1884 / 165 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Jul 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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Verzeichniß der Vorlesungen

an der Königlichen landwirthshaftlichen Hochsbule zu Berlin, Invalidenstraße Nr. 42,

im Winter-Semefter 1884/85.

1) Landwirthshaft, Forstwirthshaft undGartenbau. Geheimer Regierungs - Rath, Professor Dr. Settegast: Zucht, Haltung und Ernährung des Fleischschafes. Geschichte und Literatur der deutschen Landwirthschaft. Allgemeine Thierzubt. Professor Dr. Orth: Allgemeine Ackerbaulebre, I. Theil: Vodenkunde, Urbar- macbung, Ent- und Bewässerung. Landwirthschaftlicbe Betriebslehre. Praktische Uebungen im agronomisch-pedologischen Laboratorium. Leitung agronomischer und agrifkfulturemischer Arbciten für Vorgerücte. Oekonomie-Rath Dr. Frhr. von Canstein: Spezieller Pflanzenbau. Dr. Grahl: Landwirtbschaftlihe Tarationslehre. Prinzipien und Methode der landwirthschaftliden Bubführung. Landwirthschaft- lies Seminar. Dr. Hartmann: Rindviehzubt. Merinoschafzucht und Wolikurde. Fo1stmeister Krieger: Waldbau. Forstbenußung; Gewinnurg und Zugutemacbung der Nebennußzungen. Dr. Leh- mann : Landwirtbschaftlibe Fütterungslehre. Theil T. (Nährstoffe, Futtermittel und Grundlagen der Fütterung8rormen). Schweine- zut. Universitätsgärtner Lindemuth: Okstbau. Benno Mar- tiny: Molkereiwesen. 11. Theil (Technik des Molkereibetriebes). Ingenieur Scbotte: Landwirthschaftlibe Maschinenkunde. Prinzipien der Mecharik und Maschinenlehre. Zeibenübungen.

2) Naturwissenshaften. a. Botanik und Pflanzer.pbysio- logie. Professor Dr. Kny: Anatomie und Entwickelungegescichte der Pflanzen in Verbindung mit mikroskopishen Demonstrationen. Botaniscb-mikroskopisher Kursus im Anschlusse an vorstchende Vor- lesung. Leitung der Arbeiten im botanishenInstitut. Prefcfsor Dr. Frank: Krankheiten der Ku!turpflanzen. Ueberblick über die Pflanzenphysiologie (Ernährung der Pflanzen). Uebungen im pflanzen- pbysiologi\chen Institut. Arbeiten für Fortgescbrittencre im pflanzen- pbysiologiscen Institut. Professor Dr. Wittma: Systematiscbe Botanik mit besonderer Berücksichtigurg ter !andwirthscaftlicen und offizinellen Pflanzcn. Verfälschung der Nahrungs- und Futtermittel. b. Chemie und Te&bnologie. Geheimer Regierungs-Rath Profefsor Dr. Landolt : Anorganise Experimentalemie. Großes hemisches Praf- tifum. Kleines chemishes Praktikum. Dr. Degener: Organische Chemie. Verwerthung der Abfallsteffe in der Landwirthschaft. Professor Dr. Delbt ük: Brennerei, Brauerei, Eifig- und Stärkefabri- tation. Uebungen für Brennerei und Stärkefabrikation. c. Mine- ralogie, Geologie und Geognosie. Professor Dr. Gruner: Boden- funde, Geognosie und Geologie. Mineralogiscb-pedologishes Prak- tifum im mineralogiscen Institut. d, Physik. Professor Dr. Börn- stein: Experimentalphysik, I. Theil. Wetterkunde. Physikalische Vebungen im physikalishen Kabinet. e. Zoologie und Thierphysio- logie. Professor Dr. Nehring: Zoologie und vergleichende Anatomie mit besorderer Berücsibtigung der Wirbelthiere. Zoologisces Kelloquium Dr. Karsch: Landwirtbschaftlihe Entomolegie. Ueber Bienenzuchbt und Seidenbau. Professor Dr. Zunk: Physiologie des thietisben Stoffwecsels. Gesundhcitspflege der Hausthiere. Thier- vhvsiologishe Uebungen (in Gemeinschaft mit Dr. Lehmann).

3) Staats- und Rechtswissenshaft. Professor Dr. S@moller: Ueber Agrarwesea und Agrarpolitik Deutschlands im 18. und 19. Jahrhundert. Kammergerihts-Rath Kevüner: Reichs» und preußishes Recht wit besonderer Rücksicht auf die für den Landwirth und Landmefser wichtigen Rechtsverhältnisse

4) Veterinärkunde. Professor Dicckerhoff: Scucken und parasitishe Krankheiten der Hausthiere. Ober-Roßarzt Küttner : Hufbeschlagslehre. Professor Müller: Anatomie der Hausthiere, verbunden mit Demonstrationen.

5) Kulturtecwnik, Meliorationswesen und Bau- kunde. Meliorations-Bauinspektor Köhler: Kulturtecnik. Kuitur- technisches Seminar und Konversatorium. Eatwerfen von Ent- und Bewässerungsanlagen. Professor Schlichting: Wasserbau. Wege- und Brückenbau. Entwersen von Bauwerken des Wasser-, -Wege- und Brücenbaues. Landwirthschaftlidbe Baulchre (Wirthschafts- gebäude und Gebäude der landwirth\chaftliben Gewerbe).

6) Geodäsie und Mathematik. Professor Dr. Vogler: Praktische Geometrie. Landesvermessung. Ausgleihurgêreckchnung. Meß- übungen. Zeicben- und Rebenübungen. Professor Dr. Börnstein : Anaiytishe Gecmetrie und Analysis. Mathematishe Uebungen. Oberlehrer Dr. Reichel: Elementar-Mathematik, Ergänzungen zur Algebra und darstellenden Geometrie. Matbematishe Uebungen zur Algebra, Analysis und darstellenden Geometrie.

Anmerkung. Während dcs Monats Oktober finden für die- jenigen Studirenden, welde sib der Landmesser-Prüfung zu unter- ziehen gedenken, mathematish-geodätiste Kebenübungen statt.

Das Winter-Semester beginnt am 15, Oktober 1884. Honorar pro Semester 100

Programme sind durch das Sekretariat zu erbalten.

Berlin, den 30. Juni 1884,

Der Rektor. Settegast.

Personalveränderungen.

Königlih Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versesungek. Im aktiven Heere. Ems, 4. Juli. Naglo, Oberst-Lt. vom Inf. Regt. Nr. 68, ein Patent seiner Charge verlichen. v. Müller, Sec. Li. à la suite des Ulan. Regts. Nr. 15, dessen Kommando zur Dienstleist. bei dem Auswärtigen Amt bis ult. Dezember cr, ver- längert. s. Juli. v. Schell, Oberst-Lt. vom Inf. Regt. Nr. 83, ein Patent seiner Charge verlichen. v. Schön, Secec, Lt. vom Ulan. Regt. Nr. 8, zum Pr. Lt. befördert.

X11. (Königlich Württembergisches) Armee-Corps.

Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. 7. Juli. Burkhardt, Major z. D., zum Bez. Commandeur des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 124 ernannt. v. Lienhardt, Major im Gren. Regt, Ne. 119, zum Bats. Comman- deur ernannt. v. Niethammer, Hauptm. und Comp. Chef im Gren. Regt. Nr. 119, zum überzähl. Major, Frhr. v. Ziegesar, Pr. Lt. in dems. Regt., zum Hauptm. und Comp. Chef befördert. Frhr. v. Soden, Pr. L. im Gren. Regt. Nr. 123, in das Gren. Regt. Nr. 119, v. Heider, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 120, zum Pr. Lt. befördert und in das Gren. Regt. Nr. 123 verseßt. Mosfsec, v. Maur, v. Schroeder, Sec. Lts, im Feld-Art. Regt. Nr. 29, in das Fuß-Art. Bat. Nr. 13, Weiß, Mohn, Sec. Lts. im Fuß: Art. Bat. Nr. 13, in das Feld-Art. Regt. Nr. 29, Kling, Zink- han, Sec. Lts. im Fuß-Art. Bat. Nr. 13, in das Feld-Art. Regt. Nr. 13, zum 1. Oktober d. I. verseßt,

Im Beurlaubtenstande. 7. Juli. Ruschke, Sec. Lt. der Res. des Inf. Regts. Nr. 124, Klett, Sec. Lt. von der Landw. Inf, des Res. Landw. Bats. Nr. 127, Stüßner, Sec. Lt. von der Landw. Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 122, Becbstein, Sec. Lt. von der Landw. Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 119, M ann, Sec. Lt. der Res. des Inf. Regts. Nr. 122,

üller, Secc. Lt. von der Landw. Inf. des Res. Landw. Bats. Nr. 127, Frhr, v. Gaisberg-Schödk ingen, Sec. Lt. von der Landw. Inf. tes 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 121, R öhri G, Sec. Lt. von dec Landw. Inf. des Res. Landw. Bats. Nr. 127, Sch{ midt, Sec. Lt. von der Landw. Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 122, Stettner, Fischer I, Mühlberger, Kallee, Scc. Lts. von der Reserve des Gren. Regts. Nr. 119, Elsäßer, Sec. Lt. von der Landw. Inf. des 2. Bats... Landw. Regts. Nr. 121, v. Dumreicher, Sec. Lt. der Reserve des Inf. Regts. Nr. 125, Marquardt, Sec. Lt. der Reserve des Gren. Regts. Nr. 119, Vogel, Sec. Lt. der Reserve des Ulan. Regts. Nr. 19, Siebe, Sec. Lt. der Reserve des Inf. Regts. Nr. 125, Müller, Sec. Lt. von der Landw. Kav. des 2. Bats. Lardw. Regts. Nr. 119, zu Pr. Lis, befördert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktivenHeere. 7. Juli.

Burkhardt, Major und Bats. Commandeur im Gren. Regt. Nr. 119, mit Pens. zur Disp. gestellt. v. Foernzler, Oberst-Lt. z. D., von der Stellung als Bez. Commandeur des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 124 entktunden. Frhr. v. Einsiedel, Major und Referent im Kriegs-Ministerium, unter Verleihung des Charakters als Oberst-Lt., der Abschied mit Pens. und seiner bisher. Uniform bewilligt. Bopp, Major z. D., von der Stellung als Bez. Com- mandeur des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 120 entbunden.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 16. Juli. Se. Majestät der Kaiser und König sind, laut Meldung des „W. T. B.“, gestern Nachmittag 53/4 Uhr im besten Wohlsein in Bad Gastein eingetroffen.

Bei dem Eingange des Kurorts, in der Nähe der evan: gelischen Kirche, war cine mit österreihishen und deutschen Fahnen dekorirte Ehrenpforte errihtet. Auch der Kurort selbst war festlich geshmückt. Die Kurgäste hatien sih auf dem Wege nah dem Badeschloß versammelt und be- grüßten Se. Majestät mit lebhaften Hochrufen. Auf dem Straubinger Platz, vor dem ebenfalls festlich dekorirten Bade- \chlosse, nahmen Se. Majestät die Begrüßung des Statt- halters Grafen von Thun-Hohenstein, des Landeshauptmanns Grafen Chorinéfy, des Bürgermeisters und zahlreicher Hono- ratioren entgegen. Viele der Anwesenden wurden von Sr. Majestät durch huldvolle Ansprachen ausgezeichnet.

Das heute früh ausgegebene Bulletin über das Be- finden Jhrer Königlichen Hoheit der Frau Prin- zessin Wilhelm lautet:

Marmorpalais, den 16. Juli 1884.

Nach einer guten Nacht ist das Befinden Jhrer König- lihen Hoheit der Frau Prinzessin Wilhelm durchaus zu: friedenstellend. Auch der neugeborene Prinz befindet Sich gut.

Schröder. Ebweier.

Fügt der Jnhakter eines Wechsels ohne Ermättigung von Seiten des Acceptanten resp des Ausstellers dem Wechsel ein Domicilvermerk hinzu, so bildet nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 29. April d. J., diese That objektiv eine Urkundenfälschung, und der Thäter ist wegen Urkundenfälshung zu bestrafen, wenn er sich der civilrechtlihen Rehtswidrigkeit seiner Handlungsweise bewußt gewesen war; hat der Thäter aber sich in dem Jrrthum befunden, etwas civilrechtlih Erlaubtes zu thun (beispielsweise in Folge der unbefugten Ermächtigung seines Vormannes zur Änfügung des Domicilvermerks), fo kann eine Bestrafung desselben nicht eintreten.

Der Chef - Präsident der Ober- Rehnungskammer, Wirkliche Geheime Rath von Stünzner, hat einen mehr- wöchigen Urlaub angetteten und sich nach Wildbad Adel- holzen in Ober-Bayerr; egeben. J

‘Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staats- Anzeigers“ ift cine „Besondere Beilage“ (Nr. 6), enthaltend Entscheidungen des Reihs8gerichts, beigefügt.

S, M.S. „Niobe“, 10 Geschüße, Kommandant Kapitän z. S. Schröder, ist am 16. Juli cr. in Arendal ein- getroffen und beabsichtigte, am 22. Juli cr. die Reise fort- zusetzen.

Sachsen. Dresden, 16. Juli. (W. T. B.) Prinz Georg ift heute früh mit den. Prinzessinnen Mathilde und Maria Josepha sowie den Prinzen Johann Georg und Max über Frankfurt und Heidelberg nah Straßburg abgereist, wo sih denselben der Prinz Friedrih August zu einer längeren Reise nah der Schweiz und Sigmaringen anschließen wird.

Baden. Karlsruhe, 15. Juli. (W. T. B.) Der Großherzog, die Großherzogin und der Erbgroß- herzog sind von der Jnsel Mainau vor ihrer Abreije nah Stockholm zu einem kurzen Aufenthalt hier eingetroffen.

Meck&lenburg -: Schwerin. Schwerin, 15. Juli, (Medckl. Anz.) Anläßlih der Rückehr der Großherzog- lihen Herrschaften wird auf Befehl des Großherzogs am Freitag dieser Woche im Schloßgarten ein Volksfest mit freier Bewirthung abgehalten werden. Demselben“ wird am Dienstag der nächsten Woche ein Garten fes beim Pavillon folgen, zu welhem besondere Einladungen ergehen werden.

Sachsen - Weimar - Eisenah. Weimar, 15. Juli, (Weim. Ztg.) Der Großherzog is mit dem heutigen Nacht-SchneUzuge über Coblenz, wo Se. Königliche Hoheit Jhrer Majestät der Kaiserin einen Besuh abstatten wird, nah dem Haag abgereist, um der Beiseßung des verewigten Kronprinzen Alexander, Prinzen von Oranien, beizuwohnen.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 15. Juli. (W. T. B.) Die „Wiener Abendpost“ schreibt: Se. Majestät der Deutsche Kaiser hat heute wieder den österreichischen Boden betreten, um, wie seit einer Reihe von Jahren, Kräfti- gung seiner Gesundheit zu Gastein zu suchen und zu finden. Die Völker der österreichish-ungarishen Monarchie begrüßen in dem Besuche des Deutschen Kaisers ein stets erfreuliches Unterpfand der zwischen den beiden Kaiserhöfen und Reichen bestehenden innigen Freundschaft.

Agram, 15. Zuli. (W. T. B) Der Landtag ist heute mittelst Kai! erlihen Handschreibens, welches der Banus überreichte, bis auf Weiteres vertagt worden. Der Schluß erfolgte unter lebhaften Hochrufen auf den Kaiser und den Banus.

Velgien. Brüssel, 15. Juli. (W. T. B.) Nach definitiver Feststellung hat bei den hiesigen Stichwahlen die liberale Liste mit 400 Stimmen die Majorität erhalten. Jn Tournai ist der Kandidat der katholischen Partei gewählt worden. Leßtere hat demnach jeßt im Senat eine Majorität von 17 Stimmen.

Großbritannien und Jrland. London, 14. Juli (Allg. Corr.) Die Ausfichten auf das Zustandekommen eines Kompromisses zwischen der Opposition im Ober- hause und der Regierung in Bezug auf die Wahl- reform-Vorlage sind niht so günstig, wie es anfänglih

schien. Der „Standard“, welcher Beziehunzen zu den Führer der konservativen Partei unterhält, shreiot: Jn den Clußz und unter Politikern beider Parteien herrs{hte am Sony, abend der Eindruck vor, daß der Vorschlag der Regi rung, der Krone eine gemeinschaftliche Adresse Häuser des Parlaments in Betreff der Neueintheilung Wahlbezirke zu unterbreiten, die Basis für eine Uebereinkun bieten dürfte. Es wurde indeß anerkannt, daß gegenseitig; Zugeständnisse zu machen sein würden, ehe irgend eine be digende Hebung der Schwierigkeit erzielt werden könnte, Hoffnung auf ein Arrangement wird indeß als unmögli erahtet, wenn die Regierung entshlossen ist, keine Weiteren Sicherheiten in Bezug auf die Annahme der Bill zur Neueintheilung der Wahlkreise zu geben. Was dey von Lord Wemyߧ angemeldeten Antrag betrifft, so ist di; Haltung der konservativen Führer hinreichend gekennzeihn dur das von der Partei versandte Rundschreiben, worin di konservativen Pairs ersucht werden, am Dienstag auf ihre Pläßen zu sein, um den Antrag zu bekämpfen. Wie der „Standard“ ferner erfährt, wäre Lord Wemyß' Antrag ver demselben ganz aus eigener Jnitiative und ohne vorherige E mit den Führern der konservativen Partei ent worfen.

Sollte das Oberhaus die Wahlreformbill ahe: mals verwerfen, so liegt es, wie der „Observer“ erfährt, j der Absicht der Regierung, das Parlament unverzügliä aufzulösen und die Neuwahlen noch vor Weihnadter stattfinden zu lassen. Zu diesem Zweck is die Herbsi: session auf ein so frühes Datum wie den 20. Dftober ar: beraumt worden.

Die Unterhandlungen zwischen dem hiesigen niede;: ländischen Gesandten, Grasen Bylandt und Lr Granville bezüglih der Befreiung der Mannschaft des Dampfers „Nisero“ nehmen ihren Fortgang. Vor einigen Tagen deutete die niederländishe Regierung an, daj sie Willens sei, dem Radshah von Tenom gewisse Aner bietungen zu machen, die, wie sie glaubt, zur Befreiung der Mannschaft führen werden. FJnzwischen ist die englis Kriegskorvette „Pegasus“ angewiesen worden, in Atschin zu bleiben und dem dortigen britischen Konsul sowi: den \hiffbrüchigen Gefangenen jeden möglihen Beistand eiten. j

Jn Wimbledon nahm am Sonnabend das jährli Preisschießen der englischen Freiwilligen - Corps unter zahlreiher Betheiligung aus allen Theilen des Ver: einigten Königreiches sowie aus Canada und Fndien sein Anfang. Es kommen in diesem Jahre Preise ün Gesammt: betrage von 15 000 Pfd. Sterl. zur Vertheilung.

15, Zuli. (W. T. B.) Die finanziellen Yei: geordneten der Konferenz traten heute Nachmittag in Auswärtigen Amt wiederum zu einer Sißung zusammen.

Jm Carltonklub fand heute eine Versammlung der Mitglieder der konservativen Partei des Ober: und Unterhauses statt. Gegen 300 Personen wohnt der Versammlung bei. Die Lords Salisbury un Northcote hielten Ansprachen, in welchen sie für das Ver halten des Oberhauses in Betreff der Wahlreformbil eintraten und sih gegen die Anuahme der von Lord Wemyfß angemeldeten Resolution erklärten. Die Versammlunz

: nahm schließlih eine Resolution des Jnhalis an, daß dai

Oberhaus bei der Ablehnung der Wahlreformbill zu unter stüßen sei, wenn die Regierung nicht dem Amendement zu stimmen sollte, nah welchem die Wahlreformbill erst nach der Annahme der Bill über die Neueintheilung der Wahlbezirk in Kraft treten soll.

Ein Telegramm des „Reutershen Bureaus“ au Aden von heute meldet: Der hiesige englische Residen! hat sich mit zwei englishen Kanonenbooten nah Ber: d begeben, um diesen Hafen für England in Besiß. nehmen.

_— 16. Juli, früh, .(W., T. B.) ‘. Wie in parlamen: tarishen Kreifen verlautet, wird Lord Cadogan die vot Lord Wemyß angemeldete Refolution im Namen di Opposition durch ein Amendement bekämpfen, in welen die Einberufung des Parlaments zu einer Herbstsession, behuf Berathung einer neuen Bill über die Wahlreform und di Neucintheilung der Wahlbezirke, beantragt werden foll.

Frankreich. Paris, 15. Juli. (W. T. B.) Drt Senat hat heut? den beantragten Kredit von 2: Millionen Francs für die von der Cholera-Epideuit Heimgesuthten einstimmig genehmigt. Gavardie, von de Rechten, machte darauf aufmerksam, daß ein so hoher Betrag nit erforderli sein würde, wenn die Hospitäler nicht [aïci: sirt wären. 7

Die Kóömmission des Senats für die Revision der Verfassung hat nahezu einstimmig beschlossen, d! Revision des Artikels 8 der Verfassung, betreffend die finan? ziellen Rechte des Senats, nicht stattfinden zu lasen. Dagegen wurde das von dem Senator Fay e beantragli Amendement, welches dahin geht, den Artikel 8 zu vervol: ständigen, in Erwägung gezogen. Wie verlautet, dürfte di Kommission am nächsten Donnerstag mit dem Ministit: Präsidenten Ferry die Garantien berathen, welche von d‘ Kammer verlangt werden follen, bevor der Senat der Reviji0! zustimmt. Für den Fall, daß der Senat in die Revision d Verfassung willigt, nünmt man an, daß der Kongreß tf im Oktober zusammentreten werde. 5

Der französische Botschafter in Berlin war be auftragt, dem Bedauern setner Regierung Ausdru zu geben, anläßlich des beim gestrigen Volksfes|st in Paris tf folgten Herabreißens einer an einem Gasthofe ans? brahten deutschen Fahne. Wegen der Schnelligkeit d? guten Vorganges habe die Polizei niht rechtzeitig einschreilt

nnen. 5

16, Zuli, früh. (W. T. B.) Von gestern früh k? zum Abend kamen in Marseille 30, in Toulon 7 C" leratodesfálle vor. h

Toulon, 16. Juli. (W. T. B.) Von gestern Abe bis heute Vormittag 10 Uhr starben 22 Personen an “s Cholera; unter den ‘an der Cholera Gestorbenen befind sih die Gemahlin des Admira.s Fisquet. nd

Marseille, 15. Juli. (W. T. B.) Die Mini des Innern, der öffentlihen Arbeiten und Handels sind heute Vormittag hier eingetroffen. Der Prie felt erstattete den Ministern Bericht über die Lage in Me seille. Er theilte mit, daß gegen 65 000 Personen seit d Auftreten der Cholera die Stadt verlassen hätten, t daß Arbeitslosigkeit die Arbeiterbevölkerung be U A beabsichtigen die Minister sich nah Toulon zU* geben.

16. Juli. (W. T. B.) Die Zahl der seit gestern Abend bis heute Vormittag 10 Uhr an der Cholera Gesiorbenen beträgt 20. Durch eine heftige Feuersbrunst wurden die Shuppen der hiefigen Ketten-Schiffahrts- Gesellshaft in Asche gelegt; der Schaden wird auf 1 Million Francs geschäßt.

Rumänien. Bukarest, 14. Juli. (Wien. Ztg.) Die vereinigte Opposition berief für gestern eine öffentliche Versammlung ein und ließ in derselben Proklama- tionen vertheilen, welche zur Revolte auffordern. Mehrere Anwesende hielten Brandreden, namentli Blaremberg und Verneëco. Leßterer stieß Jnsulten und heftige Drohungen egen den König aus. Jn Folge des energischen

rotestes eines großen Theils der Anwesenden entstand eine Rauferei, welche sih bis in die Straßen und bis vor den fonservativen Klub fortsezte. Mehrere Anhänger der Opposition, welche von dem Revolver Gebrauch machten, ohne indeß Jemand zu verwunden, wurden von der Menge übel ugerichtet. Die Polizei mußte einschreiten, um dieselben vor Mißhandlungen von Seiten der Menge, welche in den konser- vativen Klub eindringen wollte, zu s{hüßen, und stellte bald die Ordnung wieder her.

Dänemark. Kopenhagen, 16. Fuli. (W. T. B.) Der König ist von seiner Reise nah Deutschland und Oester- reih heute Vormittag hierher zurückgekehrt.

Amerika. New - York, 13. Juli. (Allg. Corr.) Arrerikanische Politiker beider Parteien erwarten jeßt die Er- flärung der unabhängigen Republikaner, welche in der nächsten Woche eine Konferenz abhalten werden. Man glaubt, sie werden den Gouverneur Cleveland unterstüßen. Die unabhängigen Zeitungen, welche Blaine's Präsidentschafts- Kandidatur bekämpfen, wie z. B. die „New-York-Times“, der „Herald“ und die „Evening-Post“, treten energisch für den Gouverneur Cleveland ein. Die „Timcs“ sagt: „Er sollte unser nächst.r Präsident sein, und wir giauven, er wird es sein“, Dem Gouverneur Cleveland wurde gestern Abend in Albany eine Serenade gebraht. Er hielt eine kurze Rede, in welcher er bemerkte: er nehme seine Aufstellung zum Präsi- dentschafts-Kandidaten an und sei von seinem s{ließlihen Erfolge überzeugt.

Afrika. Egypten. Kairo, 12, Juli. (Allg. Corr.) Am nächsten Montag wird sich eine Abtheilung Kavallerie von Assuan nach einer, 12 Meilen von Darawi gelegenen Position begeben, von wo aus sie die nah Berber 1ührende Straß2 beobahten wird. Eine andere Abtheilung marschirt Tags darauf nah Wady Halfa. Oberst Duncan wird das Kommando in Korosko in einigen Tagen üternehmen. In Suakim lief heute Abend ein Telegramm ein, dem- zufolge in Agig die Ordnung wieder hergestellt worden ist.

Suakim, 13. Juli. (A. C.) Der Dampfer „Da- manhur“ ist von Massauah hier angekommen, Derselbe überbringt die Meldung, daß dort in wenigen Tagen einige abessinishe Häuptlinge mit einem Elephanten erwartet werden, den sie als Geschenk des Königs von Abessinien an die Königin Victoria nah England bringen werden. Das englishe Kanonenboot „Woodlark“ kehrte gestern Nachmittag von Rawaya und Agig hierher zurück. Jn beiden dieser Pläße herrscht Ruhe. Jn Agig sind 2000 Ein- wohner, die bis zur Ankunft des egyptishen Dawpfers „Dib- el-Bahr“, der mit Kondensatoren dahin unterwegs ist, ohne Wasser sein werden.

Assuan, 13. Juli. (A. C.) Eine Anzahl Kaufleute hat den Behörden eine Bittschrift zu Gunsten einer ansehn- lihen Herabsezung der Häuser- und Vermögenrssteuer über- reit. Die Bittsteller heben hervor, daß ihnen durch den Verlust des Transportshandels zwishen Egypten und dem Sudan, der früher in ihren Händen war, empfindlicher Schaden zugefügt worden sei. General Grenfell kam heute Morgen hier an.

Der „Daily News“ wird unterm 13. d. aus Assuan gemeldet: Unter der eingeborenen Bevölkerung sind Gerüchte im Umlauf, daß Dongola gestern von den Streitkräften des Mahdi beseßt worden wäre, und zwar ohne daß man einen Schuß abgefeuert hätte. Die Soldaten der Garnison sollen sich den Rebellen angeschlossen haden. Diese Nachricht erhält Färbung durch die Thatsache, daß englische Trup- pen heute Morgen von Assuan Besiß ergriffen haben.

Madagascar. (A. C.) Die „Times“ meldet: Der von Mauritius angekommene Postdampfer „Taymouth Castle“ bringt Nachrihten aus Madagascar. Die Hovas maren beim Abgange des Dampfers beschäftigt, Vertheidigungsmaß- regeln zu ergreifen. Truppen von Tongking treffen rash ein und werden in Tamatave und Majunga ge- landet. Es soll ein gleichzeitiger Angriff auf die Hauptstadt von beiden Seiten erfolgen, wobei die größere Armee von Tamatave aus vorrücken wird. Am 2. Juni machte die Garnison von Tamatave einen Ausfall gegen Farafatte. Die Hovas eröffneten cine Kanonade, und die Franzosen zogen sih ohne Verluste zurück. Das Geschäft stockt gänzlich. Farafatte sollte am 1. Juli in Stärke angegriffen werden.

Zeitungsstimmen.

In der Münchener „Allgemeinen Zeitung“ lesen wir: __. _… « Zum Glück hat der Reichskanzler in der berühmten Kom- missionssißung einen dicken Strich dur die allzu hoch fliegenden Plâne und Träume gezogen. Er verwirft kategorisd die Gründung von Kolonien auf Reichsfosten und sichert dagegen den freien Grün- dungen den Reichsschuß, so lange sie sih felbst erhalten können. Geben sie zu Grunde, so hat die Niederlassung mit dem Schutze ihr Ende erreicht.

Kein Verständiger wird bestreiten, daß diese Ansicht rebus sic stantibus die allein richtige ist. Zuerst war es ftet8 eine mißlice Sacbe um die Gründung offizieller Niederläfsungen; die Regierungen der folonisirenden Völker haben zuerst die Privaten gehen lassen und sich I die Sache crit bekümmert, wenn etwas Dauerbares geschaffen

orden.

Zweitens aber beschränkt der Reichskanzler das Kolonialsystem des Deutschen Reiches sichtlih auf Faktoreien, auf Hardelsetablisse- ments. Wie sieht es dann aber mit dem Menschencxport aus? Eine größere Zahl solcer Faktoreien angenommen, so wird sicberli eine nit unbedeutende Anzahl von Arbeitskräften unter lohnenden Bedin- gungen auswandern; aber von eigentlid:en Massen, von der Lichtung der „Uebervölkerurg“ würde doch keine Rede sein. Und jelbst weiter angenommen, es gesellt si an den berrenlosen Punkten aUlmähli Bodenkultur zur Apvretirung der Auéfuhrartikel, jo wird doch ein dadur verursachtes Wachsthum der Einwanderung sehr langsam vor si geben und au den Handel nur langsam steigern...

Die Faktoreienpolitik- des Neichékanzlers ist um so verständiger und gesunder, als er sich dur dieselbe niht in Widerspruch segt mit

seiner Sozialrolitik. Eine Kolonialpolitik im eminenien Sinne, wenn sie noch ausführbar wöäre, ist nämlich nidts anderes, als die ausgesprochene Verzweiflung an der Ordnung der ivneren Wirthschaft. Die ungeregelte Produftion fordert immer neue und neue Absaßwege ; sie sudi den Absag, den sie daheim nicht finden kann, weit und weiter draußen, bis an den Enden der Welt. Sie kann aber den Absatz dabei nicht finden, weil die Arbeit nicht konsumtionsfähig genug ist, weil der Arbeiter forkurrenzmäßig abgefunden wird, und, wie {on längst nachgewiesen, sein eigenes Produft nit wiederkaufen kann. An dem Tadel der „fapitalistishen Produktiontweise", der sonst mit viel Falscem verquickt vorgetragen wird, ist das richtig, daß nibt das Bedürfniß, aub das allernähfte, fondern die Spekulation, das Profitmaten, das entscheidende Moment bei der Produktion ift.

Wird nun die Produktion um ibrer selbft willen dur wirkliche Kolonien no gesteigert, so ist das Uebel noch ärger, und die fo- genannten Handelskrisen sind noch weniger zu verhüten, wirken nur um so intensiver und verderblicher. Die Lohrverbältnifse aber find neuen bôsen Chancen ausgesct, da auf eine anfänglicbe Haufse die unvermeidlide Baifse folgen würde. s

Der Reitékanzler befindet sich dur seine Sozialpolitik auf dem besten Wege, die Löhne indirckt zu heben ; denn die Hülfe der Kran- fenkfassen, die Bürgschaft der Unfallunterftüßung, bald wobl au der Alteré- und Invaliderkassen, müssen virtuell, zum Lobn ges{lagen werden, urd bilden insofern eine Ausgleibung zwishen Lohn- und Arbeitêertrag.

Gerade von diesem Gesihtspunkt aus freuen wir uns der Er- klärung des Reichskanzlers über seine Kolonialpolitik. In thesi beißt cs sonst: Neue Kolonien und Durchführung der Sozialreform wider- streiten fi. Kolonialer Aufs{wung vor Regelung der Arbeiter- verhältnisse gewährt ledigli einen täusbenden Aufsbub einer font unabwendbaren Krisis auf sozialem Gebiet...

E „Norddeutshe Allgemeine Zeitung“ schreibt bezüglich der direkten Kommunal-, Kreis- und Pro- vinzialsteuern in dem Zeitraum vom 1. April 1882 bis dahin 1883:

In sämmtliben Provinzen Preußens betragen die fällig ge- wordenen Steuervosten zusammen 60 126 947, die zur Zwangévoll- streckung überwiesencn Steuerposten 6 197 001, die zur wirklicben Volistreckung gelangten Steuèrposten 1468 670, die fruttlos voll- zogenen Pfändungen 783 370. E

Diejenigen, welche ein Interesse taran haben, daß die Unzus- friedenbeit im Volke genährt werde, können mit diesen Ergebnissen durchaus zufrieden sein. Ihnen wird es kur daran liegen, diese Zu- stänte möglist zu erbalten. Au Diejenigen werden nibt Abhülfe verlangen, weile die Zablen mit dem Lekannten leiten Herzen be- traten und jede Pflitterfüllung und Verantwortlichkeit von fi weisen. Leute dieses Sbl2ges werden bei jenen kalten Zahlen den reisten Trost darin finden, daß von 60 126 947 Fällen nur bei etwa 19/6 die Steuern wegen fruchtloser Pfändung nicht haben eingezogen werden können. . . .. _

Wer dagegen zum Zwecke der Heilung sich nit \c&beut, die Sonde bis in die Tiefe der Wunde zu führen, für den muß die außerordent- lie Zakl der zur Zwargêevollstreckung überwiesenen Posten der Angel- punkt für die Diagnose sein. Denn riese Zahl bedeutet, daß in mehr als 6 Millionen Fällen die Steuerxflibtigen nit im Stande waren, die Steuer zu bezahlen, diese Zahl bedeutet, daß von 19 Fällen je einmal der Steuerexekutor hat in Wirksamkeit treten müssen. Der Mann mii dem leichten Herzen wird freilich diesen S&lüssen gegenüber einwenden, daß in jenen 6 Millioren auch die Zabl der Fälle enthalten sei, in denen Zaktlungsfähige lediglich aus Nxwlässizkeit die pünktlibe Entrichtung der Steuer verabsäumt bâtte:. Selbstverständlich kann nicht in Abrede gestellt werden, daß es dergleiben naclässige Steuerzahler giebt; aber sie bilden innerhalb jener enormen Ziffer do nur eine vers{windende Minderheit. Denn es wird gewiß nit im Ernst und mit gutem Gewissen bestritten werden fönnen, daß in der Regel ein Steuerschuldner, der nicht zahlt, au ni&t zahlen kann. Niemand läßt sich zu scinem besonderen Ver- gnügen den Steuer xekutor ins Haus kommen; g:rade der Arme ver- meidet diesen Fall auf das Aengstlichste, denn das Bekanntwerden von ciner Steuererekution raubt ihm den leyten Kredit. Diese Zahl von mebr als 6 Millionen Steuerpostcn, die zur Exekution Überwiesen werden mußten, {reit gen Himmel und fordert dringend zur Abhülfe. Wer das nicht einsieht, der bat eniweder ein Interesse an der Aufre{terhaltung der troftlofen Zustände, oder er versdließt sid absichtlih jeder vernünftigen Einwirkung und sieht nit, weil er nit sehen will, Welches Gefühl muß si in Jedem regen, wenn er bedenkt, daß cs zur Bestreitung des kommunalen Aufwantdes erforderli ist, in einem Jahre in mehr als Z Million Fällen dem ärmsten unserer Mitbürger die geringe Hake im Interes!e der Kommune zu entziehen ?

Auf dem Gebiete der Staatéklassensteuer ist es der Initiative des Reichskanzlers und dem Bemühen der Regierung gelungen, wenig- stens die screiendsten Fälle der Zwangsvollstreckung aus der Welt zu schaffen. Das Werk ist, wie wir sehen, nur ein halbes, wenn nitt aub die gleiche Linderung auf dem Gebiete der Kommunal- und Schulabgaben verfut wird. E

Den „Berliner politishen Nachrichten“ ent- nehmen wir folgende Notiz: A

Die ungebührlice Vertheuerung des Brodes, weile wir kürzli an dem Beiipiele Londons nacgewiesen, findet auch in Paris statt. Nun könnte ja eingewendet werden, das an und für si allerdings bedauerlidbe Faktum könne in Paris weniger befremden, indem dort die Havptkonsumartikel bekanntli einer hohen Eingangzabgabe

wand ist um deswillea hinfällig, weil aud na An- rebnung des Betrages der Makhlsteuer das Brot: einen ungebübrliÞd Hohen Preis hält, und fteineswegs" zu einem dem afktuellen Meblprei]e entsprecenden Sag verkauft wird. Diefer beträgt jeßt 0,56 Fr. das Doprelkiiogramm, während die Väter das gewöhnliche 4pfündige Brod zu 0,75 und 0,80 Fr. verkaufen, d. h. auf diese Weise aus der Pariser Bevölkerung eine Jahreskontribution von 26 Mill. Fr. herauépressen. Diefes organifirte Auébcutungé- svystem, das auch anderswo vorkommt, ift einer der s{limmften sozialen Krebsschäden der Gegenwart, für den ritigen Mandtestervolitiker aber das Kräutlein rühr mich nit an. Dieselben Leute, welche bei Aufrihtung au der geringfügigiten Zoll- ranke ¿um Schutze der nationalen Produktion ob der angeblich da- dur bedingten „Vertheuerung der nothwendigsten Lebensbedürfnisfe“ Zeter \chreien, finden es ganz in der Ordnung, nenn das „freie Spiel der wirthschaftlichen Kräfte“ mittelst Zusammenscbluß der gleichen öInteressentengruppen zu festgegliedertea Ringen den Preis nothwendig- ster Bedürfnisse ganz nab Cigenuß und Willkür, d. d. wesentlich höher normirt, als es nach normaler Rechnung feia müßte und könnte.

Statistische Nachrichten.

Dem Berit über die zum Ressort des Königlich preußischen Ministeriums des Innern gehörenten Straf- und Gesfangen- anstalten pro 1. April 1882/83 entnehmen wir zunächst in Bezug auf die Verwaltungéstatistik folgende Daten: Ueberbaupt detinirt wurden im Laufe tes Jahres 117 860 Männer und 31 128 Weiber, zusammen 148 988 Personen. Darunter waren Zuchthausgefangene 97 213 M. und 4403 W., zusammen 31616 Perfonen. Gefängniß- gefangene 20145 M. und 6170 _W., zufammen“ 26 855 Personen. Haftgefangine 36 009 M. und 12 72d W., zusammen 48 725 Personen. Polizcigefangene inkl. Trantportaten 16 856 M. und 4310 W., zu- sammen 21 166 Personen. Korrigenden 939 M., 438 W., zusammen 1377 Personen. Untersuhungsgefangene 16 487 M., 2524 W., zusammen 19 011 Paifonen, Sculdgefanaene 220 M, 18 W., zusammen 938 Personen. Die Zahl der Detentionstage betrug für Männer 9 393 597 Tage, für Weiber 1643 817 Tage, zusammen 11 037 414

Tage. Der täglihe Durchschnittsbestand an Gefangenen betrug

dem fstädtishen Octroi unterlicgen. Allein dieser Ein---

25 930,23 M., 4584,40 W,, zusammen 30 514,65. Der gesammte Gefangenbestand am leßten März 1883 hat sich im Vergleich zu demjenigen am leßten Marz 1882 um 1,76 9/9 vermindert (gegen 3,82 9% Steigunz im Jahre 1. April 1881/82), der Bestand der Zubtbausgefangenen ift um 1,28 °/% gesunken (gegen 6,98% Steigung im Jahre 1. April 1881/82). Die Zahl ter im Laufe des Jahres 1. April 1882/83 überhaupt detinirten Gefangenen in allen Kategorien ist gegen das Jahr 1. April 1881/82 um 3,10% gesunken (gegen 7,16 % Steigurg im Zabre 1. April 1881/32). Die Zah! der deti- nirten Personen vom Jahre 1882/83 ist gegen die gleibe Zahl vom Fahre 1881/82 um 3,03 9% geringer. Die Zabl der Detentionstage im Jabre 1. April 1882/83 hat \sich im Verglei zu derjenigen aus dem Jahre 1. April 1881/82 um 1,42% erhöht (gzgen 7,80% Steigung im Jahre 1. April 1881/82). Der Durcschnittebeftand des Jahres 1. April 1882/83 i} gegen das Jabr 1. April 1881/82 um 2,35%/0 gestiegen (gegen 7,80% Steigerung im Iakre 1. April 1881/82). Von der Gesammtzahl der Detentionstage trafen auf Selbftverrxfleger 11051, mit Anstaltékfost Verpflegte 10988 018 und zwar davon auf Gesundenfost 10 219 663, auf Kranfkernfost 768 355. Im Gesammt- durdscnitt betrugen die Verpflegurgékosten pro Kovf und Ver- flegungstag überhaupt 33,01 «3 gegen 34,84 4 de 1881/82. Im tägliden Durcbschnitt wurden verpflegt 28 268 Gefangere (gegen 27 6€0 im Jahre 1. April 1881/82). Auf Krarkenkost w2ren im tägliden Durchschaitt gestellt 2113 Gefangene (gegen 2021 de 1881/82, Die Vergünstigung, einen Theil des Arbeits-Verdienst- antheiles zur Verbesserung der Verpflegung verwenden zu dürfen, haben überhaupt genossea 37625 Gefangene (gegen 3701s im Jahre 1. April 1881/82). Die Gefammi- kosten der Anschaffung betrugen 134 454 M 83 * (gegen 130 165 19 im Jahre 1. April 1881/82) oder auf den Kopf 3 M 57,36 (gegen 3 51,66 „4 im Jahre 1. April 1881/82). Befscbäftigt wurden 26 616,28 Zucbthaus- und andere Gefangene mit Aus\cbluß- der Untersucbungs- und Schuldgefangenen. Die Beschäftigung fand statt für den cigenen Bedarf der Anstalt mit 6914,65 Personen und 2 041 572,41 Arbeitêtagen; für cigene Rechnung der Anstalten zum Verkaufe mit 638,12 Personen, für dritte gegen Lohn mit 19 063,51 Personen. Von den für dritte gegen Lohn beschäftigten Eefangenen baben dur&scnittlich tägli 306,80 (gegen 281,31 de 1881/82) Ar- beiten gacmacbt, die ron Staats- und Reichébchörden bestellt worden sind. Der Brutto-Arbeitsertrag bei der Beschäftigung von Gefangenen (ercl. Untersuhungs- und Schuldgefangenen) für Rechnung dritter gegen Lobn hat im Jahre 1. April 1882/83 bctragen in Summa 2 876 293 A 6 F. Der Nettoertrag 2486 971 AMA 15 S. Die Einnahmen aus der Verwaltung der Straf» und Gefangenevanstalten, aussckließlid der von der Verwaltung der in- direkten Steuern vereinnabmten Unterhaltungsfosten für vcrmögende Gefangene, erreidten im Jaßbre 1. April 1882/83 den Betrag von 3052198 M 44 «4. Die Ausgaben betruzen 9062 754 M 11 4. Die Verwaltung eiforderte mithin Zuscbuß 6010555 #4 67 Ä, zu welhem Betrage Seitens des Weftpreußishen Landarmer- verbandes geleistet wurden 48116 Æ 16 „Z, so daß der Zuscbuß des Staates sih {stellte auf ,5 962439 4 51 8. Am Schulunterriht nahmen im Jahre 1. April 1882/83 überbaupt Theil im Ganzen 9747 Schüler gegen 9438 im Jahre 1. April 1881/82. U.berhauvt nur in biblisher Gescbihte und Relizion er- hielten Unterribt 18 951 Swüler geacn 18 325 im Jahre 1. April 1881/82. Die Anstalts-Bibliotheken für Gefangene weisen einen Bestand von Vücbern nab und zwar Religionsbücher 88 788 Büdter zum S{ulgebraucb 31 190, Urterhaltung8- und belehrende Sriften 82 534, im Ganzen also 202 512 gegen 19s 145 im Jahre 1. April 1881/82. Der Einzelhaft wurden unterworfen 11 685 Gefangene. Einzelzellen zur Isolirung bei Tag und Nacht waren vorhanden 4739 gegen 4266 im Jahre 1. April 1831/82. Außerdem hatten die An- stalten 3760 aroßentheils aus Eisea hergestellte. Jsolir-Söwlafzellen, gegen 3621 im Jahre 1. April 1881/82, Im Laufe des Jahres 1. April 1882/83 wurden diSziplinarisch bestraft zusammen 20 488 Gefangene, rämlid 16 916 Männer, 3572 Weiber. Im 1äglicen Durcbschnitt waren Kranke überhaupt 914 Männer, daruntec 692 Zuchthaus- gefangene, 215 Weiber, darunter 131 Zucbthausgefangene, zusammen also 1129, wovon 823 Zucbtbausgefangene. Davon waren Lazareth- ranke 898, Revierkranfe 231. Lazarethkranïke überhaupt waren im bödsten Verhältniß in Cöln mit 6,40 %/4 Weiber gegen 7,69 2/6 bei Cleve in 1881/82, Im niedrigsten Verhältniß in Saarbrücken mit 0,19 9/9 Männer gegen 0,36% bei Saarbrücken in 1881/82. Die Zahl der Gestorbenen betrug 769 Männer und 123 Weiber, zusammen 892 Personen. Im ganzen Staate farben im Jahre 1882 von 109 Lebenden etwa 2,53 pro Jabr. Selbstmorde Famen in 16 Anstalten vor und zwar zusammen 18, In Geisteëkranfk- beiten verfielen in 27 Anstalten 70 Personen, gegen 614 im Jahre 1, April 1881/82,

unst, Wissenschaft und Literatur.

Ergänzungen und Erläuterungen des Allge- meinen Landrechts für die preußischen Staaten dur Gesetzgebung und Wissenschaft. Unter Benußung der Justiz-Ministerialakten und der Gesetrevisionsarbeiten. Siebente Ausgabe, neu bearbeitet von Dr. Ludwig von Rönne, Appellations- geri bt8-Vize-Präsidenten a. D. Berlin 1884. R. von Deckers Ver- lag, Marquardt & Schenck. Erster Band. 2. Lieferung, Bogen 26— 50. 49 qeheftet 5 & Die na kurzem Zwiscbenraume erscienene Lief. der Ecg. umfaßt die Titel 5, 6 und 7 des A. L. R. In denselben ist die neuere Rehtsprehung und Literatur forgfältig vers arbeitet und sind üderall die dur die neuere Geseßgebung ein- getretenen Veränderungen cingehend dargestellt. Trotz des reich- haltigen ntuen Stoffs ist dur gescwickte Darstellung und richtige systematishe Anordnung bewirkt, daß die Uebersihtlichfcit in keiner Weise leidet. :

Jm Kommissiensverlage von Job. Ad. Steinhäuser in Plauen i _V, ist ersbienen: „Vortrag über Reinlichkeit, Hautpfslege, Bäder und die sffentlihe Gesundheit, eine Aufforderung an alle Volfsfreunde und insbesondere an alle Gemeinden zur Er- ribtung öffentliber Badeanfstalten, Volfkë- und Sc{wimmbäder und Gewöhrurg von Freibädern an Unbemittelte“, von Oskar Kunze, Ober-Bürgermeister in Plauen i. Vogtl. (Preis: 1 F ord, 7d à cond. und fest, 70 - baar.) In diesem Vortrage behandelt der Verfasser, welcher namentli% au durch scine Thätigkeit für Weiter- entwicklung des Sparkafsenwesen8 bekannt geworden ist, na Fest- stellung des Begriffs „Gesundheit*", „öffentiüice Gesundheit“ und „Gesundkeitépflege“, den bedeutenden Einfluß, welen auf diese die „Reinlichkeit“, die „Hautpflege“ und demgemäß die „Bäder“ und das "Scbwimmen“ haben. Daran wiircd die Aufforderung gekaüvst: mögli an allen Orten, wo si Mittel dazu beschaffen la}zn, „öffentliche Badeanstalten“ mit ,Vo1ks- und Schrimmbôädern“, welche das ganze Jahr hindur benutzt werden und au den Unbemittelten zugänglih sind, und zwar vorzugsweise als Gemeindeanstalten zu errichten. Ueber die zweckmäßigsten Einribtungen fur solche Bâder sowie über die Entwicklung des Badewe)zns în Deutschland und England giebt der Vortrag mannigfache Hinweile, 10 daß derfelbe zugleid als cin Wegweiser auf dem Gebiet des öffentlichen Bade- wesers dienen kann.

Land- und Forstwirthschaft. : :

Soeben erschien in J. D. Sauerländers Verlag in Franksurt a. M.: „Fünfter Jahresbericht (1883) über die Leistungen und Fortscritte in der Forstwirtbicaft“, zusammengestellt für ausübende Forstmänner u..d Privatwaldbesizer unter Mitwirkung von Fachgenossen und herausgegeben von Oberförster Saalborn. Preis pro Jahrgang der Berichte (10 Bogen 8 0) geb. É Son die früheren Jahresberite (1879, 1880, 1881, 1882) haben bei allen Forstmännern und Waldbesigern vieles Interesse erregt und sind vielfa gelesen worden; ebenso ist allen Forstleuten, Wald- besißzern und Freunden des Waldes auch der jeßt erschienene fünfte Jahresberiht zu emvfeblen. Derselbe ist in ged: ängter Kürze abgefaßt und in einer für jcden Laien flaren und faßlihen Sprace geschrieben. Die meisten ausübenden Forstbeamten finden

wenig Zeit, bei der großen Fülle forstliher Literatur, das für sie