ér fue stets von der kändlihen Bevölkerung Gefd zu erlangen, bei der es keins mehr gebe. Das Haus vertagte sodann die Weiter-
beratung auf beute. In der Kommission der Kammer zur «Beratung des
Gesetzentwurfs, betreffend Trennung der Kirche vom Staat, spra vorgestern der Kultus8minifter über den Wortlaut des Gnt- wurfs; cs wurde zwishen dem Minister und der Kommission ein vollständiges Ginvernehmen erzielt. F
Bei der gestrigen Nahwahl für den Senat im De- partement Somme wurde der gemäßigt republikanische Kan- didat Trannoy mit 664 Stimmen gewöhlt. Sein radikaler Gegenkandidat Roucé erhielt 650 Stimmen.
Jn Laon wurde gestern bei der Nachwahl zur De- putiertenkammer der liberale Republikaner Pasquier gewählt. / S
Der kürzlich aus Rom zurückgekehrte Erzbishof von Algier Oury hat einen Hirtenbrief über die Vorlage der Trennung von Kirche und Staat erlassen, in dem es unter anderem heißt: Wir wollen das Mißtrauen und den Haß durch unser friedlihes, und hingebungsvolles Wirken für die Gesamtheit entwaffnen. Wir haben aus Rom den Wunsch mitgebracht, - daß wir milde, mutig und demütig sein und Anklagen sowie Zwistigkeiten vermeiden mühten.
Rußland.
Ein Kaiserlihes Reskript erteilt, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, dem General Tschertkow wegen seiner zer- rütteten Gesundheit die erbetene Entlassung vom Posten des Generalgouverneurs und Kommandierenden des Militärbezirks Warschau. Für den über fünfzig- jährigen Dienst wird Tschertkow der Person des Kaisers attachiert. — wig Nachfolger Tschertkows ist der Hetman der Donschen Kosaken Maximowitsch ernannt worden.
Eine vom Stadthaupt geführte Abordnung des St. Petersburger Stadtrats überreichte gestern dem General S tössel eine Adresse. E ]
Der fin nische Senat hat beschlossen, an den Kaiser eine Adresse, betreffend die Petition der Landskände um Wiederherstellung der früheren Rehtsordnung im Lande, zu schicken. . N
Ueber die Ausstandsbewegung liegen nachstehende Meldungen des „W. T. B.“ vor: N i
In St. Petersburg hat die Zahl der Aan sehr zugenommen; im ganzen îtreiken in 83 Werken 51 604 Arbeiter. — Sämtliche große Fabriken Warschaus haben sich mit den Arbei- tern geeinigt. Bei den Tramwabvbediensteten ist keine Einigung erzielt worden. — Der Ausstand in Lodz hat am 3. d. M. wieder in allen Zweiganstalten der Posnanskyshen Fabrikgesellshaft be- gonnen. Es fam zu einem Zufammenstoß mit dem Militär, ohne daß jedoh von der Feuerwaffe Gebrauch gemacht wurde. Die Arbeiter, die vor den Kosaken flohen, fielen in einen Teich, wobei 24 Frauen ertranken und 4 Arbeiter getôtet wurden. Am Sonnabendmittag exvlodierte in dem bei dem Fabrikkontor ge- [legenen Bieraus\hank eine Dynamitbombe. Der Besizer wurde getötet, die Schankwirtschaft zerstört. Drei Detektivs wurden er- mordet. Man erwartet für heute den allgemeinen Ausstand. — Von Riga in Mitau eingetroffene Agitatcren, unter denen fich Stutenten befanden, baben am Sonnabend dte Arbeiter zum Ausstand veranlaßt; in den Fabriken ist die Arbeit überall eins gestellt worden. Zusammenstöße mit dem Militär fanden niht statt. — In Kursk dauert die Erregung infolge der am 25. v. M. vorgekommenen Auéschreitungen an. Gouverneur hat bekannt gemacht, daß eine ftrenge gerihtlihe Untersubung wegen der rohen Behandlung der Schüler seitens der Polizei eingeleitet worden sei, und eine unparteiishe Beurteilung der Vorgänge, Be- firafung der Schuldigen und Veröffentlihung der Ergebnisse der Untersuchung zugesichert. — Der in Zarizyn in den Unral- Wolgawerken ausgebrohene Aus ftand hat sämtlih2 Fabriken und Drudckereien ergriffen. Die Läden sind geschlossen. In den Straßen sieht man Militärpatrouillen, die Arbeiter ver- halten sih ruhig. Den von ibnen gestellten Forderungen traten auch die Hanblungsgehilfen bei. — In der Stadt und im Bezirk Lugans?k ift allmähli® Rube eingetreten; man hofft, daß alle Werke beute die Arbeit wieder aufnehmen werden. — In Rofstow a. Don sind der Freitaz und Sonnabend voriger Woche ruhig verlaufen. — In einer Sißung der Fabrikanten von Odessa wurde beschlossen, sich der Ansicht der Fabrikanten der Hauptstädte anzushließen. Die Arbeiter einer großen Kupferfabrik traten in den Ausstand. Die Schüler der Kunstshule beschlossen, bis ¿um 13. September dem Unterriht fernzubleiben. Die Stadt ist rubig. — Der Militärgouverneur von Batum hat die Arbeiter der Baitowerke aufgefordert, die Arbeit wieder aufzunehmen, unter der Androhung, daß die Werle im andern Fall endgültig würden geschlossen werden. — In Tfschita find heute etwa 1000 Arbeiter der dortigen Babnwerkstätten in den Ausstand getreten. Sie fordern die Freilassung von 19 in éiner Arbeiterversammlung ver- hafteten Kameraden. Bei deren Verhaftung in einem Vorort waren von den Arbeitern mit dec Polizei Shüsse gewehselt worden, bei denen jedoch niemand verleßt wurde.
Ftalien.
Die „Agenzia Stefani“ veröffentliht ein Schreiben des Ministerpräsidenten Giolitti an den König, in dem er ausführt, daß er während seiner Krankheit geglaubt habe, sein Amt nicht weiterführen zu können, und deshalb die Absicht geäußert habe, zu demissionieren; die Aerzte hätten ihm jedoch davon abgeraten, da sie der Ansicht gewesen seien, daß er rasch wieder zu Kräften ommen werde. Diesem Rate sei er gefolgt, da er ohne dringendste Notwendigkeit das ihm vom König anvertraute Amt, bei dem er auch das Vertrauen des Parlaments habe, nicht auf- geben zu sollen geglaubt ee. Durch seine Teilnahme an cinigen Sizungen des Parlaments sei ihm jedoch klar ge- worden, daß seine Kräfte für parlamentarische Debatten nit mehr ausreichten. Diese Umstände lägen auch heute in so zwingender Weise vor, daß er ohne eine längere Ruheperiode die Hoffnung aufgeben müsse, seine Gesundheit wieder- zuerlangen: er sei daher genötigt, seine Demission ein- zureichen.
In der Deputiertenkammer teilte am Sonnabend der Minister Roncchetti mit, daß der Ministerpräsident aus Ge- sundbeitsrüdsihten dem König seine Demission überreiht babe; infolg:dessezn habe auch das gesamte Kabinett demissioniert; der König babe sih seine Ents@licßung vorbehalten. Die Regierung bleibe bis dabin zur Abwickelung der laufenden Geschäfte und zur Aufre@terhaltung der öffentlichen Ordnung im Amte.
Geftern hatte der König, wie „W. T. B.“ meldet, Besprehungen mit dem Senatspräsidenten Can onico, dem Prästdenten der Deputiertenkammer Marcora, ferner mit den Senatoren Ricotto, Finali, Visconti-Venosta und den Abgeordneten Sonnino und Fortis.
Der König ernannte vavaitecie 43 neue Senatoren; unter ihnen befinden fih der Gesandte in London Panja, der frühere Minifter Di San Giuliano, der Physiker Righi, die Generale Del Maynso und Sismondi, die Professoren Dovidio, Zumbini, Volterra, Lioy und Morandi, der Admiral Quigini Puliga und der Architekt Beltrami.
Gestern wurde eine noch von Giolitti unterzeichnete Verfügung veröffentliht, nah der bei dem Ministerium des Aeußern ein dem Minister des Aeußern sowie dem Landwirtschafts- und dem Schaßminister unterstehendes vor- läufiges Bureau errihtet wird, das alle mit der Grün- dung des internationalen Landwirtschaftsinstituts api hängenden Angelegenheiten bearbeiten solle. leichzeitig wurde ein aus dreißig Mitgliedern bestehendes General- komitee eingeseßt, das dem Minister t g für das Programm der in dieser Angelegenheit für den Mai d. J. geplanten internationalen Konferenz machen und die
egierung bei den vorbereitenden Arbeiten für diese Konferenz unterstüßen soll.
Das Agitationskomitee des Eisenbahnpersonals, in Verbindung mit drei von der sozialistishen Gruppe ent- sandten sozialistishen Abgeordneten und den Präsidenten der Arbeiterbörsen in Rom, Neapel, Florenz, Mailand und Turin hat infolge der Demission des Kabinetts beschlossen, die Obstruktion aufzugeben.
Schweiz.
Die „Schweizerische Depeshen-Agentur“ meldet aus Genf, Gapon habe sih dort zwei Tage aufgehalten und sei vor- gestern abgereist, um sih nah Paris und London zu begeben.
Türkei, Dein Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureau“ wird aus Kon-
stantinopel berichtet, daß die vor einigen Tagen gemeldete .
Ermordung von zwei Patriarhatspriestern und vier Bauern aus dem Dorfe Negovan südöstlich von Florina nicht durch eine bulgarische, sondern durch eine griechische Bande erfolgt sei, und zwar zu dem Zwecke, e M POB aide Propaganda einzushüchtern. Der Generalinspektor Hilmi Pascha habe die Verfolgung der Schuldigen sowie eine strenge Untersuhung des Falles unter Hinzuziehung von Stabsoffizieren angeordnet. Die Zivilagenten hätten gleih- falls Delegierte zur Teilnahme an der Untersuhung entsandt.
Griechenland.
Die Wahlen zur Deputiertenkammer sind gestern, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, im ganzen Lande in voller Ruhe und Ordnung verlaufen. Die Regierung hat eine be- trähtlihe Mehrheit erzielt. a die ganze Liste der Delya- nisten ist gewählt worden; sämtlihe Minister sind wieder- gewählt.
Serbien.
Die Skupschtina hat, dem ,W. T. B.* zufolge, 300 000 Dinare zur Vornahine vergleihender Geshütßpr oben bewilligt.
Amerika.
Die feierlihe Einführung des Präsidenten Roosevelt in seine zweite Amtsperiode wurde vorgestern, wie „W. T. B.“ berichtet in Washington mit dem üblichen gerementes begangen.* Nachdem Fairban ks in sein Amt als
izeprästdent im Senät eingeführt war, begab sich die ganze Versammlung auf die Rampe vor dem Kapitol, wo dem Präsidenten R o osevelt dann in Gegenwart einer zahlreichen Menschenmenge dex Eid abgenommen wurde. Unter großem Bee verlas der Präsident dann seine Botschaft, in der er ausführte : i :
eän Volk der Erde babe mehr Grund zur Dankbarkeit gegen Gott, als das amerikanische, da es ver allen in die Lage verseßt sei, seiner Wohlfahrt und feinem Glücke leben zu können. Amerika habe nit nôtig gehabt, für seine Existenz gegen eine fremde Nasse zu kämpfen, aber doh habe das Leben die Kraft urd die Anstrengungen, obne die Mannestugenden dahinschwänden, berausgefordert. Der Erfolg, den das amerikanishe Volk in der Vergangenbeit gehabt babe, und voraus- sihtlih au zufkünftig baben werde, sollte fein Gefükl eitlen Nubmes er- weden, sondern das der Verantwortlichkeit und der Entscblossenbeit, zu zeigen, daß unter einer freien Regierung ein mähtiges Volk am besten gedeihen kann. Wir find eine große Nation geworden und müssen uns benehmen, wie es einem Volke mit so großen Verpflich- tungen geziemt. Gegen alle anderen Nationen, große wie kleine, muß unsere Haltung die einer herzlichen und aufrichtigen Freundschaft sein. Während wir stets darauf bedaHt sein müssen, anderen kein Unrecht zuzufügen, müssen wir nicht weniger darauf bestehen, daß uns felbst kein Unreht geschehe. Wir wünschen den Frieden der Gerechtigkeit. Wir wünschen ihn, weil wir es für rihtig halten, niht weil wir 1:n8 fürhten. Keine {wae Nation, die mannhaft und gerecht handelt, wird jemals Grund haben, uns zu fürchten, und keine starke Macht wird jemals fähig sein, uns sich auszusucen als Gegenstand eines frechen Angriffs. Wichtiger nocch als unsere Beziehungen zu den übrigen Mächten sind unsere Beziehungen unter uns selbst. Die Bedingungen, die zu unserer wunderbaren materiellen Wohlfahrt beigetragen haben, haben aber au die Sorge mit sih gebracht, die untrennbar is von der Anhäufung großer Reichtümer in Industriezentren. Wir haben daher eine große Verantwortlichkeit uns selbft, der heutigen Welt und den kommenden Geschlehtern gegenüber. Wir brauchen die Zukunft nicht zu fürchten, dürfen uns aber den Ernst der unserer harrenden Probleme nicht ver- behlen. Dazu müssen wir die Eigenschaften praktisher Klugheit, des Muts, der Kühnbeit und der Auédauer zeigen und vor allem die Er- gebenbheit für die erhabenen Ideale, die die Gründer und Erhalter unserer Nepublik groß machten.
In: Repräsentantenhause stellte vorgestern der Vor- sißende der Budgetkommission fest, daß die während der ver- gangenen Session bewilligten rage nch auf 697 048 104 Dollars belaufen, während der Einnahmevoranschlag für das nächste GaeRaur 725590515 Dollars betrage. Jm Senat gab Allison eine etwas abweichende Erklärung ab, indem er die Ansicht aussprah, daß das Defizit in diesem Jahre nit größer als im leßten Finanzjahre sein werde. Der Kongreß vertagte si darauf auf unbestimmte Zeit. Der Präsident Roofsevelt hat aber sofort den Senat für eine Auberordentii Tagung einberufen.
Aus Buenos Aires meldet die „Agence Havas“, der Ministerrat habe beschlossen, den Belagerungszusland um 60 Tage zu verlängern.
Asien.
Der General Kur opatkin meldet, wie dem us, R aus St. Petersburg berihtet wird, dem Kaiser unter dem 2. d. M:.:
Heute gegen 3 Uhr hat unjer Detachement am Ausgange eines 4 Werst öftlich von Sanlinvu gelegenen Dorfes in der Richtung auf Sanlinpu mit Artillerie gefeuert; die feindlihe Bewegung egen unser Detachement wurde bald zum Stehen gebraht. Heute
at der Feind eine energishe Offersive und eine Umgehungs- bewegung gegen unfere rechte Flanfe in der Front der Dörfer Schahopu und Lindziatun ausgeführt. Die Japaner machten nach einer starken vorbereitenden Kanonate mehrere Angriffe, wurden jedo mit großen Verlusten für sie zurückges{lagen. Gegen unsere Stellungen in der Front Erdagou-Kandolissan begnügt sich der Feind, Artilleriefeuer zu unterhalten. Gegen die Stellung von Kut uling richteten die Japaner einen energischen Angriff und nabmen eine Verschanzung in der Front, wurden jedoch aus dieser dur
unseren Gegenangriff Herau8geworfen; die Vershanzung wurde dann aber, da e völlig zerstört war, von den Unsrigen nach erhaltenem Befebl verlassen. Die Japaner griffen heut: mehrere Male unsere Abteilung auf dem linken Flügel der an und beseßten gegen 1 Uhr Nachmittags die Berge gegenüber der Stellung. Unsere Truppen faßten, nahdem sie durch einen Gegen angriff die Japaner aus der Stellung geworfen hatten, auf einem Bergkamm in der Nähe des Berges Fuß. Unsere Abteilung beim Dorfe Kudiaza ergriff die Offensive, nachdem sie fünf heftige An- griffe der Japaner mit großen Verlusten für diese zurückgewitescn batte,
Unter dem 3. März meldet der General Kuropaikin
weiter:
Der Angriff gegen die Japaner, die das Dorf Sanlinpu und die südli davon gelegenen Nachbarorte beseßt hielten, wurde gestern abend begonnen und beute früh fortgeseßt. In Muk den sind beute morgen Verstärkungen eingetroffen. Auf der Front unserer Stellungen fanden heute keine Angriffe siatt, sondern nur eine Beschießung dur japanische Artillerie. Die Japaner unternahmen am frühen Morgen Angriffe auf unsere Sil angua auf dem linken Flügel in der Gegend bon Jansintun und Kandolisan. An dem leßten, vierten Angriff nahmen mehr als 20 japanische Bataillone teil, die aber alle unter großen Verlusten für die Japaner zurückzes{lagen wurden. Nach dem Bericht des Befeblshabers in diesem Teile des Kriegsshauplatzes blieben Leichen von Japanern in Mafsen vor unferen Stellungen liegen. An mebreren Stellen fanden Bajonettkämpfe statt. Heute früh griff der Feind unsere Stellung bei Kutuling an, zwei Angriffe wurden jedoch unter großen Verlusten für die Japaner zurüdgeshlagen. Die ersten Glieder der Japaner, die die rechte Flanke unserer Stellung angriffen, trugen Uniformen unseres Regiments Chembarsky, das si in der Stellung bei Kutuling befindet. Ein dritter Angriff auf die rechte Flanke wurde ebenfalls zurückgeschlagen. Die Japaner kamen bis auf 200 Schritt an unsere Schüßengräben heran. Unsere Abteilung auf dem linken Flügel wurde beute dreimal, um 9 Ubr Morgens, 3 und 5 Uhr Nahmittags, an- gegriffen, besonders heftig war der leßte Angriff, _bei dem es ¿um Bajonettkampf kam, der aber auch mit großen Verlusten für die Japaner zurückgesblagen wurde. Der Stabs{hef der 71. Divifion, Oberstleutnant C hrostizki wurde verwundet, blieb aber in der Gefehtslinie. Gestern habe ich im Namen Eurer Majestät den Truppen der Abteilung des linken Flügels für ihre Tapferkeit gedankt. Die Verluste der japanishen Truppen, die den linken Flügel angriffen, waren fo groß, daß Berge von Leichen eine förmliche Brustwehr bildeten. i 4 diee Generai Kuropatkin telegraphiert ferner vom
. März:
An der Front westlich von Mukden if diè Naht ruhig ver- laufen. Gestern begegnete eine ee Abteilung auf der Straße von Mukden nach Hsinmintun, fünf Werst nordwestliß ven Taschitshao, einer von Westen anmarschierenden feindlihen Ab- teilung; unsere Abteilung licß sich auf ein Gefeht mit dem Gegner ein. Von der reten Flanke unserer Armeen sind keine Berichte eingegangen. Seit heute früh ist Geshüßfeuer aus der Richtung von Suchud- sfiapu vernehmbar. Vor unserer mittleren Stellung ist es ruhig; nur Fen die bei Sachepu stehende Abteilung führten die Japaner Abends einen Angriff aus, wobei sie bis an die Draht- hindernifse unserer Befestigungen berankroWen und Handgranaten warfen, sie wurden jedoch bald durch unser Geshüßfeuer zurüdck- ge!\{lagen, ohne taß es ihnen gelungen wäre, die Drahtzäune zu be- \châdigen. Auf unserer rechten Flanke hat die japanishe Garde gestern abend und Nachts ihre heftigen Angriffe gegen die Stellung bei Kandolissan fortgesest; der leßte Angriff, der zehnte, wurde um vier Uhr früh zurückgeshlagen. In unseren Schanzen sind die Leichen von Japanern aufgehäuft. Die Angriffe gegen den Kutulingpaß stellte der Gegner gestern nahmittag ein, jedo wurden für den Abend erneute Angriffe erwartet. Bei den De- tachements der linken Flanke der russischen Armee börte gestern abend das Gefecht auf, wobei gegenüber den Stellungen von Kudiadzu ein Nückzug der japanishen Truppen bemerkt wurde. Unter den geftern Verwundeten befinden sich Generalmajor Schatilof f und Oberleutnant Gurko. Heute wurde die Vorhut des unsere rehte Flanke umgebenden Gegners zwishen der Hsinmintun- straße urrd dem Hunho, etwa §8 Werst von der Station Mukden, bemerkt. Bei Tagesanbruch des 4. März nahmen die Fapaner Suchudziapu ein, rückten aber niht weiter vor. Nach heftigem Kampfe nahmen die Japaner auch Lanschanpu, doch wurde ihr Anrücken gegen unsere Stellungen bei Sahepu, das heute morgen um 5 Uhr begann, aufgehalten. Die Gegner wurden durch Salven der Vorhut zurückgeworfen. Den Putilowhügel griffen die Japaner gestern abend um 11 Uhr und Nachts um 1 Uhr an, wurden jedo jedesmal zurückgeschlagen. Gegen unsere Stellungen im Kando- lissanbezirk wiederholte der Gegner seine sehr energishen An- griffe bis zum Morgen. Um 8 Uhr Morgens wurde der Feind mit großen Verlusten zurückgeschlagen. Dieser leßte Angriff war der dreizehnte. Tag8über wurden die Angriffe eingestellt. Gegen den Kutulingpaß unternahm gestern 2 Uhr Nachts der Gegner zwei Angriffe, die aber beide zurückges{chlagen wurden. Auf unserer äußersten linken Flanke vergingen die Nacht und der folgende Tag verhältnis- mäßig ruhig. Der bei Kudiadzu befindlihe Truppenteil führte Nachts einen partiellen Vormarsch aus. E
Die „St. Petersburger Telegraphen-Agentur“/ veröffentlicht nachfolgende Depeshe aus Mukden vom 4. d. M. 6 Uhr Morgens :
Gestern seßten die Japaner den Sturm auf unsere Stellungen wesilih von Mukden fort; im Zentrum fand bis zum Abend nur ein Artilleriegefecht statt; dann stürmten die Japaner Sachepu und ge- largten bis zu den Drahthindernissen, ‘wurden aber zurückzeshlagen. Unseren linen Flügel bei Kandalisan ftürmte die japanische Garde ; heute 4 Uhr Morgens wurde ibr zehnter Sturm abgeshlagen. Bei dem Kutulingbaß wurden sämtliche Angriffe der Japaner bis gestern abend ‘ abgesdlagen. Die Japaner erlitten überall starke Verluste. Heute tobt ein Artilleriegefeht auf dem rechten Flügel.
In einem anderen Telegramm meldet die Agentur:
Um 7 Uhr Morgens begann der Kampf von neuem auf den Stellungen bei Mufkden gegen die Division Nogi. Unsere Artillerie- salven waren weit stärker als gestern. Auf den Stellungen beim Schaho ift keine Veränderung eingetreten. Auf der linken Flanke haben die Japaner bei Tage keinen Angriff unternommen. Der leßte Angriff, der dreizehnte am Kutulingpaß, wurde um 8 Ubr Morgens zurückgeschlagen. Der Putilowbügel wurde den ganzen Tag mit QelagerungtgelGügen beshofsen. Rechts von der Eisenbahn riffen die Japaner Liantichaupu an, das unsere Vorposten nah hartnädcktigem Kampfe verließen. 16
Dieselbe Agentur meldet aus Mu kden vom gestrigen Tage:
Seit dem frühen Morgen dauert der Artilleriekampf westlih von Mukden an. Die Linie der japanishen Vorposten dehnt sich bis zu neun Kilometer ‘von Mukden parallel der Eisenbahn aus. Die japanisdhen Geschosse explodieren etwa vier Kilometer von den Kaiser- gräbern. Vorzugsweise werden die ausgedehnten chinesishen Dörfer beschossen, die fast die einzigen Stüßpunkte in der ungedeckten Ebene bilden. Den ganzen Tag wetteiferten unsere Feldbatterien energisch mit den japanischen; beide Gegner übershütteten einander mit Schrap- nells. Zeitweise ist der ganze Horizont infolge der explodierten Schrapnells von Rauhwolken bedeckt. Das Wetter ist klar.
Dem „Reutershen Bureau“ wird aus Mukden vom 3. d. M. gemeldet:
Die russishe rechte Flanke begann sich am 1. März nach der S&lahht von Tschantan, das westlih von Santschiapu gelegen ist, zurückzuziehen; damals wurde der Befehl zum Zurückgehen ge- eben. Es fam dann zu einem Gefeht bei Taotaitsu unweit Miu can, bei dem die Russen einige Maschinengewehre Gefangenen, die sie machten, be-
Truppen, die unter gefohten hatten. Die
erbeuteten üs unter den
Leute von den Port Arthur
einige
fanden Nogi
General
Armee [M
erlste der NRufsen waren shwer, do vernißteten sie bei T\chantan M ganzes japanishe8* Regiment durch Shrapnellfeuer. Die Russen verbrannten alle ervorräte in den Dörfern nördlich vom Hunho. Die Japaner griffen Tshantan von Santschiapu aus -an und ingen gleichzeitig aus der Richtung vom Liauflufse her vor. Sie überraschten die Rufsen vollständig, da bei diesen der Eindruck ge- herrscht batte, daß die Hsinminting-Bahn von den Japanern als Verbindungslinie auf der Westseite benußt werde. Man nehme ay, daß die Japaner drei Divisionen stark seien. Die den Russen zugegangenen Nachrichten deuteten daraufhin, daß nur drei feindlihe Divisionen an der Front tätig seien. Man
“ glaube, daß eine feindlihe Truppenmaht von großer Stärke auf
Tieling zu marshiere und daß möglicherweise die Verbindung mit China werde argen ten werden. An den rufsishen Stellungen im Zentrum hat nichts geändert. Hier in Mukden berrsht die leb- hafteste Tätigkeit. Alle E namentlich die Fahrstraßen der Außenbezirke find aufs regste belebt durch den Transport des Heeres, das in Eile zusammengezogen wird, um dem General Nogi entgegen- utreten. L
i Dasselbe Bureau berihtet aus Mukden vom 4. d. M.:
Hier treffen jeßt Flüchtlinge von der Straße von Hs inminting und der Gegend nördli des Hun ho ein. Die Japaner, die gestern am Schlusse der Shlaht auf dem Westhügel gefargen genommen wurden, waren so erschöôpft, daß fie nicht mehr gehen und ih nicht mehr wah balten konnten. Sie lagen unter BewaHung wie tot da. Ihr Zustand is ein beredtes Zeugnis für die Anstrengungen, denen die japanishen Truppen durch das außerordentlich rasche Vorrüden des Generals Nogi unterworfen wurden.
Von japanischer Seite wird berichtet :
Eine amtliche Mitteilung des Marshalls O yama vom 3. d. M. besage, daß die Russen am 2. März gegenüber unserer Stellung bei Singking ungefähr 80 Meilen östlich von Mukden verschiedene Angriffe machten, die aber sämtlich zurückgeshlagen wurden. Bei Pönnsihu wurde der Feind auf seine Hauptverteidigungslinie zurück- geworfen ; die Aktion ift noG im Gange. Ebenso entwideln ih die Gefehte am Schaho in einer für uns günstigen Weise. Am 1. März vertrieb unsere Abteilung bei Tamintun und Hsinminting den Feind und erbeutete eine Menge Lebensmittel und Fourage.
Eine weitere amtlihe Mitteilung des Marshalls Oyama meldet :
In der Gegend von Hsinking warf vor einigen Tagen eine javanishe Abteilung die Nussen auf ihre Stellungen 15 Meilen süd- östlih von Fuschan zurück. Dort ist jegt wieder ein Gefeht im Gange._ In der Gegend des Schah o wurden die wiederholten Angriffe der Rufsen in der Nacht vom 3. d. M. sämtli zurückgeshlagen. In dem westlich von der Eisenbahn gelegenen Teil des Kriegs\hauplatzes fahren die Japaner mit ibren heftigen Angriffen fort und haben gegen- wärtig das Gebiet beseßt, das- sich von dem fünf Meilen westlih von Shahopu gelegenen Wutschenving bis zu dem aht Meilen nordwestlih von leßterem gelegenen Sufupu erstreckt. Auf dem rechten Ufer des Hunho rückten unsere Truppen, nachdem sie den Feind all- mäblih zurückgedrängt hatten, nah Norden vor und durhbrachen die Verteidigungs8linie des Feindes, die sich von Tschantan nah Hsu- fangtai erstreckte. Darauf wurde die heiße Verfolgung des Feindes fortgeseßt; sie hat bereits eine Linie erreiht, die ih bon Woßup&, fünfzehn Meilen südwestlih von Mukden, nah Taßupu,. dreizehn Meilen westlich von Mukden, und Lamuho, drei Meilen nördlih von Tatzupu, erstreckt. Die Verluste des Feindes während der [eßten Tage waren beträchtlih, ebenso unsere Beute ; beides ist jedoch noch nit festzustellen gewesen. Ju unsere Hände ist urs anderem das feindliche Bekleidungsmagazin in Tahantai gefallen. i -
¿ „A „Morning Post“ meldet aus Schanghai vom M - _ Die Japaner sind im Begriff, eine fünfte Armee aus 8 Divisionen, die 140 000 Mann stark und aus den Reserven der Jahrgänge 1887/91 bestehen soll, aufzustellen. Drei Divisionen find \{on im Nordosten von Korea gelandet ; der eine Teil davon foll gegen Wladiwostok vor- rüden, der andere foll versuchen, den linken Flügel der russischen Mandschureiarmee zu umgehen. Eine japanische Reservearmee zur Landesverteidigung in Japan isst aus Reservemanns{aften der Jahrgänge 1884/86 aufgestellt worden. — In Hakodate ist ein Geschwader vereinigt, bestehend aus ¿wei Panjer-, zwei ges{hüßten Kreuzern, 16 Torpedobooten und -Zerstörern und den Hilfskreuzern „Vongkong-Maru“ und „Nippon-Maru“. Große Koblendevots sind auf Formosa als Flottenstüßpunkt angelegt; diese Bie find durch Minen- |verren geschügt. Sechzig Haubiten find von Japan nah dem Schaho geshickt worden. Ï _ Die „Daily Mail“ meldet aus Hongkong vom gestrigen Lage : … Der deutsche Dampfer „Nubia“ hat am 4. d. M. 100 Seemeilen [dôstlibvonHo ngkong ¿wei japanisheSGe\chwader gesehen. Das erite, aus Linienschiffen und Panzerkreuzern bestehend, war 9 Schiffe stark und dampfte mit Volldampf in geschlofsener Ordnung mit ab- geblendeten Lichtern. Die Japaner rihteten während einiger Minuten ihre Scheinwerfer auf den Dampfer, bis sie seinen Namen und Heimatsbafen am Heck erkannt hatten. Dieses Geshwader wurde um 2 Uhr Morgens ge}ehen. Das zweite, aus 13 großen Kriegs- [hien bestehend, wurde im Laufe des Nahwittags gesehen.
Ver englishe Dampfer „Easby Abbey“, mit Cardiff- fohlen nah W ladiwostok bestimtht, ist am 27. Februar von den Japanern aufgebraht worden.
Parlamæentarische Nachrichten.
Die Sg@hlußberichte über die Porgelirigen Senne des Neihstags und des Hauses der Abgeordneten befinden in der Ersten und Zweitcn Beilage.
— In der heutigen (156.) Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner beiwohnte, wurde die zweite Veratung des Reihshaushaltsetats für 1905 im Etat des Reichsamts des Jnnern fortgeseßt und die all- Jemeine Besprehung beim ersten Titel der Ausgaben („Gehalt des Staatssekretärs 50 000 M“) in Verbindung mit den dazu geltellten 24 Nes olu tionen wieder aufgenommen.
_ Abg. Dr. Potthoff (fr. Vgg.): Die Angriffe gegen den Zausterhandel veranlaffen auch mi, heute noch mit einigen Worten “ine Tanze für diesen Stand zu brechen. Für meinen- Wahlkreis, das rauhe, gebirgige Ländchen Waldeck mit seinem \pärlihen Eisenbahnnetz sind die Haufierer eine U Be Sm, Ein Teil der jüngeren Pevölkerung geht, um scine Existerz zu fristen, außer Landes; die Durüdbleibenden Fönnen sh nur dadurch ezhalten, daß sie sich auf den Hausierbetrieb legen. Die allgemeinen Vorwürfe, die man gegen die Hausierer erhoben hat, treffen auf diese Waldecker nicht zu. wertete sür sie verlangt man nicht, aber Auënahmegeseze gegen sie Zutden volkswirtschaftlich hôöckft bedenklih sein. Aud die vcm ?nirum verlangte Statistik scheint uns eine Bedeutung nicht zu 0ven. Die Enrquete über die Kautelle sollten auch auf das Feuer- „etsicherungéwesen ausgedehnt werden; es wäre doch sehr zwcckmäßig, e Enquete vorher vorzunehmen, bevor das Gesey über den ercetiellen Inbalt des Privatbersiherungévertrages an uns Sangt, Hauptsählich aber möchte ih hier ncchmals die Inter- N des Privatbeamtenstandes behandeln, der \chon 1895 eine Million p isaßte und den man als einen neuen Mittelstand bezeihnet hat. Teil, der bis berigen sozialreformatorischen Geseßgebung sind nur e è_ dieser Beamtenschaft, und au diefe sehr ungleimäßig, eroffen worden. Die Lage dieser Beamtenkategorie is keinet- s durGweg befriedigend. Für die Bureaubeamten liegt 1368 ftatistishe Material vor, speziell über die Verhältniffe der
e
üngeren Gekilfen bezie
Bureaubeamten bei den Retsanwälten. r beziehen die SWOEe | t 5
10 bis 20 bis 30 4; die Hälfte der
unter - 50 A monatlich, 26/9 der Bureauvorsteher unter 100 4 | Dabei sind die Gehilfen und Bureauvorsteher zum großen Teil ver- | beiratet. 46 9/% der Angestellten haben eine Kündigungsfrist von 1 Monat, |
4 9% von urter 14 Tagen. In Berlin sind diese Verbältnisse no s{lechter. Die Verkbältnisse der Techniker erscheinen uné in einem ans besseren Lichte. Diplomierte Ingenieure müssen heute vielfah mit Gebältern von W Biel f f Koll
echfelfällen ausgeseßt als ihre jüngeren Kollegen. Der Tecbniker- verband hat Fragebogen herausgegeben, aus denen si ergibt, daß die Gehälter durchweg sehr niedrig sind; nur 19 % haben 3000 4 und mehr Einnahme. Die Gehaltsf\tufe von 1500 bis 2100 M ist am stärksten beseßt. Nicht ganz die Hälfte der Beamten hat shriftliße Dienstverträge. In den leßten 5 Jaßren waren 27 9/0 aaa, durchschnittlich 4 bis 5 Wochen. Die gegen- wärtige Wirtschaft8politik, die neuen dek Werträge werden nit zur Besserung beitragen, denn die Lebenshaltung wird verteuert.
Bei Schluß des Blattes spricht der Redner weiter.
— In der heutigen (155.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welher der Minister der offentlichen Arbeiten von Budde beiwohnte, machte vor Eintritt in die Tages- ordnung der Präsident Vorschläge für die geschäftlihe Be- handlung des Etats der Eisenbahnverwaltung.
Es ist noch ein Antrag des Abg. Meta (Zentr.), be- treffend die Sonntagsruhe in den Eisenbahnbetrieben, eingegangen.
Abg. Freiherr von Erffa (konf.) hält die Frage der Betriebs- mittelgemeinshaft für so wihtig, daß sie gesondert be- handelt werden müfse, und stellt einen dabin gehenden Antra g.
Der Berichterstatter für den Eisenbahnetat Abg. Schmieding spricht sih gegen diefen Antrag aus. s _ Nachdem noch der Abg. Fishbeck (fr. Volksp.) die ge- sonderte Behandlung der Frage der Betriebsmittelgemeinschaft empfohlen hat, wird diese bes@lossen.
Der Antrag Herold wird nah Beendigung der Beratung der dauernden Ausgaben für die Besoldungen zur Verhandlung kommen. : 2
Zur Beratung steht zunächst der Antrag der Abgg. Dr. Krause- Königsberg (nl.) und Genossen, unterstüßt von Mit- gliedern des Zentrums, freikonservativen und freifinnigen
Abgeordneten: die Staatsregierung zu ersuhen, dur Nacbtragsetai oder Anleihegeseß s{leunigst Mittel bereit zu stellen zur Gewährung bon unverzinslihen oder gering verzinslihen Dar- lehen an die durch den elementaren Wassermangel des Jahres 1904 schwer geschädigten Kleinschiffer zum Zweck ihrer Erhaltung im Haus- und Nahrungsstande.
Abg. Dr. Krause begründet diesen Antrag und führt aus: Es handelt si hier niht um einen Parteiantrag; denn er ist von Mit- gliedern der meisten Parteien unterstüßt. Er hat aub keine Be- deutung für einen besonderen Wahlkreis. Da es sich um die Genehmigung von Mitteln handelt, so muß er nach der Ges shäftêordnung in einer Kommission vorberaten werden, und ih beantrage, ihn der Budgetkommission zu überweisen. Es liegt eine Notlage der Kleinsiffer vor... Jm vorigen Sommer bat ein ganz ungewöhnlicher Wassermangel, eine Dürre geberricht, die man wokl als ein elementares Ereignis bezeihnen darf. Die Klein- \chiffer sind «auf ihrer Fahrt 15, 20, ja 23 Wogen liegen geblieben, weil der Wasserstand so niedrig war. Dieser Mißstand er- strelte \ich im wesentliGen auf die märkischen Wasser- straßen, auf die Oder, Warthe, Negye, Brake bis zur Weichsel. Durch ihn find die Schiffer stark ges{hädigt worden. Sie haben viele Kosten gehabt für die Zahlung von Liegegeldern, Schiffleichterungen, für ihre shadhaft gewordenen Fahrzeuge. (Bei der zunehmenden Ün- ruhe des Hauses sind die folgenden Ausführungen sehr {wer zu ver- stehen.) Auch an Schkleusenabgaben und Sleppgeldern haben die Schiffer erheblihe Ausgaben gehabt, und die Schulden, die auf den Kähnen baften, find erheblich gestiegen. Gegenüber dieser Notlage bat bereits der Zentralverein zur Hebung “der Fluß- und Kanalschifabrt eine Hilfeleistung angeregt, und es sind ja au bis jezt 20 000 4 von den zusammengebrachten Geidern verteilt worden. Mit dieser Unterstüßung ist aber doch nur sehr wenig für die Hebung des Haus. und Nahrungs- standes erreiht worden. ‘Man darf auch nit übersehen, daß es sih hier nit sowohl um eine Not der Hilfskräfte und Arbeiter handelt, als um eine Not der kleinen Schiffseigentümer felbst, der Besißer von Fabrzeugen mit einer Tragfäbigkeit bis zu 250 t. Wenn nun wirkli folche Mißstände vorhanden sind, so bat der Staat ein- zutreten; er hat es biëher auch immer getan. Das Mißliche ist, me die Schiffer zwar eine geseßliche Heimat und Niederlassung baben, s aber bald hier bald dort aufhalten und \i§ nit selbst belfen können. Der Staat kann aber au belfen. Die elementaren Ereignisse des vorigen Sommers haben dahin geführt, daß die Eisenbahnen bon der Dürre einen großen Vorteil gezogen baben zum Schaden der Swifer. Im September waren die Eifenbabneinnabmen im Verglei mit denen im Vorjahre ganz erbeblich gestiegen. Der Staat hat S&lesien gebolfen, indem er z. B. die Schleusenabgaben stundete. Die Maß- nahmen, die seitens des Ministeriums im vorigen Sommer getroffen wurden, haben dem Swifferstand als solhem sehr wenig genügt. Es würde sich hier um annähernd 2 Millionen im ganzen bandeln. Die Schiffer verlangen nit, daß ihnen die Unterstügun à fonds perdu gegeben werde, fie sind nur nit in der Lage, i augenblicklich Helfen zu fönnen. Einen solchen Stand lebenéfähig zu erhalten, liegt im allgemeinen Interesse, und darum muß der Staat helfen. Jh für meine Person bin nit ein Freund jeder Staatshilfe, aber hier handelt es \sich um wirtshaftlib Schwache, die shwer gelitten haben und unter der Konkurrenz der Eisenbahnen schwer leiten müssen. Der Staat nimmt sih ja der wirts{aftlich Schwachen auch in seiner sozialen Gesetzgebung an. Jch bitte sowohl die Regierung wte das Haus, sih der hilfsbedürftigen Schiffer an- zunehmen, und zwar fo {nell wie möglich. Schnelle Hilfe ift doppelte Hilfe.
Wirklicher Geheimer Oberregierungêrat im Ministerium für Handel und Gewerbe von der Hagen (auf der Tribüne {wer verständlich): Die Staatsregierung steht auf dem Standpunkt, daß der Staat mit seinen Mitteln nur dann eintreten kann, wenn ein allgemeiner Notstand vorhanden ist. Von diesem Grund- saß abzuweihen, würde nicht angängig sein. un fann man obne weiteres iugebein, daß eine Anzabl von Kleinsc{ffern \ih in einer s{wierigen Vermögenélage befindet; das ist weniger begründet in den außergewöhnlihen Witterungéverbältnissen des vorigen Sommers als jn den allgemeinen wirtschaftlichen Erwerbsverbältnifsen. Ein allgemeiner Notstand liegt aber, soweit es die Regierung über- sehen kann, nicht vor. Der Redner nimmt auf einen Bericht vom vorigen Jahre Bezug und spricht die Anficht aus, daß die Regierung nit über das hinau2gehen föônne, was an Erleichterungen folge der Dürre bereits gewährt fei. Jm übrigen sei er seitens seines Chefs beauftragt, dessen wärmsten Dank dem Verein zur Hebung der Fluß- und Kanalschiffahrt auszuspreten. Sollten noch einige Bedürftige vorhanden sein, so würde wohl für diese eingetreten werden.
Abg Dr. Rewoldt (freikons.): Ich kann die Auffassung des Negieruxgskommissars nicht teilen. Wenn er ausführt, daß die Säwieri keiten, welhe za [reiche kleine Schiffer betroffen baben, eine
olge nit sowobl der vorjährigen (lementarereignisse, sondern ihrer lehten wirtschaftlichen Erwerbsverbältnisse seien, so können do diese leßteren sehr leiht zu einer Notlage führen, und insoweit müssen die Darlegungen des e L Krause für uns überzeugend sein. Auch ih us 20ner die nähere Prüfurg des Antrags in der Kommisfion be- ürworten.
_ Abg. Blell (fr. d Wid Die Notlage ift bei den Kleinschiffern, die zwisen Elbe und Weichsel fahren, tatsächlich vorhanden. Sie
100 bis 120 A zufrieden fein; Alters¡ulagen gibt | Gegenteil find die älter gewordenen noch mebr den |
i in der Kommission
sind gerade jeßt in sehr prekärer Lage, wo es die hôöchste Zeit ist, daf die nötigen Reparaturen in Bs genommen werden müssen. Es handelt fi darum, eine große Anzabl dieser Leute in ihrer wirtschaft- lichen Selbständigkeit zu erhalten; es handelt ch um einen Teil des Mittelstandes, der ganz besonderer Berücksichtigung bedarf.
; D von Arnim (ko1f.): Wir stehen dem Stande der Klein- {ier vmpatbish gegenüber und befürworten alle Maßregeln, welche diesem Stande generell aufbelfen können, um fo mebr, als nah der Annabme der wafserwirtshaftlihen Vorlage ¿u befürchten ist, daß sie dem Großschiffahrtsbetriebe gegenüber in eine unaünstigere Lage geraten. Wir wollen auch anerkennen, daß in einigen Teilen des Landes cine Notlage für einen Teil dieser Kleinschiffer entstanden ist, und wollen das Näbere in der Budgetkommission prüfen. Es ist ferner Tatsache, daß dur die außerordentlichen Witterungsverhältnisse von 1904 große Teile der Landwirtschaft, namentli kleine Landwirte, ebenso erbeblih geshädigt worden sind, besonders durch den Futtermangel, der zum massenhaften Verkauf des Viehs gezwungen bat. Die üblen Nachwir- kungen dieses Zustandes sind noch ni@t beseitigt worden. Die hier angeregte Hergabe bon Notstardtdarlehen würde also eventuell auch anderen Beru 2zweigen nicht verweigert werden können; die Beratung bâtte sich daber niht- auf die’ Verbältnisse des Iahres 1904 zu beschränken. Andererseits steht fest, daß die Eifsen-
| bahneinnabmen aus demselben Grunde beträhtlih Enn find.
Abg. Peltasobn (fr. Vga.): Ich bedauere sehr, daß die Regierung einen so ablehnenden Standpunkt eingenommen bat. Auch wir gehen davon aus, daß nur im Falle eines wirklih vorhandenen Notstandes der Staat eingreifen soll ; aber um einen solchen handelt cs sich bier tatsählich. Der Becründung des Abg. Krause trete ih durchweg bei. Dem Negierungsbertreter muß ih erwidern, daß die Staatsregierung durhaus nicht immer auf dem Standpunkt gestanden hat, nur bet allgemeinen Notständen die öffentlichen Mittel in Anspruch zu nehmen. Von der Weichsel, der Nete und der Brahe kann ih aus eigener Anschauung bezeugen, wie sehr die Schiffer und die Stifffe zu leiden gehabt haben. Mit den Frahtermäßigungen der Eisenbahnen war ihnen selbstverständlih nur unvollkommen zu belfen.
Abg. Dr. Wagner (freikons.): Es ist in der Tat wobl nit zu verlangen, daß ein Notstand si erst über die ganze Monartie augebreitet baben muß, um den Staat zum Einschreiten zu ver- anlafsen. Es muß doch son hinreichend sein, wenn, wie es im vorigen Jahre geschehen, der ganze Osten so {wer getroffen worden ist. In der Kanalkommission sind diese \{limmen Zustände ja auch schon ausfübrlich behandelt worden. Die kleinen Schiffer baben die shwersten Opfer bringen müfsen, um nur ibr Personal: sich zu sichern bis zu dem Augenblick, wo der Wasserstand wieder die Fortseßung der Schiffahrt erlaubte. Das allein ist {hon ein Grund, den Kleins schifern zu helfen. Die Großschiffabrt bedarf des Schutzes nicht ; bier aber li:gt ein sehr dringliher Anlaß vor, einem Teil des Mittel- standes, der sih in wirklicer Not befindet, zu belfen. Ich mödte alle Parteien bitten, hier einmal praktische Miitelstandspolitik zu treiben. Nehmen Sie den Antrag Krause an!.
Damit schließt die Debatte. Im Schlußwort bemerkt
Abg. Dr. Krause, daß er von einem Notstand am Rbein und an der Weser Ls nicht gesprochen habe. Wo ein Notstand bei Land- wirten, Gewerbetreibenden usw. bestehe, da erfordere selbstverständlich die Gerechtigkeit ebenfalls das Eintreten des Staats für die Gefährdeten. Wenn man die Beratung des Antrags in der Kommission mit weiteren Materien verquicken wolle, so möchte fich vielleicht die Erledigung in einer Weise verzögern, daß die den Kleins{ifern zugedachte Hilfe ¡u spät käme. Die Regierung bewece \sich in einem Widerspruche; seien die Ver- hältnisse der Kleinschiffer hon an sich s{limm, so müße der Staat doch erst recht eintreten, ehe sie ganz ruiniert seien. So gut wie ein Notftand auch lokal auftrete, fôönne er auc einen begrenzten Personen» kreis ergreifen. Gr bitte die Regierung ncechmals um Berücksichtigung des Antrags.
Der Antrag wird der Budgetkommission überwiesen.
(Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft. Zur Arbeiterbewegung.
Die Flie senleger Berlins erklärten si, der „Vos. Ztg.“ zufolge, am Freitag in ¡ahlreih besuchter Versammlung mit den aus- ständigen Fliesenleger-Hilfsarbeitern (vgl. Nr. 53“ d. Bl.) solidarisch. Namentlih verpflihteten sie sch untereinander, kein Material selb herbeizußolen, wo Hilfsarbeiter im Ausstande sind. In den Betrieben, wo dieses verlangt wird, if die Arbeit nieder-
zulegen und jeder derartige Auéstand sofort dem Bureau zu melden.
Nach einer von der „Boff. Ztg.“ wiedergegebzenen Meldurg der „Volkêwacht* haben am Freitag fast sämtlite Arbeiter der V er - einigten Breslauer Oelfabrik en die Arbeit niedergelegt, weil die Direktion versuchte, organisierte Arbeiter zu entlassen und an deren Stelle urorganisierte einzuîtellen.
In Frankfurt a. M. sind, wie die „Frkf. Ztg.“ mitteilt, die Gärtnergehbilfen in eine Lobnbewegung eingetreten. Die For- derungen, die für die verschiedenen Branchen s\vezifiziert find, lauten in der Haupt fache: Abschaffung des Kost- und Logiswesens, Höchstarbeit8zeit bon zehn und elf Stunden, Niedrigstlöhne für Kunst- und Handelsgärtner für Gebilfen unter 21 Jabren 20 Æ, über 21 Jahren 22 6 _TOT Lantschaftégärtner 22 und 24 Æ, für Obergärtner 30 6, für Garten- arbeiter 21 A Ueberstunden sollen mit 40 und 50 A vergütet werden. S@ließlih werden ein paritätisher Arbeitsnahweis und Bildung einer Tariffommission aus je fünf Arbeitern und fünf Prinzivalen und wöchentlihe Lohnzablung verlangt.
In der Budckskinweberei Schneiders u. Jrmen in München-Gladbach reiten, wie die „Köln. Ztg:* erfährt, wegen Verweigerung einer Lohnerböhung 81 von 85 Webern die Kündigung ein. Der Durhschnittslohn betrug bisher 3,70 4 täglich.
Kunst und Wissenschaft.
Das Schiff „Le Français* mit der gesamten fran- zösishen Südpolerpedition unter Charcot an Bord ift, wie „W. T. B.“ berichtet, in Puerto Madrin in Argentinien angekommen. Charcot richtete von dort an die „Agence Havas“ in Paris ein Telegramm, in dem er auéführt, daf dieUeberwinterung auf der Insel Wandel ibm gestattete, fämtliche wissenschaftliche Arbeiten unter guten Umständen auszuführen. Die Frage der Bismarck-Straße ist aufgehellt. Das Alexanderland wurde als vorhanden erkannt, erwies fih aber Eises halber als unzu- ugs: Ferner wurden mehrere unbekannte Punkte des Grah am- andes erfundet und erforsht. Trotz einer Strandung, die ein ernst- liches Leck des Schiffes herbeiführte, konnte die Erpedition die Fahrt an der bon ihr ecfundeten Küste fortseßen und den äußeren Umriß des Palmer-Archipels feststellen. An Bord ist alles wohl.
Handel und Gewerbe.
In der Reichsbank fand heute vormittag 11 Uhr die alljährliche ordentlihe Generalversammlung der Reichs- bankanteilseigner unter Vorsiß des Präsidenten des Reichsbankdirektoriums, Wirklichen Geheimen Rats Dr. Ko ch in Vertretung des Reichskanzlers statt. Der * Vor- sigende eröffnete die Generalversammlung mit einem Rüc- blick auf die Tätigkeit der Reihsbank während des Jahres 1904 unter F Ens des wesentlihen Jnhalts des an die zahlreih anweserden Anteilseigner verteilten gedruckten Ver- waltungsberihts und erflärte den Betrag der Dividende. Hierauf wurden zu Mitgliedern des Zentralausshusses die nah dem Alter des Eintritts ausscheidenden Herren Kom- merzienrat Emil Hecker, Kommerzienrat, Direktor der Deutschen Bank Rudolf Koch, großbritannisher General- fonsul Dr. Paul Schwabach, Bankier Ludwig Delbrück