1884 / 176 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Jul 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmachungen, die Unfallversicherung betreffend.

Verordnung

zur Ausführung des Reihs-Unfallversiherungs8- Gesetzes vom 6. Juli 1884.

d, d. Braunschweig, den 24. Juli 1884.

Von Gottes Gnaden Wir, Wilhelm, Herzog von Braunschweig und Lüneburg

A. 2. 2c. verordnen hiermit auf Grund des §8. 109 des Reihs-Unfall- verfiherungs-Gescßes vom 6. Zuli 1884 zur Ausführung dieses Geseßes, was folgt:

L.

„Höhere Verwaltungsbehörde“ (als welche im Sinne des S. 3 Abs. 2 nah Maßgabe des §. 4 Unserer Verordnung vom 23. November 1883 Nr. 40 Gesez- und Verordnungs- Sammlung pag, 117 die betreffende Herzogliche Kreis- Direktion fungirt) im Sinne der 88. 11 Abs. 4 und 5, 23 Abs. 3, 40 Abs. 1, 79 Abs. 2 und 85 Abs. 1 des Reichs- geseßes ist Unser Herzogliches Staats-Ministerium.

„Untere Verwaltungsbehörden“ im Sinne der 8. 11 Abs. 1—4, 35 Abs. 1, 36 bis 38, 49 Abs. 4, 59 Abs. 4, 62 Abs. 1, 82 Abs. 2 und 84 des Reichsgeseßes sind Unsere Herzoglichen Kreis-Direktionen.

e D, „Drts-Polizeibehörden“ E Sinne der 8, 51 bis 56 und

80 des Reichsgesebes sind in Unserer Haupt- und Residenzstadt-

Braunschweig Unsere Herzoglihe Polizeidirektion, in den übrigen Städten die Vorsißenden der Stadtmagistrate resp. deren geseßliche Stellvertreter, in den Landgemeinden die Ge- meindevorsteher, in den Gemarkungen die Gemarkungs- Polizeibeamten.

S. 4. Die in den 88. 11 Abj. 3, 35 Abs. 2, 82 Abs. 2 und 85 Abs. 2 des Reichsgesezes erwähnten Strafgelder fließen bis auf weitere Verfügung in die Bureaukassen Unserer Herzoglichen Kreisdirektionen, von welchen sie bis auf Weiteres ad depositum zu nehmen sind. Alle, die es angeht, haben sih hiernaG zu achten. _ Urkundlich Unserer Unterschrift und beigedruckten Herzog- lihen Geheime: Kanzlei-Siegels. Braunschweig, den 24. Ps 1884, . D.) Auf Höchsten Spezialbefehl. Graf Görg-Wrisberg. Dr. jur, Wirk.

Ministerial-Bekanntmachung : vom 19. Juli 1884,“ die Ausführung der Bestimmung in 8. 109 Abs. 1 des Reichs - Unfallversiherungègeseßes vom 6. Juli 1884 betreffend. :

Zur Ausführung“ des §. 109 Abs, 1 des Reichs-Unfall- Sry aantleñes vom 6. Juli 1884 (Reichs-Geseßzblatt S, 69 f.) wird Folgendes E

Unter „Gemeindebehörde, Orts-Polizeibehörde, untere Verwaltungsbehörde“ ist der Gemeindevorstand zu verstehen.

2

Die „höhere Verwaltungsbehörde“ in den Fällen der §8. 11 Abs. 4 und 5, 23 Abs. 3, 40, 79, 85 ist das Fürstlihe Landrathsamt des betreffenden Bezirkes.

In Bezug auf die in S8. 3 Abs. 3 und 5 Abs. 5 ge- dachte „höhere Verwaltungsbehörde“ bewendet es bei der Be- stimmung in S. 3 der landecherrlihen Verordnung vom 10. Dezember 1883 “zur Ausführung des Reichsgesetzes über die Krankenversiherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 (Ges.- Samml, Bd. XR. S. 26*),

3.

Die in den §8. 11 Abs. 3, 35 Abs. 2 und 82 Abs. 2 bezeihneten Strafen fließen in die betreffende Gemeindekasse, während die in §. 85 Abs. 2 gedachten Strafen der Haupt- staatskasse zufallen.

Gera, den 26. Juli 1884.

Fürstlih Reuß-Plauisches Ministerium, Abtheilung für das Jnnere. Dr. F. von Beulmwig.

Bekanntmachung,

betreffend die Ausführung des Unfall- versiherung8geseßes vom 6. Juli 1884, (Veröffentlicht am 22, Juli 1884.)

Auf Grund des §. 109 des Unfallversiherungsgesezes vom 6, Juli 1884 (Reichs: Geseßbl. S. 69 ff.) ua ene nachstehende Anordnungen Aen Kenntniß:

Der Senat übernimmt E Funktionen der Centralbehörde,

Mit den Wahrnehmungen der höheren und der unt Verwaltungsbehörde wird E und Landamt beauftragt.

Als Orts-Polizeibehörde fungirt das Polizeiamt. Gegeben Lübeck, in der Versammlung des Senates, am

21. Juli 1884. G. Eschenburg, Dr, Secretarius.

*) Anmerkung: Art. 3. Wo in dem Gesez von eine „böheren Verwaltungsbehörde“ die Rede if, hat in Ge mäßheit §, 84 Abs. 1 des Reicbsgeseßes die dur die Revidirte Gemeindeordnung vom 17. Juni 1874 im dritten Abschnitt geordnete Kompetenz statt, wonach die Aufsidht in Gemeinde-Angelegenheiten der Städte dem Ministériuim, Abtheilung für das Innere, hinsichtlich der Landgemeinden den Landrathsämtern zusteht.

Nur wo ein Verfahren in Gemäßheit der Vorschriften der §8. 2 und 21 der Reihs-Gewerbeordnung nachgelassen ist (88. 24 und 64), kommen allenthalben die Kompetenzbestimmungen des Geseßes vom 27. Oftober 1870, die Ausführung der Gewerbeordnung Für den Norddeutsben Bund betreffend (Ges.-Samml. Bd. XVI. S. 243) mit der Maßgabe in Anwendung, daß mit Rücksicht auf §. 23 des Reichsgeseßes au für die Stadt Gera in erster Instanz der Bezirks- aus\chuß zuständig ift.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 29. Juli. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin empfing auf Schloß Mainau den Besuch Jhrer Königlichen Hoheiten des Fürsten, der Fürstin, des Erbprinzen und der Erbprinzessin von Hohenzollern.

Gestern besuchte Jhre Majestät die Kaiserin JZhre Majestäten den König und die Königin von Württemberg auf Schloß Friedrihshafen.

Bei einem Vertrage, dessen Abschluß auf einem dem einen Kontrahenten vom Gegenkontrahenten erwiesenen be- sonderen Vertrauen beruht und wobei als selbstverständliche Vorausseßung gilt, daß der Erstere die ihm übertragenen Geschäfte im Jnteresse des Leßteren besorge, rechtfertigt nah einem Urtheil des - Reihsgerihts, 1. Civilsenats, vom 21. Mai d. J., jeder Vertrauensbruch ohne Weiteres die Au f- hebung des Vertrages, auh wenn in dem Vertrage speziell ein Vertrauensbruch nah bestimmter Richtung hin als zum Rücktritt berehtigend hervorgehoben ist. Auch berechtigt der Treubruch hinsihtlich des einen Vertrages den Gegenkontra- henten zur Aufhebung eines anderen, mit dem Treubrüchigen besonders abgeschlossenen Vertrages, dessen Abschluß gleichfalls auf Vertrauen beruht, „da derjenige, welhem in einer Be- ziehung die Treue vom Vertragsgenossen gebrochen worden ist, auch in anderen Beziehungen das Vertrauen niht mehr haben N: welhes die Voraussezung des Vertragsverhältnisses ildet.“

Eine größere Anzahl industrieller Vereine, welche sih an das Reihs-Versiherungsamt um Aufklärung über die freiwillige Bildung von Berufsgenossen- schasten gewandt hatte, ist von der gedachten Reichsbehörde auf die nahstehenden Punkte aufmerksam gemacht worden:

1) Anträge auf Einberufung der Generalversammlung zur Beschlußfassung über die Bildung einer Berufsgenossen- schaft sind bis zum 9. November d. J. einschließlich an das Reichs-Versicherungsamt zu richten (zu vergl. S8. 13, 111 des Unfallversicherungsgesetes).

__2) Sollen die Anträge einen Anspruch auf Berücksi- tigung haben, so müssen dieselben mindestens von dem zwanzigsten Theile der Unternehmer derjenigen Betriebe, für welche die Berufsgenossens(aft gebildet werden soll, oder von solhen Unternehmern, welhe mindestens den zehnten Theil der in diesen Betrieben vorhandenen versicherungèëpflichtigen Personen beschäftigen, gestellt werden.

Die Anträge können in der Weise gestellt werden, daß dieselben von den betheiligten Unternehmern unterschrieben werden, oder in der Weise, daß zu den von einzelnen Unter- nehmern gestellten anträgen Msiritiiungatrtlärungen einge- sandt werden, oder endlih in der Weise, daß in einer Ver- sammlung von den anwesenden Unternehmern oder ihren legi- timirten Vertretern der Antrag zu Protokoll beschlossen und eine Ausfertigung des Protokolls unter Bezeichnung der Zu- stimmenden an das Reichs-Versicherungsamt eingereiht wird. In leßterer Weise können namentlih Zustimmunggerklärungen zu I bereits vorliegenden Anträgen abgegeben werden.

Jn den Anträgen ist die Zahl der von den Antragstellern (bezw. Zustimmenden) beschäftigten versiherungspflihtigen Personen anzugeben. :

3) Die Anträge müssen auf die Errihtung von Berufs- genossen schaften, d. h. von Genossenschaften solher Unter- nehmer, deren Betriebe wirthshastlich zusammengehören oder verwandt sind, gerichtet sein.

4) Das Reichs-Versicherungsamt darf den Anträgen nur dann Folge geben, wenn sowohl die Anzahl der Betriebe, für welche die Berufsgenossenschaft gebildet werden soll, als au die Anzahl der in denselben beschäftigten Arbeiter hinreichend groß is, um die dauernde Leistungsfähigkeit der Berufs- genossenschaft in Bezug auf die durch die Unfallversicherung entstehende Last zu gewährleisten.

Es genügt also weder eine geringe Anzahl Betriebe mit vielen Arbeitern, noch eine große Anzahl Betriebe mit wenigen Arbeitern.

Die Frage, ob die zu bildende Genossenschaft als eine dauernd d. h. für immec leistungt fähige anzusehen ist, muß außer nach der Anzahl der Betriebe und Arbeiter insbesondere nah der wirthschaftlichen Lage der betreffenden Jndustrie- zweige, nah ihrer Verbreitung über ein größeres oder kleineres Wirthschaftsgebiet, nah ihrer Abhängigkeit von der Mode, von ausländischen Rohstoffen und ausländisher Konkurrenz beurtheilt werden.

5) Durch den Antrag dürfen keine Betriebe von der Auf- nahme in die Berufsgenossenshaft ausgeshlossen werden, welche wegen ihrer geringen Zahl oder wegen der geringen Zahl der in ihnen beschäftigten Arbeiter eine eigene leistungs- fähige Berufsgenossenschaft zu bilden außer Stande sind und auch einer anderen Berujsgenossenschaft zweckmäßig nicht zu- getheilt werden können.

Geschieht dies denno, so muß das Reichs-Versicherungs- amt die Unternehmer der ausgeshlossenen Betriebe zu der beantragten Generalversammlung von Amtzwegen mit ein- laden. Die Bildung der Genossenschaft wird aber auf diese Weise nur ershwert und verzögert.

6) Für diejenigen Jndustriezweige, für welche bis zum 9. November d. J. genügend unterstüßte Anträge auf Ein- berufung der Generalversammlung zur freiwilligen Bildung einer Berufsgenossenschast nit gestellt worden sind, werden die Berufégenossenshaften durch den Bundesrath nach An- ung von Vertretern der betheiligten Jndustriezweige gebildet.

Nah Schluß des Sommerkursus bei der Militär- Turnanstalt hierselbst haben sih sämnitlihe zu demselben tommandirt gewesenen Offiziere in ihre resp. Garnisonen zurüdtbegebe1i: ;

Hessen. Alzey, 27. Juli, (W. T. B.) Von der heute hier stattgehabten national-liberalen Versamm- lung wurde eine Resolution, welche die Junta zu der Kolonial- und Sozialpolitik des Reichskanzlers ausspricht, einstimmig angenommen und zum Reichstagskandidaten v. Shauß (München) denominirt. Die Versammlung war von etwa 800 Theilnehmern besucht; außer v. Schauß traten

Ofann (Darmstadt) und Michel (Neubamberg) als Redner auf.

Mecklenburg : Schwerin. Schwerin, W. Jul (Medckl. Anz.) Gestern Abend 81/, Uhr ist der Prinz Reuß einrich XIX. mit hoher Gemahlin zur Feier dez eburtstages Jhrer Kaiserlichen Hoheit der Groß: herzogin am hiesigen Hofe eingetroffen. 29. Juli. (W. T. B.) Der König und die Königin von Griechenland haben sih heute na Kopen: hagen begeben.

__ Desterreich-Ungarn. Pest, 26. Juli. (Wien. Ztg.) Die gemischte Cholerakommission hielt heute eine Plenarsißung ab, in welcher folgende Beschlüsse gefaßt wurden: Behufs Kontrole der Gesundheitsmaßregeln jollen at Sanitäts-Jnspektoren ernannt werden ; die Sammlungz;: orte für Hadern und Knochen sollen von der Hauptstadt und den Provinzstädten so weit als möglih entfernt und isolirt werden ; beim Herrannaghen der Cholera sollen die betreffen: den Behörden bei Zeiten mit Desinfektionsmitteln ver: sehen werden; an den Grenzortien sollen die mittelst Eisen- bahnen und Dampfschiffen anlangenden Passagiere einer shonungsvollen ärztl hen Jnspizirung unterworfen werden: die Einfuhr von frischem Obst aus Frankreich sowie aus talien, falls daselbst die Cholera ausbrit, ist zu verbieten, Der Antrag des Obergespans von Szegedin, den Blitzug einer Sanitätsrevision zu unterwerfen, wurde rücksichtlich der getroffenen Maßregeln niht angenommen. Die Reinhaltung der Brunnen müsse mit aller Energie gewahrt werden, Der Beschluß, bei Ausbruch der Epidemie eine volksthümliche Aus: gabe von Fnstruktionen zu veranstalten, wurde mit großem Beifall angenommen.

Großbritannien und Jrland. London, 8. Juli. (W. T. B.) Heute traten die Konferenz: Delegirten und die finanziellen Beigeordneten der Mähte im Auswärtigen Amt zu einer Sizung zusammen. Der Premier Gladstone, welcher heute Morgen von seinem Landaufenthalt zurückehrte, hatte vor der Konferenz mit Lord Granville eine Zusammenkunst. Die Konferenzsizung wurde na etwa dreistündiger Dauer auf morgen vertagt.

_— 28. Juli, Abends. (W. T. B.) Jm Unterhause theilte der Premier Gladstone mit, daß in der heutigen Sizung der Konferenz ein wihtiger Punkt zur Erörterung gelangt sei, betreffs dessen die Konferenz:Bevollmächtiaten an ihre Regierungen zu referiren gewünscht hätten; er hoffe, daß die Antworten der Regierungen noch für die morgende Sizung der Konferenz eintreffen würden.

(Allg. Corr.) Aus Capetown wird dem „Reuter: schen Bureau“ unterm 25. d. gemeldet: Hier eingegan genen Nachrichten zufolge ließ Mr. Mackenzie, der residirende britishe Kommissar in Betshuanaland, zu Vrijburg in

Stellaland die britishe Fahne aufhissen. Dieselbe wurde indeß später von dem Volke niedergerissen; infolge

dessen bot Mr. Mackenzie die ganze verfügbare Polizeimact zur Verhaftung der Rädelsführer dieser Auss\chreitung auf. Die Transvaal - Delegirten wurden bei ihrer Ankunft in Pretoria mit Enthusiasmus empfangen. Von einer in Durban abgehaltenen großen politischen Ver- sammlung wurde eine Resolution angenommen, welche die Einsezung einer verantwortlihen Regierung und die Revision der von den verfassungsmäßigen Behörden seit zwei Jahren getroffenen Entscheidungen bezweckt. Die Majorität enthielt sich jedoh der Abstimmung. Das Kap- Parlament hat si vertagt, nahdem es die nothwendigen fiskfalishen Maßnahmen angenommen und für die Bestreitung der Ausgaben der Regierung durch Zollerhöhung und Waaren steuer-Auffschlag gesorgt hatte.

Frankreich. Paris, 28. Juli, Nahmittags. (W. T. B.) Wie aus Deputirtenkreisen verlautet, wäre zwischen der Re- gierung und der Majorität der Deputirtenkammer bezüglih des Artifels der Verfassungs - Revisions: Vorlage über die Budget - Befugnisse des Senats eine Uebereinstimmung erzielt worden. Die Majorität der Kammer sei, um ein Einvernehmen der Kammer mit dem Senat herzustellen, ents{hlossen, auf eine Revision des Art. 8 der Verfassung zu verzichten. Die für heute erwartete Berathung der Kamm er über die Revisionsvorlage scheint auf morgen vertagt; die Kammer beschäftigt sih bis jegt mit der Berathung der Vor- lage über die Weinabgabe. Jm Senat wird die Zucker- steuervorlage berathen.

28. Juli, Abends. (W. T. B.) Die Deputirten- fammer beschloß, auf die Berathung der einzelnen Artikel der Vorlage über die Weinabgabe einzugehen. Die Sißung wurde hierauf geschlossen.

Der Senat genehmigte die Zucersteuervorlage, einshließlich der beantragten Erhebung einer Zuschlagssteuer von 7 Fr. von dem aus Europa eingesührten Rohzucker in der von der Kammer beschlossenen Fassung.

Das „Journal officiel“ wird.morgen ein Dekret über die Organisation der gesundheitlichen Ueber- wachung bei den Eisenbahnen von Paris nah Lyon, Orléans und dem Süden, ingleihen bei den Posten, ver- öffentlichen.

Jn Marseille sind am 27. Zuli 36 Cholera- Todesfälle vorgekommen.

28. Juli, Nachts. (W. T. B.) Von heute früh 10 Uhr bis heute Abend starben in Toulon 3, in Marseille 5 Personen an der Cholera. Jn Arles sind zen gestern Abend bis heute Abend 6 Personen der Cholera erlegen.

Italien. Rom, W, Juli. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentliht die Ernennungen: Mo rana’'s zum Unter-Staatssekretär im Ministerium des Innern, Guiciardini’'s zum Unter-Staatssekretär im Mt- nisterium für Ackerbau und des Admirals Racchio zum Unter-Staatssekretär im Marine-Ministerium.

Amerika. New-York, 25. Zuli. (Allg. Corr.) Die in Pittsburg tagende nationale „Prohibition“- Partei hat William Daniel von Maryland zum Kandidaken für die Vize-Präsidentschaft aufgestellt.

Süd-Amerika. Brasilien. Rio de Janeir 0, 28. Juli. (W. T. B.) Dem Ministerrath liegt cin Ent wurf betreffs Abänderung der Gesezgebung über das Sklavenhalten vor. Nah demselben sollen M 60jährigen Sklaven freigelassen und neue Sklavenregister ml Rücksicht auf das Alter und die Körperkräfte der Sklaven ein-

geführt werden; auch wegen Beschaffung von Arbeit für

die Freigelassenen sind organisatorishe Bestimmungen vor- gesehen.

Afrika. Egypten. Kairo, 24 Juli. (Allg. Corr.) Die Meldung des Mudirs von Dongola, daß er einen neucn Sieg errungen habe, ist bis zu einem gewissen Grade bestätigt worden. Der Kampf, der nur unbeteutend war, fand am 20. d. statt. Der Mudir erbeutete einige Schafe; vier seiner Leute wurden verwundet. Lieutenant Bedawei, ein Ueberlebender der Armee Hicks Paschas, kam, nach einer achtmonatlizen Wandershaft von Dorf zu Dorf durch Kordofan am 4. d, in Dongola an. Es scheint, daß der Mahdi 400 Ueberlebende von His Paschas Armee in seiner Gewalt hat. Der Kababisch- Stamm hat sih gegen dea Mahdi empört. Es heißt, der Mahdi sei in Matameh, nördlich von Shendy angekommen. Major Kitchener hat sich nach Wady Halfa begeben, das, wie verlautet, von den Rebellen bedrokt ijt. Massauah ist von einem Erdbeben heimgesucht worden, welches fast sämmtliche Häuser der Stadt entweder zerstört 5der beschädigt hat. Die Einwohner wurden von einer Panik ergriffen und flüchteten in das Jnnere. : :

¿ajor Grieve ist auf einer Rekognoscirung zwi- schen Keneh und Kosseir begriffen. General Free- mantle begab sih heute, begleitet von dem Major Stopford und den Kapitänen Heath und Kelly und 20 Jngenieuren nah Suakim. i |

25. Juli. (A. C.) Jn gut unterrichteten Kreisen wird bezweifelt, daß der Mudir von Dongola die Stadt dem Mahdi übergeben werde. Er besiße dort bedeutendes Eigen- lhum.

/ Auf die Weisung der britishen Regierung hat die egyptishe Regierung ein Rundschreiben an die Gouverneure sämmtliher Provinzen erlassen, welches die sofortige Eintreibung aller rückständigen Steuern verfügt.

Aus Suakim wird dem „Daily Telecraph“ unter dem 23. d. gemeldet: Allnähhtlih wird die Stadt von den Rebellen beschossen, ohne daß jedoch die Schüsse namhaften Schaden anrihten. Die europäishen und eingeborenen Kaufleute sind vollständig entmuthigt. Die Eisenbahnarbeiten stehen gänzli ftill, und man ist allgemein der Ansicht, daß weder die Feld- vermessungen noch die Bahnarbeiten ihrem Ende werden zugesührt werden, wenn nicht eine Aenderung der gegenwärtigen Politik eintritt. Dsman Digma's Streitkräste bestehen aus mehr denn 10000 Mann. Die bisher freundlih gesinnten Stämme an der Küste des Rothen Meeres schließen sich allmählich ganz den Rebellen an. Roweyah, im Norden gelegen, wird stark bedrängt, und das südlichere Agig is bereits verloren, mit Ausnahme der kleinen Jnsel, deren Einwohner ihren Wasser- bedarf von Suakim beziehen. Der jüngst in Assuan ange- kommene Kaufmann, welcher Nahrihten von dem Mahdi überbrachle, kommt mit der nächsten Post nah Kairo. Der Mahdi soll knapp an Munition sein.

Zeitungss\timmen.

Die „Rheinish-Westfälishe Post“ enthält eine Reihe von Artikeln über die Stellung der rheinischen Kon- servativen zu den Nationalliberalen der Heidelberger Obser- vanz_ Wir entnehmen einem dieser Artikel folgende Stellen :

Wir (Konservative) streben grundsäßlih überall da, wo eine solche überhaupt möglich ist, Gemeinschaftlihkeit im Vorgehen mit allen verwändten oder nahestehenden Elementen an. Jegzt aber liegt noch eine besondere, konkrete zwingende Nothwendigkeit zu solchem Zusammenshluß vor. Die Wahlen zum Reichstage stehen vor der Thüre, Was für Männer follen wir wählen? Mit welcher Partei ge- meinsam vorgehen ? Diese Fragen find nur zu beantworten, wenn zuvor die anderen E klargestellt sind: wer sind unsere Gegner ? wer unsere natürlichen Bunde®genossen? und die richtige Beantwortung dieser leßteren Fragen hängt wieder davon ab, was der Einzelne von den rädbsten Aufgaben denkt, welhe von dem neuen Reichêtag zu lösen sein werden. Der Träger der gesammten inneren Politik, welc{e den Reichstag noch auf lange Zeit hinaus beschäftigen wird, ist der Reichskanzler. Der Name Bismark i|| ein großes, bestimmtes und klares politishes Programm: Befestigung des Reiches, wirthschaftlide Hebung der Nation und soziale Reform. Diese drei Punkte stehen in engem Zusammen- hang. Von der Stellungnahme der einzelnen politisben Parteien zu diesem Programm wird es der einzelne Wähler, wird es unsere ganze Partei abhängig machen, was für ein Mann gewählt werden soll und mit welcer anderen Partei man im Wahlkampf gemeinsam vorgehen kann. Diejenigen, welcbe mit uns auf dem eben kurz \fizzirten Programm stehen, müssen in denjenigen Parteien und Männern ihre Gegner sehen, welche dieser Politik Opposition machen. l Wir Konservative sehen uns nah Bundesgenossen um, und das sind jest nach ihren entschiedenen, bündigen Erklärungen die National- liberalen. Sie baten si klar und bestimmt auf den Boden der Kai!erlichen Botschaft und der Reformpolitik unseres Reichskanzlers gestellt; sie wollen ohne Nebenabsicbten mit dazu belfen, daß die großen, ter Nation und ihrer Vertretung vorgezeichneten Ziele erreicht werden. Da ist es uns bei dieser Sachlage gar keine {Frage mehr, mit wem wir Konservative der Rheinprovinz bei den bevorstehenden Wahlen möglich in gemeinsamer Aktion gegen unsere Gegner vor- zugehen haben. . : A

Allerdings bildeten Konservative und Nationalliberale allein in der letzten Reic:stogsdiät noch keineswegs die Majorität, und wir wagen auch noch nicht zu hoffen, daß fie es in der näbsten Session thun werden. Aber die Bewegung, welche in tem Volke zu Gunsten der nationalen Interessen gegen die Opposition Play gegriffen, ziebt immer weitere Kreise, und wird, das ist unsere Zuversicht, endli au dahin führen, daß, weil dann der überwiegend größere Theil der Nation auf dem Boden der Reformpolitik steht, aub in den Reichstag in der Majorität solche Männer gesandt werden, welche seien sie nun konservativ oder liberal der Regierung in d:r Durcführung ihrer Reformpläne behülflih sein wollen, so daß dann also aub in der Reichsvertretung si allmählich cine zuverlässige kompakte Mehrheit bildet, auf welhe unjer Kanzler sier renen _kann. Dies ist das parlamentarische Ziel, welches uns vor Augen \chwebt und zu dessen

rreihung wir jeßt {hon rüstig zu arbeiten anfangen müssen.

__— Die „Berliner Börsen-Zeitung“ bringt eine Mittheilung aus dem Jahresbericht der Handelskammer zu Halle a. S. für das Jahr 1883, welcher folgende, auf die all- gemeine Lage des Handels und der Jndustrie bezügliche Stellen entnommen sind: . i .

Die Kupfer- und Silberproduktion unseres Bezirks hat einen Preisrückgang der Metalle durch Erhöhung der Förderung ausge- gliben. Die Braunkohlenförderung und Briquettes-, sowie Naß- pref steinfabrikation hat bei unverändert gedrückten Preisen an Auê- dehnung gewonnen und erobern sich die Braunkohlen-Briquettes über- haupt ein immer weiteres Absatzgebiet. In der Mineralöl- und Paraffin-Industrie ift der glänzende Aufschwung des Vorjahres nun- mehr Wirkung gekommen und hat weitere Fort- sbritte gemaht, nur gegen Ende des Jahres trat eine eine Ermattung für einzelne Produkte ein. Die Ziegel-

recht zur

und Thonwaarenfabrikation, sowie im Besonderen die Bitter- felder Tbonröhrenindustrie baben bei gedrückten Preisen ihre Produk- tion vermehren fönnen. Die Masinenindustrie unseres Bezirkes hat wieterum zum Theil außerordentli glänzende, zum Theil we- nigstens ktefriedigende Ergebnisse zu verzeihnen. Die Pianofortefabri- kation bat wie im Vorjahre troy sehr reger Nabfrage unter gedrüd- ten Preisen zu leiden, dasselbe ist bei der Holzbildbauerei und Stwrizerei der Fall. Bei der Papierindustrie stand einem Preisrückgang im MRohmzterial ein noch größerer im Fabrikat gegenüber urxd fonnte daher der Ausfall im Fabrikation€- gewinn nur durch Erhöbung der Produktion cinigermaßen aus- gegliben werden. Unter dem Mißverbältniß zwishen Rohmaterial und Fabtrikatépreisen leidet aub die Lederindustrie und die Glacée- bandscuhfabrikation, während die Schuhwaarenfabrikation von den niedrigen Lederpreisen Vortheil zieht und dur Uebergang zum Mascinenbetrieb s eine neue Basis haft. Die Mühlenindustrie und Weizenstärkcfabrikation arteiteten bis zum Einbringen der neuen Ernte unter normalen Verbältnissen, von da ab aber ohne Gewinn, wenn niht mit Verl. Die Malzindustrie hat troß des nicht gürstizen Autfalles der Eerstenernte der Es Jahre mist gute Erfolge erzielt und verspricht besonders die gegenwärtige Campagne aünfstige Ergebnisse. Auch die Brauereien baten cin befricdigendes Geschäftsjahr hinter sich. Die Spritfabri- fation fonnte nur mit einer kaum Gewinn lafsenden Rektifikations- prâmie arbeiten. Die Salzproduktion zeigt keine bemerken8werthe Veränderung gegen die Vorjahre, die chemischen Industrien erfreuten sib zum Theil cines lebhaften Geschäftes. Die Seifenfabrikation dagegen scheint ret unrentabel geworden zu fein. Der Getreide- und Produktenbandel liegt noch immer tief darnieder, während der Kolonial- und Matcrialwaarenhandel sib ctwas gehoben hat.

Jn dem „Centralblatt für die Jnteressen der Volkswirthschaft“ lesen wir:

Die Har delskammer zu Leipzig \pribt si über die Lage der Industrie fast auétnahmelos sehr günstig aus, ohne die daraus folgen- den Konsequenzen zu ziehen, wie das allerdings bei ihrem bekannten S Standpunkt zur Zollreform von 1879 wohl zu begrei- en ift.

Sie wollen mir nun zum Nuß und Frommen der Allgemeinheit gestatten, dieses biermit nachzuholen. : x

Die Handelékammer beginnt damit, daß die Zahl der Eisen- gießereien sich um eine vermehrt habe und andere sich vergrößert baben. Es folgt daraus, daß die Eisengießerei Allen vermehrte Beschäftigung und Absay verscbafft hat, welde an Neuanlagen und Erweiterungsbauten betheiligt sind. Daß dur vergrößerten Betrieb auch direkt no4 mehr Arbeiter beschäftigt sind und ver- méehrter Verbrau von Roheisen, sowie anderen Hülféstoffen stattgefunden hat, mithin auch dexen wieder mehr Absatz ver- schafft und somit eine Produktionsvermehrung ge\{chaffen worden, welche den Arbeitera ihre Bedürfnisse und den Eisengießereien ihren Bedarf an Roheisen und sonstigen Hülfsstoffen liefern. Diese Pro- duktionevermehrung hat in gleicher Weise auf eine Menge sonstiger Erwerbs- und Produktionszweige hingewirkt; die Erzeugnisse der Cisengießereien dienen ferner zur Herstellung von Maschinen, welche entweder wieder als Hülfsmascbinen zur Anfertigung von Arbeits- mascinen oder direkt als Arbeitsmascinen in anderen Produktions- zweigen Verwendurg finden.

Es ist also durch die Handelskammer konstatirt worden, daß eine vielfahe Produktions- resp. Abjaz-Zunahme für eine Menge von Erzeugnissen stattgefunden hat, welche unterblieben wäre, wenn das Cisengießereicisen durch Zollfreiheit oder ungenügenden Zoll vom Auëelande bezogen worden wäre. i: 4

Die Havydelskammer fährt fort, daß die sinkenden Eisenpreise von nachtheiligem Einflusse auf die Erträgnisse der Eisenindustrie ge- wesen. Die besten Erfolge hätten, wie in den Vorjahren, diejenigen Fabriken gehabt, welche sich mit Spezialitäten befaßten, Maschinen für Buchkinderei hätten si einen Markt in England und Frankreich erobert, Werkzeugmaschinen und Holzbearbeitungs-Maschinen fanden Absatz jenseits des Meeres 2c. 2c.

Die Handelékammer bezeugt dadur, daß .die sinkenden oder billigen Eisenpreise nit die Erträgnisse der Eisenindustrie fördern, daß andererseits troß Roheisen- und Gießereieisen-Zoll die Maschinen- industrie erportfähig geworden ist, und zwar in lohnender Weise in Werkzeugmaschinen, Holzbearbcitungömaschinen, Buchbindereimaschinen, Pflugen, Drahtseilbahnen, Geldschränken, musikalishen Instrumenten ! Welche vermehrte Arbeit und welch vermehrter Verbrau der ver- \ciedenartigsten Erzeugnisse dadur \tattgefunden haben muß, wird die Handeltkammer nicht bestreiten können und wird folgerictig die daraus hervorgegangenen un» weiter folgenden günstigen Nückwir- kungen auf unsere allgemeinen wirthschaftlihen Verhältnisse zugeben müßsen.

Die Handelékammer fährt fort, indem sie meldet, daß die Spiritusindustrie unter den hohen Einfuhrzöllen in Italien und S und theilweise noch immer ungünstigen Frahtverhältnissen cide.

Hierbei darf man fragen, wer bezahlt nun den Zoll, das imvor- tirende oder das exportireade Land? .

Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei sollen in fortdauerndem Wacwéthum begriffen sein, die Zölle für Wollkämmereien und Spinnereien haben also die Einfuhr des Auslandes beschränkt, aber auch den Webereien nicht geschadet, denn diese müssen jeßt nibt we-

niger, fondern mehr Absay haben, wie das seit 4 Jahren fkonstatirte fortdauernde Wachsthum der Kämme- reien und Spinnereien beweist. Jst die Juteweberei in

‘Lindenau gut beschäftigt gewesen, so hat das der Jutespinnerei

gewiß nit geshatet. Vermehrung der Rüschenfabriken von 17 auf 22 in cinem Jahre ist eine enorme Zunahme und muß also der Be- trieb lufrativ sein troß des rasen Wechsels der Moden und der da- durch bedingten großen Ausgaben für neue Muster. S

War das leyte Iahr für die Spigtenfabrifkation ungünstiger, so liegt das bekanntlich an vermehrter Einfuhr bei ungenügenden Swutzöllen. : /

Bei den Gummiwaaren zahlen also wir wieder den Zoll bei der Ausfuhr nach Rußland und nicht dieses selbst ! ;

Rauchwaarenzurihtereicn, Färbereien, Parquet-Fußbodenfabri- kation, Fournierscbneidereien waren sämmtli gut besbäftigt oder hatten reiblihe Beschäftigung und machten erfreuliche Fort] ritte, es schadet also nirgendwo der Schutzoll, es geht also troß des Schußtz- zolls gut, oder ist nit leit zu erkennen, daß gerade der Schutzoll an allen Ecken und Kanten die geschilderte günstige Einwirkung ver- anlaßt kat?

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund- heitsamtis sind in der 27. Sahireswods von je 1000 Einwohnern, auf den Jabresdurcb|chnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 44,7, in Breslau 58,2, in Königsberg 44,2, in Cöln 41,1, in Frankfurt a. M. 23,4, in Hannover 19,4, in Caffel 26,4, in Magdeburg 37,1, in Stettin 51,9, in Altoña 25,2, in Straßburg 32,9, in Mey 27,1, in München 43,3, in Nürnberg 44,0, in Augsburg 28,4, in Dres- den 38,3, in Leipzig 35,7, in Stuttgart 27,3, in Braunschweig 26,1, in Karlsruhe 21,0, in Hamburg 33,3, in Lübeck —, in Wien 30,0, in Budapest 39,6, in Prag 34 0, in Triest 24,9, in Krakau 39,3, in Basel 20,1, in „Brüssel 29,4, in Amsterdam 39,0, in Paris 27,8, in London 26,1, in Glasgow 26,0, in Liverpool 27,1, in Dublin 21,9, in Edinburg 17,5, in Kopenhagen 24,9, in Stockholm 20,3, in Chri- tiania 19,3, in St. Petersburg 30,7, in Warschau 32,0, in dessa 44,4, in Rom 27,3, in Turin 25,1, in Bukarest 26,5, in Madrid 29,0, in Alexandrien 38,3 Ferner in der Zeit vom 22. bis 28. Juni: in New-York 24,8, in Philadelphia 22,6, in Chicago —, in Sti, Louis —, in Cincinnati —, in San Fran- zisko 17,7, in Kalkutta 25,8, in Bombay 22,7, in Madras 33,7.

Beim Beginn der Berichtswoche und fast bis an das Ende derselben hberrschten an den meisten deutshen Beobacbtungéorten schwadte zwisden Süd und West wecselnde, nur in München östliche und nordöstliche Luftströmungen, die in Breslau, Heiligenfladt und Cöln vorübergehend bis nach Südost, in Koniß und Bremen bis nah Nordwest umliefen. Gegen das Ende der Wocwe ging der Wind an den meisten Stationen bis nach Nordwest, in Breélau bis ra Südost, während in München, Heiligenstadt und Berlin Westwind vorwiegend blieb. Die Temperatur der Luft war eine hohe, es war die beißeste Woche in diesem Jahre. Der Wocben- durbscnitt der Luftwärme überstieg an allen Stationen das viel- jährige Monatsmittel um 2 bis 3 bis 4 Gr. C. Von ten meisten Stationen werden Tempzraturen von über 30 Gr. C, aus Karlsruhe vom 13. Auli 34,6 Gr. C. gemeldet. Gewitter, vielfah von Regen- güssen, auch Hagelfall, begleitet, waren sehr häufig. Der beim Wocenbeginn mäßig hohe Dru der Luft zeigte in der ersten Hälfte der Woche mäßige Schwankungen am 16. und 17. sank ter Lustdruck erheblicb, stieg aber in den leßten Tagen der Woche wieder ras.

Die Berichtêwoche war in Bezug auf die Sterblichkeit, nament- lid für die deutsben Städte, die unglüseligste, über die wir im Laufe des Jahres beribtet haber; indem lediglich in Folge der fast tropi\bcn Hite, die befonders in der ersten Hälfte der Woce in ganz Deutschland herrsckte, eine ungewöhnlich bobe Z2hl von Säuglingen zu Grunde gingen. In fast allen größer:n Städten, besonders aber in den s{lesisben (Breslau), sächsischen (Dresden, Leipzig Chemniy), märkiscben (Magdeburg, Halle, Fcanfkfurt a. O.), sowie in Berlin und Müncken, aber auch in Nürnkerg, Cöln, Aachen, Frankfurt a. M., Straßburg u. a. war die Sterblichkeit des Säuglingsalters eine besonders hohe. Am günstigsten gestaltete sie sh noÞ in den Städten an der Nord- und Ostsecküste, besonders in den kleineren Städten dieser Gruppen. Da die größeren derselben, wie Hamburg, Altona, Braunshwcia, Königsberg, Danzia, Stettin auch eine be- deutende Z2hl von Sterbefällen aufweisen. Die Gesammtzahl der aus den deutshen Städten g: meldeten Sterbefälle bitrug 1790, wo- von auf Beclin allcin 506 entfallen. Au in den größeren Städten des Auslandes, namentlich in Wien, Pest, Prag, London, Paris, Warschau, St. Petersburg, Odessa u. a. war die Sterblichkeit an Darmkatarrben eine große. Von 10 000 Leberden starben in deutschen Städten 199 Säuglinge (pro Jahr berechnet). Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutsben Städte stieg (pro Mile und Jahr ber:cnet) auf 35,8. Erkrankungen an Rubr und Cholerine waten im Allgemeinen nit häufig. Sterbefälle an Cholera nostras kamen aus Wandébeck 1, aus Paris 2, Erkrankungen aus Berlin 2 zur Anzeige. Die In- fektionskcankheiten traten meist in den Hintergrund, nur Masern er- schienen häufiger und bewirkten erbeblid mehr Todesfälle. namentlich in Stettin, Breslau, Landéhut in Bayern, Cassel, Mühlhausen i. Th., Ascberslebcn, Bi-lefeld, London, Liverpool, Warschau, in den hollän- dischen Städten Amsterdam, Rotterdam, Haag sowie in Paris hat

die Zahl der Sterbefälle abgenommen. Das Scarlabfieber rief in Coeslin, Regensburg, Aschersleben, tie Diphtherie in Stettin, Memel, Breslau, Hamburg, Berlin, Barmen, Lon-

don, Pest mehr Todesfälle hervor. Der Keuchhusten hat in Dres- den, Beriin, Cöln weniger, in Würzburz, Magdeburg, Hamburg, London, Glasgow, Liverpool mehr Opfer verlangt. Typhöse Fieber blieben im Allgemeincn beschränkt, nur in Genf stieg die Zahl der Todesfälle auf 10. Sterbefälle an Flecktyphus kamen aus Beuthen O/S. und Saragossa je 1, aus Krakau und London je 2, aus Murcia 4 zur Meldung. Dem Kinddbettfieber erlagezn in deutschen Städten 10 Frauen Todesfälle an Pocken wurden aus Met, Wien, Liverpool, Baltimore je 1, aus Krakau, Lissabon je 2 ge- meldet. In Brüssel, Prag, Odessa, Warschau, Turin stieg, in London sank die Zahl der Pockentodesfälle. Auch in Madras batte die Epi- demie zu Ende Mai erheblich abgenommen. Aus Kalkutta wurden aus der Zeit vom 1. bis 7. Juni 37 Todesfälle an Cholera, aus Toulon (19 bis 25. Juli) 224, aus Marseille 335, aus Arles 15 aus derselben Zeit gemeldet.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Von dem „Neuen Arcchiv der Gesellschaft für ältere deutshe Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammt- ausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters“ (Hannover, Hahnshe Buchhandlung) ist soeben das 1. Heft X. Bandes ausgegeben worden. Dasselbe bringt an der Spitze den Bericht über die 10. Plenarversammlung der Centraldirektion der „Monumenta Germaniae“, wele in den Tagen vom 2. bis 4, April d. F. in Berlin ab- gehalten worden ist. Ueber den Fortgang des großen nationalen Werks fonnten die Leiter der einzelnen Abtheilungen im Allgemeinen rect erfreu- liche Berichte erstatten. Im Laufe des Jahres 1883 sind autg?geben worden : von der Abtheilung „Auctorcs antiquissimi“: 1) Tom. V, pars 2: D, Magni Au-onii opuscula rec. C. Scentl; 2) Tom, VI. par 1: Q. Aurelii Symmachi quae supersuní ed, O, Sceck; 3) Tom. VI, pars 2: Alcimi Eecdicii Aviti Viennenszis epizcopi opera quae supersunt rec. R. Peiper; von der Abtheilung „Scriptores“- 4) Secriptores rerum Merovingicarum Tom, I, pars 1 (au unter dem Titel: Gregorii Turonensis opera ediderunt W. Arndt et Br. Kruscb, pars 1 Historia Francorum) ; 5) Tom. XIV der Ausgabe in Folio; 6) Vita Anskarii auctore Rimberto. Accedit Vita Rim- berti. Rec. G. Waig. 8; von der Abtheilung „Leges“ : 7) Tom. V, fasc. 2 der Folio-Ausgabe, und daraus abzedruckt: 8) Lex Ribuaria et Lex Francorum €d. R, Sohm. 8; 9) Capitu- laria regum Francorum dennuo edidit A. Borctius. Tom. I. pars posterior. 4; von der Abthiilung „Antiquitates“: 10, 11) Poctae Latini aevi Carolini. Rec. Ern, Dümmler. Tom II, pars 1, 2; von dem „Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsbe Ge- chichtsfkunde“: 12) Band IX in 3 Heften. Die Zahl der Bände Übertrifft echeblich die der beiden letzten Jahre; ebenso viele sind im Druck befiadlih.— In der Abtheilung, Anctores antiquissimi“, unter Leitung des Prof. Mommsen, hat der Druck der zweifen Abtheilung der Werke des Fortunatus, die prosaischen Schriften, bearbeitet von Dr. Krusch, enthaltend, begonnen. Dem Abschluß nahe ift der des Ennodius von Dr. Vogel, jeßt in Zweibrücken. Dagegen hat die Ausgabe des Sidonius dur Krankheit des Herausgebers, Prof. Lütjohann in Kiel, cine Unterbrebung erlitten. Die Vorarbeiten für den Claudian, die Prof. Birt in Marburg selbst auf einer Reise in Italien förderte, während andere Collationen von Dr. Mau, Dr. Wissowa u. a. besorgt wurden, nähern sib ihrem Abschluß. Die Volleirdung des Cassiodor hat Dr, W. Meyer in Müncen bis Ostern 1885 in Aussicht gestellt. Die Abtheilung „Secriptores“, deren Leitung in den Händen des Vorsitzenden der Centraldirektion der Nonumenta, Geheimen Regierungs- Rath Wait, ruht, lieferte in der ersten Hälfte des ersten Bandes der „Seriptores Rerum Meroyvingicarum“ eine fritisbe Ausgabe der Historia Francorum des Gregor von Tours, mit der sich früher Bethmann, dann, auf Grund großentheils neuer Kollationen der wich- tigeren Hands\crifte 1, Prof. Arndt in Leipzig längere Zeit beschäftigt hat. Bei der Schwierigkeit, über die Grammatik und Rechtschrei- bung des Autors ins Reine zu kommen, ift es angemessen erscienen, die Varianten der ältesten, leider nur nit vollständigen Codices in größter Vollständigkeit zu geben. Die übrigen Sriften Gregors, namentlich seine § Bücher Miracula, bearbeitet von Dr. Krusch, bei denen son des geringeren Alters der e-baltenen Codices wegen ein anderes Verfahren geboten war, werden si fort anschließen. Erft na Vollendung au dieser Arbeit hofft man bestimmtere Resultate über die Sprace Gregors zu gewinnen, und diese dürften dann auch der in Ausfiht genommenen Oktav-Ausgabe der Historia Francorum zu Gute kommen. Das große Sammelwerk des fogenannten Fredegar und die Gesta Francorum, deren Auëgabe Dr. Krusch dir Hauptsache na schon früher abgeschlossen hat, sind dem zweiten Bande vorbehalten. Der Apparat für die Vitae der merowingischen Zeit erhielt gelegent- lih einige Ergänzungen. Für die „Gesta pontificum Romanorum“ ist auf einer Reise des Leiters in Oberitalien gearbeitet worden, in- dessen sind noch weitere handscriftlihe Untersuchungen nöthig. Nachdem der im Laufe des Jahres ausgegebene 14. Band als Nach1!räge zu den ersten 12 Bänden eine Anzahl Bistbums-

und Klostergeshihten bis hinab in die Anfänge der staufischen