1884 / 130 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Jun 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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Nichtamiliches. Deutsches Neid.

Preußen. Berlin, 5. Juni. Se. Majestät der Kaiser und König ershienen gestern Abend mit Jhrer Majestät der Kaiserin von Rußland im Königlichen Opernhause, wo zu Ehren Jhrer Majestät ein Théâtre paré stattfand.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern Morgen dem Exerciren der Kavallerie auf dem Bornstedter Felde bei Potsdam bei.

Mit dem um 10 Uhr 4 Minuten von der Wildpark- station abgehenden Zuge begaben Sih Jhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin mit Jhren Königlichen Hoheiten der Erb- prinzessin von Sachsen-Meiningen und der Prinzessin Victoria n Empfange Jhrer Majestät der Kaiserin von Rußland nah

erlin.

Um 2 Uhr besuhte Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz die Gutenberg: Ausstellung und sodann die Ausstellung von Sqcüler-Zeichenarbeiten sowie von Lehr- und Hülfsmitteln für den Zeichenunterriht im provisorishen Kunstausstellungs-

ebäude auf dem Kantianplay, empfing um 4 Uhr in Höchsl- einem Palais den Vorstand der Shuhmacher-FFnnung und um 41/7 Uhr mit Jhrer Kaiserlihen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin den neu ernannten Gesandten der argentinischen Republik. h

Um 51/5 Uhr begaben Sich die Kronprinzlihen Herr- schaften zum Diner zu Sr. Majestät dem Kaiser.

Nach dem Diner fuhr Fhre Kaiserliche Hoheit die Kron- prinzessin mit der Prinzessin Victoria um 8 Uhr 50 Minuten nah Potsdam zurück,

Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz wohnte Abends dem Théâtre paré im Opernhause bei und geleitete um 111/5 Uhr Jhre Majestät die Kaiserin von Rußland bei Allerhöchstderen Abreise nah dem Bahnhof Friedrichsstraße. Gleich darauf kehrte Höchstderselbe nah Poisdam zurü.

Dem Kreise Graudenz isst für die Grundstüe, welche zu dem von demselben beschlossenen Bau folgender Chausseen 1) vom Bahnhofe Melno bis Lessen, 2) von Lessen bis zum Bahnhofe Garnsee im Kreise Marienwerder, 23) von Bahnhofe Lindenau bis zur Graudenz-Rehdener Chaussee bei Rehwalde, 4) vom Endpunkte der Chaussee Lindenau- Rihnowo über Schweß bis Leistenau und 5) von der ZBraudenz-Rehdener Chaussee bei Rehdorf über Tursniß und Debenz bis zur Kreisgrenze bei Wiewiorken in der Nich- tung auf Blandau erforderlich find, durch Allerhöchste Ordre vom 6. Mai d. J. das Enteignungsrecht verliehen wor- den; ebenso gegen Uebernahme der künftigen chausseemäßigen Unterhaltung dieser Straßen, mit Ausshluß der im Kreise Marienwerder belegenen Pflasterstraße beim Bahnhofe Garnsee, das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes naci den Be- stimmungen des Chausseegeld-Tarifs vom 29. Februar 1840, einshließlich dexr in demselben enthaltenen Bestimmungen Über die Befreiungen sowie der sonstigen, die Erhebung betref}fen- den zusäßlichen Vorschriften vorbehaltlich der Abänderung der sämmtlichen voraufgeführten Bestimmungen. Auch sollen die dem Chausseegeld:Tarif vom 29, Februar 1840 angehäng- ten Bestimmungen wegen der Chaussee-Polizei-Vergehen auf die gedahhten Straßen und zwar gleihsalls mit Auss{hluß der Pflasterstraße beim Bahnhofe (Zarnsee zur Anwendung kommen,

Die geseßliche Alimentationspfliht der Ge- \chwister in Preußen ihren erwerbsunfähigen Geschwistern gegenüber erstreckt sich na eincm Urtheil des Reichs- gerihts, IV,. Civ.-Sen., vom 21. April d, F. keineswegs, weder direkt noch indirekt, auf die Unterhaltung der Kinder von Geschwistern. Jst beispielsweise der arme Bruder (oder die arme Schwester) in der Lage, sich selbst den Lebensunterhalt zu verschaffen, nicht aber au seinen Kindern, so besieht für die wohlhabenden Geschwister überhaupt keine Alimentationspflicht,

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerisher Ober-Regierungs-Rath Shmidtkonz, Königlich sälhsisher Geheimer Finanz-Rath Golz, Großherzoglich oldenburgischer Geheimer Staatsrath Selkmann und Sena- tor der freien und Hansestadt Hamburg Dr, Versmann sind hier angekommen.

Der General-Jnspecteur der Artillerie, General- Lieutenant von Voigts-Rhegz, ist auf cinige Tage in dienstlihen Angelegenheiten nah Königsberg i. Pr. abgereist.

Der General-Lieutenant von Oppell, Commandeur der 2. Garde-Jnfanterie-Division, ist von Uriaub aus Dessau hierher zurüdgekehrt.

S. M. Kbt. „Möwe“, 5 Geschüße, Komdt. Korv.- Kpt. Hoffmann, ist am 4. Juni cr. in Madeira angekommen und an demselben Tage wieder in See gegangen.

Wiesbaden, 4. Juni. (W. T. B.) Jhre Maj:- stäten der König und die Königin von Dänemark und Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin von Wales nebst ihren Töchtern sind heute Nachmittag zu längerem Kurgebrauch hier eingetroffen.

Sessen. Darmstadt, 3. Juni. (Köln. Ztg.) Die Mehrheit des Geseßgebungs8ausschusses der Zweiten Kammer beharrt, dem erstatteten weiteren Bericht zufolge, gegenüber dem ablehnenden Beschlusse der Ersten Kammer, darauf, daß in dem Geseß über die Wahlen zur Zweiten Kammer die sogenannte Steuerklausel, nämlich die Bestimmung, wonach die Ausübung des Wahlrechts auch von der Zahlung der Einkommensteuer abhängig gemacht wird, gestrihen werde, en die Minderheit im Einklange mit der Regierung die Q timmung zu dem Beschluß des andern Hauses beantragt.

instimmig ist der Aus\huß in der Aufrechterhaltung des von der Ersten Kammer verworfenen Ersuhens um einheitliche geseßlihe Neuregelung der auf die Jagd bezüglichen hessischen Vorschriften. Die Regierung selbst habe ihren in dem Aus- \chußbericht der Ersten Kammer betonten ablehnenden Stond- punkt bei der Plenarverhandlung in der Zweiten Kanimer

. Juni. (W. T. B.) Prinzessin Elisabeth, die Braut des Großfürsten Sergius von Rußland, wird mit der Großherzoglihen Familie heute Abend zu der Vermählungsfeier nah St. Petersburg abreisen.

Rumpenheim, 4. Juni. (W. T. B.) Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin von Wales ist mit ihren Kindern heute Nachmittag nah Wiesbaden abgereist.

| die für die

Meck&lenburg - Shwerin. Schwerin, 4. Zuni, (Medckl. Anz.) Der Großherzog ist mit den Prinzlichen Kindern am 28. Mai von Bellaggio aufgebrohen und am 29. Mai Mittags in Baden-Baden eingetroffen, wo Se. Kön gliche Hoheit im Grand Hotel Bellevue Wohnung ge- nommen haben. Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin Alexandrine, welche bereits am 26. Mai dort an- gekommen war, empfing ihren erlauhten Enkel und die Prinzlihen Urenkel am Bahnhofe. Am folgenden Tage traf au Jhre Kaiserliche Hoheit die Großherzogin Anastasia aus Berlin in Baden:Baden ein, um daselbst nach ihrer St. Petersburger Reise sich mit der Großherzoglichen Familie wieder zu vereinigen. Das Befinden des Landesherrn ist, wie dasjenige der gesammten Großherzoglichen Familie, das beste. Der Staats-Minister Graf von Bassewiß ist gestern von Schwerin nah Baden-Baden abgereist.

Hesterreich-Ungarn. Wien, 4. Juni. Die „Wiener Zeitun g“ veröffentliht ein Kaiserlihes Patent vom 2. Juni, betreffend die Einberufung der Landtage von Dalmatien, Bukowina, Mähren, Tirol, FFstrien und Görz und Gradisca. : / :

Triest, 5. Juni. (W. T. B.) Die griehische Yacht „Amphitrite“ mußte des {lehten Wetters wegen in den Hafen von Lissa einlaufen, wodurch die heute Mittog er- wartete Ankunst des Königs von Griechenland um einige Stunden verzögert werden dürfte.

Agram, 4. Juni. (W. T. B.) Der bisherige Prä- sident des Landtages, Krestics, hat erklärt: auf seinem Posten verbleiben zu wollen, nachdem die National- partei in der von ihr abgehaltenen Konferenz ein ferneres einmüthiges Vorgehen beschlossen haite. Der Banus hatte der Konserenz beigewohnt und war bei seinem Erscheinen leb- haft begrüßt worden.

Klausenburg, 3. Juni. (Wien. Abèp.) Wegen der vorgestrigen Vorfälle finden Zeugenverhöre und Kon- frontationen mit Mitarbeitern des oppositiorellen „Ellenzek“ statt. Gegen den Bürgermeister und den Stadö5thauptmann herrsht große Unzusriedenheit. Fn der morgigen Sißung der Stadtrepräsentanz wird die Suspendirung und ein Tadels- votum beantragt werden. Die Stadt is ruhig. Nachts machten Patrouillen die Runde,

Schweiz. Bern, 4. Juni. (W. T. B.) Die Bundes- versammlung ist heute zusammengetreten. Der National- rath wählte Favon von Genf (radikal) zum Präsidenten, Stoessel (ravikal) zum Vize-Präsidenten. Der Ständerath wählte zum Präsidenten Birmann (Centrum), zum Vize- Präsidenten Wirz (klerikal).

Großbritannien und Jrland. London, 3. Juni. (Allg. Corr.) Die Herzogin von Edinburg trat gestern Abend an Bord der Königlichen Yacht „Dsborne“ in Sheerneß die Reise nah St. Petersburg an, wohin sich Fhre Kaiserliche Hoheit begiebt, um den bevorstehenden Hochzeitsfestlichkeiten am russischen Hofe beizuwohnen.

Der Gouverneur von St. Helena, Morris, ent- wirft in seinem jüngsten amtlichen Bericht eine traurige Schilderung der finanziellen und kommerziellen Zustände dieser historisch berühmten Jnsel. Die Einkünfte s{rumpfen mit jedem Jahre mehr zusammen. Die öffentlihen Gebäude, Straßen und andere Anlagen leiden unter dem chronischen Geldmangel. Die wenigen Beamten sind s{lecht besoldet. Der Volksunterriht liegt darnieder; kurz alles was dic moralische, soziale und kommerzielle Maschinerie eines Ge: meinwesens ausmacht, leidet unter dem Mangel an Geld- mitteln. Jm Vergleich mit 1873 ist in der Zahl dec Schiffs, welche 1882 auf der Jnsel anlegten, eine Verminderung vcn 220 eingetreten. Die allmählihe Erseßung der Segelsch'ffe durch große Damfer erwies sich als ein ernster Schlag für die koramerzielle Wohlfahrt von St. Helena.

Sydney (Australien), 3. Juni. (A. C.) Jn Verfolg zuverlässiger Berichte, die von San Francisco hicr ein- gingen, sind Vorsichtsmaßregeln zum Schuß der Hiesigen öffentlihen Gebäude gegen einen fenishen Anschiag ge- troffen worden.

Frankreich. Paris, 4. Zuni. parlamentarishe Kommission zur Einfuhr amer-kanishen gesalzenen Schweinefleischs zu treffenden Maßregeln hat den Bericht ihres Referenten genehmigt. Nach demselben soll die E:.nfuhr so!her Fleishs nach vorheriger mikcoskopischer oder ander- weitiger Untersuchung gestattet sein; dagegen soll die Ein- fuhr ¡rishen Fleischs aus Ländern, in welchen Fälle von Zrichinosis konstatirt sind, verboten sein,

Ftalien. Rom, 4. Juni. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißzung der Deputirter. kammer fragte Campo- reale an, ob es roahr sei, daß in Marokïo sih Eregnisse vorbereiten, welche die politishe Stellung dieses Landes modi- fiziren würden. Dex Minister des Aeußern, Mancini, er- klärte, daß er morgen antworten werde.

Türkei. Konstantinopel, 2. Juni. (A. C.) Die hellenishe Regierung hat ihre Genehmigung dazu er- theilt, daß die in den an Griechenland abgetretenen Distrikten ansässigen Muhamedaner ihre türkische Nationalität behalten können, falls sie es niht vorziehen, ihre Heimstätten zu verlassen und ¿war selbsi nah Ablauf der da- für durh den türkisch-helenishen Vertrag festgestellten drei- jährigen Frist.

Amerika. New-York, 2. Juni. (Allg. Corr.) Der Wahlkampf um die Präsidentenwürde wird zwischen dem Präsidenten Arthur und Mr. Blaine ein sehr hart- näckiger sein, Beide Parteien sind ziemlich gleich stark. Der republikanische Nationalausshuß hat einen An- Lai Blaine’s zum, zeitweiligen Präsidenten der Konvention erwählt.

Asien. Calcutta, 1. Juni. (A. C.) Nachrichten aus Khatmandvu zufolge haben die Thibetaner die nepau- lesischen Bedingungen angenommen. Der Ausbr1:ch eines Krieges zwischen Thibet und Nepaul ist mithin niht mehr zu befürhten. Einer Meldung aus Herat zufolge hat Jshak Khan am 20. Mai Maimena eingenommen.

Afrika. Egypten. Kairo,’ 2. Juni. (Allg. Corr.) Dem Reuterschen Bureau wird aus Kairo, unterm 2, d. berihtet: Von vem Gouverneur von Dongola ist die folgende Depesche hier eingetroffen: „Es ist unwahr, daß

(W. T. B.) Die

Veratbung über |

Berber gefallen ist. Hussein Pasha Khalifa hat im Gegentheil die Rebellen geschlagen. Khartum hat gleichfalls niht fkapitulirt; General Gordon fährt fort, die Rebellen zu bekämpfen. Die Provinz Dongola is bis nach Meranveh vollständig pazifizirt. Diese Nachricht wird auh in einem an den Khedive gerichteten Telegramm des Befehlshabers der irregulären Truppen, die in den leßten Kämpfen in dem Distrikt von Shargiyeh engagirt waren be- stätigt. Dieselben sprechen die Ueberzeugung aus, daß Berber entseßt werden könnte, wenn der Gouverneur von Dongola Verstärkungen erhält.“

Der Mudir von Dongola telegraphirt ferner: „Jn- folge meiner Besie gung der Rebellen haben si, mit Ausnahme des Gazi von Charkieh und einiger seiner Sol- daten, alle unterworfen. Wenn jene mit Gottes Hülfe ge- zwungen sind, sich zu unterwerfen, wird alles ruhig fein. Durch diese Niederlage ist die Belagerung von Berber auf- gehoben worden. Die Rebellen, welche sich unterworfen haben, sind jeßt damit beschäftigt, die in dec Nähe von Debbeh zer- störten Telegraphendrähte auszubessern, allein es mangelt an dem gehörigen Material dazu. Kassala ist ruhig. General Gordon wird von Said Mohammed und Osman noch immer behelligt, allein er hält Stand.“ Einige eingeborene Offiziere melden aus Dongola, daß der Mudir ein vortreff- licher Führer ist, und daß erx den Sudan erobern könnte, wenn erx mehr Soldaten hätte.

Mr. Rowsell, der englishe Kommissär der Do- mänen, hat auf Ersuhen Nubar Pascha s einen Bericht: über die Besteuerung des Bodens erstattet. Seiner Schäßung zufolge sind unter 3 500 000 Morgen mit circa 25 Schillingen per Morgen und 1 330 000 Morgen mit 11 Schillingen per Morgen besteuert. Leßtere Kategorie befindet sih hauptsählih im Besiß der Domänen, der Daira und der reichen Paschas. Er empfiehlt die gleihmäßige Besteuerung des gesammten Landes, was eine allgemeine Steuerermäßi- gung von 14 Proz. in Ober-Egypten und von 18 Proz. in Unter-Egypten ohne Schmälerung der Einkünste ermöglichen würde.

Aus Suakim meldet der Correspondent der „Times“ unter dem 2. Juni: „Gestern Abend um 111/54 Uhr erfolgte ein Angriff auf unsere linke Front. Der Feind feuerte einige lebhafte Salven ab. Die Forts erwiderten dieselben mit einem Granatenfeuer, und drei Araber wurden am Vor- gen todt vorgefunden. Man glaubt, daß viele mehr, die ge- troffen wurden, oon ihren Freunden weggeführt worden sind. Das Feuern douerte 11/4 Stunde. Die egyptishen Truppen waren stetig uad führten sich gut auf. Die Stadt ist voll- fommen ruhig.“

Einem Telegramm des „Standard“ zufolge waren die Rebellen 200 Mann stark und machten an allen Punkten cinen 2ntshlossenen Angriff auf die Stadt. Die Forts. erwiderten sofort das Feuer und wurden durch die Kanonen der Flotte unterstüßt. Zu gleicher Zeit wurden alle entbehrlihen Seel?ute gelandet, um der Garnison Hülse zu leisten. Nach einer vierstündigen Kanonade zog sich der Feind zurück. Auf egyptischer Seite verlief die Affaire ohne Ver- luste, während der Feind nur zwei Todte und einen Ver- wundeten auf dem Felde zurülließ.

Aus Port Said wird unter dem 4. Juni gemeldet : Heute Morgen wurden auf dem englishen Aviso „Fris“ 950 Mann english2 Marine-Jnfanterie nah Suak im eingeschifft.

Zeitungsstimmen.

Dem „Hannoverschen Courier“ wird aus Rayße- burg, 2, Juni, geschrieben :

Der bier vor einiger Zeit ins Leben gerufene, in erfreulicher Entwickelung begriffene nationalliberale Vercin hatte bei seiner leßten Versammlung einstimmig folgendes Telegramm an den Reichs- fanzler abzusenden beschlossen :

„Der neugegründete nationalliberale Verein von A A und Umgegend gestattet sich in glühender Begeisterung für Kaiser und Reich Eurer Durchlaucht scine \reudige Zustimmung zu Ihren \ozial- politischen Plänen auszusprehen mit der festen Hoffnung, daß die- selben zum Segen Deutschlands bald verwirklicht werden.

Der Borstand des nationalliberalen Vereins zu Ratzeburg. Raydt.* Auf diese Depesche ist folgende Antwort cingetroffen : Friedrich8ruhe, 1. Juni 1884.

Ich danke dem nationalliberalen Vereine zu Ratzeburg für seinc sympathishe Begrüßung, und freue mich, darin den Ausdruck der Theilnahme an den von Sr. Majestät dem Kaiser angeftrebten sozialen Reformen zu finden, welcher in der parlamentarishen Vertretung unseres heimischen Kreises bisher niht zur Erscheinung gekommen ift.

von Bismarck. An den Vorstand des nationalliberalen Vereins Herrn Raydt, ___ MRabyeburg.“ : S

Die „Deutsche Reihs-Po st“ schreibt:

Dem mit wohlüberlegter Absicht unter das Volk gebrahtem Ge- rei, es werde mit dem Geseßentwurf, betr. die Besteuerung der Börse, nur Handel und Geschäft in härtester Weise belästigt und das Kapital schwer geschädigt, ist entgegenzuhalten: Nicht um Ani- mosität gegen Handel und Kapital handelt es sich, sondern um einen gerechten Steuerausgleich und womöglih um Beseitigung jenes Schacher- und Spielerunroesens, weles sich zwar Handel nennt, aber kein Handel ift; auch niht um eine Schädigung des Kapitals, sondern darum, das Kapital hinwegzuziehen vom Spteltish der Börse und es dahin zu führen, wo es dem Lande dienen kann; in das wirth[chaft- lihe Leben. : | /

Die „Berliner Börsen-Zeitung“ berichtet:

Die Gesammtlage der Industrie im Regierungsbezirk Trier wird als eine unverändert günstige bezeichnet. Auf keinem Gebiet sind Rückgänge bemerkbar gewesen. Vielmehr hat sich \fogar insofern eine Besserung vollzogen, als im Eisengeschäft die Besorgniß geschwunden ist, daß dessen Betrieb durch die noch nicht beseitigte Ueber- produktion und die daraus folgenden niedrigen Preise in der nächsten Zukunft gefährdet werden könnte. Die Preise für einzelne Eisengattungen sind bereits wiederum um ein Geringes gestiegen, Arbeitseinshränkungen und Lohnreduzirungen find in den Wintermonaten überall vermieden worden. Der Glasindustric wurde durch die Ermäßigung der Eisenbahn-Tarife nah Basel ein \chäubarer Dienst erwiesen. Die Herstellung des Krystallglases hat sich neuerdings als so lohnend herausgestellt, daß die Löhne einzelner Arbeitsklassen aufgebessert werden konnten. Auf den fiskalischen Stein- fohlengruben im Saargebiet haben sich Förderung und Absay der Kobken auf der am Scblusse des vorigen Jahres erreichten Höhe erhalten und bietet die Gesammtlage Aussicht auf den Bestand dieses erfreu- lihen Verhältnisses. Die Nachfrage nah Hausbrandkohlen war ¿war dem milden Winter- und Frühjohrswetter entsprehend nur gering, dagegen fuhr die Industrie fort, gleihmäßig starke Kohlenbezüge zu erfordern, Das mit dem 31. März d. J. beendete Rechnungsjahr ergab einen Gesammtabsay der geda@ten Kohlengruben von 5972 731 t gegen 5 600000 t im Vorjahr.

Als natürliche Folç e

der ununterbro{cnèn Arbeii und der erhöhten Leistungen bei der Koblenförderung erfuhr auch der Arbeitslohn der Bergarbeiter cine flcine Steigerung ; derselbe beträgt auf den Kalendertag bei Annahme von 24 Swichten im Monat gegenwärtig etwa 2,66 M gegen 2,54 M. im Sommerhalbjahr 1883. :

Statistische Nachrichten.

Der „Berggeist “, die in Cöln erscheinende Zeitung für Berg-, Hüttenwesen und Industrie, veröffentlicht einen Bericht über die Er- gebnisse des Kohlenbergbaues des Halleswen Ober-Bergamtsbezirks im 1. Kalendervierteljahr 1884 und zwar nach amtlicher Mittheilung. Wir entnehmen demselben Folgendes zunäcbst betreffs der Steinkohs len. Die Zahl der im Regierungsbezirk Merseburg betriebenen Bergwerke betrug 3, im Landdrosteibezirk Hildesheim 1, zusammen also 4. Die mittlere Gesammtbelegschaft derselben betrug im Re- gierungsbezirk Merseburg 144, im Landdrosteibezirk Hildesheim 14, zusammen also 158. Der Durbschnittépreis für die Tonne Koh- len betrug im Regierungsbezirk Merseburg 8,75 #4 Der Werth der im 1. Kalendervierteljahr verkauften Kohlen betrug 31 929 im Merseburger Bezirk, Die Naturaleinnahme belief sich an Kohlen- bestand am Anfange des 1, Kalendervierteljahres 8154 t im Merseburger Bezirk, auf 103 im Hildesheimer, zusammen also auf 8257 t. Die neue Förderung im 1. Kalendervierteljahr belief sih im Merseburger Bezirk auf 4228 t, dazu Uebermaß 14 t. Natural- aus8gate wies im Absatz im 1. Kalendervierteljahr 3647 t im Mecse- burger Bezirk auf. Eigener Bedarf der Bergwerke betrug 945 t, dazu Einmaß 291 t, zusammen 4883 t, Der Kohlenbestand am Schlusse des 1. Kalenderjahres betrug 7513 t im Merseburger und 103 t im Hildesheimer Bezirk, zusammen also 7616 +. Ein Vergleich mit dem Vorjahre ergiebt für Steinkohlen: Die Förderung im 1. Kalendervierteljahr 1883 betrug 8088 t im Merse- burger und 12 t im Hildesheimer, zusammen also 8100 t, sie war also für 1884 geringer um 3872 t, wovon 3860 auf Merseburger, 12 auf Hildesheimer Bezirk kommen. Der Äbsaß im 1. Kalender- vierteljahr 1883 betrug für Merseburg 4580 t, also für 1884 ge- ringer um 933 t. I1. Braunkohlen. Die Zahl der im Regierungs- bezirk Merseburg betriebenen Bergwerke belief sich auf 163, für den Bezirk Magdeburg auf 35, für Potsdam 10, für Frankfurt a. O. 87, zusammen auf 295. Die mittlere Gesawmmtbelegscafi derselben be- trug für Merseburg 10 977, für Magdeburg 3923, für Potsdam 661, für Frankfurt a. O. 3187, zusammen also 18 748 Der Durcschnitrspreis für eine Tonne Kohlen betrug für den Regierungsbezirk Merseburg 2,39 M, für Magdeburg 3,09 M, für Potedam 3,81 4, für Frank- furt a. O, 2,65 M, im Durcschnitt also 2,54 4 Der Werth der im 1. Kal adervierteljahre verkauften Kohlen belief sib für den Bes zirk Merseburg aus 3228331 Æ, für den Bezir Magdeburg auf 1 807 007 Æ, für Potsdam auf 164589 M, für Frankfurt a. O. auf 956 806 M, zusammen alsc auf §156 733 4A Natural-Einnahme zeigte an Kohlenbestand am Anfange des 1. Kalendervierteljahres für Merseburg 121087 t, für Magdeburg 56 029 t, für Potsdam 5391 t, für Frankfurt a D. 31702 t, zusammen 214209 t. Neue Förderung irm 1. Kalendecvierteljahre belief si für Merseburg auf 1555758 t, für Magdeburg auf 675 423 t, für Potsdam auf 49910 t, für Frankfurt a. D. auf 499229 t, zusammen auf 2780320 t. Dazu Uebermaß für Magdeburg 486 t, für Frank- furt a, O. 93 t, zusammen 682 t, Zusammen für Merseburg 1 676 845 t, für Magdeburg 731 938 t, für Potêdam 65 301 t, für Frankfurt a. O. 531 027 t, zusammen 2 995 111 t. Die Natural- Ausgabe zeigte cinen Absatz im 1. Kalendervierteljahr für Merse- bvcg von 1248421 t, für Magdeburg von 585043 t, für Potsdam 43165 t, für Frankfurt a. O. 445739 t, zusammen 2422368 t. Eigener Bedarf der Bergwerke betrug für Merseburg 92 901 t, für Magdeburg 45 914 t, für Potsdam 4406 t, für Frank- furt a. O. 31584 t, zusammen alîo 174805 t. Dazu Cinmaß für Magdeburg 568 t, für Franksurt a. O. 12101 t, zusammen 12 669 t. Der Kohlenbestand am Schlusse des 1. Kalendervierteljahrs betrug für Merseburg 235 523 t, für Magdeburg 100413 t, für Potsdam 7730 t, für Franffurt a. O. 41603 t, zusammen also 385 269 t. Fin Vergleich mit dem Vorjahr ergiebt an Förderung im 1. Kalender- vierteljal,r 1883 für Merseburg i 502 560 t, für Magdeburg 714 113 t, für Potsdam 45 263 t, für Frankfurt a. O. 493 865 t, zus. also 2755801, also für 1884 größer für Merseburg um 53 198 t, für Potsdam um 4647 t, für Frankfurt a./O. um 5364 t, zusammen also 24519 t. Der Absaß im 1. Kalendervierteljahr 1883 betrug für Merseburg 1328 586 t, für Magdeburg 621 270 t, für Potsdam 36250 t, für Frankfurt a./O. 441 406 x, zusammen also 2427 512 t, also für 1884 größer für Merseburg um 19835 t, für Potêdam um 6915 t, für Frankfurt a./O. um 4333 t, kleiner für 1884 um 36227 t für Magdeburg.

Dem „Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen“ ent- nehmen wir über die Montan -Industrie im Großherzog- thum Hessen aus der Skizze eines Vortrages des Bergraths Tecklen- burg im (Lokalgewerbverein Darmstadt) Folgendes:

Die Montan- Industrie Hessens is im Vergleiche zu anderen Industrien unseres Landes nicht unbedeutend und kann sich, wenn man die Größe unseres Landes im Vergleich zu der anderer Staaten er- wägt, den Montan-Industrien vieler Länder gut zur Seite stellen. Der Fortsch:itt dieser Industrie in den letzten drei Dezennien ist ein schr konstanter. Es wurden 1860 im Ganzen 1 200000 Ctr. produ- zirt, welcher Summe eine Produktion von 3,1 Millionen Centner in 1876 gegenübersteht. Die Bruttocinnahme beirug in 1876 = 2 808 398 M, in 1883 dagegen 5 498583 M Die Anzahl der Werke ist von 37 in 1878 auf 54 in 1883 gestiegen. Im Ganzen wurden L Belehnungen ertbeilt, von denen fich ca. 40 in Betrieh be- inden.

__ An Salinen besißt zunächst das Großherzogthum drei, die Sa- linen: Ludwigéhalle zu Wimvfen, Theodorshalle bei Kreuznach und die zu Nauheim; erstere beschäftigte im Vorjahre 95, die beiden an- deren. 37 resp. 34 Arbeiter. Braunkohlenbergwerke sind dermalen 11 vorhanden, von denen 2 (Seligenstadt mit 50 und Messel mit ca. 90 Arbeitern) der Provinz Starkenburg, die übrigen (,Ludwigthoffnung“ bei Melba, Ofs\enheim, Dornasscnheim, Wecktesheim, Wölfersheim, Münster, „Friedrih“ bei Trais-Horloff, „Hedwig* bei Büdingen und „Erle* bei Ober-Erlenbach) mit ciner durchschnittlihen Arbeiterzahl von ca. 590 Mann der Provinz Oberhessen angehören. Die Zahl der Eisensteinbergwerke beträgt gegenwärtig 27, welche fast allc Ober- hessen angehören, und den daselbst vielfaÞh vorkommenden Basalt- Eisenstein oder Mangan-Eisenstein fördern ; Starkenburg partizipirt an der genannten Summe nur mit 1 Betriebe, dem Bergwerke „Adolph“ bei Unter-Ostern nächst Reichelsheim im Odenwald mit gegenwärtig 42 Arbeitern. Unter den oberhessischen Werken nimmt die erste Stelle ein das Braunsteinbergwerk bei Gießen mit zur Zeit 320 Arbeitern. An Hütten besißt unser Land 4, die Main-Weser-Hütte zu Lollar mit 180, die Margarethenhütte bei Giezen mit 91, die Friedrichéhütte zu Ruppertsburg mit 39 und die Hirzenhainer Hütte zu Hirzenhain mit 150 Arbeitern. Ferner wurden in der Montan-Statistik aufgeführt : eine Schwefel säurefabrik bei Biebrich mit 35 Arbeitern und 9 Eisen- gießercien, wovon auf Darmstadt 2 (mit 45 resp. 110 Arbeitern), Offenbah 2 (mit 33 resp, 20 Arbeitern), Worms 1 (mit 10 Arbeitern), Mainz 1 (mit 34 Arbeitern), Münster bei Dieburg 1 (mit 13 Arbeitern) und Michelstadt 2 (mit 13 resp. 14 Arbeitern) entfallen. Von den (neuerdings etwas in der Produktion zurück- gegangenen) Schwerspathgruben werden 4, sämmtlich bei Klein-Um- stadt im Odenwald, mit 5 bis 13 Arbeitern betrieben. Endlich sind von unterirdischen Marmorbrüchen der Hoffmannsche bei Auerbach mit

Arbeitern und der kleinere von Dude in Hochstätten zu erwähnen. In diesen sämmtlichen Betrieben ist die ansehnliche Zahl von

2297 Arbeitern beschäftigt.

Die Saline Ludwigshalle, in der hessishen Enklave Wimpfen am Neckar gelegen, gewinnt ihre vollständig gesättigte 27,75 pro- se 12,5% C. warme Soole aus 6 resp. 7 Bohrlöchern, welce ur den Muschelkal? in das darunter liegende Steinsalzlager nieder-

gebracht sind. Die Bobrlöcher sind durchs{nittlich 145 m tief und auf 17—20 m Tiefe im Steinsalz stehend. Die Gewinnung der Soole geschieht durch mittelst Wasserräder oder kleiner Dampf- maschinen in Bewegung geseßte Pumpen. Die geförderte Soole kann wegen ihrer hohen Konzentration sofort in Pfanren deren ca. 25 von dur{\cchnittlid 100 qm Bodenflädke vorhanden sind abgedampsft werden, worauf \sich das Steinsalz in Krystallen ausscbeidet, zun Trocknen, Wiegen, Verpacken und Versenden gelangt. Die jeßt er- bohrte Soole enthält na ciner Analyse vom Jahre 1846 bei einem \pezifishen Gewicht von 2,02 2509/4 Chlornatrium, 0489/5 Gyps und 0,05 9% Chlormagnesium. Nach den geschihtlihen Mittbeilungen von A. v. Lorent in seinem Werke „Wimpfen am Neckar“ (Stuttgart 1870) wurden östlib von Wimpfen die ersten Bohrlöcher 1818 an- elegt, während die Salzgewinnung auf ver Westseite bereits seit 1752 it Monde war. Der Betrieb in seiner jeßigen Geftalt erfolgt ei 3,

__ Die dem hessisGen Fiskus gehörende Saline Nauheim bezieht ihre Soole aus zwei grofen Soolsprudeln, deren Wasser ca. 2,8—3 % Salz enthält. Diese Soole wird auf umfangrei angelegten Gradir- werken bis zu einem Konzentrationsgrade von 25—28 9/69 gebracht, welcher Operation das Versieden in Pfanne1 und das Trocknen in den sog. Spitzkörben folgt. Das so gewonnene Salz zeichnet sich besonders durch seine Reinheit aus. Die bei der Siedung zuletzt restirende Flüssigkeit bildei die zu Heilzwecken vortheilhaft verwandte Mutter- lauge, welche theilweise auch zu Badesalz vcrsotten wird. Die Saline produzirt ca. 30000 Centner Salz pro Jahr. Ueber die Geschichte der Saline brahte Redrcr cinige interessante Mittheilungen aus einem Werke eines Kammer-Raths Klipstein von 1741.

Die Saline Theodorthalle bei Krceuznah ist in einem Thale der Nahe zwischen Kreuznach und Münster am Stein gelegen. Die in 9 Sdädbten mit zusammen 12 Bohrlöche-n sich sammelnde Soole wird durch Pumpwerke auf die Gradirhäuser gehoben. Welchem geologischen Bildung8prozesse die Quellen ihre Entstehung ver- ‘danken, darüber ist man bis jeßt noch verschiedener Ansicht; nach Bischoff entstehen fie durch Auslaugung des Porphyrs, nach L2as- peyres aus Melaphyr, n2ach Cotta aus der Kohlenformation; wahrscheinlich stammen die Quellen aber aus dem Roth- liegenden, welches von Porphyr durchbrochen wird. Die Haupt- bestandtheile der Quellen sind Chlornatrium, Chlorcalcium, Chlor- magnesium, fodann Chlorkalium, Chlorlithion, Jodnatrium 2c. ; der ganze Salzgehalt beträgt #—13%/, dite Temperatur 9—20% R. Die jährliche Ausbeute ver leßten Jahre betrug in max. 28000 Die Saline kann für vie Folge ctwa 18000 Ctr. Kochsalz und 400 000 1 Mutterlauge p-oduzirenz; leßtere ist für sanitäre Zwecke äußerst gesckcätt und wird in die ganze Welt versandt. Die Saline Carlshalle ist seit 1733, die Saline Theodorshalle seit 1743 in Be- trieb, und sind heute beide unter dem gemeinsamen Namen „Theo- dorshalle“ zusammengefaß:

__ Unter den Braunkohlen-Bergwerkeu dürfte das in unserer Nähe liegende, zu Messel, ein kesonderes Interesse beanspruchen. Dasselbe gehörte früher der Michelstädter Hütte, später einem Hrn, Eberts, gegenwärtig dem Hrn. Cäsar Strauß in Frankfurc a. M. Seit einiger Zeit isi der Betrieb durch den jeßigen Besißer wieder auf- genommen; es findet nur Tagbau statt, und ist man bis jeßt zu ciner Tiefe von 8—9 m gelangt. Das geförderte Material verdient eigentlich als bituminöser Schiefer resv. Scbieferkohle bezeichnet . zu werden. Auch interessante Versteinerungen wurden daraué zu Tage gefördert. Bezüglich des Hrn. Dr. Mitscherlich zu Frankfurt a. M. gehörenden Braunkohlen-Bergwerks „Amalie“ bei Seligenstadt ver- weist der Vortragende auf die eingehende Besprechung desselben in Nr. 2 von 1884 des „Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen“.

Oberhessen besißt unter den drei Provinzen den größten Vorrath von Braunkohlen, insbesondere die Wetterau ausgedehnte Lager, deren größter Theil vom Staate belegt ist. Die Kohle liegt hier fast überall unter Thon. Die Vor?ommen ziehen etwa von Hungen bis Friedberg, und sollen tie daselbst noch in der Erde ruhenden Braunkohlenshäße ganz cnorme sein, deren event. wirthschaftliche Ausbeutung eine blühende Industrie ins Leben rufen könnte. Die meisten Vorkommen liegen nicht sehr tief (20—39 m) und find von ziemliwer ‘Mächtianke:t (6 10 m). So wird das dem Grafen von Sol1ns - Röde-:heim gehörige Werk bei Offen- heim seit 1864 betriek en, besit: ca. 50 m tiefe Flöße und liefert p. a. ca. 80000 Ctr. Kohlen. Bei Dorn-Assenheim betrug die Förderung von 1872—32 1200 000 Ctr.; das dortige Werk, wie die zu Weckesheim und Wölfersheirn, sind Eigenthum des Fürsten zu Solms-Braunfels. -— Das vom Hessish-Rheinishen Bergbau- Verein errichtete Werk „Friedrich“ bei Trais-Horloff fabrizirt ins- besondere Trocken-Briqucttes, die bereits größeren Absatz finden. Die Bergwerke bei Grünberg, der Hesserbrücker-Hammer, und bei Büdin- gen liefern lignitishe Kohle.

Unter den Eisenftein-Bergwerken kamen noch zur Besprehung das bei Unter-Ostern îm Odenwald, welches sih im Zechsteinkalk unter Buntsandstein findet, 10—12 Schächte und einen Stollen gegen- wärtig besitzt und für lange Zeit nocch reiche Ausbeute zu versprechen scheint. Das Bergwerk zu Dber-Roßbach ist theilweise abgebaut. Ein Werk von größter Wichtigkeit ist das einer englischen Firma ge- hörende Brauistein-Bergwerk bei Gießen, welbes nah Ansicht des Redners das größte bis jetzt bekannte derartige Vorkommen auf der ganzen Erde abbaut. Es findet sich hier das nußbare Mineral auf devonishem Kalk gelagert; die Ausbeute belief sich seit 1862 auf 17 900 000 Ctr, Eisenerz und 1 Mill. Ctr. Braunstein.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Vo1 dem Kommentar, welhen der Kaiserlide Geheime Regiervn gs-Rath Dr. I. Krech und der Amtsrichter und außer- ordentlihe Professor der Rechte Dr. O. Fischer zu dem preußischen Geseg vom 13. Juli 1883, betreffend die Zwangsvoll- ]streckung in das unbeweglihe Vermögen, nebst zuge- hörigem Kostengeseß 2c. herausgegeben haben, ist kürzlich der zweiten Hâlfte erste Lieferung im Verlage von J. Guttentag (D. Collin), Berlin und Leipzig, erschienen. Die erste Hälste dieses Werks i} in der Nr. 305 b, Bl, vom 29. Dezember 1883 besprochen worden. Die vorliegende Lieferung cnthält die §8. 52—137 des gedachten Ge- seßes vom 13. Juli 1883, welche unter eingehender Berücksichtigung der einsblagenden Materialien, Geseße und der Literatur durch An- merkungen erläutert worden sind. Die zweite Lieferung (Schluß des Werks), welcber u. A. ein ausführlihes Register beigegeben werden soll, wird voraussichtlich in einigen Wochen zur Ausgabe gelangen. __— Nach dem als Manuskript veröffentlihten Bericht über die Verhältnisse und die Arbeiten des Königlichen Geo- dâtishen Instituts sind im Jahre 1883 die Beobachtungen zur Vervollständigung der Dreicckskette der Königlichen Landes8aufnahme in Ostpreußen vom Jahre 1858 fortgeseßt und vollendet worden. Es sind nunmehr alle Stationen neu gemessen und die fehlenden Winkelmessungen neu ergänzt worden. An astronomischen Ar- beiten sind die telegraphishen Lngenbestimmungen zwischen Swinemünde - Berlin und Swinemünde - Kiel ausgeführt und die Polhöhe des Stationspunkts Swinemünde bestimmt worden. Außerdem sind die Beobachtungen zur Untersuchung der Loth- ablenkungen im Harzgebiet fortgeseßt und die Stationen Neubau und Huyseburg erledigt worden. Von den Nivellements ift die zweite er- ledigte Hauptlinie Swinemünde- Amsterdam bereits im vorigen Jahre publizirt, sodann die dritte, Swinemünde - Cuxhaven, in Angriff genommen und auf den Strecken Stralsund-Rostok-Warnemünde, Rostock-Kleinen-Wismar , Kleinen-Lübeck-Travemünde und Lübek- Hamburg-Harburg-Cuxhaven zur ersten Erledigung gebraht worden. Mit der Berehnung der Polarcoordinaten wurde in der Weise fortgefahren, daß nach der Beendigung der Dreiecksberechnung des Thüringish-Märkishen Neues die trigonometrishen Punkte desselben an Berlin als Pol angeschlossen find und hierauf die zweite Berech- nung aller bis dahin in erster Berebnung vorhandenen Polar- coordinaten ausgeführt wurde. Nachdem so verschiedene Coordinaten- systeme hergestellt, sind die astronomisch bestimmten Punkte von Memel bis Feldberg im Schwarzwald zum größten Theil an Berlin als Coordinaten angeschlossen worden.

Salomon Hérzels Verzeichniß einer Goethe- Bibliothek mit Nachträgen und Fortsezung, heraus- gegeben von Ludwig Hirzel. Leipzig, Verlag von S. Hirzel 1884. 89, S. VI und 215. Preis 3 Dieses zum erstenmal 1848 von der anerkannt bedeutendsten Autorität in der inneren wie äußeren Kenntniß Goethe’s&ec Werke, dem 1877 verstorbenen Bucbhändler S. Hirzel, herausgegebene Verzeichniß ershien 1862 dur den un- ermüdli thätigen Verfasser vervollständigt. Die dritte Auflage war 1874 bereits von 131 Seiten auf 238 Seiten angewachsen, einscließ- li des neu hinzugekommenen Anhangs „Die Handschriften.“ Diese drei Auflagen waren zunächst nur für die engere Goethe - Gemeinde als Manuskript gedruckt und in Freundeskreisen vertheilt. Wer da- mals fo glücklich war, durch die Güte des liebenswürdigen Heraus- gebers ein Exemplar zu empfangen, hiclt das besondere und seltene Gut ho in Ehren und dankte gewiß als ein besonderes durch solche Gunst neu gewonnenes Mitglied der „\tillen Gemeinde“, gerne dem zuverläffigsten Goethe - Kenner für erthcilte Erweiterung der literar- historisben Kenntnisse. Auf vielseitiges Verlangen erscheint das Verzeichniß zum viertenmale, von berufener Hand bericbtigt, ansehn- lih vermehrt und bis zum Jahre 1883 fortgeführt. Je häufiger sich in der letzten Zeit die Nachfrage nah dem „Verzeichniß“ geltend machte und je seltener dem Wunsche vieler, dasselbe zu besißen, seines privaten Charakters entsprochen werden konnte, um fo gerechtfertigter ift der dankbar anzuerkennende Entschluß des Verlegers, das viel begehrte, den Literar-Historikern unentbehrlich gewordene Werk weiteren Kreisen, unter Mitwirkung des Professors an der Universität zu Bern, cines gleichfalls bewährten Goethe - Kenners, Ludwig Hirzel, zugänglih zu machen. Zum erstenmal ist das berühmte Verzeichniß jeßt dem buh- bändlerischen Vertricbe übergeben. Der Hauptwerth der früheren Ausgaben i} dem Buche in seiner neuen Gestalt bewahrt geblieben : eigene Anschauung sämmtlicher in dos Verzcihniß aufzunehmenden Schriften, so daß das Bub auc heute no& im Wesentlichen dem entspricht, was der Titel besagt: das Verzeichniß einer wirklich vor- handenen, wenn auch augenblicklih nob nicht an einem und demselben Orte vereinigten Bibliothek zu cin. Denn nicht allein die selbstän- digen Werke Goecthe's, welhe dieser felbst herausgab oder welche aus seinem Nacblaß veröffentliht wurden, sind in den ersten und späteren Drucken gesammelt, fondern ein jedes dur den Druk Ver- offentlihte, in Zeitungen und Zeitschriften, in Briefwechseln, Bio- graph‘en, Vorreden, Taschenbüchern, Musikalien, Gelegenhbeits\chriften, amtliwen Bekanntmachungen hot Hirzel aus seinem Besigthum ver- zeichnet. Daher gebührt dem Andenken des vortrcflihen Mannes immer noc ein reihlicer Dank für scine Treue, mit welcher er eine so volllommene Sammlung von Goethc's Werken zusammen brachte und einen so vollständigen Apparat, eine so si&ere Fundgrube für die Lebensgescichte und die Kritik der Schriften unseres ersten und vor- nehmsten Dichters ersblofsen hat.

Der „Pharus am Meere des Lebens, Anthologie für Geist und Herz, aus den Werten der Klassiker alier Zeiten“, von Carl Coutelle, ist (im Verlage von J. Vôdeker in Iserlohn zum Preise von 5 M geb., T M eleg. geb) in 19. Auflage ershienen. Die große Zahl der Auflagen spricht am beredtsten für den dauernden Werth dieses Werkes, welcbes in 186 alphabetisch geordneten Rubriken 2086 Aussyrüche der angesebendsten Denker und Dichter aller Zeiten über alle Lagen, Verhältnisse und Stimmungen des Lebens gesam- melt bat ; und zwar find in diese Sammlung nur solche Aussprüche aufgenommen worden, die die Prüfung vor der christlihen Religion und Moral bestanden haben. Die Ausstattung des Buchs ist dem Zweck cntsprechendz; eine „Zueignung“ überschriebenes lceres Blatt hinter dem Titel deutet darauf hin, daß die Anthologie sich beson- ders zum Gescheok eignet.

Der Redacteur der „Deutsben Rundschau“, Hr. Paul Lindenberg, hat in der im Verlage von Philipp Reclcem jun. zu Leipzig erscbeinenden „Universalbibliothek® unter Nr. 1870 ein zweites Bändcben „Berlin“ herausgegeben, welches eine Be- {reibung der National- Galerie und ihrer Kunstschätze enthält. Die let!eren sind nach den in alphabetischer Reihe aufgeführten Meistern geordnet, deren Charakteristik und Leberslauf in kurzen, prägnanten Zügen mitgetheilt ist, wie au jedes bedeutendere Kunstwerk, soweit dies nöthig, erklärt is. Selbstverstärdlih fehlt es auch nicht an einer genauen Beschreibung des Gebäudes mit seinem Scmuck. Die Objektivität und das Kunstverständniß, mit welchem das kleine Bub geschrieben ist, verleihen denisfelben über sein-zn praktischen Zweck hinaus, als Führer in der National-Ga!erie zu dienen, noch einen dauernden Werth. Der Preis beträgt nur 29 F. Wie uns mitgetheilt wird, werden diesem Hefte noch mehrere folgen, welche D Kunstsammlungen Berlins in ähnlicher Wise behandeln werden.

„Stoffe zu Unterhaltungen mit kleinen Kindern im Anscbluß an die Hey-Speckterschen Fabeln“. Für Mütter, Kleinkinderlehrerinnen und Lehrer an Unterklassen von Elementar- schulen. Bearbeitet von Joh. Friedr. Ranke, Direktor a. D. des Oberlinhauses zu Nowawes bei Potsdam. Gotha, Friedr. Andr. Perthes, 1883, 2 Hefte. Preis M. 2. Seit die hohe päda- gogisbe Bedeutung der Hey-Speckterschen Fabeln erkannt worden ist, hat sih eine rege Thätigkeit entfaltet, die Schätze, welche in diesem ausgiebigaen Schachte pädagogisher Weisheit verborgen liegen, zu heben und für den Unterricht sowohl in der Schule als im Hause zu verwerthen. Nachdem cin Kehrshes Büchlein das Material für den Anschcuungsunterricht der Schule verarbeitet hat, ist Direktor Ranke nob eine Stufe tiefer zu denjenigen Kleinen herabgestiegen, welche nob vor dem Eintritt ia die Schule stehen und in Kindergärten, Spielshulen und Kinderstuken förderlih unterhalten und beschäftigt werden sollen. Der Verfasser, durch langjährige Thätigkeit auf diesem Eebiete mit dem Kindes8gemüth innigst vertraut, hat den geistigen Gehalt der Fabeln in der für seinen Zweck geeignetsten Weise heraus- zuheben und dem kindlichen Verständniß zugänglich zu machen gewußt. Mit Recht bemerkt er, daß die köstlihen Fabeln für die Kinder „erst dann einen besonderen Werth erlangen, wenn man dieselben durch Unterhaltungen, die man an sie tênüpft, lebendig macht. Geistig rege Kinder verlangen nach sol@en Unterhaltungen und bitten immer wieder: „Erzähl mir mehr davon!“ Vorliegendes Bücblein möht« nun gern ben oft so viel beschäftigten Müttern Stoff zu solchen Unterhaltungen bieten, und der eee hofft, den natürlichen ersten Lehrciinnen ter Kinder damit einen Dienst zu erweisen. Die Form, in welher der Stoff gegeben ist, ist so gewähli, daß auch ältere Ge- \chwister durch Vorlesen zur Noth die Mutter vertreten können, wer.n es derselben nicht möglich sein sollte, sh felbst mit den Kindern zu unterhalten.“ Die Fülle des gebotenen Stoffes ist so groß, daß für die Kinder je nah ihrer Alters- und Entwickelungsstufe eine Auswahl getroffen und manches der Schule vorbehalten bleiben kann. Denn auch für - die Lehrer aa den Unterklassen der Elementarsculen ist Rankes Arbeit eine werthvolle Handreichung.

Von Brockhaus’ Konversations-Lexikon in seiner neuesten, vollständig umgearbeiteten, 13. Auflage sind vor Kurzem wiederum 4 Hefte, Heft 112—115, erschienen, so daß kereits zwei Drittel des 8. Bandes des erwähnten Lerxikons vorliegen. Die neuesten 4 Hefte führen den Text von „Griechenland® bis „Gustav I1IL., König von Schweden“ fort, enthalten, wie die voraufgegangenen Hefte, eine Menge interessanter und lehr« reicher Artikel aus den verschiedensten Wissensfächern und des verschiedenartigsten Inhaltes, aus denen wir die über „Griechen- land, griechishe Kunst, griehische Literatur, griehische Musik“, sowie über „Großbritannien" besonders hervorheben und bringen außerdem 4 Bildertafeln (Handfeuerwaffen I. u. I, Handflügler und Gramineen) und 1 fkolorirte Karte von Griechenland. Stließlih sei noch erwähnt, daß die Verlagshandlung von Brock- haus in Leipzig eine aeue, unveränderte Lieferung8auszabe der 13. Auf- lage des Konversations-Lexikons veranstaltet, von der jede Woche ein Doppelheft ersheinen soll, Dadurch ist die Möglichkeit geboten, mittelst einer wöchentlicben kleinen Zahlung in den Befiy des ganzen umfangreichen Werkes zu gelangen.

Heidelberg. s. Juni. (W. T. B.) Geheimrath Professor Renaud, ein namhafter Rechtslehrer, ist heute Nacht im 64. Lebens-

I jahre gestorben.

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