1884 / 122 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 May 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Bekanntmachung,

betreffend die Prüfung der geidenterer und Lehrerinnen an höheren Lehranstalten.

Die Anmeldungen zu der gegen Ende des Monats li d. Js. an noch zu bestimmenden Tagen stattfindenden rüfung der Zeihenlehrer für höhere Lehranstalten sowie der Zeichenlehrerinnen für höhere Töhtershulen, sind nebst den vorgeschriebenen Zeugnissen und Arbeiten bis spätestens den 25. Zuni d. Js. an die Direktion der Königlichen Kunst- s{hule hierselbst, Klosterstraße 75, einzureihen. Später ein- gehende Meldungen sowie solche, denen die erforderlichen Zeugnisse nicht vollständig beigefügt sind, können nicht berück- -nchtigt werden. Berlin, den 23. Mai 1884. Der Minister der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal- Angelegenheiten. Jn Vertretung : Lucanus.

M inisterium der öffentlihen Arbeiten.

Die Königliche Eisenbahn-Direktion zu Berlin ift mit der Anfertigung genereller Vorarbeiten für eine Eisenbahn untergeordneter Bedeutung von Lauban nach Marklissa beauftragt worden.

Die Nummern 17 und 18 der Gesez-Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangen, enthalten unter

Nr. 8991 die Kreisordnung für die Provinz Hannover. Vom 6. Mai 1884, unter

Nr. 8992 das Geseß über die Einführung der Provinzial- ordnung vom 29. Funi 1875 in der Provinz Hannover. Vom 7. Mai 1884, unter

Nr. 8993 die Bekanntmachung, betreffend die Provinzial- s für die Provinz Hannover. Vom 7. Mai 1884, unter

Nr. 8994 die Verordnung, betreffend die Bestimmung des Zeitpunkts, mit welhem das Geseß, betreffend das Staats- \chuldbuch, vom 20. Juli 1883 (Geseß:Samml. S. 120) in Kraft tritt. Vom 25. April 1884, und unter

Nr. 8995 den Allerhöchsten Erlaß vom 17. Mai 1884, betreffend die Einseßung der Behörden für die auf Grund des Geseßes von demselben Tage über den weiteren Erwerb von Eisenbahnen für den Staat in Verwaltung und Betrieb des Staates übergehenden Privateisenbahn-Unternehmungen.

Berlin, den 26. Mai 1884.

Königliches Geseßz-Sammlungs-Amit. Didden.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 26. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen gestern den Regierungs- D von Brauchitsh sowie den Hauptmann im

eneralst2be, von Einem, welcher die Orden seines verstorbe- nen Schwiegervaters, des Generals der Jnfanterie z. D. von Rothmaler, zurückreihte, und nahmen, nah längerer Spazier- fahrt, das Diner bei Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin- Mutter von Mecklenburg-Schwerin, im Schlosse, ein.

Heute nahmen Se. Majestät, nah dem Vortrage des Geheimen Civilkabinets, militärishe Meldungen entgegen.

_— Den Kammerherrendienst bei Fhrer Majestät der Kaiserin und Königin hat der Königliche Kammerherr Graf Oeynhausen übernommen.

Der Landes-Eisenbahnrath hat am 21. und 24. d. M. in Berlin seine diesjährige erste ordentliche Sißung unter dem Vorsiß des Ministerial:Direktors Brefeld abge- halten. Unter den zahlreichen Gegenständen, über welche ver- handelt worden ist, sind die folgenden von allgemeinerem Interesse: i

_Die Anträge auf Ausdehnung der Ausnahme- tarife für Spiritus zum Export auf den Loko- verkehr der Hafenstädte Hamburg und Danzig sowie mitteldeutsher Fabrikationspläße wurden vom Landes: Eisen- bahnrath zur Befürwortung nicht für geeignet erahtet. Ebenso spra si der Landes:Eisenbahnrath mit ganz überwiegender Majorität gegen die, von den Ems-, Elb- und Weserhäfen beantragte Wiedereinführung der vor einigen Jahren auf- gehobenen Ausnahmetarife für Getreide und Mühlenfabrikate nach rheinish-westfälishen Stationen aus. Ein Antrag der Handelskammer zu Breslau auf Einführung des Reexpeditions- verfahrens in Breslau für das zur überseeishen Aus- fuhr gelangende Getreide von Runänien und Galizien wurde dagegen mit der Mehrheit von 25 gegen 13 Stimmen vom Landes-Eisenbahnrath befürwortet. Derselbe berieth ferner über den aus den Berathungen der Berner Konferenz hervorgegangenen Entwurf eines internationalen Ueberein- kommens über das Eisenbahnfrachtrecht. Der Landes-Eisen- bahnrath enthielt sih eines Eingehens auf die Einzelheiten dieses Entwurfs, und faßte einstimmig eine Resolution des Inhalts, daß die haldige Einführung des im Entwurf vorlie- genden Uebereinkommens im allgemeinen Verkehrsinterese dringend erwünscht sei; daß zugleich aber die Aus- dehnung des im Artikel 11 des Entwurfs enthaltenen Ver- bots nit gehörig veröffentlihter Tarifermäßigungen auf den inneren Verkehr der vertragshließenden Staaten geboten erscheine.

Ein Mitglied des Landes-Eisenbahnraths hatte in der leßten Sißung desselben einen Antrag dahin gestellt: „Jn Erwägung, daß die Beförderung aller Stückgüter auf den deutschen Bahnen in einer einzigen hohtarifirten Stückgut- klasse mit s{hwerwiegenden Nachtheilen für Landwirthschaft, U und Handel verbunden ist, und in Anerkennung der

othwendigkeit, Abhülfe zu schaffen, rihtet der Landes- Eisenbahnrath an den Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten die Bitte, thunlichst bald diejenigen Maßregeln zu ergreifen, welche erforderlih sind, um eine diesem Zwecke entsprechende Aenderung der Tarife eintreten zu lassen.“ Der Ausschuß des Landes-Eisenbahnraths hatte dem Antrage in dieser

Fassung zugestimmt, ohne übrigens bestimmte Vorschläge über die Art der an fich wünschenswerthen Remedur zu erörtern. Seitens der Kommissarien der Regierung konnte mitgetheilt werden, daß Erhebungen über die finanzielle Tragweite einer etwaigen Aenderung des Tarifsystems in der vom Antrag- steller befürworteten Richtung in die Wege geleitet, indeß noch niht zum Abschluß gekommen seien. Nach eingehender Erörterung nahm der Landes:Eisenbahnrath den Antrag des Aussusses gleihfalls an.

Von Seiten des Ministers der öffentlichen Arbeiten war dem Landes: Eisenbahnrath ein Antrag auf Einführung ermäßigter Ausnahmetarife für russishes Petroleum mit dem Ersuchen zugegangen, diese Angelegenheit als eine schleunige im Sinne des Geschäftsregulativs zu behandeln. Nach längerer Diskussion entschied si der Landes-Eisenbahnrath dafür, den Herrn Minister zu ersuchen, zunächst die Vorberathung des Ausschusses über diesen Antrag herbeizuführen.

_ Nat der im Reihs-Eisenbahnamt aufgestellten, in der Ersten Beilage veröffentlihten Nachweisung der im Jahre 1883 auf den deutschen Eisenbahnen (ausschließlich der bayerischen) beförderten Züge, deren Verspätun- gen und Verspätungsursahen betrug am Ende des Jahres die Gesammtlänge von 44 größeren in Betracht ge- zogenen Bahnen bezw. Bahnkomplexen 30 618,48 km, wovon 10 139,34 km zweigeleisig waren.

An fahrplanmäßigen Zügen wurden befördert: 154 921

Courier- und Schnellzüge, 1220005 Personenzüge und 680 339 gemischte Züge, welhe durhschnittlich pro Stunde Gesammtfahrzeit (einshl. Aufenthalt) bezw. 45, 31 und 21 km zurüdlegten, sowie 1 134 479 Güterzüge; an außerfahrplan- mäßigen Zügen wurden befördert: 37 385 Courier-, Schnell-, Personen- und gemischte Züge und 368 980 Güter -, Ma- terialien- und Arbeitszüge. __ Hiernach sind durdschnittlich pro Tag 9852 Züge be- fördert (gegen 9148 im Vorjahre, 8584 im Jahre 1881, 8151 im Jahre 1880, 7668 im Jahre 1879, 7416 im Jahre 1878, 7379 im Jahre 1877, 7273 im Jahre 1876 und 6956 i. «Fahre 1875).

Jm Ganzen wurden 8 506 985 910 Achskilometer bewegt = 283 306 811 durschnittlich pro Tag (gegen 22 253 284 im Vorjahre, 20 716 227 im Jahre 1881, 20141 307 im Jahre 1880, 19 299 517 im Jahre 1879, 19 004 139 im Jahre 1878, 19 338 399 im Jahre 1877, 19154138 im Jahre 1876 und 19 289 354 im Jahre 1875), von denen 2 488 705 617 auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbejörderung entfallen.

Die Zahl der fahrplanmäßigen Courier- und Schnellzüge hat sih gegen das Vo1jahr um 1,3 Pr2z. (dur&schnittlih 5 Züge pro Tag), die der Personenzüge um 8,6 Proz. (durch: shnittlih 266 Züge pro Tag), die der gemischten Züge um 6 Proz. (dur{snittlih 105 Züge pro Tag), die der fahrplan- mäßigen Güterzüge um 11,1 Proz. (durchschnittlih 310 Züge pro Tag) und die der außerfohrplanmäßigen Courier-, Schnell-, Personen- und gemischten Züge um 29,3 Proz. (durchschnilt- lih 23 Züge pro Tag) vermehrt, die Zahl der außerfahrplan- mäßigen Güterzüge dagegen um 0,5 Proz. (dur{scnittlih 5 Züge pro Tag) vermindert. Ein Vergleich mit den Jahren 1881, 1880, 1879, 1878, 1877, 1876 und 1875 ergiebt: für die Courier: und Schnellzüge eine 2unahme von bezw. 4,0 Prosz., 10,4 Proz., 123 Proz., 8,8 Proz., 8,4 Proz., 12,1 Proz. und 13,0 Proz. (dur{s{nittlich' bezw. 16, ‘40, 46, 34, 33, 46 und 49 Züge pro Tag), für die Personenzüge eine Zunahme von bezw. 20,0 Proz., 27,9 Proz., 33,5 Proz., 31,1 Proz., 31,5 Proz., 33,9 Proz. und 35,9 Proz., (dur{chschnittlich 558, 730, 839, 794, 801, 846 und 883 Züge pro Tag), für die ge- mischten Züge eine Zunahne von bezw. 8,8 Proz., 15,0 Proz., 30,3 Proz., 48,3 Proz., 60,1 Proz., 67,2 Proz. und 92,5 Proz., (durdschnittlih 151, 243, 434, 607, 700, 749 und 896 Züge pro Tag), für die fahrplanmäßigen Güterzüge eine Zunahme von bezw. 18,7 Proz., 26,7 Proz., 34,7 Proz., 40,1 Proz., 41,0 Proz., 37,6 Proz. und 41,3 Proz. (dur&scnittlih 491, 654, 801, 890, 903, 849 und 909 Züge pro Tag).

__ Von den 2 055 265 Courier-, Schnell-, Personen- und ge- mischten Zügen verspäteten im Ganzen 22484 Züge oder 1,09 Proz. (gegen 1,18 Proz. im Vorjahre, 1,40 Proz. im Jahre 1881, 1,30 Proz. im Zahre 1880, 1,43 Proz. im Jahre 1879, 0,79 Proz. im Jahre 1878, 0,82 Proz. im Jahre 1877, 1,85 Proz. im Fahre 1876 und 1,70 Proz. im Jahre 1875). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 9571 dur das Ab- warten ver)pätcter Anschlußzüge hervorgerufen, so daß den aufgeführten Bahnen nur 12 913 Verspätungen (= 0,63 Proz.) zur Last fallen (geaen 0,63 Proz. im Vorjahre, 0,73 Proz. im Jahre 1881, 0,63 Proz. im Fahre 1880, 0,74 Proz. im Jahne 1879, 0,41 Proz. im Jahre 1878, 0,46 Proz. im Jahre 1877, 0,76 Proz. im Jahre 1876 und 1,01 Proz. im Jahre 1875),

Die Gesammwtdauer der leßtgenannten Verspätungen be- trug 350 424 Minuten oder 243 Tage 8 Stunden und 24 Mi- nuten (gegen 238 Tage 6 Stunden 15 Minuten im Vorjahre, 264 Tage 19 Stunden 57 Minuten im Jahre 1881, 234 Tage 1 Stunde 35 Minuten im Jahre 1880, 317 Tage 10 Stunden 52 Minuten im Jahre 1879, 147 Tage 16 Stun- den 31 Minuten im Jahre 1878, 155 Tage 7 Stunden 37 Minuten im Jahre 1877, 311 Tage 13 Stunden 29 Mi- 7e im Jahre 1876 und 381 Tage 14 Minuten im Jahre _ gnfolge der Verspätungen wurden 6392 Ans{lüsse ver- säumt (gegen 4728 im Vorjahre, 4042 im Jahre 1881, 3363 im Jahre 1880, 3859 im Jahre 1879, 1938 im Jahre 1878, 1605 im Jahre 1877, 3128 im Jahre 1876 und 4191 im Jahre 1875).

Von den zurückgelegten Achskilometern sämmtlicher Züge kommen auf jedes Kilometer Bahnlänge im mittleren Jahres- durchschnitt 281 214 Achskilometer (agegen 275 306 im Vor- jahre, 259872 im Jahre 1881, 256 637 im Jahre 1880, 256 637 im Jahre 1880, 254914 im Jahre 1879, 262 757 im Jahre 1878, 278 050 im Jahre 1877, 284 790 im Jahre 1876 und 307 800 im Jahre 1875),

Die für das Jahr 1883 \ih ergebende Verhältnißzahl (geometrishes Mittel) zwishen der auf je eine eigene Ver- \pätung entfallenden Zug- und Achskilometerzahl stellt ih gegen die vom Vorjahre um ca. 1 Proz., voin Jahre 1880 um 5s Proz., vom Jahre 1878 um 37 Proz., vom Zahre 1877 um 31 Proz. niedriger, gegen diejenige vom Jahre 1881 um ca. 12 Proz., vom Jahre 1879 um 12 Proz., vom Jahre 1876 um 14 Proz. und vom Jahre 1875 um 50 Proz. höher.

Die 12 913 den aufgeführten Bahnen zur Last fallenden Verspätungen (im Jahre 1882 = 12115, im Jahre 1881 = 13 092 und im Jahre 1880 = 10 592) sind hervorgerufen :

dur mangelhaften Zustand der Bahnanlagen (im Vorjahre 132, 1881 = 300, 1880 = 378), in 3809 Fällen dur Sperrung der Geleise (im Vorjahre 3926, 1881 = 4136, 1880 = 2961), in 58 Fällen durh Post- und Steuerabfertigung (im Vorjahre 187, 1881 = 168, 1880 = 218), in 3395 Fällen durch starken Verkehr (im Vorjahre 3226, 1881 = 3725, 1880 = 3467), in 2352 Fällen durch Rangiren, Umsteigen der Reisenden, Umladen von Reisegepäck und Gütern (im Vor- jahre 1794, 1881 = 1134, 1880 = 632), in 736 Fäüen durch Dampfmangel 2c (im Vorjahre 696, 1881 = 593, 1880 = 591), in 803 Fällen durch atmosphärische Einflüsse (im Vor- jahre 764, 1881 = 1464, 1880 = 985), in 117 Fällen durch Entgleisungen und Zusammenstöße der betreffenden Züge (im Vorjahre 123, 1881 = 142, 1880 = 105) und in 44 S ilen durch sonstige Betriebsereignisse (im Vorjahre 32, 1881 = 47, 1880 = 48).

__ Wird eine Gruppirung der Eisenbahnen nah den auf je eine Anshlußversäumniß entfallenden Zugverspätungen vor- genommen, so kommen in erster Reihe: die Marienburg- Mlawkaer Eisenbahn (11 Anschlußversäumnisse auf 11 Ver- spätungen) mit 1,00, die Eutin-Lübecker Eisenb. (25 Anschluß- versäumnisse auf 31 Versp.) mit 1,24, die Westholsteinische Eisenb. (9 Anschlußvers. auf 12 Versp.) mit 1,33, während die Württembergishe Staats-Eisenb. 734 Versp.) mit 13,85, die Unterelbesche Eisenb. (4 Anschluß- versäumnifse auf 68 Versp.) mit 17,00 und die Altona: Kieler Eisenb. (13 Anschlußvers. auf 228 Versp.) mit 17,54 die leßten Stellen einnehmen, und auf der Altdamm-:Colberger Eisenb. (bei 5 Versp.), der Crefelder Eisenb. (bei 10 Versp.), der Holsteinishen Marschbahn (bei 18 Versp ) und der Tilsit- JInsterburger Eisenb. (bei 12 Versp.) Anschlußversäumnisse niht vorgekommen sind.

_ Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich baye- rishe Ministerial-Rath Herrmann ist von hier bariei

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren : Dr. Bamberger in Spandau, Dr, Herrmann in Nauen, Per- linsky in Schlawa, Spiller in Halberstadt, Dr. Karl Boehm in Magdeburg, Dr. Meyhocffer in Werben, Kagemich in Bonn, Dr. Crone in Dortmund, Dr. Weischer in Hamm und Dr. Vanderloo in Aachen.

Frankfurt a. M., 24. Mai. (W. T. V. hre

Königlichen Hoheiten der Landgraf und e E grâfin von Hessen trafen heute Abend 7 Uhr mit dem hohen Brautpaar und ihren Fürstlihen Gästen im hiesigen Opernhause ein, um der Vorstellung der Oper Lakme beizuwohnen. Dieselben wurden von dem Ober- Bürgermeister Dr. Miquel, dem Verwaltungsrath des Opern- hauses und dem Jntendanten Claar empfangen. Ein zahl- reiches Publikum hatte sich vor dem Opernhause versammelt, um der Auffahrt der hohen Herrschaften beizuwohnen. __— 25. Mai. (W. T. B) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz is, nahdem Höchst- derselbe in Gelnhausen einen kurzen Aufenthalt genommen und die dortige Barbarossa-:Burqg sowie die Marienkirhe besucht hatte, heute Mittag 123/, Uhr hier eingetroffen und in dem mit Fahnen und Flaggen geschmüdckten Postgebäude abgestiegen. Auf der Fahrt nah dem Postgeväude wurde Se. Kaiserliche Hoheit von dem Publikum mit brausenden Hurrahs begrüßt. Nach dem Diner, an welhem der General von Oppeln- Bronikowski, der Geheime Postrath und Ober-Postdirektor Heldberg, der Polizei-Präsident Hergenhahn und der Direktor Luthmer theilnahmen, begab Sich Se. Kaiserliche Hoheit zu Wagen nah Rumpenheim, um Jhre Majestäten die Kaiserin von Rußland und die Königin von Dänemark sowie die anderen daselbst anwesenden Fürstlichkeiten zu begrüßen,

Sachsen. Dresden, 24. Mai. Aus Ems vom gestrigen Tage wird dem „Dr. Journal“ geschrieben: Se. Majestät der König hat die begonnene Trinkkur bisher mit bestem Erfolge fortgeseßt und erscheint jeden Morgen gegen 1/28 Uhr am Brunnen. Auch Jhre Majestät tie Königin hat seit dem 21. d. M. eine auf 14 Tage be- rehnete Kur begonnen. Von dem eingetretenen herr- lihen Frühlingswetter begünstigt, unternehmen die Aller- höchsten Herrschaften täglich in den Nachmittagsstunden Spazierfahrten in die reizenden Umgebungen, woran sih dann eine Fußpromenade anschließt. Der Kräftezustand «hrer Majestät der Königin hat sich bereits in so erfreulicher Weise gehoben, daß Allerhöchstdieselbe stundenlang, ohne Er- müdung zu spüren, Sich zu ergehen vermag. An vergangenem Mittwoch haben Fhre Königlichen Majestäten die Frau Gräfin von Hace aus Coblenz, Palastdame Jhrer Majestät der Kaiserin Augusta, zu empfangen geruht. Heute hatte der Commandeur des VIII. (rheinishen) Armee-Corps, General- Lieutenant Freiherr von Loë, die Ehre, zur Königlichen Tafel gezogen zu werden.

Hessen. Rumpenheim, 24. Mai, (W. T. B.) Jhre Majestät die Kaiserin von Rußland empfing heute den Besuch des Landgrafen Friedrich von Hessen. Später hatte der russishe Gesandte in München, Graf von Osten-Sacken nebst Gemahlin die Ehre des Empfangs. Die verwittwete Prinzessin Heinrich der Niederlande und die Großfürstin Ka- tharina, Wittwe des Herzogs Georg von M. cklenburg-Strelit, mit ihrer Tochter, der Herzogin Helene, sind hier eingetroffen. __ Philippsru he, 25. Mai. (W. T. B.) Der überaus glänzenden Soirée, welche heute Abend in der Orangerie stattfand, wohnten nahe an 60 Fürstliche Personen bei. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz führte JFhre Majestät die Kaiserin von Rußland, Se. Königliche Hoheit der Landgraf Friedrich von Hessen Jhre Majestät die Königin von Dänemark, Se. Hoheit der Herzog von Anhalt Jhre Königliche Hoheit die Landgräfin Anna von Hessen. Jn der Mitte des Halbrunds, welches die Fürstlichkeiten vor der Bühne einnahmen, hatte das hohe Brautpaar Plaß genommen. Nach der Ouverture zu dem Lustspiel „Der Königslieutenant“ fanden musikalische Aufführungen und Darstellungen lebender Bilder statt, in welchen hauptsählich die Offiziere und Damen des in Hanau garnisonirenden Jnfanterie-Regiments Nr. 97 mitwirkten. Der Text zu den lebenden Bildern war von dem Probst Schütt in Holstein und dem Fntendanten Claar in Frankfurt a. M. verfaßt. An die Aufführung {loß sich ein Cercle und hieran das Souper für die Fürstlihkeiten, welches an 7 Tafeln eingenommen wurde. Die Beleuchtung des Orangeriegebäudes sowie der Parkalleen und des Ortes Kesselstadt, in denen

in 1341 Fällen durch Schadhaftwerden der Fahrzeuge (im Vorjahre 1185, 1881 = 1383, 1880 = 1207), in 258 Fällen

batte Menschenmassen auf- und niederwogten, war eine feen- aste.

(53 Anschlußvers. auf -

Anhalt. Def sau, 23. Mai. (Anh. St.-Anz.) Der Herzog und die Herzogin sind heute mit hoher Familie und in Begleitung des Erbgroßherzogs und der Erbgroßherzogin von Mecklenburg-Streliz sowie mit dem Gefolge zu den Ver- mählungsfeierlihkeiten nah Schloß Philippsruhe abgereist.

Oesterreih-Ungarn. Wien, 24. Mai. (Wien. Abdp.) Das Abgeordnetenhaus erledigte heute sämmtliche Gegen- stände der Tagesordnung ohne größere Debatte im Sinne der Ausschußanträge. Nur der Geseßentwurf, betreffend die Re- gelung des Psandleihgewerbes, veranlaßte eine eiwas längere Diskussion, an welcher sich Redner von beiden Seiten des Hauses, sowie auch der Regierungsvertreter betheiligten. Vor

chluß der Sizung kam noch eine Reihe von Petitionen zur Verhandlung. Der Präsident erklärte hierauf, daß er den Tag der nächsten Sißung im schriftlihen Wege bekannt geben werde, und verabschiedete sich sodann von der Versammlung. Die formelle Vertagung des Reichsrathes dürfte erst nah Be- endigung der Arbeiten des Herrenhauses erfolgen,

‘24. Mai. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus nahm heute die Geseßentwürfe über die Einlösung der Albrehtsbahn, die Erwerbung der Pilsen-Priesencr Bahn und den Eisenbahnvertrag mit Sachsen ohne Debatte an, nachdem der Abgeordnete Tausche um energi|che Wahrung der Jnteressen der diesseitigen Bevölkerung bei der Errichtung des Bahnhofs auf der Grenzstation Grasliß er- fut hatte.

Belgien. Brüssel, 25. Mai. (W. T. B) Heute haben im ganzen Lande die Provinzialwahlen, und zwar zum ersten Mal nah dem neuen Wahlgeseß, stattgefunden. Die Liberalen haben viele Sitze verloren. Jn Brabant wur- den 7 Liberale durch 7 Katholiken erseßt; in der Provinz Namur verloren die Liberalen 3 Sitze; in Antwerpen wurden mit einer Mehrheit von 500 Stimmen an die Stelle von 26 Liberalen 26 Katholiken gewählt. Fn Luxemburg haben die Liberalen die Majorität. Jn den übrigen Provinzen ist das Wahlergebniß unverändert geblieben.

Frankreich. Paris, 24. Mai. (W. T. B.) Der Gesezentwurf, betreffend die Revision der Verfas- fung, ist heute in der Kammer eingebraht worden. Der- selbe enthält einen einzigen Artikel, in welchem die bereits be- ftannten Punkte, auf welche sih die Revision zu erstrecken hat, angegeben werden. Ferner werden die Motive für die Revi- sion auseinandergeseßt und die Ansihten der Regierung über die verschiedenen, dem Kongreß zu unterbreitenden Punkte dargelegt. Leßtere sind nicht vollständig formulirt, vielmehr überläßt es die Vorlage dem Kongreß, die genaue Fassung festzustellen.

Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer ver- las der Minister - Präsident Ferry die Motive zu der Vor- lage über die Revision der Verfassung. Es wird darin die Nothwendigkeit betont, die Revision auf die in der Vorlage angegebenen Punkte zu beschränken. Von der Majorität der Kammer wurden die Motive beifällig aufgenommen; die äußerste Linke unterbrach die Verlesung wiederholt mit ironi- schem Lachen,

General Thomassin ist an Stelle des Generals Berck- heim zum kommandirenden General des IV. Armee-Corps und der diplomatische Agent Frankreihs in Tientsin, Four- nier, zum Linienschiffs-Kapitän ernannt.

Der Marine-Minister empfing heute eine Depesche aus Hanoi, worin gemeldet wird, daß die Ecrichtung tongkingesisher Regimenter rasch vorschreite.

Das Panzerschiff „Redoutable“ wird nähstens den französishen Gesandten in Marocco, Ordega, nah Tanger zurückbringen.

Änläßlih der morgen bei der Grabstätte der Com- munards auf dem Kirchhofe von Père Lachaise beab- sihtigten Kundgebung sind von der Polizei umfassende Vorkehrungen getroffen worden, um jede Störung der Ruhe fernzuhalten.

25. Mai. (W. T. B) Die Grabstätte der Eommunards auf dem Friedhofe von Père Lachaise wurde heute früh von nur wenigen Personen besuht. Gegen 11 Uhr erschienen in mehreren Gruppen etwa 150 Personen, darunter einige Frauen, welche zwei große rothe Jmmortellenkränze trugen. Die Polizci ließ dieselben ungehindert die Grabstätten betreten und die Kränze niederlegen. Einer der Theilnehmer an der Manifestation hielt darauf eine Rede, an deren Shluß ein Hoh auf die Commune ausgebracht wurde. An den Wegen und Eingängen zum Friedhof herrschte vollständige Ruhe. Das Wetter is sehr ungünstig; es fällt starker Regen.

25, Mai, Abends. (W. T. B.) Am Nachmittage hatten sih einige Tausende von Theilnehmern an der Mani - festation oder Neugierigen auf dem Friedhofe von Père Lachaise angesammelt und wurden an den Gräbern der Communards mehrere Reden gehalten, auch, wenn die Theil- nehmer an der Kundgebung an den auf dem Friedhofe auf- gestellten Polizeitrupps vorübergingen, wiederholt : Es lebe die Commune! es lebe die soziale Revolution! gerufen; es kam aber nirgends zu einem thätlichen Ausanienttoß oder sonsti- gem Zwischenfall. Um 4 Uhr Nachmittaas war der Friedhof fast gänzlih geräumt und hatte sih die Menge zerstreut; in den benahbarten Straßen herrschte vollständige Ruhe. Ver- haftungen haben nicht stattgefunden.

Türkei. Konstantinopel, 24. Mai. (Wien. Ztg.) Die Pforte hat den Nationalrath der griechischen Gemeinde aufgeforoert, die Wahl eines neuen Patri- archen vorzunehmen.

Serbien. Nisch, 2, Mai. (W. T. B.) Die Skupschtina nahm gestern den Adreßentwurf an, welcher die Thronrede lediglih paraphrasirt. Die Opposition, welche über neun Stimmen verfügte, beantragte an der Stelle, welche sih auf den Aufstand bezieht, eine andere Fassung; der An- trag wurde jedoch abgelehnt. Die Ausschüsse haben sih kon- stituirt. Die Regierungspartei bildet einen besonderen Klub.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 25. Mai. (W. T. B.) Ein Regierungs-Communiqué theilt mit : Nachdem der Kaser den Entwurf des Ministercommités, betreffend das Verbot für Staatsbeamte, Privat- stellungen anzunehmen, durchgelesen und diesbezügliche Weisungen ertheilt hat, ordnete derselbe die Autarbeitung eines Geseßentwurfes über die Unvereinvarkeit des Staatsdienstes mit Stellungen in Jndustrie-, Handels- und Kredit-Aktien-Gesellschaften und Kommandit-Gesellschaften auf Aktien an, unter Zulassung

solher Ausnahmen, welche bei näherer Beleuchtung des Gegen- standes möglih werden möchten. - /

Wie verlautet, soll die Berathung über die Frage wegen Einführung einer dreiprozentigen Ste uer von dem Nettogewinn industrieller und kommerzieller Unternehmungen bis zur Herbstsession des Reichsraths vertagt werden.

Auf Grund des Preßgeseßes und zufolge Entschließung der Ober-Preßverwaltung hat der Minister des Fnnern den Einzelverkauf der Journale „Liht und Schatten“ und „Mirskoi Tolk“ (Weltgerede) verboten i

Moskau, 24. Mai. (W. T. B.) Se Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm besichtigte heute früh das Grenadier- Regiment Friedrih Wilhelm IV., sowie die jungen Mann- schaften von 4 Jnfanterie-Regimentern, deren Musikcorps bei dem Erscheinen des Prinzen die preußische Nationalhymne intoni:ten. Hierauf nahm Prinz Wilhelm das Haus der Bojaren in Augenschein und besuchte, nah dem Kreml-Palais zurückgekehrt, die Uepensky-Kathedrale, die Archangel-Kathe- drale sowie die Patriarchen-Sakristei. Nah dem Frühstück im Palais, an welchem der Generalgouverneur Fürst Dolgorukoff theilnahm, besichtigte der Prinz die Erlöser-Kirhe, woselbst Fürst Dolgorukoff Sr. Königlihen Hoheit eine Beschreibung der Kirhe in prachtvollem Einbande und eine silberne Medaille, welhe zum Andenken an die Einweihung der Kirche geprägt worden is, Üüberreihte. Alsdann machte Prinz Wilhelm nebst Gefolge in Equipagen, welche mit vier Pfer- den nah russisher Art bespannt waren, einen Ausflug nah den Sperlingsbergen und Schloß Alexandria. Das Diner nahm Se. Königliche Hoheit bei dem Grafen Orloff:Dawydoff, dem Präsidenten des Moskauer Hoffkomtoirs, ein.

2%. Mai. (W. T. B.) Prinz Wilhelm wohnte gestern Mittag dem Gottesdienst in der lutherischen Peter- Pauls-Kirche bei und besuchte darauf das vor Kurzem eröff- nete Armenasyl der deutschen Kolonie, in dessen Fremdenbuch Sich der Prinz einshrieb. Nachdem Se. Königliche Hoheit im Laufe des Nachmittags noch mehrere Sehenswürdigkeiten der Stadt in Augenschein genommen hatte, dinirte Höchstderselbe bei dem Fürsten Dolgorukoff, wo Se. Könizliche Hoheit bis Mitternacht verweilte. Um diese Zeit begab Sich der Prinz von dem Fürsten Dolgorukoff begleitet, nah dem Bahnhofe, auf welhem sich die Spizen der Behörden, die Generalität, das Offiziercorps des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV., der deutsche Konsul und die Vertreter der deut- hen Kolonie zur Verabschiedung versammelt hatten. Die Abfahrt des Separatzuges erfolgte 121/, Nachts via Brest,

Afrika. Egypten. Kairo, 25. Mai. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ meldet: Bis jeßt sind 10 Boten von hier nah Khartum abgesendet worden und eine weitere Anzahl von Boten soll via Dongola dorthin abgehen. Dem Gouverneur von Dongola, dessen Treue man seit der Bildung einer englishen Nil- Flottille niht mehr bezweifelt, sind tausend Gewehre über- sendet worden. Die englische Nil-Flottille besteht vorläufig aus 3 Dampfern, von denen jeder 20 englische Seesoldaten an Bord hat; die Flotille wird ganz unabhängig von der egyptishen Armee agiren. Von dem hiesigen englischen Generalstabe sind, mit Ausnahme der fertiggestellten Pläne, irgend welche anderen Vorbereitungen für einen Herbstfeldzug nicht getroffen worden. Von den englischen Militärbehörden wird einem Marsche von Suakim über Berber nah Khartum, weil er der am wenigsten shwierige ist, entschieden der Vor- zug gegeben; die egyptishe Armee soll sih den Nil aufwärts bewegen, um die Aufmerksamkeit der Aufständishen abzu- lenken.

Zeitungs8fstimmen.

Jn den „Berliner politishen Nachrichten“ lesen wir: -

Eine der hervorragenden Stellung ter Börsengesbäfte in dem Erwerbéleben der Nation entsprechende Besteuerung derselben ift eine Forderung, weiche in immer weiteren Kreisen der Bevölkerung erhoben wird. Auch in dem nationalliberalen Programm hat sie Aufnahme efunden.

E Daß dieselbe dur das Reichsftempelgeseß ron 1881 auch nit entfernt erfüllt wird, erhellt mit unwiderleglicher Bestimmtheit, wenn man den Gesammtertrag des Stempels auf Swlußscbeine und Noten mit ctwa 24 Millionen oder noch nit 15% des allein in Preußen erhobenen Immobikienstempels in Beiracht zieht. Jenes Gefeß heißt in der populäâren Bezeichnung „Börsfen®teuergesetz“, in der That wie lucus a non Incendo. Auch ist von den Vertretern des Fixstempels, wenigstens soweit sie nit speziell interessirten Kreisen angehören, bei der Berathung die Unvollkommenheit diefer Art der Besteuerung auédrüklid anerkannt und ledigli mit Rücksicht auf die praktische Undurchführbarkeit der bezüglichen Gegenvorschläge als pis aller angenommen worden. : i

Daß die Frage nit gelöst war, beweisen die vorjährigen Vor- {läge der Herren von Wedell und Fürst Haßfeldt-Trachenberg: die Regierung mußte es als eine dringende Aufgabe auf dem Gebiete der Stempelsteuer erachten, sie ihrerseits einem befriedigenden Abschluß entgegenzuführen. E

Es lag nabe, diese Löôsuna zunächst auf dem vom Fürsten Hay- feldt angedeutcten Wege der Ordnung der Börfensteuer als Repar- titionsfteuer zu sucben, indem von Reichéwegen da3 aufzubringende Gesammtsoll festgesetzt, die Vertheilung derselben auf die einzelnen Börsen und die Feststellung des auf jede der Leßteren entfallenden Steuer- betrages dagegen den Betheiligten überlassen würde. Allein bei näherer Prüfung erweist bei dem Mangel eines Börsengeseßes und demnach bei der Unhestimmtheit und Unsicherheit des Grundbegriffs „Börse“ dieser Weg zur Zeit sich als nicht gangbar. Es erübrigt sona, dem anderen, der prozentualen Besteuerung der Umsäße, näher zu treten und diejenige praktiscbe Unzulänglichkeit zu beseitigen, welche den bisher in dieser Richtung gemachten Vorschlägen anhaftete.

Daß dies, soweit \teuertechnisde Momente in Frage kommen, gelungen ist, erkennen die Börsenblätter in dem ersten Schrecken un- verholen an; sie führen vielmehr lediglih die Interessen des Handels und Verkehrs ins Feld und betonen dabri namentlich die dur die in Aus\fiht genommenen Kontrollmaßregeln zu gewärtigenden Be- lästigungen des Verkehrs. Mit bloßen Klagen ist dabei aber nicht zu helfen. Die Börse wird sid an den Ge- danken gewöhnen müssen, ihre steuerlich privilegirte Stellung aufzu- geben; von ihrer Bereitwilligkeit, positiv zu einer gerewten und aus- giebigen Besteuerung mitzuwirken, wird es abhängen, ob die Form der letzteren diejenige Leichtigkeit erhalten kann, welcbe sie dem Ver- fehr am wenigsten drückend maben würde. :

Der „Deutsche Oekonomist“ macht in Betreff der Subventionirung überseeisher Postdampferlinien folgende Bemerkungen : - ; l

„Der entscheidende Gesichtspunkt für uns ist, daß in diesem Jahrzehnt wahrsceinlich die Welt des kommerziellen Verkehrs mit Australien und Ostasien weggegeben wird. Jett ist dort Alles im Stadium des Wachsens; die Thore des ungeheuren chine- sischen Reichs öffnen sich immer weiter, die großen Flächen

Neuhollands, Neuguineas und Neuseelands werden der Agrikultur

Die Produktion unserer Bedarfsgüter, dec Konsum unserer Produkte nimmt rapide zu. Wer si jeßt einen erklecklichen Antheil dieses kommerziellen Verkehrs sichert, der ift der felix pos- sessor und hat als solwer einen ungeheuren Vorsprung: die Nach- fommen werden ihn immer erst aus seinem Besitze verdrängen müfsen, was zwar nicht unmögli, aber bekanntli jehr {wer ift. Sollen wir uns nun allein darauf verlaffen, daß Rheder und Erxporteure \ch ihren Markt, soweit unsere Erxport- industrie für denselben genügend entwidckelt ist, schon ohne Reickshülfe erobern werden? Oder sollen wir der Reichs- fasse ein Orfer auferlegen, das der Einzelne nit bringen kann, weil er nit weiß, ob er selber nach vielen Jahren die Früchte seiner Ausfaat ernten kann? Ift es ni&t vielmehr rationell, wenn das Reich sagt: „Mir, meinen wirth\chaftliden Interessen kommt das Opfer auf alle Fälle wieder zu gute, wenn auch erst nach 10 oder 20 Iahren!* Deutschland muß energischer als bisher seinen Aufßen- handel fultiviren. Mit jedem Jahre wird es ent- schiedener cin Industriesftaat; seine Berölkerung wächst jährlich um fast eine halbe Million, und um für sie die Nahs- rung von den auswärtigen Leberémittelproduzenten zu kaufen, muß diese Bevölkerung immer umfassender für das Ausland arbeiten, denn (abgesehen von Rübenzucker und Kartoffelsprit) unsere Erportindustrie liefert bcinahe das einzige Material, um den jährli wadsenden Be- darf nah fremden Rohstoffen und fremden Lebenêmitteln zu bezahlen. Ganz ohne auédrücktice Absicht zeigt sich diese Sawlage in dem jährli steigenden Drang unserer Induftrie na auswärtiger Absaßzgelegenheit, na Kolonien 2c. Und zu diesem Zwecke wird es immerhin nicht ohne Belang sein, daß Deutschland auc in jenen fernen Welttheilen mit Postdampfern ersten Ranges auftritt und nit blos die Gelegenheit benutt, die die Dampsschiffe anderer Nationen ihm bieten. Jeder Geschäftsmann weiß, wie s{chwerwiegend für den Absatz das Renommé ift. Es liegt nun auf der Hand, daß die in China, Japan und Australien ansässigen deutschen Kaufleute sowobl für sih, als auch für die deutsben Produkte viel effekt- voller auftreten können, wenn fie neben England und Frankrei in die Reibe der Postdampfer haltenden Nationen eintreten und die Ebenbürtigkeit unserer Industrie so auch aleidsam äußerlich doku- méentiren. Dies sceint uns an der ganzen Untcrnebmung das durh- \{lagendste Interesse zu sein, während die Rüdsicht auf finanzielle Vortheile der Post und M rine in zweiter Linie hinzukommen.“

Das „Leipziger Tageblatt“ sagt über den Gesetzentwurf, vetr. den verbrecherishen x. Gebrauh von Sprengstoffen : :

Der Abg. Windthorst hat sih im Reichstage dahin ausgesprochen, daß nur interxationale Maßregeln gegen die teuflisben Pläne der Anarchisten Schutz aewähren fönnen. Wir stimmen ihm darin bei, aber bevor sib die Mäthte über gemeinsame Schritte n die Feinde aller staatliben Ordnung geeinigt haben, war es nothwendig, vor- läufige Schutzwehren aufzurißten, und dieser Bestimmung wird das Gesetz gegen den Mißbrauch von Sprengstoffen dienen. Der von den verbündeten Regierungen vorgelegte Gesetzentwurf untersbeidet fich sehr vortheilhaft von demjenigen, welcen die freisinnige Partei ver- einbart hatte, um ihren Beruf zur Gesetzgebung darzuthun. Die Materie ist ia dem vom Reichêtag angenommenen Entwurf welt systematisher und gründliber durcbgearbeitet, als in dem Ent- wurf der freisinnigen Partei. Um dem Mißbrauch von Sprengstoffen vorzubeugen, war es nothwendig, die Anfer- tigung, den Vertrieb und die Einführung derselben unter scharfe Kontrole zu stellen. Die Polizei ist na dem vom Reichstag angenommenen Entwurf in den Stand geseßt, jederzeit die Menge von Sprengstoffen, und die Personen der Besißer, bei welchen sie im Deutschen Reiche vorzufinden ift, aktenmäßig nachzuweisen, soweit die Herstellung, der Vertrieb und die Einführung aus dem Auétlande si innerhalb der geseßliben Grenzen bewegt. Dadurc ergiebt si die Folge, daß die ungeseßliße Anfertigung und Verbreitung der Sprengstoffe leichter ermittelt werden fann, als ohne diese Anordnung möglich wäre. Der Gesetzentwurf ist in erster Linie darauf gerichtet, Dynamitattentate zu verhindern und erst in zweiter sie streng zu bestrafen. Was helfen alle Maßregeln, was nügßt alle Strenge gegen die Schuldigen, wenn der Zweck, welchen sie verfolgten, {on erreiht war? .... Das demnädst in Kraft tretende Dynamitgeseß giebt der Polizeibehörde die erforderlidben Befugnisse, um den Anarthistea in ihre St&lupfwinfel zu folgen und sie bei ihrer verbrecherischen Thâtigkeit zu überraswen; insofern ist das neue Gesetz nicht ohne Wichtigkeit. Wicbtiger aber ift es, die Ausbreitung von Lehren und Gedanken zu verhindern, welche erfahrungëgemäß \ch{ließlich auf die Abwege der Anarchiften führen. Das Sozialistengeseß dient dazu, der Untergrabung von Ruhe und Ordnung zu steuern, das Anaristen- gesetz soll die Mittel an die Hand geben, die, welche die Zerstörung alles Bestehenden zum Grundsatz erhoben haben, an der Ausführung ibrer verbrecheris{en Pläne zu hindern.

unterworfen.

Landtags: Angelegenheiten.

Durch Allerböcbsten Erlaß; vom 11. d. Mts. ist der General- Auditeur der Armee, Wirklive Geheime Ober-Justiz-Rath Dehbl- \cchläger, aus besonderem Königlichen Vertrauen, zum Mitaliede des Herrenhauses auf Lebenszeit, unter gleibzeitiger Bestallung als Kronsvndikus, berufen worden.

Land- und Forstwirthschaft.

Wien, 24. Mai. (W. T. B.) Der von dem Ministerium für Adterbau erstattete, mit dem 15. d. M. abschließende Saaten- standsberiht konstatirt den im Allgemeinen erfreulihen Stand

aller Kulturpflanzen. Gewerbe und Handel.

Helsingfors, 21. Mai. Nach amtlicher Bekanntmachung ift der Prüfungétermin in der Konkurssache der Firma Johann Sclegel in Helsingfors auf den 7. August d. I., um 11 Uhr Morgens, im Rathhausgeriht zu _Oelsingfors, sowie in derjenigen der Firma I. G. F. Taht in Abo auf den 28, Juli d. I.,, um 11 Uhr Morgens im Rathhausgericht zu Abo festgeseßt worden,

In der 9. ordentlichen Generalversammlurg der Aktionäre der Oels-Gnesener Eisenbahn vom 24. d. M. fand die Be- ricterstattung über die Lage der Geschäfte der Gesellshaft und die Ertheilung der Decharge für das Gescbäfts- (Kalender-) Jahr 1883 an Aufsichtsrath und Direktion auf Grund der Betriebs8rechnung statt. Sodann wurde auf Vorschlag des Aufsichtsraths beslossen, aus dem Reingewinn des Jahres 1883 auf die Prioritäts - Stamm- Aktien eine Dividende von 31/6 °/ (also von 19 X füc eine Aktie) zu vertheilen, den noch verbleibenden Uebershuß aber dem Gesellschafts- vorstande zur Remunerirung von Beamten zu überweisen.

Nürnberg, 24. Mai. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held). Die Frage am Hopfenmarkte hat sih letzter Tage etwas gebessert, so daß die Woche mit einem Umsay von ca. 250 Ballen \cließt. Die Preise blieben vollständig unverändert. Zugefahren wurde nur wenig. Gezahlt ward für Primawaare 184—188 Æ, für Mittelhopfen 170—180 Æ und für gepackte Retourwaare 169— 170 A Stimmung ift rubig.

Altenburg, 24. Mai. (W T, B.) Der Verwaltungsrath der Altenburg-Zeißer-Eisenbahngesellscbaft hat die Di- vidende pro 1883 für die Stammakticn auf 10} '/o (gegen 82/5 %/o im Vorjahre) und für die Stamm-Prioritätsaktien auf 92/15 °?%o (gegen 74% im Vorjahre) festgeseßt. E :

Prag, 26. Mai. (W. T. B.) Die heutige Jahresversamm- lung der österreichischen Lokal-Eisenbahn-Gesellschaft,

in welcher 22 327 Aktien mit 4465 Stimmen verireten waren, hat