1884 / 140 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Jun 1884 18:00:01 GMT) scan diff

0 E E L T

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zuwachs des VersicherungEbestandes auf 451 Polizen über 1 368 068 Kapital und 574 # Rente, ult Dezember 1883 verblieb cin Bestand von 7815 Polizen über 32 004 715 Æ Kapital und 52548 4 jährliche Rente. Die 52 Todesfälle, von welden die Gesellschaft 1883 be- troffen wurde, kosteten ihr für eigene Rednurg 226 613 Außer- dem ergab eine Aut steuerversiherung einen Virluft von 1083 A Auf aus dem Vorjahre stammende Schadenfälle waren noch 1323 H zu zablen. Im Rentenversicherungéges&äft ergab sch cin Verlust von 6558 M Der Iahreétübershuß der Lebenéversicherungs-Abtheilurg betrug 121093 M, wovon £0729 dem besonderen Gewinn- Reservefonds überwiesen sind für Dividendenansprüche der mit Be- theiligung am Gescäftägewinne Versicherten, während der Rest von 40 364 M den Gewinn der Gesellschaft bildet. Stettin, 16 Juni. (B. L. B) Wollmarkt. Zufuhren 5000 Ctr. Gesc&âft anbaltend flau, Käufer zurüchaltend. Leipzig, 16. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Die Zu- fuhren betruçcn 1329 Gtr. Der Markt ist geräumt. Die Wäsche ist dur{scnittlic) befriedigend. Die Preise steten sich auf 140— 170 #4 pro Centner. : Weimar. 16. Iuni, (W. T. B.) Wollmarkt. Die Zufuhr beträgt 2021 Ctr. Wolle, etwa 400 Ctr. mehr als im Voriahre. Das Geschäft war anfänglih s{leppend, wurde aber gegen Mittag lebhafter; am Nacmittag war die Hälfte verkauft. Die Preise be- wegen sih zwischen 138 und 148 H pro Centner, einige Abschlüsse fanden zu 150 bis 156, in einzelnen Fällen bis 170 Æ latt. Der Preisabslag gegen das Vorjahr beträgt 12 bis 15 A : Bern, 16. Juni. (W. T. B). Dcr Bundesrat h hat die Recbnung der Gotthardbahn auf das Jahr 1883 nah dem Vor- {lage des Verwaltungêéraths genehmigt. _Hierdurch wird die Ver- theilung einer Dividende von 23/9 ermöglicht. _——- Glasgow, 16. Juni, (W. T. B.) Die Verscchiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Wocbe 11 100 gegen 13 200 Tons in derselben Wocde des vorigen Jahres. : Bradford, 16. Juni. (W. T. B.) Wolle belebt, zu rollen Preisen çehandelt, Botany williger, Mohair theurer, Stoffe ruhig.

Verkehrs-Anstalten.

New-York, 16. Juni. (W. T. B.) Der Dampfer „England“ von der National-Dampfsciffs-Compagnie (C. Messingsche Lin ie) ist hier eingetroffen.

Berlin, 17. Juni 1884.

Preußische Klasseniotterte, (Ohne Gewähr.)

Bei der heute angefangenen Ziehung der 3. Klaße 170. Königlich preußisczer Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn von 45 000 44 auf Nr. 11 213.

1 Gewinn von 15 000 4 auf Nr. 12 737.

1 Gewinn von 6000 4 auf Nr. 44 941.

3 Gewinne von 3000 4 auf Nr. 39 412. 44 629, 75 892.

1 Gewinn von 1800 6 auf Nr. 87 563,

4 Gewinne von 900 6 auf Nr. 19 096. 30 650. 52 950. 55 391.

9 Gewinne von 300 Á auf Nr. 2798. 13 635, 15 829. 99 937. 47 643. 49 278. 64 148 67 214. 91 128.

19 Gewinne von 240 4/6 auf Nr. 10 783. 11 574. 12 948, 19 990. 21 903, 27 264. 29064, 41167, 52685. 55741. 680688. 63180. 65 372. 72485. 75714. 80861. 86 383. 89 975. 94 563,

Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung der BerlinerStadt- synode aclangte der Antrag des gescäftéführenden Ausschusses zur An- nabme: „Vet Ausführung des in Rede stehenden Besblusses vom 6. März 1889 findetwaige, einem Emeritus zu zahlende Beträge auf das cinem Geistlichen zustehende Gehalt von 4500 bezw. 3600 F nicht in Anrechnung ¿u bringen, so daß auch in folcen Fällen nur der Kasse der vereinig- tcu Kreissyroden für die im Amte befindlichen Geistlichen ein Zuschuß bis zur Höhe von 4500 4 bezw. 36/0 s neben freicr Wohnung bezw. der entsprecenden Miethsentscädigung zu leisten ift.“

Ferner wurte besch!ossen, für die Prediger bei St, Andreas 500 Æ, bi St. Bartholomäus 2250 Æ, bei St. Johannes-Evan- gelist 1500 4, bei Philipxus - Apostel 900 Æ als Unter- stüßung zu bewilligen. Bei der böhmisch - reformirten Ge- mweivde sind für die Prediger 700 in den Entwurf eingestellt.

Syn. Pred!ger Schönberner stellt folgenden Antrag: „Syrode beschließt; 1) Zahlungen, welhe aus unterstützten Kirchen- faffen, auf Grund eines gesezmäßig zu Stande gckommcnen Etats oder durch Verfügung einer vorgeseßten Bebörde gelcistet worden, dürfen von dem geschäfttführenden Autschufse nicht beanstandet werden. 2) Da der Etat der vertinigten Kreiësynoden vor dem 1, Juli nicht fertig gestellt ist, bcsließen die vereinigten Kreissynoden, den bidürf- tigen Kassen einen Betriebéfonds zu überweisen." Der Antrag sub 1 wurde abgelchrt, der Antrag {ub 2 nab längerer Debatte dem ge- schäftsführenden Aus\cusse zur Berücksichtigung überwiesen. aa Syn. Kcmmerg:richts-Rath Schrocder begründete folgenden

ntrag:

„Die vereinigten Kreiésynoden wollen beschließen :

__ Sie bedauern, durch die Entscheidung des Königlichen Konsisto- riums bezw. des Evangelishen Ober-Kircenraths außer Stand ge- seßt zu scin, zur Dotation neucr geistlicher Stellen von Kirchen londeéberrlihen Paironats mitzuwirken. Sie können in der Pfarr- wahlordrung vom 2. Dezember 1874 umsoweniger ein ausreichendes Sdctutzmittel für die cine unerläßiibe Vorauésetung ihrer pekuniären Mitwirlung bildenden Gemeinderechte etblicken, als s{on in der Generalsyrode die vom Ober-Kirckenrath nicht zurückgewoiesenen Be- ftrebungen nach Verkürzung der durch die genannte Wahlordnung geschaffenen Gemeir dercchte hervorgetreten sind. Sie beauftragen ihren Vorftand, sih unmittelvar mit dem Herrn Kultus-Minister in Verbindung zu setzen, um durch dessen Vermittelung den V.rsuch zu erneuern, auch für die Gemeinden landeétherrlichcn Patronats das Eintreten der vercinigten Synoden für die Zwecke der Absft:llung der herrscenden kirchlichen Nothsiände unter den Bedingungen des Synodalbeslusses vom 29. Oftober 1883 zu ermöglichen.“

Der Autrag wurde mit großer Mehrheit anger ommen, die in Ansatz gebrachte Position von 1800 Æ für dice St Simeons- Gemeinde dagegen gestrichen. Im Weiteren wurde beschlossen: an die Kasse der Dankestirwe vom 1 Oktober ab für die Geistliben 3000 4 für die Küster 1150 F, für den Kirchendiener 600 H und für die Orga- nistea 300 M zu bewilligen, Zur Deckung der nah Leistungefähig- Feit der Kirchenkä}sen entstehenden Gehaltsautfälle wurden an die Kircbenkassen von St. Andreas 220 #4, von St. Bartholomäus 3060 M bewilligt. Bei dem Posten für die St. Johannes-Evange- list-Gemeinde beantragte Prediger Sbönberner 1200 M zu be- willicen. Dicscr Antrag wurde angenommen.

Die heutige Sißung wurde mit ¿inem von dem Synodalen Prediger Rhode gesprochenin Gebet eröffnet. Es wurde in der Gtatéberattung foutgefsabren und zunächst zur Dcckung der durch Leislungéunfäbigkeit der Kirchenkassen entstehenden Gehaltéausfälle an

die Kirchenkasse von St. Lukas 600 «bewilligt. Ferner wurde ?

ohne Debatte die Kosten der vereinigten Kreiziynoden in Höhe von 200 M und ferncr tie Beiträge zu den Provinzial- und Synodal- Fosien für das Etatsjahr 1884/85 in Höbe von 7750 A. bewilligt. Bei der Position: Beitrag ¿um laïdesti blie Pensiouétfonds für das Etatsjabr 1884/85 in Höhe von 98054 F slellte Synodale Prediger Rhode folgenden Antrag:

Die vereinigten Kreissynoden beschließen: E

1) Wir bedauern von der Kir&enbebörde wiederum genöthigt zu werden, fast cin Drittel aller uns zu Gebote stehenden Einnahmen als Beitrag zu dem landeskirchlichen Pensionéfonds zu verwenden.

2) Wir konstatiren vor den evangelischen Gemeinden Berlins, daß wesentlich diese Forderung des Kirchenregiments uns die äußerste Strenge und Zurückhaltung der an urs herangetretenen Bitten der ärmeren Gemeinten gegenüber auferlegt hat.

3) Wir können es nicht für berechtigt halten, daß au in diesem Fahre für den landetfkirchlihen Pensionsfonds cine Umlage von 1# %% der Staaté-Klassen- und Einkommensteuer ausgeschriet en ift, indem na dem klaren Wortlaut des § 16 des Kircengeseßes vom 26. Ja- nuar 1880 die Umlage nur statthaft, soweit die Beträge zu dem ge- daten Fonds aus anderen Quellen nit zu dccken sind ; die in Nr. 1 1884 des „Kirhlichen Gesetz- und Verordnungéblattes“ enthaltenen Mittbeilungen über den Pensionéfonds der evangelischen Landeskire aber den Beweis liefern, daß sckon durch eine Umlage von höcstens 10/0 dem vorhandenen Bedürfnisse vollauf genügt worden wäre, Hr. Dr. Langerbans beantragte die einfahe Ablehnung der Position.

Der Antrag Rhode wurde angenommen!

Die Syn. Geh. Regierungs-Rath Dr. Aegidi, Konsistorial-Rath Stahn, Hofprediger Stöcker und Pastor Vorberg stellten folgenden Zusatzantrag: Synode spribt ihre Ueberzeugung dahin aus, daß in der Regel die Beamten der Verkeiréanftalten, scwohl der öffentlichen wie der privaten, windestens jeden dritten Sonntag dienstfrei bleiben müssen. Dec Referent, Prediger Scneidler, befürwortete den von ibm gestellten Antrag vnd bezeichnete den Zufagantrag vov Aegidi und Gen. als unzweckmäßig. Für den Zusaßantrag nahm sodann Hofprediger Stöcker das Wort zu ciner längeren Rede, in welcher er ausführte, daß es Pflicht der Synode sei, ihre Ansicht be- züglih der Sonntagsfrage unbekümmert um die angeblice praktische Undurführbarkeit der Forderung auszusprechen.

Die Spanische Ausstellung in der Königlichen Akademie der Künste, Unter den Linden 38, ist auf Befehl Ihrer Kaiser- lihen und Königlichen Hobeit der Kronprinzessin jeßt dur das Höcbstder!elben von den spanischen Künstlern dargebrachte Album von 100 Originalblättern bereichert worden.

Nur für kurze Zeit ist in Gurlitt's Kunstsalon gegen- wärtig das neueste große Gemälde von Karl Hoff in Karlsruhe zur Ausf\tellung gelangt, die figurenreidste Komposition, die er bisher geschaffen und deren Vollendung ihn denn au mehrere Jahre in Anspru genommen hat. Wie bei den meisten der mehr oder weniger novellistisch gefärbten Genrescenen des Künstlers, von denen nur an die allbefannte „Taufe des Nachgeboreren“ in der Berliner National!galcrie erinnert sei, ift ter geschildcrte Vorgang, die Feier der goldenen Hocbzeit eines Schloßherrn, in das von Hoff mit eben so großer Vorliebe wie cingebender Kenntniß und feinem Geschmacke behandelte Kostüm des 17. Jahrhunderts geklcidet. Statt- lid und pittoresk baut sich die Scenerie auf, die das btunte Gewoge eincr dihtgedrängten, dabei abr mit großem Ge- \chbick flar und rhbythmisch gruppirten Menschenmenge um- rabmt. Mit laubumwundenen Säulen und Pfeilern und mit \ckmicdceisernem Gitterwerk, über das die rothe Fahne mit dem Woppen des Besitzers herabwallt, ragt zur Rechten die Architektur des Schlosses auf; cine Gruppe von Gebäuden mit zackigen Giebeln und rotben Ziegeldächern, die an eire niederrbeinishe Gegend denken lassen, bildet nah links hin den Abfluß des Gemäldes. Während den Hintergrund, von dem grünen Gcbüscþ des Parks ih abhebend, das Gcewimmel des schon am Tanz si beluftigenden Volkes füllt, ist hier im vorderen Plan unter einer knorrigen alten Buche, dur deren hreitbingestrcckte Zweige das weißlide Gewölk des warmen Sommertages hindurcblickt, der Tis für das Haus- und Hofgcsinde gedeckt. Monn und Weib, Alt und Jung find an ihm bi frohim Schmause vereinigt; jeßt aber schauen sie auf oder sind von ihren Sitten emporgefahren, um dem cben herangetretenen Jubelpaar sich zuzuwenden, dem Ülten in \chwarzer Kesitractt, der, den ihn freudig umringenden Leuten Be- \cLeid zu thun, den bekränzten goldenen Pokal ergriffen hat, und der gleichfalls \chmarzgetleideten Gattin, die an seinem Arme daher- \hreitet, währcnd ein blonder Enkelknabe sich an sie anschmiegt. Von der Tafel aufbrecbend, ist ihnen die Schaar der Gäste gefolgt, und auf dem mit Flicsen belegten, mit Blättern und Blüthen beftreuten Vorplatz des Schlosses, auf den teppichbedeckten Stufen der Frei- treppe, die zu dem skulptirten Portal mit durbrocbener Giebelbekrönung emporführt, auf dem oberen Perron vor der offenstchenden Flügel- thür, durch die man in das goldige Halbdunkel der großen Halle bincinblickt, und binter dem Gitterwerk der Brüfiung längs der Außenwand des Hauses, auf deren helles Grau mit bunten Farben der vielfah wverzwcigte Stammbaum des alten Gesclechts kunjtvoll au}gemalt ist, entfaltet sich nun in malerish bewegten Gruppen das prächtige Bild der festlih ges{müdckten, durch das frohe Matl heiter angeregten Ge!ellschaft, der stattlihen Herren und \{mucken Cavaliere, der mit ibnen lachenden und s{erzenden Damen, der anmuthig dreinblickenden Mädchen und der dazwischen sich tummelnden zierlihen Kinder. Dichter noch drängen \sich die Ge- stalten, die über die Galerie der pfeilcxgetragenen, seitnärts an das S&loß angebauten Halle herabschauen, und hinter ihnen tauben aus dem Fond des Raumes, in den ein durch Bugenscheiben mild ge- brocbenes Licht hincinspielt, die Figuren der Musßikanten hervor, die ibren Tusch in die Luft s{mettern. Vermag diese Scbilderung ven dem reien maleris&cn Ensemble der Komposition und von der umfasscnden kür stleriswen Arbeit, die in ihr zu bewältigen war, eine Vorstellung zu geben, fo fällt es sch{werer, die Fülle anziehender Einzelzüge herauszubeben, die in jeder Partie des Bildes dem Beschauer begegnen. Wie in der kernhaft tüchtigen Figur des alten Scloßherrn die bei wohlerhaltener Rüstigkeit der Er- scheinung doch leise sich ankündigenden Spuren des gebrechlihen Alters mit seinem Blick beobacbtet und in treffliher Charakteristik zum Ausdruck gebracht sind, so athmet die leiht gebeugte Gestalt seiner Gattin in jeder Linie das still in sich berubigte, mild und freundlich theilnebmende Wesen dec vornehmen, ehrwürdigen Matrone. Nicht minder glücklich spricht sich in Haltung und Geberde der be- jahrten, mit dem Jubelpaar alt gewordenen Diener und Dienerinnen die M'!stung resvektvoller Verehrung und berechtigter Vertraulichkcit aus. In erster Linie aber fesselt die Menge der jugendlih blühenden Gestalten, und kaum dürften dem Maler anmuthigere Figuren gelungen sein als elwa die der hübschen, klug blickenden jungen Frau mit dem Kinde an der Brust, die in der Mitte der draußen gedeckten Tafel sitt, und dann wieder die des blondgelockten Mädchens, die auf ter anderen Seite an dem Pfeiler der Treppe lehnt, auf welbem ein mächtiger, wappenhaltender Löwe aufragt. Hier klingt ganz und voll der Ton aus, auf welchen das Talent des Künstlers vornehmlich gestimmt ist. Den Aeußerungen eines leidensbaftli aufgeregten Gefühls kaum sonderlich zugänglich, dem Häßlichen oder auch nur Unschônen, dem Groben und Derben ftreng abgewandt, erscheint er vor allem zur Darstellung jugendlich cd!'er, anftands8voller mänrlicer Gestaltcn und mehr noch zur Schi‘derung des süßen Zaubers holder Frauen- und Kinderscönheit berufen, und wenn seine Charakteristik vielleicht niht immer ganz in die Tiefe dringt, so fehlt doch nie der grazióle Reiz gefällig ansprehender Formen und Bcwegungen, der dvftige Hauch feingebildeten, anmuthig durcbgeistigten Wesens. Dem vor- nehmen Formengefühl des Künstlers und einer nit minder vornehmen, poetisch durchwärmten Empfindung verdankt denn auch dieses neueste Werk das ihm eigenthümlice Gepräge. In vollendeter Eleganz der Zeichnung und in blühendem Reichthum des Kolorits bietet es dem Auge cine Fülle einschmeicbelnder Schönheit. Neben dem Figürlichen steht dabei die landscbaftlich-architektonische Umrahmung in fkeincr Weise zurück, und wie auf den köstlichen Details der malerischen Kostüme, fo haftet der Bick mit ni&t geringerem Behagen auf jeder anderen Partie des Bildes, zu sehr viellci@t auf dem reizvollen Stüillleben der Blumen und Speisen, der Krüge und Gläser, der buntbemalten Teller und Schalen, die sid von der weißgedeckten Tafel abbeben , da diefer koloristische Mittelpunkt das Auge immer

wieder von dem kompositionellen Zentrum, d-c Gruppe der Haupt- figuren, abshweifen läßt. Der Mangel, den naa hierin finden mag, und der Wunsch, au im Uebrigen die reiben, oft ausgefucht feinen Farbenklänge hier und da noch fester und rubiger zusammenge\s{lossen zu sehen, stôrt indeß kaum die Freude an dem fefilih heiteren Glanz, der dem Beschauer aus dem Gemälde entgegenstrahlt und in ibm einen Widerklang der dort gescilderten freudigen Stimmung weckt.

Neben dem Hoff's%en Bilde darf noch ein anderes, das Gurlitt's Salon gleichzeitig zur Ausstellung bringt, einer eirgehenden Beachtung empfohlen werden. Den kürzlih an dieser Stelle (Nr. 109 d. Bl.) besprochenen Arbeiten hat Graf Leopold von Kalckreuth in München nunmehr auch das bei dieser Gelegenheit bereits erwähnte „Dacauer Leichenbegängniß“ kinzugesellt, eine Leinwand, die bei 3 m Breite etwa den gleid:-en Umfang aufweist wie das Gemälde von Hoff, im Uebrigen aber zu leßterem nicht b!os dem Motiv na den vollsten Gegensatz bildet. Von dem verklärenden Schimmer einer schönheitsvollen äußeren Erscheinung ist bier nicht die le.seste Spur zu finden, der traurige Vorgang vielmehr, wie der Maler ihn mit \harfer Beobachtung erfaßte, in sciner ganzen Freudlosigkeit wieder- gegeben, gerade dur diese ebenso {lichte wie charakteristisbe Wahr- beit der Scbilderung aber eine kaum minder tiefgehende künstlerische Wirkung erreicht. ci trübem, faltcem Regenwetter, unter gleich mäßig grau verhangenem Himmel, der nur fern am Horizont sich ein wenig zu lichten beginnt, kommt der düstere Zug die auf- geweihte lecre Dorfstraße daber, an der Spiße der Gebete lescnde, von Ckhorknaben begleitete Priester, dem das Kreuz vorangetragen wird, dann der von Actergäulen gezogene Karren mit dem \chwarzbedeckten Sarge und endli das Gefolge der cilig binschreitenden Männer und Frauen in ihren dunklen Röcken und wit den \{chütend aufgespannten Schirmen, deren Gedränge sich weiter rüd- wärts noch tief in den Fond des Bildes hineinschiebt. Still und finster liegen die Gehöfte zu beiden Seiten des Weges; nur bier und da tritt Einer auf einen Augenblick aus der Thür, um entblößten Hauptes den Zug vorüberzulassen. Wie letzterer mit der Landschaft zu gleiher Stimmung verschmilzt, erinnert das Bild entfernt an die Art und Weise man&cr Riefstahl’swen Komposition. Es verzichtet dabet allerdings auf die individuelle Durbildung der Einzelgestalt, wie sie dort zu finden ist ; wohl aber bietet es eine Schilderung, die in den Figuren wie in dcr landschaftliden Scenerie eine Charakteristik von überzeugender Wahrheit erzielt, und in der gesammten Behandlung bekundet sich zuglei cine malerishe Begabung, die von dem erst in den Anfängen seiner Entwickelung stehenden Künstler das Beste er- warten läßt. -

Um die Bekanntschaft mit den neuesten und besten Hülfsmitteln der modernen Handwerkétechnik in immer weitere Kreise des vater- ländischen Handwerks zu tragen und dadurch deren Einführung zu Kern, veranstaltet der Dresdener Gewerbeverein bei Gelegen- heit der Feier seines ö9jährigen Bestehens eine Ausstellung für Handwerkstecynik vom 15. September bis 20. Oftober d. J. auf den an der Ostra-Allee, im Centrum von Dresden-Altstadt belege- nen Gcundstücken der Gartenbaugesellshaft „Flora“ und in dem dazu überlassenen angrenzenden Prinz - Max - Palais. Anmeldungen find vor dem 20. Iuli d. I. an das Büreau unter der Adresse: Aus- stellungs-Comité, Dreéden-A., Prinz-Mar-Palais, Ostra-Allee 24, einzusenden. i

Für die Mitglieder des Allgemeinen Richard Wagner-Vereins werden zu den ersten diesjährigen vier Parsifal-Vorstellungen in Bayreuth (21,, 23,, 25., 27. Juli) von München, Wien, Prag, Breélau, Berlin, Hamburg, Cöln, Stuttgart Extrazüge unter der Vorauésctzung veranstaltet, daß zu jedem Zuge der Gesammtpreis von 200 Billets 11, Klasse oder 300 Billets UI. Klasse eingezahlt ift. Dieselben können auch von Zwischenstationen aus benußt werden, Ein Ungenannter hat für die erften Vorstellungen einen Betrag zum Ankauf von 1000 freien Einlaßkarten unter besonderer Berücksichtigung der akade- mischen Jugend gespendet. Die Zahl der Mitglieder des Vereins beträgt zur Zeit über 6000: immerhin eine kleine Zahl, wenn man die Zugkraft der Wagnerschen Opern damit vergleicht. In den beiden lezten Kalendermonaten fanden 132 Aufführungen derselben auf deutschen Theatern statt, und unter diesen 51 des in den ersten 15 Jahren nech seinem Erscheinen so wenig anerkannten „Lohengrin“.

Bâäder-Statistik.

Personen Nuerba (essen) bis GneM@&t 187 Augustuébad bei Radeberg bis Ende Mai (56 Parteien) . 57 Baden-Baden bis zum 6. Juni (Fremde) L4G o e 436 Cudowa bis zum 8. Juni (nebst 78 Echolungs8gästen und Dr C 155 Dla c Que M S 69 Elstér bis um 11, Junt Gc N)... 1291 FrtedriWroda Le Aan u 272 Georgenbad bei Neukirch i. d. Lausiß bis Ende Mai C C L 9 Gruben (Sachsen) bis Ende Mai (8 Parteien) 12 Jonsdorf bis Ende Mai (7 Parteien) L 13

SUgenban bis Ge S 378 Königébrunn bei Königstein bis Ende Mai (7 Parteien) . 68 Könidsdorff-Jastrzemb bis 5. Juni (25 Nrn). . 33 Grei a s E 106 Kreuznach bis zum 13 Iuni (Mr), 1402 Landeck bis zum 11. Juni (nebst 233 Durchreisenden ; Kur-

dafie 216 Sa A 505 Langebrück (Sacbsen) bis Ende Mai (63 Parteien) . . 160 Langenau bis zum 8. Juni (nebst 82 Durchreisenden) . . 124 Liegau bei Radeberg bis Ende Mai (19 Parteien) . . 34 Line e Ge. A 82 Lippspringe bis zum 15. Juni 900

Marienborn bei Panshwitz bis Ende Mai (47 Parteien) . 59 Meinb&0 bs Ge Ma e 59 Münster am Stein bis zum 13, Juni (Nrn). 392 Nauheim B Gema 717 Nennodo LS Ce a 264 Neuenabr bis um 2 S 18 Ocynhausen bis zum 15, Juni (nebst 1615 Durchreis.) (Nrn.) 1600 Oppelsdorf bei Reiberédorf bis Ende Mai (63 Parteien) . 70 Oybin bis Ende Juni (17 Partie). 30 Pyrmont bis zum 13. Juni (cin\{chl. der Durchreisenden) . 2668 Reinerz bis zum 14. Juni (nebst 447 Erholungsgästen und

D D E 887 Salzbrunn bis zum 8, Juni (nebst 387 Durchreisenden) . 407 Salzuflen bis zum 12. Juni (außer 44 ciaheimischen Bades

A. 175 Schandau bis Ende Mai (außer 799 Durchreisenden) (159

M 271 Schweizermühle bis Ende Mai (24 Parteien). 24 Sooden a. d. Werra bis zum 5. Juni (74 Nrn) . 112 Tharandt bis Ende Mai (24 Partei)... 36 Warmbad bei Wolkenstein bis zum 5. Juni (67 Parteien) 82 Warmbrunn bis zum 7. Juni (nebst 730 Erholungsgästen

und Dur(breisenden) (391 Parteien) . E 488

Weißer Hirs bis Ende Mai (149 Parteien). . . 391 Wildungen bis zum 12. Juni (5006 Nrn). 653

Redacteur: Riedel.

Berlin SFEE n b mar Verlag der Expedition (Sch olz). Druck: W. Elsner

Vier Beilagen (cins{&licßlich Börsen-Beilage).

Erfte Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Anzeiger.

¿ 140.

Berlin, Dienstag, den 17. Juni

£884,

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 17. Juni. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (33) Sißung des Reics- tages wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Ge- seßes über die Unfallversicherung der Arbeiter auf Grund des Berichts der VII. Kommission fortgeseßt.

Nach dem Abg. Dr. Buhl ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister vou Boetticher das Wort:

Meine Herren! Jch halte es für nütlib, mich {on in diesem Stadium der Berathung über die Anträge auszusprecen, die zu §8. 1 der Kommissionsvorlage gestellt sind. Ich werde bei meinen Aus- führungen der Versuchung widerstehen, so weit zu geben, wie der Ht, Abg. Barth es in seinen Darlegungen gethan haï; i halte es nit für nöthig, die ganze Organisation, welche die Vorlage in Aussicht nimmt, glci bei S8. 1 zu behandeln. J bin viclmebr der Meinung, daß gerade die Frage, auf welche Kategorien von Arbeitern ih das Gesetz erstrecken soll, cine vollständig in sich abges{lofsene ist, die in eeparato behandelt werdcn kann. FreiliÞ wird man sid dabei immer gegenwärtig halten müssen, ob für gewisse Kategorien von Arbeitern eine veränderte Organisation gegenüber den Vorschlägen der Vorlage nothwendig fein möchte, wenn man diese Kategorien von Arbeitern mit der Unfallversicherung wirksam treffen will. Das, meine Herren, ist die Ueberzeugung der Verfasser der Vorlage, daß für die Kreise, welche der F. 1 bezeichnet, die Organisation, welche die Vorlage vorschlägt, eine vollständig sa&gemäße und auvêreichende ist, und ih kann hinzufügen, daß wir auch glauben, daß, wcnn Sie die Amendements, welche die Kommission zu §. 1 vorgeschlagen hat, annehmen, wir auch mit der dur die Vorlage vorgesehenen Orga- nisation den erweiterten Kreis werden befriedigen können.

Fh verlange von dem Hrn. Abg. Barth nit, wie überhaupt von Niemand, daß er lediglich auf den Glauben hin eine jol&e Vorlage eminent wirthschaftliben und praktischen Charakters annehmen oder ablehnen soll; ih freue mi vielmehr, wenn diese Vorlage gründli&, sachlich und ohne Nücsicht auf vorgefaßte Meinungen diskutirt wird, und ich ‘bin auch für jede Belehrung über die Mängel, die etwa von den Gegnern an der Vor- lage gefunden werden, danfbar natürlich muß diese Belehrung cine wohl fundamentirte sein, und in dieser Beziehung allerdings cs möge mir das der Hr. Abg. Dr. Barth nicht übel nehmen bin i durch seine Ausführungen nicht voll befriedigt. Der Hr. Abg. Dr. Barth scheint mir doch unser gewerblihes Leben und die gewerblichen Zustände im Lande nit so gründlich erfaßt zu haben, wie es nothwendig ist, wenn man die Organisation und die Befriedigung des Unfallbedürfnisses wie es die Vorlage in Ausficht nehmen will, beurtheilt.

Er hat sich cs sind das ja Einzelheiten aber er hat sich einiger Behauptungen \{uldig gemacht, die fich den Thatsachen gegenüber wirklich niht rechtfertigen lassen. Wenn er z. B. meint, daß es absolut kein Gewerbe gebe, keinen Betrieb, mit dem eine Unfallgefahe nicht verbunden sei, so möchte ih ihn in eine Scbneiderwerkstätte führen, die zu ebener Erde licgt, wo man also nit einmal die Treppe hbinunterfallen kann, in der man si freilich mit der Nadel und der Scheere verlezen kann, wo aber von einer Unfallgefahr, wie sie uns hier beschäftigt, niht gesprohen werden darf. (Rufe links: Nähmaschinen !)

Rictig, beim Betriebe einer Nähmaschine kann man auch einen Unfall erleíden, aber es giebt cine ganze Reibe von Scneiderwerk- stätten, die noch nicht mit Nähmaschinen arbeiten, und wenn in der Werkstätte mit Maschinen so gearbeitet wird, daß sie unter Nr. 1 der Vorlage fällt, dann wird der betreffende Schneider aub einer Berufsgeno\senschaft beitreten müssen. Es ist das nur ein Beispiel, i könnte noch mehrere anführen, es kam mir aber nur darauf an, naczuweisen, daß diese Behauptung eine hyperbolische ist, die sich nicht rechtfertigen läßt.

Wichtiger, meine Herren, ift mir die Kritik, die der Hr. Abg. Dr. Barth an die Organisationsfrage insofern gelegt hat, als er die Organisation eine bureaukratische genannt hat, welche sih, wenn man überhaupt von der Ausdehnung dec in §. 1 bezeichneten Betriebe sprechen wolle, auf andere Betriebe überhaupt nit ausdehnen lasse. Man sei außer Stande, mit Rücksicht auf diese Organisation, eine wesentlibe Ausdehnung vorzunchmen. Nun, meine Herren, die Orga- nisation ist keine bureaukratisce, sondern sie ift vorgeschlagen an der Hand der Grundsäße der Selbstverwaltung und sie strebt die Selbstver- waltung im weitesten Sinne an. Ich habe bereits bei der ersten Lesung mir auszuführen erlaubt, daß die staatliche Kontrole der Be- rufsgenossenschasten nur insoweit in der Borlage vorgeschen ift, als es eben zur Sicherstellung der Zweke des Gesetzes absolut nothwendig ist, daß aber die Beruf®genossenschaften im Uebrigen in Bezug auf die Regelung ihrer Angelegenheiten, in Bezug auf ihre innere Organi- sation den freiesten Spielraum haben. . E

Darin allerdings hat der Hr. Abg. Barth in gewtisjer Weise Recht, wenn er annimmt, daß die Organisation, wie wir sie hier vor- gesehen haben, sich nit ohne Weiteres zur Auédehnung auf alle ge- werblichen Betriebe eignet, mit denen eine Unfallgefahr verbunden ift, und gerade aus diesem Grunde möchte ih anheimgeben, die Anträge, die Ihnen auf Ausdehnung vorliegen, mit sehr fritishen Augen an- zusehen. Ich habe in dieser Beziehung den Hrn. Abg. Buhl darauf aufmerksam zu machen, daß die Auëdehnung des Unfallversicherungs- gesches auf die Wasser- und Eisenbabnbauten nicht ohne Weiteres möglich fein wird. Die Vorlage, indem sie ih an das Haftpflichtgesep anlechnt, indem sie diejenigen Betricbe, auf die das Haftpflichtgesez Anwendung findet, in erster Unie als versicherungsvflichtig erklärt, hat dabei im Auge, zunächst den stehenden Gewerbebetrieb derjenigen Kategorien zu fassen, die im Haftpflichtgesetz erwähnt sind. Ein folcher stehender Gewerbe- betrieb ist bei den Ciscnbahnbauten so wenig wie bei den Wasser- bauten durchweg anzunehmen. Wie, meine Herren, werden denn heut- zutage Eisenbahnbauten und größere Wasserbauten ausgeführt ? Die betreffenden Gesellschaften oder die betreffenden Kommunen, der a die solche Bauten unternehmen, engagiren Unternehmer, welche

heilstrecken und Theilarbeiten an den Bauten ausführen, und diese Unternehmer, die heute in Ostpreußen arbeiten, arbeiten vielleicht son übers Jahr im Elsaß, in Bayern oder in irgend einer von der ersten Arbeitöftelle sehr weit entfernten Gegend. Es ist kaum mög- lih, diese Unternehmer au selbst, wenn nit unter ihnen rüdsicht- lid dieses Gewerbes cin so häufiger Wesel eintritt, wie es thatsäcblic der Fall ift, ih sage, es ist kaum mögli, diese Unternehmer ohne weitere besondere Modalitäten in der Form dieses Ge- seßes zu einer Berufsgenossenschaft zusammenzulegen. Geschieht dies, so würde das vielfa geäußerte Bedenken, daß die Zukunft in ungerechtfertigter Weise für die Gegenwart und die Vergangenheit belastet werden soll, allerdings an Berechtigung gewinnen. / Ich will damit nicht gesagt baben, daß sich nit Formen finden ließen, um das auch auf diejem Gebicte unzweifelhaft vorhandene Bedürfniß zu befriedigen. Aber das Gescß würde, wenn man jeßt an diese Be- friedigung herantreten wollte, einer Ergänzung bedürsen, über die wir uns wahrscheinlich in diesem Momente noch nicht so leiht verständigen würden, und ich bitte Sie dringend, diese Ausdehnung zu ajourniren, bis wir Ihnen und ich hoffe son im nächsten Jahre A machen werden, wie wir den Ruf des Baugewerbes erfassen. Meine Herren! Ich bitte überhaupt bei der Frage der Ausdehs

nung daran festzuhalten, daß wir ganz mit den Herren, die cinc Aus- dehnung anstreben , einverstanden sind; ib gehe sogar ebensoweit in dieser Beziehung, wie der Hr. Abg. Kräcker ih habe das hicr chon früher wiederholt betont daß die Unfallversiherung auf alle Arbeit ausgedehnt werden muß, die mit Gefahr verbunden ist. Wenn wir uns jeßt darauf beschräânki baben, in der Hauptsave nuc diejenigen Betriebe zu erfassen, auf welche das Hasftpflichtgeseß Anwendung findet, so ist es eben um det- willen geschehen, weil hier das Bedürfniß das dringendste ist und weil diese Betriebe unshwer in die Organisation eingefügt werden können, die wir Ihnen vors{lagen.

Nun bat der Hr. Atg. Dr. Barth gemeint, daß diese Organisa- tion eine überaus \{werfällige, eine sehr {wer durhzuführende sei, die hon um deêwillen, wegen der Schwierigkeiten der Grup- pirung, nit empfohlen werden könnte. Nun, meine Herren, auv darauf ist son früber geantwortet worden, Jch will in dieser Be- ziehung Sie nit mit Detailbemerkungen beHelligen, das Eine aber darf id Ihnen sagen, daß wir Alle, die wir demnäbst berufen sein werd:n, das Unfallver?icherung8geseß, wenn es zur Annahme kommt, auszuführen, au nicht den leisesten Zweifel daran haben, daß die Bildung der Berufëgenossenschaften unter Festhaltung der Grundsätze einmal der Gemeinjamfkeit des Berufes, zweitens der dauernden Leistungsfähigkeit uns&wer mögli ist.

Meine Herren! Also um wieder auf die Frage der Ausdehnung zurückzukommen, so möchte ih kiiten, es bezüglih der Bau- arbeiter in der Hauptsache bei dem zu belassen, was Jhnen die Kommission vorschlägt; ich glaube, die verbündeten Regterungen werden dieser Auëdebnung nicht widerstreben. Eine Konzession bin ih bereit dem Hrn. Abg. Dr. Buhl zu machen. Wünsct er die Stornsteinfeger in das Geseß aufgenommen zu sehen, so fürhien wir uns nit vor diesem s{chwarzen Mann, wir werden ihn unshwer einfügen können, Es if das, wie ich Übrigens bemerken will, nur eine kleine Ausdehnung, es gicbt 4000 bis 5000 selbständige Schocnfteinfeger, die wir in die berufsacnofsenschaftlihe Organisation ausnebmen können.

Was die Frage anlangt, ob man die Definition der Fabrik aus dem Gesetze hcrauslafsen will, oder ob man überhaupt eine Definition

er Fabrik hineinnchmen will, und eventuell welche, fo habe ich mich au

darüber {hon früher ausgelassen. Der Hr. Abg. Dr. Buhl ift den Gründen, wenn ih ihn recht verstanden habe, die die verbündeten Regierungen bestimmt haben, aud insoweit gefolgt, als er die Zweifel anerkennt und die Schädlichkeit dieser Zweifel zugiebt, die bisher bei der praktishen Anwendung des Haftpflichtgeseßes rückßichGtlich der Frage obgewaltet haben, ob ein spezieller Betrieb als Fabrik anzu- iprechen ist oder nicht. Ich habe mir bei der erstenLefung bereits auszuführen erlaubt, daß cine ganze Reibe von Rechtsstreitigkeiten sich um diese Frage bewegt hat, und daß der Richter Mangels bestimmter Kriterien, die das Gesez an die Hand giebt, in Verlegenheit gewesen ift, einen bestimmten Betrieb als Fabrik anzusehen oder nicht. Daß der Or. Abg. Dr. Buhl diesen Zweifel ausschließen und insbesondere dea Rechtsweg auss{ließen will, entnehme ich daraus, daß er nun die Entscheidung in die Hand des Versicherungs- amtes zu legen bereit ist. Wir könnten ja vom bureaukcatiscen Standpunkte aus uns wohl damit cinverstanden erklären. Jch glaube aber doch, meine Herren, daß es ‘eine sehr viel größere Sicherheit für die Industrie selbst giebt, wenn auch das Gesetz wenigstens die Grundlinie für eine Grenze bezeichnet, wie das in Abs, 4 geschehen ist, als wenn die Entsckeidung darüber, ob ein Fabrilbetrich vorliegt oder nit, ledigli in die Hand der Behörde gelegt ist. Jch glaube, es wird sowohl der Industrie, als auch den Behörden, die die Ausführung des Gesetzes zu überwachen haben, willfommen scin, wenn wenig- stens ein bestimmter Anhalt dur das Gesetz selbst gezogen ift.

Meine Herren! Ich möbte Sie also bitten, daß Sie es bei den Kommissionêëvorshlägen im Allgemcinen belassen, und wenn der Hr. Abg. Dr. Barth um deswillen Bedenken trägt, weil er die Wohlthat des Gesetzes weiteren Arbeiterkreisen zugängliß machen möcbte, N) bitte ih ihn, si damit zu trösten, daß diesem Wunsch hoffentlich sehr bald Rechnung getragen wird, und wenn vorläufig tas Hand- werk nicht von der Unfallvecsicherung umfaßt wird, so bitte ih ibn, sich damit zu beruhigen, daß er selbst noch im Jahre 1881 einen Antrag mit unterschrieben hat, welcher auch das Handwerk von der Unfallversicherung ausgeschlossen hat. Wie gesagt, meine Herren, lassen Sie uns \chritiweise und allmählich auf diesem Gebiete vor- gehen chi va piano va ano.

Der Abg. Günther (Sachsen) bemerkte, er möhte hier ein Bedenken laut werden lassen, und sich von dem Vertreter der Negierung oder dem Referenten Auskunft darüber erbitten. In Absatz 2 des §. 1 sollten die land- und forstwirthschaft- lichen Nebenbetriebe auf Antrag der Kommission von dem Geseße ausgeschlossen werden. Er möchte nun fragen, ob hierna Spiritusbrennereien mit landwirthschaftlihem Betriebe als Fabriken gälten und somit unter diejes Geseß fielen oder zu den landwirthschaftlichen Nebenbetrieben zählten und als jsolhe vom Geseße ausgeschlossen seien, Fn den Spiritusbrennereien, welche doch meistens zu einem landwirth- schaftlichen Betriebe gehörten, würden vor allen andern selbst- gebaute Materialien verbraucht, und nur in sehr seltenen Fällen solche angekaust. Bis jeßt sei es den Spiritusbrennereibejißern möglih gewesen, ihre Arbeiter bei Privat-Versicherungsgesell- schaften zu versichern, was ihnen aber in Zukunst benommen werde, wenn es Privat-Versicherungsanstalten nicht mehr geben werde. Sie fielen damit unter das Hastpflihtgeseß und müßten die Lasten persönlich tragen. Das wäre aber eine Härte, und er hoffe, daß der Passus derart interpretirt werde, daß Spiritus- brennereien, auch wenn sie mit landwirthschaftlichem Betriebe verbunden seien, unter die Fabriken gerehnet würden. Jm Allgemeinen sei er gegen den Zusaß der Kommission über- haupt, der keineswegs eine Erweiterung, sondern nur eine Beschränkung der Regierungsvorlage sei, um deren Annahme er das Haus bitte. Auch er wünsche, daß möglichst alle land- und forstwirthshaftlihe Arbeiter in das Gefeß aufgenommen würden, wenn man dies aber jeßt {hon thun wolle, würde man das Zustandekommen des Gesezes zu sehr ershweren. Er bitte, jene Ausnahmezusäße der Kommission abzulehnen, man werde sich dadurch auch die Landwirthe selbst zu Dank verpflihten, wenn man dieselben nicht dem Haftpflichtgesey unterstelle. Dem Antrage Barth und Genossen stehe er sehr sympathisch gegenüber; diese Herren meinten es diesmal mit der Landwirthschaft besser, als die Rechte felbst. Er wünsche nur, daß diese Herren ihr Fnteresse für die Land- wirthshaft auch bewahrten! 5 :

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er acceplire die Be- \hlüsse der Kommission, nicht weil er glaube, daß das, was dur die Kommission geboten werde, das vollkommen Richtige sei, sondern weil er glaube, daß, wenn man sich davon weiter entferne, wiederum die Sache niht zu Stande kommen

könnte. Man befinde sich einem Geseße gegenüber, welches einen Versuch mache, auf einem ganz neuen Gebiete, auf dem

eim ersten Versuche nit glei das Nicktige getroffen werden fönne. Anderswo, wo man auch solche Bestimmungen ge- macht habe, sei man au s{hrittweise vorgegangen und habe sih niht gescheut, nah Maßgabe der Erfahrungen sie zu verbessern und sie weiter auszudehnen. Darüber könne fein Mensch im Zweifel sein, daß, nachdem man die eigent- lihen Fabrikarbeiter versichert habe, es nothwendig sein werde, dieselben Bestimmungen allmälig auf alle an- deren Kreise der Arbeiter auszudehnen. Deshalb stehe er der Tendenz des Antrages Bebel durhaus sympathish gegenüber. Aber es sei eine ganz andere Frage, ob das, was da bean- tragt werde, bei der Konstruktion dieses Gesees ohne Weiteres angewendet werden könne. Er hätte insbesondere auch ge- wünscht, daß es möglih gewesen wäre, auch die landwirth- sGaftlihen Arbeiter ins Auge zu fassen. Aver es sei auŸ hier niht zu leugnen, daß die Konjsiruktion des Geseßes mit den besonderen Verhältnissen der Landwirthschaft nicht in Einklang zu bringen sei. Daß die Brennerei ohne Weiteres unter dieses Geseß falle, halte er für selbstverständli), Er bitte den §. 1 nah dem Kommissionsvorschlage anzunehmen. Mache man endlih einen Anfang, um die Wohlthaten des Geseßzes zunächst wenigstens einem beschränkten Arbeiterkreise zugänglih zu machen.

Der Abg. Frhr. von Malgahn-Büly Hob hervor, daß er bei der ersten Lesung Namens seiner Freunde als das Ziel, das seine Partei vor Augen habe, eine möglihst austkömm- lihe Versicherung des verunglückten Arbeiters hingestellt habe, und zwar in Zukunft aller Arbeitskreise, soweit sie der Natur der Beschäftigung nah überhaupt einem Unfall ausgeseßt seien. Auf diesem Standpunkt stehe seine Partei noch heute und erkenne an, daß das vorliegende Gese nur ein erster Schritt, nur eine Abschlagszahlung sei. Es sei sogar im Kreise seiner politishen Freunde erwogen worden, ob sie nic am Schluß der Berathung dieser Auffassung dadurch Ausdruck geben sollten, daß sie beantragten, die Ueberschrift dieses Geseßes, um Mißverständ- nisse zu vermeiden, durch Einschaltung eines kleinen Wortes zu verändern, indem statt „Unfallversiherung der Arbeiter“ gesagt würde: „Unfallversiherung der gewerblichen Arbeiter.“ Ein solcher Antrag sei zwar niht von seiner Partei be- schlossen, aber erwogen worden. Seine Partei glaube, daß sie im gegebenen Moment auf Grund dieser Vorlage eine obligatorische Versicherung aller derjenigen Arbeiterkategorien, für die das Bedürfniß einer Unfallversicherung bestehe, nicht würden erreihen können, und daß es für einen schr wesent- lichen Theil dieser Arbeiterkreise nur möglich sei dur das Zusammengehen mit demjenigen Theil des Reichstages, welher in Bezug auf andere wesentliche Fragen des Gesehes zu seiner Partei in diametralstem Gegensaz stehe. Seine Partei habe si deshalb für diejenigen Bestimmungen erklärt, für welche sie der Zustimmung der verbündeten Regierungen cinestheils und anderntheils derjenigen Majorität des Reicbs- tages sicher zu scin glaube, welhe nach dem Eindruck, den man aus den bisherigen Verhandlungen empfangen habe, entschieden das Zustandekommen des Geseßes wolle, also etwa die Fraktionen der Rechten, des Centrums und der National- liberalen. Seine Partei stehe umsomehr auf diefem Stand- punkte, weil sie ein wesentlich Gewicht darauf lege, daß der Neichstag auf dein Gebiet der Unfallversiherung der Arbeiter endlih einmal den ersten positiven Schritt thue, und seine Partei würde es beklagen, wenn au diesmal wieder das Gefeß nicht zu Stande käme. Aus diesem Grunde werde seine Partei gegen die vorliegenden Abänderungsanträge stimmen in der freudigen Hoffnung, daß nach der Zusicherung des Staatssekretärs von Boetticher eine Ausdehnung des Geseßes ret bald erfolgen werde. Eine Einfügung der land- und forstwirthschastlihen Arbeiter in das Geseß wäre seinen Freun- den und ihm persönlih gewiß sehr angenehm. Er müsse aber anerkennen, daß die Ausdehnung der obligatorischen Unfallversicherung auf die Forst- und Landwirthschaft in gewissen Theilen des Reiches schr schwierig fein würde und deshalb in einer besonderen Vorlage ausgeführt werden müsse. Das Bedenken des Hrn. Abg. Günther in Bezug auf die Brennereien halte er nah dem Worilaute des 8. 1 für unbegründet. Seien die Brennereien Fabriken, so jollten sie nah Absicht des Geseßes vecsicherungspflichtig sein. Beschästige ein landwirthschaftliher Nebenbetrieb zehn Arbeiter ständig, fo falle derselbe natürlih unter das Geses. Lege aber der Gutsbesitzer neben dieser Fabrik, welhe mit Dampf be- trieben werde, noch eine Schneidemühle oder Schrotmühle für seinen Bedarf oder für den Bedarf sciner Nachbarn an, so sollten diese Nebenbetriebe nit versicherungspflichtig sein. Er bitte, für den §. 1 der Kommissionsbeschlüsse zu stimmen. (Während dieser Nede war der Reichskanzler Fürst von Bis- mardck in den Saal getreten.) O

Der Abg. Dr. Hirsch erklärte, seine Partei werde tn dieser so wichtigen Materie ihre bisherige Ueberzeugung nicht ver- leugnen, wie es leider die anderen Parteien gethan hätten. Schon bei der Berathung des Haftpflihtgeseßes habe seine Partei eine Ausdehnung der Versicherungspfliht unter der Zustimmung sämmtlicher Fraktionen, auch des Centrums, be- antragt. Der Antrag Buhl von 1882 habe die Versicherung der land- und forstwirthschaftlihen Arbeiter gewollt. Fett stelle sich der Abg, von Heriling auf einmal auf den Boden der privatrechtlihen Vershuldung, und von diesem Boden aus konstruire derselbe, daß nur solche Betriebe hinzugezogen werden könnten, bei welhen wenigstens annähernd eine folheVerschulöung si nahweisen lasse. Das lasse sich vielleicht vom juristischen Stand- punkte aus mit allerlei gelehrten Deduktionen vertheidigen, aber darin solle ja der gewaltige Unterschied, der ungeheure Fortschritt der gegenwärtigen Geseßgebung gegenüber dem Haft- pflichtgeseß bestehen, daß es herausgehoben werde aus der privatrehtlihen Vershuldungstheorie in das öffentliche Recht. Was sei denn der Grundsaß der Kaiserlihen Botschaft? Daß jeder Arbeiter gesichert sein sollte geaen Unglücksfälle, die ihn jonst in Elend und Noth brähten. Nach den heutigen Worten des Staatssekretärs zweifle erx gar nicht, daß die Regierung auc einer weiteren Ausdehnung der Versicherung zugestimmt hätte. Es handele fich hier in erster Linie um eine Sache von ungeheurer materieller Tragweite. Von den 10 Millionen

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