1905 / 73 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Mar 1905 18:00:01 GMT) scan diff

verwaltung seien inzwischen nur noch dringender geworden. Die Militärverwaltung möge doch bei der preußischen Verwaltung darauf hinwirfen, daß die in diesem Falle wirklih nicht angebrahte Sparsam- feitsrüdcksiht fallen gelassen werde.

Abg. Roer en {ließt si diesen Ausführungen an, ebenso

Abg. Eickhoff, der den Ausführungen des Staatssekretärs Freiherrn von Stengel in der Budgetkommission zu der Resolution entgegentritt.

Staatssekretär des Reichsschaßamts Freiherr von Stengel:

Meine Herren! Ich möchte bei der hon weit vorgerückten Stunde Sie nicht noch länger mit eingehenden Erörterungen über die von den Herren Vorrednern besprochene Frage aufhalten ; ich möchte nur daran erinnern, daß ich bei der Beratung in der Budgetkommission zum S@hluß bemerkt habe, daß ich bereit sei, über die Frage der Kon- seguenzen, welhe sich aus einer Besserstellung dieser seminarishen Lehrer an den Unteroffizierschulen für Preußen ergeben können, mit der prcußishen Regierung in erneute Erörterungen einzutreten, und ih möqte heute nur bitten, vor eirer weiteren Beurteilung der An- gelegenheit abzuwarten, welhes Ergebnis diese Erörterungen mit der preußischen Regierung haben werden.

Das Haus nimmt darauf die von der Kommission vor- geschlagene Resolution einstimmig an.

Gemeinsam diskutiert werden darauf vom Kapitel „Artillerieund Waffenwesen“ die Titel „Feldzeugmeisterel, Inspektion der technishen Jnstitute der Jnfante:ie an Gewehr- und Munitionsfabriken“ und das Kapitel „Technische Jnstitute der Artillerie“. / 1

Der Referent Abg. von Elern (d. kons.) erläutert die von der Verwaltung vorgeschlagenen OrganisationS8änderungen.

Abg. Pauli- Potétam (d. kons.): Bei der vorgerückten Stunde 64 Uhr) werde ih mich möglichst kurz fassen. Ich muß aufs äußerste

dauern, daß man bei der veränderten Organisation oben angefangen und die Gehälter erhöht bat, während die große Masse der Beamten unberücksichtigt geblieben ist. Der Vertreter der Militärverwaltung hat voriges Jahr erklärt, daß die Erhöhung der Gehälter mit der Neu- regelung der Organisation untrennbar zusammenbänge und mit dieser Neuregelung erfolgen werde. Nun ist die Reorganisation erfolgt, aber nicht die Gehalt8aufbesserung; die Maschinentehniker und Betriebstechniker sind leer auêgegangen; nit einmal Aussicht auf feste Anstellung haben sie erlangt, sondern sind nach wie vor auf Diâten angewiesen. Der ewige Wechsel bei diesen Beamten muß verderblih auch auf die Institute zurückwirken. Man müßte diesen Beamten wenigstens eine Aussicht auf feste An- ellung geb:n. Das Schreibwerk bei diesen Instituten geht über das Notwendige hinaus. Die Verbältnisse der Meister und Re- visoren sind derartig ungünstig , daß das Kri gsministerium an eine Besserung ihrer Lage denken sollte. Die Gehälter der Beamten bei den Kaiserlihen Werften find böber als bei der Armee, und diese Ungerechtigkeit müßte beseitigt werden. Die zivilversorgungsberechtigten Berwaltungsschreiber haben keinen Anspruch auf pensionéberehtigte Anstellung, fe haben keine Beamten- gualität. Wenn auch eine gesezlihe Pflicht zur Anstellung nicht vorliegt, so sollte man doch aus Billigkeit den Leuten, die ihre

it beim Militär treu gedient haben, eine Anstellung geben.

ie Betriebsschreiber sind im vorigen Jahre in eine hôbere Lobn- flasse verseßt worden. Das ift dankenêwert ; aber der Gipfel ihrer Wünsche ist damit nicht erreiht. Das wird ja überhaupt nicht möglih sein; aber man solite wenigstens ihre berehtigten Wünsche befriedigen. Wir verlangen nur eine Gleichstellung mit den Bezügen der Verwaltungsschreiber. Die Büchsenmacher müßten ebenfalls besser gestellt werden, ebenso die Waffénmeisterhandwerker, deren Wünjche im vorigen Jahre nur zum Teil erfüllt worden sind. Sie müßten nah einer bestimmten Zahl von Jahren in die erste Lohnklasse aufrüdcken. Die Zahl der Zeichner müßte vermehrt und ihre Besoldung erhöht werden. Was die Arbeiter betrifft, so hat man eine neue Lohnordnung aus- gegeben mit einer neuen Lobnskala, aber nur ein Teil der Arbeiter der Lohnklasse 5 ist in die Lohnklasse 4 verseyt worden. Die kleinen Verbefierungen sind ja anzuerkennen ; aber eine durchgreifende Besse- rung ter Verhältnisse der Arbeiter ist _nicht zustande gekommen. Die Lohnklafse 5 sollte überhaupt in Wegfall kommen und au sonst Verbesserungen vorgenommen werden. Die Regelung des Stücklohns scheint mir nicht gerecht zu sein. Man sollie den Arbeitern einen auéfömmlichen Lohn geben, besonders in Spandau, wo ein teures Leben ist und bohe Steuern gezahlt werden. Die Arbeiter stehen hier schlechter als die Arbeiter in den Privatbetrieben. Die ganze Neu- regelung hätte besser von unten nach oben gemacht werden follen, statt umgekehrt. Hoffentlih wird das Kriegëministerium die Verhältnisse in Spandau recht bald verbessern, auhch hinsichtlih des Kantinenwesens.

Hierauf wird nach 7 Uhr die Fortsezung der Etats- beraiung auf Montag 11 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 168. Sißung vom 24. März 1905, Vormittags 11 Uhr. (Berit von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Ueber den ersten Teil der Verhandlungen is in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Hur Beratung steht der Antrag der Abgg. Freiherr von Willisen und Freiherr von Buddenbrock (fons.), betreffend die Besoldungsverhältnisse der Militär- anwärter im Staats- und Kommunaldienst, der durch Beschluß des Abgeordnetenhauses vom 7. November v. J. der Budgetkommission zur Prüfung überwiesen worden war. Der Antrag geht dahin,

„die Königliche Staatsregierung zu ersuhen, Maßregeln zu treffen, die geeignet sind, die den Militäranwärtern im Staats- und Kommunaldienst aus den gegenwärtizen Besoldungsvorschriften er- wachsenden Nachteile tunlihst auszugleichen.“

Berichterstatter Abg. Schulze-Pelkum (kons) be- antragt namens der Kommission, :

„die Staatsregierung zu ersuchen, a. Maßregeln zu treffen, die unr sind, die auf seiten der Militäranwärter im Staaté- und

ommunaldienst zur Zeit etwa bestehenden Ungleichheiten tunlichst

auszugleihen, b. bebufs weiterer Abkürzung der Diätarienzeit der Militäranwärter cine Vermehrung der diesen zugänglichen etats- mäßigen Stellen {leuniest herbeizuführen" und die zu dem Antrage eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären.

Abg. Rosenow (fr. Volksp.): In der Kommission haben die Antragsteller beantragt, daß ein Drittel der Militärdienstzeit an- gene! und daß den Militäranrärtern im Kommunaldienst ein

ohnung8geld gegeben werde. Aber sie haben sich selbsi von der Undurhführbarkeit dieses Antrags überzeugt und ihn nicht aufrecht erhalten. Für den Kommissiongantrag werden wir auch stimmen, wenngleich wir meinen, daß nicht viel aus dieser Anregung Herausfommen wird. Wir haben niemals den Weit eines ausgezeihneten Unteroffizierkorps untershägt und sind deshalb für die gute Versorgung der Militäranwärter im Zivildienst. Die Militäranwärter haben sch auch im Kommunaldienst be-

hrt. Den Zivilanwärtern ist ihre

in ihren Zeitungen ebenso verhalten.

Stellungnahme in den

eitungen vorgeworfen worden, aber die Militäranwärter haben i Hoffentlich wird die e Debatte dazu beitragen, endlich Ruhe in diesen Kreisen

Beamten besser gestellt hat, wir haben in der Stadtverwaltung immer aus eigenem Antriebe für die Beamten gesorgt. Ein Steuererheber hat anonyme Drohbriefe gegen die Berliner Verwaltung gerichtet, darauf ift aber eine Deputation der Steuercrheber bei mir erschienen und bat erklärt, daß fie nit glauben kônne, daß aus ihren Kreisen beraus tas geschehen sein könne, und daß, wenn dies der Fall sein sollte, solche Elemente ausgemerzt werden müßten. Wir twoerden zu allseitiger Beruhigung beitragen, wenn wir heute den Kommissions- antrag annehmen.

Abg. von Böhlendo rff-Köl pin (kons.): Das Unteroffizierkorps ist im leßten Jahre um 700 Stellen, in diesem Jahre wieder um 1800 Stellen vermehrt, aber die Anstellung im Zivildienst ist nicht ia gleihem Maße erlcihtert worden. Das ist eine ernste Frage, da wir das Unteroffizie:korps zur Verbesserung der Ausbildung der Soldaten noch weiter vermehren müssen. Im Reichétag hat die Regierung erklärt, daß ein abs{ließ:ndes Ürteil über den Wert der zweijährigen Dienstzeit noch nicht mögli ist. Je mehr das Unteroffizierkorps vermehrt werden muß, um fo mehr müssen wir die Zivildienstversorgung der Unteroffiziere ver- bessern und die Differenzen gegenüber den Zivilanwärtern ausgleichen.

Abg. Gamp (freikons.): Wenn ih die Nicbtigkeit dieser Au€- führungen auch anerkenne, so_ muß ih do darauf hinweisen, daß unser Supernumerariat im Interesse der Ausbildung unserer Beamten nit beeinträchtigt werden darf. Die entstandenen Schwierigkeiten liegen in der Natur der Sache, daß Beamte zusammenarbeiten, die eine ver- schiedene Ausbildung erfahren haben. Ginge es, daß man gewisse Zweige der Staatsverwaltung den Militäranwärtern ganz vorbehielte, so würde von vornherein eine reinlihe Scheidung eintreten fönnen. Man sollte einen dahingehenden Versu maen. Jedenfalls muß die Frage gelöst werden chne Schädigung un}eres Zivildienstes.

Abg. Strosser (kons.): Alle Redner baben die über jeden Zweifel erhabene Zuverlässi,keit der Meilitäranwärter anerkannt. Ich muß es daher als eine maßlose Neberhebung bezeichnen, wie die Zivilanwärter in ihrer Prcsse über die Bestrebungen des Herrn Willisen ih ausgesprochen baben. Die beanspruchten Rechte follten den Militäranwärtern gewährt werden, unbeschadet der Nechte der Zwilanwärter. Hoffentlih dient der Kommissionsantrag dazu, die Lage der Militäranwärter zu verbessern, und ih bitte deshalb um Annahme des Antrags.

Nach einigen weiteren Bemerkungen des Abg. Freiherrn von Willisen wird der Kommissionsantrag angenommen.

Die dazu cingegangenen Petitionen werden für erledigt erklärt.

Es folgt die Beratung desAntrags der Abgg.Schmedding (nl.) und Genossen, betreffend die gesctlihe Regelung der Fürsorge für mittellose Geistesfranke und \chwa ch- sinnige Personen.

Die Gemeindekommission beantragt die Annahme des Antrags in folgender Fassurg:

„die Staatsregierung zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzu- legen, wonach folgendes bestimmt wird: Soweit die Landarmen» verbände nicht gemäß dem Geseße vom 11. Juli 1891, betreffend die außerordentliche Armenpflege, verpflichtet sind, die Kosten der Unterbringung derjenigen mittellosen Geisteskranken und s{wah- finnigen Berne zu übernebmen, welche nur oder vorwiegend bebufs des Schutzes anderer Personen gegen ihre Ausschreitungen der Unterbringung in Anstalten bedürfen, hat der Staat diese Koßen auf die Staatskasse zu übernehmen.“

Berichterstatter Abg. Schmed ding empfiehlt unter Hinweis auf p schriftlichen Kommissionsberiht die Annahme des Kommissions- antrags.

Abg. Dr. Schroede r - Cafsel (nl.) erörtert eingehend die Sach- lage, daß nah der Judikatur des Bundesamts für das Heimatwesen die Landarmenverbände nur zur Fürsorge für solche Geisteskranke oder S{hwachsinnige verpflichtet seien, die der Anstaltépflege zu ibrem eigenen Schutze gegen Gefahren oder zu ibrer Heilung bedürfen, aber niht für solhe Geistetkranke, deren Unterbringung in einer Anstalt zum Schutze anderer Personen gegen ihre Ausschreitungen erforderli ist. Nach dieser Judikatur würden also die Kosten der Anstaltspflege der leichteren der irren Verbrecher als Polizeikoften angesehen und fielen daher den Gemeinden zur Last. Es handle sih hier aber um einen Schuß der gesamten Oeffentlichkeit. Seine Freunde würden deshalb für den Kommissionsantrag stimmen.

Abg Fishbe ck (fr. Volksp.) erklärt gleichfalls die Zustimmung seiner Freunde zu dem Kommissionsantrag. Der Staat müsse die Kosten übernehmen. Nah der modernen Psychiatrie würden die SFrrenanstalten nit mehr als Gefängnisanstalten gebaut, sie eigneten fih daher niht mehr für die Unterbringung von geisteskranken Ver- brechern; für deren anderweite Unterbringung zu sorgen, sei eine Ehbrenpfliht des Staats.

Die Abgg. Schulze-Pelkum (konf.) und Freiherr von Zedliß und Neukirch (freikons.) erklären für ihre Fraktionen, daß sie die Regelung der Frage für notwendig halten und den Kommissions- antrag einstimmig annehmen werden.

Der Kommissionsantrag wird angenommen. Es folgt die Beratung des Antrags des Abg. Faltin

(Zentr.), betreffend Gleichstellung der Gerichtssekretäre

in Rang und Gehalt mit den gleichartigen Ver- waltungsbeamten.

Die Kommission beantragt folgende Fassung:

„die Regierung zu ersuhen, dem Landtage baldmöalichs#t eine Vorlage zugehen zu lassen, durch welche die Gehaltsverhältnifse der Lant- und Amtsgerichtssekretäre mit denen der gleihartigen Ver- waltungébeamten gleichgestellt werden, urd dahin zu wiken, daß ibnen der Rang der gleichartigen Verwaltungsbeamten ver- liehen wird.“ .

_ Berichterstatter Abg. P a llasfe (fonf.) empfiehlt unter Hinweis Wi die ausführlihen Kommissionsverhandlungen die Annahme des ntrages.

Abg. Faltin (Zentr.): Es ift {hon früher eingehend über diese Frage debattiert worden, ebenso in der Kommission. Die Regierung bat #4 aber in der Kommission ablehnend verhalten. 1879 sollten die Gericht:scfretäre alle ein Gehalt von 2100 bis 3690 G erbalten, nun fam aber die Finanzverwaltung dazwischen, und nur die Sekretäre der Oberlandesgerichte erhielten dieses Gehalt, während die Sekretäre der Land- und Amtsgerichte nur 2100 bis 3300 Æ erhielten. Die leßteren hatten früber noch Nebeneinnahmen, aber diese Neben- einnahmen sind seit 1885 fortgefallen. Bei der Regelung der Beamten- besoldungen von 1893 erhielten die Land- und Amtsgerichtssekretäre Gehälter von 1800 bis 3600 4, durchscknittlich 2700 , die Sekretäre der Land- und Amtsgerichte 1500 bis 3300, durhshnittlich 2400 Bei der Gebaltäregelung von 1897 wurde die Differenz des Durch- schniitsgehalts sogar noch größer, nämlich 340 # 1877 ift bereits der Justizminister Leonhardt für die Gl-ei4hstellung der Gerichissekretäre mit den Verwoltungsf\ekretären ein- getreten, und das Haus hat damals au einen entsprehenden Besluß gefaßt , leider erfolglos. Die Regierung hält an der Unterscheidung der Provinzialbeamten „und Lokalbeamten fest; aber in anderen Staaten besteht ein solcher Unterschied nicht. Solche alten historishen Einrichtungen darf man nicht fonservieren, wenn sie ibre innere Berechtigung verloren haben. Die Verwaltungs- und Gerichtésekretäre haben doch durchaus dieselbe Vorbildung, und es werden dieselben Leistungen von ihnen verlangt. Der Finanzminister berechnet den Mehraufwand auf über 2 Mill. Mark, nach einer anderen Berechnung handelt es si aber nur um 1420 000 44 Ich bitte die Regierung, dem Antrag der Kommission, welcher durch ein- stimmigen Beshluß zustande gekommen ist, Folge zu geben. Die besten Kräfte gehen sonst von der Justiz zur Verwaltung über.

Justizminister Dr. Schönstedt: Meine Herren! Der Antrag Faltin hat dieses hohe Haus schon so oft beschäftigt, daß, wie auch der Herr Antragsteller selbst im Gin-

vorgebracht werden wird. Ich weiß nicht, wie oft wir alle diese Aug, führungen des Herrn Faltin {on gehört haben (sehr wahr! rets) und wie oft ihnen vom Regierungêtisch aus hat widersprochen werdey müssen. Jch glaube es mir rersagen zu dürfen, im e€inzelnea diejenigen Bedenken zu wiederholen, die dem Antrage entgegenstehen, weil sie iy eingehender und ershöpfender Weise von meinem Herrn Kommissar iy der Kommission vorgetragen worden find und in der Anlage zum Kommissionsberichte sih in Ihrer aller Händen befinden. Ih glaube mih daher darauf beschränken zu dürfen, einige Unrichtigkeiten unh Frrtümer, die dem Herrn Vorredner untergelaufen sind, hier rihtig zu stellen.

Der Herr Abg. Faltin ist im Eingange seiner Rede davon aus gegangen, daß die Meinung dieses bohen Hauses in dem Beschlusse

der XVY. Kommission niedergelegt sei. Meine Herren, demgegenüber

ist es cinigermaßen auffallend, daß er nit den Antrag der Budget, kommission erwähnt hat, die eine Petition, die vollständig gleilautend ist mit dem Antrage Faltin, dem hohen Haufe nur zur Ueberweisung als Material empfohlen hat. (Sehr richtig! rechts.) Das hohe Haus wird deshalb vor die Wahl gestellt werder, weler dieser beiden Kommissionen es beizutreten geneigt sein wird. Jedenfalls liegt die Sache im Augenblick noch nit so, daß wir \ch{on die Stellungnahme des hohen Hauses als irgendwie festgelegt zu be- trahten bätten. Ich glaube, die Budgetkommission if in nit minderem Maße als die XV. Kommission in der Lage, alle in Be- trat kommenden Verhältnisse durhaus sahgemäß zu beurteilen und zu würdigen. Sie ist es gewöhnt, sich jahraus jahrein mit ähnlichen Anträgen zu beschäftigen, sie hat eine bestimmte Stellunänahme diesen Anträgen gegenüber seit Jahren festgehalten, und deshalb ist es mir nicht ganz zweifellos, ob heute nun das Haus selbst von diesem Stand- punkte abgehen und sih auf den Standpunkt der XV. Kommisfion,

‘die ja ganz besonders wohlwollend gesinnt ist für die Beamten-

kategorien, deren Interessen ihr unterbreitet worden sind, stellen wird,

Herr Akg. Faltin hat mit der Bemerkung begonnen, daß s\chon bei der Gerichtsorganisation im Jahre 1879 der damalige preußische Justizminister die Gleichstellurg der Gerichts\chreiber ‘bei den Land- und Amtsgerihten mit denjenigen der Oberlandesgerichte babe herbei führen wollen, und daß dieses Verlangen nur an dem Widerspruche der Finanzverwaltung gescheitert sei. Ih kann dem gegenüber er flären, daß diese Auffassung nicht richtig ist. Im Gegenteil, der da malige Justizminister hat in seiner Vorlage an das Finanzministerium auédrüdli den Antrag gestellt, daß an der Differenzierung, wie fie bis dahin also bis 1879, unter der Geltung der alten Gerichts» organisation zwishen den Gerichts\chreibern der unteren Instanzen und der Appellationsgerihte immer bestanden katie, grundsäßlih festgehalten werden solle. Es hat also nit etwa irgend ein Widerspruch der Finanzverwaltung dazu ge- führt, daß dieser Unterschied festgehalten worden ist; sende es bestand darin vollständige Uebereinstimmurg im Schoße der Staats regierung. Derselbe Standpunkt ist damals auch von diesem Hause eingenommen worden: es hat ohne Diskussion dem Antrage des da- maligen Referenten zugestimmt, der ih auch auf den Standpunkt gestellt hatte, es sei im Interesse der Verwaltung geboten, diesen Unterschied auch ferner bestehen zu lassen.

Wenn dann Herr Abg. Faltin sih heute wie auch {on in der Sitzung vom Juni vorigen Jahres, glaube i, auf eine Aeußerung deê Justizministers Leonhardt berufen hat, die dahin gegangen sei, daß bei der Neuorganisation die vôllige Gleichstellung zwischen den Juftij- beamten und den Beamten der allcemeinen Verwaltung herbeigeführt werden müsse und von ihm werde ersirebt werden, so liegt auch insofern mindestens eine gewisse Unklarheit den Ausführungen des Herrn Ab- geordneten zu Grunde. Jene Aeußerung bezog sich lediglich auf einen Antrag über die Rangverhbältnisse der höheren Justizbeamten. Von mittleren Beamten war überhaupt niht die Rede, von Gehaltsverhältnifsen au niht, sondern lediglich von den Rangverhbältnissen der höheren Fustizbeamten. Von diesen hat damals der Justizminister Leonhardt erklärt, bei ihrer Regelung würden die entsprehenden Verhältnisse der Verwaltung in Betracht zu ziehen sein. Ein Schluß für die heute vorliegende Frage kann daraus alfo nicht gezogen werden.

Herr Abg. Faltin ist dann immer wiedec darauf zurückzekommél, daß die Vereinigung der Sekretäre und Assistenten im Jahre 189 und die Gehaltêrezelung von 1897 niht eine Besserung für die Gerichtsshreiber der Land- und Amtsgerichte berbeigeführt habe, sondern eire Vershlehterung. Diese Auffaffung ist {on so oft widerlegt worden, daß ih in der Tat glaube, darauf nit zurüd- fommen zu sollen. Daß eine wesentlihe Verbesserung auch für diese Beamten herbeigeführt ist, zeigt die unwiderlegliche Tatsache, daß der Aufwand für diese Beamtenkategorie durch jene Maßnahmen u etwa 2x Millionen Mark gesteigert worden ist. Diese Tat- sahe kann nicht dadurch aus der Welt geschaffft werden, daf, wie der Herr Abgeordnete meint, ein überwiegend großer Teil dieses Mehraufrandes denjenigen Sekretären zugefallen ist, die ih {hon vor 1897 in diejer Stellung befanden. Er ist in seinen Wirkungen ju großen Teil auch denjenigen zugute gekommen, die erft später Sekretären ernannt worden sind. Das Durchschnittsgehalt ist damals hon rein arithmetish gestiegen um 250 4 Daß tatsächlich da! Durthschnittsgehalt jeßt noch erheblih höher ist, ist im Kommissior® beriht nahgewiesen.

Bis jetzt ist immer daran festgehalten worden, daß die Gehalit- regulierung von 1897 als abshließend betrahtet werden müsse, soweit nicht etwa festgestellt werde, daß damals eine Beamtenklasse übersehes worden oder daß irgend eine erheblihe Zurücksegung und Schädigung einer Beamtenklasse vorgekommen sei. Davon kann hier gar nit die Rede sein. Eine solhe Schädigung ist nit eingetreten; is Gegenteil, es ist eine Verbesserung gewesen.

Freilih behauptet nun Herr Abg. Faltin, von dem Grundsak, daß an dieser Gehaltsregulierung nit für eine einzelne Beamtenklaft gerüttelt werden solle, fönne im vorliegenden Falle deshalb abgesebet werden, weil durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches eint Aenderung in der Organisation erfolgt sei. Meine Herren, eine sol Aenderung ist durch das Bürgerlile Geseßbuch nicht herbeigefüht! worden; es sind höchstens einige Funktionen, die früher Bureaubeamten nicht zufielen, ihnen zugewachsen ; auf die Organisatio!

hat es keine Rückwirkung gehabt. Auf der anderen Seite ist Stellung der Bureaubeamten, insbesondere der Grundbuchbezmten, d durch eine bessere geworden, daß ihre Regreßverbindlichkeit für sehen eine mäßigere geworden ift. Sie haften jeßt nur für gr?

zu schaffen. Wir freuen uns der Anerkennung, daß Berlin seine

gange seines Vortrages zugegeben hat, Neues weder dafür no dagegen

(S@&lußÿ in der Dritten Beilage)

Dritte Veilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

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1905-

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(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Versehen, während sie nach dem älteren Recht {hon für mäßiges Berschen zu haften halten. Ich erwähne dies nur desholb, weil bei früherer Gelegenbeit auf die große Verantwortlichkeit der Bureaus beamten hingewiesen und erzählt ist, daß sie in großer Zahl einer Nersicherungsgeselischaft beigetreten seien, die im ersten Jahr mehr an Regreßshäden hatte zahlen müssen, wie die Prämien der Beamten ausgemaht haben. Ob diefe Behauptung richtig ist, kann ih nicht fontrollieren ; bescheidene Zweifel an ihrer Richtigkeit möchte ih jeden- falls zum Ausdruck bringen.

Der Herr Abgeordnete hat weiter erwähnt, daß der Mehraufwand der tatsählich aus dem Etat ih für diese Beamtenklasse ergibt, zum teil darin seine Erklärung findet, daß die jüngeren Anwärter bis zur Anstellung zu lange zu warten bätten, daß die Wariezeit sich bis auf g Jxhre ausdehnte. Daß diese Angabe an einiger Uebertreibung leidet, ist in der Kommissionesißzung gleihfalls turch die Erklärung meines Kommissars festgestellt. Die Duríschnittszeit beträgt, glaube ih, 64 und nicht 8 Jahre. Darunter leiden aber die Beamten deëhalb nit in ihren Bezügen, weil diejenige Zeit, die über eine Wartezeit von 5 Jahren hinausgeht, ihnen auf tas Besoldungsdienstalter an- gerechnet wird, sodaß, wie Herr Faltin erwähnt hat, manhe Beamte, die svät zur Anstellung gelangen, d'e ersle Gehaltsstufe überspringen.

Herr Faltin bat si dann mit der Kostenfrage beschäftigt und den Mitteln, die zu ihrer Deckung etwa ‘diéponibel gemacht werden fönnten. Daß der Mehraufwand, der bei Dur§führung des Antraçs Faltin erwahsen würde, sich nah dem Stande vom 1. Oltober v. I. auf mehr als zwei Millionen belaufen würte, ift rechnurgémäßig fest- gestellt unter genauer Berüksichtigung der Verhältnisse jedes einzelnen Beamten der Monarchie; an der Zahl ist also nicht zu rüttela.

Nun kat Herr Faltin allerlei Vorshläge gemacht, wie dieser Mebraufwand zu vermindern wäre und wie andererseits“turch Er- sparnisse dieser Aufwand für den Staat herabzedrüdckt werden könnte. Er hat {ih dabei \heinbar Vorisläge angeeignet, die in einer vorher zur Verteilung gelangten Berehnung des Verstands des Vereins der miltleren Justizbeamten für den Oberlandesgerihtsbezirk Breslau gemaht sind, und da muß ich gestehen, daß es mi eigentümlih berührt hat, daß diese Vorschläge in ihrem wesentlichen Teil dahin gehen, daß das, was den Gerichtéschreibern zuwahsen soll, anderen Beamten- fatcgorien abgenommen werden soll, daß clso durch S4Ylechterstellung unterer Beamter datjenige ausgeglichen werden soll, was für die höher gestellten mittleren Beamten verlangt wird. íIn erster Linie werden in Gegenrechnung gebraht die pensionsfähigen Zulagen und die aufßer- ordentlihen Remunerationen mit rund 330 000 Unter den niht- vensionsfähigen Zulagen versteht der Abg Faltin die Zulagen der Rendanten bei ven kleineren AmtsgeriŸhlen, und er hat {on früber angeführt und beute wiederholt, daß 97 9/o dieser Beamten erklärt bâtten, sie würden auf diese Zulagen gern verzichten, wenn sie gleih- gestellt würden mit den Oberlandesgerictssefretären. Ich seße natürli nit den mindesten Zweifel in die Worte des Herrn Abg. Faltin; ih kann nur sagen, mir ist eine derartige Erklärung nichi zugekommepy, und ih habe die feste Ueberzeugung, daß, wenn man der Sache etwas näber auf den Grund ginge und die einzelnen Herten früge, ob sie wirklich gern bereit seizn, auf diese 300 4 zu verzichten, dann vielleicht doh das Ergebnis ein anderes sein würde. Man weiß, wie das bei derarligen agitatorisch in Umlauf geseßten Massenerklärungen geht. Da hat niemand den Mut, sih auszuschließen, und es wird manches erklärt, was doch nicht so ganz ernst gemeint ist. Wenn aber diese vensionsfähigen Zulagen wirklich in Wegfall gebracht werden, dann, meine Herren, habe ih gar keinen Zweifel, daß alsbald die Forderungen nah ihrer Wiedereinführung \sich erheben würden und zwar deshalb, weil die Rendanten bei den Amtsgerichten allerdings eine böbere Verantwortlichkeit und \{wierigere Aufgaben haben als das Gros ihrer Kollegen. Die Gewährung dieser Zulage ist aus einem praktishen Bedürfnis hervorgegangen. Für eine Zurüdziehung dieser Zulagen auf Grund der von Herrn Faltin heute abgegebenen Er- flärungen würde Herr Faltin die Verantwortlichkeit niht tragen, ] die Justizverwaltung würde sie zu tragen haben, und ih glaube, ? daß sie nit in der Lage ist, sie auf sich zu nehmen.

Es wird dann ferner die Beseitigung der außz:rordentlicken Remunerationsfonds verlangt. Ja, meine Herren, diese außerordent- lien Remunerationen bestehen in allen übrigen Verwaltungs8zweigen, und es würde die Justizverwaltung in Zukunft eine Sonderstellung einnehmen, wenn für si? derartige Fonds nicht mehr zur Verfügung ständen. Diese Fonds finden auÿh eine durhaus nüßlihe Verwendung. Sie dienen zur Anerkennnng besonders tüchtiger Leistungen für bod- verdiente Beamte, und es würde entschieden eine Lücke in den der óIustiz® verwaltung zur Verfügung stehenden Mitteln eintreter, wenn ihr diese Remunerationsfonds entzogen würden.

Es wird bier ferner mit einer zu erwartenden Verminderung des Unterstützungsfonds gerehnet. Ich glaube, Herr Faltin hat sih das selbst nicht angeeignet. Ich glaube kaum, daß damit zu renen fein würde, daß diese Erhöhung des Gehalts die Ansprüche auf Unters- stüßung irgendwie erheblich mindern würde.

Es follen nun besonders nah den Wünschen des Herrn Faltin die Diäten herabzesezt werden, die den jungen Aktuarien, falls fie kommissarisch beschäftigt werden, jeßt in Höhe von 1400 M, also in Höhe des Minimaldiätenbetrages der fländigen Diâtare, gewäh1t werden, und es wird vorgeshlagen, wan folle diesen im ersten Jahre nur 1109 4, dann 1200 M, 1300 #, 1400 geben. Ja, meine Herren, dadur sollen eben auf fremde Rechnung die Mittel für die Herren geschafen werden. Es ist allerdings darauf Bezug genommen, daß in anderen Verwaltungszweigen, insbesondere ‘bei der allgemeinen Verwaltung, die Diäten für die geprüften Anwärter niedriger seien als in der Justiz. Ja, meine Herren, da liegt die Sache auf einem andern Brett : in der allgemeinen Verwaltung bekommen nach Ablauf einer gewissen Zeit die sämitlihen Anwärter einen festen Diätensaß, der deéhalb niedriger sein kann als der der Justizaktuarien, weil diese

V

Berlin, Sonnabend, den 25. März

Diäten überhaupt nur dann bekommen, wenn sie sich in kom- missarisher Tätigkeit befinden. Die Tatsachen, daß diese Herren feineëwegs überall alétbald eine solche kommissarishe Tätigkeit erlangen, daß die ibnen erteilten Kommissorien vielfach über- aus furz sind, daß sie genötigt sind, oft ihren Wohnsiß zu weseln, daß sie doppelte Wohaungsmiete zu bezahlen haben usw., führen dahin, daß es angemessen erscheint, ihnen einen höheren Diätensaß zu bewilligen. Also auch dieser Abzug würde \{chwerlih in denjenigen Kreisen, die davon betroffen werden, einen angenehmen Eindruck machen; Sie hätten nur damit zu renen, daß dann die gleihen Klagen aus diesen Kreisen von Beamten laut würden, wie sie jeßt im Wege einer Agitation, wie ih mich garnicht \heue, zu sagen, einer Agitation, die sich in einer kaum für den Beamtenstand zu vertretenden Weise mehr und mebr geltend macht (Abg. Haarmann: Sehr richtig !), wie sie jeßt aus diesen Kreisen fout- geseßt hier erhoben werden.

Es sollen dann sogar, meine Herren, die Diäten der Kanzlei- gehilfen für den Fall ermäßigt werden, daß sie kommissarish im Bureaudienst beschäftigt werden. Sie bekommen jeßt auch 1400 #, und das will man auf 900 bis 1000 4 herunterdrücken. Also hier sollen die Kanzleigehilfen zum Opfer herangezogen werden!

Nun, meine Herrer, liegt die Sache tatsählih so, daß, wo die Notwendigkeit herantritt, Kanzleigehilfen zum Bureaudienst Eeran- zuziehen, weil es an anderen Kräften fehlt, man die größte Mühe hat, Kanzleigehilfen dazu bereit zu finden, weil sie in der Regel si in ihren Einkünften vershlechtern. Man kann natürlich nur die tüchtigsten Kanzleigebilfen nehmen, und die haben durchs{chniitlich ein Einkommen von mehr als 1409 H, scdaß sie nur ungern sich bereit finden, derartige Kommifsorien zu übernehmen. Würde der Diätensatz auf 900 bis 1000 # beruntergedrüdt, was für uns, wie ih glei erkläre, vollständig ausges{lossen ist, so würden diese Schwierigkeiten ganz außerordentlih wachsen. :

Herr Faltin rechnete dann auch {hon mit einer Ersparung an Stellen, die herbeigeführt werden möchte, wenn den Gerichtsshreibern mechanishe Arbeiten abgenommen und von ihnen auf Kanzleigehilfen übertragen würden. Meine Herren, wir sind mit der Frage auf Grund der hier gegebenen Anregungen eingehend beschäftigt, in welchem Umfange eine folhe Uebertragung von Gerichtsschreiber- arbeiten auf Kanzleigehilfen zulässig sei, um die Kräfte der Gerichtsschreiber wiederum disponibel zu mahen zu der ja auch in diesem hohen Hause von den verschiedensten Seiten gewünschten Ent- lastung der Richtec von minder wichtigen Arbeiten. Also das, was ihnen unten abgenommen werden könnte, wird ibnen oben wieder zuwachsen, und die mir jeyt vollständig vorliegenden Berichte der Oberlandesgerichtspräsidenten und der Oberstaatsanwälte sprechen \ih dahin aus, daß unter diesen Umständen auf eine Ersparung an Gerichtsshreibetkräften durch cin solches Heranziehen von Kanzlei- gehilfen zu ihren bisherigen Geschäften absolut nicht gerechnet werden könne

Endlich hat Herr Abg. Faltin auch noch eine Ersparnis darin erkennen wollen, daß er sagt: wenn das Minimalgehalt der Gerichts- shreiber echöht wird, so wird der größte Teil von den älteren Gerichts\{hreibern gleich in Pension gehen, und dann spart also der Staat die Differenz zwischen dem, was er jeßt an Gehalt zu zahlen hat, und der Pension. Diese Rechnung ift wohl für jeden Herrn, der sih mit Finanzfragen einigermaßen beschäftigt hat, niht ganz verständlih. Dadur®, daß ein Beamter in Pension geht und ihm ein Nachfolger bestellt wird mit demselben Gehalt, das der zurüdck- tretende Beamte gehabt hat, dadurch ist meines Wissens noh niemals eine Grsparnis herbeigeführt worden. Also, meine Herren, mit dem De&Eunz3mittel ist es auh nicht weit her, und wir dürfen davon aus- gehen, da3 der Mehraufwand, der notwendigerweise entstehen müßte, lediglih von den Steuerzahlern aufgebracht werden würde.

Ich kann Herrn Faltin nit zugeben, daß es ih hier um Be- seitigung einer Härte, einer Ungerechtigkeit handelt. Die Bedenken grundsäglicher Art, organifatorischer, finanzieller Art, die dem Antrage früber entgegengestellt worden sind, bestehen in ihrer vollen Kraft weiter. Für ein Mittel, die Stellung der Gerichtsschreiber zu heben, würde ih cine Vermehrung der fog. gehobenen Stellen halten. Dem widerspricht aber dec Abg. Faltin und meint, dadurch würde nur das Strebertum unter den Gerichtsshreibern gezühtet werden, es würden

sich minderwertige Leute gerade an gehobene Stellen heran- ‘drängen. Ih glaube niht, daß der Stand der Gerichts8-

schreiber dem Abz. Faltin dafür dankbar fein wird, daß er ihm eine derartige, sehr weniz anständige Gesinnung zutraut. Jch habe bisher nit diesen Eindruck gehabt. Jch muß vielmehr aner- kennen, daß im großen und ganzen auch unsere Gerichtsschreiber in vollem Maße ihre Pflicht tun, ih muß auch unumwunden anerkennen, daß die Aufgaben, die von ihnen gelöst werden müssen, die Anforde- rungen, die an sie gestellt werden, recht {wer sind. Aber ih habe niemals Grund gehabt, anzunehmen, daß derartige streberhafte Ge- sinnungen unter ihnen irgendwie Play greifen könnten. Ich glaube, das würde auch in Zukunft nicht der Fall sein.

Meine Herren, ih will damit shließen, um Sie nicht noch länger aufzuhalten, und will nun noch mit zwei Worten zurückkommen auf die Vorwürfe, die der Justizverwaltung gemaht sind, weil sie in der Sitzung vom 7. Juni v. J. als derselbe Gegenstand in erster Lesung perhandelt wurde, niht hier vertreten war. Man ist in diesen Vor- würfen ziemlich weit gegangen. Ein Herr hat si fogar zu dec Aeußerung verstiegen, es liege darin eine Nücksihtslosigkeit der Justiz- verwaltung gegen dieses hohe Haus und zuglei ein Mangel an Interesse für das Wohl einer bedeutenden wichtigen Beamtenklasse. Was den ersten Punkt angeht, so wicd den älteren Hecren, die {on länger im parlamentarishen Leben stehen, cs nicht unbekannt fein, daß die Königliche Staatsregierung grundsäßlich bei der ersten Lefung, in der Regel auÿh bei der zweiten Lesung von Jnitiativanträgen aus dem hohen Hause {H nicht vertreten läßt, und ¿war deshalb, weil es ih

dabei um Fragen handelt, zu . denen die Staatsregierung als solche ;

überhaupt noch niht Stellung hat nehmen können und weil der ein- zelne Refsortminister nicht in der Lage ift, die Staatsregierung nah der einen oder anderen Richtung irgend wie zu binden. Es geschieht nur ausnahmsweise, daß die Staatsregierung unter solhen Umständen an den Verhandlungen sich beteiligt. Ein solcher Ausnahmefall war um so weniger gegeben, als die ganze Sache {hon bei der Etats- beratung zur Sprache gekommen war, wo ich und mein Kommissar in der Lage waren, uns darüber zu äußern. Daß darin eine Rück- sichtslosigkeit gegen das hohe Haus gelegen hat, diesen Vorwurf muß ih also auf das allerentshiedenste zurückweisen. Ebensowenig lafse ih den Vorwurf auf mir sigen, daß darin ein Mangel an Interesse für das Wohl dieser Beamtenklasse liegt. Ich kin mir bewußt, daß ih stets nah besten Kräften gesorgt habe für das Wohl aller Be- amtenfkategorien, und daß ih das, was ich für erreihbar und gerecht- fertizt halte, mit warmem Herzen zu fördern gesucht habe. Also einen solhen Vorwurf, wie er mir von einem der Herren gemackcht werden ist, weise ih als gänzlich unbegründet zurück. (Bravo! rets.)

Abg. von Bülow - Homburg (nl.) erklärt, daß seine Fraktion den Kommissionsantrag in der Kommission einstimmig angenommen habe. Wenn nit anders mögli, müsse die Gebaltsfrage in ihrem ganzen Umfange wieder aufgerollt werden. Die Megierung habe den Gerichtssekretären selbst Hoffnung darauf gemacht, daß ihre Se der Gleichberehtigung mit den Verwaltiungssekretären erfüllt würden.

Fn demselben Sinne spricht sich Abg. Mathis (nl.) aus.

Abg. d i ke (freikons.): Troy aller Anerkennung der vorgebrachten Gründe fann ein Teil meiner Freunde nicht für den Kommissions- antrag stimmen, {hon dteéhalb nit, weil dadur die ganze Beamten- gebaltsfrage wieder aufgerollt würde. Es handelt sh aber neben der Gekaltsfrage noch um eine Frage der Wertshäßung. Das Publikum urteilt dana, ob ein Beamter mehr oder weniger Gehalt erhält. Ich für meine Person werde für den Antrag stimmen.

Abg. Cas] el (fr. Volksp.): Wer die Tüchtigkeit und Wichtigkeit der Gerichtsfefretäre aus eigener Anschauung kennt, wird anerkennen müssen, daß kein Grund vorhanden ist, sie schlechter zu stellen als die Sekretäre des Verwaltungsdienstes. Die Berechtigung der Wünsche dieser Beamtenklasse ist fast von allen Seiten des Hauses anerkannt worden. Ich bitte namens meiner Partei ebenfalls, den Kommissions- antrag anzunehmen.

D t : s

Darauf wird ein Schlußantrag angenommen.

Der Antrag der Kommission wird angenommen. Die dazu gehörigen Petitionen der Landgerichtssekretäre Gruß u. Gen. in Cöln u. a. O. werden durch die Annahme des Kom- missionsantrags für erledigt. erklärt.

Es folgt der Antrag der Abgg. Bachmann (nl.) u. Gen.: „die Regierung zu ersuchen, dahin zu wirken, daß gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des neuen Zolltarifs eine mit rihterlicher Unabhängigkeit ausgestattete RNeichsbehörde ein- gerihtet werde, welhe die Aufgabe haben soll, in Zoll- angelegenheiten über Beschwerden gegen Entscheidungen der Landesfinanzbehörden in einem nach ähnlichen Grundsäßen wie das O auszugestaltenden Verfahren zu ent- eiden.“ :

Abg. Lu sensky (nl.) begründet den Antrag. Das Reich hat über die Entscheidungen der Landesverwaltungen in Zollangelegenheiten eine gewisse Kontrolle, denn es stellt das amtliche Warenverzeihnis auf, nah welchem di: Importe zu verzollen sind, aber der Bundesrat kann eine Aenderung der Entscheidungen der Landesbehörden nicht herbeiführen, da diese lediglih Sache der Landesbehörden find. Es fehlt an einer Einheitlichkeit in der Verzollung im ganzen Reich. Seit Jahren klagen Handel und Industrie über verschiedene Aus- legungen der Zollvorschriften in den Einzelstaaten. Der Reichstag hat fh wiederholt mit dieser Frage beschäftigt, ebenfo damit, daß Beschwerden über die Anwendung des Zolltarifs lediglich im Ver- waltungsverfahren entschieden werden. Li?2 Negierung ist bisher diefen Wünschen nit entgegengekommen. Der neue Zolltarif gibt uns Veranlassung, diese Frage von neuem aufzuwerfen. Bei dem alten Zolltarif sind im Laufe der Jahre viele Fragen geflärt worden, und es ift eine gewile Einheitlichkeit durch die Praxis erzielt worden. Aber jetzt stehen wir vor dem Inkrafttreten eines neuen Tarifs mit 946 Positionen, und es werden wieder erhebliche Meinungs- verschiedenheiten über die Auëlegung des Tarifs hervortreten. Sehr \{hwierig sind z. B. die Fragen bei Geweben und Kleiderstoffen. Das amtlihe Warenverzeichnis enthält jeßt nur die Position : „Gewebe, Möbel- und Zimmerausstattungen und andere Gewebe“. Ebenso s{chwierig sind die sogenannten „Verbindungen“ auszulegen, d. h. die Waren, die mit anderen Stoffen verbunden sind, wie Seide und Wolle usw. Es muß deshalb eine Stelle geschaffen werden, die alle diese Fragen einheitlich entscheiden kann. Man fönnte da zu» nächst an den Bundesrat denken; aber troy seiner hohen Intelligenz ist er nicht das geeignete Organ, denn die einzelnen Mitglieder des- selten find nicht unabhängig, sondern sind an die Instruktionen der Einzelstaaten gebunden. Man muß also eire Art Gerichtshof einsezen. Ich bin ein Freund der ordentlihen Gerichte und wünsche nit ihre weitgehende Beschränkung durch Sondergerichte, aber in dicsem Falle ist eine Art Berwaltungêgerihtshof notwendig. Ih denke mir, taß cin solches Gericht im mündlichen Verfahren nah Anhören der Parteien entscheiden fol. Ih meine au, daß dieses Gericht au über das amlliche MWarenverzeihnis entsheiden muß, ebenso wie das Verwaltungsgericht über die Rechtsgültigkeit einer jeden Polizeiverordnung zu entscheiden hat. Da aber auf dem Handels- tage eine feste, iantaiibant Grundlage, wie sie dieses Warenverzeichnis bisher biltet, gewünsht wird, und die Regierung auf unseren Vor- {lag vielleicht eher eingeht, wenn das Warenverzeihnis nicht im Nechtswege angegriffen werden kann, würde ih schließlich darauf ver- zihten, daß der vorgeschlagene Gerichtshof darüber zu entscheiden hat. Es kommt darauf an, den Rechtskreis und Pflichtenkreis der Bevölke- rung mözlichst {arf abzugrenzen und sie nicht auf das , Wohlwollen“ der Behörden hinzuweisen. Dieses Wohlwollen ist eigentlih nur_ eine Phrase. Wenn auch die Zollangelegenheiten verfassungsmäßig Sache der Einzelstaaten sind, so hat do auc) dieses Haus wiederholt die Ver- fassung nicht als ein Noli me tangere angeleben. Wir wollen uns nit in Reictsangelegenheiten mischen, aber die Erledigung dieser Frage liegt im Jateresse aller Einzelstaaten. Wir haben ja auch die Frage des zollfreien Veredlungêverkehrs behandelt. Die Einzelstaaten werden s zum Wohle des Ganzen ein solches Eingreifen einer Neichsbehörde gefallen lassen müssen. : L:

Ein Regierungskommissar erwidert: Die Erklärung, die der Reichsshaßsekretär im Reichstage bereits über diese Frage abgegeben hat, ent\priht auch dem Standpunkte der preußischen Regierung. Allerdings behält Artikel 35 der Verfassung ganz allgemein dem Reiche die Zollgesr gebung vor, aber Artikel 36 macht naher zu Gunsten der Einzelstaaten ganz offenbar gewisse Ein-

| shränkungen. t ubt, daß ] ic | eines besonderen Gerichtshofes Ungleichmäßigkeiten tn der Tarifierung der Waren an verschiedenen Eingange stellen vermieden werden. Große

Der Antragsteller glaubt, daß durch die Errichtung

Firmen s{icken kleine Warenposien na allen möglichen Eingangsstellen,