1905 / 71 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Mar 1905 18:00:01 GMT) scan diff

dortigen Dom und nahmen hierauf an dem Festmahl im Rat- hause teil. Um 6 Uhr 55 Minuten erfolgte die Weiterreise nach Cuxhaven, wo die Ankunft um 91/4 Uhr erfolgte. Seine Majestät begaben Sich fofort an Bord des Dampfers „Ham- burg“, der heute früh um 91!/z Uhr mit dem Kreuzer „Friedrich Karl“ als Becleitschiff in See ging.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin haben heute mittag 11 Uhr 20 Minuten vom Potsdamer Bahnhof aus die Reise nah Genua und von dort zu Schiff an Bord S. M. Jacht „Hohenzollern“ nach Messina angetreten, wo am Sonntagvormiitag die Ankunft erfolgen und am Montag die Neise nah Taormina fortgeseßt werden wird. Jn Taormina ist das Hotel Timeo auf vier Wochen für die Kaiserliche Hof- haltung gemietet worden. Jhre Majestät die Kaiserin werden von Jhren Königlichen Hoheiten den Prinzen Eitel-Friedrich und Oskar begleitet.

Laut Meldung des W. D. B S. M S. „Hana: mit dem Zweiten Admiral des Kreuzergeshwaders am 21. März in Tsingtau eingetroffen.

S. M. S. „Fürst Bismarck“ ist mit dem Chef des Kreuzergeshwaders gestern in Nimrodsund angekommen und geht am 13. April von dort nah Wusung in See.

S. M. Torpedoboote „S 90“ und „Taku“ sind am 21. März in Ningpo eingetroffen und gestern von dort nach dem Nimrodsund in See gegangen.

__ Kiel, 22. März. Der Provinziallandtag der Provinz SWleswig-Holstein hat, wie „W. T. B.“ erfährt, beschlossen, Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen und A ‘dessen Braut zur Vermählung ein Hochzeit2geschenk zu widmen.

um bleibenden Gedächtnis an die im kommenden Jaßre stattfindende

eier ter silbernen Hochzeit Ihrer Kaiserlichen und König- lihen Majestäten bewilligte außerdem der Provinziallandtag 100 000 4 zur Grrihtung ciner Stiftung zur Verforguna der auf Kündigung und ohne PenloniledeS tigung in Pro- vinzialdiensten stehenden Personen und deren Hinter- bliebenen.

Bremén.

___ Zum Empfange Seiner Majestät des Kaisers hatten sih gestern mittag, wie „W. T. B.“ berichtet, Seine König- lihe Hoheit der Prinz Heinrich, der hanseatishe Gesandte in Berlin Dr. Klügmann, die beiden Bürgermeister Dr. Pauli und Dr. Barkhausen und die Senatoren Dr. Markus und Stadtländer auf dem festlich ge- shmüten Bahnhof eingefunden. Nachdem Seine Majestät mit seinem Gefolge dem Zuge entstiegen war, fand eine äußerst herzliche Begrüßung statt. Nach kurzem Verweilen auf dem Bahnsteig \chritt Seine Majestät durch die mit Blumen- arrangements prächtig geschmücten Fürstenzimmer zu den vor dem Bahnhofe stehenden Equipagen und fuhr mit dem Bürgermeister Dr. Pauli durh die einen imposanten Anblick gewährende Via triumphalis direkt nah dem Festplaß zur Enthüllung des Denkmals Kaiser Friedrichs T1. Dort betrat Seine Majestät das Kaiserzelt: Rechts von Seiner Majestät hatte d:r Senat und das Offizierkorps, links von Allerhöchstdemselben die Bürgerschaft Aufstellung genommen. Die Tribünen mit den geladenen Gästen und dem Publikum waren dicht gefüllt. Zwischen „den Tribünen hatten das Reseroeoffizierkorps und die Kriegervereine ihren Plaß. Un- mittelbar nah dem Erscheinen Seiner Majestät des Kaisers hielt der Senatspräsident, Bürgermeister Dr. Pauli die Festrede. Nachdem dann auf ein Zeichen Seiner Majestät die Hülle des Denkmals gefallen war, wurde seitens der Anwesende das

gemeinsame Lied „Lobe den Herren“ angestimmt. Hierauf besichtigte Scine Majestät eingehend das Denkmal. Nach dem

Vorbeimarsh der Ehrenkompagnie fuhr Allerhöchstderselbe zum Dom und wurde dort von den Domherren Cafpar Kule2n- kampff und Konsul George Waetjen sowie von dem

und dem Geläute sämtlicher Glocken begrüßt und in den Lom eingeführt. Seine Majestät sprach sich höchst anerkennend über die nunmehrige Vollendung und prächtige Ausgestaltung des Domes aus. Nach dem Solovortrage „Die Allmacht“ 2on Schubert verließ Seine Mazestät unter den Kläagen des Nieder- ländischen Dankgebets den Dom und begab fh zu Fuß nach 7 dem Nathause zum Festmahl. Als Allerhöchstverselbe die Halle «betrat, intonierte die Kapelle den Kaiser {Friedrih-Marsch. Seine Majestät unterhielt sich während der Tafel in lebhaftester

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. tungêmittel ' Mefsolution. 111 : ; S wohlseins in der Sigung. Domprimarius, Pastor Schenkel unter den Klängen der Orgel f

E Beit in Al - aufhoren mujjen.

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Reiter Friedrich Sigrift, geboren am 13. Oktober 1883 zu Wal- beim, früher im 4. Unterelsässishen Infanterieregiment Nr. 143, ist am 18. März infolge von Unvorsichtigkeit in den Oberschenkel ge- bib worden und fkurz darauf im Lazarett zu Keetmanshoop ge-

orben.

Oesterreich-Ungarn.

Im Budgetaus\chuß des österreihishen Abgeordneten- hauses erklärte geflern, wie ,W. T. B.“ berichtet, der Finanz- minister Kosel in Beantwortung verschiedener Anfragen, bei der Verschlechterung der büdgetären Lage in den leßten Jahren spiele die wirtschaftliche Depression keine unbedeutende Rolle, auch die Wünsche des Reich2rats hätten zur Steigerung des Ausgabenetats beigetragen. An- agesichts der beginnenden Besserung der- wirtschaftlichen Lage sei zu er- hoffen, daß auch in der Lage des Staatshaushalts eine Besserung ein- treten werde, namentlich wenn der allseitig betonten Notwendigkeit der Sparsamkeit Rechnung getragen werde. Die Voranschläge müßten derart erfolgen, daß sie Ueberschüfse gewärtigen ließen; nicht um aröfiere Kassenbestände anzusammeln, sondern um eine sichere, von Zufälligkeiten unabhängige Scbarung zu ermöglichen: Der Minister erklärte weiter, daß er der Ausgestaltung des Telephon- netes die größte Aufmerksamkeit zuwende. Die Deckung der dafür nötigen Ausgaben hoffe er um so eher im Rahmen des Budgets zu finder, als bierfür der durch den Anteil des Staates an dem MNein- gewinn der Oesterreihisch-Ungarischen Bank sich um 475 C00 Kronen erbhöhende Budgetüberswuß des laufenden Jahres verwendet werden könne, fofern diese Steigerung niht zur Verringerung des Grforder- nisses an Tilgungsrente herangezogen werden müsse.

Die Ple narversammlung der ungarischen koalier- ten Opposition hat gestern einen Beschluß gefaßt, in dem sie erklärt:

Es set ihr unmdöglich, ein Kabinett aus den Reihen der vereinigten Opposition zu bilden oder ein folches zu unterstüßen, da von seiten der Krone zur Bedingung der Bildung eines solchen Kabinetts die Aus\schaltung der Frage der Armee- fahnen und der ungarishen Kommandos gemaht worden sei. Andererseits seien die Forderungen füc die Erhöhung des Nekrutenkontingents und von 450 Millionen für Artilleriezwecke aufrechterhalten worden. Auf wirtschaft- lichem Gebiete sei die Forderung gest-Ut worden, daß mit der öfter- reihisWen Negierung eine Vereinbarung getroffen werde, wonach der deutshe Handelsvertrag bedingungslos ratifiziert werden müsse, was darum nicht angenommen werden könne, weil eine solde fategorich gestellte Bedingung die Verwirklichung der wirtshaftlihen Selbständigkeit vereiteln würde. Die koalierte Opposition erkläre, daß sie ein auf diefer Grundlage ebildetes Kabinett aus ten oben angeführten Gründen nicht unter- tützen könne; die Solidarität der vereinigten Oppofition werde in dieser {weren Lage unverändert aufrecht erhalten werden.

Graf Andrassy wurde * gestern nahmittag von dem Kaifer in Audienz empfangen, erstat?ete Bericht über das Scheitern seiner Verhandlungen mit der Linken und legte gleichzeitig seine Misfion in die Hände des Kaisers zurü.

Großbritannien und Fréand.

Im Unterhause teilte gestern, wie ,„W. T. B." meldet, der Karzler der Schaßkammer Austen Chamberlain mit, er werde voraussichtlich das Budget am 10. Apriï vorlegen. Ainswort h (lib.) brachte etnen Antrag! ein, worin er den Vorschiag verurteilte, daß

tirte Manufakturwaren caRG Bua werden follten, was einen Teil von? Ghamberlains Plan bilde. R. Cœævendif h (Unionist) unterstüßte den Anirag Ainsworth. Der Premierminister Balfour erklärte, die Regierung werde den Antrag nicht als Mißtrauen2votum ansehen. Angesichts des Beschlufßes des Hauses vom 8 März in bezug auf den Zollantrag, der von Winston Churchill cin- gebracht worden fei, werde die Regierung davon Abstand nehmen, über

die Resolution Ain8worth oder eine ähnliche zu sprechen oder über fie | ihre Stimme abzugeben. ] Weg. Sir Henry Campbell Bannerman

den Minifsteriellen ‘denselben 1 lib.) frilifierte die Haltung der Regierung. Hug h Cecil (Unionift, für Zollfreiheit der Nahrungsmittel) warf dem chwamberlainistishen Teile der konservativen

Er empfeble

. Partet politis: Feigheit vor und erklärte die Pläne der Tarif-

reformer für wertlos. Die Resolution Ainsworth wurde mit 254 gegen 2 Stimmen angenommen. Die große Mehrzahl der Mi- nisteriellen enthielt sih der Abstimmung, ter für Zollfreiheit der Nah- eintretende Teil der Konservativen stimmte für die Chamberlain fehlte infolge eines neuerlißen Un-

Frankreich. Der Erzb hof von Algier, Visgr. Duri, hat an den Kultus- und Unterrichtsminister Bienvenu Martin in der Angelegenhcit der Vorlage iber die Trennung der Kirche

| vom Staate ein Schreiben gerichtet, in dem er erklärt, daß infolge der Abschaffung des Budgets für das

Kultusministerium der fkatholishe Gottesdienst in fkurzer Algier notgedrungen fast vollständig werde Der mohammedanische Kultus werde von der Trennungsvorlage nicht getroffen werden. Die religiös

Weise und erwiderte die Ansprache des Bürgermeiters

die Hansastadt {chloß. Beim Verlassen des NRathaujes wuoden Seiner Majestät von verschiedenen Damen der Gesellschaft Blumcnsträuße überreiht. Die Abfahr{ des Kaiserlichen Sonderzuges erfolgte nah herzlichster Verabschiedung vo# den “aats des Senats um 6 Uhr 55 Minuten. Die Bevölkerung Bremens brachte Seiner Majestät auf cillan Wegen Huldi- Allerhöchstderselbe in leutselgster:

Ungen Dar, fut Die

Weise dankte. Deutsche Kolouieu.

Der Generalleutnant von Trotha meldet dem „K T. B.“ zufolge aus Windhuk in Deutsh-Sübwestafrika unterm 91, d. M.: ¿ L M A Komasherçe. westlich von Windhuk unternommrne Süreif- züge kleinerer Abteilurgen hatten zur Folge, daß si zahlreiche Hereros in Gr.-Barmen stellten. Zusammenstöße mit größeren feindlichen

Abteilungen fanden b's jeyt dort nicht statt.

Major von Estorf? kat am 15. März den Vormarsh von

“bis den großen Nossobfluß abwärts angetreten. j G g h Rietmont gelegene Signalstation Marienthal wurde am 17. März von etwa 59 Hottentotten angegriffen; nah etwa ¡weistündigem Gefecht wurde der, Gegner in Richtung des großen Fisc;flusses zurückg-worfen. Drei Reiter wurden verwundet. Haupt- mann von Zwehl entsandte von Gibeon aus die 2. Kompagnie des Feldregiments Nr. 1 in nördlicher Richtung, um die Gegend des

; Fischflusses zu säabern. N großen Fie Meltung des Obersten Deimling aus Nurubas vom 17. März hat die zuc Abteilung Kirhner nah Kosis entsandte Kompa,„nie mit 2 Geshügen unter Hauptmann von Erckert am 15. Márcz Abends die Verbindung mit dieser ‘hergestellt, ohne mit dem Feinde in Berührung g:kommen zu sein. Die vereinigten Trupren wurden am 20. März bei Nurudas erwartet. :

Die Etappenkompagnien sind, wie folgt, verteilt: 1. Kompagnie längs des Baiweges Lüterißbuht—Keetmanshoop, 2. Kompaguie in Swakopmund, Omaruru, Karibib und O1jimbingue, 3. Kompaznie in Okahaadja, Groß: Barmen, Dtjosasu, Owikokorero und Otjosondu,

4. Kompagnie in Windhuk, Haris (40 km sütwestlich von Windhuk) und Seeis (50 km öftl:ch von Windhuk).

Dr. Pauli mit einer längeren Rede, die mit einem Hurra auf | Gleichgültigen

würden sehen, daß es vorteilhafter sei, Mohammedaner zu sein als Christen, und die Eingeborenen würden sich erstaunt fragen, warum Frankreich diejenigen, die das Gottesgeseß lehrten, so behandele.

NußlanD.

Aus Kutno (Gouvernement Warschau) wird dem „W. T. B.“ vom heutigen Tage berichtet, auf die Nachricht, daß auf der Chaufsee beim Gute Lanen ti 140 Bauern mit Frauen und Kindern versammelt seien, habe sih der Chef der Landwache mit einer Kompagnie Soldaten dorthin begeben und auf die Leute, troßdem sih diese ruhig verhalten hätten, feuern lassen. Zwei Perfonen seien auf der Stelle getötet und 50 verwundet worden, davon 20 schwer; von den Verwundeten seien fieben auf dem Wege zum Hospital gestorben.

Jn Lodz ift in den Webereien von Posnanski und Silberstein und in den Fabriken von Krusche und Ender in Pabijanizi der Ausstand wiederum ausgebrochen.

Ftalien.

Die Deputiertenkammer nahm gestern, wie „W. T. B.“ meldet, ihre Sißungen wieder auf. Der Minister des Aeußern Tittoni erklärte, die gegenwärtige Ministerkrisis sei dur eine mit

den parlamentarishen Vorgängen nic im Zusammenhange stehende Tatsache, nämlich die Erkrankung Giolittis, ver- anlaßt worden. Fortis, der der Krone aus triftigen Gründen als Dolmetsher des Programms Giolitti und

Fortsührer seiner Politik erschienen sei, habe \sih durch verschiedene Ümständ- gezwungen gesehen, auf den ihm gewordenen Auftrag zu ver- zihten. Diese Umstände ließen den Zweifel entstehen, ob die nah den Novemberwnahblen um das Programm der Regierung gebildete Mehrheit noch g:\chlossen bestehe. Daher stelle ih das in Demission befindliche Minijterium, das nah ter Verfassung für die Handlungen, die es voll- ziehe, verantwortlih sei, von neuem dem Parlamente vor und fordere von ihm eine Abstimmung niht über die Männer, sondern über die Dinge. Wenn, wie er glaube und wünsche, die Mehrheit, die die ver)chiedenen Parteien in der Kammer zu einem gemeinsamen Zwet vereinigt habe, noch immer testehe und noch ihrem Programm

ireu sci, so werde sie sih aufs neue in Betätigung ihrer lebendigsten

und mannigfaltigsten Kräfte bekunden, die d in ihrem kraftvvolle, Führer Giolitti zusammengefaßt gezeigt hätten, dem er iy Namen seiner Freunde und auch seiner Gegner den Wunsch f, baldige Genesung sende. Aber wenn die Beratung und Fj, Rbstimmung im Parlament eine neue Mehrheit mit einettt neuen Programm ergeben s so werde auch in diesem Falle das Wieder, erscheinen der Minister auf der Ministerbank, das sie als eine hoh; politische Pflicht anfäben, zu dem Werke der konstitutionellen Auf, richtigkeit beigetragen haben. Die Kammer trat sodann in die Diskussion über die vom Minister Tittoni abgegebenen Grklärungen ein. Nachdem mehrere Redner gesprochen hatten, wurde die Sizung aufgehoben. Portugal.

Die Königin von England, der Prinz und die Prinzessin Karl von Dänemark sowie die Prinzessin Viktoria sind, wie „W. T. B.“ erfährt, gestern in Lissabon eingetroffen. Der König, die portugiesishen Prinzen die Minister des Auswärtigen und der Marine und der eng- lische Gesandte begaben sich sofort an Bord der Jacht der Königin, Am Landungsstege wurde die Königin von England von der Königin Amalie und der Königin-Witwe Pia empfangen und begab sih sodann nah dem Necessidades-Palast.

Bulgarien.

Dem Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureau“ wird aus Sofig berichtet, ein bulgarisher Minister habe sich dahin ge äußert: es sei dem Fürsten von Bulgarien sowohl hej seinen Besuhen in Berlin und London, als auch von seiten des französishen Ministers des Aeußern Delca ss é ver- sichert worden, daß die Türkei keinerlei aggressive Ziele gegen Bulgarien verfolge und die militärishen Maßnahmen nur gegen die Bandenbewegung getroffen habe. Der Fürst möge nur eine korrekte Haltung in der mazedonischen Frage be- wahren. Der Fürst habe den bulgarishen Minister- präsidenten nah Mentone berufen, um ihm entsprechende Weisungen für die äußere Politik zu geben.

Asien.

Der General Linewitsch meldet, dem „W. T. B.“ zu- folge, unter dem 21. März:

Gestern erschienen vor unseren Vorposten kleine feindlithe Kavallerieabteilungen, hinter denen Infanterie vorrückte; leßtere mate beim Dorfe Machantai Halt.

Der „St. Petersburger Telegraphen-Agentur“ wird aus Sypingai gemeldet:

Kein a uslän discher Mikitärattachs ift während des zuges von Mukden in japanische Gefangenschaft geraten, sie befinden sh alle in Gunschuling. Die erfte Armee hat kein Geschüß und keine Stellung rerloren, dagegen fieben japanische Nevolverkanonen erbeutet und 400 Gefangene gemaht. Die Soldaten find erbittert über die beständigen Rück;üge und bedauern, auf Befehl Stellungen aufgeben zu müssen, die die Japaner niht hätten nehmen fönnen. Der Nückzug geschieht auf parallelen, früher durch die rufsishen Truppen vorbereiteten Bergftraßen in vollster Ordnung.

Aus Gunschuling meldet das „Reutershe Bureau“:

Der General Kuropatkin ist am 20. d. M. zurückgekebrt- Es wurven ihm große Ovationen dargebraht. Der General hielt eine kur:e Ansprache, in der er die Hoffnung ausdrückte, daß die Armee bald imstande sein werde, die erlittenen Schicksal3\hläge wieder gut ¡u maden.

Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus Tokio vom gestrigen Tage ist dort folgende Mitteilung ein- getroffen.

Die rufsishe Nachhut steht 20 Meilen nördlich von Kayuan, die japanishe Vorhut war ihnen gestern diht auf den Fersen. Die Nuffen zieben sih auf den drei Hauptstraßen nach Kirin und Tschang- Tschun zurück.

Wie dem „Daily Telegraph“ aus Tokio über Schanghai gemeldet wird, sieht das japanische Flottenprogramm den Bau von 12 Litieotaitize und 12 Kreuzern vor.

Fcrner wird demselben Blatt aus Tokio berichtet, daß Der Kontreadmiral Arai sich nach Tschemulpo begeben habe, um die Leitung bei den Bergungsarbeiten des Kreuzers „Wariag“ zu übernehmen. Man hoffe, das Schiff werde in kurzer Zeit wieder flott werden.

Afrika.

Dem „Reutershen Bureau“ wird aus Tanger gemeldet, Naisuli habe vom Sultan ein Schreiben erhalten, dur das er zum (Gouverneur des Fes-Distrikts ernannt werde. ie Ernennung sei von den Stämmen der Umgegend freudig aufgenommen worden. Raisuli wolle im Gebiet von Tanger zum Nuzen des Handels die Ordnung streng aufret- erhaiten. Leben und Eigentumd er Europäer würden jeßt ge- sichert sein.

Parlamentarische Nachrichreu.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sizungen de? Neichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sih in der Ersten und Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (171.) Sißung des Reichstags, welcher der Kricgsminister, Generalleutnant von Einem genannt von Rothmaler beiwohnte, erklärte vor Eintritt in die Tagesordnung der i

Präsident Sraf von Ballestrem: Meine Herren! Ehe wir în die Tagesordnung eintreten, möchte ih mir erlauben, an die Herren Kollegen eine Bitte zu richten. Nachdem wir 14 Tage bereits über das Gehalt des Herrn Kriegsrministers verhandelt haben, sind zu demselben Titel noch 17 Redner vorgemerkt. Wenn wir die Vereinbarung halten wollen, die im Seniorenkonvent getroffin worden ist, so muß i die dringende Bitte an die Herren Kollegen richten, ßch in ibren Ausführungen beshränken zu wellen. Dies wird vielleicht möglih sein, wenn wir nur wirklich sachliche Gegen stände bebandeln und nicht breit über perfönlihe Sachen fprechen, die ich ja niht hindern kann, weil sie in derselben Debatte von einem früheren Redner gestreift worden sind. Ich richte also die dringende Bitte an die Herren, daß, wenn wir unserer Ver- pflibtung nahkommen wollen, den Etat rechtzeitig fertigzuftellen nad der Vereinbarung, die wir im Seniorenkonvent getroffen haben, |i sich in ihren Reden beshränken. Das ift abhängig vom guten Willen aller Mitglieder, das Präsidium kann dabei nur sehr wenig tun.

Darauf wird die zweite Beratung des Reichshaushalts- etats für 1905 im Etat für die Verwaltung des Reichs heeres und zwar bei dem Titel: „Gehalt des Kriegs-

| ministers“ fortgeseßt.

Dazu ist noch die nachstehende, von dem Abg. Dr. Müller- Sagan (fr. Volksp.) beantragte Resolution eingegangen:

„Der Reich3tag wolle beihließen, den verbündeten Regierung

seine Bereitshaft zu erklären, im nä&bstjährigen Etat die Mittel

zur Deckung der Kosten für die den Mannschaften des stehenden

Heeres und der Kaiserlihen Marine im Falle der Ütrlaubserteilung

alljährlih oder doch mindestens einmal während der Dienstzeil

für eine Reise_in die Heimat, unter tunli{ster Gestattung der Be- raßung von Schnellzügen, zu gewährende freie Hin- und Rückfahrt auf den deutschen Eisenbahnen bis zum Höchstbetrage von 14 Mil- lionen Mark zu bewilligen * i bg. Wamhoff (nl.): Der Redner der polnishen Fraktion, Graf von Mielzynski, hat sich ganz unberehtigterweise darüber auf- ehalten, daß an den Fefsilihkeiten des Ostmarkenvereins ih qus aftive Offiziere beteiligt haben. Die Sozialdemokraten haben fi dieèmal in bezug auf das Kapitel der Militärmißbandlungén etwas zurückgebalten, sie sind nicht soweit gegangen wie früßer; hoffentlich haben fle eingeseben, daß sie der Sache am besten dienen, wenn sie ch4 in diesem unkte Beschränkungen auferlegen. Den Wunsch, daß bei der Aushebung vorsichtig verfahren werde, teile auch ih; auch aus meiner Militärzeit erinnere ich mich eines Falles, wo ein Gristeskranker in die Truppe eingestellt worden war. Diese gebotene Rücksicht läßt sich um so eber üben, als auch nah der Ver- mebrng der Friedens8präsenzstärke noch immer keineswegs alle Taug- lien zur Einitellung gelangen, gé\{chweige denn, daß man dazu hätte übergehen müssen, Einäugige, Halblahme usw. auszußeben, wie

es 1593 nah der Erhöhung der Präsenz befürchtet wurde. Als ih einjährig dierte, wurde ich auch zur Rekrutenausbildung kom- manziert. Unter den Leuten befand sih* einer tit vollständig

frummien Armen, der bald entlassen werden mußte. Ein anderer fomite wegen der Beschaffenheit seiner Arme absolut niht das Gewehr halten. Geben Sie den ausbildenden Offizieren und Unter- offizteren von vornherein ein besseres Menschenmaterial in die Hand, so werden auch die Resultate besser werden. Die völlige Beseitigung des Parademarsches kann ih niht wünschen; auch ex hat feine guten Seit-n Daß er ungesund sei, ist zwar behauptet, aber niht bewiesen worden; daß ein Uebermaß auch kier nachteilig wirkt, mag sein. Die Disziplin, wie sie für eine s{lagfertige Armee unbedingt nötiz ift, fan man von einein Volksheer nah dem Geshmack des Herrn Ledebour nicht erwarten. Das französische Volksheer, das 1870 aus dem Boden gestampft wurde, bat gewiß zuerst Siege erfohten, aber sehr bald ging es mit seiner Subordination bergab. Aehnlih würden wir mit diesem Experiment unser blaues Wunder. erleben. Man fomme uns also nicht mit solchen, fondern mit ernst gemeinten Vor-

\{légen. Hoffen wir, daß der alte Geist in unserem Heere un- verändert vorhanten ift, wenn wieder einmal schwere Tage kommen sollten. ;

Abg. Bruhn (Reformp.): Wir erwarten auh von der

Heere‘verwaltung jede Förderung des Mittelstarides und des Hand- werts, die sie diesem Stande irgend anged?ihen lassen kann. Das Marenbausunwesen habe ich hon neulich zur Sprache gebraËt und mitgeteilt, daß ein Offizier im Warenhaus Wertheim ein- Er- frishung zu sih genommen hat. Es wurde hier“,schrecklich* gerufen, und die Judenpresse machte ss darüber lustig. Jch meine, ein Offizier darf sih mit dem Publikum nicht so intim machen, er muß wissen, was für ein Publikum in diesen Erfris{hungsräumen verkehrt. Jn Grünebzra hatte 1903 die Firma Weiß u. Co. ein Warenbaus erri@tet und den Trick angewendeg bei der Eröffnung eine Militärkapelle spielen ¿zu laffen. Ih möchte den Kriegsminister fragen, ob die Militärkapellen dazu da find, für ein Warenhaus Musik ¿zu machen. Den Zivilmusikern wird durch die Militärkapellen eine sehr große Konkurrenz gemaht. Nach den Mitteilungen des Verbandes der Zivil- musiker werden diesen jährlih etwa 10} Millionen Mark durch diese Konkurrenz entzogen. Der vortge Reichstag beschloß, eine Petition, soweit sie sich auf Ermäßigung der Fahrpreise ¡um gewerblihen Musizieren bezicht, dem Neichskaniler zur Berücksihtigung, die übrigen Punkte zur Erwägurg zu überweisen. Der Bundesrat hat die}en VBunsch nicht erfüllt. Der Verband der Zivilmusifer verlangt nun ein cänzliches Verbot des gewerblißen Musijierens der Militärmusiker. So weit möchte ih nicht geben. i i Bei Schluß des Blattes }priht der Redner weiter.

Statistik und Volkswirtschaft.

Aus der preußtschen Zuchthaus statifstik.

Fn den Zuchthausgefangenen stellt sich die der Gesellsaft be- sonters gefährliche Kuminalität dar, fei es, daß sie durch s{hwere Ver- breen oder durch fortgeseßtes verbrecheris{es Treiben die Rechts- ordnung dur4brechen. Seit einer längeren Reibe von Jahren hat daher das preußishe Ministerium des Innern dem neben 2% größeren und 50 in dem früber französis{-rechGtlihen Teile der Rheinprovinz bestehenden kleinen Gefängnissen zur Aufnahme von Gefängnis-, Haft- und Untersuhungsgefangenen auch die 33 Straf- anstalten unterstellt sind, die zur Aufnahme der von preußischen Ge- rien zu Zuchthaus? strafe Verurteilien dienen —- aus der Masse der rebtsbrecherischen Persönlichkeiten die Zuchthausgefangenen herauf- gehoben und in der alljährlih von ihm veröffentlihten „Statistik der ¡um Ressort des Königlih preußischen Ministeriums des Innern ge- hôrenden Strafanstalten und Gefängnisse und der Korrigenden“ einer besonderen statistishen Behandluna unterzogen. Jett liegt die Statistik für das Rechnungsjahr 1993 (1. April 1903 bis 31. März 1904) vor; das 244 Seiten umfassende Tabellenwerk bietet ein beachtenswertes Matertal, das wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung der Erfolge des berrshenden Strafsysteims gewährt. 5 ,

Die Gesamtzahl der Zuhhthausgefangenen belief fih im Jabre 1903/4 auf 22 804 gegen 23 730, 23 143, 22577 und 23486 in den vier Vorjahren bis 1899/1900 zurück, 26044 i. J. 1893/94 und 39193 i. F. 1883/84. 1900/1 war die niedrizste Ziffer seit dem Beginn der statistishen Aufnahme der Zuchthäutler (1869) erreicht ;

in deû beiden folgenden Jakren 1901/2 und 1902/3 nahm die Gesamtzahl ein wenig zu, um im legten Jahre 1903/4 wiedec so weit herabzugehen, daß sie dem niedrigsten Stand

von 1900/1 (22 577) ziemlich nahe fommt. Der tägliche Dur &- shnitts8bestand, der auch 1901/2 noch weiter gesunken war und 1902/3 keire nennen8werte Zunahme erfahren hatte, ist im Jabre 1903/4 gleichfalis zurückgegangen und bat in diesem die niedrigite Ziffer seit seiner erstmaligen statistischen Fesistellung (1877/78) ecreit; er betrug 14949 Zuchthaus8gefangene*) gegen 15 138, 15 1309, 15 211 und 15 680 in den vier Vorjahren, 18058 i J. 1893/94 und 20 884 i. J, 1883/84. Dabei ist noh zu berücksichtigen, daß inzwischen eine große Volkevermehrung stattgefunden hat. Der absolute Rüd- gang der Zahl der Zuchthausgefangenen {ließt demgemäß einen noch ungleich stärkeren relativen Nückgang im Vergleich mit der Volkszahl wie mit dem 18 Jahre und darüber alten Teil der Bevölkerung, gegen ten überhaupt auf Zuchthausstrafe erkannt werden kann, in si, den au die in den Jahren 1901/2 und 1902/3 eingetretene geringe Zu- nabme der Gesamtzahl der Zuchthäusker nicht aufzubalten vermoYt hat. Seßt man den jährlichen Zugang der Zuhtbausgefangenen 9371 im Jahre 1903/4 gegen 5536, 5724, 5503 und 5324 in den vier Vor- jahren, 7275 i. F. 1893/94, 8142 i. J. 1883/84 und 9589 i. J. 1881/82 in Verhältnis zu dem über 18 Iahre alten Teil der Bevölkerung Preußens, fo ergibt sich, daß die shwere Kriminalität von 1869 (mit weldbem Jahre die vom Ministerium des Innern verôöffertlichte Statistik beginnt) bis 1871 gesunken, darauf mit geringen Schwankungen bis zum Jahre 1881/82 gestiegen und dann bis zum Jahre 1839/1900 stetig gefallen ist. Im Jaßre 1990/1 machte sih eine geringere Steigung derselben bemerkbar; doch stand sie noh um 18,3 9/0 günstiger als im Jahre 1869 und um 42,6 9%/ günstiger als i. J. 1831/82. Seit dem Jahre 1901/2 ist sie wieder gesunken und hat im Jahre 1903/4 den nicdrigften Stand erreiht; in diesem kamen nämlich *) Einschlieflih der Gefängnis-, Haft- und UnterfuGungs- fefangenen (9828) wurden in den der Verwaitung des Innern unter- teherden 33 Strafanstalten und 20 größeren Gefängnissen 1903/4 im täglichen DurchMnitt 24777, in den kleinen Gefängnissen der heinprovinz nur 312 Gefangene verwahrt. Dagegen betrug die Tageédurhshnitt2zahl der Untersuhungs- und der Strafgesangenen (Gefängnisstrafe, Haft und geshärfte Haft), die sich 1903/4 in den dem Justizministertum unterstellten 1049 Gefängnissen befanden, 33 361.

auf 10 000 Köpfe der über 18 Jahre alten Bevölkerung 2,66 Zucht- häugler gegen 2,73, 2,83, 304 und 2,94 in den vier Vorjahren bis 1899/1900 zurüd, 4,06 i. F. 1893/94, 5,02 i. J. 1883/84 und 6,01 i. I. 1881/82.

Ie mehr ih auf der einen Seite dieses günstige Ergebnis be- merkbar macht, um so s{ärfer tritt andererseits gleichzeitig der wadbsende Anteil der gewerbsmäßigen Verbrecher an der Zahl der straffällig werdenden Personen hervor. Zwar sank in den beiden leßten Jahren, wie die Zahl der in Zugang gekommenen Zucht- bausgefangenen überbaupt die ter männlihen von 5026 (i. J. 1901/2) auf 4845 und 4729 und die der weiblihen. von 698 auf 691 und 642 —, au die absolute Zahl der {hon mit P: strafen (Zuhhthaus, Gefängnis oder Haft) Vorbestraften unter ihnen: die der männlichen von 4425 (i. J. 1901/2) auf 4285 (1902/3) und 4133 (1903/4) und die der weiblichen von 572 auf 568 und 530, während in den Jabren 1899/1900 und 1900/1 auch die absolute Zabl wenigstens der männlichen Vorbestraften gestiegen war. Aber der prozentuale Anteil der Vorbestraften an den Zugängen hat fast ununterbrochen zugenommen und nur im kegten Jahre beim männlien Geschlecht eine kleine Verminderung um 10/6 erfahren: er stieg bei diesem von 83,76 9/9 i. J. 1889/90 auf 88,43 9/9 i. J. 1902/3, worauf er i. J. 1903/4 nur auf 87,409%/9 bherabging, beim weib- lichen Geschlecht in demselben Zeitraum von 76,01 auf 82,19 (1902/3) und 82,99 (1903/4). Ncch stärker ist der Anteil der {hon 3 mal oder noch öfter Vorbestraften an den Zugängen von Zucbt- häuslern in die Hôhe gegangen, seit 1889/90 von 63,92 auf 71,69 9/6 i. J. 1902/3 und 72,43%/0 i. J. 1903/4 bei den männlichen und von 61,37 auf 70,47 und 71,18 9/9 bei den weiblichen. Der Anteil derjenigen Zuchthausgefangenen, die bereits Freiheitsstrafen von mehr als 1 Jahr verbüßt hatten, ist seit 1839/90 fogar von 34,15 auf 56,59 (1902/3ì) und 57,98 9/9 (1903/4) bei den männlihen und von 27,73 auf 42,54 09/9 i. F. 1902/3 bei den weiblichen gestiegen ; das leßte Jahr 1903/4 zeigt indessen beim weiblichen Geshledt einen Rück- gang dieses Anteils um 29/9, von 42,54 auf 40,59%. Von den neu eingelieferten männlihen Zuchthau8gefangenen waren also fast ®/10 s{on vorbestraft, beinahe È schon dreimal oder noch öfter und fast 2/; {on mit. Freibeits\trafen von mehr ais 1 Jahr. Ungefähr die Hälfte der im Jahre 1903/4 in Zugang gekommenen Sträflinge nämli 2659 hatte an Vorstrafen bereits 6 oder mehr Freiheitsstrafen er- litten; denn es waren von den 5371 eingelieferten Zuhthausgefangenen 407 (darunter 40 weibliche) 1 mal, 374 (33 wetiblihe) 2 mal, 1223 (132 weiblihe) 3—5 mal, 1399 (157 weibliche) 6—10 mal, 1145 (139 weiblide) 11-30 mal und 115 (29 weiblihe) 31 mal oder noch öfter mit Freiheitsstrafen vorbestcaft. Dabei hatte die Dauer der Borftrafen nur bei 727 Stcäflingen 3 Monate und darunter, bei 935 über 3 Monate bis 1 Fahr, bei 2292 (dacunter 213 Frauen) ater über 1 Iabr bis 5 Jahre und bei 709 (47 Frauen) über 5 Jahre betragen. unerfreulich find die Ziffern der Zuchthausstatistik, die vom Alter der Sträflinge bei ihrer Einlieferung nach der leßten Verurteilung handeln. 20 männliche Zuchthaus- gefangene waren zu diesem Zeitpunkte erst 18 Jahre alt, 67 männlihe und 2 weib'ihe 19 Jahre, 96 m. und 14 w. 20 Jahre, 75 m. und 4 w. 21 Jahre; die Altersgruppe von 18 bis 21 Jahren ist also {hon mit 258 männliYen und 20 weib- lihen, ¿usammen 278 von 595371 (4729 männl. und 642 weibl.) i F. 1993/4 in Zugang gekommenen Zuchthäuslern immerbin mit 76 weniger als im Vorjahre vertreten, tie räâdfte, auch noch verhältnismäßig sehr jugendlite Gruppe von 21 bis unter 25 Jahren sogar mit 663 männliwen und 54 weiblihen, zusammen 717 (im Vorj. 770), die von 25 bis unter 30 Jahren mit 915 männl. und 102 weibl., zus. 1017 (i. Veri. 1009), die Altersgruppe von 30 bis unter 40 Jahren mit 1354 männl. und 170 weibl., zus. 1524 (i. Vorj. 1668), die von 40 bis unter 50 Jahren mit 966 männl. urd 155 weibl., juf. 1121 (i. Vorj. 1006), die von 50 bis unter 60 Jahren mit 418 männl. und 106 weibl., zus. 524 (i. Vorj. 551), die von 60 bis unter 70 Jahren mit 130 männl. und 33 weibl., zuf. 163 (i. Vorj. 148) und die Altersgrupye von über 70 Jahren mit 25 männl. und 2 weibl., zuf. 27 Zuchihausgefangenen. Die Haupt- masse kommt allerdings auf die Gruppen ‘von 25—50 Jahren; immerhin wird man den Anteil der jüngeren Alter8aruppen als einen großen anschen müssen. 1352 männl. und 148 weibl, zusammen 1500 von den 5371 i. F. 1903/4 eingeltefert-n Sttäflingen (i. Vorj. 1604 von 5536, i. J. 1901/2 1674 von 5724) waren bereits vor dem 18. Lebensjahre mit Freibeitsftrafen belegt worden, also in die ,Ver- breherlaufbabn“ eingitreten. : S

Was die andéren persönlichen Veréältnisse der im Jahre 1903/4 in Zuzang gekemmenen 5371 Zuchthau3zefargenen betrifft, so waren 3135 erangeli'ch, 2188 katbolich, 44 Juten und 4 Ander®gläubige, 504 unebeliher, 4867 ebheliher Geburt, 4704 bis zum 14. Letentjahre im Elternhause, 490 bei Fremden, 138 in öffentliwen Anstalten er- zcgen und 39 in Zwangeterziehung gewesen. 860 hatten vor dem 14. Lebensjahre cen Vater, 517 dice Mutter und 173 beide Eltern

Sehr

durch den Tod verloren, 311 einen Stiefvater und 254 eine Stiefrnutter erhalten. 261 waren ohne Schulbildung, 1905 hatten nur eine mangelktafte, 3130 Volks\{ul- und 75 eîne

bêébere Schulbildung. Die Muttersprahe war bei 4377 Sträflirgen die deutsche, 882 sprachen volnisch und deuts, 103 nur poluisch und 9 nur andere Sprachen. Die Schulz des Heeres hatten nur 1642 von den 4729 Männern durchgemacht. Nach dem Familienstande unterschieden, waren 2815 Zuchthauëgefangene (darunter 234 weibl.) ledig, 1948 (237 weibl.) verheiratet, 382 (bierunter 127 wêibl.) ver- witwet und 226 (44 wreeibl.) geschieden. r große Uebergewicht der Ledigen unter den Sträflingen.

Betractet man die Ziffern, die über den Geburtsort der im Fahre 1903/4 eingelieferten Sträflinge Auskunft geben, so fällt ramentlih die große Zakl der geborenen Schle sier unter den Zucht- täutlern avf, deren nit weniger als 1240 (i. Vorj. 1194) gezählt wurden. Nächst StHlesien lieferten von ken preußischen Lande®teilen die größten Kontingente an Sträflingen die Nheinvrovinz mit 638 (679), die Provinz Brandenburg mit 597 (649), von denen die Stadt Berlin als Heimat 170 (253) ftelite, Ostpreußen mit 443 (402), Posen mit 406 (469) und W&eztpreufjen mit 294 (340). Weitere 288 (i. Vorj. ebenfalis 288) stammwten aus Westfalen, 284 (341) aus der Provinz Sawsen, 251 (204) aus Pommern, 175 (151) aus Hessen-Nafsau, 172 (211) aus Hannover, 79 (84) aus Schleswig-Hoistein. In Preußen hatten demna 4867 (im Vorjahre 5014) Zuchthäusler ihre Heimat, von denen allcin die stark mit Volksteilen nihtdeutsher Zunge durch- setzten vier öftlien Provinzen Schlesien, Posen, Ost- und Westpreußen 2383 (i. Vorj 2405) also fast die Hälfte stellten, während von der am 1. Dezember 1990 ermwitielten Gesamttevölkerung Preußens in diesen

Bemerkenswert ift wobl das |

macht worden.

vier Provinzen zusammen nur 33,70 ©/9 geboren waren. Aus anderen ;

Staaten des Deutschen Reichs stammten 356 (347) Verurteilte, und 148 (175) waren Ausländer. E Sehr bemerkenêäwert find auc die Zablen der Zuchthausstatiftik,

| dem Staffelstundentarif hat man sih auf 35, 40 und 45 -t

welche die Berufstätigkeit dieser Sträflinge veranschaulichen. Nach |

der Berufszäblung vom 14. Juni 1895 enlfielen bekanntlih in Preußen von der Gesamtzabhl der Ecwerbstätigen auf die abteilung „Landwirtschaft, Gärtnerei, Tierzucht ,

haft und Fiscerei® 36,119, auf die , Abteilurg

Forstwirt- / | „Bergs bau und QHüttenwesen, Bauwesen“

: 1 Industrie und 35 91 9/0 ouf die Abteilung „Handel und Verkehr* 10,249/6 und auf die übrigen Beruféëabteilungen 17,74 %/. Während also unter den gesamten Er-

Berufs-

werbstätigen die Grupve „Landwirtschaft usw.“ die zahlreihîte war, !

überwiegt unter den Zuchtbäuslern die Gruppe „Industrie usw.“, auf die 1976 Männer und 117 Frauen, zusammen 2093 (im Vorjabre 2082) Personen oder 38,97 9/6 aller Zuhthausgefangenen entfallen. Weitere 846 Männer und 246 Frauen, zusammen 1902 (im Vorjahre 1258) Sträflinge oder 20,33 9/6 gebörten zur Beruf8abteilung „Häus- liche Dienste und wechselnde Lohnarbeit“. Nächst diesen Gruppen stellte die Berufsabteilung Handel und Verkehr“ die meisten Zuchthäusler, nämli 821 Männer und 72 Frauen, zusammen 893 (im Vorjahre

935) oder 16,63 9/9 Die Abteilung „Landwirtschaft usw.“ war unter den ;

Zuchthaus8aefargenen nur mit 807 Männern und 31 Frauen, zusammen 838 (im Vorjabre 851) Personen oder 15,60 9/6 verireten, die Gruppe „Oeffentlicher Dienst und sog. freie Berufsarten*“ mit 183 Männern

utd 38 Frauen. zusatnmen 221 (im Vorjahre 183) Personen, die Be- rufêabteilung „Dauernde Dienstboten für häueliche Arbeiten“ mit 49 männlichen und 92 weiblihen, zusammen 141 (im Borjahre 146) St1äf- lingen; 32 Zuchthaus8gesangene waren Pensionäte und Rentner, 13 letten von Almosen, und 48 (darunter 39 weiblihen Geschlechts) haben feinen Beruf angegeben. Man kann in diesen Ziffern den Nachweis suchen, daß das gewerblih-industrielle ,Milieu“, namentlih wenn s{on die Eltern ibm angehört haben, einen ungleih günstigeren Nährboden für die Entwi lung des Verbrechertums biete als das landwirtschafiliche. Indessen können jene Erscheiaungen des unmittelbaren Zusammen- bhanges mit den Berufsverhältnissen auch entbehren und ledigli oder großenteils darauf beruhen, daß im Gegensaße zu der landwirtschaft- lihen Tätigkeit die gewerblich-industcielle iîn der MNegel größere Menschenan)ammlungen vorausfeßt, in denen Herde des Verbrecher- tums sich leichter bilden können als in der zerstreut l:benden land- wirtschaftlihen Bevölkerung.

_ Die Bedeutung der größeren Bevölkerungzansammlung für d schwere Kriminalität tritt bejonders deutlich in den Ziffern über te legten Wohnort ‘der Bestraften, der in der Regel auch der Or der lezten Straftat gewesen ist, bervor.- Nach der Vo!lk2zählung von 1, Dezember 1900 lebien von der Gesamtbevölkerung Preußens 34 472 509 Einw.

a. in Gemeinden unter 20€0 Einw. 15 327 900 = 44,46 9/9 b. in Gemeinden von 2—65000 Einw. . 3 838 640 = 11,14€ N c. in Kleinstädten von 5 20 €00 Einw. . . 4835405 = 14,03 9%, d. in Mittelstädten von 20—100 000 Einw. 4638612 = 1345 9/6, e. in Großstärten von 1C0—500 000 Einw. 83945 104 = 11,44 9% R Zen e LBSN B45 —= 948

Von den i. J. 1903/4 (und in den dret Vorjabren) eingelieferten

S (1900/1 1901/2 1902/3} a. in Gemeinden untcr

2000 Einw. é (1496-1628 1490) 1452 =27,040%, b. in Gemeinden: von _2—5000 Cinw. (627 557 539) 540= 10,05 9/6, c. in Feinstädten von 5—20 000 Einw. ( £93 840 846) 830 = 15,46 9/0, d. in Mittelstätten von 20—100 000 Einw. (964 1091 - 1060) -1048= 19/51 9%, e. in .Großstädten von 100—500 000 Einw... (986 1127 1013) 1012 = 18,84 9/0, Enn. CDaT 581 620) 489 910%. Die ESemeinden von weniger als 2000 Ei-wohnern waren nur wenig mehr als halb fo oft, dagegen die Mittelftädte von 20—106 000 Etn- wohnern 1èmal, die Großstädte von 100—500 000 Einwohrern

mal und Berlin fast doppelt so oft der leßte Wobnort und Schau- platz der Tätigkeit von Verbrechern, wie nach ihrer Bevölkerung zu erwarten gewesen wäre.

Die Ursache der leßten Verurteilung war in der Mebr- heit der Fälle und zwar bei 2654 Mänrern und 389 Frauen. zus- fammen 3043 von 5371 i. J. 1903/4 eingelieferten Zuchthaus- gefangenen (1902/3 bei 3209 von 5536) Diebstahl, in 8% (831) von diefen Fällen s{chwerer Diebstabl, bei 157 (192) Sträflingen Naub und Erpressung, bei 105 (129) Begünstigung und Hehlercei, bei 332 (328) Beirvg, bei 101 (101) Urkundenfälschung, bei 10 (5) Bankrott, bei 103 (107) Brandstiftung. Im ganzen traten Verbrechen und Vergehen gegen das Vermögen bei 3373 Männern und 486 Frauer, zujsammen 3864 (im Vorjabre bei 4070) in Zugang gekommenen Zuchthausgefargenen als Ursache der leßten Bestrafung auf, Verbrechen und Vergehen gegen die Person bei 962 Männern und 68 Frauen, zusammen 1030 (934) Zucthäutlern und zwar bei 724 (694) Unzucht mit Gewalt, bei 44 (65) Kuppelei, bei 28 (35) Mord, bei 86 (60) Totschlag, bei 9 (14) Kindesmord, bei 95 (79) gefährlige Körperverlegung und bet 32 (32) Abtreibung der Leibeefruht, Verbrechen und Vergeben gegen Staat, öffentliße Ordnung und Religion bei 344 Männern und 88 Frauen, zusammen 432 (435) Sträflingen und zwar bei 6 (3) Widerstand gegen die Staats- gewalt, bei 36 (36) Verbrechen gegen die öffentlihe Ordnung, bei 26 (18) Münzverbrec{en und vergehen und bei 364 (378), zu denen au die vorerwähnten 83 Frauen gehören, Meineid, endlich Ver- brechen und Vergehen im Amte bei 6_ (4), Desertion bei 33 (20) und andere Militärverbrehen und »vergehen bei 6 (13) in Zugang gekommenen Gefangenen.

Nach den Angaben über die Dauer der Strafe, in deren Verbüßung die i. J. 1903/4 eingelieferten Zuchthäusler begriffen waren, hatte ter weitaus größte Teil nit über 5 Jahre abzubüfßen (2904 2 Jahre oder weniger und 1997 über 2 bis 5 Jahre), über 5 bis 10 Jahre 392 (darunter 17 Frauen) und über 10 bis 15 Jahre nur eine geringe Minderheit (71, darunter 3 Frauen); 5 Männer und 2 Frauen wurden auf Lebenszeit in das Zuchthaus eingeliefert. Ueber fast alle Sträflinge beider Geshlehter wszren ferner Nebenstrafen verhängt worden, der Verlust der bürgerlihen Ebrenrehte über 4453, die Polizeiaufsfiht über 2555.

Die Zuchthausstatistik läßt auch den Zusammenhang der Trunksucht, des Landstreihertums und der Unzucht mit dem Verbrechertum erkennen. 899 Männer und Frauen,

zusammen 989, das sind fast der fünfte Teil der im Jahre 1303/4 in Zugang gekommenen Zuchtbausgefangenen, waren Gewohnhei18- trinker, 509 Landstreicher. Nicht weniger als 1474, das find mebr als der vierte Teil, hatten die leßte Straftat in der Trunkenheit begangen. 204, von den neu eingelieferten weiblichen Gefangenen

über ein Viertel, waren der gewerb3mäßigen Unzucht ergeven. Die Personen mit verminderter oder fehlender Arbeitifähigkeit matten nur eine kleine Minderheit aus: es waren 384 Zuchthäusler vermindert arbeitsfähig, 23 dauernd und 15 vorübergehend arbeits- unfähig.

Zur Arbeiterbewegung.

Zum Ausstand der Tapeziergebilfen in Frankfurt a. M, (val. Nr. 69 d. Bl.), teilt die „Frkf. Ztg.“ mit, daß zwisck@en &n Veriretern der Ausständigen und der Meister vor dem Gewerbegeriät als Einigungkamt Verhandlungen stattfanden, die resultatlos verliefen, weil die Prinzipale ¡um Abs{luß eines Vertrags niht aut!orifiert waren. Eine Versammlung der „Freien Vereinigung selbständiger Tapezierer und Mbbelfabrikanten* beriet ihrerseits gemeinsam mit der Lohnkommission der Arbeiter über eine friedlihe Beilegung der bestebenten Streitigkeiten. Von beiden Seiten sind Zugeständnisse ge- Die Meister baben u. a. die neunstündige Azrbeitszeit, Sonnabends acht Stunden, und Lobnzahlvng am Freitag zugebilitat, baben es aber abgelebnt, ten 1. Mai als Feiertag anzuerkennen. Bei geetmn1gt; die Gehilfen batten 40, 45 und 50 A gefordert. An Stelle der 10 9/6 Zulage für Gebilfen, die jeyt {on über dem Minimaltarif entlohnt werden, soll eine fünfprozentige Ecböhung treten, sofern nit bereits am 1. Januar eine Aufbesserung erfolgt ist. Dieser Tarif foll den Gehilfen zur Annabme vorgelegt werden. In einer Verfamm- lung der doit ebenfalis in eine Lobnbewegung eingetretenen Gärtner- ebilfen (vgl. Nr. 65 d. Bl) wurde beschlossen, den Vorschlag der Prinzipale, mit den einzelnen Firmeninhabern in Verhandlungen ein- zutreten, anzunehmen. Ein Ausstand wird auf diese Weise wahr- \cheinlih vermieden.

Kunft und Wissenschaft.

v. A. Alice Trübner, die sih technisch treflich an ibrem Gatten g-s{chult hat, stellt eine Anzahl ihrer, die wunderlihsten Dinge bebandelnden Arbeiten-in dem Kunstsalon von Cas8per aus. Wer die Fähigkeit besißt, vom Stofflichen völlig abzuseben und sich allein an Technik und Farbenkraft und -{chönheit zu erfreuen, wird auÿ vor diesen Bildern auf seine Rehnung kommen. Sie bieten besonders in létterer Beziehung viel und legen Zeugnis von einem ftarken malerishen Talent ab, wenngleih nicht zu verkennen ist, daß Al'ce Trübner gerade, was die Farbenbehandlung anbetrifft, ganz Scülerin

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