1905 / 69 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Mar 1905 18:00:01 GMT) scan diff

heute und auf längere Zeit noch ein starkes, lage erettes Heer? Kann man diese Frage verneinen, so würde ih für Abrüstung sein. Denn die Anspannung und Kosten find dann zu groß. Muß aber die Frage bejaht werden, dann Ausbau des stehenden Heeres derart, daß alle seine einzelnen Teile von gleicher Leistungsfähigkeit sind.“ Reicht denn der egenwärtige Organismus des Heeres nicht für absehbare Zeit aus ? lus der politishen Situation erkennen wir die Notwendigkeit einer Verstärkung nicht an. In der Kommission haben wir ja erfahren, daß der Kriegsgott überhaupt nicht bei. den stärksten Bataillonen, sondern immer bei den besten Eisenbaßnen sei, wie einer der Kommifsare sagte. Die Erseßung der Oekonomiehandwerker durch die Zivilhandwerker findet unsere volle Sympathie. Wir wünschen die Umwandlung möglichst bald, und zwar nicht zuleßt im Interesse der Handwerker selbst. Für die Kavallerie hat der Mirister in der Kommiffion eine wundershône Rede gehalten, wie man über den Wert der Kavallerie in Sachverständigenkreisen denkt. Aber er hat niht bewiesen, ob ein Plus oder Minus von Kavallerie not- wendig ist, sondern nur, daß von einer Beseitigung der Kavallerie nit die Rede sein kann. Er hat uns die Kavallerie in manchem neuen Licht gezeigt, aber nicht bewiesen, daß fie ihre Funktionen nit [chon jeut genügend ausüben kann. Die Ausrüstung könnte vereinfackt werden. Wozu find die Lanzenfähnchen nötig? Es ist barbarish, mit den infizierten Lappen in den menshlihen Körper einzudringen. Was die Erhöhung der Matrikularbeiträge betrifft, so ist es wünschenswert, daß die Finanzminister der Einzelstaaten gezwungen werden, fich energischer mit den Reichëfinanzen zu beschäftigen, anstait immer nur neuen Forderungen zuzustimmen. Vom ftaatépädagogishen Stand- punkt aus ist zu wünschen, daß die Einzelstaaten sich gewöhnen, Glieder des Ganzen zu sein. Räumt doch einmal mit der Liebesgabe für die Branntweinbrenner auf! Die neuen Steuern dürfen die ihwachen Schultern nit belasten.

Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von Einem:

Meine Herren! Der Herr Abg. Bebel hat in seiner heutigen Rede, die er übrigens \{hon mehrmals gehalten hat (sehr rihtig! in der Mitte und Heiterkeit), eine tiefe Wahrheit ausgesprohen. Sie lautete: wenn er auch Laie wäre, so glaube er doch das ganz be- stimmt behaupten zu müssen, daß der Aufklärungédienst der Kavallerie ein erbeblich schwierigerer geworden wäre gegen früber. Ja, meine Herren, das ist ja gerade das, was ich immer in der Kommission betont und behauptet habe. Darum Habe ih eine Verbesserung und Vermehrung der Kavallerie als unbedingt notwendig bezeichnet. Sehr richtig! rechts.) Ih bin aber von Anfang an überzeugt gewesen, daß es mir niemals gelingen würde, den Herrn Abg. Bebel mit meinen Plänen vertraut zu mahen; ihn zu einem Freund diefer Sathe umzuwandeln, das ist mir nicht mögli.

Aber ih babe wirklich geglaubt, nachdem in der ersten Lesung der Herr Abg. Müller-Sagan erkläri hatte, er werde der Armee geben, was notwendig sei, daß es mir gelingen würde, ihn zu überzeugen ibn persönlih wenigstens. Meine Herren, es hat mi sehr gefreut, daß der Herr Abg. Müller-Sagan eben mich eine Autorität für ibn genannt hat (Heiterkeit) oder sollte ich ihn mißverstanden haben ? Das tâte mir sehr leid! (Heiterkeit) —, und daß er gesagt hat, ich bâtte für die Kavallerievorlage in der Kommission eine sehr hübsFe Nede gehalten (Zuruf) oder sogar eine \{chöne (Heiterkeit) ; aber den Beweis bätte ih nit erbracht, daß wir eine Vermehrung der Kavallerie brauchten. Ja, meine Herren, wenn ih ihm das frage ich die Mitglieder der Kommission, die überhaupt für diese Vorlage zu baben waren den Beweis nicht erbracht habe, dann hat es wirk- lih nit an mir gelegen. Meine Herren, ih habe ausgeführt: wir brauchen für den witigen, immer s{chwieriger gewordenen Dienst der

avallerie im Kriege eine bessere Kavallerie, als wie wir sie haben,

und dies können wir nur erreichen, indem wir unsere Kavallerie ver- mebren, damit wir unseren Infanteriedivisionen eine bessere Kavallerie zuteilen können. Das habe ih ausführlich begründet. Wenn der Herr Abg. Dr. Müller-Sagan das nicht verstanden hat, kann ih es leider nit ändern. Ih bin aber überzeugt, meine Herren, i könnte den Herrn Abg. Müller-Sagan in einem Tag aus einem Saulus zu einem Paulus machen, ih brauchte ihn nur es geht ja aber leider nicht einen Tag an die Spitze einer Division zu stellen (große Heiterkeit) und ibm einen Gegner zu geben, der mit einer Kavallerie ausgerüstet wäre, wie ih sie mir denke, wie ich fie haben will, und ihm eine Divifion mit derartiger Kavallerie zu geben wie er sie sich denkt; dann würde er in der ersten halben Stunde der

Operationen seinem Oberkommando ein sehr böôses Telegramm hien, daß er niht operieren könne, daß es unglaublih |

von der Heeresverwaltung und dem Oberkommando sei, ihm eine ;

solche Kavallerie gegeben zu haben, daß er unmögli seine Aufgabe erfüllen könne.

dankbar. Herr Abg. Müller-Sagan hat meine Aufmerksamkeit auf einen Umstand gelenkt, auf den ih noch gar nicht verfallen war, das ist die Gefährlihkeit der Lanzenfähnchen, die einen Herd von Bazillen und Bakterien aller Art bilden sollen. Ich werde eine solche

gebrahti werden sollen. Ueber die je igen finanziellen Schwierigkeiten wérd man wohl hinwegkommen, aber für die Zukunfi wird eine Finanzreform nicht zu umgeben sein. Die einzige Möglichkeit, die großen Meran zu decken, bleibt die Giusübéuna von direkten

eich steuern, Neichseinkommensteuer und Erbschaftssteuer. Solange wir niht Leute unseres Vertrauens in der Verwaltung haben, werden wir abwarten müfsen, was für Vorschläge kommen. Jedenfalls werden wir für die Vorlage stimmen.

Abg. kl e r (Reformp.) : Die Annahme dieser Vorlage wird uns dur die Festlegung der zweijährigen Dienstzeit erleihtert. Wir dürfen mit der Organisation unseres Volkes in Waffen nicht im Rüdstande bleiben. Bebel untershäßt Rußland. Rußland wit einem so ungeheuren Menschenmaterial, mit so reien [andwirtschaftlichen und mineralishen Sätzen, wird sih viel s{neller und leichter er- holen als das durch die napoleonischen Kriege au8gepreßte Preußen. Rußland wird auch das Bedürfnis fühlen, sein Preftige irgendwo durch einen militärishen Erfolg wiederzugewinnen. Fapypan wird, wenn es in Ostasien siegreich ist, geneigt lein, weiter zu japanisieren. Von unseren Verbündeten Oesterreich und Italien it wenig zu er- wacten, deshalb ist es am besten, durch eine gutgerüstete Armee den Frieden zu sihern. Der Abg. Müller-Sagan meinte, cs komme nit so sehr auf eine Truppenvermehrung, als auf die Liebe des Vaterlandes und des freien Mannes an. Gewiß, ist Begeisterung und Tüchtigkeit des Volkes auch nötig, um Erfolge zu erringen ; aber die Liebe des freien Mannes allein genügt auch nit, wie der Burenkrieg zeigt, wo die Bewaffnung unzureihend und die Disziplin mangelhaft war. In dieser Beziehung darf ih au auf unseré Vefreiungs- friege und auf Schleswig-Holstein hinweisen. Was die Vermebrung der Kavallerie betrifft, so baben wir alle Veranlaffung, sie zu bes willigen, denn seit 1880 ist keine Vermehrung der Neitertruppen er- folgt. Wir brauchen die Kavallerie entschieden zum Aufklärungsdienst. Für Steuern zur Decyng der Militärausgaben, die die Verbrauch2- egenstände des kleinen Mannes unnüg verteuern, find wir nicht zu aben. Die Steuern müssen vielmehr auf tragfähige Schultern gelegt werden. Unter feinen Umständen dürfen hier Branntwein und Tabak kberangezogen werden, Genußmittel, die der kleine Mann nech hat. agegen halten wir z. B. die Wehr- steuer für durhaus berechtigt. Wenn viele der Jünglinge aus dem Tiergartenviertel in erheblidem Maße dazu herangezogen würden, so würde die Steuer sehr nüglich wirken. Unter Um- ständen würde auch eine Erbschaftssteuer sehr nüßlih sein für das mühsam zusammengebrachte Großkapital, wenn es aus einer Hand in die andere geht. Auf meinen im vorigen Jahre vorgebrachten Wuns wegen Vermehrung der Garnisonen in kleinen Orten ist der Kriegsminister leider niht eingegangen. Namentlich der Often ver- dient wegen der Vermehrung der Kavallerie, die ihm vorzugsweise entnommen wird, eine gewisse Gegenleistung. Dadurch, daß so viele Rekruten in die großen Städte ziehen, entsteht auf dem Lande eine Leutenot. Ich sehe nicht ein, warum niht an der Ostbahn jede Stadt eine feine Garnison erhalten soll. Dadurh würde auch das Deutschtum gegenüber dem andrängenden Slawentum gestärkt werden. Unsere Abstimmung machen wir von dieser Bitte niht abhängig.

_ Abg. Dr. Müller - Sagan: Das eine steht nun doch fest: ein Kriegsminister hat die Meldereiter als notwendig verteidigt, ein anderer hat sie abgeshafft und mit der Kavallerie verschmolzen. Beide baten ret, denn fie find im Amt, und mit dem Amt* kommt der Verstand. Zu dieser Schlu*folgerung muß man kommen, wenn man den Kriegsminister bôrt. Es war der Beweis zu erbringen, ob eine Vermebrung der Kavallerie und Infanterie an \ih, nit nur relativ, notwendig ist, und diese Verhältnisse zu beurteilen ist niht Sache des fahmännishen Kriegsministers, sondern eines politischen Staats- mannes, dér die Gesamtsituation zu beurteilen vermag. Auf der anderen Seite ist cs Pflicht der Volksvertretung, der fahmännif{ezn Einseitigkeit der Kriegsverwaltung politische Gesichtspunkte entgegens zustellen. Der Minister hat meine Bemerkungen über die Lanzen- fähnchen mit einem Scherz abgetan. Es wird ihm doch nicht un- bekannt sein, daß Leute, die sich umfassend mit der Frage beshäftigt

haben, gefunden baben, daß die Kleiderstcffe, die mit der Kugel in die Wunde hineingebracht werden , störend auf das Heilen einwirken. Nun bin ich allerdings der Meinung, daß es

Sache der Menschlichkeit ist, daß man Wunden, die man dem Feinde beibringt, riht dadurch vergiftet, daß man dem Lanzenstih das Tuch folgen läßt, das notwendig mit Bazillen beseßt ist. Mit dem Wiß, daß der Kriegsminister die Fähnchen dem Reich3gesundheitsamt zur Untersuhung senden will, ist die Sache nicht aus der Welt zu ichaffen.

Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von Einem: | Meine Herren! In meiner fachmännish einseitigen Weise möchte ih mir erlauben, den Herrn Abg. Müller-Sagan dahin zu informieren, daß bei einem Lanzenstich die Lanzenflagge überhaupt gar niht in Betracht kommt. Die Flagge sitt eiwa 14 Fuß unterhalb der Spige. Es genügt für einen Menschen, um vom Pferde heruntergestohen zu werden, daß die Lanzenspitze etwa einen Zoll tief eindringt, dann liegt er bereits unten. Ich habe im französishen Kriege ich bin au Ulan gewesen und wir haben mit Franktireurs, wir haben mit Linien- infanterie, wir haben mit Kavallerie zu kun gehabt keinen Franzosen

| gesehen, der überhaupt von der Lanzenflagge berührt worden wäre.

«ol 2101 2 y Z A. T4 G ano; T o 1A; gebrauhte Lanzenflagge demnächst dem Reichsgesundheitsamt einschicken.

(Große Heiterkeit.)

Abg. S ch rade (fr. V3g.): Jh bin der Meinung des Abg. Dr. |

A B N Di y 4 a Müller-Sagan, daß es richtiger wäre, wenn wir von dem bestehenden

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Quinquennat, Sextennat und Septennat abgingen und die Bewilligung ! ck

in jedem Jaßr

vornähmen, wie es bei der Flotte geschicht; aber ich !

lege feinen großen Wert darauf, weil sowohl bei der Flotte wie bei |

der Armee grundlegende Aenderungen nicht mögli find. Dazu ist die Institution zu groß. Andererseits wird man do oder jene Aenderung vornehmen können. Ich möchte hoffen, daß der

Abg. Bebel recht hat, daß wir in absebbarer Zeit keinen europäischen Krieg zu befürhten haben. Nußland ifff| für ! lange Zeit ges{chwächt, aber es droht eine andere Gefahr:

ein revolutionâres Rußland fann ein sehr unbequemer Nachbar fein. Bei der S&wähung Rußlands können fh auch_ allerhand Aen-

derungen auf der Landkarte Europas vollziehen. So sind die Zu- ;

in jedem Jahre diese | ch ; : y | Heiterkeit.)

stände in Europa nit, daß wir sagen können, wir könnten beute ab- ;

rüsten. Gs fragt sich nur, ob das, was uns vorgeshlagen wird wirklich ¡wedentsprechend ift, und darin find wir ja E Mliiee sehr üblen Lage, wenn es sich nicht um Prinzipienfragen handelt. Es fragt sich, können wir die Verantwortung für die Ablehnung folcher Maßregeln übernehmen, können wir unsere Autorität der Autorität der Kriegéverwaltung entgegenseßen ? Dazu find wir niht imstande; wir müfsen dann aber auch die Verantwortung auf die Regierung wälzen. Was die Kavallerie betrifft, so sind die beiden leßten großen Kriege für die Beurteilung niht maßgebend, und über den japani!ch- rusfishen Krieg wissen wir noch nicht genug. So sehr ih wünsche, daß die Ausgaben für das Heer niht steigen, so wenig kann ih dieser Forderung entgegentreten. Es ist von Grsparungsmaßregeln die Rede gewesen. Gewiß kann und muß man sparen, und ih bin kein Freund des übermäßigen Prunkes und Lurus in der Armee, aber diese Frage kommt hier jeßt nicht in Betracht, und große Summen laffen sich auf diese Weise auch nicht ersparen. Unbequem ist es ewiß, in einer Zeit der finanziellen Notlage solche Forderungen zu ewilligen. Dazu kommen noch die Nachtragsetats. Unsere Finanz- lage ift also sehr wenig erfreulich. Allerdings wird die Zustimmung dadurch erleichtert, daß die Koften dur die Matrikularbeiträge auf-

Im übrigen, meine Herren, bin ich auch noh für eins sehr | (Beifall.)

_ Abg. Dr. Müller : Sagan (fr. Volksp.): Ih habe lediglich aus einer fachmännishen Erörterung Veranlassung genommen, diese Frage anzuregen. Mir scheint es nit darauf anzukommen, was genügt, um einen Lanzenstih verderblich zu machen, sondern darauf, ob nicht bei rashem Ansturm die Lanze durch eine Fleischpartie fo weit bindurch(- geht, daß die Flagge mit hineinkommt.

Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von Einem: Aber mein verebrter Herr Abg. Dr. Müller-Sazan, denken Sie ih denn, daß ein Mens, der von einer Lanze, unter deren Spitze eine Lanzenflagge ift, durhrannt wird, wo also die Lanze vorn herein und binten heraus dringt, daß ein Mensh mit derartigen Verleßungen in der Tat sih noch um Bazillen zu kümmern braußt? (Große

Damit {ließt die Diskussion.

Der § 1 wird in der Fassung des Amendements Spahn gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der freisinnigen Volks- partei und der Polen angenommen, ebenso § 2 und der Rest der Vorlage.

_Es folgt die zweite Beratung des Geseßentwurfs, be- treffend Aenderung der Wehrpflicht. Dur den Artikel 1 der Vorlage wird die zweijährige Dienstzeit für die Fußtruppen auf 2 Jahre gesezlih festgelegt. Von den Abgg. Albrecht u. Gen. (Soz.) ist der Frag gestellt, die zweijährige Dienjst- zeit ganz allgemein für sämtlihe Truppengattungen geseßlich festzulegen, sowie das Einjährig-Freiwilligen-Privileg vom 1. Oftober 1907 ab aufzuheben, sowie die Bestimmung des Artikel 2 § 2, wonach Mannschaften der Fußtruppen, die sich Nis bart Ee i v E aen der Kavallerie und reitenden Feldartillerie, die gemäß ihrer Dienstverpflihtun im stehenden gs 3 Zahre tiv edient vate in T Manie wee ersten Aufgebots nur 3 Jahre zu dienen brauchen, zu eichen. Referent der Budgetkommission ift auch für diese Vo der Abg. von Elern (d. kons.). 2 E Die Kommission hat die einzelnen Bestimmungen ge „Die

* nehmigt und folgenden 2a neu vorgeschlagen:

Zeit für die Uebungen der Personen des Beurlaubtenstandes ist unter möglichster erüsihtigung der Jnteressen der bürger: lihen Berufskreise, namentlich der Ernteverhältnisse, fest: zujehen.“ :

Vom Abg. Dr. Müller- Sagan ist folgende Resolution

beantragt:

_ „Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, in Ausführung der Bestimmungen des Reichsmilitärgeseßes von 1874 dem Reichstage baldigst einen Gesegentwurf vorzulegen zur Regelung der Vor- bedingungen, welche zum einjährig-freiwilligen Dienß| E L | ¿ g. von Normann (d. konf.): Meinen politishen Freu

wird die Stellungnahme zu dieser Vorlage etwas Ver Wir bai jahrzehntelang für die dreijährige Dienstzeit gekämpft, gestüßt auf die militärischen Autoritäten der damaligen Zeit. Diesen Standpunkt jegt zu verlassen und die zweijährige Dienstzeit geseßlich festzulegen, fällt uns nicht leiht, und zwar besonders deshalb nit, da wir nit zu übersehen im stande sind, ob die geforderten Kompensationen wirklich ausreichend sind, und ob die Grfahrungen mit der zweijährigen Dienst, zeit bereits genügen. Hierfür müssen wir die Verantwortung der Militärverwaltung überlassen, wenn wir uns heute entschloffen haben für den Entwurf zu stimmen. Wir hoffen, daß nie ein Moment eintreten wird, in dem Armee und Vaterland das Zustandekommen dieses Gesetzes bereuen. Den ersten Abänderungsantrag der Abgg. Albrecht und Genossen müssen wir als unannehmbar bezeichnen. Wir können nickt vergessen, daß bei den Fußtruppen nur der Mann bei den berittenen Truppen aber auch noch das Pferd ausgebildet werden joll, was doch auch eine gewisse Zeit beanspruht. Den zweiten Antrag, die Streichung des § 11 des Gesetes, betreffend die Ver- pflihtung zum Kriegédienste, lehnen wir ebenfalls direkt ab. Wir geben gern zu, daß die Institution der Einjährig-Freiwilligen mit der Zeit zu gewissen Reformen führen wird, die auch wir für rötiz und angemessen halten, aber eine fo bewährte und lange Jahre be. stehende Einrichtung wie diese mit einem Federstrih zu beseitigen dazu können wir die Hand nicht bieten. Aus den Einjährigen refru! tieren sih unsere Reserve- und Landwehroffiziere, ein Korps, fo vor- trefflih, daß wir darum von der ganzen Welt ebenso bencidet werden wie um unser Linienoffizierkorps. Dieses fo vortreffliche Reserve- und Landwebroffizierkorps verdanken wir eben dem Institut der Einjährig-Freiwilligen und seiner Ausbildung in der Armee. Wir haben den Wunsch, daß diese Institution dauernd erhalten Fleibt. Was die Refolution Müller-Sagan betrifft, so wäre sie an fich eher diékutabel, aber im Moment fönnen wir uns auch nicht für sie ent- scheiden. Einmal würde das „baldigst“ die Regierung zu sehr drängen, dann aber ers{eint uns die Forderung, nur die Regelung der Vor- bedingungen zu verlangen, zu einseitig.

Abg. Dr. Süd ek um (Soz.): Die dreijährige Dienstzeit würde au nicht wieder eingeführt werden,- wenn diefer Gesetzentwurf nicht vorgelegt wäre. Daß die zweijährige Dienstzeit nicht gleih geseßlich

‘festgeleat wurte, ges{ab nur deshalb, weil die Heeresverwaltung ein

Zwangsmittel, eine Schraube in der Hand behalten wollte, um den Neichêtag zu Bewilligungen zwingen zu “können. Jeßt hat fie nun diese Schraube in Bewegung geseßt, und, wie die Abstimmung eben gezeigt bat, ift ih die Mehrheit einig. Für uns hat der Gefegerntwurf aus diesen Gründen nur eine untergeordnete Bedeutung, weil bei der gegenwärtigen Finanzlage an eine Verlängerung der Dienstzeit gar nicht ? zu denken wäre. Aber der Entwurf gibt uns Gelegenheit, zwei Reformen anzuregen, die genau dieselbe Tendenz haben, nämlih daß wir die geseßlich bestehende allgemeine Wehrpflicht durch eine gleihe Dienstpflicht ergänzen und zu dem Zwede die dreijährige? aktive Dienstzeit für die Kavallerie aufveben und zweitens das Einjährigen- privileg abschaffen wollen. Es bedeuten jedoch diefe Anträge nicht eine Aufgabe unserer prinzipiellen Stellung zur Armee. Für die dreijährige Dienstzeit werden von der Militärverwaltung lediglich tehnishe Gründe ins Feld geführt, aber wir balter diese nicht für durhschlagend und zutreffend. Was vor allen Dingen dagegen \priht, ist der Umstand, daß auch bei diesen Truppen Einjährig-Freiwillige zur vollen Dienstfähigkeit ausgebildet werden. Der Kriegsminister

wird gewiß nicht behauptzn wollen, daß die injährig- Freiwilligen bei der Kavallerie Angehörige von Ständen find, die mit besonderem Pferdeverstand begabt seien. Durch An-

nahme unseres Antrags auf Beseitigung des Einjährigenprivilegs würde ja dieses zur Ausbildung so sehr geeignete Material ein Jahr länger bei der Truppe gehalten, aber man könnte die Aus- bildung fo erbeblih fördera, daß eine Verkürzung der allgemeinen Dienstzeit unbedingt eintreten könnte. Nimmt man noch die Möglich- keit einer Vereinfachung, {hon durch Beseitigung der zweierlei Uniformen bei der Kavallerie hinzu, so bin ih überzeugt, daß ernft- hafte Bedenken gegen unseren Vorshlag gar nicht mehr laut werden EÉônnen. Was das Einjäßrigenprivileg anbetrifft, so hat es von Anfang an lediglih den Zweck gehabt, zur Zeit der Freiheitsfriege die besizenden Klassen des Volkes für die Scharnhorstsche Heeresreform günstig zu stimmen. Es ist 1814 festgelegt und findet \sih_noch heute völlig unverändert, wie die Vorrechte der besitßenden Klassen in einem Klafsenstaat ja stets kon- serviert werden. Aber die Vorausseßungen find beute ganz anders. Der Unterschied in der Benatteiligung durh die einjährige und die zweijährige Dienstzeit ist heute viel erbhebliher als damals dur die einjährige und die vierjährige. Heute wird der Arbeiter, namentlich der qualifizierte Arbeiter, durch eine zweijährige Unter- brechung seines Berufs völlig aus der Bahn geshlzudert. Bei ibm trifft dies mehr zu, als bei den Angehörigen der sogenannten gebildeten Stände. Daß der einjährige Dienst ein Privileg ist, hat der Kriegs- minister rundweg zugestanden. Der Besitz ist die Voraussezung, ader es ist noch s{limmer: er genügt zur Erlangung dieses Privilegs. Es unterliegt keinem Ztveifel, daß heute die Söhne woblfabender Eltern ganz gut in der Lage sind, si in einer deutschen Schule das Einjährigenzeugnis zu erfigen. Das sogenannte Berechtigungswesen ist zu einem Mißbrauh ausgeartet. Das Privileg ist aber nit nur ungere{cht, sondern au s{ädlich im inneren Dienft. Die Einjährigen sind störend für das Negiment, ibre befondere Ausbildung macht fort- währende Abweichungen vom allgemeinen Dienstplan notwendig, fie tragen auch den Luxus mit in die Armee. Hand in Hand'mit diescr Be- vorzugung geht aber häufig eine groteske Mißachtung. Die Ein- jährigen werden häufig als eine minderwertige Art von Soldaten bezeihnet, und die Vorgeseßten brauhen ihre Macht über die Einjährigen, solange sie die Macht über sie baben. Schaffen Sie den einjährigen Dienst ab und stellen Sie die Woblbhabenden und Gebildeten vollständig mit den anderen Mannschaften gleih, so wird auch dadurch die beste Garantie geshaffen gegen die immer und immer wieder bervorbrechend-:n Mifß- ppas Wir freuen uns darüber, daß wir hier einmal wieder Gelegenheit haben, der ländlihen Bevölkerung zu beweisen, daß wir sehr wohl auch ihr Interesse wahrzunehmen wissen, denn die Land- bevöôlkerung ist: hinfihtlich der Erlangung des Berechtigungsscheines benachteiligt. Ferner würde au, wenn diejenigen, die jeyt ein Jahr dienen, zwei Jahre dienen müssen, eine allmähliche Verkürzung der Dienst- ¡eit überhaupt angebahnt werden. Die Frage, ob jetzt der richtige Zeit- punkt für eine solche Reform ift, muß ohne weiteres bejaht werden. Wir haben mit Wahrscheinlichkeit auf eine Zeit der Ruhe zu rehnen, und wir sehen ja au, daß Frankreih genan dieselben Reformen vornimmt. Merkwürdig und carakteristisch war die Ausnahme unserer Anträge in der Budgetkommission. Kein Vertreter einer anderen Partei hat sie prinzipiell abgelehnt, nur Opportunitätsgründe find laut geworden. Wir glauben, daß unsere Anträge zu einer wesentlichen Verbefserung in unserem Heereëwesen führen werden, und bitten, sie anzunehmen.

(S@&{uß in der Dritten Beilaçcod

Dritte Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußishen Staatsanzeiger.

.V¿ 69.

Berlin, Dienstag, den 21. März

1905.

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(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Abg. Gr öber (Zentr.): Wir begrüßen die Haltung der verbündeten Regierungen, der wir es zu verdanken baben, daß die zweijährige Dienstzeit nun geseßlih festgelegt wird. Die Vermehrung der Unter- offiziere wird hoffentlih dazu beitragen, daß eine dauernde Besserung hinsichtlich der Soldatenmißhandlungen eintreten wird. Daß das Institut des einjährig - freiwilligen Dienstes ein Privilegium der Besigzenden ist, ist richtig. Dies Institut hat aber durch die zwei- jährige Dienstzeit erheblih an Bedeutun verloren, und wird fie durch deren geseßlihe Festlegung noch mehr verlieren. Die Differenz wis dem Dienst der Einjährig-Freiwilligen uñd der Zweijährigen ilt gar nit erheblid, wenn man die Uebungen hinzuzählt. Das Opfer des einen Jahres ist für einen gebildeten jungen Mann viel größer als z. B. für einen Arbeiter. Die Bestrebungen, gehen eigentlih mehr auf Auêdehnung als auf Beschränkung des einjährig- freiwilligen Dienstes. Die Bedeutung des Privilegs gegenüber den anderen verliert noch mehr, wenn jeder, der eine hervorragende Bil- dung und Tüchtigkeit in seinem Berufe hat, es bekommt. Daß die mittleren und höheren Shulen von Zöglingen entlastet werden, die nur mitges{chlevpt werden, weil sie das einjährige eugnis erhalten, ist ein Wunsch, der niht nur von den äußersten Seiten aufgestellt wird. Der Vorshlag der Sozialdemokraten hat aber auch seine Schattenseiten. Er bedeutet eine Erböhung der Friedenëpräsenz noch über die Forderungen der verbündeten Regierungen hinaus, nämlich um die Zahl der Einjährigen in zwei Jahren und um 22 000 Mann. Die Regierung verlangt nur 10 000 Mann mehr. (Gros Unrube bei den Sozialdemokraten.) Haben sie auch an die Mehrausgaben

edaht? ÎIn Frankreich is allerdings das en E igen-

Sastitut formell beseitigt worden, aber durch ein halbes Dußend Hintertüren wieder zugelassen worden. In Frankrei find 73 000 Einjährige unter verschiedenen Titeln vorhanden, und gegenüber der Protektionswirtshaft in Frankreich ist uns das deutshe System doch hundertmal lieber. Der Antrag Müller-Sagan ist uns durchaus sympathish. S :

Abg. Dr. Müll er - Sagan: Son am 14. Januar 1892 hat ih das Haus mit genau demselben Antrage beschäftigt, wie ih ihn heute vorshlage, nur das Wort „baldigst“ fehlte. Eigentlih wollte ih weiter gehen und der Regierung eine bestimmte Direktive geben, wie ih mir die Umgestaltung der _Vorbedingungen des freiwilligen Dienstes denke, namentli binsihtlich der Erweiterung des Kreises der Zuzulafsenden. Bei näherer Erwägung überzeugte ih mi aber, daß die Sache im Rahmen einer Resolution niht zu machen ift. Meinz Resolution will nur eine Anregung zu einer geseßlichen Reform in dec Richtung geben, daß niht mehr lediglich der Vermögenéstand aus\{laggebend sein foll für die Zulaffung zum Einjährig-Freiwilligen- Dienst. Für den Antrag Südekum können wir nicht stimmen.

Abg. Graf von Oriola: Es ist niht richtig, daß die _Ne- gierung mit der probeweisen Einführung der zweijährigen Dienstzeit eine Pression ausgeübt habe. Eine so wichtige, tief einshneidende Maßregel mußte erst erprobt werden. Nachdem aber die Militärverwaltung erklärt hat, es sei zu hoffen, daß man mit dieser Einrichtung auskommen werde, tragen wir kein Bedenken, der geseßlihen Festlegung zuzustimmen. Hand in Hand damit muß aber eine Entlastung der Unteroffiziere gehen. Auf die Belastung der Unter- offiziere sind die viel beklagten Soldatenmißhandlungen zum go Teil zurückzufübren. Es muß die Zabl der Unteroffiziere vermehrt werden. Die Vorlaze sieht nur eine besheidene Vermehrung vor. Die Unter- offiziere müfsen ferner befser gestellt werden. Das frühere Aufrückten

er Unteroffiziere können wir nur _freudig begrüßen. Den Unter- offizieren, die den Militärdienst verlaffen, muß eine entsprehende Ver- sorgung im Zivildienst möglichst erleihtert werden. Darum ist eine recht baldige Verabschiedung des Militärpensionsgeseßes not- wendig. Dabei is eine Vereinfahung der Ausbildung der Mannschaften erforderlih, wie sie ja auch in der Kaier- lihen Verordnung vorgesehen it. Die Soldatenmißhandlungen würden erbeblchih abnehmen, wenn bei den Aushebungen der Mannschaften nur- körperlib und geistig zum Soldaten- dienst tauglitqe Leute in das Heer eingestellt würden. Die Anträge der Herren Sozialdemokraten waren uns ja s{chon in der Kommission angekündigt worden. Wir werden sie ablehnen. Wie viel \hwerer heute der Kaballeriedienst im Felde sein muß, das hat der Kriegsminister für alle, die ibm ohne Voreingenommenheit zubörten, überzeugend dargetan. Von einer Verkürzung der Dienstzeit kann also keine Rede sein ; übrigens würde au der Fortfall der dovvelten Uniformen keine Erleihtzrung des Kavalleriedienst5 bedeuten. Ebenso fühn ist das Verlangen der Antragsteller, das Institut der Einjährig- Freiwilligen hier so kurzerhand mit Geroährung einer Galgenfrist von ¡wei Jahren abzuschaffen. Das Institut hängt mit unserem ganzen Schulsystem auss engste zusammen, und sein Fortbestehen ist in dessen Interesse, dringend zu wünsea. Wenn Herr Südekum direkt von einer Art Bestehungsfystem seitens der Einjährigen spricht, so foll man solhe {weren Angriffe mit Beweisen belegen, äber nicht nur mit anonymen Briefen. Der Antrag Müller-Sagan \pricht nur von der „Regelung der Vorbedingungen“, darum handelt es sich aber nit allein, sondern um eine Reform des ganzen Einjährig-Freiwilligen- Wesens; wir werden aber die Resolution annehmen, um auch unser- seits die Bereitwilligkeit zu Erwägungen in dieser Richtung aus- zudrücken. Bei Herrn Bebel können wir au für die Zukunft darauf renen, daß er, auch wenn wir seinen Antrag annehmen, für das Heer keinen Mann und keinen Groschen bewilligen wird ; das wird niemand bezweifeln, der seinen Brief an „Herrn Iaurès gelesen hat. Herr Bebel und seine Freunde wollen an dem deutschen Heere herum- doktecn à 1a Dr. Eisenbart, das maten wir nicht mit.

Abg. Liebermann von Sonnenber (wirts{. Vag.): Ich stelle meine Bedenken gegen die zweijährige - ienstzeit zurück, vor allen Dingen hon deêwegen, weil die Mehrheit sie als einen Fort“ schritt begrüßt. Man müßte aber nun auch im Reichstage die not- wendigen Konsequenzen ziehen, und es müßten die Parteien, auf deren Drängen man zur zweijährigen Dienstzeit übergegangen ist, nun auch alles bewilligen, was notwendig ist. Im wesentlichen wird es au auf gut ausgebildetes und geshultes Ausbildungspersonal ankommen. Darum stimmen wir für alle Forderungen auf - ermehrung und Auf- besserung der Unteroffiziere. Es ist ja allseitig anerkannt worden, daß eine Hauptursache der Soldatenmißhandlungen die Ueberbürdung des Ausbildungspersonals ist. Diejenigen [ungen Leute, die beute meist einjährig dienen, wären datjenige Material, aus dem man Ausbildungspersonal {nien könnte. Ih babe hon seit vielen Fahren, und ih glaube zum ersten Male die Anregung auf Abschaffung des einjährigen Dienstes gegeben. Jh freue mi deshalb, daß der Antrag Südekum den Stein ins Rollen bringt. Es ist mir glei, woher

_ ein Antrag kommt, und ich wäre in der Lage, für ihn zu stimmen, wenn ih nit in seinen übrigen Forderungen der entgegengeseßten Ansicht wäre. So ist das Zureiten der Remonten eine große und wichtige Aufgabe, ‘die niht von Leuten elôst werden kann, die nur zwei Fahre dienen. Ih würde eine Resolution für praktif gehalten haben, in der um Vorbereitung für den Uebergang ersucht würde. Was die wünschenswerten Folgen einer Aufhebung des einjährigen Dienstes

r die Armee betrifft, so bin ih der Ueberzeu ung, daß der Soiîal-

okratie durch solhe Aufhebung tatsächli n sehr wirksames Agitation8mittel weggenommen werden würde. Denn mit dem Hinweis

auf den Mangel an Gleihberechtigung macht fie am meiften

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ropaganda. Allerdin würden ihr immerhin noch genug Nrpanda. tel Hs Ein weiterer Vorteil wäre der Wegfall

Die Schule würde entlastet werden von

jenes unseligen Examens8. - nit lernen fönnen oder wollen, und

denjenigen Leuten, die

denen man endlich die Berehtigung ium einjährigen Dienst gibt, um sie los zu werden. ir n genug Leute, die an Halbbildung franken, und sollten sie niht noch ver-

mehren. Viel besser ist es, weniger, aber gut gelernt zu haben. Nur ein perbältnièmäßig fleiner Teil der Einjährig-Freiwilligen ist in einem Jabre auêreichend geshult. Diejenigen Mannschaften aber, die im zweijährigen Dienst im ersten Jahre sich bewähren, könnten im zweiten Jahre als Unteroffiziere gute Dienste leisten. Der große Vorzug, daß in den Kasernen die jungen Leute an gutem Ton ge- winnen, ist hon erwähnt worden. _Südekum hat gemeint, die Zweijährigen würden die - besißzenden Klafsen {hon veranlassen, die Dienstzeit noch weiter zu verkürzen, da unter]häßt er wobl den Patriotismus der besizenden Klassen. Sollte es aber nit der Fall sein, so würde die Militärverwaltung dem einen Riegel vorschieben. Ich hoffe, daß die Aufhebung des Cinjährig-Freiwilligen-Dienstes der Friegsverwaltung als reife Fruht in den Shoß fallen wird. j

Abg. Mommsen (fr. Vag.): Unsere Vorausfage,. daß die zweijährige Dienstzeit, wenn sie erst eingeführt sei, ih niht wieder werde ab|haffen lafsen, hat sich erfüllt. Wir werden der geseßlichen Festlegung der zweijährigen Dienstzeit zustimmen und sind auch bereit, die Konsequenzen zu ziehen, die sich daraus ergeben. Dem sozialdemo- fratishen Antrag wegen der zweijährigen Dienstzeit der Kavallerie fönnen wir in der beantragten Form nicht zustimmen, wenn, wir über deen Tendenz au nit so absprechender Meinung sind wie die prinzipiellen Gegner. Wir möhten der Militärverwaltung empfehlen, einmal einen Versuch mit einer solchen zweijährigen Ausbildung zu maden. Was das Einjährigen-Institut betrifft, so ist es für Armee und Volk durchaus eine Notwendigkeit, davon bin ih gani fest überzeugt. Die Tatsahe, daß die Herren Sozialdemokraten Arm in Arm mit Herrn Liebermann von Sonnenberg die Aufhebung fordern, ist ungemein charafteristis%; man schüttet das Kind mit dem Bade aus. Die Klagen der leßten Jahre über den Geist, der in unser Neserve- offizierkorp# eingezogen sei, ces weniger dem Luxus, den die Offiziere treiben, als der Wahrnehmung, daß einzelne Regiments- fommandeure die Ausbildung der Einjährigen in eine besondere Richtung leiten. Den Antrag Müller haben wir mitunterschrieben und bitten, ihn anzunebmen, i: C /

Abg. Werner (Reformp.): Bei der geseßlichen Fesilegung der zweijährigen Dienstzeit muß vor allem eine Besserstellung und Ver- mehrung unseres Ausbildungspersonals, des Unteroffizierkorps, erfclgen. Die Herabsetzung der Dienstzeit für die Kavallerie betrahten wir na den Grflärungen der Militärverwaltung für unmöglich. Nit dem Abg. Liebermann von Sonnenberg erheben auch wir hier unsere alten Forderungen der Aufhebung des Einjährigenprivilegs. .

Abg. Singer (Soz.): chsstt Aft davon, daß

ir nehmen zunä N die Militärverwaltung der Frage kein erhetlihes Interesse zuwendet. Der Reichskanzler scheint

Schule gemaht zu haben. Die Schweig- samkeit des Kriegsministers ist

vielleicht dahin zu deuten, daß er innerlih zu denen gehört, die mit der Aufhebung des Einjlürige- privilegs einverstanden find. Herrn Liebermann von Sonnenberg möchte ih doch darauf hinweisen, daß seine eigenen Parteigenoffen, zumal die Herren vom bayerischen Bauernbund, gerade das Gegen- teil seiner Auffaffung bekunden; si2 meinen, daß es durchaus mit zwei Jahren bei der Kavallerie abgetan sein könnte, ja sie halten eine noch fürzere Ausbildung8zeit für genügend. Auch in Süd- deutshland sind unsere Freunde längft für die Aufhebung des Privilegiums der einjährigen Dienstzeit eingetreten, wie Herrn Gröber wobl nur entgangen ist. Die Aufre{terhaltung dieses Privilegiums ist lediglich vom Standpunkt der Klassenpclitik zu verstehen, die den Besiz um seiner selbst willen für privilegienberechtigt erklärt. Wir werden niht aufhören, dem Volke klar zu machen, daß die Aufrehterhaltung eine der s{härfsten Ungerechtigkeiten gegen die Volkzmassen ist. Der Antrag Müller will das Privileg be- seitigen, indem er es noch viel weiteren Kreisen zugänglih mat. wollen wir nit; die Aufhebung des Privilegs würde nah unserer Meinung eine weitere Verkürzung der Dienstzeit nah sich ziehen. Es handelt sich darum, daß militärpflihtige junge Leute, die das Glüd baben, wohlhabende Eltern zu besißen, nur ein Jahr zu dienen brauchen, und zwar bei ‘allen Waffengattungen ; der Einwand, daß auch Nichtbesizznde dieses Privilegiums teilhaftig werden können, wiegt leider zu leiht; denn es wird si fein nennenêwerter Prozentsaz davon unter der Gesamtheit nachweisen lassen. Für unsern Antrag hat unser Kollege Liebermann von Sonnenberg weit mebr Verständnis gezeigt als Herr Gröber. Wird unfer Antrag an- genommen, so werden wir die Kon}equenzen davon bei der dritten Lesung der Vorlage über die Friedenspräsenzstärke zu ziehen nicht unter- lassen. Wir folgen hier au niht, wie Graf von Oriola meinte, einem französishen Vorbild, sondern die Sache liegt so, daß Frankreich, nachdem es bei sih die zveijährize Dienstzeit durchgeführt hat, seiner- seits zur Abschaffung des einjährigen Dienstes ge]\hritten ift. Was die Mißbantlungen betrifft, so sind sie nit unter der zwel- jährigen, sondern unter der dreijätrigen Dienstzeit am zahlreihsten und niederträhtigsten gewesen. Der Antrag Müller-Sagan ist nach unserer Meinung ohne jeden materiellen Inhalt und für uns unannebmbar. Durch unseren Antrag wird keine Erhöhung der Präfenz- stärke notwendig. Wenn aber Mehrausgaben notwendig werden sollten, so machen Sie doch eine Reichseinkommensteuer, da werden Sie hon die Mittel bekommen. So jimperlich dürfen Sie dann aber nicht sein, bei 4 % Besteuerung der böberen Einkommen aufzuhören. Geben Sie getrost bi3 6, 8 oder 10 °/o hinauf, dann wird sih auch zeigen, wie weit der hier zur Schau getragene Militärpatriotismus gewisser Parteien wirklich wascheht ist. |

Abg. Dr. Müller - Sagan: Der Vorredner hat meinen Antrag inbaltsleer genannt. Der Inhalt meines Antrags ift, daß er eine eseßlihe Regelung verlangt, etnen Gesetzentwurf, während der jeßige Bustand nur auf einer Instruktion beruht.

Damit {ließt die Diskussion.

Der sozialdemokratische Antrag auf allgemeine Festlegung der zweijährigen Dienstzeit für das gesamte Reichsheer wird ge en die Stimmen der Sozialdemokraten und Freisinnigen abgelehnt, der Antrag Albrecht auf? Beseitigung des Znstituts der Einjährig-Freiwilligen desgleichen; für diesen timmen auch noch einige Mitglieder der Wirtschaftlichen Vereinigung und der Reformpartei. Die Kommissionsvorlage wird mit großer Mehrheit angenommen; ebenso Artikel 2 unter Ablehnung des sozialdemokratishen Antrags, desgleichen der Rest der Vor- lage nah den Kommissionsvorschlägen und die Resolution Muüller-Sagan mit den Stimmen der beiden freifinnigen

Parieien, der Nationalliberalen und des Zentrums.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Schluß gegen 7 Uhr; nächste Sizung Dienstag 1 Uhr. (Militäretat.)

„Nach

Anteil Deutf Für eine A

n- und Ausfu

Baumwollsatin 523 636 (562 24

und Eisenbahn (1238318)

(56 192) Zu Ausfuhr

Porzellan- und

Ro (271 375).

zubereitet find, Sprache auf

oder

die Angabe des

zucker zubereitet zeihnung.

Vorschri

Zeit nicht nur sondern außerd ¡eugnifses.

a

beridt der Ha

Panayme der ofene Stellen Mitteilungen

1903.

erfahren ; der Tonnen.

und Herbstes

ein, eine Fol

Verkehrssteiger

Vorjahre. Au regere Tätigkei

vor allem von

auch die Aufbe

fügige war. und konnten den an sie g

lage.

möglich war.

Parr au die Beteiligung der i

Außenhandel Japans 1904 (die Zahlen für 1903 beigefügt) mit folgenden Wertfummen in Yen beteiligt :

Einfuhr aus Deutschland: Baumwollgarn 20 307 (16 858) Stirting und bedruckte Baumtwollstoffe 53 439 (17 158)

(2 270 429) Wollenmufselin 406 075 (535 293)

972 666 (686 323) Eisen und Stahl 814 942 (720 568) 1 620 976 (1 345 A Papier 1 037 304 (878 299) Leder 98 235

saurem Kupfer gefärbten „Gefärbt (colored or prepared with sulphate anderen Stoffen gefärbten „Künstlich gefärbt“ (artificially colored) oder „Mit Anilinfarbe gefärbt“

freiem oder mit L Trauben- oder Stärkezucker hergestellten „Vit

Wenn in wird, so darf mit der Aufschrift „Mit Oel zubereitet oder in Oel ein- gelegt“ (prepared with oil oder packed in 1 meint sein, anderenfalls aber ist eine etwaige Vermischung des Oliven- ¿ls oder ein anderes verwendetes Oel auf der Umschließung anzugeben.

„Moniteur officiel du Commerce’ - Mm hörden von den in Venezuela ankommenden

im Verkehrsbureau der Handelskammer zu Berlin aus. Aus Berichten von Handelskammern.

das Jahr 1904, erster Teil, teilt u. t : Entwickelung in Baden und speziell im Pezirk der Kammer im Ver-

liegenden Bautätigkeit, i i j Im Mannheimer Zentralarbeitênahweis betrug die Zunahme der offenen Stellen in den Monaten Januar bis

äbrend in den entsprechenden 2 für 1904 nur noch 251,5.

Oktober 1904 : 9005 : Er crreihte seinen Höhepunkt in den Monaten

tember und Oktober, die ibrer Vorgänger seit März hat einen Rückgang

Außer infolge des außerordentli niedrigen Wasserstandes des lezten Sommers

¡wecks Erreichung mögli hoher Beteiligungsziffern beim fontor im Vorjahre. 3 wäre noch bedeutender gewe]en,

Nach dem vorläufigen Jahretberiht der Handelskammer zu für 1904 war in der Eiseuindustrie na em Stablwerksverbands ein befriedigender Beschäftigung8grad fast aller Werke vorhanden, die Preise erlangten eine großere

gelochte Bleche, der Drabtseil- und Drahtwarenfabrikation,

Magen die Eiserbahnräderfabriken, die Werkzeugmaschinenfabriken über die Fortdauer der Der Bedarf im Inland ließ unter dem Druck der scharfen Konkurrenz zu verlustbringenden Preisen

bios ebiete im Auslande aufgesucht werden,

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten

rihten für Handel und Industrie“).

chlands am japanischen Außenhandel 1904. nzahl der wichtigsten Waren ist in der japanischen verschiedenen Länder an

Hiernach war Deutschland an dem

hr nachgewiesen. sind in Klammern

Wolle 1 890 207 | Wollene Kleider 5) Mastinen 1 133 494 (808 279) Lokomotiven

und -Samt 13175 (79679)

wagen 318789 (90 581) Stabeisen 1115 837 Stienen 484 389 (1 8329 011) Eiserne Nägel CEisenröhren 54 320 (36 3965) Sonstiges

Indigo, auch künstlicher

Fer, braun und weiß 1 170297 (2773 258). nach Deutschland: Habutaeseide 987 568 (656 947}

Kaifkiseide 939 (11 447) Seidene Taschentücher 245 979 (137 800) Baumwollgewebe 6 559 (7861) Matten 21 377 (8774)

Tonwaren 88 957 (58 357) Ladierte Waren 83 873

(44 774) Strobgeflehte 636 856 (373 299) Reis 61 (347 686) SiGran 324 345 (342 882) Kampfer

es und Garfkuyfer 12288 (815 536) (Monthly Return of the Foreign Trade of tihe Empire of Japan.)

146 841 (672 501) Pflanzenwachs 154 291

Vereinigte Staaten von Amerika.

Vorschriften ( or é Laut Verordnung des Alerbauministers der Vereinigten Staaten müsen seit dem 2. Februar d. I. Lebenfmittel, die mit nachstehenden Stoffen

für die Einfuhr von Lebensmitteln.

folgende Aufschriften in englischer

bei der Einfuhr f nglisd tragen: die wefel-

den Umschließungen tr „Gefärbt mit zubereitet mit

mit \ \chwefelsaurem Kupfer“ oder \hwefelsaurem Kupfer“ of copper), die mit (colored with aniline dye), oder ¡um Färben verwendeten Erzeugnifses, die mit arsenif- feinem gesundheitsshädliten Stoffe vermischten Trauben- oder Stärke- * (prepared with glucose) eder_eine ähnliche Bes Ländern als Speiseöl das Olivenöl verwendet

oil) nur Olivenöl ge-

(Moniteur officiel du Commerce.)

Venezuela. ften für Reisende. Zufolge einer Mitteilung des fordern die venezolanishen Be- el Reisenden in neuerer einem venezolanishen Konsul visierten Paß,

einen von e i K l die Vorlegung eines Führungs- und Sitten-

em noch

Täglihe Wagengestellung für Koblen und Ko?s

n der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr find am 20. d. M. gestellt 19 009, nit red ¡eitig gestellt keine Wagen.

Für den Verkauf alter Oberbaumaterialien im Direktions8bezirk Königsberg Pr. ist Termin auf den 17. April d. F. angeseßt. Angebotéebogen urd Bedingungen liegen

H ; Der Jahre®#- ndelskammer für den Kreis Mannheim für teilt u. a. mit, daß die wirtshaftliche

gleich zur Gesamtentwickelung Deutschlands eher günstig zu nennen war und namentlich in den legten Monaten, wobl zum Teil infolge der Belebung der bis dahin danieder-

zum mindesten keinen Rückschlag erlitten bat.

November 3786, die Arbeitsuhenden gegenüber dem Vorjahre nur 1782. tonaten des Jahres 1903 auf 100 998 2 Arbeitsuchende kamen, war die betreffende Ziffer

Der Mehbrjuzug E nach den ftatistiscken der Statt Mannheim in den Monaten Januar bis 9005 gegen 3009 in den gleichen Monaten des Jahres August, Sep- die höhere Ziffern aufwiesen als irgend einer 1900. Der Mannheimer Hasfenverkehr in den zehn Monaten des abgelaufenen Jahres Bericht {ägt das Minus auf mehr als } Million der Einstellung der Schiffahrt nah dem Oberrhein

dürfte nah dem Bericht die Verkebrkminderung zum

E Teile auf eine Verringerung der Koblenzufuhren zurückzuführen

Veberfüllung aller oberrheinischen Koblenlager Koblen- Der Verkehrsrükgang der Mannheimer Häfen wenn niht der Rheinauhafen eine aufzuweisen gehabt hâtte. Cöóln ch dem Zustandekommen des

ge der

ung von etwa ‘309/o

i Ö Stabilität als im ch in den eisenverarbeitenden Industrien konnte eine t gegenüber dem Vorjahre festgestellt werden; das gilt den Eisengießereien, den Fabriken für Fafsoneisen und wenn

serung der Preise vielfach nur eine äußerst gering- Die Metallgießereien waren vollauf beschäftigt

vielfah nur durch Einlegung von Ueberstunden estellten Anforderungen“ nachkommen. Demgegenüber- Maschinen-, insbesondere die edrückten Geshäfts- zu wünschen übrig, und so mußten soweit dies überhaupt

Die Umsätze in Gasmotoren haben eine wesentlihe