1905 / 77 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 30 Mar 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Mann sein foll und die Staatseisenbaÿnverwaltung auf das Vermögen der Firma Nathan Friedeberg Arrest gelegt hat. Daher ist zu er- warten, daß die Veruntreuungen, die stattgefunden baben, in barem Gelde von Friedeberg zurüdckerstattet werden, sodaß die Staatskasse vorausfihtlich durch die Veruntreuungen \chließlich nicht geschädigt wird. Wenn aber der Herr Vorredner gesagt hat, die Eisenhandelss- gesellshaft habe niht die Absiht, ein Mönopol zu bilden, dann freue ih mich darüber, daß ich falsch unterrihtet bin; ich hoffe, daß der Herr Vorredner in dieser Sache besser Bescheid weiß als ic. Bis jeßt habe ich die Sache so verstanden, daß die Eisengesellschaft das alte Eisen aufkauft, was sie bekommen kann. Die Staatseisen- bahnverwaltung schreibt öffentlih aus, daß Altmaterial hier und dort öffentlich verkauft wird, wie es Vorschrift ist. Dann kommen die Händler und bieten. Da nun aber ein großer Teil der Althändler durch die Eisengesellshaft tot gemacht is, weil sämtlihe Werke sih verpflichtet haben, nur von der Eisenhandelsgesellshaft zu kaufen, so haben die Althändler im allgemeinen nicht mehr die Möglichkeit, gekauftes Alteisen, wie früher, wieder zu verkaufen. Es is also im wesentliden nur ein Käufer da, und inwiefern unter solWen Umständen eine Ausschreibung überhaupt noch Zweck J hat, überlasse ich dem Urteil des hohen Hauses. Ih habe geglaubt, sie hätte keinen Zweck mehr, denn die Gesellshaft schreibt \chließlich in gewissem Sinne den Preis vor, den sie zahlen will. Sind diese Informationen, die ih erhalten habe, rihtig, so liegt zweifellos ein Monopol vor, und es hat si, soviel mir bekannt, au ein Sinken der Preise bemerkbar gemacht, weil eben die Konkurrenz aufgehoben ist. So liegt die Sahe nah meiner Kenntnis. Sollte ih mi geirrt haben, so würde mich das im Interesse der Staats- eisenbahnverwaltung freuen; ih will die Sache noh näher untersuchen*

Der Etat wird genehmigt.

Um 51/4 Uhr vertagt das Haus die weitere Beratung auf Donnerstag 1 Uhr.

Nach einer Bemerkung des Präsidenten findet die Be- ratung der Kanalvorlage am Freitag statt.

Haus der Abgeordneten. 171. Sißung vom 29. März 1905, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung des Geseßentwurfs, betreffend Abänderung der 88 65, 156 bis 162, 207a des Allgemeinen Berggeseß es vom 24. Juni 1865/1892 und des dritten Abs nitts des Ausführungsgeseßes zum Reichsgeseß über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 23. September 1899. Die vorgeschlagenen Gesezes- bestimmungen bezwecken die Verhinderung einer Still- legung von Zechen und sehen einen Betriebszwang vor.

Jn Verbindung damit wird der Antrag der Abgg. Dr. von Savigny (Zentr.) und Genossen, betreffend geseß- geberische aci gegen das Stillegen von Bergwerksunternehmungen, beraten.

ie XTIX. Kommission, der dieser Antrag zur Vor-

beratung überwiesen worden war, stellt folgende Anträge:

1) die Staatsregierung aufzufordern, in eine Prüfung der Soaae einzutreten, ob dur Zusammenlegung ter für einen rationrellen Betrieb zu kleinen Grubenfelder im südlien und südöstlichen Teile des westfälishen Steinkoblenbeckens die dort noch vorhandenen Kohlenmengen noch mit Nußen gewonnen werden können, damit auch diese Koblenshäße noch in einer längeren Reihe von Jahren möglichst vollständig zur Hebung gelangen und eiñe weitere Still- legung von Zechen diefes Reviers auch auf diesem Wege in ab- febbris Zeit vermieden werden kann;

2) die Staatsregierung zu ersuchen, da der § 65 des Berg- geseßes vom 24. Juni 1865 eine ausreihende Handhabe nicht bietet, um das freiwillige, die beteiligten Gemeinden und deren Einwohner chwer schädigende Stillegen von Bergwerksunternehmungen zu ver- dern, no in dieser Session einen Geseßentwurf dem Landtage vorzulegen, welher das Berggeseß dahin ergänzt, daß gegen jene Scädigungen wirksame Vorkehrungen getroffen werden können.

Minister für Handel und Gewerbe Möller:

Meine Herren! Ich erinnere an die Verhandlungen, die hier aus Anlaß der Interpellation im vorigen Jahre stattfanden, als weite Gemeindebezirke in dem südlichen Ruhrbezirk durch die vIöblich ein- tretenden Gerüchte über beabsichtigte und teilweise auch bereits aus- geführte Zechenstillegungen beunruhigt waren. Ich erinnere daran, daß ih {hon damals zur vorsihtigen Behandlung der Angelegenheit aufgefordert habe, daß ich damals die Klagen teilweise für übertrieben gehalten habe, daß ich aber einen erbeblihen berechtiaten Kern in den

Klagen anerkennen muß. Meine Herren, die Interpellation hat dazu geführt, daß dieses hohe Haus eine Kommission einsezte, die in mehrfaGßen Beratungen zunähst im vorigen

SFrübjahr und dann im Beginn dieser Session wiederum getagt hat und die dazu gekommen war, einstimmig zwei Resolutionen zu fassen : eine dahin gebend, daß eine geseßlihe Reguli-rung und eine geseßliche Ausgestaltung und Wirksammachung des § 65 des Allgemeinen Bergs geseßes notwendig sei; die zweite, daß der Versuh gemacht werden solle, dur Verkoppelung der vielen kleinen Felder eine bessere Be- triebsfähigkeit für die südlichen sehr verzettelten Koblenfelder eintreten zu lassen. Der Aufforderung der ersten Resolution ist die Staats, regierung nahgekommen durch Vorlage des Gesetzentwurfs, den wir jegt zu behandeln haben. Die zweite Aufforderung, einen Geseg- entwurf vorzulegen, der die Verkoppelung der vielen kleinen Bergwerks- felder ermöglihte, hat niht ausgeführt werden können, weil die Materie: eine überaus \chwierige ist, und weil zunähst auch die interessierten Besiger, die von un3 aufgefordert sind, uns spezielle Vorschläge zu machen, dieser unserer Aufforderung seither nicht nah- gekommen find. Wir werden diese Angelegenheit au weiter ver- folgen; aber wir bitten Sie, zunähst die Vorlage, die jeßt den Gegen- stand der Verhandlungen bildet, zur Verabschiedung zu bringen, da ganz entschieden Mißstände vorliegen und erheblihe Gefahren weiter vorlägen für Bezirke, die befürhten, daß noch weitere Zechen- stillegungen fstatlfinden kfönncn.

Daß der § 65 des Allgemeinen Berggesctzes tatsählich unwirksam sei in den Bestimmungen, die in den 88 156 ff. gegeben worden find, hat hier im Hause der Abg. Hilbck im vorigen Jahre in überaus überzeugender Weise dargelegt. Es war daher au in der Kom-

mission Einstimmigkeit darüber, daz hier eingeseßt werden müsse. Als im Jahre 1865 das Allgemeine Berggeset erlassen wurde, konnte man nit an eine Entwikelung der Dinge denken, wie sie inzwischen

gingetreten ift ih habe das auch vorgestern bereits ausgeführt —,

und daß wir überhaupt nach verschiedenen Richtungen hin an eine Revision dieser Geseßzgebung herantreten müssen, seitdem die Ver- hältnisse sh gänzli% verändert haben.

Damals hat man bei dem § 65, als man ihn erlassen hat, als Grundsaß hingestellt, daß ein Verbot der Unterlassung oder der Einstellung des Betriebs zulässig, ja notwendig sei, wenn, wie es dort heißt, überwiegende Gründe des. öffentlihen Interesses dem ent- gegenstehen. Es sind dann in den Motiven einige Fälle aufgeführt, bei denen eine folche Verlegung des öffentlihen Interesses statt- finden könnte. Man hat dann aber {ließen wollen darauf, daß das, was hier als Beispiel aufgeführt is, überhaupt das öffentliche Interesse erschöpfe. Das if niht der Fall. An Fälle, wie sie jetzt hier vorliegen, hat damals niemand denken können, hat damals niemand gedacht. Worauf es uns ankommt, ist vor allen Dingen, daß wir den § 65 wirksam gestalten, daß wir das, was au der Gefeßgeber im Jahre 1865 für notwendig gehalten hat, tjeßt wirkli zur. Ausführung bringen können, wenn eine Verleßung des öffentlichen Interesses vorliegt.

Die Verhältnisse, die zu den jeßigen Klagen geführt haben, sind ja [ediglich veranlaßt dur die Form des neuen Syndikatsvertrags. Wir haben zu wiederholten Malen über diese Materie gesprochen, ins- besondere auch bei der Hiberniavorlage. Durch die Bevorzugung, die man in dem neuen Syndikatsvertrag den Hüttenzechen gewährt hat, ist für diejenigen Zechen, die niht mit Hütten vereinigt waren, für die reinen Kohlenzecen eine solhe Vershlechterung der Lage eingetreten, daß für diejenigen Gesell- schaften, die gezwungen waren, ihren Betrieb auszudehnen, die Be- teiligungsziffern, welhe sie im Syndikat bekommen hatten, niht aus- reihten, um ihren materiellen Interessen zu entsprechen. Daher wurden durh die Bestimmungen des Syndikatsvertrags über die Hüttenzehen eine Reihe von Zehen geradezu gezwungen, es wurde ihnen nahegelegt, durch den Ankauf von minder rentablen oder un- rentablen Zechen, die erheblihe Beteiligungsziffern bekommen hatten, ihre eigene Beteiligungsziffer aufzubefsern. Meine Herren, dadur haben die Beteiligungsziffern einen Wert bekommen, der früher gar nicht erxistierte, und die reinen Kohlenzehen haben dazu greifen müssen, solche künsilite Werte zu erwerben, um ihre {chlecht gewordene, teil- weise fogar beinahe unhaltbar gewordene Lage zu verbessern. Dies war die Ursache einer gewissermaßen epidemi’‘hen Stillegung von Zehen.

Daß darunter eine Reihe von Zehen waren, deren Lebens- ende an sih prädestiniert war, habe ih im vorigen Jahre vor Fhnen hier ausgeführt, und darin habe ich auch meine Meinung in keiner Weise geändert. Aber es sind eine ganze Reihe von Zechen da, deren Rentabilität keineswegs zweifelhaft is und deren Weiterbetrieß unzweifelhaft sicher stattgefunden hätte, wenn nit die ungewöhnliche Wertsteigerung der Beteiligungsziffer, losgelöst vom Bergwerksbesig, eingetreten wäre.

Meine Herren, worauf es uns ankam, war, dem uns gewordenen Auftrage dadurch zu entsprehen, daß wir ein Geseß \{hufen, dessen Existenz allein ausreihend sein follte, dieses Weiterumsihgreifen der Zechenstillegungen zu verhindern. Daß dauernd nihtgewinnbringende Zechen niht weiter betrieben werden können, das erkenne ich beute an, wie ih es damals azxerkannt habe. Es wäre töôriht, eine derartige Stillegung zu hindern. Man würde sich auch nicht darüber beun- rubigt haben, wenn dieser Prozeß sih natürli vollzogen hätte, wenn er allmäßlich, nach der wirflißen Notwendigkeit und ohne Berücksihtigung des künstlich geshaffenen Werts der Be- teiligungsziffern vor sih gegangen wäre.

Derartige Stillegungen sind, wie ich im vorigen Jahre hier aus- geführt habe, in dem südlichen Revier seit Jahrzehnten eingetreten. Ich habe damals ausgeführt, daß das ganze Deiltal seit Jahrzehnten allmählich zum Erliegen gekommen ist. Derartige naturgemäße Prozesse kann man nicht künstlich aufhalten, und es fällt uns nicht ein, sie künstlih aufzuhalten. Aber daß der mafsenhafte gleichzeitige Stillegungéprozeß einseßte ledialih durch die Bestimmungen des Koblensyndikats, meine Herren, das hat allerdings in weiten Kreisen Schrecken erregt. (Abg. Eckert: Sehr richtig!) Und hiergegen ein- zuschreiten ist noch vor kurzem die einstimmige Meinung der Kommission dieses Hauses gewesen und ist, wie ich annehme, auch noch heute die nahezu einstimmige Meinung dieses hohen Hauses.

Meine Herren, wenn wir den Prozeß weiter vorans(hreiten lassen, so werden gewifse kommunale Bezirke geradezu vor die Existenzfrage gestellt; es is besonders ein Bezik, das Amt

Iplerbeck, über dem dieses Damokleësshwert s{chwebt, Wenn noch mehrere Zechen in jenem Bezirk durch diesen Prozeß ¡ur Stillegung kommen, so werden auch die übrigen Zechen

wegen der Wasserzuflüsse zur Stillegung gezwungen werden, und es bedeutet eine gänzlihe Untergrabung der finanziellen Grundlagen folWer Bezirke, wenn man diesem Prozeß nicht Einhalt gebietet. Es ist in der Presse uns der Vorwurf gemacht worden, auf der einen Seite s{hüßten wir gewisse berechtigte Interessen der Kommunen, die man anerkannte, auf der anderen Seite zerschlügen wir viel größere wirtschaftlihe Werte. Die wirtschaftlichen Werte, die wir, wie ih anerkenne, zers{lagen und zerschlagen wollen, sind aber rein fiktive Werte, die in Wirklichkeit nicht existierca, tie nur fo lange existieren, als die fehlerhaften Bestimmungen des Kohlensyndikats in Kraft sind. Meine Herren, da find wir vollständig niht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, einzugreifen. i

Meine Herren, was wir hier tun, ist im Grunde auch nit eine Schädigung des Syndikats, sondern im Gegenteil, derjenige ist der rihtige Freund des Syndikais, der es zwingt, auf ribtige, verständige Wege zurückzugehen. Meine Herren, wenn man Mißstände abshneidet, wie es hier ge\{ehen foll, dann stärkt man die Institution, die davon betroffen wird, indem fie vor der öffentlichen Meinung wiederum gerechtfertigt dasteht.

Meine Herren, ih darf nochmals wiederholen, daß ih persönlich sowohl als wie die Staatsregierung die Syndikatsbewegung als eine Notwendigkeit betrachte, daß uns nihts ferner liegt, als die Syndikats- bewegung an sich zu hemmen, da sie eine Notwendigkeit in unserer gegenwärtigen internationalen wirts{haftlihen Entwicklung ist. Alo, meine Herren, ih wiederhole noGmals: Aufgabe des Staats wird es immer bleiben, dieser notwendigen, aber nach vielen Richtungen bin gefährlihen Bewegung Schranken zu seßen, wo wir diese Schranken im öffentlihen Interesse füc notwendig halten. Von diesem Wege werde ich mi, solange ih hier stehe, nicht abbringen lassen (bravo !); darauf können Sie sih verlassen! (Bravo!)

Die Konstruktion des Geseges if vielfah angegriffen worden ; man hat gesagt, man mutet den Bergwerkbesißzern Unrechtes zu, es

versloße gegen die allgemeinen Rehtsgrundsäße. Ih will gan

leugnen, daß auch wir Bedenken gehabt haben, gewisse Eingriß, das Eigentumsrecht hier machen zu müssen; aber wir stehen i vor der Frage: Sollen wir diese Auswüchse dulden oder solle,

sie beseitigen? Sollen wir sie beseitigen, dann müssen wix ge Eingriffe in das Eigentumsrecht machen, und dann taucht wiede, die Frage auf: Ist das Bergeigentum absolutes Eigentum oder j liehenes Eigentum? Jch behaupte, es ist verliehenes Eigentum, | habe das von Anfang erklärt in der Budgetkommission, als die y liegende Angelegenheit zur Spra%e kam, und ich erkläre daz 3 nohmals: ich halte es für eine Pflicht, hier einzuschreiten. Iu Form werden wir mit uns in der Kommission reden laffen. (f hört!) Wissen Sie andere Vorshläge zu machen, die zu demse] Zweck führen, so werden wir gern Ihre Vorschläge entgegennehy

unserer Shwärmerei für die Syndikate zu weit gegangen. Herren, i glaube, das ist nicht der Fall. mit Recht darauf hingewiesen, in welch enormer Weise sich die gleiche

wir auf diesem Gebiete zu lösen haben, war aber so groß, daß wir Abstand genommen haben, {on jeßt Ihnen positive Vor- {läge ¿u machen. missionsverhandlungen über dieses Gese dazu Gelegenheit bieten wird.

Ich nehme an, daß sich vielleiht in den Kom-

Meine Herren, was nun die Bemerkungen über die Entwicklung

der Syndikate und Kartelle bei uns betrifft, so darf ich fkurz re- kapitulieren, was von meiner Seite und von anderen meiner Herren Kollegen, besonders von dem Herrn Finanzminister in dieser Be- ziehung gesagt und getan worden ist.

Der Herr Vorredner is der Meinung gewesen, wir seien in Meine Der Herr Vorredner hat

Aus allen Kritiken, die wir gehört haben, ist mir nur eine einleuth E at Dat id t Modi E A E L s e R E E i 0 N "M witigsten Angelegenheiten für uns überhaupt für die nähsten gehalten hat, cine verwaltungsgerichtliche Instanz einzuschalten. Dai bee fel und ih habe die Hoffnung cudelviodai ein Ausweg, der si meines Erachtens unshwer wird verwirklichen [5 daß A ns in Deutschland gelingen möge, diese wi ide

(fehr richtig!); ob gerade in der Gestalt, wie es hier yon V schiedenen Rednern {on geschehen ist, wage ih augenblicklich nit entscheiden. Ich glaube, es würde notwendig \ein, wenn wir eine ta waltungs8gerihtlihe Instanz einschalten wollten, eine Instanz a4 zu konstruieren aus bergwerksahverständigen Beamten und aus Orga der Selbstverwaltung. Ich glaube, es würde nit {wer sein, das ¡g für die Provinz Westfalen herzustellen. Jch erkläre nochmals, i bin y bereit, hier Vorschläge entgegenzunehmen und auf Vorschläge einzugel die nah dieser Rihtung hin gemacht werden. Nur eins, ms Herren, muß ih hochalten: wollen wir diese Bestimmungen wirksz machen, dann muß eine s{hnelle Justiz mögli sein, dann muß fz Verschleppung mehr möglih sein. (Sehr richtig!) Soweit die No läge, die gemaht werden, diesen Ansprüchen entsprehen, twerde gern bereit sein, auf sie einzugehen. (Beifall.)

Berichterstatter Abg. Krau \e- Waldenburg teilt aus den Y handlungen der Kommission über den Antrag von Savigny mit, bz seinerzeit die“ beiden oben tit rar Nesolutionen von ihr t stimmig gefaßt worden seien. ie zweite Resolution sei inzwisge durch die Einbringung des Gejegentwurfs überholt worden.

Abg. Dinslage (Zentr.) gibt eine Darstellung der borg schlagenen neuen Geseßtzesbestimmungen und erwartet von der Ko mission namentli eine Prüfung des mündlihen Verfahrens. 6 beantragt die Verweisung des Entwurfs an dieselbe Kommission t 28 ae: der die erste Novelle zum Berggeseß überwie worden ist.

Abg. Traeger (Frf. Volfsp.): Es handelt fich zwar, wie bz dem Geseß von 1865, um einen Eingriff in das Privatrecht, aber d brutale Standpunkt: „Ih kann mit meinem Eigentum machen, mw ich will“ fann beim Bergwerkseigentum, das eigentlih y Staate nur verliehen wird, nicht aufrecht erhalten wer Der jeßige § 65 i unwirksam, das Verfahren ift eran und langsam, er ift auch niemals angewendet worden. Die Verhältni zur Zeit des Erlasses des Berggesezes waren ganz andere. Für ti jeßigen Verhältnisse ist dieser Paragraph eine außerordentli \tum}i Waffe. In dem Koblensyndikat liegt die Gefahr des Stillegens da Zechen. Wenn es sich biéher auch nur um folche Zechen geharddl haben follt2, welche niht mehr rentabel waren, fo liegt doc bi dringende Gefahr A daß auch rentable Zehen zur Stilleg kommen fönnten. No s{limmer als das Stillegen an sich ist e daß dadurch die unterirdishen Schätze nicht ausgenußt werden. Mat wollte seinerzeit durch das Berggesetz die unterirdishen Schätze für di Allgemeinheit ershließen, tie AU emeinheit hat demnach ein positivet Anreckcht auf die Erschließung dieser Schätze. Es geschieht au, daÿ man Bergwerke ankauft, um sie überhaupt unbenußt liegen zu lafse weil das im eigenen Interesse liegt. Es haben Bobhrgesellscha 40 bis 70 yCt. Dividende gezahlt, ohne daß nur ein Zentner Kol aus der Erde geholt worden ist. Damit ist die Bergh freiheit, welWe das Gese von 1865 fkonstruieren sol in das Gegenteil verkehrt. Jn der Kommission müssen uf prüfen, ob wir einigen Bestimmungen der Vorlage eix präzisere Faffung geben können. Selbstverständlich kann das Sül- legen von Zechen, deren Betrieb nicht mehr wirtshaftlich ift, nii verhindert werden. In der Kommission müssen wir namentli prüf, ob es richtig ist, daß der Rechtsweg ausges{lossen und die Ca scheidung dem Oberbergamt überlassen wird ; ferner müssen die B stimmungen über die Kostenfrage bestimmter gefaßt werde Zweifelhaft ist mir auch die Bestimmung, daß wegen der Koftex auf den Vorbesißzer des Bergwerks zurückgegriffen werden fam, wenn ih auch nicht die gute Absicht verkerne, daß verhindert werda soll, daß der Besitzer s{chleunigst sein Eigentum veräußert. Mit diesem Gesey allein wird allerdings das allgemeine Wobl nit genügend gewahrt sein, man wird dabei um das R UES und die Syndikatsfrage niht herumkommen, denn das Kohlen yndikat be

errscht nicht nur die Kohlengewinnung, sondern auch die Kohlew förderung, für welche es seine eigenen Kähne hat. Die Syndikate sind selbstverständlich Massengräber für eine Menge kleiner selbftär- diger Industrien. Die Regierung befindet sich im Irrtum über die Syndikate, wenn sie sie bisher unterstüßt hat. So hat sich Gr Posadowsky zu Gunsten der Kartelle „ausgesprohen. Wir habe uns gewöhnt, auf Amerifa mit zu viel Bewunderung zu sehez Vom Erêéßenwahn des Kapitals will ich nicht \prechen, abe das Koblensyndikat ist doch ein großer Machtfaktor. Einer der Herren Zedenbesißer hat den Minifter in einer Form behandelt, die eine Verlegung war; er {hien den Minister für einex seiner Angestellten zu halten. Der Staat muß seine Ê überall haben. Gewiß haben Kartelle ibren Nußen und find ei wichtiger Faktor unserer wirtscaftlißen Entwicklung, und wir ver kennen nicht den Wert des Kohlensyndikats, aber diese ganze Ent wicklung darf sih nur innerhalb der zulässigen Grenzen halten. bin ein Gegner des Staatsmonopols, aber durch ‘das Vorgehen der Kartelle drängt man allmählich auf das Staatêsmonopol bin. Dat Staatsmonopol ist {ließli das kleinere Uebel gegenüber dew Privatmenopol, denn das Staat8monopol steht immer unter der Kor- trolle der Volksvertretung, die doch kein leerer Wahn ist. Wenn dic öffentliche Meinung sprit, muß die Regierung überlegen, was sie j tun hat. Wir werden diz Vorlage vorurteilsfrei und gewissenhaft prüfen. Minister für Handel und Gewerbe Möller:

Meine Herren! Ich bin dem Herrn Vorredner und ich biz überzeugt, die vielen aufmerksamen Hörer werten ders{ben Meinung sein dankbar für die geistvolle Art, wie er das Thema, das hie zur Verhandlung sieht, eben behandelt hat, er hat uns allen damit zweifellos einen ästhetisWen Genuß bereitet. (Zurufe und Bewegung links.) Seine allgemeinen Ausführungen ¿wingen mi aber de meinerscits in etwas auf die großen Fragen einzugehen, die er be rührt hat.

Ich kann ihm zunächst sagen, daß seine Ermahnungen in bezug auf die Neuregelung der Erwerbs- und Besigverhältnisse des Berg eigentums bei uns nicht auf unfruchtbaren Boden fallen werden. braudte die Ermahnungen eigentli nicht, denn ih habe mich mit der Materie bereits beshäftigt und habe das bereits im Hause auch mehrfa# kundgegeben. Ih hoffe, daß ih alsbald Gelegenheit finden wird, auch hierauf gesezgeberisch einzugehen; die Fülle des Materials, dic

Frage in rihtigeren Formen zu lösen, als es die Amerikaner bisher verstanden haben. Ih habe vor allen Dingen das eine beklagt, worüber der Herr Vorredner auch gesprochen hat: die Aufsaugung der individuellen Betätigung dur diese großen Kombinationen. Meine Herren, ih habe wiederholt ausgesprochen, daß ih hoffte, daß der seitherige Weg der Kartell- und Syndikatsbildung es ermöglichen würde, die Individualität innerhalb der zulässigen Grenzen, au inner- halb der großen Kombinationen bei uns in Deutschland zu erbalten ; denn nihts würde verderblicher sein, als wenn die individuelle Be- tätigung vollständig totgeshlagen würde, wie es in Amerika geschieht, wo ein großer Trust einseßt.

Meine Herren, die wirtshaftliße Entwicklung nicht nur eines

Ortes, nein eines Staates, eines ganzen Reiches beruht darauf, daß die Zahl derer, die sich wirtshaftlih betätigen, nit zu klein ist; im Gegenteil, die Betätigung wird um so wirksamer für einen Ort oder einen Staat, wenn die Zahl der sich Betätigenden möglichst groß ift. Ein industrieller Ort, der sich entwickelt, hat um so mehr Ursache, auf eine stetige und gleihmäßige Entwicklung zu rechnen, wenn die Zahl der Geshäftsbetriebe und die Art der Betriebe, die er hat, es zulassen, daß möglichst viele Individuen mit kleinen Mitteln zur Selbständig- keit gelangen können. Die Orte, die in dieser Weise sich entwidelt haben, sind am weitesten und sichersten vorangeschritten; sie bieten die siherste Grundlage für die weitere Entwicklung. große Schwierigkeit der Entwicklung unserer? Syndikate und Kartelle. Vir werden nicht verhindern können, daß eine erhebliche Ver- minderung der individuellen Betätigung eintritt; aber es gilt, „Msi: nah Möglichkeit einzushränken. In den Vereinigten Staaten von Amerika, Unternehmungen aufgesaugt haben, ift eine Wiederzersplitterung, ein Viederzerfallen und eine Rückehr zu individuellen Betrieben nit mehr möglich. Demgegenüber ist die Entwicklung unserer Kartelle und Syndikate eine sehr viel glücklihere, weil die Bindung nur auf eine Meewisse Reihe von Jahren erfolgt is und ein Rücktritt in den ndividuellen Betrieb möglich ist, wenn die Syndikatsges{chäftsgebahrung h für den einzelnen und die Allgemeinheit als {chädlich erweisen lte. In diesem glücklichen Stadium befinden wir uns im wesentlichen ch. Ich halte es aber nah wie vor für eine hervorragende Pflicht : Staatsregierung, dem gegenwärtigen Drange der Zeit nah nzentration fich nicht strikt entgegenzustellen, sondern nur da mit Maßnahmen einzugreifen, wo man glaubt, daß die vernünftigen Ehranken überschritten werden, und die ganze Aktion, in die i jeßt it Jahresfrist eingetreten bin, liegt au ledigli auf diesem Gebiet.

Hier liegt die

in denen Riesentrusis kapitalistisch die ganzen

Daß ih darüber heftige Angriffe von allen denjenigen zu er-

ren gehabt habe, die sich in ihren fkapitalistishen Interessen ge- hâdigt glauben, ist ein ganz naturgemäßer Vorgang; aber ih werde ih niht abschrecken lassen, weiter das zu tun, was ih für richtig Ute, so \{chlecht ich deswegen auh von meinen alten Freunden ges aht werden mag. (Bravo!) Wer auf diesem Gebiet einschreiten il, darf nicht ängstlich sein, und ih werde mih nicht bange maten fen durch das, was mir gegenüber geshieht. Wir müssen die Mmzentrationsbewegung in verständige Bahnen zu lenken suchen, d wenn das nicht durch Zureden

geht, dann muß das eseß einschreiten. Wenn wir aber dahin kommen sollten, Konzentrationsbewegung an sich durch die Gesetze unmögli mahen und unter Strafe zu stellen, wie es von vielen Seiten sordert ift, so würden wir, wie ih fürhte, in dem gewaltigen Ringen 1 die Kraft und die Gewalt auf dem Weltmarkt unterliegen. (Sehr btig!)) Wie ih {hon vorhin bei der Einführung dieses Gesetzes agt habe, ist niht der ein Feind der Kartell- und Syndikats- egung, der sie in die rihtigen Schranken zurückweist, sondern er

in Wirklichkeit ihr Freund und is in Wirklichkeit der derer unserer Volkswirtshaft. (Sehr rihtig) Jch darf il bitten, daß diejenigen, die mir in diesen Fragen zu-

men, mich au in dem unterstüßen, was ih unternehme. Jch kein Feind der Privatindustrie, sondern ich bin ihr bester Freund. r ih muß au einen gewissen Rückhalt in diesem hohen Hause ) in den andern geseßgebenden Körperschaften haken, wenn es mir Min soll, auf diesem Wege weiter fortzuschreiten. (Lebhafter fall, @

Abg. vonBodelschwin gh (6b. k. P.): Sorgen Sie nicht, liebe ‘n, daß ih mich aufs Glatteis begeben werde. Ih möchte die Kom- \onsmitglieder bitten, die Sache etwas anders anzusehen, als sie bis angesehen ist. Es kommt mir so vor, als ob seit der neuen Aera Kapitals auf dem idealen Gebiete ein Rückschritt gemacht ist. Es „en sehnlihstes Verlangen, daß die beiden Novellen darauf zu- mitten werden mödten, wie die höheren idealen Gesichtspunkte dem Gebiete der Volkswirtschaft zur Geltung kommen können. Regierung bin ih außerordentlich dankbar für die beiden Novellen, sür den Zeitpunkt, in welchem fie eingebraht sind, aber ob der erreicht werden fann, ist mir zweifelhaft. Ih jasse die Streiks aufs Blut, aber in diesem Falle waren au die chrijtlihen Berg- ter daran beteiligt, unter denen viele edle Elemente sind. cen wir einmal an, Herr von Heydebrand, Sie wären niht Herr Peydebrand, sondern ein gewöhnlicher Mann, dann will ich sehen, le nit bon solcher Bewegung mitgerissen würden. Jh muß 1 die Sozialdemokratie lügt \{ändlich, aber sie bringt uns manche theit bei, das hat auch mein Freund Frommel gesagt. “Wo er gute Freund au3 Posen, der gestern geredet hat? Wenn die ‘eute Hunger leiden, das ist kein Spaß. Sympathtestreik ist ein s Wort. h fann Sie versichern, lieber Herr von Heydebrand, Îte auh gestreikt. Millionen sind ten Streikenden verloren ge-

% Und die Not ist jeßt noch sehr groß. In vielen Briefen ist le Not geschildert A überall ist gesagt worden, daß

die Arbeiter mitstreiken mußten. Lieber Herr Minister, ih bitte Sie, an diese Not zu denken. Lieber Herr Kollege Hilbck, sind Sie hier? (Der Abg. Hilbck tritt dit vor den Redner.) Lieber Kollege Hilbck, Sie haben den Leuten wehe getan, die \treiken mußten. Wenn mit so elementarer Gewalt ein Streik ausbriht, so muß doch etwas vorgelegen haben. Der Kontraktbruch hat den Leuten mehr eschadet, aber ih stehe in einem hârteren Kampf als gegen die

ozialdemofkratie, ih stehe im Kampfe gegen die Majestät des Schnapsfes. Ich weiß nicht, warum die Siebener-Kommission nicht gehört worden ist. Wenn ih der Seelsorger von Stinnes wäre, würde ih ihm sagen, er follte von feinen Millionen eine Million geben zur Errichtung von Gasthäufern, wo es keinen Schnaps gibt. Abo. Ob E (nl.): Entschuldigen Sie, wenn ih Sie aus dem idealen Reich der Liebe wieder in die reale Wirklichkeit zurückführe. ch erkenne an, daß diese Vorlage bon der XIX. Kommission ein- mütig gewünsht worden ist. Es ist au etwas anderes, Gruben, die still liegen, in Betrieb zu seßen, als Gruben, die im Betrieb sind und Tausende von Menschen beschäftigen, stillzulegen. Ich glaube, das muß man beides trennen. Ih \chließe mich da den Aus- führungen des Abg. Traeger an. Jh muß fagen, daß, wenn man heute alle Koblenfelder in Betrieb setzen wollte, eine gewaltige Ueber- produktion entstehen würde, die für unfer ganzes Vaterland kein s sein würde. Im Siegerland, im Westerwald baben die west- fälishen Werksbesizer cine ganze Menge Felder, die nit in Betrieb find, die sie aber sih erhalten müssen, um gegebenenfalls eine Reserve zu haben, Wo liegt dann das große Algemeininteresse, bei der Erhaltung der großen Werke, die Tausende und aber Tausende beschäftigen, oder bei einigen kleinen Betrieben ? Deshalb muß man au die Interessen der großen Werksbesizer berücksichtigen. Ich bin aber erfreut, daß das Bergverleihungsrecht auch einer all- gemeinen Revision unterzogen werden s\oll. Es sollen allerdings nah der Vorlage die Zehen nitt stillgelegt werden dürfen, die noch Gewinn versprechen, aber es ist im Bergbau sehr \{hwer zu bestimmen, wo noch ein Gewinn zu erzielen ist. Es läßt si niht leugnen, daß die Gefahr droht, daß in Westfalen noch weitere Gruben aufer Betrieb gesept werden, weil man an anderen Stellen mehr zu verdienen hofft.

in folher Shaher mit der Beteiligungsziffer ist allerdings be- dauerlih, und man kann dem Kohlenfyndikat nur einen Gefallen tun, wenn man diesen Handel einshränkt. Aber die Vorlage ist do eine zweischneidige Waffe. Man muß die Vorlage prâäziser fassen und z. B. nicht sagen: „ein Bergwerk, das Gewinn berspriht“, sondern : „das Gewinn bringt". Das alles speziell zu prüfen, wird Sache der Kommission sein. Wie {wer es ift, zu sagen, ob ein Bergwerk gewinn- bringend ist, haben wir in der Kommissionsberatung bereits gesehen. Es standen si da z. B. die Ansichten zweier Bergräte darüber direkt einander gegenüber, ob ein Bergwerk für die Zukunft noch einen Gewinn verspreche oder nicht. Und nun foll das Oberbergamt entscheiden, ob mit Rücksiht darauf ein Bergwerk noch weiter in Betrieb bleiben soll! Den oberen Bergbeamten fehlen bei der Beurteilung dieser Dinge „meistens die kaufmännischen Kenntnisse, sie sind ent- weder Techniker oder Juristen. Es wäre deshalb \{on ein Vorteil, wenn im Geseßz „gewinnbringend“ anstatt „Gewinn ver- sprechend" gesagt würde. Dann is auch zu erwarten, daß bei der Zwangsverwaltung die Kosten herauékommen werden. Die westfälishen Bergwerksbesißer sträuben si gegen die Vorlage, weil der Realkredit der Gruken gefährdet würde. Aber es wird dabei höchstens die Be- wertung der Beteiligungsziffer berührt werden. Jch freue mi, daß der inister zugestanden hat, daß eine \chiedgerihtlihe oder verwaltungsgerihtlihe Entscheidung eingeführt werden soll. Pu mich entfallen die meisten Bedenken, wenn der Rechtsweg zugelassen wird. Wir werden in diesem Sinne an dem Sexes mitarbeiten.

Abg, Wo [ff - Lissa (fr. Vgg.): Der Weg dieses Geseßes muß En werden, weil kein anderes Mittel übrig bleibt, um der vor- andenen Kalamität abzuhelfen. Beim Bergwerkseigentum handelt es sih um einen anormalen Eigentumsbegriff; das Eigentum ist von der Staatshoheit verliehen worden. Aber immerhin müssen wir bei diesem Eingriff in ein Privatrecht mit Nüeksiht vorgehen. Da es sich um die Wahrung des. öffentlichen Interesses handelt, muß der Staat „zu Opfern bereit fein und nitt Personen bineinziehen, die nihts damit zu tun baben. Ich kalte den Entwurf nah der Richtung für verbesserungsbedürftig, daß nicht Vorbesitzer zu den Kosten der Zwangéverwaltung herangezogen werden können.

erner muß eine Bestimmung aufgenommen werden, daß, wenn die ortsezung des Betriebes zu Unredt angeordnet ist, weil das Ober- ergamt zu Unreht anzenommen hat, daß der Betrieb ein gewinn- Eseider sein wird, der Staat dem geshädigten Werkbesitzer eine Entschädigung gewähren muß. In einer gewissen Form muß auch der Rechtsweg zugelassen werden; wir werden in der Kommission ent- sprechende Bestimmungen in die Vorlage hineinbringen müssen. Am

ecignetsten erscheint mir der Nehtsweg unter Hinzuziehung von Berg- saversiändigen, Immerhin bietet der Entwurf eine Grundlage, auf welcher das erstrebte Ziel erreiht werden kann. Wir hoffen, daß es ar nit nôtig sein wird, von diesem Gesetze Gebrauh zu maten, sondern daß seine Existenz genügen wird, das Stillegen von Zechen zu verhindern.

Abg. Schmieding(nl.): Der Grundsaß des Gesetzes, daß der Besitzer verpflichtet ist, das Bergwerk zu betreiben, wenn der Be- trieb Inden! end ift, und wenn der Unterlassung des Betriebs öffentlihe Interessen entgegenstehen, ist bereits beute eseß. Aber es ist zu billigen, daß in der Vorlage dieser Grundsatz ausdrücklich von neuem zum Ausdruck gelangt. Es ist aber leihter, sch über Grund- säße zu verständigen, als über die Ausführung. „Leicht bei einander wohnen die Gedanken, doh hart im Raume stoßen sih die Sachen !* Das jeßige Verfahren der Einziehung des Bergwerkseigentums ist zu chwerfällig, und die Frist von sechs Monaten ist zu lang. Es hâtte wohl niemand etwas dagegen, diese Frist zu verkürzen, aber wenn der Geseßentwurf in der vorgeschriebenen Form Gesetz wird, wird er noch mehr zur Stillegung von Zechen führen. Bisher sind Zechen nur im Süd- osten des Ruhrreviers ftillgelegt worden, und nur da sind weitere Stillegungen zu besorgen. Das ist das Gebiet, wo der Bergbau \{on am längsten in Betrieb ist und entweder die Kohlen {hon abgelagert po oder überhaupt eine teilweise Erschöpfung eingetreten ist. er

ergwerksbetrieb wird immer weiter nach Norden ziehen. In der amtlihen Denkschrift hat die Regierung die Verhältnisse klar- estellt gegenüber den vielfahen JIrrtümern, die über die Lage des Bergbaues bestehen. Es heißt darin, daß es si bei den Ciligelegten

ehen meist um wenig rentable Betriebe oder um unzweckmäßig ge- treckte Felder handele. Die Stillegung hängt auch von dem Preise der Kohlen ab. Bei hohen Preisen läßt sich mancher Betrieb noch aufrecht erhalten. Das Degtepondllat hat nun die Schwankungen der Kohlenpreise gemildert. Diese amtlihe Darstellung der Denk- chrift kann ih aus eigener Erfahrung bestätigen. Es ist bisher kein Bergwerk s\tillgelegt worden, wenn es wirklich noch gewinnbringend war. Der Grund liegt se in den Bestimmungen des Kohlen- syndikats, sondern in der eigenen Lage der betreffenden Leute,

err Traeger sprach eingehend über die Syndikate, aber seine

usführungen liefen nur darauf hinaus: es muß etwas ge- \hehen. Darüber ist das anze Haus einig, aber es kommt darauf an, was hier gesehen darf, Das Syndikat hat für mante Gruben sehr günstig gewirkt, es hat den gefährdeten Zehen durch Erhaltung der Kohlenpreise erst den Weiterbetrieb ermögliht. Durch die Bestimmungen des Syndikats, daß die Beteiligungsziffern fi nicht nah den einzelnen Gruben rihten, sondern der gesamten Gesellschaft angerechnet werden, sind die großen Gesellshaften allerdings in der Lage gewesen, andere Zechen zu erwerben, um sie stillzulegen. Aber es war in manchen Fällen auch ein Vorteil, daß diese Zechen keines natürlihen Todes starben mit den nachteiligen Folgen, die sih daran knüpfen. Der Gesetzentwurf will mit drakonischen Mitteln das Still- legen verhindern. Die Bergbehörde bleibt n dem Entwurf der einzige Unverantwortliche, es wird au3drüdcklich jede Verantwortung oder Gntshädigung für etne falshe Anordnung abgelehnt. Die dra- konischen Bestimmungen des Gesetzes sind niht ein Shuß für die Beteiligten, sondern gerade eine Gefahr. Es ließe [s darüber reden, den künstlihen Wert der Beteiligungszisfer zu beseitigen, aber der Entwurf nimmt den betreffenden Zehen auch einen sehr realen

Wert, namentlich „den Wert, den sie für die (ZaG arie haben. Schon die Einbringung des Gesetzes hat genügt, eine Anzahl von kleinen Zechen in Verlegenheit zu bringen. Es wird notwendig sein, die betreffenden kleinen Zechen erst zu leistungsfähigen l méi zu- sammenzulegen. Vorher wird man dur polizeilihe Maßregeln gar nichts erreihen. Ich habe deshalb in der Kommission den Antrag gestellt, daß nah Art der Zusammenlegung des zersplitterten Grund- besites eine Verkoppelung von Kohlenfeldern eintreten möge. Dieser Gedanke ift ja nit neu, aber ohne Hilfe des Staats könnte in dieser Beziehung nichts erreiht werden. Es würde allen volks« wirtschaftlichen Grundsäßen widersprehen, nach dem Vorschlag der Vorlage mit drakonishen Maßnahmen einen Betrieb zu erzwingen, der nicht rentabel ist, wenn nit zunächst eine Ver- koppelung durchgeführt würde. Der Neichskanzler hat gegen die Zechenbesißer den Vorwurf erboben, daß fie den Staat aushalten wollten. Dieser Vorwurf ist ganz unberehtigt. Bei der Hibernia- fsahe waren nit die Besißer die Angreifénden, sondern sie hatten sih gegen die Angriffe des Staats zu verteidigen, und dazu {lossen fie sich zusammen. Für den König Friedrih den Großen war es auch unangenehm, daß ber Müller von Sansf\ouci auf seinem Recht bestand.

,_ Darauf wird die Debatte geschlossen. Die Vorlage wird mit dem Antrag der 19. Kommission an die gestern gebildete Kommission von 28 Mitgliedern verwiesen.

Jn zweiter Lesung wird der Gesezentwurf, betreffend die Schadloshaltung es Herzoglichen Hauses Schleswig- Holstein-Sonderburg-Glücksburg, ohne Debatte an- genommen.

Es folgt die erste Beratung des Gesezentwurfs, betr. die Erweiterung und Vervollständigung des Staats- eisenbahnneßes und die Beteiligung des Staats an dem Bau von Kleinbahnen.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Budde:

Meine Herren! Wenn ich zur Einleitung das Wort ergreife, so tue ih es zunähst, um mich bei Jhnen zu entschuldigen, iïoenn ih während der Debatten zeitweise niht im Hause anwesend sein kann, weil ih gleichzeitig im Herrenhause den Eisenbahnetat und den Bau- etat zu vertreten habe.

Nah den Vorgängen in früheren Jahren bin ich mir bewußt, daß die Vorlage, die die Königliche Staatsregierung Ihnen zur Be- \{lußfassung unterbreitet , Sie keineswegs befriedigen wird; nicht, daß ih Sorge hâtte, daß die Vorlage abgelehnt würde, aber ih habe Sorge, daß eine Anzahl von Projekten, die als Wünsche bei dem einen oder dem anderen der Herren Abgeordneten bestehen, in der Vorlage noch nicht enthalten sind. Und do, meine Herren, bringt die Vorlage eine ganze Anzahl von neuen und wichtigen Bahn- berbindungen, die in der Gesamtheit eine Länge von 738,40 km haben. Der Geldbetrag, der hierfür aufgewendet werden soll, beträgt rund 112 Millionen Mark, ohne die erforderlihen Betriebsmittel. Es fällt davon auf Preußen nach Abzug des Beitrages des Reichs für die Linie Schmentau—NRiesenburg, eine strategishe Eisenbahn mit Weichselbrücke, die für den Verkehr sehr wenig Interesse hat, 95 562 000 M

Wenn Sie diese Zahlen vergleichen mit den gleihen Zahlen in den Jahren 1903 und 1904, so war die Länge der beantragten Bahnen im Jahre 1903 579 km, in 1904 705 km, und ih wiederhole in diesem Jahre 738 km. Die Geldbeträge waren, gegenüber 112 Millionen in diesem Jahre, in 1903 66,6 Millionen und in 1904 86,4 Millionen in runden Zahlen. Unter den beantragten Bahnlinien find Hauptbahnen in der Länge von 80,7 km mit einem Geldbetrage von 34 662090 Æ, wovon auf Preußen 18 310 000 4 entfallen, da 70 9/6 der Baukosten der eben erwähnten strategischen Bahn Schmentau—Riesenburg mit -16 352 000 A vom Reiche über- nommen werden.

An Nebenbahnen werden beantragt 657,7 km, mit einem Geld- betrage von 77 252 000 M.

Die Betriebsmittel, die zu den Bahnen erforderli sind, erfordern einen Geldaufwand von 15 575 000 A

Außer diesen Bahnen, die ih eben erwähnt habe, ist in dem Geseß noch beantragt, eine zwetgleisige Verbindung zwischen den Linien Côln—Bonn und Cöln (Kalk)—Troisdorf mit Veberbrüdckung des Rheins diht südlih von Cöln. Der Kostenaufwand beträgt 16 450 000 6 Dazu sind noch im Extraordinarium für die Um- bauten bei Cöln 15 050 000 4 vorgesehen, weil diese Bauten \ih nicht als Neubauten darstellen, sondern als Umbauten und Ergänzungen.

Zur Förderung des Kleinbahnwesens sind wiederum 5 Millionen Mark eingestellt.

\chließt

Die Vorlage 148 939 000 M ;

Von den neuen Bahnen entfallen auf die 6 östlichen Provinzen : Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Posen, Slesien, Brandenburg 416,10 km, d. h. 59,3, also fast 60% der auf das ganze preußische Gebiet entfallenden Bahnen. Der Geldbetrag beträgt über 64 Millionen, d. h. au fast 60% der Kosten, die für die Bahnen in dem gesamten preußischen Staatsgebiet aufgewendet werden sollen.

‘Auf die 6 westlihen Provinzen entfallen 289,20 km, d. h. 40,7 %% der auf das preußishe Gebiet entfallenden Bahnen, mit einem Geld- betrage von 43 354 000 M, das sind 40,4 0/9 der Gesamtsumme.

Auf Thüringen entfallen 33,10 km und ein Geldbetrag von 4 525 000 M abzüglih eines Beitrages der beteiligten Staaten von 278 000 #4, d. h. also 4,5% der gesamten bewilligten Bahnen. Da ih eben Thüringen erwähnt habe, so möchte ih beiläufig bemerken, daß gelegentliß im Neichstage der preußischen Staatseisenbahn- verwaltung der Vorwurf gemaht ist: es geschähe nicht genug in Thüringen; die kleinen Staaten würden von der preußischen Staatseisenbahnverwaltung nicht entsprehend dem Verkehr bedient. Meine Herren, im Neichstag is nicht der Ort, derartige Angriffe zu beantworten, da die preußischen Staatsbahnen ja der preußischen Landesgefeßgebung unterliegen. Jch möchte mir daher erlauben, ein paar Zahlen anzuführen, um Ihnen zu beweisen, daß die preußishe Staatseisenbahn in loyalster Weise au die thüringishen Staaten bedient. Während die chemalige Werra-Eisenbahngesellshaft im Durchschnitt der leßten 5 Jahre ihres Bestehens jährli 533 000 A für Unterhaltung, Grneuerung und Ergänzung der baulichen Anlagen vzrausgabte, sind von der preußischen Staatsbahnverwaltung dafür dur(shnittlich tin 8 Jahren jährli 1 197 000 A aufgewendet worden also gegenüber 533 000 A durch die Priyatbahn. Auf 1 km Bahnlänge bezogen, betrugen die Aufs wendungen der Werrabahn jährlih 2469 4 gegenüber 5318 4 der

ab mit einer Gesamtsumme von

preußischen Eisenbahnverwaltung. Bei der Zurückführung der Auf-