1905 / 57 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Mar 1905 18:00:01 GMT) scan diff

den Mahnruf richten, doch das Ganze zu bedenken und Vertrauen zur Verwaltung zu haben, die alles tut und tun wird, um im Hinblick auf das Ganze für jede einzelne Kategorie zu sorgen. Ih glaube aber, meine Herren, jeder einzelne in diesem hohen Hause fann au sehr viel gegen die Unzufriedenheit steuern, wenn er den Beamten bei den vorgebrahten Klagen immer die Augen darüber óffnet, wie tatsählich für fie gesorgt wird. Ih werde, wie ih wiederhole, nah Möglichkeit immer bestrebt sein, zu sorgen, wo ih

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einzelnen zufriedenftellen könnte, meine Herren, das nit mogliM. (Sehr rithtig !)

Ich muß aber au von dieser Stelle aus den Beamten und Arbeitern, sämtlichen Eisenbahnbediensteten, zugestehen, daß sie mit außerordentlicher Pflihterfüllung ihren Dienst versehen haben, daß fie allen Ansprüchen, die ‘an sie gestellt toorden find, auch in s{wieriger Zeit vollständig genügt haben, und ih hoffe, meine Herren, daß das innige Band, das die Vorgeseßten, Beamten und Arbeiter um- ließt, fich immer fester {ließen möge, sodaß fein Raum vorhanden ist für störende Elemente, die die Zufriedenheit im Beamtenkorvs oder im Eisenbahnerkorps zu schädigen beabsichtigen. Es ist unbetingt nötig, daß wir uns als ein einheitlihes Korps fühlen. Ich appelliere auch an sämtlihe höheren Beamten, daß sie immer mebr Anlaß nebmen, tiefer einzudringen in die Interessen des einzelnen und Füblung zu behalten bis zu dem einfachen Arbeiter (Bravo!) Der Beamte muß mit dem Untergebenen nicht nur als Vorgesetzter, sondern als Mensch zum Menschen verkehren; dann wird das Band, das die Eisenbahner umslicßt, immer inniger werden. (Allseiticer Beifall.)

Meine Herren, ih komme nun zu der zweiten Aufgabe der Eisen- babnverwaltung: fie soll auch Geld in den Staatshauéhalt bringen. Daß sie das tut, meine Herren, ist ja bon vershiedenen Rednern {hon erwähnt worden. Ih beschränke mih auf wenige Etatszahlen. Ih konnte im zorigen Frübjahr hon sagen, daß das Defizit im Staatshaushalt2etat, da3 mit 71 Millionen ge- {äßt war, nicht nur nit “eintreten, sondern daß es sogar einen er- bebliden Ueberschuß geben würde von 693,6 Millionen, der mit 14,4 Millionen zur Auffüllung des 30. Millionenfonds verwendet wurde und mit 49,2 Millionen in den Auszleihsfonds floß. Es ist also doch cin gutes Werk, daß wir den Aus;leichsfonds geschaffen haben, troßdem im Jahre 1902, als das Gese beschlossen wurde, ja die Auésihten der Eisenbahnverwaltung nit sehr glänzende waren. Der Personenverkehr ergab ein Mehr von 29,6 Millionen, der Güter- verkebr von 114,2 Millionen gegen das Vorjahr. Zum ersten Male übersiieg die Eisenbahneinnahme den Betrag von 15 Milliarden, und zum ersten Male der Güterverkehr die Einnaßme von 1 Milliarde Mark. Gegenüber den Mehreinnahmea von fast 147 Millionen betrug die Mehrausgabe nur 32,3 Millionen Mark. Der -Betriebskoeffizient, der auf 6379% geschäßtt war, betrug {ließli nur 59,75 9%. Der Betriebsüberschuß vom Jahre 1903 von 611,7 Millionen Mark war um 114,6 Millionen Mark böber, als im Etatsjahr 1903 vorgesehen war.

Die Verzinsung tes Anlagekapitals ist von tem Herrn Bericht- erstatter son erwähnt worden.

Ih komme nun zu dem voraussihtlihen Ueberschuß des Betriebs- . jahres 1904. Der Herr Finanzminister hat in seiner Etatsrede vom 10. Januar mitgeteilt, daß die Schäßungen der Eisenbahn- verwaltung ibm zu niedrig s{ienen, zu vorsichtig seien. Ich batie eine Mehreinnahme gegen den Etat von 68 Millionen Mark und cine Mehrauëgabe von 40,6 Millionen Mark eingeshäßt, mithin einen Mehrübershuß im Ordinarium von 27,4 Millionen Mark. Der Herr Finanzminifler sagte, daß ec glaube, der Uebershuß werde 50 Millionen betragen. Meine Herren, der Uebers{uß wird ja wohl etwas böber werden, als meine erste Shäßung betrug. F{ch will

D zuih * nicht - behaupten, daß ich damals, als ich das hätte,

\&on den Streik vorber gewußt hätte; aber der Streik trat doch ein, und es ist immer rihtig, daß die Eisenbahnverwaltung recht vorsichtig ichäßt. Ich (

etwa 7 Millionen gekostet hat, an Ausfällen, die aber vielleiht bis zum April oder Mai im nächsten Etatsjahr wieder eingeholt

werden, die Schäßung des Herrn Finanzministers etwas berabdrüden |!

wird: immerhin wecden wir aber etwas mebr Uebers{uß als 97 Millionen haben. Nah den neuesten Rapporten über die Eins nabmen im Monat Januar hat der Personenverkehr eine Mehr- eirnabme von 1 200 000 Æ und der Güterverkehr troy des Streiks eine solde von 600 0009 M ergeben. Es ift das aber nur eine {ein- bare Mehreinnabme; denn wir haben im Januar 1904 einen Arbeitstag mehr gehabt, der mindestens 34 Millionen mebr bringen f und außerdem die übliche NVerkebrssteigerung, sodaß der ns aués{ließlih dur den Streik einen Ausfall von rund 7 Millionen gebracht hat. Aehnlich werden wobl die Verhältnisse im Februar liegen die Abschlüsse bekomme ih erst am 15. März. NahrsecinliH werden wir aber do auf einen günstigen Abschluß des idiebhen dürfen. Der Etat für 1905 sieht abermals eine Steigerung um 6 ®/o genüber dem verfehréstarken Jahre 1903 vor. Der Betriebéüber- {uß ist auf 634,7 Millionen geshäßt, also um 23 Millionen höher, 5 Fabr 1903 in Wirklichkeit ergeben hat. Eine erhebliche ¿cigt das Ertraordinazium, nämlich um 115 Millionen. ift cin Betrag, der alle früheren Jahresaufwendungen übersteigt. ie Herren, die den Wunsch ausgesprochen kaben, in den Auébauten Aotter fortzufahren, seben also, daß die aus8geworfenen Mittel diesem Gedanken Rechnung tragen. Beträchtlich höher sind die Aufwendungen für Betricbsmittel, die im ganzen für 135 Millionen beschafft werdcn follen: aus welhen Titeln, aus welchen Gesetzen habe ih im einzelnen in der Butgeikommission {hon atésgeführt. Im ganzen soll die Gisenbabnverwaltung nah dem für sie gewiß nicht zu günftig an- gestellten Nettovoranshlag 206,7 Millionen für andere Staats- ¡wee aufbringen, also nech ungefähr 20 Millionen mehr als die geiamte Einkommensteuer, deren Bruttoertrag im Etat auf 187 Millionen Mark veranschlagt is. (Hört, hört !) Das ift cire Aufgabe, die die Staatteisenbahnverwaltung nun einmal Iôser muß, wie fie historish entstanden ist. Ich claube aber auch, daß das cine Divitente ift, die an jeden einzelnen Steuerzahler im Lande gezahlt wird, und daß Sie die Abgaben, die ih s{chmerzliher Weise an tie allgemeine Staatsverwaltung machen muß, doch auch als eine gut: Leistung ansehen dürfen. Diese glänzende Ausgestalturg der Eisenbahnfinanzen ist zweifellos im wesentlihen auf eine Steigerung im Erwerbsleben zurüdckzuführen,

ne ¡lauke also, daß der Streik, der uns im Monat Januar |

aber sie ift au eine Folge des Großbetriebs man würde. bei kleinen Verwaltungen selbstverftändlih eiren so günstigen Jahres- abs{luy niht haben —; fie ist aber au eine Folge der ausgezeichnefen Organisation, die mein verehrter Herr Amtsvorgänger, Minister von, Thielen, vor genau 10 Jahren eingeführt hat. Am 1. April werden es 10 Jahre, daß die Neuorganisation der Staatsbahnen eingeführt ist, und ih kann heute sagen, daß die Organisation sich in dieser Zeit ausgezeihnet bewährt bat. Die Vergrößerung “des Babnnebiets betrug 8473 km; sie sticg von rund 26 000 Auf, D l E O R R p De en in den 10 Jahren um 662 Millionen, nämli von 956 auf 1618 Mil- lionen, die Wagenasfkilometer von um 6 Milliarden, von 9,3 auf 15,3 Milliarden. Tatsächlih find troß dieser gewaltigen Steigerung 2214 Beamte des gesamten Verwaltungsdienftes weniger beschäftigt als damals. (Hört, hôrt!) Meine Herren, ih wiederhole aber, daß diese Verminderung der Beamten sich nicht auf den äußeren Dienst, den Betriebsdienst bezieht, sondern nur auf die Schreiberei in den Bureaus. Absolut gerechnet, sind im ersten Jahrzehnt der Neuorganisation mindestens 60 Millionen an Verwaltungs- kosten durch die Verminderung der Verwaltungébeamten erspart ; zieh# man aber - den Streckenzuwahs und den Geschäftszugang in Betracht, so ist die Verminderung des Aufwandes mindestens dreimÜl größer. Troßdem dieser Personalverminderung de inneren, Ver- waltung ift der Geschäftsgang auch zwischen dem Publikum und den Eisenbahnbehörden ein viel flotterer geworden; denn je weniger Shreiber an einer Sache sitzen, desto flotter geht die Sache aus dem Bureau beraus. (Sehr ric&tig!)

Meine Herren, ih möchte den allgemeinen Ueberblick, den ich Ihnen über .die Staatéeisenbahnverwaltung geben wollte, biermit schließen. Selbstverständlich bin ih gern bereit, weitere Auskunft zu geben, sobald Fragen an mich berantreten® Es ift ja natürli, daß ih nur in flüchtigen Zügen die Gesichtspunkte berühren konnte, die in der Verwaltung maßgebend sind. Daß wir alle technishen Fort- sritte auf dem Gebizte des Verkehrswesens weiterhin uns angelegen sein, daß wir Prüfungen eintreten lassen, daß wir das gewaltige Ges biet der Elektrizität nicht unbeahtet lassen, daß wir auf eine Ver- vollfkommnung unserer Dampfmaschine und aller Einrichtungen fort- gesezt Nücksicht nehmen werden,. bedarf wobl feines Wortes. Wir legen die Hände nicht ia den Schoß, ebenso wie wir auch die sonstigen großzn Verkehréfragen zur Zeit behandeln. Ich babe hon in der Budgetkommission ‘ausgeführt, daß uns drei große Verkehrsfragen beschäftigt hab:n, die Umleitung im Güterverkehr, die Bildung einer Betriebsgemein- schaft und die Personentarifreform, in der Drucksache, die Fhnen über die Beratungen ter Budgetkommission veriiegt, finden Sie meine Erklärungen ausführlich. Es sind, wie ib erwähnen will, die Umleitungen zur Befriedigung der einzelnen Staaten abges{lofsen, und ¡war dergeslalt, daß Preußen von allen Staaten zugestanden worden ift, daß es sih bei dieser Frage in loyaler Weise benommen hat, daß es sein großes Bahngebiet in keiner Weise ausgenutt ‘hat,

L CLIDOADIL! L

| um irgend einen Nachbar zu schädigen. (Abg. Wallenborn: Bravo!)

Mas die Betriebsmittelgemeinshaft anbetrifft, so will ih zur Zeit nit darauf eingehen, da Sie ja bes{lossen haber, darüber in eine Spezialdiskussion einzutreten.

Die Personentarifreform beschäftigt mich in allererster Linie, und ih bin allérdincs der Ansicht, daß es unmöglich if, das jeßige Personenfabrkartensvstem beizubehalten. (Hört! hört! Sehr rihtig!) Ih muß aber wicderholen, daß ih bier nur für meine Person \prehe und nicht für das Staatsministerium, und zwar weil das Staatsministerium erst dann einen Beshluß faffen kann, wenn alle bezüzliden Berechnungen darüber zum Abschluß gekommen sind. Das jetzige Svstem aber ist fehlerhaft, veraltet und ungerecht (sehr richtig! links), es ist eine Qual für das Publikum und für die Verwaltung, die Verrehnung ist zu- teusr; (f. ift dichte Zen nachdem zwei Amtsvorgänger von mir, Maybah und Thielen, bereits vor vielen Jahren dasselbe erklärt haben, daß endlich Wandel geschaft werden muß. (Bravo!) Soweit es an mir liegt, werde ich alles

| einsezen, das zu tun; besonders nachdem der Herr Abg. Wallen-

born so freundlich war, einen großen Kasten mit unab- gestempelten Billets mir ¿ur Einverleibung in das neue Verkehrs- museum zu überreichen. Diese von einer einzelnen Person ge- sammelten Fahrkarten, die nit abgestempelt sind, beweisen, daß das Svstem geradezu zum Betrug verleitet (sehr richtig !), und infolgedessen balte ih es au für unmoralisch. Meine Herren, ih muß aber eins noch bemerken: die wärmsten Befürworter einer solhen Reform sind vielfach deren größte Feinde (Abg. Gamp: sehr rihtig!); denn meine Herren, wenn jeder für die Fiskalität seiner eigenen Tasche derart bedacht ift, sodaß keine Relation bei den neuen Tarifen au die kleinste Verteuerung bringt, dann ist eine grofzügige Reform unmögli (fehr rihtig!), und die Leute, die vielfa in der Presse schreiben : wir vermissen eine großzügige Reform, find oft durch die fleinlihsten Lokal- oder Spezialinteressen be- fangen. (Sehr gut! rechts.) Eine großzügige Reform, die den Grund- säßen entspriht, die dieses bobe Haus verschiedentlich zum Ausdruck gebraht hat: feine allgemeine Verbilligung, aber cine Vereinfachung, und zwar auf der Basis der halben Rükfahrtkarten, eine solche Reform läßt sich nur macher, wenn -nicht mit kleinlihen Gesichts- punkten gearbeitet wird. (Bravo!)

Meine Herren, ich werde mich über diese Punkte später noch ausfprechen und see mich nun gern Ihrer Kritik aus. Ihre Kritik ist mir für die Verwaltung von außerordentlihem Werte, und ih werde manche vortreffliche Anregung von Ihnen bekommen, die ih gern in Erwägung ziehen werde. Fedenfalls dürfen Sie die Ueber- zeugung haben, daß, solange ih an der Spiye der Verwaltung stehe, diese sich immer des Mahnworts bewußt sein und es mit aller Kraft beberzigen wird: Raft ih, fo rost ich! (Lebhaftes Bravo!)

Darauf wird die Debatte über die Frage Betriebsmittelgemeinschaft eröffnet.

Abg. von Pappenheim (konf ): Ich kann dem Berichterstatter nur zustimmen in tezug auf die Bedeutung dieser Betriebsmittel- gemeinschaft mit den anderen deutshen Bahnen. Die Vorteile dieser Gemeinschaft sind zunächst die freie und ungehinderte Disposition über die Betriebêmittel, wodurch- dem zeitweiligen Wagenmangel bedeuterd vorgebeugt wird. Verbunden wird aber mit der Betriebsmittel-

emeinschaft auch eine Gemeinshaft der Betriebswerkstätten sein.

durch wird verhindert werden, daß Leertransporte beshädigter Wagen zu weit auge werden. Ferner wird \fih in die Gleich- artigfeit der Betriebsmittel ein gewisses System bringen lassen. Die

Betriebsmittelgemeinschaft wird fsich also niht bloß auf die Gemeinschaft der Betriebsmittel beschränken; ich muß aber

einer

* Neichéeisenbahn kommen werden.

meine warnende Stimme erheben, wenn auch etwa tarifariscke Bestimmungen gemeinsam getroffen werden sollen. wie mit Hessen, aus einer platonischen Fre zu einer ehelichen Gemeinschaft kommen. Wir werden alles perhorreszieren, was etwa zu einer Reichseisenbahngemeinschaft führen könnte. Ih habe namens meiner Freunde zu erklären, daß wir jedem weiteren Schritt auf dem Wege dazv widersprechen müßten. : J Abg. Macco (nl.): Da uns das Material noch nicht genügend vorliegt, müssen sich die einzelnen Parteien auf Erklärungen beshränken. ch glaube im Gegensaß zu Herrn von Pappenheim kaum, da! farifarishe Fragen grundsäßlich ausgeschlofsen werden Ffönnen. fann überhaupt diese Gemeinschaft niht bloß als eine platonise ansehen. Seit 1891 baben wir bis 1903 eine Sltigetull R L EBE S um 61 9%, eine Steigerung des Güterverfehrs um 56 9/9 erfahren, eine Steigerung des Personals aber nur um 27 9/0. Sie sehen daraus, welhe Ersparnisse aus einer Betriebsmittelgemeinschaft resultieren können. Selbstverständlih muß die Selbständigkeit der einzelnen Staaten gewahrt werden. Die Betriebsmittelgemeinschaft wird für die Stimmung in Süddeutshland gegen Norddeutschland, insbesondere gegen Preußen von hohem politishen Nugen sein. Wir müssen alles tun, um den süddeutshen Brüdern den Eintritt in diese Betriebsmittelgemeinshaft zu erleichtern. _ 1 L Abg. Oefer (fr. Volksp.): Eine gewisse Vorsicht ift vorläufig

selbsiverständlih gegenüber dieser Betriebêmittelgemeinschaft. Nicht

nur haben sich asle Parteien dieses Hauses, sondern auch sämtliche Landtage der anderen Staaten freund ih dazu gestellt. Art. 42 der Reichsverfassung, der ein einheitliches Eisenbahnneß für ganz Deutsch- land verlangt, muß ja auch ein unheimlihes Gefühl verursachen, da er praktisch noch keine Geltung hat. Das Ziel der Betriebsmittel- an ist mit Württembera, Sachsen, ldenburg und Mecklen- urg festgelegt, wodurch vor allem das Rechnungêëwesen auf eine sichere Basis gestellt wird. Vermieden wird au hboffentlih dadurch die 4 große Unwirtschaftlichkeit, daß 309/o aller Güter- züge leer Derfehren. Preußen wird nicht den größten Vor- teil an Ersparnissen dadurch haben; die füddeutihen Staaten werden \ich dadurh aber ihre Eisenbahnrente sichern. Die Schwierigkeiten der Betriebsmittelgemeinschaft find größer ge- worden dur die Personentarifresorm und dur das. Verlangen, daß Preußen fe Beschaffung der Betriebsmittel allein in die Hand be- fcmmen soll. Die Personentarifreform ist aber nit bedingt durch die Betriebsmittelgemeinshaft. Das Kilometerheft halte ih nit für ein Ideal. Es müssen wenigstens 500 Kilometer gekauft werden, und das fann nit jeder. In Bayern hat man den Arbeiter- und Vorortverkebr auf die Basis von 2 4 pro Kilometer geftellt, das ist der Preis unserer 1V. Klasse. Man sollte in Preußen aber damit r-chnen, daß man in Bayern die 1Y. Klasse nicht will, weil die Reisenden darin eine Deklassiérung sehen. In Süddeutschland haben fast alle Schnellzüge 111. Klasse. Allerdings baben wir im Weften die Erfahrung gemacht, daß, als die IV. Klasse eingeführt wurde, fie sofort sebr stark benußt wurde. Aber, man fann das be- dauern, die Eisenbahnverwaltung hat nichk die Aufgabe, möaglichft viele Klassen zu hafen. Ein foziales Ideal find die pier Klafsen nit. Die ernstere Schwierigkeit der Betriebsmittelgemeinschaft liegt darin, daß in den Verhandlungen Preußen beansprucht bat, daß alle Betriebsmittel durch eine 3

Damit war man in Bayern nicht einverstanden, weil man eine Verdrängung des Konstruktionsbureaus in München befürchtete. Aber alle diese Scwierigkeiten find niht prinzipieller, sondern nur prafttisher Natur. Preußen sollte sih keine Sorge machen, es würde mit seiner größeren Bahnlänge immer den größten Eirfluß haben. Meine Freunde meinen Aicht, daß wir mit der Betriebêmittel- gemeinschaft auf dem Wege zur Neichseisenbahn sind. Dagegen gikt cs so viele Schwierigkeiten, daß wir wahrscheinlich niemals zur id n Bei der Betriebsmittelgemeinschaft müssen wir die Selbständigkeit der einzelnen Staaten vollkommen auf- recht erhalten, es dürfen damit ledigli wirtscaftlihe Zwecke verfolgt werden. Eine süddeutsche und eine preußische Betriebsmittel gemeinschaft nebeneinander könnten bei weitem nicht das leisten, was eine einzige leisten fann. Die Art, wie Preußen dic Umleitungsfrage gelöst hat, hat in Süd- deutschland allgemeine Anerkennung gefunden. Cs wird Preußen bei gutem Willen auch gelingen, unter Berücksichtigung der süddeutschen Wünsche die Betriebsmittelgemeinschaft zu bilden.

Abg. Shmeddin g (Zentr.): Meine Freunde stehen dem Plane der Betriebémittelgemeinschaft, soweit er bis jet bekannt ift, sympatbisch gegenüber. Es bestehen jeßt in der Wagengestellung groß? Schwierigkeiten. Es sind immer langwierige Verhandlungen darüber nötig. Durch die Betriebsmittelgemeinshaft werden fit wesentlihe Ersparnisse ermöglichen lassen, und zwar nit allein“ für Güterwagen, sondern auch für Lokomotiven. Die Lokomotiven müssen immer an der Grenze des Einzelstaates anhalten und umkehren. Preußen © muß" dîe - ganze Betrieb?mittelgemeinshaft in der Ha behalten, ohne jedoch die Selbständigkeit der einzelnen Staaten zu sehr zu beschränken. ;

Abg. Gamp (freikons.) : Die Umleitungen waren früher berechtigt, sie berubten auf Vereinbarungen der Eisenbahnverwaltungen, aber ist auch damals anerkannt worden, daß Preußen durchaus loyal ver fuhr. Die Beschwerden über die Umleitung haben eigentlih zu den Plan der Betriebêmittelgemeinschaft geführt. Diese \chafft u zweifelhaîtt wesentliche Vereinfahungen und Ersparnis. Preußen wird an der Ersparnis teilhaben, aber im wesentlichen wird sie den süddeutshene Staaten zu gute fommen. Ih will sie diesen aber gern zuwenden, denn sie befinden sich mit ihren Eisenbahnen in ungünstigerer Lage als Preußen. Aber nah den Erfahrungen mit der bessishen Gemeinschaft wird es auch in Bayern in den Kammern nachher gewiß Leute geben, die Preußen als Sündenbock bin- stellen. Désbalb sollte die Betri-bêmittelgemeinshaft nur unter Vor- bebalt einer Kündigung abgeshlossen werden. Viele Chen find nur dadurch unglücklih, daß sie nicht getrennt werden föônnen. Wenn Preußen die preußish-bessiscke Gemeinschaft fündigen könnte, würden die Klagen in Hessen über Preußen sicherlich sofort vershwoinden. Die Zeit, in welher Fürst Bismarck zur Reichseisenbahn kommer wollte, haben die süddeutshen Staaten verpaßt, und sie müssen nux den Schaden tragen. Man kann jeßt an eine chelihe Gemeinschas! denken, aber die Gütergemeinshaft muß auéges{lossen sein, und dat Vermögen der Ghegattlen muß vorbebalten werden. Unter dieser Be dingung wäre ih mit einer ehelichen Gemeinschaft einverstanden. Wenn die 1V. Klasse aufgehoben würde, würde der bessere Mittel- stand in die Il. Klasse gedrängt werden, was eine wesentliche Ver teuerung für ihn bedeuten würde. Die IV. Klasse ist ja jeßt, nad dem der Minister selbt darin gefahren ist, so gut ausgestattet, daz sie beinahe ebenso ist wie die IIL. Klasse. Ih hoffe, daß die Betrieb® mittelgemeinon recht bald in die Wirklichkeit übertragen werde1 ann.

Minister der öffentlihen Arbeiten von Budde:

Meine Herren! Ich kann zu meiner Freude fesistellen, daj \fämtlihe Herren Redner der Bildung einer Betriebsmittelgemeinsa! freundlih gegenüberstehen. Wenn ih mich nun über die Betrie mittelgemeinshaft auésprehe, so muß ih vorweg bemerken, daß ih nur für weine Person kann, da die Berechnungen und Erwägung! noch nit abgeshlossen find und die Königliche Staatsregierung no keine Beschlüsse über diz Betriebémittelgemeinschaft gefaßt hat.

Der Zweck der Betricbsmittelgemeinshaft ist, um furz zu sagen, eine Freizügigkeit der Betriebt mittel, also der Wagen und Lokomotiv inne! halb Deutschlands herbeizuführen, soweit ole ¡wed mäßig und wirtschaftlich ersheint. Dadurh will man ein! größere Vereinfachung und Beschleunigung des Ver kehrs erzielen. Hierdurch wird natürlih auch eine wesentli! Verbilligung des: Verkehrs erreicht, und hierüber möchte 2 einige Zahlen anführen.

soll nit etwa,

entrale in Berlin beschaffft werden. |

Die Leerläufe der Güterwagen auf- den deutschen Eisenbahnen betragen im Jahre über 4 Milliarden Ahskilometer. Wenn au gur 5 bis 69% von diesen Leerläufen vermieden würden, das sind also cund 250 Millionen AŸhskilometer, dann würde, wenn man das Achs- filometer zu 14 S Unkosten berechnet, eine Ersparnis von über 34 Millionen jährlich herauskommen. Aber die Ersparnisse sind erbeblih größer, zunähst dur den Wegfall der Revisi onen auf den Üebergangsstationen. Auf jeder Uebergangsftatio n fteht bei dem Hinlauf und bei dem Rücklauf ein Wagendoktor, der ‘ven Wagen untersucht, ob er krank ist, und wo er krank ist. Meine Herren, das kostet Zeit und Geld. Desgleichen würden Ersparn®fe erzielt werden bei der Aufshreibung der Wagen auf den Binnenstationen, weil jeder Wagen natürlich kontrolliert werden muß mit Rücksicht auf die Verwendung, die er in dem fremden Ge- biete findet. Drittens durch den Wegfall der Abrechnung; wir haben Hunderte von Köpfen fißen, die Jahr aus Jahr ein nichts

\ anderes bearbeiten, als die Abrechnung der Wagenläufe. Viertens die

Vereinfahung des Betriebsdienstes bei Umladungen und Umrangieren und endli die einheitlihe Konstruktion der Betriebsmittel. Es wird augenblicklih geshäßt, daß durch alle diese”

| Norteile jährli über 8 Millionen erspart werden können.

Ich mathe außerdem darauf aufmerksam, daß wir auch an den Bauten sparen könnten; denn die UVebergangsstationen müfsen bei dem gesteigerten Verkehr weiter entwickdelt werden, neue Gleise, neue An- [agen bekommen; alles das kostet sehr viel Geld.

Im Hinblick auf alle diese Vorteile werden große Ersparnisse, die allerdings augenblicklich rechnerisch noch nicht genau angegeben werden können, jedenfalls durch eine größere Freizügigkeit der Betriebs- mittel zu erzielen sein.

Nun ist es selbstverständlich, daß fol? finanzielle Vorteile den mittleren und kleineren Verwaltungen fehr viel mebr zugute kommen als der preußish-hessishen Verwaltung, und wenn diese engberzig denken wollte, würde sie vielleiht der Betriebs8mittelgemeinschaft niht so freundlih gegenübersteben, wie es der Fall ift. Aber Preußen hat als Prâsidialmaht im Deutschen Reiche bei feiner Verkehrspolitik nationale Pflichten zu erfüllen. Leicht ist die Bildung der Betriebs- mittelgemeinschaft allerdings nit, und ih gebe dem Herrn Abg. von Rappenheim und den übrigen Herren Vorrednern durchaus ret, daß die größte Vorsicht geboten is, und ¡war nah verschiedenen Richtungen hin. Ich bemerke abcr au glei als Antwort auf die Ausführungen des Herrn Abg. Gamp, daß es keine Eke für die Ewigkeit sein soll, sondern daß in dem Vertragsentwurf ausdrüdcklih eine Kündigungs- frist von zwei Jahren vorgesehen werden wird.

Meine Herren, ich sagte: Es is Vorsisßt geboten in finanzieller Hinsicht, und zweitens auch in politischer Hinsicht. In finanzieller Hinsicht, weil es natürlich außerordentli schwierig ist, den Kocffizienten zu finden, der der allgemeinen Abs rechnung zu Grunde zu legen ist. Denn die Abrechnung muß natür- li in einfahster Weise gesehen, auf Grund der gefahrenen Ach8- filometer der Betriebémittel. Man hat nun in Aussichi genommen, daß für die Berehnung des Koeffszienten 6 Jahre gewählt werden sollen, die vor der Zeit liegen, ehe man an eine Betriebs- mittelgemeinshaft dachte; aus ten Ergebnifsen diefer 6 Jahre sol der Koeffizient gefunden werden, der der Gesamt- abrechnung zu Grunté gelegt werden fol. Ich glaube aber, das bobe Haus darf beruhigt sein: jede Verwaltung wird so klug sein und so gut aufpassen, daß sie bei dieser Abrechnung nicht zu schaden

fommt, daß der Vertrag nur auf einer Basis gegründet werden wird, |

die wirtshaftlich für jede einzelne Verwaltung angemessen ist. Diese Berechnungen {weben aber noch; sie sind außerordentli s{wierig. Ih hoffe aber, daß fie in einigen Monaten ab- geshlossen werden können , sodaß wir dann wieder zu neuen Beratungen übergehen. Grundsaß muß aber bei der Betriebs-

mittelgemeinschaft sein, daß jeder Staat für sein Eisenbabn- |

neh Ersparnisse erzielt, ohne Beeinträchtigung wt? Finanzen eines anderen Staates.

Ih komme nun zum zweiten Teil der Bedenken, die auch nicht gering anzushlagen find; das find die politischen, Meine Herren, die ersten Anfänge der Anregung traten in sehr vertrauliher und geheimer Form an mich keran, un- mittelbar nachdem ich mein Amt übernommen hatte. Ich habe mir zur Richtschnur gemacht, unter feinen Umständen irgend eine Anregung zur Bildung der Betriebsmittelgemcins{haft zu geben, damit au der Schein vermieden wurde, als ob der große Bundesbruder Preußen irgend welche Einwirkung auf einen Bundesftaat ausübte zum Anschluß fei es an die preußisch-bessishe Gemeinschaft oder in einer sonstigen Form. (Sehr richtig !) Fch glaube, meine Herren, daß nah dieser Hinsicht mein Vorgehen rihtig war und ich insofern einen Erfolg erzielt habe. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten gestatten Sie mir, die Ausführungen eines Württembergers, des Herrn Abg. Dr. Hieber im Reichstage vorzulesen, der von Art. 42 der Reichsverfafsung ausgeht, worin es heißt :

Sämtlie Bundeêregierungen verpflichten ih, die deutschen Eisenbahnen im Interesse des Verkehrs wie ein einheitlices Neß zu verwalten,

und dann von der Bildung der Betriebsmittelgemeinschaft \spriht und wörtlich sagt: Es war woblgetan von Preußen, und man hat es wobl in ganz Süd- deutshland so empfunden, daß es au jeden Schein vermieden hat, als wollte es in diesen Dingen die anderen deutschen Staaten und Eisenbahnverwaltungen drängen und treiben. Wir \ind uns im Süden wohl bewußt, und ih glaube au in Medcklenburg, Olden- burg, Sachsen, kurz überall, wo in Norddeutshland felb- ständige Eisenbahnverwaltungen vorhanden sind, ist man sich dessen bewußt, daß rein finanziell oder sogar bloß rein fiskalish angesehen, Preußen als Inhaber seiner Staatseisenbahnen nicht die mindeste Veranlassung hat, auf diesem Gebiete zu drängen und zu treiben. Aber auch für Preußen gilt es in diefer Sache, ein im besten Sinne fortschrittlihes und nationales Werk zu fördern, und ih gebe zum Schluß der Hoffnung Ausdruck, daß die jeßt s{chwebenden Verhandlungen bald mit einem realen Erfolg gekrönt sein mögen. Das ganze deutshe Volk wird fich darüber freuen. Jch glaube, meine Herren, wir dürfen diese Ausführungen nur unter- schreiben, und zwar dergestalt, daß wir vor allen Dingen hervor- heben, .daß der größte Nußen den mittleren und kleineren Staaten zufließt. Und so geschah es denn, wie ih in der Budgetkommission ausgeführt habe, daß Württemberg zuerst den Antrag nah einer Be-

e

triebômittelgemeinshaft stellte, dann Baden sih aashloß; die beiden Staaten hatten gemeinsam mit Preußen {hon vorher Untersuchungen angestellt. Für Preußen war natürlich der Anschluß von Elsaß- Lothringen, defsen Eisenbahnverwaltung ja in gewisser Personalunion zur preußisch - bessishen Verwaltung steht, geboten. Dann kamen Bayern, dann Sathsen und die übrigen norddeutshen Staaten, die Eisenbahnbesiß haben. Alle diese Staaten haben es in gemeinfamer Besprehung für nüßlih anerkannt, eine Betriebsmittelgemeinschaft zu shafffen, und zwar zu den Zwecken, die ich vorhin aus- geführt habe. Aber alle Staaten waren fich auch darüber einig, daß die + Selbständis Ü l dis neze nicht beeinträhtigt werden darf. Ih wiederhole hier gern, daß ich als preußisher Cisenbahnminister viel lieber das preußishe Eisenbahnney allein verwalten würde, als daß ih noch Chef des Gemeinschaftsamts sein müßte. Diese persönlihen Wünsche müssen aber zurücktreten gegenüber dem großes nationalen Gedanken, der in der Betrieb2mittelgemeinsha\t liegt, und gegenüber den großen finanziellen Vorteilen, die darin zu finden sind. Daß aber die Ver- tretung dieses Gemeinshaftsamts dauernd bei Preußen bleiben muß, tarüber kann kein Zweifel sein; denn es ist unmögli, daß die Litung in andere Hand gelegt wird, da das preußishe Staats- eisenbahnney erbeblich größer is als alle gnderen Eisenbabhnnetze zusammen.

Es ift dann davon gesprochen worden, ob die Betriebsmittel- gemeinschaft weiter geführt werden sollte. Jh gebe Herrn von Pappenheim vollftändig recht, daß es bei den Verträgen über die Be- triebsmittelgemeinschaft bleiben muß und fich daran feine Konseguenzen knüpfen dürfen, und daß vor allem niht an NReichseisens babnen zu denken ist. Dazu wügde i mich ‘niemals verstehen können. Jch glaube aber auch, daß die Betriebêmittelgemeinschaft der besie Schuß gegen Reichseisenbahnen ist; denn wenn im Art. 42 der Reichsverfassung verlangt wird:

Sämtliche deutshe Bundesregierungen verpflihten \fih, die deutschen Eisenbahnen im Interesse des Verkehrs wie cin einheit- liches Netz zu verwalten,

so ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn wir di? Betriebsmittelgemein- schaft haben, und in dem Artikel ist durchaus nichts von „Reichs- eisenbahnen“ gesagt, fondern ausdrücklich von einer Verpflihtung der Bundesregierungen, die Rede, deren staatliche Eisenbahnnete also als solhe anerkannt werten; die Verfassung trifft aber die Bestimmung, diese staatlihen Eisenbahnnezye wie ein einbeitlihes Neß verwaltet werden follen.

Nun find Bedenken laut geworden über die Beschaffung von Be- triebsmitteln in der Gemeinschaft. Ich glaube, es tritt gerade das Gegenteil von demjenigen ein, was Herr Abg. Oeser befürchtet hat. Die Lokomotivbestellungen in dem einzelnen Bundesstaat werden nit beeinträchtigt, sondern sogar verbessert. Es ist selbstverständlich, daß eine Kontingentierung nah Maßgabe der bestehenden Lieferungen ein- zuführen ist, sodaß also "die Gestellung in den Bundes- staaten nach dieser Kontingentierung erfolgt. Wenn ein Gemeins{aftsamt da ift, das den Umfang der Gestellungen vereinbart, dann ift es eher mögli, daß die einzelnen Fabriken in den Bundes- staaten regelmäßiger beschäftigt werden, als es jzut bei den kleinen Betrieben der Fall sein kann. Jeßt klagen in einzelnen Bundesstaaten die Lokomotiv- und Waggonfabriken vielfa darüber, daß sie zu Zeiten keine oder zu geringe Bestellungen haben, und bitten mi um Be- stellungen durch die Preußisch-Hessische Gemeinschaft, während um- gekehrt in den leßten Jahren die anderen Bundesstaaten kaum jemals eine Bestellung an preußische Betrieb2mittelfabriken gaben. Ih habe dagegen im Vorjahre außerpreußishe Fabriken, die in Not waren, einige Bestellungen gegeben und werde es wahrsein- lich auch im ‘laufenden Jahre tun. Gerade die Regelmäßigkeit der Beschäftigung wird künftig besser gewährleistet dur einen großen Betrieb als dur die Kleinbetriebe, die mit wehselndem Bedarf jähr- lid nur eine beshränkt2 Anzahl von Betriebsmitteln bestellen können.

Daß selbstverständli zu einer Betriebsmitte. Mitt eine einbeitlihe Konstruktion der Betriebsmittel gehört, darüber kann kein Zweifel sein, und ob ein Konstruktionsbureau aufgelöst wird und seine Kräfte nah Bedarf in ein gemeinsames Bureau übergehen das sind kleine Vercinbarunger, über die natürlih ein Einverständnis erzielt werden muß. Für Preußen ergeben sich au eine Menge S@wierigkeiten, die niht unters{äßgt werden dürfen, darüber kin ich mir ganz klar, und Preußen gibt auch manhes auf im FIntecesse der Durhführung dec geplanten großen deutsh-nationalen Einrichtnng. Solche Unbeguemlichkeiten müssen aber, wenn man eine großzügige Verkehrépolitik treiben will, in den Kauf genommen werden.

Es ist dann weiterhin no die Personentarifreform eræähnt und das Bedenken auszesprohea worden, daß durch die Betrieb8- mittelgemeinshaft kein Druck auf die anderen Staaten ausgeübt werden dürfe. Meine Herren, ih glaube, die Sache liegt ganz anders. Durch die Betriebsmittelgemeinschaft ist es für alle Beteiligten mögli, wesentlihe Ersparnisse im Betriebe zu erzielen. Eine Personentarifs reform andererseits wird zweifellos namentlich für die Staaten von nicht erheblihem Umfange mit gewissen vorübergehenden Ausfällen verbunden sein. Diese baben zur Folge gehabt, daß alle Bestrebungen, die in den legten Jahrzehnten zu einer einheitlichen Personentarif- regelung innerhalb des Deutschen Reichs gemaht worden sind, fehl- \{lugen; denn jeder Staat sagte: mich kostet die Neform so und so viel; ergo mache ih sie nit. Wenn nun jeder Staat in der Be- triebsmittelgemeinshaft ein Aequivalent besißt, um vorüber- gehend den Ausfall zu tragen, meine Herren, so ist das die beste Gewähr dafür, daß eine Personentarifreform eingeführt werden kann. Außerdem, meine Herren, wenn man eine so innige Ehe abs{ließt, dann kann ih mir garnicht denken, daß nun noh Unter- schiede in dea Tarifägen sowohl als in den Fahrklafsen fort- bestehen. Aber unter Umständen könnte ih mir ja au denken, daß die Betriebêmittelgemeinshaft niht zustande kommt, weil fie zu große Schwierigkeiten macht. Meine Hercen, dann stebe ih vor der Frage, ob die Tarifreform von der Preußish-Hessishen Gemein- schaft mit Elsaß- Lothringen, rit allein eingeführt werden fann; denn wir haben nun so viele Jahre, mehrere Dezennien, auf die Per- sonentazifreform gewartet, daß sie wahrhaftig fällig ist. (Abg. Cafsel : Sehr richtig!) Ih habe neulich in der Budgetkommission ausgeführt : Seit die Eisenbahnen erfunden worden sind, hat der Ingenieur und der Bautechniker ganz gewaltige Fortschritte gemaht. Der Ingenieur hat seine Lokomotiven und die Wagen und alle Betriebseinrihtungen verbessert, und der Bautechniker kennt überhaupt keine Schwierigkeiten mebr im Gélände. Das haben wir vor kurzem noch bei der Durh-

A 4 steŒurg des Simplon geseßen. Meine Herren, unsere Tarife erinnern noch sehr an die Zeiten der Postkuishe (Heiterkeit. Hört, hört! links); sie find im wesentlichen aus jener Zeit übernommen. Jh würde es sehr bedauern und eine \{chwere Enttäushung erfahren, wenn es rihtig wäre, daß Aktenstücke und Tintenfäfser größere Hinder- nisse sind als die Alpen. (Bravo!)

Damit {ließt die Diskussion über die Betriebs3mittel- gemeinschaft. Nach einem kurzen Schlußwort des Bericht- erstatters AbY. Schmieding geht das Haus zur allgemeinen Besprechung des gesamten Eisenbahnwesens über.

D egen tolgend2e I ntr ge nor: :

E ZLUUC. L. 2B beantragen, D

„Line Reform des Eisenbahnpersonentarifs baldmöglichst dabin in die Wege zu leiten, daß Gia Aufbebutg der Rückfahrkarten die Preise für die einfahe Fahrt auf die Hälfte der’ Preise der jeßigen Nükfahrkarten festgeseßt werden.“

Abg. Gamp beantragt: -

an hinter „daß“ einzufügen „zum Zweck der Vereinfachung des Fahrfkartenwesens*; b. binter „Fahrt“ einzufügen „in Personen- zügen“ ; e. binter „festgeseßt“ einzufügen zund für Schnellzüge ent- swrehende Zuschläge eingeführt “.“ _ Die Budgetkommission beantragt, den Antrag in folgender Fassung anzunehmen:

„eine Reform, des Eisenbahnversonentarifs mit dem Zwecke der Ca ghne wesentlihe finanzielle Einbuße in die Wege zy

iten.

Die Abgg. Dr. Friedberg (nl.), Freiherr von Zedliß und Neukirch (freikons.) u. Gen. beantragen:

ezur Verhütung eincfDiMp-olfäwirtschaftlihen und finanziellen Interesse glei nachteiligen Ueberlastung des Eisenbahnverkehrs mit Zuschüssen für die allgemeinen Staatsausgaben : 1) den Auëbau des Staatsbahnneges kräftiger als bisher zu fördern und dabei die Ver- kehrsinteressenten der an dasselbe anzuschließznden Landesteile in erster Linie zu berücksibtigen, 2) auf die planmäßige Ermäßigung der Tarife für solhe Güter Bedacht zu nehmen, welche als Pro- duktionémittel oder Produkte der heimishen Gütererzeugung für deren Ertragsfähigfkeit, insbesondere für die Ertragsfäßigfeit von Landwirtschaft und Industrie von großer Bedeutung sind.“

Die Kommission beantragt, die Nr. 1 des Antrages anzunehmen; über den zweiten Punkt hat die Kommission noch feinen Beschluß g@aßt.

Abg. von Qua t (konf.) \vrit die Hoffnung aus, daß die günstigen Shäßungen des Finanzministers über die Einnahmen zutreffen werden und bemerkt dann: Bezüglih der Personentarifreform stehen meine Freunde auf dem Boden der Beschlüsse der Budgetkommisfion. Es erfüllt uns \veziell mit Befriedigung, daß jeßt 44 °/9 gegen früher 2109/6 der Eisenbahnshwellen aus inländishem Holz hergestellt werden. Im übrigen kann ich namens meiner Freunde der Eisenbahn- verwaltung nur Anerkennung für die Sicherheit des Betriebes und für die Fürsorge für die Beamten aussprechen.

Abg. Freiberr von Zedliß und Neukirch (fcœikons.): Wir können mit dec Leitung unserer Eisenbahnverwaltung durchaus einverstanden sein und fönnen darauf vertrauen, daß sie für oen Verkehr leisten wird, was nötig ist, und daß sie den künftigen Verkehr sihzrlich bewältigen wird. Die Sicherbeit hängt von der Güte des Personals ab, und diese Güte des Personals hängt von der Fürsorge der Verwaltung ab. Der Minister tut gut daran, an dem Grundsaß? wie biéhezr festzuhalten, daß die staatlihen Betriebe in sozialer Beziehung Musteranstalten sind und den Privaten mit gutem Beispiel vcrangeben. In bezug auf den Auébau des Eisenbahnnetzes haben der Minister der öffent- lichen Arbeiten“ und der Finanzminister in der Kommission durchaus befciedigende Erklärungen abgegeben. Es soll der Ausbau des Netes durh die Wasserstraßen nicht beeinträhtigt werden. Die Personentarifreform muß entschloffen in Angriff genommen werden in der Richtung einer Vereinfahung obne wesentlihe Be- schränkung der Einnahmen. Nicht ganz so einverstanden sein kann id mit der Haltung der Eisenbahnverwaltung auf dem Gebiete der Gütertarife. Es sind bisher nur einzelne dringende Notftände durch Ausnabmetarife berücsihtigt worden. Die Gütertarife müssen in großzügiger Weise so gestaltet werden, daß sie den Interefsen des Landes gerecht werden. Ein notwendiges Korrelat der Schugzpolitik ift, daß der inländish: Konsument und der Produzent in möglichst begueme Verbindunzdgebraht werden, und dies ist gerade für cin Land wie Preußen von besonderer Wichtigkeit. Wir müssen der

L, WDULUTU D L. ODUILOD,

. Industrie über Shwierigkeiten bhinweghelfen, die durch die neuen

Handelsverträge erwachsen können. Bisher war die Landwirtschaft gegen die_ Ezmäßigung wder 2 ife für landwirtshaftlihe Produkte weil die Forderung der a

Jetzt ist der Zollshuß verstärkt worden, und diese Befürchtung ift fortgefallen. Deshalb müfsen wir dur bessere Gütertarife die In- dustrie in den Stand segen, in dem ialändishen Markt einen Aus- gleih zu finden. Durch die BVerkehrépolitik müssen wir gleichzeiti für unsere Landwiitshaft und unsere Industrie sorgen. Gewiß muß eine Tarifreform mit Vorsicht durgeführt werden wegen der finanziellen Folgen, aber mit allzu ängsiliher Vorsicht wird man nicht zu einer großzügigen Reform kommen. Der Hauvptzweck unseres Antrags ist, daß die Regierung mit Tarifermäßigungen nicht wartet, bis erít cin Notstand eingetreten ist. Nebmen Sie daher den von dem Abg. Friedberg und mir gestellten Antrag einmütig an. Be- züglich des zweiten Teils dieses Antrags scheint allerdings die Budgets kommission noch den Schlaf des Gz1echten zu s{lafen.

Abg. Wallenborn (Zentr.) stimmt namens seiner Freunde dem Antrage von Zedlitz, betreffend Herabseßung der Gütertarife, zu und erflärt ebenso seine Sympathie für die angeregte Personentarif- reform; die IV. Klasse bittet er beizubehalten. Mit Befriedigung erfüllt ibn die Abnahme der Unfälle, hoffentlich erfolge fein Nückschlag.

Abg. Goldschmidt (fr. Volksp.): Wir stimmen mit dem Minister darin überein, daß die Eisenbahn dem Verkebre zu dienen hat, aber sie kann diese Aufgabe nit voll erfüllen, wenn ihre Ein- nabmen für allgemeine Slaatszwecke in Beschlag genommen werden. Ein Privatmann, der so handelte wie der Staat, würde unvorsihtig handeln. Die Staatsfinanzen dürfen niht auf die shwankenden Eisenbahneinnahmen basizrt werden. Wir erkennen an, daß es elungen ift, die Unfälle erheblich zu verringern. Ob die statistishe Vergleihung mit dem Auslande richtig ift, lasse ih dahingestellt fein. Jedenfalls find die Unfälle verringert worden. Aber damit darf sich die Verwaltung nicht genug sein lassen. Es freut mich, daß der Minister anerkannt hat, daß die Beamten in vollem Maße ihre Pflicht getan haben. Wenn aber die Beamten um ihre Besserstellung bitten, werden fie zurüdckgewiesen. Die Verbesserungen für die Beamten werden wir bei den einzelnen Etatétiteln prüfen. Der Minister lehnt Gehaltserhöhungen für einzelne Beamtenkategorien ab, gewisse Momente können aber eine allaemeine Aufbesserung aller Gehälter notwendig machen. . Wenn ¿. B. eine veränderte Wirtschaftspolitik die Lebenêverbältnifse ver- teuert, dürfen Aufbesserungen niht unterbleiben, weil sonst die Berufs- freudigkeit der Beamten leidet Die Zugscnelligkeit muß erhöht werden: boffentlich kommen wir mit Hilfe der neuen Schnellzugs- lokomotiven dazu. Die Versuche mit neuen Betrieb2arten, wie z. B. mit der Spirituslokomotive, billigen wir durhaus. Einer der Herren von ter landwirtscaftliden Woche sagte bei der Heimreise im Eisen- bahnwagen zu seinen Freunden: „In dem Augenblick, wo die Eisen- bahn es fertig bringt, den Spiritus für den Eisenbahnbetrieb zu ver- wenden, brauchen ibn die Leute niht mehr zu trinken.“ Der Sicher- heit des Betriebs könnte es nur nüßlih sein, wenn sämtlihe Beamte einem Antialkoholverein angehörten. Aber die Herren aus dem Osten meinen, daß der Spiritus fo lange etrunfen werden muß, bis er für Lokomotivzwecke zu verwenden ist, und das liegt noch in weitem Felde. Wir werden vorläufig von der leftrizität

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