlung ist es crinnerlich, daß in der Diät von 1853 der- selben eine Reihe der wichtigsten, größtentheils {hon provisorisch erlassenen Gesetze zux Begutachtung vorgelegt wurden, welche diesem Streben thren Uxsyrung verdankten. Wir sind weit davon entfernt, dasselbe an und für sich tadeln. zu wollen; wir räumen im Gegentheil gerne ein, daß in manchen Fällen eine größere Uebereinstimmung in der Gefeßgecbung , als sie bisher bestanden hatte, sich mit den Jnteressen der verschiedenen Lan- destheile wohl vereinigen ließe. Es konnte die Ständeversammlung aber nicht anders als s{chmerzlich berühren, daß nun die beabsichtigten Ber- änderungen mit einer solchen Eile betrieben wurden , daß die Thatsache fast immer son vollendet war, ehe die Thätigkeit des verfassungsmäßigen Organs des Herzogthums zur Mitwirkung in Anspruch genommcn wurde. Um so tiefer mußte dies empfunden werden, wenn die Versamm- lung exkannte, daß in häufigen Fällen die eigenthümlichen Ver- hältnisse des Herzvgthums nicht genügend berüsichtigt waren, die schon erlassenen Geseße vielmehr das Gepräge davon an sih trugen, daß die Uebereinstimmung mit der dänischen Gesetzgebung und die Nücksiht auf die erforderliche Zustimmung des Neichstags des Königreichs Dänemark das bvorwaltende Motiv abgegeben hatte. Wenig Ausficht war für die Ständeversammlung ‘vorhanden, daß ihre, -den Interessen und Verhältnissen Holsteins entsprechenden Aenderungsvorschläge Berücksichtigung finden wür- den; sie ließ sich aber durch kein anderes Ziel, als dasjenige, diese Juter- essen nach bester Einsicht wahrzunehmen, leiten. Wie geringen Erfolg sie aber bei diefen Bestrebungen gehabt, davon geben die fast in wörtlicher Uebereinstimmung mit dem proviserischen, demnächst definitiv erlassenen Ge- seße, betreffend unter Anderem die Anordnung einer Brennsteuer vom 19. April 1854, die Durchführung der Zolleinheit vom 15. April 1854, die Aufhebung der ‘der Stadt Altona ‘und dem Flecken Wandsbeck zustehenden Zollbegünstigungen, vom 15. April 1854, ein redendes Zeugniß, wenn man dieselben mit den von der Ständeversammlung er- statteten Gutachten vergleiht. Nicht besser erging es der Versammlung mit threm Gutachten über den Entwurf eines Patents, betreffend eine ver- änderte Benennung des bestehenden Münzfußes , ‘so wie die Münzsorten, in welchen die Zahlungen zu leisten sind. Weder der fast einstimmige, auf eine Vereinbarung mit den Hansestädten Hamburg und Lübeck vor definitiver Münzregulirung gerichtete Antrag, noch der eventuelle, gleich-

falls fast einstimmige, auf Anschluß an den in den Nachbarstaaten , auf wélche Holstein in seinen Verkehrsverhältnissen größtentheils hingewiesen ist, geltenden leichteren Münzfuß , konnte Exhörung finden. Die ‘Einheit mit dem dänischen Münzwesen würde dadurch gestört worden sein und cine Veränderung diescs im Juteresse der Herzogthümer stand nicht zur Frage. Die Folge aber ist, daß den in den Motiven zu dem vorgelegten Geseß- entwurfe und dem Bedenken der Ständeversammlung geschilderten Unzu- träglichkeiten, tro aller behufs Durchführung des geseßlich vorgeschriebenen, den Verkchrsverbältnissen aber und den Gewohnheiten der Landesbewohner nicht entsprechenden Münzwesens zur Hand genommenen rigorofen, bis zur Confiscation von Münzen der Nachbarstaaten gesteigerten Maßregeln und vermöge derselben nur noch ‘neue Unzuträglichkeiten ‘hinzugetreten sind. Noch heute ist ‘der Unterthan im Herzogthum Holstein genöthigt, das Geld, welches er zur Entrichtung sciner Abgaben gebraucht , nicht felten mit erheblichem Verlust zu kaufen, und in manchen Distrikten des Landes sind die Eingesessenen nicht im Stande, sich die nöthige Scheidemünze zu verschaffen, wenn die Kommunen ihren Angehörigen nicht durch Errtch- tung von Wechselbanken zu Hülfe kommen, um ste vor Confiscatien und anderen Vexationen zu \{hüßen. _ Vorgänge dieser Art, von denen nur ‘cinige beispielsweise hier ange- führt sind, waren nicht geeignet, Vertrauen im Lande zu der in Ausficht gestellten gemeinschaftlichen Verfassung zu erwecken.

namentli diejenigen, welche die nationalen Intecessen mit besond

Eifer vertraten , mit dem Entwurfe des Ministédiums iche cinveckiien waren. Sie \{lugen cinen andern Entwurf vor, nach welchem aus den Geldern ein immerwährenuder Fond auf den Grund hin , damit man \sich stets daran erinnere, daß die Mittel desselben aus ciner vermeintlichen däni- \hen Domaine herstanmumten, gebildet werden sollten. Die überwiegende Mehrzahl der Mitglieder aus den Herzogthümern erklärte sid für den Entwurf des Ministeriums , ihnen {lossen fi einige dänische Mitglieder an, welche die Sache von einem unbefangeneren Standpunkte aus betrach- teten, als ihre Landsleute. Sämmtliche Minister aber stimmten gegen ihren eigenen Entwurf und brachten nur mit einer ge- ringen Majorität den Vorschlag der dänish - nationalen Partei durch während fie, wenn fie ihrem Entwurfe treu geblieben wären, die Majorität für diefen gehabt hätten. Ein Fall der Art giebt ein klares Bild davon welchen Gefahren die Juteressen des Herzogthums Holstein ausgesekt sein würden, wenn sie von den Beschlüssen eines Reichraths in seiner der- maligen Zusammenseßung auf die Dauer abhängig sein sollten. Jn diesem „Falle, wie wichtig er auch übrigens war, stand unmittelbarer Verlust oder Gewinn auf der einen oder der andern Seite niht zur Frage und das Gewicht der Nationalität fiel hon in der geschilderten Weise in die Wagschale. Wie viel mehr wird dieses den Ausschlag geben, wo die cine oder die andere Seite wirkliche Opfer verlangt. So wie das Ministerium un Reichsrathe sich stets bemühen wird, mit der Majorität im Einklang zu bleiben, so wird dasselbe auch bestrebt sein müssen, außerhalb seiner

- Verhandlungen mit diesem Organe, durch seine Verwaltungsmaßregeln mit

derNationalität, deren dominirendeStellung so gesichert ist, es nicht zu verderben. Daraus erkârt es sich denn, daß wohl kein Fall aus ucuester Zeit zu nennen sein dürfte, welcher davon zeugte, daß von Seiten “der obersten Negierungsgewalt der deutschen Nationalität besondere Liebe und Nücksicht wre gewidmet worden. Dagegen können nicht wir allein, sondern Viele mit uns auch außerhalb der engen Grenzen dieses Herzogthums nur mit Wehmuth und tiefem Schmerze der Zurüseßung in den nannichfaltigsten Beziehungen, der Verkümmerung in Kirche und Schule gedenken, welche die deutsche Nationalität in dem Herzogthum Schleswig erdulden muß. Uné selbst aber trifft nicht minder schwer eine Kränkung der wichtigsten Interessen unseres Landes, welche wir auf dieselbe Quelle zurückführen müssen, die Be- handlung nämlich, welche in neuester Zeit unserer Landes-Universität zu Theil wird Wir wollen bei dieser Gelegenheit der Klagen nur vorübergehend Er- wähnung thun, welche wegen lange dauernder Vakanzen wichtiger Lehrfächer und ‘wegen unzureichender, Sorgfalt, die den akademischen -Krankenhäusern und anderen Anstalten gewidmet wird, an uns gelangt find. Wir können aber nit umhin, die Aufmerksamkeit ‘der Versammlung auf folgende Thatsachen zu richten: Bekanutlich wurde durch allerhöchste Resolutionen vom 1. Februar und 1. März 1768 angeordnet und später -oft eingeschärft daß die Landesfinder aus den Herzogthümern Schleswig und Holstein, welche Anstellungen im Civil- und Kirchendienst wünschen, zwei Jahre in Kiel studiren und sonst keine Hoffnung haben sollen, in den Herzogthümern angestellt zu werden. Diese Allerhöchste Verfügung is durch Bekannt- machung ‘des außerordentlichen Regierungs-Eommissairs, ‘v. Tillisch, vom 21, November 1850 für ‘das Herzogthum Schleswig aufgehoben und seit- dem zum großen Nachtheil der Univexsität nicht wieder in Kraft gesetzt. Die Abgangszeit von den Gelehrtenschulen in beiden Herzogthümern ferner war bis zum Jahre 1852 um Ostern und Michaelis und schloß sich an den Beginn der Vorlesungen auf der Kieler Universität an. Durch Allerhöchste Resolution vom 17, September 1852 ward, wie solches schon früher für die Haderslebener Schule angeordnet war, nun auch für die Gelehrtenschulen in Flensburg und Schleswig die Zeit vom 23. August des einen Jahres bis zum 23. Juli des andern Jahres als Schuljahr bestimmt. Ausnahmsweise ist dabei freilih auch der Abgang Um Ostern gestattet, das regelmäßige Abgangs - Examen is aber „auf den 23, Juli geseßzt. Diese Anordnung mag zu dem Studienjahr auf ‘der ‘Kopenhagener Univeesität passen, fle \Gwächt aber die Verbindung des Herzogthums Sehleswig mit der gemeinschaftlichen Universität Kiel. Wer von einer der -Geléhrtenschulen Schleswigs Ende Juli ‘abgeht, muß, wenn erx die Kieler Universität besuchen will, die Zeit bis Mitte Oktober unbenutzt vorübergehen lassen; wer von der ausnahmé- weisen Erlaubniß, um Ostern abzugehen, Gebrauch macht, muß seinen Schulcursus unterbrechen. Eine Folge hiervon ift gewesen, daß feit 1852 nur zwei Abiturienten unmittelbar von Schleswiger Schulen zur Kieler Univerfität abgegangen sind. Wir glauben -um fo mehr, solche Beein- trächtigungen unserer Landes-Universität hier hervorheben zu müssen , als dieser für beide Herzogthümer gemeinschaftlichen Anstalt die Vextretung in der Schleswigschen Ständeversammlung iu Folge des dortigen Ver- fassungs-Gefeßzes vom 15. Februar 1854 entzogen ift. (Schluß folgt.) Württemberg. Stuttgart, 4. September. Gestern sind dem ständischen Ausschusse sechs Geseßentwürfe übergeben worden.

| Zwei derselben beziehen sich auf die Privilegien der Standesherren, die

__ Die Erwartung einer ungenügenden Berücksichtigung der Verhältnisse | Holsteins und der deutschen Nationalität innerhalb. der Gesammtmonarchie |

wurde aber noch bei weitem übertroffen, als nah Beseitigung der Ver- fassung vom 26. Juni 1854 die Verfassung vom 2. Oktober 1855 erschien. Wir haben schon von der Vertretung ün Neichsrathe geredet. rität, wie der dävischen in einem mit so bedeutender Machtvollkommenheit ausgestatteten repräsentativen Organe, wie der Neichsrath ist, gegenüber, kann ein Ministexium seine Stellung erfahxrungsmäßig und der “Natur der Verhältnisse nah nux behaupten, wenn es in den wichtigsten Fragen mit derselben Hand in Hand geht. Dadurch wird das Uebergewicht, welches die Majorität an und für sich schon hat, noch um cin Bedeutendes erhöht. __ Dasselbe hat sich, um nur ein Beispiel anzuführen, in der leßten Diät des Reichsraths , als über die Verwendung der Ablösungsgelder für den Oeresundzoll ein Beschluß gefaßt werden follte, in einer Weife geltend gemacht, welche besondere Beachtung verdient. Jm Verlauf der Verhandlungen zeigte es ih, daß unter- den dänischen Mitgliedern

Einer Majo- |

| | |

in der Weise eine Aenderung erleiden follen, als die Regierung er- mächtigt wird, auch große Grundbefizer, Fabrikanten u. s.'f. in die erste Kammer zu berufen, Die vier übrigen sind Supplemente zur Ab- lösungSgesekgebung und betreffen ‘die Entschädigung der Standes- herren für durch die Ablösung erlittene Verluste. Die Vereinbarung der Regierung mit den Standesherren wurde, „wie daraus hervor- zugehen. scheint, am 22. März 1856 abgeschlossen. (S. M.)

Belgien. Brüfsel,- 5. Sept. Heute ist das offizielle Pro- gramm der diesjährigen September - Feste veröffentlicht worden. Der Herzog und die Herzogin von Brabant sind heute aus Ostende zurückgekehrt und werden sich am Dienstag nach Spga begeben. An demselben Tage wird der Graf von Flandern seine Reise nach Ober-Jtalien antreten, f (Köln, Ztg.)

Grofebritanniez ‘und Jrland. London, 9. Sep-