Kiel, 24. März.+ Der 39. Shleswig- Hol steinische Pro- vinziollandtag wurde hzute nahmittag în Kiel von dem König- lihen Oberpräsidenten, Witklihen Geheimen Rat Freiherrn von Wil ow ski mit folgender Ansprache geschlossen :
„o&geehrte Herren! Sie find am Schlusse einer Tagung an-
Tar at, auf deren Ergebnisse Sie mit voller Befriedigung zurück- lien dürfen. Für Ihre pflichtbewußte und treue Arbeit namens der #oniclichen Staatsregierung Ihnen zu danken, ift mir eine ans genebine Pflicht
i Tätigkeit hat die verschiedensten Gebiete Ihrer kommunalen.
Verwaltung fürsorgend umfaßt. Sie haben einige wichtige Wablen
voll¿ogen und sind bei der Verabschiedung der Haushaltungspläne sämtlichen Anforderungen — den hervorgetretenen Bedürfnissen ent- sprectnd — geèrecht geworden.
_ {e Ihre Entschließungen waren getragen von den Nüdsichten auf di: materielle und ideelle Wohlfahrt unserer geliebten Heimat.
Möc12 unferer teueren Provinz reiher Segen daraus erwach{sen.
Nit diesem Wunsche und in dieser Hoffnung erkläre i ium Namen Seitecr Majestät des Kaisers und Königs den 39. Landtag der Provinz Schleswig-Holstein für geschlofsen “
y 39. Provinziallandtag hat 7 Plenarsißungen abgehalten. en Beschlüssen sind folgende hervorzuheben :
Won Lier Die Haushaltungspläne für das Jahr 1905 gelangten zur eran Dung. 2) Die Provinztalsteuer, die im Jahre 1904 1409/6 der an- eGnun fäbicen Staatéfteuern betrug, wurde auf 16 9/6 diefer Steuern erhölt
3) Zur Balancierung des Extraordinariums des Etats wurde die Aufnahme einer Anleihe von 1628 000 4 beschlossen. 4) Die Recnungen pro 1903 wurden fetitgestellt Nen n 2sführer Entlastung erteilt. 5: In Stelle des verstorbenen Oberbürgcermeisters Dr. Giese-Altona wud? der Oberbürgermeister Fuß-Kiel zum stellvertretenden Vor- d
und dem
sitzenden des Provinziallandtags, der Stadtverordnetenvorsteher Dr. Nülm 11-Fiel wum Mitglied des Provinzialauës{husses und der Ober-
bür iacister Dr. Todfen-Flenöburg zum stellvertretenden Vorsißenten diescs Tutfckusses gewählt. | s) Cinstimmig wurde beshlossen, Seiner Kaiserlichen und König-
lien Ooheit dem Krorprinzen und Höchstdessen Hochfürstliher Braut zu der bevorstehenden Vermählungsfeier ein Hochzeitsgesckenk zu wide: Meiter wurde, ebenfalls einstimmig, beschlossen, zum bleiben Gedächinis der im kommenden Jahr bevorstehenden Feier der silbernen Hochzeit Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin
eine Stiftung zur Versorgung der auf Kündigung und ohne Pensions8- bere&ti;u-g im Provinzialdienst beschäftigten Personen und ihrer Hinterbliebenen zu errihten und mit einem Kapital von 100 020 4 zu doticren,
7) Der Landesbauinspektor Matthiessen in Jhehoe wurde an E d-s verstorbenen Landesbaurats Eckermann zum Landesbaurat gewählt.
8) Das Reglement über die Gewährung von Ents{ädigungen für Verluste durch Viechseuhen vom 10. März 1903 wurde durch einen f1:zen Nachtrag vervollständigt.
G) Für die Anwendung des Gesetzes, betreffend die Vorausleiftungen zum Wegebau, vom 18. August 1902 wurden bestimmte Grundsätze auTsgorite ili
1) Für die Verwaltung der Provinztal-Jrrenanstalt zu Neu- stadt i. H. wurde cin neues Reglemeni beschlossen.
11) Die Bekanntmahung vom 22. Mai 189i wurde dahin ab- geändert, deß künftig bei Gewährung provinzieller Beihilfen zum Ausba1 von Nebenlandstraßen und Nebenwegen I. Klasse die Kosten des Grunderwerbs nicht berücksichtigt werden jollen.
12) Die Geltungsdauer des Regulativs vom 23. Februar 1900, betreffznb vie Bedingungen für die Beteiligung der Provinz an dem Baz von Kleinbahnen, wurde auf unbestimmte Zeit verlängect.
13) Zu Vorarbeiten für einen dringend notrocndigen Erroeiterungs- bau oder Neubau dcs Thaulowmuseums wurden die erforderlichen Mittel dur den Etat zur Verfügung gestellt.
14) Der Beitrag der Provinz für den Fonds zur Förderung der Land- und Forstwirtshaft in den westlizen Provinzen (Westfonds) wurde von 10 000 Æ auf 20 000 Æ erhöht.
15) Zur Unterstüßung des Kleinbahnwesens wurden Darlehen im Gefamtbetrage von 878 000 Æ gewährt. Im ganzea hat die Pro- vinz bisber zur Förderung des Baues von Kleinbahnen rund 690 00) 4 ausgegeben.
P-titionen waren bei dem Landtage 8 eingegangen. Von diesen farden unter anderen Berücksichtigung die Petition der Landwirt- {Maftfammer um Bewilligung eines Garantiefonds in Höhe von 100 0C9 e für die im Mai d. I. in Altona \lattfindende landwirt- \chaftiide Provinzialaussielung. Einem Vorf{hlage des Provinzial- avsbufecs entsvrehend, wurden außerdem noch 32000 6 zur Bes ichafuig von Chrenpreisen der Provinz bewilligt Der Friedrich- Hebbel-Stiftung zu Kiel wurde eine Beihilfe ven jäh:lih 2000 6 auf 5 Fahre gewährt. ;
Zur Unterstüßung der durch Krankenshwest-rn tes Anscharhaufes in el und dec Diakonissenanstalten zu Flensburg und Altona auê- zuübenden Gemeindepflege wurden 5090 4 zur Verfügung gestellt. Foruer wurden der Landwirtschafiskammer zur Bekämpfung der Ninder- tube:fulose nad dem Ostertagshen Verfahren auf 3 Jahre jäh1lih 6000 M bewilligt und endlih zu Wiederherst-llungsarbeiten am Dom zu Meldorf etne einmalige Beihilfe von 20 000
Deutsche Kolonien.
Der Generalleutnant von Trotha befindet sich, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, auf dem Wege nah dcm süd- lien Kriegsshauplag in Deutsh-Südwestafrika und ift am 25. März von Rehoboth nach Kub abgegangen. Nach einer Vieldung desselben aus Rehoboth vom 25. März haben die Gefechte vom 10. und 11. März in den Karasbergen den Exrfo!g gehabt, daß die Bande Morengas sih nach allen Seiten zerstreute. Der Oberst Deimling hatte die Absicht, die Orte Hasuur, Garabis, Stinkdoorn und Kalkfontein, sowie die Karaëberge und Hurub mit kleinen gemischten Abteilungen u beschen, um die Gegend weiter vom Feinde zu fäubern. Major von Kampy kehrte mit dem Rest der Truppen und dem Beutevieh nah Keetmanshoop zurück. Auf dem Wege dort- hin wurde er am 19. März östlich von Hurub von etwa 100 Hottentotten angegriffen, von denen infolge der gungen Artillecicwirkung 50 fielen; diesseits sind drei Reiter gefallen, und einer ist verwundet. Am 22. März wurde die Abteilung Kamps wieder von 150—200 Hottentotten erfolglos an- gegriffen; dabei fiel diesseits ein Bur, vier Reiter und ein Bur wurden verivundet. Die feindlihen Verluste konnten der Dunkelheit wegen nicht festgestellt werden.
«Lj
Oesterreich-Ungarn. Der Kaiser empfing am Sonnabend, wie „W. T. La
berichtet, in Budapest Koloman Szell in œeinstündiger Audienz, die aber kein Ergebnis hatte. Der österreichi]ch-
ungarische Botschafter in Berlin von Szoegyeny-Mari ch traf gestern in Bu dape st ein und wurde am Nachmittag von dem Kaiser in besonderer Audienz empfangen. Im Laufe des heutigen
Tages wird er abermals in E werden. DieBeru- ung des Botschafters an das Hoflager Ut, dem „Ungarischen
elegr.-Korresp.-Bureau“ zufolge, ausschließlih in der Absicht erfolgt, dessen Meinung über die Krij1s zu vernehmen, da auf
seine Anschauung a!s ungarischen Staatsmanns und heroor- ragenden Kenners der internationalen Verhältnisse an ent- \cheidender Stelle der größte Wert gelegt wird.
Großbritannien und JFrland.
Die verwitwete Königin von Sachsen und die ver- witwete Großherzogin von Mecklenburg-Streliß sind, nah einer Meidung des „W. T. B.“, am Sonnabend in London eingetroffen.
Frankreich.
Der erog von Orléans hat an seine Anhänger ein Manifest erlassen, in dem er die Vorlage über die Trennung von Kirche und Staat, die Frage des Gesches über die Arbeiterpensionskasscn und die Angeberei- angelegenheit bespricht, die Republikaner für die „drohende Anarchie“ verantwortlih macht und erkiärt, daß die Zeit für die Royalisten arbeite, deren Zahl durch die in ihren Hoff- nungen gctäushten Republikaner, die eine Aenderung dieses Negimes herbeiwünschten, täglich zunehme.
Rußland.
Ein Kaiserliher Tagesbefehl vom 25. d. M. enthebt- wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, den General der Jnfanterie Gripenberg von dem Posten des Kommandierenden der zweiten Mandschurciarmee, beläßt ihn jezoch in der Stellung cines Generaladjutanten des Kaisers.
Die „Handels- und Jndustrie-Zeitung“ meldet über die neuen Steuern: von den Beamtengehältern über 600 Rubel jährlih würden vom 14. Mai ab 2 Prozent in Abzug ge- bracht werden; außerdem würden erhöht: die E:bschaftsiteuer um 50 Prozent, die Biersteuer um 331/z Prozent, die Zünd- holzsteuer um 100 Prozent, ferner die Steuer auf Hefen in- ländisher Herkunft um 100 Prozent und die auf solche aus- ländisher Herkunft um 71 Prozent; Destillationsprodukte von Naphtha seien mit 60 Kopeken für das Pud belegt.
Vertreter des Böôrsenkomitees und der Jndustrie haben in einer Beratung über die von den Jndustriellen in der Arbeiterfrage zu beobachtende Haltung beschlossen, ohne die Regierungsmaßnahmen abzuwarten und unabhängig davon ein eigenes Programm selbständig durchzuführen. Êin von den JIndustriellen entworfenes Programm empfietlt, dem „W. T. B.“ zufolge, eine entschiedenere Haltung gegen die Arbeiter; die Politik der Negierung sei schwach, die For- derungen der Arbeiter seien übermäßig und unbegründet.
Die „St. Petersburger Telegraphen-Agentur“ meldet, es sci beshlossen worden, Maxim Gorki dem Gericht zu über- geben unter der Anklage der Anfertigung von Pro- flamationen, die den Zweck gehabt hätten, die bestehende Staats- und öffentlihe Ordnung umzustoßen.
Eine Abordnung des Moskauer Semstwos, die dem Minister des Innern Bulygin gleichzeitig mit der Abordnung der Moskauer Duma eine identishe Petition überreichen wollte, ist, wie „W. T. B.“ erfährt, am Sonnabend vo1 St. Petersburg nah Moskau zurückgekehrt, da der Minister den Empfang ablehnte.
Die Moskauer Pädagogische Gesellschaft hat sich über die Notwendigkeit ausgesprochen, die polnische Sprache zur-Ach«urrihts\sprache in den polnischen Schulen von Ÿ ch-Polen zu machen. — Gestern fand in Moskau eine" zahlreih besuchte Versammlung von Rechtsanwälten |tatt, die sich mit dem Kaiserlichen Erlaß vom 3. März beschäftigte. Es wurde beschlossen, darum nach- zusuchen, daß die Kommission des Ministers des Jnnern ein Wahlgeseß nah den Grundsägen der geheimen, direkten und gleichen Wahl ausarbeiten solle.
In Warschau explodierte gestern abend um 81/4 Uhr, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, im Hofe der Pragaschen Polizeiverwaltung cine Bombe, wodurh 6 Personen vet- wundet wurden, darunter 2 tödlih. Der Täter, der gleich- falls verwundet worden war, wurde verhaftet. Der Ober- polizeimeister Baron Nolken eilte sofort im Wagen n6ch dem Tatort. Unweit der Weichselbrücke wurde auf ihn cine Bombe geworfcn; Baron Nolken erlitt schwere Verwundungen im Gesicht, an der rechten Hand und am r.chten Fuß und wurde in seine Wohnung gebracht. Die Aerzie hoffen, ihn am Leben erhalten zu können. Éin vorübergehendes junges Mädchen wurde gleichfalls durh die Bombe verlegt. Der Täter, auf den die Polizisten feuerten, ist entkommen, nach- dem er auf der Flucht noh einen Polizisien getötet hatie.
Im Kreise Veglfan, {Bouvernement Tula, wurde am Sonnabend durch Bauern ein Landsitß geplündert, der bis vor kurzem dem Grafen Jgnatiew gehört hatte und jüngst durch Kauf in den Besi eines Bauern namens Basmanow über- gegangen war. /
1500 Handlungsgehilfen in Ssamara haken, infolge der Weigerung der Prinzipale, die Arbeitszeit cinzuschränken, be- \hlofsen, in den Ausstand zu treten.
Die technische Schule in Nießfhin (Gouvernement Tschernigow) ist zeitweilig geschlossen worden, da von den Schülern infolge eines Konflikts mit den Lehrern Aus- \{reitungen begangen wurden. Die Schuie wird polizeilich bewacht.
Die Arbeiter der Sadon-Bergwerke bei Wladikawkas haben wegen Loßnstreitigkciten die Arbeit eingestellt.
Jn Ÿalta sind Unruhen ausgebrochen. Dic Geschäfte am Kai und im Bazar werden von den Unruhestiftern ge- plündert. ;
Aus verschiedenen Ortschaften des Gouverncments Tiflis werden Bauernunruhen gemeldet. Am 13. drangen 350 Bauern der Ortschaft Chidari Wardsija (Kreis S chorapan) unter den Rufen: „Hurra, Freiheit, Brüderlichkeit, nieder mit der alten Verwaltung!“ in die vom Ministerium für Volksaufflärung ressortierende Schule, zertrümmerten Türen, Fenster und Möbel und zerrissen ein Bild des Kaisers sowie Dokumente und Bücher. * Aehnliches verübten sie in der Woh- nung des Verwalters eines einem griechishen Klo#ter ge- hörenden Gutes. — ‘Jn der Zeit vom 14. bis 18. d. M. be- gingen die Einwohner von drei Ortschaften Waldfrevel auf der Apanagebesizung Muchranskoje; 800 mit Stöcken ‘und Gewehren bewaffnete Bauern aus verschiedenen Ortschaften er- schienen in der Gutskanzlei und stellten die Forderung, jeder
Ortschaft in Zivil- wie Kriminalsachen unbeschränkte Recht- j
sprehung durch gewählte Richter zu gewähren, den Dorfgemeinden beigetretene Personen anderer Stände als vollbcrectigte Bauern anzuerkennen, die Staats-, Apanagen- und Privat- güter den Dorfgemeinden als Eigentum zu übergeben und von diesen nur Staatssteuern zu erheben. Weiter verlangten sie Besoldung der Geistlichen und deren Entschädigung - für gottesdicnstlihe Handlungen ohne Kontrolle der Vbrigkeit,
Freigabe und Eröffnung von Lesezimmern und Bihli,
ohne Zensur, Schulen, Verwendung der aus\hliezlich innerhalb der Somme bes g ments und für Kriegsoperationen nur innerhalh
Grenzen Transfaukasiens sowie Preßfreiheit und Absgzz verschiedener Steuern. Zum Schluß erklärten sie sich solid mit den russischen Aufrührern, seßten den 27. März als T für die Erfüllung ihrer Forderungen fest und behielten Ä die Pei nach diesem Termin Weiteres vor. Zur Heriul der Ordnung und Beitreibung der Entschädigung für den den Waldfrevel entstandenen Schaden ist ein Bataillon ent worden, — Auch im Kreise Gori is verschiedentlih K, frevel verübt worden.
Ftalien.
Der König und die Königin trafen, wie „W. 7; meldet, am Sonnabend um 11/2 Uhr Nachmitiags in Cini vecchia ein und begaben sih alsbald an Bord der gg zollern“. Am Fallrcep wurden Allerhöchstdieselben von | Prinzen Eitel-Friedrih erwartet; die Matrosen „Hohenzollern“ brachien drei Hurras aus, wih die Musik die Königshymne spielte. An Bord ez eine Ehrenwache die Honneurs. Die Kaiserin Au;
Viktoria empfing die Majestäten im großen Salor „Hohenzollern“, Bald darauf fand eine Frühstüstafel j
Um 31/2 Uhr verabschiedeten sih der König und die Kön Die Prinzen Eitel-Friedrih und Oskar begleiteten König und die Königin zum Bahnhof. Um 3/4 Uhr t die Majestäten nah Rom ab, wo Allerhöchstdieselben 5 Uhr eintrafen.
Die „Hohenzollern“ ging von Civitavecchia um 41, unter dem Salut der Geschüße in See und traf gestern y mittag gegen 3 Uhr in Begleitung des Depeschenh; „Sleipner“ und mehrerer italienischer Torpedoboot: Hafen von Messina ein. Beim Einlaufen der J wurden vom Fort San Salvatore Satutschüsse gegeben, die die „Hohenzollern“ erwiderte. Der da Konsul Jacob begab sich alsbald an Bord der Jai. 31/4 Uhr ging die Deutsche Kaiserin mit den Prin Eitel- Friedrih und Oskar an Land, um verscià Sehenswürdigfeiten der Stadt zu besichtigen. Die Rüdl auf die „Hohenzollern“ erfolgte nah 51/4 Ühr.
Sn der vorgetsirigen Sißung der Deputiertenkammer flärte der Minister Tittoni, das Kabinett trete zurü, Entlafsungsgesuche befänden fih {ou in den Händen des Köni der sih seine Entscheidung vorbehalten habe. Die Minister bli bis zur Erlediguag der laufenden Geschäfte und im Interesse der rechterhaltung der öffentlichen Ordnung vorläufig in ihren Aen Tittoni bat die Kammer, si zu vertazen. Die Sizung wurde bi aufgehoben.
Spanien.
Die Königin von England ist gestern, wie „W. T
berichtet, in Cadix eingetroffen.
Schweiz.
_ Die eidgenössische Staatsrehnung für 1904 s wie „W. T. B.“ berichtet, mit 115 364 000 Fr. Einnah gegenüber 115 293 234 Fr. Ausgaben ab. An Stell: im Budgetvoranschlag eingesezten Fehlbetrages von 3 610000 hat si also ein Ein:-ahmeuübershuß von 70 766 Fr. erg
Türkei.
_ Aus Kanea (Kreta) meldet die „Agence Havas“, dah mit der Verwaltung des Prinzen Georg von Gricd land unzufriedenen Teile der Bevölkerung sit den Bergen sammelten; die Gendarmerie sei außerjstand: daraus zu vertreiven. Zwei Gendarmen seien verw worden.
Serbien.
Fn den Beratungen der Minister, die, wie das Vi „Telegr. Korresp.-Bureau“ erfährt, seit der Rükehr Finanzministers Patschu stattfanden, wurde dessen B über die Anleiheaussichten zur Kenntnis genommen die Aufteilung der Anleihe folgezdermaßen festzecseßt: Eisenbahnen 35, für Militärzwecke 30 und zur Tilg! der kurzfristigen Anleihe 18 Millionen.
Amerika.
Dem „New Yark Herald“ wird aus San Domi! berichtet, der Gesandte dec Vercinigten Staaten Dawson | mit den Veriretern der europäischen Regierun und der Dominikanishen Republik eine Urn redung gehabt und cin mündliches Abkommen tj durch das die ftrittigen Fragen bis zur Beschlußfassung omerikanishen Senats über das amerifkanisch-dominiian! Protokoll geregelt würden. Die Zustimmung der ameri! schen Regierung vorausgeseßt, werde Dawson einen An! faner mit der Erhebung der Zölle beauftragen. Von d! Ertrage sollten netto 45 Prozent an die Dotninikanisch? gierung abgeführt und die übrig bleibenden 55 Prozent, d darüber nah dean Bestimmungen des Proto?olls Verfü! getroffen werde, in einer Bank hinterleat werden.
Der „Azence Havas“ wird aus Carácas gcmeldel, Präsident Castro habe angeordnet, daß der Prozey die französishe Kabelgesellshaft, deren Verurie! er betreibe, wieder aufgenommen werde.
Asien.
Der General Linewitsch meldet, wie „W. T. V“ fährt, unter dem 24. März: s
Eine unserer Patrouillen wurde aus der Ortschaft Pulju' die eine Schwadron japanischer Kavalleriz sowie eine kieine Abit Infanterie besrut hielten, beschossen. Bei den Armeen tral Laufe des Tages keine Veränderungen ein. Am 23. d. M. n Reiterabteilungen japanishe Kavallerie, die sich der Si Schuanjausa genähert hatte, zurück. Am 22. März rourde eint! berittene Abteilung auf unserer äußerten linken Flauke, 6 Werit v0 Station Nantschents\i, von cinigen feiudliten Schwadronen bet Unsere zu Hilfe gesandte Reiterei nöôtigte de japanische Kavall die den Angriff nicht annahm, nah Nantschentst zurüdzugeßel hinter threr Infanterie’ Deckung zu suchen.
Der General Linewits\h meldet ferner unter dem 29. d.
Die Nacht ist rubig veriaufen, bei den Armeen ift heute Veränderurg eingetreten. Kleine japanische berittene Patro? nähern sich der Station Tschuanmiaufa.
Die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ meld Gunschunling vom 25. d. M.: ,
Die Truppen nehmen allmählich ihre neuen Stellungen treten miteinander in Fübhlung. Die nah den Kämpfen bei M nah Norden gezogenen Trairs -nähern sih ihren Truppenteii von ihren Truppentèéilen g-trennten Mann!chaften kehren zuru - der reten russis{ßen Flanke sollen in der Umgegend det = Mamakai bidzutende T\huntschusenbanden bemeikt worden?
Dieselbe Agentur meldet aus Synpingai vom 25. d. M.:
Durch starke Arrieregarden gedeckt, zieht sih die Armee auf befestigte Stellungen zurúck. Heute früh umritt der kommandirende General die Truppen und begrüßte besonders die Ueberreste eines Schüßenregiments, die fich mit dem Bajonett dur einen geschlossenen Ring aa 2ahl îberlegener japanischer Streitkräfte den Weg gebahnt hatten. Nur 126 Mann von ihnen waren mit - der Fahne zurüdckgefehrt ; die Stimmung der Truppen ift gut.
Ein amtlicher Beriht der Oberleitung der bei Hsingsching stehenden japanischen Streitmacht meldet dem „Reuter]hen Bureau“ zufolge :
Der Feind habe sich von dort 90 Meilen nordöftlih in der Richtung auf Hanlungshou zurückgezozen. — Die Eisenbahn von Mukden nah Kaiyuan sei wieder im Betrieb. Die Brüde iber den Hunho sei noh nicht wiederhergestellt.
Aus Sandakan (Borneo) meldet „W. T BV.“, der japanische Vizeadmiral Dewa sei mit den Kreuzern „Kasagi“, „Tschitose“ und den Hilfskreuzern „America-Maru“ und ’Yamata-Maru“/ am 18. d. M. in Labuan angekommen und am nächsten Tage wieder in See gegangen.
Die „St. Metstsbuvcer Telegraphen-Agentur“ berichtet aus Hankau, die Frage des Rechts zum Bahnbau der Linie Hankau—Kanton rufe heftige Erregung in der Bevölkerung hervor, die durchaus die Annullierung der den Amerikanern erteilten und von diesen an Belgier we:terverkauften Konzession und die Uebergabe des Baues an Chinesen fordere. Unlängst habe der Generalgouverneur Tschang-t\hi-tung gemeldet, die Bevölkerung sei nicht ge- sonnen, auf die Konz sion zu verzichten, da die Amerikaner den den Belgiern verkauften Teil der Aktien zurückkauften. Er habe darauf vom chinesischen Auswärtigen Amt die Weisung erhalten, die Frage des Bahnbaus aufmerksam zu verfolgen.
Afrika.
Das dritte russishe Geschwader is, wie das Neutershe Bureau“ erfährt, gestern von Suez in südlicher Nichtung abgegangen.
Aus Vort Louis erfährt „W. T. B.“, Eckundungen liezen die Meldung des von Colombo daselbst eingetroffenen Dampfers, er habe in der Nacht vom 16. März die russische Flotte: gesichtet, als unglaubwürdig erscheinen.
Nah einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus Tanger hat der Sultan den Kaid Sir Harry Maclean zum Befehlshaber der marokkanishen Truppen während des Besuchs des Deutschen Kaisers ernannt.
Parlamentarische Nachrichren.
In der heutigen (173.) Sißung des Reichstags, welcher der Kriegsminister, Generalleutnant von Einem genannt von Rothmaler und der Staatssekretär des Reichs- \haßzamts Freiherc von Stengel beiwohnten, wurde die weite Beratung des Reihshaushaltsetats für 1905 bei beit Etat für die Verwaltung des Neichsheeres fortge}cßt, und die Debatte über die Ausgabekapitel: „Artillerie und Waffenwesen“ und „Dehnishe Fns\titute der Artillerie“ wieder aufgenommen.
Abg Zubeil (Soz.) knüpft an die Auëführungen des Abg. Pauli vom Freitag an. Es scheine ja, als ob man nich taisäch{li% mit Reformen in den militärischen Betrieben in Spandau trage; aber ob die Militärs auch die geeigneten Leute seien, um fo großen technis%hen Betrieben in ersprießliher Weise vorzustehen, set dech sehr die Frage. Eine im vorigen Jahre erschienene Broschüre eines Hauptmanns Preis werfe auf die Verwaltung und Leitunz dieser Staats- betriebe sehr eigentümlihe Lié1cr. An der Hand einzelner Uu- gaben der Broschüre sucht der Redner darzutun, daß dort úberall Mißzwirtschaft herrsche, daß das Streben vor allem dabin oehe, an den Arbeitélöhnen zu sparen, daß von einer fahlichen Ausbiidung der Offiziere zu Fabrik- und Betricbsleitern keine Neve sci. Der Fa- mann gehöre auf diesen Posten, nit aber ein Offizier, der ledialih daran gewöhnt sei, daß auf sein Kommando alles eins@wenke. Den fundamentalen Unterscieden, die ¿wischen dem Beiri-b und den Funktionen der Arbeitershaft im Feuerwerks]aßoratorium und in der Geschüß :teßerci heständen, würde seitens der Verwaltung nicht Nebnung getragen. (Fbenfo widersinnig sei die Einrichtung verschiedener Lohnfklafsen, eine Quelle \{limmsier Unzufriedeubeit unter den Arbeitern. Ueber die Leiftungs- fähigkeit des einzelnen Arbeiters entscheide [ediglih die Willkür der Meister. Der Fehler liege eben in dem unkaltbaren System. Der altz Arbeiter, der scine beste Kraft geopfert habe, werde zum Lon aus der ersten in tie zweite Lohnklasse zurückoerießt. Antererseiis gehe es streng nah dem Dienstalter, urd auch der Fähigste bleibe unzerechter- weise viel zu lange in der zweiten Klasse. Man führe endlih einmal den Achtitundentag in alleu Werfstätten und Betrieben der Piilitär- verœaltung ein, wie es England schon 1899 getan, wie er auch in Spanien, Oesterrei§, Nordamerika, ja selbt in Rußland in der Haupisahe durchgeführt sei. Lediglich die Rückficht, die
,
waltung auf die Privatindustrie nebmen müsse, lediglich dieses an die
die Ver-
verehrte Welt g¿mahnende Verhältnis hindere di2 Heeres» verivaltung daran. Auch in dez neuen Lotnordnung tamen
t 5751
diejenigen, die c am nôtigsten tält:n, am [chlechte)ten weg. Die Vergünstigung für die Arbeiter in gewissen \Hmugtzigen Betriebs- zweigen in der Pulverfabrik, 20 Minuten por Lem normal-n Sluß der Arbeit aufhören, um ein Bad nehme zu ?önren, fei in Wegfall gekommen. Ebenso h2be man gewisse Zulagen einfa abzeschaft. Die sebr vernünftige Vorschrift, daß alie vier Wocen in _dke]en (e
sundheitsgefährlihen Betrieben das Personal we{seln müsse, sei mit |
ungerechten Lohnkürzungen verknüpft worden, die man vahbher zum Teil habe rückzängig maden müssen. Die VMaschinenarbeiter teien dur die neue Lohnordnuvg mit ih:en verminderten Afkordsätzen befonders benaßteiligt, wie die Vermehrung der Uasälle bewet!e- Auch Lohn- abzüge seien nah wie vor an der Tagesordnung; nan seine fich über- hauvt in Spandau wenig um das zu kümmern, was dèr Kriegs- Kantinen-
minister im Reichstag erkläre. Die Ueberschüsse des
fonds sollten nicht zu Sedanfei-rn und Gesangverein8gründungen, sondern zu Arbeiterunterstüßungen verwendet weiden. Herr auli babe in einer Spandauer Versammluzg vzrspro§en, ür die Erhöhung der LWhne und für UtiTaub2gerwährung eine
zutreten, Habe dies aber am Freitaz im Neichetag vergessen. Die Zahl der Meister und Meisle:gebiüfen sei viel zu groß, einer entfalle hon auf 12 Arbeiter; da müss? jx das Antreiten, besonders in der Feldzeugmeisterci, florieren. Diz Behandlung der Arbeiter lasse nah wie vor sehr zu wünschen übrig; Brutalitätea eien nicht selten. Ein aus Hanau herübergekommener, befonders Heider Antreiber habe dekretiert, daß er mit „Herr Meister“ angeredet werd?n müsse. Die Sgurigeleien und Brutalitäten des Ingenieurs3 Bzhlinann hätten dahin geführt, daß dieser Herr geohrfeigt worden sei; der schuldige Arbeiter sci aber nur zu 36 4 Seldstrafe verurteilt worden, weil die Brutalitäten des Ingenieurs ertote!en worden seien. Gleiche Nücksihtslosigleit werde gegen die Arbeiteraus\chüsse geübt. Au mit dea Gnadenpzrsionen könne s nicht so weiter geben wie “bisher; es herrshe Willkür ftatt eines ge- ordneten Versabhrens mit Rechtégarantiecen. Dasselbe gelte von den Unterstüßungen Erkranfkter; die Mitwirkung der Arbeiteraus\chüsse si nur ganz @ußerlih. Die Spandauer „‘Arbeitsordnung verpZne jede politishe Betätigung innerbalb der Betriebe bis zu dem Punkte, daß der Arbeiter, dessen Fcau ibm etwa feine Stukie in ein Stück „Vorwärts“ oder „Brandenburger Zeitung" eingewidckelt habe,
gewärtiz sein könne, zu fliegen; aber die politische Agitation des „Neuen Wahlvereins“ fönne sich in den Betrieben ungehindert breit machen. Während der Arbeitszeit seien dieObermeister und Meister zu einer Kenterenz zusammenberufen und ihnen der Gintritt in diesen tonfer- vativen Verein nahegelegi worden; anderen habe man mit bem Zaun- pfahl gewinkt, indem man thnen Statuten und Mitgliedsbuch ins Haus s{ickte. Herr Pauli habe a: seinerseits erflärt, daß er Mit- teilungen aus den Axbeiterkreisen hinfort nur noch vom Vorstand des Vereins, nit Mea von den A1beitzraus8\{üssen entgrgennchmen werde. In der Gewehrfabrik sei der Prozentsayz der Erkrankungen ganz unver- bältnismäßig boch, desgleichen in der Munitionsfabrik und in den Artilleriewer?itätten. Aus der Statistif gehe hervor, daß die Arbeiter
über 50 Jahre soweir irgend möglich ausgemerzt und dafür möglihs Jugendlihe mit minimalem, elendem Lohne einge- eût würden. Bei Submissionen sei vorgeschrieben, daß die Submittenten die Arbeiten in eigenen Betrieben hers-
stellen; in der Korbmacherei sei bagegen verstoßen worden, ter Arbeiter aber, der das meldete, sei von der Direktion den betreffenden Fabri- kanten cuégeliefert worden, und dieser Arbeiter könne jeßt in ganz Berlin keine Arbeit in feiner Branche finden. Man baue die Spandauer Institute zu Mußertinstituiea aus, dann würden diese Klagen verstummen.
__ Abg. Dr. Beer - Cöln (Zentr.): Die Militärverwaltung und Herr Pauli werzen ja wohl das Turnier mit Herrn Zubeil aufnehmen und durhführen. Nah meiner Kenntnis der Dinge in den analogen Fabriken in Siegburg wird es auch in Spandau fo sc{limm nicht fein. Auch wir wollen bessecn, aber niht Unzufriedenheit säen, das untersCeidet uns von Heira Zubeil, bei dem es nur um die Wahlstimmen gebt. Im großen und ganzen herrscht bci_den Arbeitern der Geschoßfabrik und des Labyoratoriuums in Siegburg Zu-
friedenheit; der Aadrang ist kolofsal, und großes Lamento briht aus, wern einmal Entlafsungen notwendig werden. Im Zukunftsstaat wird es schwerlich so ordenilich und
zufrieden zugehzn, wenn Sie dam nit au Krakehler vor die Tür seßz2n. Man hat bedauerlidzerweise nicht fämtlite Beamten in Sieg- burg aufgebessert und leider von oben angefangen. Die Meister sind un- berücksihtigt geblieb-n; andererseits hat die neue Lohnordaung dahin ge- führt, daß im Dienstalter jüngere Meiiter höhere Löhne beziehen als ältere. Die Verwaltungtschreiber erschnen seit lange eine Besser- tellung die ibnen bisher niht gewährt worden ift; bei ihrer Wicbtig- keit im Betriebe können rotr fie nur dem Wohlwellen des Ministers empfehlen, namentlih hinfitlich der Pensionsberehtizunag. Die Pfêrtner, Hausdiener usi. klagen ebenfalls über ihr unzulängliche8 Gehalt. Auch die Arbeiter wüns&en eine eigene Pensionskasse; sie möSLten ein Net, cinen geseglihen Änspruh statt des biéherigen Woßblwollers der Verwaltung.
Abg. Dr. Lucas (nl.): Mit Freuden ist zu begrüßen, daß man cndlih angefangen hat, den Technikern und Chemikzrin eive ihrer Leistung entsprechende Stellung anzuweisen. Leider aber hat tan wiedernm verabsäumt, die den Misitäranwärtern mit vorbehaltenen Stellen beffer auézustatten. Die Lohnordnung erreicht ihr Ideal, Lohn und Leistung genau abzumessen, doch nicht und erweckt so um so mehr den Bertacht der Willkür. In sozialpolitisher Beziehung bat ¿war Herr Zubeil ganz außerordentlih vie bestehenden Mängel übertrieben, aber wenn entgegen § 616 B, G.-B. bei militärishen Uebungen der Lohn nit voll gezablt wird, bei Urlaub ein Tag oder mehr abgezogen wird, fo find das do Anlässe zu begründeter Beschwerde. Auf dem Gebiete des Wohnungswe!ens bestehen in Spandau und anderöwo noch tat- säclich Mißstände, «benso im Punkte der Alterêversorgung, die die Verwaltung sich eneraisch bemühen müßte, aus der Welt zu schaffen.
Stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrat, Depart-ments- diceftoc im Kriegsministerium, Generalmajor Sixt von Armin: Am vorigen Freitag hat Herr Pauli bedauert, daß bei der Neuorganisation nur eine Aufbesserung der oberen Ve- amten herausgekcmmen sei. Wan hatte aber doch gerade darüber geklazt, daß die oberen Beamten, Chemiker, Techniker, In- genteure, nicht so bezahlt würden, wie ibre Stellung verlange. Diese Klage ist beseitigt worden; cs sind Gehaltsaufbesserungen in den Etat eingeseßt worden, welche in unmittelbarem Zusammenha!g? mit der Neuorgani/ation stehen. Für die Unterbeamten werden wir bemüht fein, im nächsten Jahre Aufbefserungen zu erreichen, foweit es no%§ niht geschehen 1st. Herr Pauli rechnete uns 50 000 H unnüßzer Auêëgaben dur tas Schreibæerk vor; diese 50000 M würden den Kohl auch nit fett und ni&t magerer machen. Ein Drittel der ganzen Summe, die wir zur Verfügung haben, get für Arbeitälöhne drauf. |
Ueber die Verwaltungsschreiber, Büchsen- macher und Waffennieister haben wir uns ja- in der Kommission ein- Jehend unterhalten. Den Schreidern sind alle Wünsche erfülit worden bis auf den einen, daß sie Beamte fein wollen. Dieser Wunsch kann nit erfüllt werden, der Reichêétag selbt hat eine bezügliche Petition abgelehnt. Die Waffenmeister stchz1i bezüglih ibrer Anstellurgs- bedingungen unzlüdckli; das läßt fich aber nicht ändern, wir können nicht Leute, di: ibre Stelle ausfüllen, wegjagen, um andere hinein- zubringen. Der Notfiand ist auch nicht fo groß. Bei dec veuen Lobnklasseneinteilung isi diese Kategorie auch besonders berüditigt worden. Herr Pauli hat au gem-int, es fei den Meistern gar nicht mögli, in das Höchstgehalt aufzusteigen. Da befindet er sich im 3rrium. Bezüglich der Uilaubser!cilung kann die Militärverwaltung ebensowenig einseitig vorgehen wie bei der Einführung des Achtituaden- tages; der Urlaub würde cinen finanziellen Cffekt von etwa 4 Million bedeuten. Was Herr Zubeil aus der Broschüre des verabsciedetenDffiziers vorgelesen hat, kam doch etwas post festum; denn es fonnte in ihr do nur darzetan werden, daß eine Neuorganisation nôtig roar, und die ist einzetceten. Die Techniker find mehr in den Vordergrund gestellt, die tehnishe Vorbildung der Offiziere ist weiter gefördert worden. Was Herr Zubcil gegen die beicen Lohnklassen vorgeführt hat, ift mir nicht ganz lar gewcrden. Jüngere, noch nicht soweit vorgeschrittene Arbeiter erhalten weniger Lohn als erfahrene ältere, und dem Dienstalter wird durch die Ubitufurg in den einzelnen Lobn- fiasszn Rechnung getragen. Auf alle Beshwerdepunkte fann t cingeten, ih bôce von einigen zum crften mal. A werde tas Vorgebracbte vrüfea, wenn mir das Stenogramm vor!ieat. Für den Meister Bahlmarn, der dem Institut sehr gute Diensie gee [leistet hat, möchte ih noch ein Wort einlegen. f
nit
Er war \chrcf, tas ist rihtig; er verstand uicht, mit scinen Arbeitern umzugehen. Die Brutalität, die Rohheit, von der Herr Zuveil in diefen Zusammen- hang gesvrochen hat, lag aber auf Seite des betreffenden Arbeiters, und cs war fine Heldentat. Konferenzen während der Arbeitszeit bezüg- li des neuen Wahlvereins habn nicht stattgefunten. Den Hexren Beer und Lucas spreche ih meinen Dank für die wohlwollende Art ibrer Kritik aus; ihre Anregungen werden geprüft werden. Den Wun’ nah einer Arbeiterpensiorskasse zu erfüllen bat feine großen Bedenken, nachdem solche Kassen Bestände hatten! und naher aufgelöst worden find. Die jeßigen Unterstüzungen würden dann pensiontähnlide Unterstüßungen fein “und eventuell eine Nentenkürzung nah si zichen, womit dem Betreffenden doch nit gedient wäre. Die nere Lobnordnung begünstigt nit die höberen Klassen gegerüber ten niederen, wit Herr Zubeil behauptete. Wir glauben, mit dec reucn technischen Organisation und mit dec neuen Lohnordnung cine ¿anz wesentlid;e Verbesserung herbeigeführt zu baben, und fznnen zunächst einmal abnarten, wie sich Beides in der Praxis bewähren wird.
Bei Schluß des Blattes nimmt der Staatssekretär des Neichsschaßzamts Freiherr von Stengel das Wort.
— Jn der heutigen (169.) Sißzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Dr. Graf von Bülo1wo, der Finanzministec Freiherr von Rheinbaben und der Minister für Yale! und Gewerbe Möller beiwohnten, wurde zunächst die Wahl eines Shrift- führers an Stelle des Abg. Marx vorgenommen und auf Vorschlag des Abg. Dr. Dittrich (Zentr.) der Abg. Graf Praschma (Zenir.) durh Zuruf gewählt.
Auf der Tagesordnung steht ferner die erste Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung ein- zelner Bestimmungen des Allgemeinen Berggeseßzes vom24. Juni 1865/1892 (über die Arbeiterverhältnisse), und des Geseßentwurfs, betceffend Abänderung der §8 65, 156 bis 162,207a des Allgemeinen Bergageseßes vom 24. Zuni 1865/1892 (über den Betriebszwang) und des dritten Abschnitts des Ausführungsaeseßes zum Neichsgeseß über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 23. September 1899, und in Verbindung damit die Beratung des Antrags der Abgg. Dr. von Savigny (Zentr.) und Genossen, betreffend ge seß- aeberishe Maßregeln gegen das Stillegen von Bergwerksunternehmungen.
_ Zuerst findet die Besprehung des Geseßentwurfs, be- treffend die Abänderung einzelner Bestimmungen des Allgemeinen Bergaeseßes vom 24. „Juni 1865/1892 — Regelung der Arbeitszeit, Ueber- und Neben- \hihten, Abschaffung des Wagennullens, Be- \chränkungen der Geldstrafem, obkigatorishe Ein- führung von Arbeiteraus\{chüssen —, statt.
Abg. Dr. von Hevdebrand und der Lasa (konf ) spricht zur Ges&äft2ordnung den Wun! aus, daß bei Erörterung dieses Gegen- standes au allgemein2 Bemerkungen über die zweite, die Verhinderung der Stillegung von Zechen betreffende Novelle zum Berggesez çe- macht werden dürfen. j
Präsident von Kröcher erwidert, daß si dies gar nicht werde verhindern lassen.
Die Abgg. Fi\{Gbeck (fr. Volksp.), von Eynern (nl) und Freiberr von Zedliy und Neukirch (freikonf.) find mit der EFr- füllung des Wunsches des Abg Dr. von Heydebrand und der Lasa cinverstanden unter der Vorauëseßzuna, daß troßdem noch eine be- sondere Beratung der zweiten Novelle stattfindet.
Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa erklärt fih auh seinerseits damit einverstanden.
Sodann nimmt das Wort der Präsident des Staats- ministeriuums, Reichskanzler Dr. Graf von Bülow und nah diesem der Minister für Handel und Gewerbe Möller.
(Schluß des Blattes.)
Verfehrsaustalten.
Nom 1. April ab find die Postanweisungen nach Deutsch- Ostafrika nit mebr in der Markrähruna, fondern in der im SG&utzgebicte geltenden Rubienwährung (i Nupie = 100 Heller = 14 M) auszustellen. Ebenso sind auch die Nahnahmen auf Cinschreib- briefsenturgen fowie auf Briefen und Kästhen mit Wertangabe nah Deuts-Ostafrika in der Rupienwährung anzugeben.
Fortan sind im Verkehr mit Niederländis{ch-Indien Briefe und Kästhen mit Wertangabe bis zu 8200 4 zur Beförterunga zugelassen. Ueber die Versendungsbedingungen und Taxen erteilen die Posianitalten Aufkunft.
Vom 1. April ab find im Verkehr zwischen Deutschland und Niederländish-Indien telegraphische Postan- weisungen zulässig. Ueber die näheren Bedingungen der tele- grapbi1hez Uektermittelung erteilen die Posianstalten auf Berlangen Auskursft.
Theater und Musik.
Berliner Theater.
Am Sonnabend seßte Joseph Kainz sein Gafilspiel als „Richard der Zweite“ in Shakespeares Drama gleichen Namens fort. Das Stück war zu Gunsten der Hauptrolle ftark ge- kürzt, nur das Notwendigste der äußeren Handlung war als Binde- glied und Erklärung der Hauptszenen des Gastes geblieben. Der Schwervunkt des Ganzen liegt in etnigen fein pointierten Dialozen und geistvollen Monologen. Richard ist auf dem Thron ein degene- rierter Herrscher und als Entthronter ein Phbilosovh und emyfindfamer Seelenkfenner. Die Menge geistvoll:r Aeußerungen, die der Dichter dieser Gestalt in den Mund legt, gab dem Gast Gelegenheit, seine verfeinerte Ausdrucksfähigkeit, sein souveränes Beberrscen intimster wie fraftvollster shauipielerisher Mittel zu betätigen. Es ift offen- fundig, daß sich Kainz? künstlerishe Persönlichkeit reifer, voller ent- wick-lt hat, daß sie in sich eine tiefere Refonanz ihrer fünstlerischea Aeußerungen erlangt hat. So scheint z. B. auch das Ocgan klang» voller, man könnte fagen heldenha*ter, geworden zu sein. Von den anderen Darstellern ist nicht viel zu sagen; sie waren aver alle bemüht, ihre Aufgaben gut zu lôsen. Besonders eindrucksvoll in Sprache und Spiel war Herr Pittschau als alter Herzog von Lancatter.
Lustspielhaus®.
Das Lustspielhaus machte gestern in einer Mittagéverstelung feine Besucher mit drei neuen Stücken bekannt, von denen da? zweite und dritte literarisch volle Beachtung verdienen. Den Anfang uaute „Der Außenseiter“, ein Akt von Richard Jaffs, dem Verfasser des vor Jahren im Lessingtheater gegebenen Schauspiels „Das Bild des Siagnorelli*. Der Grundgedank-, daß ein moralisch intafter junger Mann aus der Provinz in eine großstädtishe Gesfell- schaft cingeführt wid, wo die Sittenverderbnis alle Eér- begriffe fast in ihr Gegenteil verkehrt bat, wäre an ih nit unfru&@ibar, aber die Ausführung ist nicht überzeugend. Rerall ¿emeinerungtfäbig ist die hier gezeihnete GeselishafiSfatire nb, und als Einzelfall betrahtet, vermag sie kaum tiefer zu interessicren. Das Stücklein fand aber inmmerbin in der g-wmn-ten Darstellung der Herren Schönfeld, Spira, Hofmeister, der Dam-n Gerno, Gutmar, Wendt u a. eine beifällige Aufnahme — Zu tragisher Größe wuchs die zweite Gabe des Abends emver: Klara Niebigs Drama in cinem Aft „Die Bäuerin“, das ersie Stü eines den „Kampf um den Mann“ behandelnden Zyklus von Bühnen- werk-n. Klara Viebigs feine und eindringlihe Kunst, ihre Fähbig- keit, \charf Beodachtetes lebendig zu gestalten und dabei trog aller Treue der Wiedergabe im einzelnen nit den großen Zug des Ganzen aus dem Auge zu verlieren, kurz alle die Eigenschaften, die man an der Eriählexin längst kennt und [chäßt, fand man ach er- freulicherweise bet der dramatischen Dichterin wieder. Sie äft uns einen tiefen Bick in die Seele der alternten Väuerin tun, die einen jungen Mann zur Ehe nahm, über den se eifcrsühtig wacht. Sé&were Krankheit hat ihn aber aufs Lager geworten, und die Hoffnung auf Genesung ist gering. Dennoch bleibt nichts unvyersußt, und fleißig besucht die Bäuerin auch die Messe, um für sein Heil zu beten. Da findet sie eines Tages, aus der Kirche heimkehrend, Cilla, die Dorf, \{önez, im Krankenzimmer, und aus den Fieberphantasien des {wer mit dem Tode Ringenden |chöpft sie dringenden Verdocht, daf e von ihm und Cisla betrozen wocden set. Von Eifersucht gepcinigt, \ckickt sie Cilla fort, wirft fie si vor dem Muttergottesbild auf die Knte, und ebenso heiß, wie fie srüher um Genesung für de: Kranken gebetet, fleht sie jegt um seinen Tod, damit er ihr in alle Ewigkeit angeböôre, fe allcin fein Grab hegen, sie allein an geweibter Stätte später an sciner Seite ruhen dürfe. Um einen sanften Tod sollen nun au die ans Krankenlager gerufenen Rosenkranzs jungfrauen, unter tenen sih au Cilla befindet, gemeinsam beten. Da aber der Kranke nog immer lebt, shleudert die Bäuerin den Mädchen die Anklage ins Gesicht, daß wohl eine unter ihnen si befinden müsse, die keine reine Jungfrau sei. Erschreckt stürzen diese ins Freie, wo Cilla ohnmächtig zu!sammenbriht. In diesem Augenblicke richtet der Kranke sich mit dem Ausruf „Cilla“ auf, die Bäuerin zwingt ihn