1884 / 142 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Jun 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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begegnete vorübergeßcnd recht lebhafter Exporifrage, die aber in den lezten Tagen wegen Mangels an Sciffsräumten wieder vil \{chwäcer aufgetreten ist. Das Frachtengeshäft bat einen ziemlich ruhigen Verlauf genommen. Baumwolle in diép. Waare blieb für Export beattet und ift aud Seitens einbeimiscer Spinner in mäßigem Umfang gekauft worden. Brasil Kaffees wver- harrten bei anhaltend s\chleppendem Geschäft in _weicen- der Tendenz, rein \{chmeckende Sorten waren fill und stetig. Rohzucker batte, ohne im Preise wesentlih verändert zu sein, Anfangs der Wotte lebbasteres Geschäft, ist jedo in den letzten Tagen wicder febr till gewesen. Am Theem arft berrshte nach wie vor eine flaue Stimmung. In Provisionen entbehrte sowobl das legitime wie das Termingeschäft, troy der etwas willigeren Hal- tung des Marktes, jeder Regsamfkeit. Terpentinöl und die geringen Sorten Harz haben sib nit im Wertbe bchaupten können. Raff. Petroleum ‘flau, Pive-Line Certificates s{wab._ Der Metallmarkt ift fill geliehen Der Import fremder Webstoffe beträgt für die beute beendete Woche 1588 567 Doll. gegen 790 761 Doll. in der Parallelwoce des Vorjahres. :

London, 19. Juni. (W. T. B.) Die Bank von Eng- land hat beute den Diskont von 24 auf 2% herabgeseßt.

Warschau, 19. Juni. (W. T. B,) Der offizielle Woll- marft ist nunmehr beendet. Die Zufuhren erreichten bis gestern Abend 49459 Pud, wovon 25 509 Pud verkauft sind, Hocfeire Wollen behielten cinen Aufslag von 3 Thlrn., Mitteleattungen die vorjährigen Preise; dagegen erlittey feine Wollen einen Abschlag von 3, ordinäre Wellen cinen folcben von 12 Thlrn. Das Schurergebniß ift um 89% geringer als im Vorjahre; Wäsche und sor.stige Behand- lung der Wolle befriedigte nit. Die Hälfte des verkausten Quan- tums erwarben autländishe Käufer.

Verkehrs-Anstalten.

Londor, 17. Juni. (Alle. Corr) Mit Bezug auf die sensationell: Meldung der New-Yorker „Sun“, daß der größte Tbeil der Arbeiten am Panamakanal dur eine Hoctfluth zei stört worden ci, und daß Hr. von Lesseps kteschlossen habe, die weiteren Arbeiten aufzugeben und für den Kanal eine neute Route zu wählen, wird d.:m „Standard“ aus Paris unterm 16. d. ge- meldet: „In dem Bureau der Gesellschaft wurde i verständigt, daß keine Nachrichten vorliegen, weiche die Behauptung des New- Yorkec Blatts bestätigen würden; die Direftoren find vielmehr schr zufrieden mit dem Fortschritt der Arbeiten. Der Chef- Ingenieur der Gesellschaft befindet sich weiter auf dem Weg rach Frankreich, um den Voranschlag für die im nächsten Jahre verzu- nehmenden Arbeiten dem Verwaltungérath zu unterbreiten und den Sitzungen des Veiratl:8 der Sachverftändigen anzuwohnen. Hr. von Lesscps selbst ist dec leßte Mann der Welt, der daran _denfen würde, das begonnene2 Werk aufzulassen. Die „Paris Bourfe“ ift daber gerectfertigt, wenn sie erklärt, daß die Meidung jeder Be- gründvng éntbehre. Daß cs Schwierigkeiten zu überwinden giebt, ist natürlich; allein diz Arbeiten nehwen ihren normalen Fortgang, und die Erwartunçen der Ingenieure sind nit enttäusbt worden.

Bremen, 19. Juni. W. T. B,) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Oder“ ist gestern Abend 10 Uhr in New-York eingetroffen.

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Berlin, 19. Juni 1884.

Preußische Klassenkotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heuie beendeten HZichung der 3. Klaise 170. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn von 15 000 # auf Nr. 38 341.

1 Gewinn von 3000 46. auf Nr. 65 735.

1 Gewinn von 1800 46 auf Nr. 27 037.

5 Gewinne von 900 A auf Nr. 8624. 11 396. 11 535, 42 090. 49 853.

11 Gewinne von 300 6 auf Nr. 11 493. 18 970. 38 865. 42 659. 43571. 47759. 49498. 76 509. 80 899, 84415. 86 443.

(Wochenbl. des Ich. Ord B. Br.) Ein Johanniter Siechen- haus wird binnen Kurzem ina Groß-Lichterfelde bei Berlin im Bau begonnen werden, nahdem von dem Kapitel des Ordens unter Zustimmung des Durcblauchtigsten Herrenmeisters die Baupläne für dasselbe festgestellt sind und das Bauterrain dafür erworben ist. Der Orden hat sür diesen Zweck cin im Parke von Lichterfelde belegenes Grundstück von etwa 42 Morgen Größe für den Preis von 67 500 #4 fäufliÞ erworben, welches reidlih Gelegenheit bietet, nah Maßgabe der diéponibel werdenden Mittel versdiedene ten Aufgaben des Orders entspre(cnde Anstalten ristliher Liebesthätigkeit darauf zu errihten. Zurächst werden auf demselben 3 Ge- bäude, ein größ-.res und 2 kleinere pavillonartige, zur Aufnahme von 100 Siechen aus dem Arkeiterstande 100 Invaliden der Arbcit aufgeführt werden. Die Gesammtkosten des Baues und der inneren Einrichtung werden gegen 300 000 M betragen. Für die leßtere hat der Dur(laucbtiaste Herrenmeister aus seirer Chatulle 1C00€0 M gewährt. Die übrigen Anlagekoften der Anstalt werden aus bereiten Ordentmitteln entnommen, während die Urtcrhalturge kosten derselben dur einen Theil der Zinsen werden gedcckt werden, welche aus dem Vermächtnisse des verewigten Herrenmeisters, weiland Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl, der Ordenskasse zufließen.

Die Errichtung dieses Arbeitersiehenhauses bei Berlin ift der erste praktisde Schritt auf der Babn, welche durch die Anspracbe, die ter Durchlauchtigste Herrenmeister vor den bei Höchstsetner In- stallation versammelten Rittern im vorigen Jahre bielt, der Thätig- feit des Ordens vorg-zeichnet wurde. Im Anschluß an sein bisheriges Wirken und zur Erfüllung der durch sein Statut und Gelübde vor- geschriebenen Zwecke will dadur der Orden handelnd mitwirken bei der Lösung der Aufgaben, welche die Allerhöchste Botschaft vom 17. November 1881 in das Auge gefaßt hat.

Selbst wenn die großen von derselben gesteckten sozial politischen Ziele erreibt und unsern besiylosen, von threr körperlichen Arbeit lebenden Mitbürgern für die Zeit der Krankheit und Invalidität feste Unterstütu-gen und Pensioren gesichert sein werden, wird für die Arbeiter aus dea Sicchenhäusern, welce für diese Pensionen nicht nur Obdach und Unterhalt, sondern au Pflege und eine der ge- bliebenen Arbeitskraft entsprechende Beschäftigung gewähren, ein über- aus großer Segen erwachsen. Diese Anstalten werden gerade für die zahlreiden Elemente aus dem Arbeiterstande, welche richt innerhalb ciner Familie stehen, oder deren Familienglieder täglich außerhalb des Hauses Arbeit und Etwerb suchen müssen, cine Ergänzung bilden der fürforglichen Einrichtungen, welche durch die S ozialpolitik der Kaiserlichen Botschaft in das Leben gerufen werden sollen. Denn diése Elemente werden auch bei Bezug ciner Pension welche naturgemäß hinter dem regelmäßigen Arbeitélohne wird zurückbleiben müssen im Falle des Siecbthums, wenn sie beständiger Pflege durh Andere bedürfen, noch oft greße Ncth leiden. Und eine dop- pelte Wohlthat bilden sole Siechenhäuser beute, da die Zicle der Kaiserlichen Botschaft noch nicht erreicht sind.

Indem der Johanniter-Orden so sein Wirken in erhöhtem Maße dem sozialen Gekiete zuwen det, rimmt er in ciner den heutigen Zeit- verbältnissen entsprehendea Form cine Thätigkeit wieder auf, welche {on in den ersten Zeiten seines Bestehers die Bewunderung seiner Freunde und Gegner in höchstem Maße erregt hat. Es ist cin wesentlihes Verdienst des neucsten Geschicht- \creibers der Kreuzzüge, daß er bei dec Schilderung der kultur- histgristen Zustände und Folgen dieser einzig gearteten Völker- bewegung die soziale Thätigkeit des Johanniter-Ordens auf dem Gebiite der Armen- und Krankenpflege besonders hervorhebt, und darlegt, wie der Orden, auch als er son eine glänzende, im Besitze

fürstli&er Macht befindliche Rittergenossenshaft geworden war, gerade auf diesem Felde beständig Großes geleistct hat und dadur inmitten der allgemeinen Robhbeit jener Zeiten als der edle und pflichttreue Vertreter ciner böberen Kultur ers@eint, deren mex schenfreundliche; wahrhaft cristlide Prinzipien erst na Jahrhunderten zur allge- meinen Geltung kommen sollten. : L

So bandelt unser Orden nur im Sinne seiner ersten Stifter, wie dem in dem Ordersstatut niedergelegten Willen seines erhabenen Renovators, des in Sott rubenden Königs Friedri Wilbelm IV. gemäß, wenn er sid überall, wo der Kampf geführt wird gegen soziale Nothitände, wie sie in jeder Zeit verschieden aber stets in reicstem Maße hervortreten, seinerseits mit an diesem Kampfe betheiligt und na Kräften sich bemüht, mitzuarbeiten an der Bekämpfung der Noth, wele jetzt, wie zu ollen Zeiten, Krankheit und Armuth vereint erzeugen, und damit zuglcich auc an der Bekämpfung des Unglaubens, der besonderen Noth unserer Zeit, welche die leßtere in eigen!büm- licher Weise erzeugt hat. :

Möchte dieses Vorgehen des Jobanniter-Ordens auch in weiteren Kreisen, sowohl auf dem Gebiete der Fürsorge für Kranke und Siebe, wie auf anderen Feldern der Liebesthäiigkeit anregend wirken und einen edlen Wetteifer hervorrufen unter Allen, welche erkannt haben, daß die Mitarbeit an der Abbülfe der in der arbeitenden Bevölkerung vorhandenen Notbstände cine Pflicht ist, welhe vom Christenthum und Patriotitmus gleicerweise aefordert wird.

Während von Seiten der Ordensregierung und-der Balley dur die Inanagriffnahme der Errichtung eines Arbeitersiebenhauses bei ver Rei shaupistadt ein bedeutungêvoller Schritt gescieht zur Ab- bülfe der sozialen Nothstände in der größten deutschen Stadt, hat sich in dem vergangenen Jahre auch in den Genossen- aften dcs Ordens ein reges Lebens entfaltet, um die Kranken- rflege des Orders immer reicher zu gestalten. No im Laufe dieses Monats wird zu Lauenburg in Pommern ein zumeist dur diz Dpfer- williafeit der Johanniter-Ritter des Kreises Lauenburg neu erbautes Kranfenbaus dem Gebrauche übergcben werden. Drei andere Ordens- franfenbäuser sind daneben im Enlstehen kegriffen: eins zu Dannen- berg in der Provinz Hannover, eins zu Dierdorf in der Rheinprovinz und eins sür die Provinz Poscn zu Tirschtiegel, welches an die Stelle cines biéberigen, unzureiher den kleineren Hauses tritt. :

Wir bcfen, daß diese Mittheilungen über die wesentlicsten Punkte, welche neben der regelmäßigen Verpflegung von jährlich 7000 unbemittelten Personen in ten Krankenhäusern des Ordens, die Thätigkeit der Balley und der Genossenschaften in der leßten Zeit gebildet haben, von den Mitgliedern des Ordens mit Freuden werden aufgerommen werden. Sie zeigen, in welcher Weise von Seiten der Ordensregierung, des Kapitels und der Genossenschaften vorgegangen wird zur Erfüllung der idealen Zwecke und Aufgaben des Jobanniter-Ordens. Tritt jeder Ritter desselben an seinem Theile und noch Maßgabe sciner Kräfte und Mittel aller Drten für diese Zwecke cin und wirkt dadur persönlich beispielsvoll mit an der Erfüllung derselben, so wird der Orden in immer waGfendem Maße Zeugniß davon geben, wie der evargelisde Adel Deutschlands sich bewußt is seiner hoben Pflichten: üdverall treu zu stehen und voran zu geben in opferwilliger S:1bsilosigkcit zum Wohle leidender Mitbürger und des Vaterlandes.

Das qgrcße Märkische Missionsfest, das gestern Nach- miitag auf dem Fläming bei Blönsdorf gefeiert wurde, hatte viele Tauscude dorthin geführt. Inmitten des Festplaßzes war eine mit Eicherlaub und Kornblumen bekränzte Kanzel errihtet. Gesang, vom Blâäsercor des Berliner Missionshauses begleitet, leitete das großs artige @ristlihe Volksfest ein. Nachdem sodann Pastor Hundertmark- Seehausen die Liturgie abgehalten, betrat Superintendent Dryander- Berlin als Festprediger die Kanzel. Nah ihm \prach Mission2- Superintendent Merensky im Anschluß an Joh. 12, 10—12. Es folgte hierauf eine der Erfriscung gewidmete Pause, nah der dann noch Pastor Kobelt, der Leiter der Neinstedter Anstalten, Hofprediger Stôder, Superintendent Scblecht- Luckenwalde und der Pastor Schnei- der aus Kurzlipsdorf Ansprachen an die Festversammlung hielten.

Vom 2. bis 5. Scptember d. I. findet in Dresden, gleichzeitig mit dec X11. Generalversammlung des Deutshen Apothekervereins, eine vharmazeutisbe Ausstellung statt, und zwar in demselben Gebäude : Gemerbehaus, Ostraallee Nr. 13, in welchem die General- versammlung abgehalten wird. Die für die Ausstellung verfügbaren Räume sind die hellen und hohen Galerien und die fleinen Sáâle des Hauses, welbe drei Eingänge bezw. Ausgänçe haben, über 650 qm Bodenfläche bieten und sh für Auëst-llungen vorzüglich eignen. Das Comité wird sih bemühen, die Autftellung zu einer nah jeder Rich- tung hin interessanten zu machen; es wird von Staat®eanstalten ge- eignete wissenscaftlicbe Objekte zu erlangen suc'en und aub der histo- rijGen Pharmacie volle Beacbtung zuwenden. Die Ausftellung um- faßt das Gesammtgebiet der Pharmacie; als Auéstellung8gegenstände find vorzugsweise gecignet: Neuheiten von pharmazeutishen und chemiscen Präparaten, Drogen, Apparate und Utensilien aus den Gebieten der Pharmacie, Chemie, Physik, Botanik und Hygiene, Lehrmittel aus diesen Gebieten, Literatur und Aehnliches. Aus- geschlossen sind Geheimmittel und alle solche Objekte, welche weder cin fachwissenschaftlides roch tcchnisches Interesse bieten. Die Aus- stellungsgegenstände zerfallen in folgende ses Gruppen: 1) pharma- zeutisde und chemisde Präparate, 2) Drogen, 3) diätetishe Mittel, 4) Utensilien, 5) Apparate und Maschinen, 6) Drucksaden. Anmel- dungen sind spätestens bis zum 15. Juli bei dem Vorsitzenden des V aae a Dr. E. Geißler, Schreibergasse Nr. 20, einzu- reichen.

Der Deutsche und Oesterreihishe Alpenverein hat zur Feier der Gründung seiner hundertsten Sektion im März 1884 eine Fests{rift herausgegeben, in welcher er eine Uebersicht seiner Ziele und bisherigen Leistungen bietet. Der Deutsche und Oester- reibishe Alpenverein zählte im Jahre 1874 nur 43 Sektionen mit 3682 Mitgliedern, im Jahre 1883 dagegen 12 242 Mitglieder und bis März 1884 bereits 105 Sektionen. Was die literarische Publikation angeht, so liegen mit dem Sclusse des Jahres 1883 an Publikationen 36 vor, ferner der Atlas der Alpenpflanzen in_32 Lieferungen. In der Zeitschrift werden Abhandlungen wissenschaftlichen Inhalts, größere Reiseberihte und derglei&en veröffentlicht. Seit 1881 ersdeinen neben der Zeitschrift zchnmal jährliG die Mit- tbeilungen, welche mehr die praktische Seite des Reisens bebandeln. Seit 1878 wurde mit Herausz7abe tcr Anleitung zu wissenschaftlihen Beobachtunoen auf Alpenreisen begonnen. Mit dieser Publikation verfolgt der Verein den doppelten Zweck, Beobacbtungen auf Alpen- reisen durch Nichtfahmänner für die Wissenschaft nuybar zu macken und andererseits den Nichtfachmann über Art und Weise der anzu- stellenden Beobachtungen zu informiren, Auch einzclne Sektionen haben Publikationen herauêgegeben oder subventionirt; auf die weitere umfangreiche literarische Thätigkeit des Vereins näher einzugehen, würde zu weit führen. Die Sttrift giebt sodann eine ausführliche Ucbersicht über die Weg- und Hüttenbauten und sonstige praktischen Unternehmungen des Vercins von dem Jahre 1869/70 an bis auf die neueste Zeit ; dieselbe giebt ein ausführlihes Bild von dem Ver- dienste ur.d der großen Thätigkeit, welche der Verein auf diesem Gebiete entfaltet hat.

Der Deutsche und Oesterreichische Alpenverein u gegenwärtig in allen Grupp:n der Alpen Deutschlands und Desterreihs nicht weniger als 65 Hütten, welcbe sih guter Einrichtung und Erhaltung erfreuen. Ein Theil der Hütten wird im Sommer bewirthschoftet, die meisten derselben sind mit Hausapotheken, Gletscerseilen, Eis- pikcn, Laternen u. st. w. ausgerüstet. Beim Centralaus\chuß be- findet sich cin Hüttengrundbuch, welies Aufzeihnungen über alle auf die Hütten bezüglichen Rcchtéverhältnisse sowie de!'en Baugeschichte cn!hâlt. Der Werth der Hütten sammt Einrictung kann auf 120 000 FIl, s. W,; die Kosten der Wegbauten auf 60000 Fl. ver- anshlagt werden. Am 4. und s. Dezember 1889 wurde eine Au®- stellung von Erzeugnissen der Fachschulen und der österreichischen Alpenländer veranstaltet.

Neben der Verbreitung der Kenntniß der Alpen durch Publikag- tionen und Hütten war die Regelung des Führerwesens ein Haupt- augenmerk des Vereins, worin er dur die Landes- und Bezirks- behörden in danfenewertber Weise unterstüßt wurde, worüber die Srift ebenfalls genaue Auskunft giebt. Es wurde auch durch Be- \ckluß der Gencralversammlung in Jschl eine Führer-Unterstüßungs- kasse begründet. i i:

Zu Fundirung derselben leistete der Gesammtverein aus dem Vereinsvermögen einen Beitrag von 6000 #; auferdem sind an größeren Schenkungen zu verzei@wnen: von der Sektion Dreéden (zu diesem Zweck angesammelt) 165 F, von der Sektion Hamburg 551 M 30 S, von der Sektion Auftria 290 Fl. Goldrente, von einem unaenannten Mitglied der Sektion Prag (in Dreéden) 1000 4 Weitere Einnabmen hat die Kasse dadur, daß viele Sektionen pro Kopf ihrer Mitglieder einen jährliden Betrag von 20 Reichépfennig cinzahlen und andere nah Stand ibrer Kasse Beträge abführen,

Um aber eine noch ausreihendere Sicherung der Bergfübrer gegen Unglücfsfälle zu hafen, führte zufolge Beschlusses dcr General- versammlung in Salzburg (1882) die Sektion Austria die Versiche- rung der Bergführer zunächst auf zwei Jabre unter Mitwirkung des Oesterreichischen Alpenklubs, des Oesterreichischen Touristenklubs und der Società degli Alpinisti Tridentini dergestalt dur, daß jeder Bergführer, der sih hierzu bereit erklärte, bei der Versicherungs- gesellschaft Zürich bis auf den Betrag von 500 Fl. versichert wurde, und zwar gegen eine Prämie von d Fl., von welcher der Führer 9 Fl, der D. u. O. A.-V. 2 Fl. und die übrigen genannten Vereine 1 Fl. bezahlen. /

Im Jahre 1883 wurden 293 Führer versichert; den Verein traf hierfür eine Auélage von €61 Fl. 35 Kr.; für 1884 ist die Versiche- rung im Zuge. : -

Die Sorge, den Führern eine geistige Ausbildung für ihren Be- ruf zu geben, {uf den Beschluß der Generalversammlung zu Rciten- hall (1880), welcher ein Statut für Führerinstrufktionskurse geneh- mi;te und den Centralausschuß ermächtigte, die von einzelnen Sektionen oraanisirten Führerinstruk1lionskurse zu subventioniren. Jn Folge dessen wurde im T ezember 1881 zu Innébruck ein soler Kurs von der Scktion Innébruck mit 16 Führern aus dem Stubai mit einem Kos:enaufwande von 320 Fl. und im März 1884 zu Salzburg von den Sektionen des Kronlandes Salzburg mit den anliegenden Sek- tioren unter der Leitung der Sektion Salzburg ein solcher mit 41 Füh- rern aus dem Lande Salzburg und Umgebung veranstaltet, welhe vom besten Erfolge begleitet waren und mit Vertheilung von Ausrüstungs- gegenständen an die Führer endeten. : L

In Würdigung tec hohen Wichtigkeit des Waldstandes übers haupt und insbesondere der gerade im Gebirge eiv Lebensinterefse bildenden Waldwirthsbaft und um sowokl seine Artheilnahme än der großen Kulturaufgabe: der Waldfrage im Gebirge zu betbätigen, trug der Verein nit nur literarish hierzu bei, sondern er seyte sih au mit bewährten Fahmännern ia Verbindung, um kahle Berglchnen mittelst geeigneter Pflanzungen mit Waldwucs zu versorgen. Auf die Weise wurden unter Mitwirkung der staatliheu Forstorgane seit dem Jahre 1880 mit den von den Generalversammlungen bewilligten Mitteln eine ganze Reibe von Aufforstung®8arbeiten vorgenommen, welche in dem Bericht nach Größe und Eigenart genau beschrieben sind. Die auf diese Weise aufgeforsteten Flächen betragen 232,9 ha und die Gesammtsumme, welhe der Alpenverein hier- auf verwendete, erreicht den Betrag von 3700 Fl. iîn Gold. In einem Kapitel, betitelt „Begünstigungen auf den Bahren“, werden sodann die Reiserouten und Preisermäßigungen aufgeführt, welche der Verein für seine Mitglieder ermöglicht hat.

Die gestrige Aufführung des „Orpheus* von Gludck bereitete den zahlrei erschienenen Besuchern des Krollschen Theaters einige Stunden so erhebenden und edelen Kunstgenusses, wie sie nur selten zu ermöglichen find. Die Titelrolle der herrlichen, flassis%en Dper, welcbe seit dem Abgange der Fr. Jahmann-Wagner, wenn wir nicht irren, nur einmal, mit Frl. Brandt im Königlichen Opern- hause zur Aufführung gekommen ist, vermittelte uns die Bekannt- schaft mit einer Sängerin, welcher ein bedeutender aber nit allzu- großer Ruf vorausging. Um so größer und angenehmer war deshalb die Ueberraschung, in dem Gast, Fr. Rosa Papier von der K. K. Hofoper in Wien, eine Künstlerin kennen zu lernen, deren Er- scheinung in jeder Beziehung phänomenal genannt werden darf. Das ist endlich einmal wieder eine Altistin von echter Klangfarbe des Organs, von prachtvoll sonorer Tiefe und doch auch ebenso quellend \{chöner Höhe, wel bes durch bewur.derungêwürdiges Ebenmaß der Register- übcreänge ohne jede Künstelei ausgeglichen, macht- und auédrudckévoll dabirströmt; kurz, in dieser herrlichen Stimme erscheinen Natur und Kunst zu cinem fo vollkommenea Ganzen vermählt, wie es nur äußerst selten ist und dem Hörer cinen wahrhaft reinen Genuß gewährt. Fügen wir noch hinzu, daß die der Sängerin schon so gütige Natur diesclte aud noch mit einer \{chönen äußeren Erscheinung begabt hat, mit der sie in klassishen Posen von antiker Plasticität und edlem mimishen Maß den sangesfrohen Götterliebling und sein tragishes Geshick vollendet zu verkörpern und pathetisc darzustellen vermag, so wird man den Enthusiasmus des Publikums begreiflih finden, der sich in lautem Beifall bei offener Scene und zahlreichen Hervorrufen nach den Aktshlü}sen Wft machte. Nach der in gleider Vollendung hier wohl überhaupt noch nit gehörten großen Arie des leßten Akts, „Ach i hábe sie verloren“, brauste ein Beifallssturm durch den Saal, welcher si garni{t legen wollte, weil die Künstlerin, ihrem rittgen vornehmen Ges&mack folgend, sich weigerte, dieselbe zu wiederholen, Am Schluß lohnte sie dafür ein s{chmetterader Trompetentusch. Die Vorstellung war überhaupt im Ganzen eine ret wohlgelungene: Frl. Martin als Eurydike und Frl. v. Vahsel als Eros unterstützten die Gastin nah all ihrem Vermögen; jedoch hätte die erstere Dar- stellerin nicht von der Tradition abweichen sollen nach welcher Eurydike (als Schatten) in einen Schleicr gehüllt, zu erscheinen pflegt. Die Chöre hielten sh ebenso wacker wie das Orchester unter Leitung des Hrn. Ruthardt.

Literarische Neuigkeiten und periodishe Schriften.

Deutsche Kolonialzeitung. Organ des Deutschen Koloni 1l- vereins in Frankfurt a. M. 12. Heft. Inhalt : Deutscher Kolonial- verein: Abtheilung Berlin. Sektion Mainz. Sektion Göttingen. In Bamberg und Düren. Die Angra Pequena-Frage. 1) Deutsches Recht und englische Kolontalgelüste. Die Fidschiinseln in den leßten 10 Jahren. Von A. Vollmer. Briefe aus Paraguay. 1} Von I. L. Schrage. Briefe aus Texas. 5) Von Fr. Wilh, Döbbler. Kernige deutshe Worte aus Chile. Deutsche Erpor! musterlager und Handelsmuseen. Die deutscbe chemische Industrie und ihr Antheil am Welthandel. Der Werth künstlicher Bewässe- rung. Von Heinri Semler. Literatur. Echo aus allen Welt- theilen: Cine handel8geographische Gesellschaftsreife rund um Afrika. Weiteres Steigen der deutsch:n Auswanderung. Büchertis.

Deutsche landwirthschaftliwe Presse. Nr. 47, În!-

halt: Die 10. Mastvieh- Ausstellung zu Berlin. Von H. v. Nathufius' Althaldensleben. Drill und Dungstreuer, wie sie sein sollen, Von A. Küster-Fürstenwalde. (Fortseßung.) Grudeöfen oder Glimm herde. Von Baurath Engel. (Mit Abbildungen.) Die Auf- lösung des Vollblut-Gestüts zu Rabensteinfeld. Correspondenzen. Düsseldorf. München. Literatur. Rundschau. Miscellen. Handel und Verkehr.

Redacteur: Riedel.

* Verlag der Expedition (S 01z). Druck: W. Elener. Vier Beilagen (etnsch{ließlich Börsen-Beilage).

Berlin

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Skaals- Anzeiger.

M 142.

Berlin, Donnerstag, den 19. Juni

1884,

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 19. Juni. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (35) Sißung des Neichs- tages wurde die zweite Berathung des Entwurxfs eines Ge- seßes über die Unfallversicherung der Arbeiter mit der Diskussion über §8. 9 fortgeseßt.

Nach dem Abg. Dr. Barth ergriff der Bevollwächtigte E Staats-Minister von BoettiGer Das

ortl:

Meine Herren! JIch werde mich bei meiner Auëführung stren an §. 9 halten, und werde mi deshalb zunächst nitt s über M E E Din: Abg ps. Do, wele uns in der ritten Lesung bescbâftigen wird, und über das Umlageverfah welches uns in §. 10 beschäftigen wird. Een,

Was nun §. 9 anlangt, und die darin vorges{lagene Organisation von Berufsgenossensbaften zum Zwecke der Unfallversiherung und die Aué schließung der Privat-Versicherungsgesellshaften von dem Geschäfts- betrieb auf dem Gebiete, welches uns hier beschäftigt, so bin ich in der That etwas befremdet darüber, daß der Herr Vorredner immer noch na den Gründen hat fragen können, welche die verbündeten Regierungen bestimmt haben , die Ausschließung der Privat-Versiche- rungêgesellsicafien Ihnen vorzuschlagen. Darüber, meine ich, ist feit dem Jahre 1881 so viel gesproLen worden, und es is ins- besondere noÞd in den Berathungen der leßten Kommis- sion, denen ja auc der Herr Vorredner beigewohnt hat, diescs Thema so gründlich diskutirt worden, daß ih kaum habe annehmen können, daß der Herr Vorrdner jeßt so thun würde, als ob ibm Gründe für den Besluß der Regierung überbaupt nit zugänglich geworden wären. Er hat sih nun zwar bei seinem Vortrage in etwas korrigirt und hat felbst cinige Gründe angeführt, welche seiner Meinung nach bestimmend gewesen sind für den Vorschlag der Vor- lage. Den Hauptgrund aber bat er ni6t angeführt, und obwohl ic es kaum für nöthig halte, so will ih diesen Grund doch noch ein- mal vorführen. Es ist der, daß auf dem Wege der Zu- lafïîung der Privatgesells@aften eine so gründliche und absolute Garantie für die Befriedigung des Versicherten nit herzustellen ist, wie auf dem Wege der Berufsgenossenschaften, Meine Herren, diesen Grund zu beleuGten, hat der Herr Abgeordnete vorsichtiglich unterlassen, und ih sage vorsibtiglid, denn er fann in der That diesen Grund nicht widerlegen. Der Herr Vorredner geht, ebenso wie diejenigen Herren, welche sih für die Zulassung der Privat-Versicherungsgesellscaften interessiren, davon aus, daß das Geschäftsgebahren so zu macen, daß beim Eintritt eines Unglücks- falles eines bei einer Privat-Versicherung2gesellscaft versicherten Arbei- ters das nöthige Deckungskapital vorder Privat-Versicherung8gesellscaft aufgebracht, sier gestellt und aus diesem Deckungskavital die Rente an den Entschädigungsberechkigten gewährt werden soll. Nun habe ih bereits in der Kommission dem Herrn Vorredner klargemaht, und ih wiederhole das hicr, daß Fälle eintreten fönnen und fogar nit außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegen, wie ih demnächst ziffermäßig belegen werde, däß beim Eintritt eines umfassenden Unglücks die Ge- fellshaften, welchbe die Versicherung übernommen haben, gar nit im Stande sind, die nöthige Deckung zu beschaffen. Jch habe ihm weiter fklargemabt, daß gar keine Garantie dafür gegeben ist, daß, wenn heute ein Massenunglük bei irgend einer Gefell- \chaft angemeldet wird, diese Gesellschaft sagt, nein, damit wollen wir nichts zu thun baben, wir lôfen uns auf. Niemand hat eine Garantie gegen ein soldes Vorgehen, Niemand kann cine Sicherheit dafür schaffen, daß der versicherte Arbeiter befriedigt werde, und allein die Reich8garantie, die ja aber der Herr Vorredner perhorres- irt, würde dem Arbeiter zu seinem Necbte verhelfen können.

Meine Herren, daß ih nidt zuviel gesagt habe, daß es Gesellschasten schon jeßt giebt und wenn das Ge- {äft so lukrativ wird, wie das Interesse andeutet, welches man jeßt für die Aufrchterhaltung der Privat-Versicherung8gesellsbafts- betriebe dofumentirt, dann werden ja noch sehr viel mehr Privat- Versicherungëgesellsczaften entsteben i sage, daß es s{on jeßt Privat-Versicberungsgesellshaften giebt, welwe ein einigermaßen be- deutendes Risiko nicht tragen können, das ergiebt si aus folgenden Per! Die Kölnische und die Schlesische VersicherungEgeselis@aft

aben nur ein eingezahltes Aktienkapital von je 600000 Æ baar und 9400000 A in Wewbseln. Jeder Invaliditätsunfall stellt einen Werth dar von 7870 4 bei ciner Lohnhöbe von 1000 4

Daraus ergiebt si, daß, wenn ein Massenunfall, der nur 100 Arbeiter erwerb8unfähig mat, bei einer dieser Gesellsbaften zur Erscheinung kommt, beide Gesellschasten mit ihren Baarmitteln ban- kerott sind. (Rufe links: „Rücversiberung!“)

Es wird mir zugerufen: „Rückversiczerung !* Jb weiß sehr wohl, daß man dur die Rückrersiwverung das Risiko theilen kann; Sie baben aber bei einer Privat-Versicherungsgesellshaft, au} wenn sie Rückversicherung genommen hat, niht die Garantie, daß dieselbe nicht ihr Geschäft einstellt in dem Moment, wo eine erhebliche Anforderung an fie herantritt.

Nun, meine Herren, hat man davon gesprochen, daß es sich nicht rechtfertigen lasse, einen Geschäftsbetrieb, der sich in unserm Wirth» \chaftssystem entwielt habe, dadur zu {ädigen, daß man plößlich andere Formen für die Befriedigung des Bedürfnisses, dem dieser Ge- {äftsbetrieb biSher gedient hat, erfindet. Ja, wenn man eine so großartige Organisation, wie es die Regulirung des Versiberungs- wesens für den ganzen der Unfallgefahr ausgeseßten Arbeiterstand ist, plant und wenn man findet, daß die bisher herangebildeten Drga- nisationen das Bedürfniß in so befriedigender Weise nicht lösen können, wie die neu geplanten Bildungen, dann darf man nit daran stoßen, daß und es handelt sid bier in der That nur um einen untergeordneten Theil unseres Wirthschaftssystems daß die alten Institute nicht mehr in demselben Umfange ihr Geschäft be- treiben können, wie bisher. Aber ih bestreite aub, daß dur das, was Sie beute beschließen wollen in Bezug auf die Unfallversiche- rung, das Geschäft der Privat-Versicherungsgesellshaften in einer Weise geschädigt wird, daß sie fortan nicht mebr existirea können. Ic bebauvte vielmehr, daß ihnen au in Zukunft nob ein weites Feld der Thätigkcit übrig bleibt, und i habe für diese Behauptung thatsächlihe Anhaltspunkte. Noch kürzlich hat die „Victoria“, etne Lebens-Versicherungsgesellsbaft, Angesichts der jeßigen Vor- lage und nachdem dieselbe {on bekannt geworden war, verkündet, daß sie die Unfall - Versicherungsbrande fortan zum Gegenstand ihres Geschäftsbetricbs machen wolle, und ein Artikel in der „Wallmannschen Versicberungszeitung“, etnem Fachorgan, führt zu dieser Ankündigung der „Victoria“ aus, daß die Privat-Unfall- versicherung, aub nachdem die staatliche Unfallversiberung für die Fit bes Ea scin wird, noch cin fruchtbares Feld der Thätig- eit behält.

Es ist das auc ganz richtig, die Einzelversicberung, die Neise- versicherung, bietet den Gesellshaften noch ein weites Arbeitsfeld.

ber weiter, meine Herren, wenn die Zablen, die uns _ der Hr. Abg. Larth rücksitlich des Verdienstes der Unfallversiche- rungs - Gesellshaften gegeben hat, richtig sind, wenn es wahr ist, daß mehrere von diesen Gesellschaften mit Unterbilanzen gearbeitet haben, nun, dann sollten sie dod den Geseßgeber segnen, der sie von diesem so wenig lukrativen Zweig ihrer Thätigkeit befreien will! Aber auc diesen Zahlen stehen andere Zahlen gegenüber ; ih

werde Ihnen darthun, daß das Geschäft gar nidt so wenig lukrativ ift. Es stehen mir biec aus den Berichten der Unfallversicherungegesell- scaften Zahlen zu Gebote, die beweisen, daß das Kapital, das in der Unfallverjicherung angelegt wird, gar niht s{le{t si verzinst. Die „Rhenania“ hat im Jahre 1878 9,40 ?/6 Dividende gegeben. Diese Dividende ist im Jahre 1879 auf 9,73 9/6 gestiegen, und im Jahre 1880 hat sich die Gesellschaft fogar einer Dividende von

10,43% zu erfreuen gehabt. (Hört, hört! rechts. Zuruf links : Das ift ja furchtibar! Weiterlesen!)) Ja, meine Herrea, daun soll man nicht von Unterbilanz spre{en, sondera die Zahlen so geben, wie fie si aus den Geschäftsberihten der Gesellscha sten darstellen. ;

Die „Winterthurgesellschaft“, die ja für das deutsche Reich8- gebict nur soweit interessirt, als sie uns mit den Woktlthaten ibres Gefcâftsbetriebes beglückt und auch aus diesem eine ganz hübsche Dividende bezieht, hat im Jar: 1877 6,45 9% Dividende gegeben und im Jahre 1877 10,57 %, Demnäcst ift allerdings die Dioi- dende zurückgegangen;z aber es lag daran, weil der Direktor mit einer größeren Summe des Kassenbestandes das Weite gesucht hatte.

_Die „Züricher Gesellschaft“, au eine ausiändishe Gesellschaft, weiche aber hier in Deutschland Geschäfte betreibt, hat im Jahr 1877 15,35 9% gegeben, 1878 11,89 ‘/6, 1879 21,13 °%. Also, meine Herten, entweder oder. Entweder das Geschäft ist lukrativ, dann soll das Lufrum unsere Industrie selbst genießen, oder es ift nit lufkrativ, dann ist es ein Segen, wenn wir die Unternehmer dieser Gesellschaften von der Last befreien.

__ Ja, meine Herren, ich habe mi, glaube id, nun genug über die Privat - Versicherung8gesellscaften ausgelassen, und was nun die vorgeschlagene Organisation anlangt, fo habe ih dem, was in den Motiven und dem Kommissionsberichte gesagt ist, cigentli® nichts hinzuzufügen. Jch will nur das eine sagen: Es ist die Absicht und der Plan, ein Gesc&äft, welches die Industrie selber angeht, durch sie selbft betreiben zu lassen, cs nit zum Gegenstande der Ausnußung zu machen. Von diesem

Gesichtspunkte aus kann ih mi für meine Person wie die ver- bündeten Regierungen darüber denken, woeiß id niht auch nicht

für den Antrag des Hrn. Abg. Occhelbäuser erwärmen; dean, meine Herren, das ist ganz klar, daß, wenn zu dem Versicherungsgeschäft zwei Faktoren herangezogen werden, einmal die Berusêgenossenshaften und zweitens eine Privat-Versicherung8gesellscbaft, daß dadurch das Ge- {äft vertbeuert wird, und was wir anstreben, ist das: wir wollen das Geschäft so billig gestalten, wie mögli, und wic wollen der Industrie für diesen Zweck nit mehr auferlegen, als wie sie noth- wendigerweise bei einer vorsichtigen und fsachgemäßen Verwaltung tragen muß. Deshalb, meine Herren, bitte ich Sie, bleiben Sie bei der Vorlage stehen.

Der Abg. Frhr. von Malßahn-Gülß erklärte, der §. 9, wie derselbe jeßt vorliege, befriedige keine der Parteien ganz, die für ihn stimmen würden. Ein Theil der Mitglieder dieser Parteien wünsche prinzipiell das Reich, ein anderer Theil geographisch beschränkte kleinere Bezirke als Grundlage der Organisation im G:seßze festgeseßt zu seben. Die Vermittlung beider Ansichten sei diefer Para- graph. Daß die Deulsch-Freisinnigen das Gesetz in irgend einer Form annehmen würden, habe er von Anfang an nit gehofft. Wenn heute der Abg. Barth gesagt habe, es sei ihm doch unbegreiflih, daß man die Privatgeseüschaiten nit in das Gescß aufnehmen wolle, obwohl konstatirt sei, daß alle für die Autshließzung der Gesellshaften angeführten Gründe falsch und hinfällig seien, so sielle er dieser allgemeinen Be- hauptung einen einfahen Widerspru entgegen. Die hohe Dividende, welche diese Gesellschaften bisher gezahlt hätten und die schließslich doch von der Jndustrie resp. den versicherten Arbeitern gezogen würden, sprehe doch gewiß nit für die Zulassung der Privatgesell]haften. Der spöttishe Zwischenruf des Abg. Richter, der dem Minister von Boettichec, als er die hohen Dividenden der Gesellschaften mitgetheilt habe, zugerufen habe, „furätbar!“ sei sehr bezeih- nend, Wenn der Landwirth 1/; dieser Dividende jährlich bätte, so würde derselbe ganz zufrieden sein, wenn er die Hälste hätte, so würde er überglüclih sein. Nicht ganz ohne Grund habe die Linke der Vorlage den Vorwurf gemacht, daß fie nit, wie die Privatgesellshaften, die Jndividualisirung des Risikos durh den einzelnen Betrieb voll ins Auge fasse. Deshalb habe er aber in dem §. 28 eine Bestimmung aufge- nommen, welche eine größere Jndividualisirung in Bezug auf die cinzelnen Betriebe für zulässig eriläre. Nach den kate- gorishen Erklärungen der verbündeten Regierungen stehe nun die Sache so: süge das Haus die Privatgesellschasten in das Gesetz cin, so komme das Geseß nicht zu Stande. Den Abg. Barth, welcher die Rechte gefragt habe, welhes die Gründe für den Ausschluß der Privat- gesellschaften seien ? frage er : was stehe ihm und Allen hier höher, die Interessen der Arbeiter oder die Jnteressen der Privat- gesellshasten? Für ihn sei die Antwort nicht zweifelhaft. Was die Anträge betreffe, so werde seine Partei gegen den Antrag Grad als entbehrlih und zum Theil bedenflich und für die Resolution Windthorst stimmen. Seine politischen Freunde und er hätten beantragt, in den 8. 9 die Bestimmung aufzunehmen, daß die Berufsgenossenschaften unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und vcrklagt werden könnten, sowie daß für die Verbindlichkeiten der Kasse den Kassengläubigern nur das Vermögen der Kasse haften solle. Dieser Antrag entspreche vollständig den Bestimmungen des Krankassengeseßes, und er bitte, denselben anzunehmen.

Der Abg. Payer erklärte sich Namens seiner Partei gegen den Aus\chluß der Privat-Versiherungsgesellshasten. Er sei sehr erstaunt, daß nicht nur die Aktiengesellshasten, sondern auch die auf Gegenseitigkeit beruhenden Gesellshafsten, also folhe, welhe auf demselben Prinzip wie dieses Geseß auf- gebaut seien, niht zugelassen werden sollten. Er verweise auf die bisherige, dur die Erfahrung gerechtfertigte Praxis der Versicherungsgesellshaften, je nah den Berufetlassen ge- sonderte Säße einzuführen, wonah_ das im Geseß ange- nommene Prinzip, alle Berufsgenossenschasten über einen Kamm zu scheeren, unrichtig ersheine. Glaube man denn, daß nach Verwerfung der Privatgesellshaften und Einführung der Berufsgenossenschaften Alles glatt gehen, daß es keine Vor- würfe regnen werde? Der Staats-Minister von Boetticher habe dem Hause nun zwar in dieser Beziehung beruhigende Erklärungen zu machen gesuht und namentlich auch auf eine Versicherungsgesellshaft „Victoria“ hingewiesen, welche die Gesichtspunkte der Vorlage für vollständig zutreffend erscheinen lasse, habe namentlich auch erklärt, daß für die Privatgesell-

haften noch Raum bleibe. Er habe indeß ebenfalls von kom- petenter Seite durhaus entgegenstehende Aeußerungen. Welche Garantie habe man denn auch dafür, daß die Berufsgenossen- schaften, wenn sie erst ohne Konkurrenz daständen, mit der- selben Coulanz vorgehen würden, wie die Privatgejellschaften ? Sei nicht gerade sehr zu befürchten, daß sich dort ein kleinlicher, bureaukratischer Geist geltend machen werde? Es wäre zur Ver- hütung derartiger Eventualitäten durchaus angezeigt, daß die Pri- vatgesellshaften neben den Berufsgenofsenschaften bestehen blieben. Dies würde aber gerade den Arbeitern zu Gute kommen. Sie würdea mehr individualisiren können und dadurch eine viel größere Einwirkung auf die Verhütung von Unfällen haben, und das sei mehr werth als Alles, was dem Arbeiter baar auf den Tisch gelegt werde, wenn ihn der Unfall bereits be- troffen habe. Welche Garantie habe man denn dafür, daß dieje Berufsgenossenschaften, wenn sie konkurrenzlos dastän- den, mit der Coulanz der bisherigen unter einander konfur- rirenden Gesellsczaften vorgehen würden? Es werde sih ein engherziger, kleinliczer, bureaufkratisher Geist in diese Orga- nisationen in kurzer Zeit eindrängen. Und welWhe Garantien habe man dafür, daß die Berufsgenossenschafsten dermaleinst, wenn sie ihren Verpflihtungen nachkommen sollten, dazu auch imStande seien? Es möge vielleicht bisher vorgekommen sein, daß eine Versich:runasgesellshaft bankerott geworden sei, aber bei den Berufégenossenshaften mit dem Umlageverfahren werde man es erleben, daß sie dußendweise bankerott würden, weil sie bankferott werden müßten. Man werde vielleiht sagen, das Reich müsse zuschießen. Seine Partei wolle aber nicht, daß die anderen Klassen der Bevölkerung belastet würden zu Gunsten der Jndustrie. Dem Arbeiter sei es ganz gleichgültig, ob er das, was er nöthig habe, von einer Privatgesellschafst bekomnme, oder von einer Berufsgenossenschaft; es frage sich nur, bei welchem dieser Systeme komme mehr für ihn heraus. Deshalb sollte man es mit den Privatgesellscasten einmal probiren. Leisteten sie weniger als die staatlichen Genossen- schaften, dann würden sie auf der Stelle und mit Necht zu Grunde gehen, leisteten sie mehr, so solle man theoretisher Bedenken wegen den Arbeitern das Plus nicht entziehen.

Hierauf ergriff der Staats:Minister von Boetticher das Wort:

Jch habe das Bedürfniß, dem Herrn Vorredner glei auf einige

seiner Bemerkungen zu antworten, und da beginne ih meine Erwide- rungen mit der leyten Ausführung des Herrn Vorredners, welche dahia ging, daß zu fragen sei: „bei welchem System springt für den Arbeiter mehr heraus, wer leistet mehr, die Berufsgenossenscbaft oder die Privat-Versicherung8gefellschaft ? und je nachdem diese Frage zu Gunsten der einen oder anderen Institution zu entscheiden ist, muß man die eine oder andere Institution wählen,“ Die Frage, meine Herren, ist nicht richtig gestellt gegenüber der Vorsorge, die das (Sesez trifft in Bezug auf bie Entschädigung, die der verunglückte Arbeiter bekommen soll. Für den Arbeiter springt, nawdem Sie die Enischädigungssäte festgestellt haben, bei kciner der versGied-nen in Betracht kommenden Institutionen mehr heraus; der verunglückte Arbeiter bekommt immer dasselbe, Sie mögen als Versiherungtkörper die Privatgesellfaft oder die Berufsgenossenschaft hinstellen. __ Aber die andere Frage, die der Herr Vorredner aufgeworfen hat, ist rictig gestellt: wer leistet mehr nit in Bezug auf die Arbeiter, sondern in Bezug auf die Industrie, wer leistet billiger und wer giebt die größere Garantie, daß das, was das Gesetz auferlegt, auch wirklich geleistet wird ? Diese Frage, glaube ih, wird bei eingehender Prüfung dahin beantwortet werden müssen: die Berufêsgenossenschaft leistet mchr, wenn sie so konstruirt ift, wie sie zweckgemäß und finn- gemäß nach dem Gesetze konstruirt werden muß.

__ Der Herr Vorredner hat in Bezug auf meine Ausführungen be- züglich der mangelnden Garantie im Falle einer großen, der Privat- gescllschafst unbequemen Anforderung gemeint: ja, wer giebt denn die Garantie dafür, daß die Berufégenossenschaft nun in alle Ewigkeit leistungsfähig sei und daß sie niht auch bei einem großen Unglück, bei einer erheblichen Anforderung aenöthigt werde, das Geschäft ein- zustellen7 Nun, meine Herren, die Garantie dagegen ift durch den Gesichtspunkt gegeben, der nothwendigerweise bei der Bildung der Berufsgenossenschaft im Auge behalten werden muß, daß nämli von vornherein die Abgrenzung derselben so erfolgt, daß sie die Gewähr der Leistungsfähigkeit in fh trägt. Diese Gewähr haben Sie bei der Privatgeselishas\t niemals, und wenn Sie auch die Zulassung bestimmter Privatgesellshasten abhängig machen von der Zustimmung der Reichsbehörde und wenn diese Zustimmung ertheilt wird um des- willen, weil diese Privatgesellsbaft zur Zeit so potent ist, daß man annehmen darf, sie werde das Risiko, welches das Gesetz ihr auf- erlegt, tragen können, so haben Sie niemals die Gercähr da- für, daß übers Jahr der Zustand der Gesellschaften noch derselbe ist wie beute. Ich gebe zu, daß innerhalb der Industcie Aenderungen eintreten können, welche die Laft, die den BerufégenossensGaften auf- erlegt wird, zu einer, für die Mitglieder drückenden macben; aber wenn die Berufsgenossenschaft an sid richtig und potent genug kfon- struirt ist, so tcâgt sie auch die Gewähr dafür, daß diese Verände- rungen für sie niemals letal sein werden. Und, meine Herren, wir werden ja bei dem Paragraphen, der von der Reichsgarantie handelt, noch mehr darauf zu spreben kommen wir sind bei der Abfassung des Gesetzes von der Absicht auëgegangen, daß die Bil- dung der Genossenschaften so erfolgen müsse, daß diese Reichsgarantie niemals wirksam werden wird, daß sie vielmehr nur einen dekorativen Charakter behält.

Nun, meine Herren, komme ich auf einzelne Punkte, und da wiro mir der Herr Vorredner gestaiten, daß ib nach der RNeile der Aufzeihnungen gehe, die ih mir aus seiner Rede gemaht habe. Er hat gegenüber den Klagen, die über die Geschäftéfübrung dcr Versicherungê®gesell- {asten geführt werden, und gegenüber dem Umstand, daß, wie er selber nidt bestreitet, ein großer Theil der Entschädigungsansprüche der versicherten Arbeiter erst im Prozeßwege gegen die Privatgesell- schaften hat ersftritten werden müssen, darauf hingewiesen, daß au der Fiskus, wo er als Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gegenüber- stehe und einem Anspru auf Entschädigung auëgeseßt sei, nicht selten prozeßsühtig sei und daß der Fiskus cine ganze Anzahl von Prozessen verliere. Nun, meine Herren, wenn der Fiskus das thut, so werden wir alle vom Standpunkte des Gesetzgebers aus es auf das Aeußerste verurtheilen, daß er so vor- geht, daß er gere{tfertigte Ansprüche bestreitet und die Arbeiter in die Nothwendigkeit verseßt, erst den Rechtsweg zu betreten. Aber, meine Herren, der Fiskus scbeidet ja nah der Konstruktion dieses Gesetzes vollständig aus Die Arbeiter haben es künftig weder mit dem Fiskus, noch mit einzelnen Privatunternehmern, noþ mit einer Versicberungsgesellsaft zu thun, sondern fie haben es zu ihun mit einer Berufsgenofsenschaft, welche sid in jedem einzelnen Falle blos mit der Frage zu beschäftigen hat: „ist ein Unfall passirt, und welche Rente bekommt der Verletzte?* Aber daß, wenn si ein Unfall bet einem Betriebe ereignete, der Verlezte unter allen Umständen eine

B ere

R E T M E due C